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Verena Exner, Andreas Fischer, Matthias Hilgers, Konrad Kutt ...

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<strong>Verena</strong> <strong>Exner</strong>, <strong>Andreas</strong> <strong>Fischer</strong>, <strong>Matthias</strong> <strong>Hilgers</strong>, <strong>Konrad</strong> <strong>Kutt</strong>, Reinhold Nickolaus,<br />

Bernd Reschke, Barbara Toepfer<br />

Erweiterter Dialog um Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung<br />

Ergebnisse und Anmerkungen zum Forum: Berufliche Bildung 1 im Rahmen des BLK-Kongresses Zukunft<br />

lernen und gestalten – Bildung für eine nachhaltige Entwicklung<br />

am 12. und 13. Juni 2001 in Osnabrück<br />

Zur Vorbereitung und Organisation<br />

Zur Vorbereitung des Forums Berufsbildung hatte sich eine kleine Gruppe engagierter<br />

Vertreter der „Nachhaltigen Entwicklung“ im berufsbildenden Bereich zusammengefunden.<br />

Sie waren mit unterschiedlichen Funktionen aktiv an der Durchführung des Forums,<br />

der Auswahl der Good-practice-Beispiele, der Betreuung der Präsentationen im Markt der<br />

Möglichkeiten und der Abfassung des vorliegenden Ergebnisberichts beteiligt.<br />

Folgender Ablauf des Forums Berufsbildung wurde gewählt: Einleitend wurden<br />

Ergebnisse aus einer im Auftrag des BMBF erstellten Machbarkeitsstudie zur „Beruflichen<br />

Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ 2 vorgestellt und diskutiert. Danach wurden mit<br />

dem Ziel einer ersten „Bilanzierung“ , insgesamt 12 Praxisbeispiele in 6 Arbeitsgruppen<br />

vorgestellt. Stellvertretend für andere Beispiele, die leider nicht berücksichtigt werden<br />

konnten, wurde gezeigt, welchen Stand die Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung<br />

erreicht hat. Berücksichtigt werden muss, dass in der Berufsbildung im Gegensatz<br />

zum allgemein bildenden Bereich gezielte Fördermaßnahmen, Programme und dergleichen<br />

auf Bundesebene bisher noch nicht eingerichtet wurden, mithin auch nicht auf neuere Modellversuche<br />

zurückgegriffen werden konnte<br />

Die Diskussion erstreckte sich sowohl auf die inhaltlichen Fragen der Nachhaltigkeit, als<br />

auch auf strukturell hinderliche Faktoren und Perspektiven zur Überwindung dieser Barrieren.<br />

Während des gesamten Kongresses standen die Praxisprojekte an Info-Ständen für<br />

Gespräche und Kontakte allen Kongressteilnehmern zur Verfügung. Die Eindrücke dieser<br />

Bilanzierung wurden in einem abschließenden Sustainable-Talk unter Moderation von<br />

VolkerAngres (ZDF) zusammengefasst und mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Forschung<br />

im Hinblick auf künftigen Handlungsbedarf und generelle Perspektiven diskutiert .<br />

1<br />

Zeitgleich wurden u. a. folgende Foren durchgeführt: A1 Vorschulische und schulische Bildung; A2 Berufliche<br />

Bildung; A3 Hochschule; A4 Weiterbildung und lebenslanges Lernen. Vgl. hierzu auch die Kongressdokumentation<br />

unter www.blk-kongress.de<br />

2<br />

Klaus-Dieter Mertineit, Reinhold Nickolaus und Ursula Schnurpel: Berufsbildung für eine nachhaltige<br />

Entwicklung. Machbarkeitsstudie im Auftrag des BMBF. Hrsg. vom Bundesministerium für Bildung und<br />

Forschung, Referat Öffentlichkeitsarbeit. Bonn 2001 (kostenlos erhältlich)


