188. Ausgabe Februar 2005 - Nossner Rundschau
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<strong>Nossner</strong> <strong>Rundschau</strong> 11 <strong>Februar</strong> <strong>2005</strong><br />
… in jenen frostklirrenden sonnigen<br />
Wintertagen, als „Hohneujahr“<br />
noch Feiertag war und<br />
wir Schulkinder „zur Eisbahn“<br />
hinaus ins Muldental strömten.<br />
Mir hatte einen Tante ihre<br />
alten Schlittschuhe geschenkt,<br />
so von 1900. Die waren zwar<br />
altmodisch und schmal. Aber<br />
wen störte das! Waren sie mit<br />
dem zugehörigen Vierkantschlüssel<br />
richtig festgeschraubt<br />
am Absatz und vorn an der<br />
breitesten Stelle unserer derben<br />
„Hohen Schnürschuhe“ (die<br />
eigentlich gar nicht für so etwas<br />
bestimmt waren), gings hinaus<br />
auf die große freie Fläche!<br />
– Neben dem am 15.9.1929<br />
eingeweihten „Muldental-<br />
Sportplatz“ gegenüber dem<br />
Bieberschen Sägewerk, (als lt.<br />
Hensel-Maxe im „Nossener<br />
Anzeiger“ „Die Mulde nur<br />
noch ein stinkendes Rinnsal<br />
war“), gab es auch den hoch<br />
drahtumsäumten Tennisplatz,<br />
schön mit rotem Sand bestreut!<br />
Und daneben ein schmuckes<br />
Holzhäuschen zum Umkleiden<br />
usw. Und wieder daneben im<br />
… wenn am Nossener Markt<br />
rauf und runter die Jungs uns<br />
Mädchen mit ihren Pritschen<br />
scheuchten!<br />
Damals und zumal in Sachsen<br />
wussten wir nichts weiter mit<br />
diesem Tag anzufangen als ein<br />
wenig Verkleiden (Welches<br />
Kind täte das nicht gerne?) – als<br />
Hexe oder auch als Prinzessin,<br />
die Jungs als Räuber oder Indianer.<br />
Wichtig war, dass man<br />
nach Tisch raus durfte. (Die<br />
Schule war 12 Uhr aus.) Und<br />
was eine richtige „Pritsche“ ist,<br />
Ich war dabei – wohl 1933/34 – …<br />
flachen Schwemmland ein<br />
Teich: Die Eisbahn! Die war<br />
unser Ziel!<br />
Das bunte Treiben damals war<br />
vielleicht ähnlich wie heute?<br />
Angezogen waren wir damals<br />
freilich nicht so bunt und praktisch!<br />
Lange Hosen suchte man meist<br />
vergeblich, lediglich ein paar<br />
Trainingsanzüge, nur in Dunkelblau.<br />
Ansonsten hatten<br />
Jungs wie Mädels nur<br />
Strümpfe, in den Schuhen bunt<br />
geränderte Söckchen, an, dazu<br />
meistens Jacken, Schals und<br />
Mützen. Mäntel hatten in<br />
jenen Jahren noch lange nicht<br />
alle Kinder! Aber was tat das!<br />
wir spürten die Kälte kaum vor<br />
Lust und Eifer und rannten uns<br />
auf dem glatten Eis warm!<br />
Etwas besonders Schönes hatte<br />
ich aber auch noch entdeckt:<br />
Am östlichen Teichende gingen<br />
ein paar Kanälchen in den kleinen<br />
Wald. Und dort war das<br />
klare Eis so rasch bis unten<br />
gefroren, dass es die zarten hellgrünen<br />
Wasserpflanzen wie<br />
wissen unsere Kinder heute<br />
wohl kaum noch: Die Rückpappe<br />
eines Zeichenblockes, am<br />
liebsten aber ein oranger, rosaer<br />
oder blauer Aktendeckel wurde<br />
sorgfältig wie Plissee gefaltet<br />
und unten als Griff umwickelt.<br />
Das knallte herrlich! Schon so<br />
in der Luft, aber natürlich noch<br />
schöner um die Mädelbeine<br />
oder -rücken! Und von uns das<br />
gleiche den Jungs!<br />
Besitzer von bunten Luftschlangen<br />
wurden heimlich beneidet.<br />
Und wer keine hatte, suchte sie<br />
Glas umschloss. Dazwischen<br />
Luftblasen wie köstliche Perlen.<br />
– Das war ein Anblick, den ich<br />
nur meiner engsten Freundin<br />
gönnte und zeigte! Und auch<br />
heute denke ich daran gerne<br />
zurück! Ein Wunderreich!<br />
Spätere Winter blieben mir<br />
kaum in Erinnerung. Das Wetter<br />
bescherte uns wohl nicht<br />
wieder dies glückliche Zusammentreffen<br />
von Schneelandschaft,<br />
Sonne und großer Kälte<br />
wie damals.<br />
Ja, wenige Jahre später, es muss<br />
1936 gewesen sein, saß ich am<br />
Neujahrstag mit meiner Freundin<br />
am Rodigt im Heidekraut<br />
und beobachtete die kleinen<br />
roten Marienkäfer – und das im<br />
kurzärmeligen Wollpullover<br />
und ohne Mantel!<br />
„Erinnerung“ ist etwas so schönes.<br />
Wer kann mir noch aus<br />
den Kindertagen was erzählen?<br />
Wer schreibt mir?<br />
Gisela Rother-Kohl<br />
Stiftstraße 25,<br />
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Ich war dabei am Fastnachts-Dienstag, …<br />
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zu erhaschen zum Werfen. Aber<br />
am Ende (und anderen Morgen<br />
auf dem Schulweg) sammelte<br />
man jedes Endchen, denn daraus<br />
ließen sich wunderschöne<br />
Schüsselchen rollen. Die wurden<br />
dann mit Wasserglas bestrichen,<br />
dadurch in den Farben<br />
noch leuchtender, und gut haltbar!<br />
(Mein schönstes musste vor<br />
60 Jahren im Magdeburger Feuersturm<br />
verglühen!)<br />
Für uns und unsere Freundinnen<br />
gabs dann zuhaus heißen<br />
Kakao und Kräppelchen und<br />
Pfannkuchen. Das gehörte auch<br />
noch zu „Fastnacht“, als ich<br />
Nossener Grundschüler bei<br />
Herrn Böhme war! Was „die<br />
Großen“ an und mit dem Tag<br />
anfingen, interessierte uns nicht.<br />
Und das Wort „Rosenmontag“<br />
hab ich erst viel später kennengelernt.<br />
Wer erzählt mir von seinen<br />
Erinnerungen daran?<br />
Gisela Rother-Kohl<br />
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