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Leseprobe Der Personalrat 9_2016

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<strong>Der</strong> <strong>Personalrat</strong><br />

derpersonalrat.de<br />

33. JAHRGANG<br />

ISSN 0175-9299<br />

D 8319<br />

personalrecht im öffentlichen dienst<br />

9 | <strong>2016</strong><br />

zehn jahre föderalismusreform<br />

Vielfalt beim Dienstrecht<br />

freistellung In Kleindienststellen muss gut argumentiert werden<br />

preis <strong>2016</strong> Nominierte für den Deutschen Personalräte-Preis stehen fest<br />

ruhestand Längeres Arbeiten für Freigestellte ist schwierig


titelthema<br />

zehn jahre föderalismusreform<br />

<strong>Der</strong> <strong>Personalrat</strong> 9 | <strong>2016</strong><br />

Zehn Jahre<br />

… und kein<br />

bisschen<br />

weise?<br />

zwischenbilanz Dienstrecht und<br />

Personal vertretungsrecht sind seit<br />

Sep tember 2006 weitgehend »föderalisiert«.<br />

Das Jubiläum bietet Anlass<br />

für eine kritische Zwischen bilanz.<br />

VON CHRISTIAN ROTHLÄNDER<br />

8


<strong>Der</strong> <strong>Personalrat</strong> 9 | <strong>2016</strong><br />