Ein erster Überblick<br />

Es besteht kein Zweifel: Nachhaltiges Wirtschaften ist eine erstrebenswerte Vision mit<br />

zunehmender Beachtung und praktischer Umsetzung in der Wirtschaft: on der Chemie mit<br />

dem international eingeführten Leitbild des Responsible Care, der Energiewirtschaft mit<br />

dem Einstieg in die erneuerbare Energie, dem Bausektor mit der energetischen und sozialverträglichen<br />

Altbausanierung bis zum Fairen Handel (Otto-Versand), vom global operierenden<br />

Weltkonzern mit vereinbarten Sozialstandards (Faber Castell) bis zum lokal tätigen<br />

Handwerksunternehmen, das mit seinem traditionellen Verständnis von Marktnähe, Qualität,<br />

Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit als geborener Anwalt der Nachhaltigkeit gelten<br />

kann bzw. auch heute wieder vielfältige Handlungsspielräume für eine Annäherung an das<br />

Leitbild der Nachhaltigkeit nutzen kann.<br />

Wenn auch das Streben nach der „schnellen Mark“ und Fehlentwicklungen verschiedenster<br />

Art manche Branchen in Misskredit gebracht haben, belegen etliche Anzeichen durchaus<br />

die Notwendigkeit und Machbarkeit des Umsteuerns in der Wirtschaft. Dies geschieht<br />

nicht nur reaktiv, sondern auch als Zukunftssicherung mit langfristiger Nutzenorientierung<br />

und in sozialer Verantwortung. Maßnahmen der beruflichen Bildung, der Information und<br />

Kommunikation sind eine notwendige Veraussetzung, diesen Prozess nach allen Seiten<br />

bewusstseinsmäßig und qualitativ abzusichern, insbesondere bei allen, die berufliche Qualifikationen<br />

in der Aus- und Weiterbildung erwerben.<br />

Die dem Einführungsreferat zugrundegelegte Machbarkeitsstudie kommt in ihrer Bilanzierung<br />

zu dem Ergebnis, dass Nachhaltigkeit in der Alltagspraxis betrieblicher Ausbildung<br />

bisher kaum eine Rolle spielt und normative Ansprüche eher anzutreffen sind als konzeptionelle<br />

Entwürfe, geschweige denn deren Umsetzung. Eine in der Breite nachvollziehbare<br />

Konkretisierung einer Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung steht noch aus.<br />

Festgestellt wird, dass jetzt erst langsam das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung Eingang<br />

findet in die Berufsbildung. Um so erfreulicher ist die Tatsache, dass mehr als 50<br />

Praxisbeispiele aus dem berufsbildenden Bereich für den Kongress eingereicht wurden.<br />

Deutlich wird sowohl aus der Machbarkeitsstudie als auch aus den vorliegenden Beispielen:<br />

Der Fundus der meisten Methoden sowie die Basis für die Orientierung am Leitbild<br />

der Nachhaltigkeit sind die Erfahrungen, Projekte und Modelle der beruflichen Umweltbildung<br />

der 90er Jahre. Bereits hier wurden – zumindest partiell – soziale, globale und politische<br />

Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt, wenn auch insgesamt die Integration<br />

des Umweltschutzes in die Berufsausbildung offensichtlich hinter den Erwartungen zurückbleibt.<br />

Bei der Umsetzung beruflicher Bildung im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung stößt<br />

man auf grundlegende Problem, denkt man insbesondere an die wünschbaren Effekte, die<br />

im Handeln des einzelnen erzielt werden sollen. Verantwortlich wird hierfür in erster Linie<br />

die strukturelleWidersprüchlichkeit beruflichen Handelns bei gleichzeitiger Einhaltung<br />

übergreifender Werte und Normen gemacht. Dies galt schon für die berufliche Umweltbildung,<br />

vermehrt nun auch für das Nachhaltigkeitspostulat. Solange das prinzipiell ökonomisch<br />

definierte Handlungssystem die Nachhaltigkeitsnormen nicht nutzbringend einbezieht,<br />

bleiben Widersprüche bestehen, die auf eine Ausbalancierung angewiesen sind. Pädagogisches<br />

