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Impulstagung Demokratisch-Inklusive Schule (entwickeln)

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<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

Auf dem Weg zu einer <strong>Schule</strong> für Alle - Tagung zum Thema<br />

demokratisch-inklusive <strong>Schule</strong>ntwicklung am Lehrstuhl für<br />

Zielsetzung der Tagung<br />

Grundschulpädagogik<br />

Vom 01. März bis 03. März 2012 suchten Experten im<br />

Rahmen einer Tagung des Lehrstuhls für<br />

Grundschulpädagogik nach Wegen und gaben vielfältige<br />

Impulse, wie inklusive <strong>Schule</strong>n für alle Kinder – von der<br />

Behinderung bis zur Hochbegabung – gegenwärtig und<br />

künftig gestaltet werden können.<br />

„Wir wollen den Verantwortlichen in der Region und darüber hinaus konkret aufzeigen, dass<br />

Inklusion mehr ist, als ein barrierefreier Zugang für Behinderte“, erklärt Christina Schenz,<br />

Inhaberin des Lehrstuhls für Grundschulpädagogik und -didaktik der Universität Passau. „Wir<br />

verstehen darunter, dass Pädagoginnen und Pädagogen Kinder mit all ihren Besonderheiten<br />

individuell fördern und gleichzeitig Wege finden, dass jede Schülerin und jeder Schüler von<br />

der Erfahrung von Vielfalt profitieren kann. Wir spannen den Bogen dabei bewusst von<br />

Hochbegabung bis Behinderung, von Migrationshintergrund bis Aufmerksamkeitsstörungen.“<br />

Die drei Tage sollten ganz im Zeichen demokratisch-inklusiver <strong>Schule</strong>ntwicklung stehen, von<br />

theoretischen und praktischen Impulsen angereichert werden und in fachlich<br />

gewinnbringende Dialoge münden.<br />

Durch das Aufzeigen von Beispielen für das Gelingen von Inklusion konnte die Tagung<br />

Anstoß geben, das eigene Handlungsspektrum zu reflektieren. Neben dem Austausch unter<br />

und dem Diskurs mit Experten verschiedenster Handlungsfelder, sollte die Tagung<br />

schließlich Impulsgeber zum Beschreiten eines gemeinsamen Weges werden. Die Initiierung<br />

eines Netzwerkes und der Startschuss für den Beginn der gemeinsamen Arbeit hin zur<br />

<strong>Schule</strong> für Alle waren weitere zentrale Anliegen, die diese Tagung verfolgte.<br />

Programm der Tagung<br />

Im Anschluss an eine Vielzahl von Geleit- und Grußworten durch Vertreter von Universität<br />

und Schulverwaltung eröffnete am ersten Tag Prof. Dr. Ewald Feyerer von der<br />

Pädagogischen Hochschule Linz mit seinem Festreferat zum Thema „<strong>Schule</strong> im<br />

Spannungsfeld von Begabung und Behinderung“ die Tagung.<br />

Der zweite Tag stand ganz im Zeichen der Praxis demokratisch-inklusiver <strong>Schule</strong>n, indem<br />

Modellschulen aus der Region und auch internationale Schulhäuser ihre Konzepte<br />

präsentierten, wie sie alle Schülerinnen und Schüler – von hochbegabten bis zu behinderten<br />

Kindern – in den Schulalltag integrieren. Schulleitungen, Lehrkräfte, Verantwortliche in der<br />

Schulaufsicht und Schulverwaltung sowie Fachwissenschaftler diskutierten in drei<br />

Dialogkreisen verschiedene Lösungen, wie Pädagoginnen und Pädagogen eine <strong>Schule</strong><br />

1


<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

organisieren, die Kinder sowohl mit ihren Begabungen als auch ihren besonderen<br />

Bedürfnissen annimmt und nicht nur ihr Schulleben sinnvoll gestaltet, sondern auch Wege in<br />

eine gemeinsame Gesellschaft aufzeigt.<br />

Umrahmt wurden die Dialogkreise von Vorträgen von Dr. Albert Berger, von der<br />

Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, sowie von Prof. Dr. Simone Seitz und Dr. Lisa<br />

Pfahl von der Universität Bremen.<br />

Die Ergebnisse der Tagung analysierten am letzen Tag Vertreter des Staatlichen<br />

Schulamtes Passau, des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB), der<br />

Projektschulen und der Universität Passau. Aus der Diskussion dieser Experten erfolgte<br />

schließlich eine Zusammenschau der Tagung in Form einer gemeinsamen Erklärung zur<br />

Gestaltung nachhaltiger inklusiver <strong>Schule</strong>ntwicklung in der Region. In Form dieses<br />

Manifestes weist die Tagung auch in die Zukunft - nicht nur in die Zukunft einer<br />

demokratisch-inklusiven <strong>Schule</strong>, sondern einer demokratisch-inklusiven Gesellschaft.<br />

Die etwa 120 Teilnehmer, die den Weg nach Passau gefunden hatten, sahen den einzelnen<br />

Tagungspunkten sehr erwartungsvoll entgegen. Die drei Tage waren getragen von einem<br />

sehr offenen, angeregten Austausch auf hohem Niveau. Neben fachlichen Anregungen war<br />

genügend Raum und Zeit, um Kontakte zu knüpfen und Erfahrungen weiterzugeben.<br />