zehn jahre föderalismusreform<br />

titelthema<br />

Die vor zehn Jahren vorgenommene<br />

Föderalisierung des Dienstrechts<br />

hat erkennbar gravierendere Auswirkungen<br />

auf die Entwicklung<br />

von (insbesondere) Besoldung und Versorgung<br />

als vergleichsweise die Föderalisierung des<br />

Personalvertretungsrechts. Es hat zwar längere<br />

Zeit gedauert, aber mittlerweile haben alle<br />

Bundesländer ein eigenes Besoldungsrecht erlassen.<br />

Dies aber auch vor dem Hintergrund<br />

der Unzulässigkeit des Systems der Dienstaltersstufen.<br />

1 Stattdessen wurde das auch im Tarifbereich<br />

des öffentlichen Dienstes seit dem<br />

Jahr 2005 eingeführte System der Stufen nach<br />

und nach übernommen.<br />

Dienstrecht<br />

Die materiellen Unterschiede in der Besoldungsentwicklung<br />

und vor allem in den tatsächlichen<br />

Zahlen der einzelnen Besoldungsgruppen<br />

sind erheblich. Sie sind sämtlich<br />

nachzulesen im DGB-Besoldungsreport 2015. 2<br />

Mittlerweile führt dies allerdings selbst auf<br />

Seiten der Dienstherren zu Kritik, wie dies<br />

im Juni <strong>2016</strong> in Hessen deutlich wurde. Die<br />

seit Anfang 2014 im Amt befindliche Koalition<br />

von CDU und Bündnis 90/Die Grünen hatte<br />

im Mai <strong>2016</strong> einen Gesetzentwurf zur Besoldungsentwicklung<br />

<strong>2016</strong> 3 mit folgenden Inhalten<br />

(Auszug) vorgelegt:<br />

· Die Grundgehaltssätze, die Anwärtergrundbeträge,<br />

der Familienzuschlag, die Amtszulagen<br />

und die allgemeine Stellenzulage sollten<br />

jeweils um 1 Prozent ab dem 1.7.<strong>2016</strong><br />

erhöht werden,<br />

· diejenigen, die von der Möglichkeit Gebrauch<br />

machen, den Eintritt in den Ruhestand<br />

bis maximal zum 70. Lebensjahr hinauszuschieben,<br />

erhalten einen Zuschlag<br />

von 10 Prozent zum Grundgehalt. Dieser<br />

ist jedoch nicht ruhegehaltfähig (§ 54a<br />

HBesG-E). Er soll ab dem Monat gewährt<br />

werden, der auf den Monat des Erreichens<br />

der individuellen Altersgrenze folgt.<br />

darum geht es<br />

1. Seit zehn Jahren sind<br />

das Dienst- und Personalvertretungsrecht<br />

föderalisiert.<br />

2. Während Besoldung<br />

und Versorgung vorher<br />

bundesrechtlich geregelt<br />

waren, war das beim<br />

Personalvertretungsrecht<br />

überwiegend nicht<br />

der Fall.<br />

3. Momentan fehlt es<br />

(noch) an der landesrechtlichen<br />

Harmonisierung<br />

zwischen<br />

den Bezugsgesetzen<br />

und dem Personalvertretungsrecht.<br />

Mit dem Entwurf sollten die Vorgaben der Koalitionsvereinbarung<br />

von CDU und Bündnis 90/<br />

Die Grünen vom Dezember 2013 eins zu eins<br />

umgesetzt werden. Dort war vereinbart worden:<br />

»Ab dem 1.7.<strong>2016</strong> steigen die Beamtengehälter<br />

um 1 Prozent jährlich«. 4 <strong>Der</strong> Gesetzentwurf<br />

sah ausdrücklich lediglich eine Anpassung ab<br />

dem 1.7.<strong>2016</strong> vor. Weitere Steigerungen, zum<br />

1 EuGH 19.6.2014, ZBR 2014, 306.<br />

2 Weitere Details Schneider in: DGB-Bundesvorstand (Hrsg.)<br />

Magazin für Beamtinnen und Beamte 06/<strong>2016</strong>, 3.<br />

3 LT.-Drucks. 19/3373 v. 10.5.<strong>2016</strong>.<br />

4 Koalitionsvereinbarung vom 23.12.2013, S. 7.<br />

9


titelthema<br />

zehn jahre föderalismusreform<br />

<strong>Der</strong> <strong>Personalrat</strong> 9 | <strong>2016</strong><br />

