Island [MSS]{DE};17_View
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AUF ACHSE<br />
Zurück von unserem Fussmarsch wollen wir<br />
eigentlich direkt von Askja aus über die Piste 910<br />
die Insel durchqueren, doch leider ist diese Piste<br />
noch immer gesperrt. Also müssen wir wohl oder<br />
übel zurück zum Myvatensee und uns dann doch<br />
Gedanken über die Sprengisandur machen.<br />
FILMEN STATT HELFEN<br />
Zuerst liegt aber noch die berüchtigte F88 vor<br />
uns. Berüchtigt ist die Piste vor allem wegen ihrer<br />
anspruchsvollen Flussdurchfahrten. Eine ist besonders<br />
tief und hat recht viel Strömung. An jener<br />
Stelle angekommen, sind wir hin und her gerissen,<br />
ob wir die Durchfahrt wagen sollen. Da der<br />
Rückweg extrem weit ist und zu dieser fortgeschrittenen<br />
Stunde wohl auch keinen Sinn mehr<br />
macht, beschliessen wir aber, es zu versuchen.<br />
Dass just in dem Moment die Rancher ankommen,<br />
ist der Sache natürlich mehr als zuträglich,<br />
denn wenn es nicht klappt, ist Hilfe nicht weit.<br />
Mein Motorrad stellt bereits in der Mitte des<br />
Flusses ab und mit vereinten Kräften schaffen wir<br />
meine Yama ha XT ans andere Ufer. Mein Mann<br />
kommt zwar weiter, aber auch seine BMW schafft<br />
es nicht aus eigener Kraft. Die Rancher entscheiden<br />
sich derweil zu filmen anstatt zu helfen, denn<br />
so bleiben die Füsse immer schön trocken. Als sie<br />
allerdings erkennen, dass die BMW wohl Wasser<br />
angesaugt hat, kommen sie dann doch ans andere<br />
Ufer und unterstützen uns mit allem, was sie zu<br />
bieten haben, sodass wir unseren Weg wenig später<br />
fortsetzen können.<br />
Nach zwei Tagen Lavawüste und Einsamkeit<br />
kommt uns das rege Treiben rund um den Myvatnsee<br />
fast etwas befremdlich vor, und so entscheiden<br />
wir uns, noch einige Kilometer weiter zu<br />
fahren und im ruhigeren Laugar unser Zelt aufzuschlagen,<br />
wo wir den Tag bei einem heissen Bad<br />
ausklingen lassen.<br />
IM EINSAMEN HOCHLAND<br />
Am nächsten Tag nehmen wir die Sprengisandur<br />
in Angriff. Die Piste zieht sich über fast<br />
400 km quer durch die Insel. An Einsamkeit ist<br />
sie nicht zu überbieten. Nach stundenlangem<br />
Fahren in der Einöde erreichen wir ohne Probleme<br />
bezüglich des Wasserstandes Landmannalaugar,<br />
und die Ansammlung von Menschen dort<br />
überfordert uns fast etwas. Erst noch war ausser<br />
einer gewaltigen Herde <strong>Island</strong>pferde stundenlang<br />
Die Mondlandschaft<br />
hat auch etwas Faszinierendes.<br />
Schutzhütte im isländischen<br />
Hochland.<br />
gar nichts da, und ums nächste Eck sieht es aus<br />
wie im Basislager des Mount Everest: Ein Zelt ans<br />
andere gereiht und haufenweise Abenteurer, die<br />
sich wie Sardinen in der Büchse in die Tümpel der<br />
heissen Quellen quetschen. Wir entscheiden uns<br />
stattdessen schlafen zu gehen und beschliessen,<br />
das heisse Bad ganz früh am nächsten Morgen zu<br />
nehmen. Denn zu dieser Tageszeit müssen wir das<br />
warme Nass nur mit ein paar wenigen Frühaufstehern<br />
teilen. Ein Spaziergang durchs dampfende<br />
Vulkangebiet ist anschliessend ein Muss.<br />
Die Weiterfahrt bis ganz in den Süden der Insel<br />
ist dann wiederum landschaftlich grandios<br />
und sehr abenteuerlich. Ganze neun Mal überqueren<br />
wir einen Fluss, der sich talauswärts<br />
schlängelt. Im Süden der Insel angekommen, ist<br />
zwar der Enduro-Spass so gut wie vorbei, aber<br />
auch dieser Teil der Insel hat einiges zu bieten. Im<br />
Süden ist es ausgesprochen windig, eine Herausforderung<br />
für jeden Zweiradfahrer. Mutig und mit<br />
massiv erhöhtem Benzinverbrauch trotzen wir<br />
dem Gegenwind.<br />
<strong>DE</strong>R GROSSE REGEN ZUM ABSCHLUSS<br />
Die Eisberge von Jökulsarlon sind klar das<br />
Highlight der Südküste. Das Wetter, bis jetzt trocken<br />
