Retrospektive 1
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etrospektive<br />
sinn macht nur den sinn, den du ihm gibst<br />
#1
sinn macht nur den sinn, den du ihm gibst
impressum<br />
retrospektive erscheint in<br />
gewisser weise regelmäßig.<br />
die redaktion ist wirtschaftlich<br />
und inhaltlich unabhängig.<br />
die eigentliche arbeit des<br />
filmemachens liege im denken,<br />
meinte chaplin. und goethe<br />
meinte, um prosa zu schreiben,<br />
muß man etwas zu sagen<br />
haben. wer aber nichts zu<br />
sagen hat, der kann doch verse<br />
und reime machen, wo denn<br />
ein wort das andere gibt und<br />
zuletzt etwas herauskommt,<br />
das zwar nichts ist, aber doch<br />
aussieht, als wäre es was.<br />
herausgeber:<br />
carolina wirtz<br />
cedrei<br />
gestaltung:<br />
carolina wirtz<br />
druck:<br />
ich danke meinem drucker<br />
für unersättliche farbtreue.<br />
homeprint c3<br />
berlin<br />
anschrift: retrospektive<br />
boxhagenerstraße 58<br />
10245 berlin<br />
fonfax: 0163.910 32 87<br />
cedrei@gmx.de<br />
www.facebook.com/<br />
cedreiheartcore<br />
www.cedrei.com<br />
retrospektive 1/10 2011<br />
®oktober 2011<br />
© carolina wirtz
„Hab ich den Verstand verloren?“<br />
“Ja, wahrschienlich schon,<br />
du bist verrückt,<br />
hast eine Meise,<br />
hast durch und durch<br />
den Kopf verloren,<br />
aber soll ich dir was verraten?<br />
– Das macht grade die Besten aus!“<br />
Alice + Vater<br />
eine einleitung<br />
Vom Kochen zur Kunst – das trifft es ganz gut. Das<br />
mixen von In gre di enzien und das Zusammenspiel<br />
vielfältiger Geschmäcker faszinierte mich schon<br />
lange. So begann ich eine Kochausbildung. Während<br />
dieser Zeit lernte ich, wie sensibel Nahrungsmittel<br />
sein können, ähnlich Porzelanfiguren. Jede Zutat hat<br />
ihren eigenen Charakter und wie bei uns Menschen<br />
passen eben nicht alle zueinander. Wenn man<br />
wahrlos damit umgeht, verlieren sie sich oder gehen<br />
unter. Eine philosophische Sicht, kann man meinen.<br />
Aber wer gerne Kocht oder selber mal in einer<br />
Großküche gearbeitet hat weiß, dass man selber mit<br />
manchen Gemüse oder Kräutern zu kämpfen hat.<br />
Nicht jede Zutat lässt sich so schnell bändigen. Bald<br />
fing ich an, aus Karotten und Kartoffeln Familien zu<br />
schnitzen, um dann ihren Verfall zu beobachten. Ich<br />
stellte fest, das Kochen doch eher eine Leidenschaft<br />
und kein Beruf für mich ist. Nach einem Jahr brach<br />
ich die Kochausbildung ab und beschloss mich mehr<br />
dem künstlerischen zuzuwenden. In München nahm<br />
ich an einem fantastischen Projekt, dem imal<br />
(international munich art lab) teil. Ein Jahr lang tobte<br />
ich mich künstlerisch aus mit Fotografie, Illustration<br />
und Installation, eben allem, was mir in die Finger<br />
kam und mir das Gefühl von Sinn vermittelte. In<br />
diesem Rahmen zog ich für eine Projektarbeit einen<br />
Monat nach Berlin mit dem Thema „Einkaufstüten“.