Handeln zielt dann darauf, Widersprüche zu erkennen, ggf. auszuhalten bzw.<br />

sich für ihren schrittweisen Abbau einzusetzen.<br />

Dieser Gedanke führt zu einem weiteren Problem: die wenig zufriedenstellende Nutzung<br />

der vorhandenen Handlungsspielräume durch die beruflichen Akteure.Zum Teil werden<br />

2


hierfür mangelndes Wissen, zum Teil auch die etablierten, eingeschliffenen Handlungsroutinen<br />

verantwortlich gemacht, die nur durch starke Veränderungsmotive oder Problemdruck<br />

aufgegeben werden. Erzeugt werden kann ein solches Veränderungsmotiv durch<br />

praktikable Handlungsalternativen, die in Bildungsmaßnahmen reflektiert und erschlossen<br />

werden könnten.<br />

Genau so wichtig, wenn nicht wichtiger, sind auch äußere Handlungsanreize bzw. Rahmenbedingungen<br />

zur Förderung nachhaltigkeitsfreundlicher Handlungsweisen, die u.a.<br />

durch politische Aktivitäten geschaffen werden können. Auf der anderen Seite sind auch<br />

Befunde der beruflichen Sozialisationsforschung, zu sozialem Lernen und zur Umweltbewusstseinsforschung<br />

zu berücksichtigen, will man den Widersprüchen und Inkonsistenzen<br />

im Handeln einzelner auf den Grund gehen.<br />

Zu den sechs Themenfeldern der Bilanzierung innerhalb des Forums<br />

Im Mittelpunkt des Forums standen insgesamt 12 Praxisbeispiele 3 , die im Vorfeld aus über<br />

50 Beispielen ausgewählt wurden. Selltvertretend wurde gezeigt, wie eine Berufsbildung<br />

für nachhaltige Entwicklung umgesetzt werden kann. Jeweils zwei Beispiele wurden den<br />

folgenden Themenfeldern zugeordnet:<br />

• Öko-Audit – Nachhaltigkeists-Audit<br />

• Ausbilder und Methoden der Vermittlung<br />

• Nachhaltigkeit und Beruf<br />

• Nachhaltigkeit in der Benachteiligten Ausbildung<br />

• Globales Lernen in der beruflichen Ausbildung<br />

• Umnweltkommunikation und Umweltmanagement<br />

Öko-Audit – Nachhaltigkeits-Audit<br />

Nachdem seit dem Frühjahr 1998 private und öffentliche Bildungseinrichtungen die Möglichkeit<br />

haben, sich freiwillig am EG-Öko-Audit-System zu beteiligen, ist es für Schulen<br />

möglich, ein ökologisch ausgerichtetes Schulmanagement in Anlehnung an die Öko-Audit-<br />

Verordnung aufzubauen.<br />

Wenn nicht für die gesamte Schule ein Umweltmanagement aufgebaut werden kann, so<br />

bieten Simulationsunternehmen, Lernbüros, Planspiele oder Schülerfirmen ausreichend<br />

Möglichkeiten, ein Umweltmanagement durchzuspielen. Grundsätzlich gilt, daß eine Ökologisierung<br />

der Schule bzw. die Erprobung in Simulationsspielen vor allem als pädagogisches<br />

Projekt anzusehen ist.<br />

3<br />

Diese Praxisbeispiele sind auf einer CD-ROM allen Kongressteilnehmern zugänglich gemacht worden. Das<br />

BIBB hat diese Beispiele auch auf seine eigene Homepage übernommen und ist um ständige Erweiterung<br />

bemüht: www.bibb.de/forum/Nachhaltigkeit/good-practice-Beispiele:<br />

3


Schulen sind aufgrund ihres Bildungsauftrages besonders geeignet, das ökologisch ausgerichtete<br />

Schulmanagement in Richtung eines nachhaltigen Schulaudits zu erproben, um<br />

eine Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen.<br />

Unabhängig, ob das ökologisch ausgerichtete Schulmanagement oder das nachhaltige<br />

