HCU - HafenCity Universität Hamburg
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<strong>HCU</strong><br />
36<br />
<strong>HafenCity</strong> <strong>Universität</strong><br />
<strong>Hamburg</strong><br />
urban and regional studies working paper no 11<br />
6.2 Tod im Treibhaus oder Palmen an der Ostsee?<br />
Wahrnehmung des Klimawandels in ausgewählten<br />
Stadtregionen des Ostseeraums<br />
Sanin Hasibović (<strong>HafenCity</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Hamburg</strong>)<br />
Ausgangslage<br />
Seit der Veröffentlichung des ersten IPCC-Berichts vor zwanzig Jahren hat sich in der internationalen Wissenschaftlergemeinde<br />
ein breiter Konsens etabliert, der kaum noch ernsthafte Zweifel an der Existenz eines anthropogen<br />
verursachten Klimawandels lässt. Auch in der Öffentlichkeit scheint sich der Diskurs über den drohenden<br />
und bedrohlichen anthropogen verschuldeten globalen Klimawandel durchgesetzt zu haben (Segnit,<br />
Ereaut 2007). Alternative Diskurse wie zum Beispiel über die neue Eiszeit, Sonnenfleckenzyklen und so weiter<br />
spielen so gut wie keine Rolle mehr (Viehöver 2003). Anstelle des früher dominanten Konfliktes - Klimawandel<br />
ja/nein, natürlich/anthropogen - geraten Konflikte über geeignete Mitigations- und Anpassungsmaßnahmen<br />
zunehmend in den Vordergrund. Gleichzeitig scheint sich der Fokus, wie Reusswig (2010) zutreffend betont,<br />
immer stärker von einem „Katastrophen-„ zu einem „Gestaltungsdiskurs“ zu verschieben. Die Medienkarriere<br />
des Klimawandels im deutschsprachigen Raum scheint folgende Stationen durchlaufen zu haben:<br />
1 Phase: veröffentlichte Debatte innerhalb bestimmter Fachmedien<br />
2. Phase öffentliche Debatte gerahmt von mediatisierter Skepsis<br />
3. Phase: mediatisiertes Bedrohungsgefühl<br />
4. Phase: zunehmender Gestaltungs- und Verantwortungsdiskurs<br />
Heruntergebrochen auf die Ebene der jeweiligen gesellschaftlichen Teilsysteme zeigt sich ein etwas differenzierteres<br />
Bild. In ihrer Untersuchung von Klimadiskursen in Medien, Wissenschaft und Politik in der Bundesrepublik<br />
von 1975-2000 konnten Weingart et al. (2007) zeigen, dass diese drei Teilsysteme erhebliche Unterschiede<br />
in der Kommunikation über den anthropogenen Klimawandel aufweisen. Diese Differenzen seien jedoch nicht<br />
zufällig, sondern systematisch. Sehr vereinfacht lässt sich sagen, dass im deutschen Klimadiskurs, die Wissenschaft<br />
zur Politisierung des Problems tendierte. Die Politik versuchte die wissenschaftlichen Komplexitäten und<br />
Unsicherheiten auf CO2-Emmissions-reduktionsziele herunterzubrechen, während die Massenmedien eine<br />
relativ große Eigenständigkeit gegenüber dem Wissenschaftsdiskurs zeigten. Wissenschaftliche Meldungen<br />
wurden nicht einfach übernommen, sondern zu einer eigenen Form von Wirklichkeit verarbeitet. Dabei wurden<br />
die wissenschaftlichen Ungewissheiten deutlich weniger wahrgenommen als die formulierten Gewissheiten.<br />
Konsistent mit der Doktrin des Negativismus 1 konzentrierte sich die massenmediale Kommunikation<br />
um die Entfaltung eines Katastrophenszenariums, dessen Folgen nur durch politische Maßnahmen aufgehalten<br />
werden können. Dabei bedienten sich die Massenmedien einer umfangreichen kriegerischen und apokalyptischen<br />
Leitmetaphorik, die mit der oben erwähnten Tendenz zur Konstruktion von Katastrophenszenarios<br />
kongruent war (Weingart et al. 2007). Wie oben von Reusswig aufgezeigt scheint jedoch dieser Katastrophendiskurs<br />
langsam aber sicher von einem Gestaltungs- und Verantwortungsdiskurs abgelöst zu werden. Neuere<br />
1 Der Begriff bezeichnet die empirisch mehrfach festgestellte Tendenz in der Medienberichterstattung, besonderes Augenmerk<br />
auf negative Ereignisse wie Konflikt und Kontroverse, Schaden und Gewalt zu richten.<br />
Sonja Deppisch (Hrsg.)<br />
Transdisziplinäre Impulse zur Anpassung von Stadtregionen an die Folgen des Klimawandels