Schon bald langweilte mich das Thema, denn es ging<br />
fast ausschließlich darum eine Fläche zu bespielen.<br />
Nachdem mein Zimmer mit einer großen Tütensammlung<br />
tapeziert war und ich diverse Bauanleitungen<br />
geschrieben hatte, stieß ich auf einen Wettbewerb,<br />
der mich reizte. Es ging darum, eine Arbeit zum Thema<br />
„Die Quelle der Inspiration“ anzufertigen, einem<br />
kurzen Dialog mit Joseph Beuys entnommen. So erklärte<br />
ich mein Tütenprojekt als beendet und widmete<br />
mich diesem Wettbewerb, der mir den Weg zu den<br />
Farben ebnete und mich ermutigte großflächig und<br />
farbenfroh drauflos zu malen. Es entstand eine große<br />
Holzplatte die eine Art Photosynthese des Entstehens<br />
und farblich einen ganzen Regenbogen zeigte. Es<br />
wurde ein dritter Platz und ich war der Erfahrung<br />
reicher, von nunan eine Fixation auf die Sinne zu starten.<br />
Die Schärfung und das ewige Spiel der Wahrnehmung,<br />
agierend als Dolmetscher zwischen der<br />
kognitiven nonverbalen und der visuellen unmittelbaren<br />
Ebene. So spannte ich meine Flügel aus, und zog<br />
nach Berlin, wo ich 2008 ein Kommunikationsstudium<br />
begann. Das schien mir das beste Studium, um all<br />
meine Interessen unter einen Hut zu bringen. Ich<br />
lernte viel, entwickelte meinen Stil, tauchte in neue<br />
Gebiete ein und entwickelte mit der Zeit einen künstlerischen<br />
Grundstein. Meinen Gundsätzen, so kann<br />
ich mit gutem Gewissen sagen, bin ich treu geblieben,<br />
denn es sind immernoch die Sinne und der Sinn<br />
an sich, die mich reizen und vorantreiben. Vor allem<br />
der Bereich Illustration erfuhr zunehmens Textgehalt,<br />
was dazu führte, das Jahr 2011 für mich persönlich<br />
als das Jahr der Feder auszuerkoren. Ich schrieb<br />
Poesie, kurze Anekdoten des Alltags, Gedichte,<br />
autobiografische Texte und sogar ein Märchen. Es<br />
macht mir Freude, Emotionen in Worte zu packen und<br />
ohne Schubladendenken für möglichst viele Menschen<br />
nachvollziehbar zu machen. Genug gesagt,<br />
nun soll es hier doch endlich mal losgehen.<br />
carolina wirtz / cedrei
<strong>Retrospektive</strong> ist ein kleines Magazin, in welchem<br />
regelmäßig Texte zu verschiedenen Themen veröffentlicht<br />
werden. Diese Ausgabe ist die Erste und<br />
deshalb hielt ich es für Angebracht, dieses erste Mal<br />
den „Sinn“ oder eben auch den „Nicht–Sinn“ als<br />
Schwerpunkt zu thematisieren. Alle Texte und Bilder<br />
sind dieser Ausgabe sind von mir. Für Feedback,<br />
Anregungen oder auch sonstige Fragen, bin ich stets<br />
offen und freue mich.<br />
Jetzt aber wirklich.....<br />
viel Spaß
„Es tropft das Blut,<br />
wanken die Geister.<br />
Der Kopf und die Gliedmaßen,<br />
wie ausgesaugt.<br />
Hängender Tropfen, ungelogen<br />
entzieht der Lebenskraft<br />
die toten Geister.<br />
Rot, die Farbe der Liebe.<br />
Rot, die Farbe des Krawalls.“<br />
carolina wirtz<br />
Die Sache mit dem Schwamm<br />
Alles tug, trägt und wird dazu beitragen, dass man<br />
war, ist und sein wird. Vor allem aber, in welcher<br />
Form, sozusagen also die Äusserung. Aber auch die<br />
innerlichen Dinge, die ebenfalls in Äusserung in<br />
Erscheinung treten. Es gibt trotzdem ein paar Dinge,<br />
über die erst Gras wachsen muss, damit man sie in<br />
einem neuen Kontext und auf einer neuen Bühne<br />
sehen kann. So ist das mit Freundschaften, mit der<br />
Liebe mit Dingen und Menschen eben. Im Moment<br />
der Aktion, im Akutzustand der Emotion, der völlig<br />
unkontrollierten Dominanz des unterbewussten<br />
Seins, da fällt es schwer die Aktion als solche und als<br />
Äusserung einer, also deiner, aber auch meiner<br />
Persönlichkeit zu sehen. Als emotional agierender<br />
Mensch tastet man sich durch gestern an das Heute<br />
heran. Wenn man das Jetzt verstehen würde, dann<br />
wär es ein Übersinn, eine Abspaltung des Moments<br />
vom fortlaufenden Leben. Das geht doch gar nicht.<br />
Aber wenn wir dann zu Hause sitzen, in Momenten<br />
der Ruhe, wenn kein Telefon klingelt, wir keine Musik<br />
hören, ja noch nicht einmal Gedanken rauschen.<br />
Wenn wir nicht essen und einfach mal dasitzen und<br />
hören, fühlen, schmecken, riechen.