Schulaudit in der Schule insgesamt oder in Simulationsverfahren umgesetzt werden, sind<br />

folgende Aspekte zu berücksichtigen:<br />

• Die Institutionalisierung des schulischen Öko-Audit-Verfahrens ist zu sichern.<br />

• Anreize sind zu schaffen sowie zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen zur<br />

Verfügung stellen.<br />

• Hospitationen für den Erfahrungsaustausch sind zu fördern.<br />

• Kompakte schulspezifische Fortbildungen für Lehrende sind anbieten (zum Beispiel<br />

durch internetgestützte Fortbildungen).<br />

• Bezüge zu den Unterrichtsfächern sind herzustellen.<br />

• Der Bezug zur Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung ist deutlich zu machen.<br />

• Gestaltungs- und Selbstbestimmungskompetenzen bei Lehrenden und Lernenden sind<br />

zu fördern.<br />

Ausbilder und Methoden der Vermittlung<br />

Jedes neue Thema in der Berufsbildung, so auch die nachhaltige Entwicklung, lässt die<br />

Forderung nach einer entsprechenden Weiterbildung des Ausbildungs- und Lehrpersonals<br />

aufkommen, wie auch die Frage, welche Methoden der Vermittlung sich wohl am besten<br />

eignen. In Ermangelung sprezifischer Konzepte und Beispiele für Ausbilder, wurde die<br />

Frage anhand komplexer Projekte integrativ behandelt. Sowohl das Beispiel Tropenholz<br />

als auch das Beispiel Gewächshaus sind berufsübergreifend und vernetzt durchgeführte<br />

Projekte, die ein hohes Selbstlernpotential der Akteure beinhalten.<br />

• Das Ausbildungspersonal hat für die Vermittlung des Themas Nachhaltigkeit in der<br />

Berufsbildung eine Schlüsselfunktion.<br />

• Das Thema ist beim Ausbildungspersonal selbst weitgehend unbekannt.<br />

• Bei der Vermittlung des Themas muß berücksichtigt werden, wer (Azubis, Ausbilder)<br />

in den Betrieben welche Handlungsmöglichkeiten hat.<br />

• Bildung für Nachhaltigkeit muß eng an den betrieblichen Kontext angebunden werden<br />

(läuft im Betrieb nichts, läuft in der Bildung nichts was zu Effekten führen könnte).<br />

• Dass Ausbilder für Nachhaltigkeit ausbilden, muß betriebs- und gesellschaftspolitisch<br />

gewollt sein.<br />

• Qualifizierungsmaßnahmen sollen dreigleisig sein:<br />

o Sensibilisierung, d.h. das Thema ist überhaupt publik zu machen, Anknüpfungspunkte<br />

sind zu schaffen.<br />

o Branchenkonzepte sind zu entwickeln und einzuführen, spezifische fachliche<br />

Anknüpfungspunkte sind zu nutzen.<br />

o Das Thema muß „handgreiflich“ werden (Projekte, Projektlernen, Bestpractice-Lernen).<br />

4


• Gute Beispiele sollten verbreitet werden, wozu Internetplattformen und Verbreitungsagenturen<br />

hilfreich und prinzipiell die Befunde aus der Transferforschung zu berücksichtigen<br />

sind.<br />

Nachhaltigkeit und Beruf<br />

Nachhaltigkeit ist ein gesellschaftliches Leitbild, das sich zunehmend im Wirtschafts- und<br />

Beschäftigungssystem verankert und hier zu neuen Anforderungen auf allen Ebenen beruflichen<br />

Handelns führt.<br />

Betroffen sind Beratungs-, Leitungs- und Managementfunktionen in Industrie, Handwerk,<br />

Handel und sonstigen Dienstleistungssektoren ebenso wie die Fort- und Weiterbildung der<br />

Beschäftigten.<br />

Für die Professionalisierung einer auf nachhaltige Entwicklung ausgerichteten Berufstätigkeit<br />

gibt es im Prinzip drei sich ergänzende Strategien: Die Integration von Zielen nachhaltigen<br />