Mobilitätschancen<br />

bei Föderalisierung<br />

bundeslandwechsel Die Föderalisierung schafft Anreize,<br />

aber auch Hürden für einen Wechsel. Die Fragmentierung des<br />

Landesrechts erhöht diese Hürden. Den Beamten sollte ein<br />

Wechsel des Landes nicht erschwert werden.<br />

VON NICOLAI DOSE, CAROLIN BURMESTER UND FELIX WOLFES<br />

darum geht es<br />

1. Im Zuge der Föderalismusreform<br />

driften<br />

zwischen den Bundesländern<br />

das Laufbahnrecht<br />

sowie die Besoldung<br />

und Versorgung<br />

auseinander. Das schafft<br />

Anreize, in ein anderes<br />

Bundesland zu wechseln.<br />

2. Die inzwischen unterschiedlichen<br />

Laufbahnsysteme<br />

in den Ländern<br />

erschweren aber den<br />

Wechsel.<br />

3. Die Einführung von<br />

restriktiven Tauschver<br />

fahren bei der<br />

allgemeinen Verwaltung<br />

als Modus des Wechsels<br />

birgt die Gefahr,<br />

bundesländerübergreifende<br />

Wechsel weiter<br />

zu verkomplizieren.<br />

Die Föderalismusreform I im Jahr<br />

2006 hat dazu geführt, dass sich<br />

in den Bundesländern das Laufbahnrecht<br />

sowie die Besoldung<br />

und Versorgung auseinanderentwickeln. Wenn<br />

in einem Bundesland die Besoldung höher oder<br />

die Aufstiegs-und Beförderungsmöglichkeiten<br />

besser sind, können Beamte dies als Anreiz für<br />

einen Bundeslandwechsel ansehen. Diese Fragmentierung<br />

von Laufbahn- und Besoldungssystemen<br />

kann zu Problemen bei bundesländerübergreifenden<br />

Wechseln des Dienstherrn<br />

führen. Es besteht die Gefahr, dass Laufbahnund<br />

Besoldungssysteme so unterschiedlich ausgestaltet<br />

sind, dass ein Bundeslandwechsel zu<br />

einem Hürdenlauf wird.<br />

Verfassungsänderung im Zuge<br />

der Föderalis musreform I<br />

Im Zuge der Föderalismusreform I erhielten die<br />

Länder die Gesetzgebungskompetenz für die<br />

Bereiche Laufbahnrecht, Besoldung und Versorgung.<br />

Historisch gesehen handelt es sich dabei<br />

um eine Reföderalisierung. In der Fassung<br />

des Grundgesetzes von 1949 hatte der Bund lediglich<br />

die Rahmengesetzgebung für die Rechtsverhältnisse<br />

unter anderem der Beamten der<br />

Länder. Dies schloss die Bereiche Laufbahnrecht,<br />

Besoldung und Versorgung mit ein. Erst<br />

1971 erhielt der Bund mit dem 28. Gesetz zur<br />

Änderung des Grundgesetzes 1 aus Art. 74a GG<br />

a.F. die weitergehende konkurrierende Gesetzgebungskompetenz<br />

auch für die Besoldung und<br />

Versorgung. Mit der Föderalismusreform I gab<br />

der Bund die Kompetenzen für das Laufbahnrecht,<br />

die Besoldung und die Versorgung der<br />

Landesbeamten vollständig an die Länder ab.<br />

Für statusrechtliche Regelungen hingegen verblieb<br />

die Gesetzgebungskompetenz beim Bund.<br />

Nun jedoch im Bereich der konkurrierenden<br />

Gesetzgebung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG). 2<br />

Besoldungsunterschiede und<br />

Mobilitätsanreize<br />

Die neuen Gesetzgebungskompetenzen in den<br />

Bereichen der Besoldung und Versorgung haben<br />

die Länder bereits intensiv genutzt. Legt<br />

man die Besoldungsgruppe A 13 zugrunde und<br />

rechnet die verschiedenen Besoldungshöhen<br />

in den Ländern auf eine vierzig Stunden-Woche<br />

um, wird deutlich, dass die bestbezahlten<br />

bayerischen Beamten ca. 11,3 Prozent besser<br />

besoldet werden als ihre im Vergleich am<br />

schlechtesten besoldeten Kollegen in Berlin. 3<br />

Dabei lässt sich statistisch ein Zusammenhang<br />

zwischen dem Verschuldungsdruck der Bundesländer<br />

und der Höhe der Beamtenbesoldung<br />

nachweisen. Je höher der Verschuldungsdruck,<br />

desto niedriger die Beamtenbesoldung. 4<br />

Eine von den Autoren deutschlandweit<br />

durchgeführte Online-Befragung der personalverantwortlichen<br />

Mitarbeiter der staatlichen<br />

Verwaltung hat den Einfluss von unterschiedlicher<br />

Besoldung auf Wechselwünsche der Beamten<br />

zum Gegenstand. 5 Auf die Forschungsergebnisse<br />

wird im Folgenden mehrfach Bezug<br />

20<br />

1 Vom 18.3.1971, BGBl. I S. 206. 2 Siehe Rieger in: Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf,<br />

Beamten statusgesetz, 3. Aufl., S. 51.<br />

3 Siehe DGB Bundesvorstand (Hrsg.), Besoldungsreport <strong>2016</strong>, S. 13.<br />

Hierzu auch Schneider, in diesem Heft ab S. 16.<br />

4 Siehe Dose/Wolfes, Zeitschrift für Vergleichende Politikwissenschaft,<br />

4/<strong>2016</strong>, 286 ff.<br />

5 Eine ausführliche Auswertung der Umfrage erscheint in den<br />

kommenden Monaten in der Study-Reihe der Hans-Böckler-<br />

Stiftung.


<strong>Der</strong> <strong>Personalrat</strong> 9 | <strong>2016</strong><br />