Rückblickend kann man sagen, dass die Tagungsinhalte auf großes Interesse stießen und<br />

sich einer äußerst kritischen und konstruktiven Reflexion durch die Teilnehmer erfreuten.<br />

Ablauf der Tagung<br />

Donnerstag, 1. März<br />

Nach intensiven und wohlüberlegten Vorbereitungsarbeiten war es endlich so weit: gegen 13<br />

Uhr trafen die ersten Referenten und Tagungsgäste ein: Schulleiter, Lehrkräfte,<br />

Seminarleiter, Vertreter aus der Wissenschaft und der Schulaufsicht, Studierende sowie<br />

einfach nur am Thema „Inklusion“ Interessierte hatten sich aufgemacht, um an der<br />

Universität Passau Neues zu erfahren, mitdiskutieren oder einfach nur zuhören zu können.<br />

In der zum Verweilen einladenden Lounge, die einerseits mit Fachliteratur, andererseits mit<br />

Bildern, die Schüler einer Realschule aus der<br />

Region zum Thema „Vielfalt“ angefertigt hatten,<br />

ausgestattet war, wurden erste Kontakte geknüpft<br />

und Fachdialoge geführt.<br />

Maître Meurer verköstigte mit vielerlei<br />

kulinarischen Kreationen die Tagungsteilnehmer<br />

auf vorzügliche Art, unterstützt von Schülern der K-<br />

<strong>Schule</strong>, die bei der Zubereitung der Happen und<br />

der Bewirtung der Gäste unterstützen.<br />

2<br />

Die Lounge lud zum Verweilen ein.


<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

Um 14.30 Uhr erfolgte die offizielle Eröffnung der Tagung von Frau Prof. Dr. Christina<br />

Schenz.<br />

Ein erstes Grußwort sprach der Vizepräsident der Universität Passau, Dr. Burkhard Freitag.<br />

Franz Karpfinger vom Bereich <strong>Schule</strong>n der Regierung von Niederbayern überbrachte auch<br />

Grüße des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus.<br />

In seiner Ansprache trug er den Gesetzestext der Neufassung des BayEUG vom 1.8.2011<br />

vor und stellte <strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong>ntwicklung als „dynamisches, bildungspolitisch relevantes<br />

Thema“ dar: Er unterbreitete den Tagungsgästen die beiden Modelle, mit denen man in<br />

Bayern derzeit versucht, der EU- Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden. Zum<br />

Einen gibt es 41 <strong>Schule</strong>n mit dem Schulprofil „Inklusion“, zum Anderen gibt es 10 Klassen<br />

mit fest installiertem Lehrertandem. Darüber hinaus werden zusätzliche Lehrerstunden<br />

veranschlagt.<br />

Es wurden bereits seit 2010 bayernweit Schilf-Veranstaltungen durchgeführt, die die<br />

Lehrkräfte der 1./2. Jahrgangsstufen für die Thematik sensibilisieren sollten. Ab Mai sind<br />

solche Schilf-Maßnahmen auch für Lehrkräfte der 3./4. Jahrgangsstufen geplant. „Um die<br />

Lehrkräfte besser auf das Thema „Inklusion“ vorzubereiten, gilt es Ängste ab- und das nötige<br />

Know-how- aufzubauen“, so Karpfinger.<br />

Im Anschluss daran übernahm die Gastgeberin, Frau Prof. Dr. Schenz, das Wort und stellte<br />

Grundgedanken zur Tagung vor:<br />

Ziel der Tagung sei es, Meilensteine im gelingenden Umgang mit Vielfalt zu klären. Es<br />

bedürfe der Nutzung vorhandener und der Sicherung notwendiger Kompetenzen, der<br />

Stärkung der Kooperation, sowie der Offenlegung des regionalen systemischen Rahmens.<br />

Frau Prof. Dr. Schenz eröffnete<br />

die Tagung<br />

Als zentrales Ziel der Tagung benannte Schenz<br />

das Vereinbaren, Planen und Initiieren von<br />

gemeinsamen Schritten. Schritte hin zu einer<br />

demokratisch-inklusiven <strong>Schule</strong>, in der jedes<br />

Kind, jede(r) Jugendliche „ohne Angst<br />

verschieden sein“ darf (Adorno 1972, S. 6). Einer<br />

<strong>Schule</strong>, die es sich zum Ziel setzt und zur<br />

Aufgabe macht, die Vielfalt der Schüler als<br />

Bereicherung und Chance zu sehen und jedes<br />

einzelne Individuum gemäß seiner individuellen<br />

Anlagen zu Mündigkeit und Partizipation in der<br />

Gesellschaft befähigen möchte.<br />

3


<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

Von Seiten des Schulamtes in Passau überbrachte Herr SchAD Hubert Kainz seine<br />

Grußworte. In seinem Vortrag ging er der Frage „Wir sind <strong>Schule</strong> - wer sind wir?“ aus<br />

verschiedenen Blickwinkeln nach und kam schließlich mit dem treffenden Wortspiel zu dem<br />

erfreulichen Schluss „<strong>Schule</strong> - wir sind wer!“<br />

Kainz stellte dar, dass das Phänomen Heterogenität den Lehrern wahrlich nicht unbekannt<br />

sei. Im Alltag sei Heterogenität völlig normal, im Unterricht bestehe jedoch die Tendenz<br />

dazu, dass sie als störend gesehen oder ausgeblendet werde.<br />

Eine gleiche Behandlung von Ungleichen sei natürlich als Ungerechtigkeit zu sehen, deshalb<br />

müssen Einzelbegabungen Raum bekommen und zugelassen werden, Unter- oder<br />

Überforderung gelte es, zu vermeiden. Die Einrichtung jahrgangskombinierter Klassen<br />

beispielsweise stelle eine Möglichkeit dar, dieser Vielfalt besser gerecht zu werden.<br />