Wirtschaftens in die bestehenden Aus- und Fortbildungsregelungen, die Entwicklung<br />

von Aus- und Weiterbildungskonzepten, sowie u. U: auch neue Berufsbilder oder spezifische<br />

Zusatzqualifikationen unter dem Leitbild nachhaltigen Wirtschaftens. Freilich ist in<br />

allen Schritten eine weitere Operationalisierung unerläßlich.<br />

Auf der einen Seite steht die Überarbeitung der Berufsbildstandardposition zur Diskussion,<br />

z. B.: „Die Vermittlung der Ausbildungsziele erfolgt unter dem Grundsatz der Nachhaltigkeit<br />

der ökonomischen, sozialen und ökologischen Entwicklung“, auf der anderen Seite<br />

könnte eine übergreifende Reorganisation ganzer Berufsbereiche und Branchen notwendig<br />

werden, wie sich am Beispiel Facility Management zeigen lässt.<br />

In der Arbeitsgruppe wurden exemplarisch zwei für nachhaltiges Wirtschaften bedeutsame<br />

Berufsbereiche ausgewählt: Regenerative Energie und nachhaltiges Bauen. In dem einen<br />

Beispiel wurden Qualifizierungsmodule, z. B. Fotovoltaik, Solarthermie, BHKW mit dem<br />

Anspruch der Integration in die bestehende handwerkliche Berufsstruktur entwickelt. Einigkeit<br />

bestand in der Notwendigkeit, erste Kenntnisse und Fähigkeiten zur regenerativen<br />

Energie so früh wie möglich in die Berufsausbildung einzubeziehen. Ob und inwieweit<br />

sich hieraus Zusatzqualifikationen mit formalen Berechtigungen z. B. für die Weiterbildung<br />

und Berufsausübung ergeben, bleibt auch nach der Diskussion eine offene Frage.<br />

In dem anderen Beispiel wurde gezeigt, wie sich ein überbetriebliches Ausbildungszentrum<br />

für Bauberufe zu einem Kompetenzzentrum für nachhaltiges Bauen weiterentwickelt.<br />

Die Idee hierbei ist, dass ein unter ökologischen und nachhaltigen Gesichtspunkten errichtetes<br />

neues Gebäude, sich mit seinen Möglichkeiten ökologischen und nachhaltigen Bauens<br />

und einem integrierten Wissensmanagement den Auszubildenden und Teilnehmern<br />

der Weiterbildung, den Betrieben in der Region und allen Besuchern anschaulich vermittelt<br />

und erschließt.<br />

Folgende Ergebnisse sind schlaglichtartig festzuhalten:<br />

• Nachhaltige Entwicklung ist Teil ständig auf die Berufsbildung zukommender Anforderung<br />

und Erneuerungen<br />

• Vermittelt „Umweltschutz“ ein eher reaktiv, ordnungsrechtliches Denken, wird „nachhaltige<br />

Entwicklung“ im betrieblichen Kontext eher gestalterisch offen, positiv konnotiert<br />

• Nachhaltige Entwicklung sprengt mitunter den Rahmen eingefahrener Berufe, weil die<br />

Leistungserstellung viel stärker problem-, kontext- und anwenderbezogen unter den<br />

5


Gesichtspunkten von Knappheit der Ressourcen, wie z. B. Zeit, Geld und Stoffen gedacht<br />

werden muss.<br />

• Der durch nachhaltige Entwicklung unausweichlich erscheinende Strukturwandel in<br />

einigen Bereichen der Wirtschaft kann zu neuen Zusatzqualifikationen, Weiterbildungsabschlüssen<br />

sowie neuen Berufen und Berufsschneidungen führen.<br />

Nachhaltigkeit in der Benachteiligten-Ausbildung<br />

Die gewählte Überschrift suggeriert eine semantische Falle. Natürlich ist keine Festschreigung<br />

der Benachtigung beabsichtigt, vielmehr erwarten die Experten der Benachteiligten-<br />

Ausbildung, dass durch die Integration dieses Themas soviel neue Inhaltlichkeit, soviel<br />