zehn jahre föderalismusreform<br />

titelthema<br />

Die unterschiedliche<br />

Besoldung in den Ländern<br />

reizt zum Wechsel.<br />

genommen. Demnach sind eine bessere Besoldung<br />

und Versorgung sowie bessere Aufstiegsund<br />

Beförderungschancen vor allem für Beamte<br />

der allgemeinen Verwaltung ein Grund für<br />

einen Wechsel des Dienstherrn. Fast 20 Prozent<br />

der Befragten halten dies für den Hauptmobilitätsanreiz.<br />

Im Lehramtsbereich geben<br />

nur etwa 10 Prozent der Befragten an, diese<br />

Faktoren seien der Hauptanreiz für einen Bundeslandwechsel<br />

und bei Polizisten sind es nur<br />

2,6 Prozent. Berufsgruppenübergreifend liegen<br />

die wahrgenommenen Gründe vor allem im<br />

privaten Bereich. Wie das jüngste Beispiel der<br />

Frankfurter Berufsfeuerwehr zeigt, muss dies<br />

jedoch nicht so bleiben. Dort sind 26 Feuerwehrleute<br />

allein im Jahr 2015 vorwiegend wegen<br />

der vergleichsweise schlechten Bezahlung<br />

abgewandert, was mehr als der Hälfte eines<br />

Ausbildungsjahrgangs entspricht. 6<br />

Gestiegene Informationskosten<br />

6 http://hessenschau.de/tv-sendung/video-18142.html, abgerufen<br />

am 9.7.<strong>2016</strong>.<br />

Wegen der zunehmenden Föderalisierung<br />

sind die Informationskosten bei einem Bundeslandwechsel<br />

seit der Föderalismusreform<br />

I nochmals deutlich angestiegen. Die Besoldung<br />

für die eigene Entgeltgruppe im neuen<br />

Bundesland zu recherchieren, erscheint noch<br />

zumutbar. Dass eine Eingruppierung in die<br />

gleiche Entgeltgruppe erfolgt, ist jedoch nicht<br />

immer gewährleistet. So werden beispielsweise<br />

Lehrer der Sekundarstufe I in Schleswig-Holstein<br />

nach A 13, in Nordrhein-Westfalen<br />

in der Regel nach A 12 besoldet. Auch<br />

erreichte Erfahrungsstufen werden meist<br />

nicht übernommen, sondern neu berechnet.<br />

So kann ein Beamter in eine niedrigere Erfahrungsstufe<br />

rutschen, weil im neuen Bundesland<br />

beispielsweise der geleistete Zivildienst<br />

oder die Ausbildung nicht für die Berechnung<br />

herangezogen werden. Die genauen finanziellen<br />

Auswirkungen werden den Beamten oftmals<br />

(auch auf Nachfrage) nicht mitgeteilt, so<br />

die Ergebnisse von Interviews mit betroffenen<br />

Beamtinnen und Beamten. Auch in den Systemen<br />

der Gesundheitsversorgung gibt es traditionell<br />

Unterschiede. So werden Beamte in<br />

manchen Bundesländern kostenfrei über die<br />

Heilfürsorge abgesichert. In anderen Bundesländern<br />

existiert das System der Beihilfe, sodass<br />

Beamte gezwungen sind, sich ergänzend<br />

privat abzusichern, was eine zusätzliche finanzielle<br />

Belastung bedeutet. Die Unterschiede<br />

haben zum Teil in den traditionell stärker föderalisierten<br />

Bereichen Polizei und Lehramt<br />

bereits vor der Föderalismusreform gewirkt,<br />

sie sind jetzt jedoch auch bei der allgemeinen<br />

Verwaltung und nun nochmals verstärkt in<br />

den genannten Bereichen zu beobachten. Die<br />

ausgeprägte Fragmentierung der Regelungen<br />

erhöht für die wechselwilligen Beamten die<br />

Informationskosten. Insgesamt ist das Aus-<br />

Die Arbeitnehmerseite<br />

der Wirtschaft.<br />

Mitbestimmung. Das Magazin<br />

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21


echtsprechung Leitsätze <strong>Der</strong> <strong>Personalrat</strong> 9 | <strong>2016</strong><br />

Recht kompakt<br />

Leit- und Orientierungssätze aus der Arbeitsund<br />

Verwaltungsgerichtsbarkeit<br />

tarifrecht<br />

Beenden des Arbeitsverhältnisses<br />

wegen Erwerbsminderung<br />

arbeitsrecht<br />

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall<br />

Die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers für die<br />

Anspruchsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG umfasst<br />

neben der Tatsache der Arbeitsunfähigkeit als solcher auch<br />

deren Beginn und Ende.<br />

Das Arbeitsverhältnis wird trotz Zustellung des Rentenbescheids<br />

nicht nach § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L beendet, wenn der<br />