Kainz betonte, dass trotz aller Möglichkeiten und Bemühungen um Inklusion, bei der Wahl<br />

des Förderortes das Wohl des Kindes an erster Stelle stehen müsse. Es sei vonnöten,<br />

personelle als auch bauliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Sowohl der Blick auf die<br />

Behinderten als auch auf die Nichtbehinderten sei in gleichem Maße bedeutsam.<br />

In seinem anschließenden Vortrag stellte Prof. Dr. Guido Pollak die Aufgaben und<br />

Möglichkeiten der universitären LehrerInnenbildung am Beispiel des Zentrums für<br />

LehrerInnenbildung, Fach- und Hochschuldidaktik der Universität Passau vor.<br />

Nachdem er auf die gegenwärtige und zukünftige Organisation des ZLF eingegangen war,<br />

verdeutlichte er besonders aufgaben- und handlungsfeldbezogene Kompetenzen des<br />

Lehrerberufes. Die besondere Profession mache das Handeln am Menschen aus.<br />

Pädagogisch Handeln bedeute demnach, Menschen zu mündigen Menschen zu machen, sie<br />

von der Unmündigkeit zur Mündigkeit zu führen. Pädagogisches Handeln sei jedoch stets<br />

durch Unsicherheiten gekennzeichnet und immer mit einem Risiko verbunden.<br />

Pollak zeigte weiterhin auf, dass sich die Professionalisierung über die Spanne der<br />

Berufsbiographie erstrecke. Dadurch dass Kompetenzen nur in handlungsbezogenen<br />

Lernprozessen erworben werden können, gehe hier ein klarer Appel an die Lehrerbildung.<br />

Doch „Lehrerbildung ist im Augenblick auf Inklusion nicht eingestellt“, so Pollak.<br />

Sowohl beim Blick auf die Gesellschaft, auf die Schüler, die Lehrpersonen, als auch auf die<br />

Lehr- und Lernkulturen, erweist sich <strong>Schule</strong> als Feld breiter Heterogenität. Anbetracht<br />

dessen stellt sich die Frage: Ist <strong>Schule</strong> ein Feld für Bildungsgerechtigkeit?<br />

Einen fachlichen Einstieg in die Thematik „Inklusion“ lieferte Prof. Dr. Ewald Feyerer von<br />

der Pädagogischen Hochschule Linz mit seinem Festreferat „<strong>Schule</strong> im Spannungsfeld von<br />

Begabung und Behinderung“, in dem er der Frage „Was meint/will Inklusion?“ nachging. Der<br />

Vortrag gab im Anschluss Anstoß zu einer ersten regen Diskussion unter den Teilnehmern.<br />

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<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

Feyerer eröffnete mit dem Zitat „Es ist normal,<br />

verschieden zu sein“ von Weizsäcker. Er kam zu einer<br />

Definition von Inklusion, die keine fixe Kategorisierung<br />

erlaube, sondern ein Hinschauen auf Begabungen<br />

fordere. Nach Wocken bedinge der Begriff „Inklusion“<br />

Rechte: Das Recht auf Selbstbestimmung, Gleichheit<br />

und rechtliche Anerkennung.<br />

Mit dem Bild „Aufgeräumt“ stellte Feyerer die Realität<br />

in unserem Schulsystem dar, das bestrebt ist,<br />

aufzuräumen und „Gleichheiten“ herzustellen. Dem<br />

gegenüber stehe jedoch die Heterogenität als<br />

Normalität in unserer Gesellschaft. Im Bereich der<br />

<strong>Schule</strong> gelte es, sie nicht als Bedrohung zu sehen,<br />

sondern als Chance. Jedem stehe das Recht zu,<br />

dazuzugehören, unabhängig von seinen Fähigkeiten.<br />

Eine <strong>Schule</strong> soll <strong>Schule</strong> für Alle sein, in der jeder<br />

alles lernen darf, aber nicht muss. Als fundamentale<br />

Voraussetzung ergebe sich für die <strong>Schule</strong>n das Wollen, die Einstellungen, die Haltungen.<br />

„Inklusion ist keine Frage des OB, sondern des WIE“, so Feyerer. Aufgabe einer<br />

demokratisch – inklusiven <strong>Schule</strong> sei es, sich nach den Kindern zu richten, nicht umgekehrt.<br />

In diesem Sinne müsse <strong>Schule</strong> Raum zur Partizipation, zur Eigenverantwortung, zur<br />

Mitbestimmung geben. Nur ganzheitlicher offener Unterricht oder individualisiertes Lernen<br />

können diesen Anforderungen gerecht werden. <strong>Schule</strong> müsse also Ort der wertschätzenden<br />

Begegnung und Ort des Lernens nach eigenem Plan sein. Als Säulen einer <strong>Inklusive</strong>n<br />

<strong>Schule</strong> benannte Feyerer „Barrierefreiheit“, „offene Formen des Unterrichts“, „Teamarbeit<br />

und Kooperation“, „Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte“, „Verzicht auf Selektions- und<br />