Motivation und Sinnhaftigkeit und Abwechselung in die Ausbildung gebracht wird, dass<br />

sich die Chancen der Benachteiligten in jeder Hinsicht erhöhen werden. Gründe hierfür<br />

werden einerseits in erhöhter Persönlichkeits- und Fachkompetenz gesehen, andererseits in<br />

einer umwelt- und nachhaltigkeitsorientierten Zusatzqualifizierung. Die ausgewählten Beispiele<br />

bezogen sich auf den Bereich Recycling und Rückbau von Automobilen mit einer<br />

verwertbaren und nutzbringenden Gesamtkonzeption sowie auf praktische, kooperative<br />

Umweltschutzprojekte der Werk-statt-Schule in Spanien.<br />

Im Kern sind folgende Ergebnisse festzuhalten:<br />

• Mit spezifischen Lehr-/Lernarrangements kann auch in der Berufsvorbereitung und<br />

Berufsausbildung von benachteiligten Jugendlichen ein Beitrag zur Umsetzung des<br />

Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung geleistet werden.<br />

• Einzelne Aspekte einer Bildung für eine nachhaltige Entwicklung wie z.B. Umweltbildung<br />

oder interkulturelles Lernen gehören bereits zum realisierten pädagogischen Konzept<br />

der Werk-statt-Schule in Hannover und der Gewerbeschule 8 in Hamburg und<br />

können u.U. exemplarisch für die ‚normale’ duale Berufsausbildung angesehen werden.<br />

• Mit einer Qualifizierung, die sich an dem Leitbild einer Bildung für einer nachhaltigen<br />

Entwicklung orientiert, verbessern sich die Chancen der benachteiligten Jugendlichen<br />

einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz zu erhalten.<br />

Globales Lernen in der beruflichen Ausbildung<br />

Wirtschaftliches Handeln folgt primär Prinzipien der Rationalität unter Einbeziehung der<br />

Kontextbedingungen. Agenda 21, aber auch die Global Charter der Vereinten Nationen<br />

machen deutlich, dass zu diesen Rahmenbedingungen örtlich und zeitlich vielfältig gestreute<br />

Faktoren gehören, die unter den Stichworten „Ökonomie“, „Ökologie“ und „Soziales“<br />

zusammengefasst werden. Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

können in einem weltumspannenden Aktionsradius nicht ignorieren, dass endliche Ressourcen<br />

massiv ausgebeutet werden, dass die Umwelt hochgradig belastet wird, dass Bevölkerungswachstum,<br />

Armut, Kriege, Flucht, massive Menschenrechtsverletzungen und<br />

feindseliges Verhalten gegenüber Fremden und Migranten Einfluss haben auf Standorte,<br />

Beschaffungs- und Absatzmärkte und Beziehungen zu Kunden und Lieferanten.<br />

Unternehmen, aber auch der staatliche Sektor sind auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

angewiesen, die über Wissen und Fertigkeiten verfügen, die sie dazu befähigen mit diesen<br />

Herausforderungen umzugehen und in ihr berufliches Denken und Handeln zu integrieren.<br />

6


Betriebliche Realität ist in dieser Hinsicht vor allem in international agierenden Unternehmen<br />

der Ausbildungspraxis in Schule und Betrieb weit voraus. Zur Vermittlung dieser<br />

Kompetenzen ist Globales Lernen in der beruflichen Ausbildung unverzichtbar – die vorstellten<br />

Projekte „impuls“ aus Berlin und „Schul-Reiseunternehmen“ Northeim zeigen<br />

Wege hierzu auf.<br />

Es ist daher geboten:<br />

• bestehende konkrete Ansätze im Berufsschulunterricht auszuweiten und stärker in die<br />

Stoffpläne und pädagogische Alltagspraxis sowie in das Programm und Profil der Einzelschule<br />

zu integrieren.<br />

• die in den Präambeln der Lehrpläne und der Ausbildungsrahmenpläne festgeschriebenen<br />