Arbeitnehmer innerhalb der Frist des § 84 SGG Widerspruch<br />

gegen den Rentenbescheid einlegt und den Arbeitgeber hierüber<br />

alsbald unterrichtet, er den Rentenantrag vor Beendigung<br />

des Arbeitsverhältnisses nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG zurücknimmt<br />

oder einschränkt und dem Arbeitgeber dies innerhalb<br />

der Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG mitteilt.<br />

BAG, Urteil vom 23.3.<strong>2016</strong> – 7 AZR 827/13<br />

BAG, Urteil vom 25.3.<strong>2016</strong> – 5 AZR 318/15<br />

arbeitsrecht<br />

arbeitsschutzrecht<br />

Ausgleichsregelungen nach dem<br />

Arbeitszeitgesetz<br />

Bei der Berechnung der nach dem Arbeitszeitgesetz und nach<br />

tarifvertraglicher Regelung zulässigen jahresdurchschnittlichen<br />

Höchstarbeitszeit für Ärzte in Universitätskliniken<br />

dürfen Tage des bezahlten Jahresurlaubs, auch soweit sie über<br />

den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch hinausgehen, nicht<br />

als Ausgleichstage berücksichtigt werden.<br />

OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.6.<strong>2016</strong> – 4 A 2803/12<br />

Befristung bei Vorbeschäftigung<br />

als Beamter<br />

Ein früheres Beamtenverhältnis steht der sachgrundlosen<br />

Befristung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG mit dem ehemaligen<br />

Dienstherrn nicht entgegen. Ein Beamtenverhältnis ist kein<br />

Arbeitsverhältnis im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG.<br />

BAG, Urteil vom 24.2.<strong>2016</strong> – 7 AZR 712/13<br />

arbeitsrecht<br />

arbeitsrecht<br />

Unterbrechung des Bewährungsaufstiegs<br />

durch Elternzeit<br />

§ 23a Satz 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. d BAT verletzte das Benachteiligungsverbot<br />

des § 15 Abs. 2 Satz 6 BEEG, soweit danach<br />

die Inanspruchnahme von Elternzeit nur bis zu einer Gesamtdauer<br />

von fünf Jahren als unschädlich angesehen wurde und<br />

längere Unterbrechungszeiträume zum Verlust der gesamten<br />

bis dahin zurückgelegten Bewährungszeit führten.<br />

BAG, Urteil vom 12.4.<strong>2016</strong> – 6 AZR 731/13<br />

Befristung einer Arbeitszeiterhöhung<br />

Die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen unterliegt<br />

nicht der Befristungskontrolle nach den Vorschriften des<br />

Teilzeit- und Befristungsgesetzes, sondern der Inhaltskontrolle<br />

nach §§ 305 ff. BGB. Die befristete Erhöhung der Arbeitszeit<br />

in erheblichem Umfang erfordert jedoch zur Annahme einer<br />

nicht unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers<br />

i.S. v. § 307 Abs. 1 BGB Umstände, die die Befristung eines über<br />

das erhöhte Arbeitszeitvolumen gesondert abgeschlossenen<br />

Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würden.<br />

Eine Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang liegt in der<br />

Regel vor, wenn sich das Erhöhungsvolumen auf mindestens 25<br />

% eines entsprechenden Vollzeitarbeitsverhältnisses beläuft.<br />

BAG, Urteil vom 23.3.<strong>2016</strong> – 7 AZR 828/13<br />

38


<strong>Der</strong> <strong>Personalrat</strong> 9 | <strong>2016</strong><br />