Segregationsmechanismen“, „gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand“ sowie<br />

„materielle und personelle Ausstattung“. Weitere Gelingensbedingungen für Inklusion<br />

bestehen in Veränderung der Regelschulen, Kooperation und Unterstützung durch Eltern,<br />

Lehrer, Gesetzgeber, Behörden sowie durch Beratung zur internen Qualitätsentwicklung.<br />

<strong>Schule</strong>n müssen die Möglichkeit zur Supervision erhalten, sowie eine berufsbegleitende<br />

Fort- und Ausbildung gewährleisten. Ein Mehr an Team, Wertschätzung, Förderung und<br />

Miteinander machen laut Feyerer eine <strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> aus. Es gelte, das Verständnis vom<br />

„Normalen“ bereits in der <strong>Schule</strong> zu ändern. Wichtig für den Weg in Richtung Inklusion sei<br />

es, sich auf den Weg zu machen, sich für Neues zu öffnen und sich Ziele zu setzen. Feyerer<br />

sprach sich zuversichtlich dafür aus, diesen Weg gemeinsam in Angriff zu nehmen.<br />

5<br />

Prof. Dr. Ewald Feyerer


<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

Mit der Frage „Wo ist Norden?“, forderte im Anschluss Christina Schenz die Teilnehmer<br />

auf, mit geschlossenen Augen in Richtung Norden zu zeigen. In diesem Szenario wurde<br />

deutlich, dass bei eigentlich klarer Zielvorgabe, die Vorstellungen vom Ziel recht<br />

unterschiedlich sind. So sollten die kommenden Tage als Impuls dazu dienen, die<br />

„gemeinsame Richtung“ oder vielmehr eine klarere Vorstellung vom gemeinsamen Ziel zu<br />

finden.<br />

Anhand von Spiegelbildern hatten die unterschiedlichen Teilnehmergruppierungen<br />

abschließend die Möglichkeit, ihre „Wünsche“ und Erwartungen an Wissenschaftler,<br />

Lehrkräfte, Schulleiter, Seminarrektoren, Schulbehörden und außerschulische Expertise im<br />

Hinblick auf Inklusion zu äußern. Als „Spiegelbild“ erwiderten die jeweiligen Experten im<br />

weiteren Verlauf der Tagung, welchen Beitrag sie von ihrer Seite dazu leisten können.<br />

Freitag, 2. März<br />

Der 2. Tag bot in erster Linie der Praxis und dem gemeinsamen Diskurs Raum, wozu vor<br />

allem drei Dialogkreise mit den Schwerpunkten „Begabung“, „Behinderung“ und „Inklusion“<br />

einluden.<br />

Umrahmt wurde die Arbeit in den Dialogkreisen von Grundlagenvorträgen von Herrn Dr.<br />

Albert Berger und Prof. Dr. Simone Seitz, die zusammen mit Dr. Lisa Pfahl referierte.<br />

In seinem Grundlagenvortrag stellte Dr. Albert Berger von der Pädagogischen Hochschule<br />

Dr. Albert Berger<br />

Karlsruhe Studien zur Lehrerprofessionalität dar. Ziel war<br />

es, herauszuarbeiten, wie denn Pädagogen<br />

Heranwachsende auf einen verantwortungsvollen<br />

Umgang mit Heterogenität vorbereiten können.<br />

Ausgehend von der UN-Behindertenrechtskonvention<br />

verwies der Referent darauf, dass sowohl für das<br />

öffentliche Leben, als auch für das Bildungssystem im<br />

Besondern zentrales Ziel im Übergang von der Exklusion<br />

hin zur sozialen Inklusion und diskriminierungsfreier<br />

Partizipation bestehe.<br />

Berger deckte auf, dass die traditionelle Schulpädagogik<br />

das Verständnis von Bildung jedoch häufig immer noch<br />

reduziere auf die reine Geistesbildung im Sinne des<br />

intellektualistischen Bildungsverständnisses des 19.<br />

Jahrhunderts, was eine Vorstellung von Unterricht als monologische Eigenaktivität des<br />

Lehrers mit sich bringe. Zahlen einer empirischen Erhebung der Fernuniversität Hagen zum<br />

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<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

„Methoden-Repertoire von Lehrern“, die den Anteil des Frontalunterrichts mit 77%<br />

auswiesen, untermauerten diese Einschätzung.<br />

Aus diesen Aussagen ergab sich sehr logisch die Forderung nach einer neuen<br />

pädagogischen Praxis, die der Heterogenität der Lerngruppen anstelle von Selektions- und<br />

Sondermaßnahmen mit methodischer Vielfalt begegne. Die Regelpädagogik müsse durch<br />

eine Individualpädagogik ersetzt werden. Berger kam zum Schluss, dass sich für die<br />

Lehrerbildung somit der Anspruch erhebe, dass im Sinne der Professionalität nicht nur<br />

bestimmtes Wissen, sondern vor allem auch bestimmte Einstellungen der Lehrer<br />

vorauszusetzen seien.<br />

Berger appellierte also deutlich an die Einstellungen und Haltungen von Lehrkräften im<br />

