Familienblatt der Pfleiderer, Sommer 2016
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
„Durch den Tod meines Bru<strong>der</strong>s ist<br />
meine ganze Familie zerplatzt – meine<br />
Eltern sind getrennt – aus unserer<br />
Wohnung mussten wir ausziehen – es<br />
hat sich alles verän<strong>der</strong>t!“ O<strong>der</strong> da sagt<br />
ein sechsjähriger afrikanischer Junge in<br />
einer Kin<strong>der</strong>trauergruppe: „Hat eigentlich<br />
Gott geschlafen, als mein Papa gestorben<br />
ist? O<strong>der</strong> warum hat Gott nicht<br />
auf meinen Papa aufgepasst?“ Sein Onkel<br />
hat ihm erzählt, dass Gott die guten<br />
Menschen zuerst in den Himmel holt<br />
und nun fragt er sich, ob er wirklich ein<br />
guter Mensch werden möchte.<br />
Was können wir auf solche Fragen antworten?<br />
Wie Trost schenken? Kann man<br />
das überhaupt?<br />
WELCHE GRUNDLAGEN BRAUCHT<br />
ES DAZU ?<br />
● Es bedarf zunächst einer offenen<br />
fragenden Haltung – einen<br />
G E S P R Ä C H S R A U M<br />
anbieten, in dem alles<br />
ausgesprochen werden<br />
darf. Alle Gefühle, wie<br />
Liebe, Freude, Angst,<br />
Trauer, Abneigung, Nied<br />
e r g e s c h l a g e n h e i t ,<br />
Wut, Ärger, Scham, Zuneigung,<br />
Besorgnis,<br />
Kummer, Enttäuschung,<br />
Gleichgültigkeit, Hass,<br />
Bedauern, Unzufriedenheit,<br />
Bedrücktheit, Sympathie, …,<br />
In <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>trauerarbeit<br />
geht es darum,<br />
den trauernden<br />
Kin<strong>der</strong>n<br />
und Jugendlichen<br />
Brücken<br />
zu bauen.<br />
sind in Ordnung. Es gibt keine guten<br />
und schlechten Gefühle! Keine richtige,<br />
o<strong>der</strong> falsche Trauer.<br />
● Ehrliche, richtige Antworten, keine<br />
Halbwahrheiten – die führen häufig<br />
zu starken Verunsicherungen. Lieber:<br />
Ich weiß es selbst nicht so genau;<br />
ich stelle es mir so und so vor.<br />
Was glaubst du? Wie stellst du es dir<br />
vor?<br />
● Eine fragende Haltung (versuchen<br />
zu hören, was das Kind beschäftigt,<br />
welche Sorgen es sich macht, welche<br />
Befürchtungen es hat, ob es<br />
Schuldgefühle hat). Kin<strong>der</strong> haben<br />
häufig Schuldgefühle (Ich war nicht<br />
immer lieb, deshalb ist die Mama gestorben).<br />
Schuldgefühle können oft<br />
nur schwer ausgeräumt werden und<br />
stehen häufig auch als „Platzhalter“<br />
in <strong>der</strong> Beziehungs-Lücke zum Verstorbenen.<br />
Kin<strong>der</strong> wollen ernst genommen<br />
werden und<br />
spüren, ob wir ihre Sorgen<br />
und Nöte aushalten können<br />
o<strong>der</strong> nur mit einem<br />
Trostpflaster wegmachen<br />
möchten, da wir uns selbst<br />
so hilflos fühlen. Dabei<br />
werde ich als Begleiter mit<br />
meinen eigenen Gefühlen<br />
konfrontiert. Es stellt<br />
sich die Frage: Wie gehen<br />
wir mit unseren Gefühlen um? Was<br />
21