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''GALILEI''<br />
IN MOERS<br />
Bericht über die letzte Inszenierung Holk Freytags<br />
Nachdem das Schloßtheater Meers in der sollten die Positionen dieser beiden<br />
letzten Spielzeit den Schwerpunkt seiner<br />
Stücke in der Antike hatte, will es wirken. Die Vertreter der beiden Mächte<br />
Parteien kräftiger und weniger starr<br />
nun mehr Zeitstücke ins Programm treten immer wieder auf der Vorderbühne<br />
nehmen.<br />
mit Galilei ins Gespräch. Sie reflektieren<br />
die Entwicklung der Meinungen zu<br />
Stücken, wie 11 Hunsrück 11 von Klaus Pohl<br />
und "Iphigenie" von Jochen Berg, steltt dem von Galilei entwickelten Weltbild.<br />
das STM das "Leben des Galilei" von<br />
Bertolt Brecht voran. Mit dem "Leben Die letzten Probleme des STM waren der<br />
des Galilei" beendet Holk Freytag seine Real itätsbezug und das sinnvolle Ansetzen<br />
der Pause. Die Szenen des Stücks<br />
Spielzeit am STM. Er beendet seine<br />
Arbeit, wie er sie begann, mit einem sind nicht chronologisch, sondern thematisch<br />
aneinandergereiht. Sie folgen<br />
Brecht-Stück. Bei der Inszenierung<br />
tauchten e~n~ge Probleme auf. Diese in unregelmäßigen Zeitabständen aufeinander,<br />
gelegentlich bleibt ihr zeit<br />
beschrieb Gerold Theobalt, Dramaturg am<br />
STM, und erläuterte, wie sie gelöst liches Verhältnis zueinander unklar.<br />
wurden.<br />
Galilei beweist das von Kopernikus<br />
entworfene Planetensystem. Doch die<br />
Zunächst stellte sich Holk Freytag die Kirche läßt ihn von der Inquisition<br />
Frage, welche der drei von Brecht geschriebenen<br />
Fassungen er inszenieren im Mittelpunkt des Universums, verliert<br />
denunzieren. Steht die Erde nicht mehr<br />
sollte. Er entschied sich für ein Mittelmaß:<br />
Die erste Fassung kombinierte on.<br />
der Stuhl Petri seine zentrale Funkti<br />
er mit der Schlußszene der dritten<br />
Fassung. Oie erste Fassung schrieb Freytag entschied sich für eine Pause<br />
Bertolt Brecht 193B/39 im dänischen vor der letzten - der Zwölften - Szene.<br />
Exil unter dem Eindruck der Atomspaltung.<br />
Die dritte entstand 195S. Sie ist denn sie liefert einen Blick in die<br />
Sie ist die Schlüsselszene des Stücks, Galilei bleibt nach dem<br />
eine Rückübersetzung der 1945/46 geschriebenen<br />
zweiten Fassung, die unter Galileis Handeln. Den Zuschauer plagen<br />
Zukunft und erklärt die Motive für<br />
dem Einfluß der Hiroshima-Bombe entstand.<br />
Durch die von Freytag gewählte rigkeiten, und er sehnt sich nach der<br />
nach zwei Stunden Konzentrationsschwie<br />
Kombination wird die Aussage des Stücks Pause, die ihm erst vor der letzten<br />
deutlicher: Die Darstellung des Mißverhältnisses<br />
von Wissenschaft und "Leben" gutem Grund, denn so wird die Schlüs<br />
Szene gegönnt wird. Allerdings aus<br />
und die fortschreitende Entfernung der selszene geschickt herausgehoben. Der<br />
Wissenschaft von den Menschen. Galilei Zuschauer hat Zeit sich zu distanzieren<br />
sagt in der letzten Szene: "Ihr mögt und ist anschließend aufnahmefähig für<br />
mit der Zeit alles entdecken, was es zu die Erklärungen Galileis.<br />
entdecken gibt, und eurer Fortschritt Theobald erklärte, daß die Frage nach Wir sind Voyeure des Glücks. Wir , die<br />
wird doch nur ein Fortschreiten weg von dem Sinn der Weltraumforschung hochaktuell<br />
sei. Sollten sich die Menschen Gehirn eines Wissenschaftlers schauen.<br />
Zuschauer, dürfen ins Leben und ins<br />
der Menschheit sein.<br />
II<br />
nicht mehr auf die Erde und ihre Probleme<br />
konzentrieren, als Milliarden für Tunnel , schwarz . Und e~n~ge Sterne<br />
Und in sein Zimmer : Wir blicken in den<br />
"Lehrtheater" - das ist ein Problembegriff<br />
für Holk Freytag. So stellte sich die Weltraumforschung auszugeben? schimmern durch die Decke . Sie erzeugen<br />
ihm die Frage, wie man es vermeiden<br />
Schatten auf Papierrollen, Heften,<br />
kann, mit einem eher lehrhaften Stück, Von den späteren Dramen Brechts gilt Zeitungen und Ordnern. Sie türmen sich<br />
Lehrtheater zu machen. So sollte auf das "Leben des Galilei" als eins der in Wandregalen und auf dem Holzboden .<br />
keinen Fall die ursprüngliche Berliner schwierigsten und seine Interpretationen<br />
sind heftig umstritten. Das STM Hier lebt ein belesener und gelehrter<br />
Das Zimmer lebt. Wir glauben zu wissen:<br />
Inszenierungsform übernommen werden.<br />
Gerold Theobalt erklärte, daß bewußt l iefert eine eigenwillige Inszenierungsform.<br />
Josef Ostendorf verkörpert dorf).<br />
Mensch : Galileo Galilei (Josef Ostern<br />
kabarettistische Mittel eingesetzt<br />
worden seien. Er lege Wert darauf, daß den am Ende bösen alten Mann Galilei,<br />
das STM mit dem Brecht-Stück kein "episches"<br />
Theater mache. Doch gerade· aus Feigheit seine Thesen widerruft, auch uns. Der dicke, runde Globus läßt<br />
der nicht um der Sache willen, sondern Wissen schwängert die Luft, befruchtet<br />
dies werde oft von den Zuschauern behauptet.<br />
Auch die anderen Schauspieler können will nicht wissen , was die Welt im<br />
faszinierend als sinnlichen Epikureer. uns die Sehnsucht Galileis erahnen. Er<br />
überzeugen. Im Ganzen ist das "Leben Innersten zusammenhält, nein, er will<br />
Ein weiteres Problem war die Verteilung des Galilei" eine eigenwillige, nicht wissen, wie sich die Erde-im All hält.<br />
der Rollen. Fast fünfzig verschiedene immer verständliche Inszenierung, die<br />
Rollen mit nur neun Ensemble-Mitgliedern<br />
zu besetzen, war nicht einfach. So man sich, ist es beispielsweise notwenhundert<br />
, wußten sie nichts. Sie glaub<br />
jedoch zu interessieren weiß. Nur fragt Heute wissen wir 's. Damals, 16. Jahr<br />
wollte Freytag aus der Not eine Tugend dig, die erschreckende Ekelhaftigkeit ten.<br />
machen. Er verteilte alle Figuren der des Klerus durch einen bis zur dritten<br />
weltlichen und die der geistlichen Zuschauerreihe sabbernden Kardinal zu Astronauten krächzen über Funk ihre<br />
Macht bis auf die Figur des kleinen verkörpern?<br />
Anweisungen durch das Wel t all. Und<br />
Mönchs - auf je einen Schauspieler. So<br />
Natalie Podranski , Galilei prophezeit: "Jetzt ist eine<br />
neu1<br />
Sei<br />
die<br />
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si