Bezug auf die Individuen und unterstrich, dass eine nichtaussondernde integrative<br />

pädagogische Praxis als „das ganz normale“ pädagogische Konzept angesehen werden<br />

müsse.<br />

Prof. Dr. Simone Seitz und Dr. Lisa Pfahl referierten zum Thema „Auf dem Weg zu einer<br />

begabungsfördernden inklusiven <strong>Schule</strong>“. Sie stellten dabei erste Ergebnisse eines<br />

Forschungsprojektes vor, welches am Beispiel von zwei <strong>Schule</strong>n die Zusammenhänge<br />

zwischen inklusiver und begabungsfördernder Pädagogik und Didaktik erläutern will.<br />

Die Referentinnen zeigten nach einem Einblick in die Schulstruktur Bremens das im Rahmen<br />

der Karg-Stiftung laufende Projekt „(Hoch-)Begabung inklusive“ auf, an dem sich zwei<br />

Bremer <strong>Schule</strong>n beteiligen.<br />

Mittels des Forschungsprojekts sollen Kennzeichen begabungsfördernden Unterrichts in<br />

inklusiven Lernsettings ermittelt werden. Aus Befragungen der Teilnehmer geht hevor, dass<br />

die Deutungen über klassische Begabungsvorstellungen (hohe Intelligenz, besondere<br />

Leistungsbereitschaft, musische Gaben) hinausweisen und somit die Möglichkeit der<br />

Partizipation und Teilhabe an begabungsförderndem Unterricht einschließen. Als erstes<br />

Ergebnis kann festgemacht werden, dass<br />

Begabung und Behinderung Prozesse<br />

darstellen, die bezogen auf jede Person<br />

beobachtet werden können. Eine zentrale<br />

Aufgabe, die sich daraus ergibt, besteht<br />

darin, Begabungsprozesse aller<br />

Schüler/innen zu unterstützen und<br />

Ausgrenzung zu vermeiden.<br />

Prof. Schenz bedankte sich bei den<br />

Referentinnen Prof. Seitz und Dr. Pfahl<br />

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<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

Die in den Vorträgen grundgelegten Impulse wurden anschließend anhand von Beispielen<br />

aus der Praxis verdeutlicht. Dazu konnten sich die Teilnehmer je nach Interessenslage in<br />

den Dialogkreisen „individuelle Förderung und (Hoch)Begabung“, „individuelle Förderung<br />

und Behinderung“, sowie „Inklusion konkret – Umsetzung an Bayerns <strong>Schule</strong>n“ ein Bild<br />

davon machen, wie verschiedene <strong>Schule</strong>n konkret in der Praxis mit dieser Thematik<br />

umgehen. Experten aus der Praxis lieferten hier einen Einblick in ihre Arbeit und stellten ihre<br />

<strong>Schule</strong>n, sowie ihre pädagogischen Schwerpunkte dar. Am Vormittag wurden nach Klärung<br />

von Kernbegriffen die einzelnen Vorträge auf die Dimensionen Ziele, Unterricht, Rahmen,<br />

Lehrkraft und Schulleitung hin beleuchtet und das jeweils Spezifische herausgearbeitet.<br />

Davon ausgehend erfolgte in der Weiterführung am Nachmittag eine Wendung der<br />

Aussagen des Vormittags hin zur inklusiven <strong>Schule</strong>ntwicklung.<br />

Dialogkreis I: Individuelle Förderung und (Hoch) Begabung<br />

Im Dialogkreis „Individuelle Förderung und (Hoch)Begabung“ standen die Begabungs-Siegel-<br />

<strong>Schule</strong>n der Stadt Wien im Zentrum, vorgestellt durch Studierende der Uni Passau und<br />

theoretisch fundiert durch die beiden Mitglieder des Stadtschulrates Wien, Frau Brigitte<br />

Palmsdorfer und Herrn Walter Gusterer. Am Nachmittag stellte außerdem Frau Susanne<br />

Müller-Using das Niedersächsische Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe)<br />

in Osnabrück vor.<br />

Aus den Beiträgen konnten vier Thesen zu einer begabungsfördernden inklusiven<br />

<strong>Schule</strong>ntwicklung abgeleitet werden: Eine begabungsorientierte <strong>Schule</strong> als Institution der<br />

Vielfalt<br />

hat zum Ziel, jedem Kind die Entfaltung seiner individuellen Begabungen zu<br />

ermöglichen. Dabei soll es weg von einer blinden Autoritätsgläubigkeit hin zu einem<br />

mündigen Umgang mit Autoritäten angeleitet werden.<br />

bedarf offener, reformpädagogisch orientierter und damit individualisierender<br />

Unterrichtsmethoden.<br />

braucht entsprechende Rahmenbedingungen in Form von offenen Schulräumen und<br />

genügend Personal, welches die inklusive Haltung der <strong>Schule</strong> mitträgt.<br />

muss auf drei Ebenen parallel und vernetzt entwickelt werden: In der politischen<br />

Arbeit der Behörden, in der Schulpraxis und in Form einer wissenschaftlichen<br />

Begleitung des Prozesses.<br />

Dialogkreis 2: Individuelle Förderung und Behinderung<br />

Der Dialogkreis II, tituliert mit „Individuelle Förderung und Behinderung“ wurde am Vormittag<br />

vom Leiter des privaten Förderzentrums K-<strong>Schule</strong> Passau/Salzweg, Herren SoR Karl<br />

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<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