und schön, schlägt knapp zwei Tage vor unserer<br />
geplanten Rückkehr um, und es regnet so<br />
richtig. Nach der nächsten Nacht im Zelt ist dann<br />
alles nass – drinnen wie draussen. Das erklärte<br />
Ziel am folgenden Tag: Eine trockene Unterkunft<br />
für die letzte Nacht finden. Nicht ganz einfach,<br />
nur einen Tag bevor das einzige Schiff der Woche<br />
Richtung Festland ablegt.<br />
Mithilfe von Einheimischen werden wir bei<br />
einer Privatperson direkt am Hafen einquartiert.<br />
Ein Hotel zu finden, ist zu dieser Zeit ein Ding der<br />
Unmöglichkeit. Wir werden der Frau für dieses<br />
Zimmer ewig dankbar sein, denn der einzige Campingplatz<br />
in Seydisfjörur steht knöcheltief unter<br />
Wasser.<br />
Die Rückfahrt mit der Fähre gestaltet sich bei<br />
ruhiger See wesentlich angenehmer. Und in Dänemark<br />
angekommen mit unserem noch immer<br />
nassen Krempel, können wir uns nichts Schöneres<br />
vorstellen, als die 2000 km bis nach Hause im<br />
warmen, trockenen und windstillen Camper zurückzulegen.<br />
JULES VERNE UND HALLDOR LAXNESS<br />
<strong>DE</strong>R SNÆFELLSJÖKULL IN <strong>DE</strong>R LITERATUR<br />
<strong>DE</strong>R «TÖFF» <strong>DE</strong>R ISLÄN<strong>DE</strong>R<br />
DAS ISLANDPFERD<br />
«Die Reise zum Mittelpunkt der Erde» ist einer der<br />
bekanntesten Romane des französischen Schriftstellers<br />
Jules Verne. Das Buch wurde erstmals 1864 unter dem<br />
französischen Titel «Voyage au centre de la terre» veröffentlicht.<br />
Die erste deutschsprachige Ausgabe erschien<br />
1873. Im Roman schickt Jules Verne drei Entdecker auf<br />
die Reise zum Mittelpunkt der Erde, quer durch eine ausgehöhlte<br />
Weltkugel. Wissenschaftlich ist die Idee längst<br />
widerlegt und doch bis heute populär. Die Reise beginnt<br />
am Krater des Snæfellsjökull, (Isländisch für Schneeberggletscher).<br />
Der Vulkan ist 1446 m hoch und liegt am<br />
westlichen Ende der Halbinsel Snæfellsnes auf <strong>Island</strong>.<br />
Er ist nicht zuletzt wegen Jules Vernes Romanklassiker<br />
einer der berühmtesten Berge der Insel. Auch der isländische<br />
Nationaldichter Halldór Laxness (1902–1998)<br />
setzte mit seinem Roman «Am Gletscher» der Mystik<br />
isländischer Landmarken und besonders dem<br />
Snæfellsjökull ein Denkmal. Laxness schrieb den<br />
Roman 1968, 13 Jahre nach Erhalt des Literaturnobelpreises,<br />
im Alter von 66 Jahren.<br />
Das <strong>Island</strong>pferd ist eine der ursprünglichsten Pferderassen<br />
der Welt. Seit dem 9. Jh., als die ersten Siedler<br />
<strong>Island</strong> in Besitz nahmen, begleitete es die Menschen<br />
durch ihre Geschichte. Ohne das Pferd wäre die Besiedelung<br />
der rauen Insel nicht möglich gewesen. Nur auf seinem<br />
Rücken war es möglich, die reissenden Flüsse, die<br />
steinigen Hochebenen und die Gletscher zu überqueren.<br />
Bis weit ins 20 Jh. hinein war das Pferd in <strong>Island</strong> das<br />
einzige Fortbewegungsmittel. Auch heute sind Strassen<br />
fast nur an der Küste so ausgebaut, dass sie mit nicht<br />
geländetauglichen Fahrzeugen befahren werden können.<br />
Sobald man ins Hinterland oder auf die Hochebene geht,<br />
sind die Pferde immer noch gefragt. Auch wenn die Isländer<br />
heute zum Überleben nicht mehr auf die Pferde angewiesen<br />
sind, haben sie sich ihre Liebe zu den einmaligen<br />
Tieren erhalten. Heute leben mehr Pferde auf <strong>Island</strong> als je<br />
zu vor (ca. 80 000). In der Schweiz leben ca. 2800 <strong>Island</strong>pferde.<br />
Besonderes Merkmal der seit dem 9. Jh. rein<br />
gezüchteten Isländer sind ihre fünf Gangarten. Zu Schritt,<br />
Trab und Galopp kommen noch Tölt und Rennpass.<br />
Nr. 15-16/2016 — www.motosport.ch Nr. 15-16/2016 — www.motosport.ch<br />
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