Forderungen nach Globalem Lernen konsequenter durch alle Beteiligten umzusetzen<br />

(v.a. in Schulen, Ausbildungsbetrieben, Bildungsbürokratie, Lehreraus- und -<br />

fortbildung) und dabei ökologische Bildung und Globales Lernen stärker zu verzahnen.<br />

• Nichtregierungsorganisationen stärker in die schulische und betriebliche Arbeit zu integrieren<br />

(im Sinne von „Öffnung von Schule und Ausbildungsbetrieb“).<br />

• das Repertoire an Methoden und Medien der Wissens- und Kompetenzvermittlung zu<br />

erweitern und zu aktualisieren und Lernorte entsprechend auszustatten (materiell, personell).<br />

• den Ansatz des Globalen Lernens in der öffentlichen Debatte von Nachhaltigkeit deutlich<br />

mit einzubeziehen.<br />

Umweltkommunikation und Umweltmanagement – Zwei Seiten einer Medaille<br />

Soll ein sich selbst tragender Prozess zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung in Gang<br />

kommen oder verstetigt werden, ist die Kommunikation über Chancen, Möglichkeiten und<br />

Grenzen der ökologischen Orientierung eines Unternehmens unabdingbare Voraussetzung.<br />

Effiziente Kommunikation setzt Wissen und Qualifikation voraus. Als Fundament muss die berufliche<br />

(Umwelt-) Bildung angesehen werden. Aber dieses reicht im Sinne einer nachhaltigen Kommunikation<br />

nicht mehr aus. Fachgrenzen verschwimmen, Schlüsselqualifikationen und soziale<br />

Kompetenz seien als nur einige Stichworte genannt. Es ist notwendig, ein Kommunikationsbündel<br />

bestehend aus modularen Bildungs- und Beratungsinhalten problem- und damit praxisorientiert<br />

miteinander zu verknüpfen, damit der Schritt vom Wissen zum Handeln vollzogen werden kann.<br />

Nur so kann Umweltmanagement in und zwischen den Betrieben auch gelebt und praxisorientiert<br />

umgesetzt werden. Das Ziel liegt in einer nachhaltigen Verhaltensänderung und -verstetigung, damit<br />

nachhaltige Entwicklung auch (betriebliche) Realität wird. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

ist hier ein zukunftsweisendes Kommunikationsmittel für interne und externe Anspruchsgruppen.<br />

Ziel ist die alltagspraktische Verwirklichung einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung als<br />

Teil einer nachhaltigen Gesellschaft.<br />

Folgende Aufgaben und Empfehlungen resultieren aus dem Workshop:<br />

- Vernetzung und Professionalisierung von beruflicher Umweltbildung mit Umweltberatung<br />

und Umweltinformationsvermittlung im Sinne der Nachhaltigkeit;<br />

- Integration von Umweltkommunikation in betriebliche Prozesse, d.h. z. B. Vernetzung<br />

der beruflichen Bildung mit anderen Betriebsbereichen wie z.B. Marketing, Personalentwicklung,<br />

Produktentwicklung ;<br />

- Förderung des Eigeninteresses von Organisationen und Individuen am Umweltschutz<br />

und Umweltbildung;<br />

7


- Initiierung von Kompetenzentwicklungsprozessen sowie Aufbau von interdisziplinären<br />

Arbeitsgruppen;<br />

- Partizipation aller ArbeitnehmerInnen bei der Umsetzung von Umweltmangement;<br />

Nutzung von Instrumenten wie z.B. Öko-Audit und Nachhaltigkeitsberichtserstattung;<br />

- In jedem Nachhaltigkeitsbericht sollte eine Aussage zum Stand und den Plänen hinsichtlich<br />

der Aus-, Fort-, und Weiterbildung verbindlich enthalten sein;<br />

- Stärkung von betriebsinterner und betriebsübergreifender Kooperation im Sinne der<br />

Umweltkommunikation; Eröffnung von Handlungsspielräumen der handelnden Personen;<br />

- Förderung von Umweltkommunikation mit weiteren Anspruchsgruppen ( Kommunen,<br />