Bischof, gestaltet. Er stellte spezifische, für den Umgang mit Behinderung unabdingliche,<br />

sonderpädagogische Bildungs-, Beratungs- und Unterstützungsangebote vor. „Die Stärken<br />

fördern, die Schwächen mindern“ ist laut Bischof zentrales Anliegen im Umgang mit Vielfalt.<br />

Am Nachmittag wurde der Dialogkreis von den Referentinnen Dir. Susanne Patschka und<br />

Lisa Minnerop-Haeler weitergeführt, die in einem abwechslungsreichen Vortrag die<br />

Lernwerkstatt Donaustadt vorstellten, eine <strong>Schule</strong> die sich durch umfassende Prozesse<br />

kontinuierlicher Umstrukturierung von einer Förderschule hin zu einer inklusiven <strong>Schule</strong><br />

entwickelt hat. Im Sinne von „wir müssen uns anpassen, nicht, die Kinder müssen sich an die<br />

<strong>Schule</strong> anpassen“ wie Frau Patschka betonte, haben sich charakteristische Merkmale dieser<br />

<strong>Schule</strong> entwickelt. Besonders die demokratischen Strukturen, die in fest verankerten<br />

Instrumentarien wie <strong>Schule</strong>ntwicklungsteam, Klassenrat oder Schülerparlament ihren<br />

Ausdruck finden, höchst individualisierende Arbeitsformen und ein großes Maß an<br />

entwicklungsbegleitenden Maßnahmen kennzeichnen die Arbeit an dieser <strong>Schule</strong>. Mit der<br />

Integrativen Montessorischule an der Balanstraße in München wurde an einem weiteren<br />

Beispiel das Konzept „<strong>Schule</strong> für Alle“ zu sein, konkretisiert.<br />

Folgende Thesen für eine inklusive <strong>Schule</strong> wurden aus diesem Dialogkreis entwickelt:<br />

Eine inklusive <strong>Schule</strong><br />

gelingt nur in und mit einem Team, das gemeinsame Werte und Visionen als<br />

Grundkonsens entwickelt und vorlebt.<br />

verlangt Selbstorganisation und eigenes Lernen an gemeinsamen Themen als im<br />

Unterricht vorherrschende Prinzipien.<br />

bedarf auf organisatorischer Ebene Offenheit und Flexibilität.<br />

Dialogkreis III: Inklusion konkret<br />

Im Dialogkreis III wurde am Vormittag der inhaltliche Impuls von Frau Dr. Ellen Kunstmann,<br />

Institutsrektorin am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB), gegeben,<br />

welche dort die Umsetzung der Inklusion begleitet. Sie stellte die Rahmenbedingungen und<br />

Realisierungsmodelle von Inklusion in Bayern sowie die pädagogischen Chancen und<br />

Möglichkeiten dieser in Form eines Mehrebenenmodelles dar. Ebenso skizzierte sie<br />

spezifische landesspezifische Unterstützungs- und Beratungssysteme, welche die <strong>Schule</strong>n in<br />

ihrem Umgang mit Vielfalt begleiten sollen. Am Nachmittag erfolgte eine Fortführung des<br />

Dialogkreises, indem zwei der im Schuljahr 2011/12 in Bayern mit dem „Profil Inklusion“<br />

arbeitenden <strong>Schule</strong>n ihre Konzepte darstellten. Sowohl Frau Rektorin Elfi Strobl der<br />

Grundschule Landau als auch Herr Rektor Thomas Knab der Mittelschule Vilshofen gaben<br />

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<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

unter der Überschrift „Auf dem Weg zur Inklusion“ Einblick in den Entwicklungsstand ihrer<br />

innovativen Schulkonzepte, mit welchen sie sich unter den gegebenen Rahmenbedingungen<br />

engagiert um die Umsetzung einer „<strong>Schule</strong> für Alle“ bemühen. In dem regen Meinungs- und<br />

Erfahrungsaustausch wurde deutlich, dass der „inklusive Gedanke weiter gestreut ist, als<br />

derzeit angedacht“, so ein Diskussionsteilnehmer in der Gruppe.<br />

Folgende Thesen für eine inklusive <strong>Schule</strong> folgten u.a. aus der Diskussion in diesem<br />

Dialogkreis:<br />

Eine inklusive <strong>Schule</strong><br />

muss auf mehreren Ebenen angegangen werden und bedarf systematischer<br />

Begleitung und Unterstützung.<br />

benötigt Netzwerke und kooperative Strukturen auf personeller und institutioneller<br />

Ebene, was eines nachhaltigen (pädagogischen) Konsenses in <strong>Schule</strong> und<br />

Gesellschaft bedarf.<br />

ist eine selbstständige <strong>Schule</strong> mit erhöhtem Gestaltungsspielraum bei<br />

ausreichenden und verlässlichen Rahmenbedingungen.<br />

Mit einer Stadtführung und einem gemeinsamen Abendessen fand der zweite Tag seinen<br />