Orientierungssätze<br />

rechtsprechung<br />

arbeitsrecht<br />

arbeitsrecht<br />

Ausgleichsanspruch nach § 6c SGB II<br />

Gemäß § 6c Abs. 5 Satz 3 SGB II bemisst sich die Ausgleichszahlung<br />

nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Arbeitsentgelt<br />

bei dem abgebenden Träger zum Zeitpunkt des Übertritts<br />

und dem Arbeitsentgelt bei dem aufnehmenden Träger.<br />

Danach sichert die Ausgleichszulage das vor dem gesetzlichen<br />

Übergang gezahlte Arbeitsentgelt nur statisch.<br />

BAG, Urteil vom 16.3.<strong>2016</strong> – 4 AZR 461/14<br />

arbeitsrecht<br />

Tariferhöhung bei Altersteilzeit<br />

1. Es ergeben sich aus dem TV-N Berlin keine Anhaltspunkte<br />

für den Willen der Tarifvertragsparteien, Altersteilzeitarbeitnehmer<br />

im Blockmodell von der auch für teilzeitbeschäftigte<br />

Arbeitnehmer geltenden Tariferhöhung auszunehmen.<br />

2. Aus der »Spiegelbildtheorie« folgt nicht, dass erst in der<br />

Freistellungsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses<br />

wirksam werdende Erhöhungen der regelmäßigen Vergütung<br />

nicht zu zahlen sind.<br />

3. Kommt es in der Freistellungsphase zu Lohnerhöhungen,<br />

einem Einfrieren oder einer Kürzung von Zuwendungszahlungen,<br />

ist (mindestens) das auszuzahlen, was der Altersteilzeitarbeitnehmer<br />

erarbeitet hat.<br />

4. Ein Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell erhält für<br />

die gesamte Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses<br />

grundsätzlich die Bezüge, die eine entsprechende Teilzeitkraft<br />

bei Anwendung der tariflichen Vorschriften erhalten würde.<br />

BAG, Urteil vom 17.11.2015 – 9 AZR 509/14<br />

arbeitsrecht<br />

Öffentliches Amt<br />

Wird eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts von der öffentlichen<br />

Hand beherrscht und ist alleiniger Gesellschaftszweck<br />

die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, findet Art. 33 Abs. 2<br />

GG grundsätzlich Anwendung, sodass Stellen bei der Gesellschaft<br />

als öffentliche Ämter nach Eignung, Befähigung und<br />

fachlicher Leistung zu besetzen sind.<br />

BAG, Urteil vom 12.4.<strong>2016</strong> – 9 AZR 673/14<br />

Außerordentliche Kündigung<br />

mit Auslauffrist<br />

Die Beendigung des einer Bundesbeamtin, die einem Postnachfolgeunternehmen<br />

zugewiesen ist, nach § 13 Abs. 1 SUrlV<br />

gewährten Sonderurlaubs berechtigt eine konzernangehörige<br />

Beschäftigungsgesellschaft für sich genommen nicht zur<br />

Kündigung des zwischen ihr und der Beamtin bestehenden<br />

Arbeitsverhältnisses aus einem in der Person der Arbeitnehmerin<br />

liegenden Grund nach § 1 Abs. 2 KSchG. Das Fehlen<br />

einer weiteren Beurlaubung als Beamtin begründet insbesondere<br />

kein absolutes (gesetzliches oder behördliches) Beschäftigungsverbot.<br />

BAG, Urteil vom 21.4.<strong>2016</strong> – 2 AZR 609/15<br />

tarifrecht<br />

Eingruppierung einer Sozialpädagogin<br />

1. Bei der Bestimmung eines Arbeitsvorgangs im tariflichen<br />

Sinne können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten<br />

zusammengefasst werden. Einer Zusammenfassung<br />

von Einzel tätigkeiten und Arbeitsschritten, die theoretisch<br />

gesondert tariflich unterschiedlich bewertet werden können,<br />

steht dem nicht entgegen. Sie ist aber nicht möglich, wenn<br />

die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein tatsächlich<br />

organisatorisch voneinander getrennt sind. Die bloße Möglichkeit<br />

hierzu reicht nicht aus.<br />

2. Eine tatsächliche organisatorische Trennung liegt nicht<br />

vor, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt,<br />

welchen – tariflich bedeutsamen – Schwierigkeitsgrad die<br />

Tätigkeit aufweist.<br />

3. Die tarifliche Bewertung erfolgt im Anschluss an die Bestimmung<br />

der Arbeitsvorgänge und bezieht sich jeweils auf<br />

einen Arbeitsvorgang im Ganzen.<br />

4. Um die »gesamte auszuübende Tätigkeit« im Tarifsinne<br />

einer bestimmten Entgeltgruppe zuzuweisen, reicht es aus,<br />

wenn ein Arbeitsvorgang – hier: Pflegekinderdienst – einen<br />

zeitlichen Anteil von mindestens die Hälfte der Arbeitszeit,<br />

d.h. von 50 v.H. aufweist. Damit sind die Anforderungen der<br />

entsprechenden (höheren) Entgeltgruppe erfüllt.<br />

BAG, Urteil vom 24.2.<strong>2016</strong> – 4 AZR 485/13<br />

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9 | <strong>2016</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>Personalrat</strong><br />

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