Kirchen, Nachbarn, Umweltverbänden) im Sinne der Agenda 21 realisieren.<br />

Die Vision eines „nachhaltigen Unternehmens“ muss tradierte Unternehmensbilder in der<br />

Ausbildung ersetzen.<br />

Generelle Schlussfolgerungen und konkrete Ergebnisse<br />

Insgesamt wurde in dem Forum Berufsbildung deutlich, dass erste Ansätze bereits vorliegen,<br />

an welchen in der weiteren Arbeit angeknüpft werden kann, dass aber vielfältige, auch<br />

strukturelle Probleme zu überwinden sind, wenn der hohe Anspruch einer auf Nachhaltigkeit<br />

gerichteten beruflichen Bildung eingelöst werden soll.<br />

Kongresse und Tagungen und die damit verbundenen Diskussionsrunden haben zu ersten<br />

greifbaren Ergebnissen geführt. Dabei zeichnet sich ab, dass die Funktion einer zentralen<br />

Anlauf- und Koordinierungsstelle einer „Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung“ vom<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung übernommen werden könnte. Die folgenden Ergebnisse<br />

sind mittelbare oder unmittelbare Konsequenzen einer einer durch den BLK-Kongress angestoßenen<br />

Diskussion.<br />

• Das BIBB will die Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung zu einem Aufgabenschwerpunkt<br />

seiner Arbeit ausbauen und hat hierfür eine abteilungsübergreifende<br />

Arbeitsgruppe eingesetzt.<br />

• Die an der Kongressvorbereitung zum Forum Berufsbildung beteiligten Personen, im<br />

wesentlich also die Autoren dieses Berichts, haben beschlossen, den begonnen Dialog<br />

über den Kongress hinaus fortzusetzen. Sie haben sich als offene „Initiativgruppe Berufsbildung<br />

für eine nachhaltige Entwicklung“ konstitutiert, die unter Federführung des<br />

BIBB und in Abstimmung mit dem BMBF den Austausch und die Vernetzung fördern,<br />

die verschiedenen Aktivitäten zusammenführen und konzeptionelle Anregungen geben<br />

möchte.<br />

• Die für den BLK-Kongress ausgewählten und dokumentierten 14 Good-practice-<br />

Beispiele einer Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung sind ab sofort auch über<br />

die BIBB-Homepage einsehbar. Weitere ca. 40 Beispiele, die für den Kongress angemeldet<br />

wurden, werden noch aufbereitet und ebenfalls ins Netz gestellt.<br />

8


• Modellversuche zur Entwicklung und Erprobung weiterer innovativer Konzepte einer<br />

Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung werden mit einem jährlichen Fördervolumen<br />

von ca.1,3 Mio DM noch in diesem Jahr in das Genehmigungsverfahren aufgenommen.<br />

Ein erster Modellversuch mit dem Ziel einer Qualifizierung und Materialentwicklung<br />

im Bereich regenerativer Energien hat am 1. 6. 2001 begonnen. Der Modellversuch<br />

wird in Kooperation zwischen Schulen (BLK-Modellversuch) und Betriebn<br />

und Bildungseinrichtungen des Handwerks in Hessen (Wirtschafts-Modellversuch<br />

durchgeführt).<br />

• Die internationale Kooperation zur Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung hat<br />

sich unmittelbar nach dem Kongress weiter konkretisiert. Erste Ergebnsse des deutschbrasilianischen<br />

Kooperationsprojekts „Horizonte 21“ können über die BIBB Hompepage<br />

www.bibb.de/Internationles/Horizonte21 eingesehen werden. Ein deutschniederländisches<br />

Projekt zur Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung in der<br />

Grenzregion Rhein-Waal wurde von einer deutsch-niederländischen Expertenrunde<br />

vorgeschlagen.<br />

• Diese Ergebnisse werden vom BIBB einer eigenen Pressemeldung zeitnah zur Weltklimakonferenz<br />

in der zweiten Julihälfte in Bonn herausgegeben.<br />

9

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