Ausklang.<br />

Samstag, 3.März<br />

Zentrales Anliegen des dritten Tages war es, die Ergebnisse der beiden ersten Tage,<br />

insbesondere der Dialogkreise<br />

zusammenzutragen, welche von Dr. Axel<br />

Schenz präsentiert wurden:<br />

Als Ziele einer inklusiven <strong>Schule</strong> sind<br />

Selbstbestimmung, Mündigkeit und<br />

Partizipation zu nennen. Der Weg dorthin<br />

muss individuell beschritten werden, was zur<br />

Folge hat, dass kein einheitlicher, optimaler<br />

Weg hin zur inklusiven <strong>Schule</strong> aufgezeigt<br />

werden kann. Jeder muss diesen<br />

Entwicklungsprozess selbst beginnen und<br />

beschreiten. Als notwendiges „Startkapital“<br />

konnten allerdings überzeugte Schulleitung<br />

10<br />

Dr. Axel Schenz


<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

und Lehrkräfte, Teamarbeit, Diskursfähigkeit, der Mut zur Flexibilität und Improvisation<br />

genannt werden. Die Schulleitung muss zum einen ein Feuer entfachen, zum anderen<br />

Brücken bauen zwischen Gesetzen und Visionen. Einheit herrschte darüber, dass zur<br />

Verwirklichung jahrgangskombinierte und fächerübergreifende Unterrichtsformen sowie<br />

Ganztagesschulen gute Grundpfeiler darstellen. Darüber hinaus erfordert die Realisierung<br />

einer demokratisch – inklusiven <strong>Schule</strong> mehr Anwesenheitspflichten der Lehrer, und eine<br />

Abkehr von der Praxis des Zurückstellens, vielmehr müsse hier mit einer individuellen<br />

Verweildauer gegengewirkt werden. <strong>Demokratisch</strong>e Strukturen, die die Mitsprache von allen<br />

Beteiligten erlauben sowie die Einbindung von Eltern und Erziehungsberechtigten müssen<br />

darüber hinaus einen zusätzlichen Schwerpunkt darstellen.<br />

Generell hatte sich sowohl aus den Diskussionen in den Dialogkreisen, als auch aus den<br />

Impulsvorträgen klar herauskristallisiert, dass zu den Voraussetzungen für ein Gelingen von<br />

Inklusion neben struktureller Rahmenbedingungen, finanzieller und personeller Ressourcen,<br />

päd. Wissen und Handlungskompetenzen vor allem auch die Einstellungen und Haltungen<br />

der Lehrkräfte gehören.<br />

So zeichnete sich dementsprechend der Wunsch nach entsprechenden Angeboten zur Fort-<br />

und Weiterbildung in diesem Bereich ab.<br />

Als abschließendes Beispiel für eine inklusive <strong>Schule</strong> stellten Studierende die Wiener VS in<br />

der Karl-Löwe-Gasse vor, eine <strong>Schule</strong>, deren Konzept sich sehr an reformpädagogischen<br />

Ansätzen orientiert. Das Drehtürmodell von Joe Renzulli oder unterschiedliche<br />

Klassenkonzepte (z. B. bewegte Klasse, Montessori, Mehrstufenklasse, etc.) wurden als<br />

Charakteristika dieser <strong>Schule</strong> benannt.<br />

Die Tagung fand in einem „Round-table“-Gespräch, moderiert von Herrn Dr. Axel Schenz<br />

seinen Höhepunkt, in dem sich Prof. Feyerer, Fr. Kunstmann (Institutionsleiterin ISB), Herr<br />

Kainz, Fr. Prof. Seitz, Fr. Dr. Licata (Schulleitung einer Projektschule), Fr. Stock<br />

(Schulgründerin Monte Balan) und Fr. Prof. Schenz den Fragen von Herrn Schenz stellten.<br />

In einer ersten, an die Vertreter der Wissenschaft gerichteten Frage, sollten die<br />

Möglichkeiten eines Brückenbaus zwischen Theorie und Praxis eruiert werden. Dazu bedürfe<br />

es, laut Feyerer, einer inneren und äußeren Schulreform. Innere Schulreform bestehe im<br />

Entwickeln und Vermitteln neuer pädagogischer Ansätze. Brückenbau bedeute demnach<br />

Mitarbeit an Konzepten, Standortbetreuung, Angebot von Weiterbildungslehrgängen, sowie<br />

die Organisation des Erfahrungsaustausches an <strong>Schule</strong>n. Im Sinne von äußerer Schulreform<br />

solle der Fokus auf der Organisation <strong>Schule</strong> liegen, hierbei gehe es um die Evaluation von<br />

Rahmenbedingungen oder um die empirische Analyse von Modellvergleichen.<br />

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<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

Ein weiterer Diskussionspunkt bezog sich auf die Ressource Personal, wo beispielsweise<br />

Bachelor- oder Masterstudiengänge als Innovationschance genannt wurden. Im Hinblick auf<br />

das inklusive Schulsystem müsse auch die Lehrerbildung neu gedacht werden, was die<br />

Erweiterung oder Bereitstellung eines Weiterbildungsangebots dringlich notwendig macht.<br />

Zur Stützung der Lehrkräfte bedürfe es der Teamentwicklung (z.B. durch kollegiale<br />

Hospitationen), der Unterrichtsentwicklung sowie der Personalentwicklung. Im Gespräch<br />

kam nochmals heraus, dass jedoch, trotz aller Ressourcen und Angebote, die innere Haltung<br />

der Lehrkräfte und die Bereitschaft die Chancen der Vielfalt zu sehen essentiell sei. Die<br />

Aussage „Wir brauchen Lehrer mit brennenden Herzen“ verlieh diesem Wunsch<br />

nachhaltigen Ausdruck. Um die Regelschule vom Knowhow der inklusiv arbeitenden privaten<br />

