Momentaufnahme der Welt

isolierten Wirkung erforscht werden können. Aber wir stehen ganz dumm da, wenn die Wirkung eines
Einzelparameters in Abhängigkeit der vielen, vielen sich gegenseitig beeinflussenden Parameter erklärt
werden soll. Hier hilft vielleicht ein Vergleich: Wenn ich ein Schiff steuern will, muss ich ein funktionierendes
Ruder haben. Es genügt dazu nicht zu wissen, wie das Ruder in seinen Einzelteilen konstruiert
ist, ich muss die Wirkung des Ruders auf das gesamte Schiff kennen, um das Schiff navigieren
zu können. Die Wirkung des Ruders ist abhängig vom Wind, den Wellen, der Geschwindigkeit etc.
47 bewaffnete Konflikte sind momentan weltweit akut. Die Wirkung dieser Konflikte ist vielfältig. Nach
einem scheinbaren Sieg ist die Lebensgrundlage der dort wohnhaften Menschen zerstört. Die Menschen
selbst sind traumatisiert, ihr Leid ist so gross, dass sie alles tun, um dort wegzukommen. Sie
machen sich auf, nach Europa zu emigrieren und verlangen Einlass in unsere Welt. Plötzlich wird jedem
bewusst, dass unser Maß an Selbstbestimmung und unser Wohlstand in Gefahr sind. Es wächst
die Erkenntnis, dass diese Konflikte auch unsere Konflikte sind, egal wie weit entfernt sie ausgetragen
werden.
Am Thema Bildung sind alle brennend interessiert. Dieses Thema betrifft uns alle, denn hier wird die
Basis gelegt, wie kompetent die nächste Generation mit der globalisierten Komplexität umgehen wird.
Wissen als Selbstzweck ist nicht mehr gefragt, Erlerntes Basiswissen sollte zielorientiert eingesetzt
werden mit dem Ziel, grundlegende Fähigkeiten zu trainieren. Unter grundlegenden Fähigkeiten sind
einerseits persönlichkeitsbezogene (Begeisterung, Selbsterkenntnis, Eigenverantwortung), organisatorische
(Selbstorganisation, Organisation der Familie, Städte, Länder), wirtschaftliche (Geldwirtschaft,
lokale und globale Abhängigkeiten), als auch teambezogene (Gruppenverhalten, gegenseitige Abhängigkeiten,
Vortrag) Fähigkeiten zu verstehen. Neue begeisternde Ansätze sind vorhanden, doch es
bewegt sich im Moment zu wenig. Es ist so, wie wenn es heftig brennt, die Feuerwehr ist vor Ort, das
Löschwasser ist vorhanden, aber es tröpfelt aus dem Löschschlauch, weil niemand Druck aufbaut und
den Hahn aufmacht.
Der Klimawandel ist eine nicht wegzudiskutierende Tatsache. Hier zeigt sich die Diskrepanz zwischen
der frühen Erkenntnis und dem Nichthandeln. Bildlich könnte man die Situation so darstellen: Zwei
Menschen schwimmen auf einer Eisscholle. Die Eisscholle beginnt zu schmelzen. Die zwei Personen
kämpfen um ihre Machtansprüche, während die Eisscholle immer mehr schmilzt. Sie versäumen die
Zeit, die nötig wäre, Hilfe zu holen.
Der Konsum fordert seinen Tribut. Die Ausbeutung der Resourcen kann nicht unendlich weitergehen.
Der Konsum wird getrieben von der Prämisse, dass nur im Wachstum das wirtschaftliche Heil liegt,
Hierbei bestimmen monetäre Überlegungen die Entscheidungen der Handelnden.
Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes wird erhöht. Der Sinn des Geldes als Gegenwert zu den vorhandenen
Waren wird konterkariert, Neue Geldscheine werden gedruckt, wenn es opportun ist. Schulden
in nicht vorstellbarer Höhe sind die neue Abrechnungswährung. Wer Schulden macht und das
noch in dieser Dimension, vergeigt die Zukunft unserer Kinder und Enkel. Überhaupt müssen wir Alten
uns an die Nase greifen und uns fragen, welche Zukunft hinterlassen wir unseren Kindern und Enkel.
Die hoffnungsvolle Welt, in der wir leben
Menschen, die sich nicht verbiegen lassen und für ihre Überzeugungen gerade stehen, verlangen uns
Bewunderung ab oder versetzen uns in Schrecken, denn sie erzeugen eine Sogwirkung. Ihre Werte
sind ihnen heilig, d.h. sie verkörpern diese Werte, auch wenn die eigene Körperlichkeit dadurch zerbricht.
Bewunderung gilt denjenigen, deren Werte an der Gewaltfreiheit, der Menschlichkeit und der
Gerechtigkeit ausgerichtet sind. Früher nannte man diese Menschen Propheten. Solche Vorbilder sind
die Stufen zu einer Welt, die das Unbeherrschbare beherrschbar machen, indem sie den Menschen
transformieren und ihn zur Einsicht bringen, dass das Machbare nicht das zu Realisierende ist.
Momentaufnahme der Welt 2(4) 25.07.2016