Trägerschaften profitieren zu lassen, seien das Anregen einer Kooperation und das<br />

generelle Stärken der Teamarbeit Meilensteine auf dem Weg.<br />

Im Bezug auf die Lehrerbildung waren phasenübergreifendes Denken sowie eine<br />

Veränderung der LPO weitere Inhalte des round-table Gesprächs.<br />

Dennoch wurde auch der Blick dahingehend geschärft, dass an den <strong>Schule</strong>n beispielsweise<br />

durch höchst individualisierende Unterrichtsmaßnahmen, die durchaus gegenwärtig<br />

praktiziert werden, bereits gute Ressourcen bestehen und gute Anknüpfpunkte für inklusive<br />

Strukturen darstellen.<br />

Aus dem round-table Gespräch entstand ein Erklärungspapier, in dem Grundanliegen<br />

verschriftlicht wurden. Obwohl langfristig eine Anpassung des gesetzlichen Rahmens<br />

unumgänglich sein wird, einigte man sich darauf, den bestehenden gesetzlichen Rahmen<br />

kreativ zugunsten von Inklusion auszuschöpfen.<br />

Ein erster Punkt besteht darin, dass das Angebot an Fortbildungsmaßnahmen erweitert,<br />

intensiviert und systematisiert, sowie eine stärkere Vernetzung (z.B. auch KITAs) initiiert<br />

werden soll, was nur auf Basis eines einheitlichen Begriffsverständnisses geschehen kann.<br />

Ein weiteres Anliegen stellt die Verzahnung der einzelnen Phasen der Lehrerbildung dar.<br />

Außerdem soll die Öffentlichkeitsarbeit ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang ist<br />

vorgesehen, ein Verzeichnis von <strong>Schule</strong>n zu erstellen, die sich zur Hospitation anbieten oder<br />

die Bildung eines Netzwerkes anstreben. Die Daten werden auf der homepage veröffentlicht.<br />

Letztlich wurden ein Manifest verabschiedet, in dem Qualitätsstandards festgemacht wurden<br />

für<br />

Kreativen Umgang mit Rahmenbedingungen<br />

teilnehmende <strong>Schule</strong>n, mit dem Anliegen der Weiterentwicklung<br />

Weiterbildung an inklusiven <strong>Schule</strong>n<br />

Politische Überzeugungarbeit.<br />

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<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

Als Umsetzungstermin hielten die Beteiligten ein Jahr fest.<br />

Die Entwicklung eines interdisziplinären Stufenplans für die Lehrerbildung sowie die<br />

Intensivierung der Pressearbeit konnten als weitere Ziele fixiert werden.<br />

Fazit/Ausblick<br />

Diskussion am Round table<br />

Das Fazit nach drei Tagen intensiven Austausches und anregender Impulse: Eine rundum<br />

gelungene Tagung, die den Ansporn zur Weiterarbeit gab. Geplant ist in jedem Fall, dass die<br />

in dieser Tagung grundgelegten Impulse in einer follow-up- Tagung weiterentwickelt und die<br />

getroffenen Vereinbarungen evaluiert werden. Die Umsetzung einiger Vereinbarungen wurde<br />

auch aktuell bereits in Angriff genommen, so wurde das Netzwerk „<strong>Schule</strong>ntwicklung“ auf der<br />

homepage des Lehrstuhls für Grundschulpädagogik und –didaktik aktualisiert.<br />

Darüber hinaus fand am 21.03. konstituierende Sitzung der „AG Lehrerbildung“ statt, die eine<br />

pädagogische Professionalisierung der Lehrerbildung anstrebt, beispielsweise durch eine<br />

Verbindung der einzelnen Phasen. So wurden von Seiten der Regierung Niederbayerns<br />

(Schätz) und von Seiten der Grundschulpädagogik (Schenz) inhaltliche, personale,<br />

organisationale, formale und strukturelle Dimensionen der Lehrerbildung angesprochen, in<br />

denen gemeinsame Veränderungen neu bedacht werden können und sollten und die<br />

andererseits als Arbeitsrahmen für die ExpertInnengruppe dienen könnten.<br />

Mit der AG „<strong>Schule</strong>ntwicklung“ wurde am 26.03 eine weitere Arbeitsgruppe gegründet, die<br />

sich die Umsetzung der in der Tagung angestoßenen Impulse als Ziel gesetzt hat und somit<br />

ebenfalls zur Sicherung der Nachhaltigkeit der Tagung dient.<br />

Als Resümee lässt sich sagen, dass wohl alle Tagungsteilnehmer nun genau „wissen, wo<br />

Norden ist“ und sich, angestoßen durch die Tagung, zu den ersten Schritten in die gleiche<br />

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<strong>Impulstagung</strong> <strong>Demokratisch</strong>-<strong>Inklusive</strong> <strong>Schule</strong> (<strong>entwickeln</strong>)<br />

Richtung aufgemacht haben. Durch das Gründen der AG Lehrerbildung und der AG<br />

<strong>Schule</strong>ntwicklung wurden die ersten Wegetappen abgesteckt, bleibt nur zu hoffen, dass<br />

dadurch viele weitere „Herzen“ für diesen Weg zum gemeinsamen Ziel „demokratisch-<br />

inklusive <strong>Schule</strong>“ entflammt werden können.<br />

f.d.I. Karin Weber, Silvia Dollinger, Tanja Sicheneder-Anthofer<br />

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