Dann kann man es spüren, das Jetzt. Der Bass, der<br />
von einer Nachbarswohnung herüberwummert, die<br />
Klaviermusik, die aus dem Fenster im vierten Stock<br />
huscht, der Geruch nach Gegrilltem, der vom<br />
Nebenhof herüberschwappt und das Knarzen und<br />
wuchtige ins Schloss fallen der Haustür. Ein kommen<br />
und gehen. Leben. Und man selber schafft es genau<br />
in diesem Moment, wie in einem Film Szenen zu<br />
bauen. Wie es sich wohl anfühlt, was die wohl<br />
gerade reden, was ein Sonntag mit den anderen so<br />
macht. Ob da oben eine After Hour stattfindet. Wer<br />
zur Hölle auf die Idee kommt jetzt gerade seinen<br />
Mülleimer auszuleeren. Pulsierende geschichten, die<br />
an jeder Ecke, sofern man einmal kurz innehält an<br />
einen herantreten und das schönste, der Phantasie<br />
ein exquisistes Dinée verschaffen. Die Gedanken<br />
sind frei. Nicht alles ist schön, was man hört, Konflikte,<br />
Mausefallen der menschlichen Kommunikation.<br />
Es dreht sich ständig um das ewige Problem des Verstehens<br />
und Nichtverstehens. Pedantische Versuche<br />
seine eigene Mitgliedschaft zu fühlen, seinen Teil der<br />
Gesellschaft oder einer Gruppe zu fühlen. Und die<br />
Geborgenheit mit ausgebreiteten Armen zu empfangen,<br />
ohne der Naivität zu verfallen. Ich muss auch an<br />
die Vergangenheit denken, denn Momente der Stille,<br />
in denen man die Rolle des Beobachters einnimmt,<br />
setzen einen in die erste Reihe des Theaters. Als ob<br />
die Scheinwerfer die Bühne so sehr bestrahlen, dass<br />
die Zuschauer nicht sichtbar sind, praktisch existiert<br />
man gar nicht. Nur man selbst weiß, dass man hier<br />
sitzt und beobachtet. Stell dir vor, du bist in einem<br />
Club. Es ist gerammelt voll, die Gesichter, in die du<br />
blickst glänzen und Euphorie schlängelt sich zwischen<br />
den Leuten hindurch, dreht sie im Kreise, lässt<br />
sie lachen und hüpfen und die Hände in die Luft<br />
reißen. Dann schließt du die Augen, spürst den Bass<br />
in deinem Brustkorb toben, spürst die Wärme und<br />
Berührungen der Menschen um dich. Du stehst mitten<br />
in einer Masse, mit geschossenen Augen, bewegungslos.<br />
Stell dir vor, niemand wäre da.<br />
Du würdest in einem Raum stehen, du und die Musik<br />
und nichts sonst. Dann machst du die Augen wieder<br />
auf und siehst immer noch in die freudigen Gesichter.<br />
Es bekommt etwas trauriges, das Ganze. Ein Tanz für
ein besseres Morgen oder um dem Morgen zu entfliehen.<br />
Ich sehe eine Wohnung, ein weißer Seidenvorhang<br />
tanzt im Wind, der sanft zum offenen Fenster<br />
hereinweht. Aus einem Zimmer singt leise Ray<br />
Charles begleitet von dem Knacken der Platte. Das<br />
Licht ist warm und gelb, nahezu verrucht. Kerzen werfen<br />
flackernde Schatten auf die Wände. Eine leere<br />
Rotweinflasche steht neben der Matratze auf dem<br />
Boden neben zwei leeren Gläsern, in denen der Rotwein<br />
sich gefestigt hat. Es riecht nach Zigarette und<br />
Espresso. Eine Frau steht mit dem Rücken zu mir in<br />
der Badtür mit dicken Wollsocken an den Füßen und<br />
einem schwarzen Sex Pistol Shirt. Er ist nur shilluettenhaft<br />
zu erkennen, ein Schattenspiel der Kerzen<br />
mit dem Duschvorhang. Sie ascht ihre Zigarette ins<br />
Waschbecken, während sie ihm beim duschen zusieht.<br />
Der Spiegel ist beschlagen, die Dusche heiß.<br />
Dampf hüllt langsam das ganze Zimmer, ich kann die<br />
Frau nicht mehr sehen. Sie verschwimmt im Dunst,<br />
wird geschluckt. Das Bild trübt und klack–klack, die<br />
Platte ist zu Ende gespielt. Da wären wir wieder bei<br />
dem Jetzt und Hier. So kann es einem nämlich doch<br />
gelingen, das Jetzt zu überdenken. Letztens habe ich<br />
einen Film gesehen, in dem der Protagonist ganzkörperlich<br />
gelähmt war. Er sagte:<br />
„Vielleicht ist alles starr<br />
und ich kann nichgs machen,<br />
bin gefangen in meinem eigenen Körper.<br />
Aber zwei Dinge sind ewig frei,<br />
zwei Dinge lasse ich mir nicht nehmen.<br />
Das ist die Vorstellungskraft:<br />
die Gedanken und die Phantasie.“<br />
Schmetterling und Taucherglocke
In Gänze – ein Versuch<br />
Es ist ein Krieg in neuer Form,<br />
Die Menschen wissen es,<br />
Jedoch merkt man dies kaum.<br />
Es wird noch eskalieren,<br />
muss erst ganz hochgeputscht werden.<br />
Der Überfluss wird uns ruinieren,<br />
Weit weg von uns führen,<br />
Von dem, was uns wirklich bewegt.<br />
Wir werden oberflächlich, Angst<br />
in die Tiefe zu gehen ist es.<br />
Wir werden guter Laune, obwohl wir<br />
damit die Unruhe in uns übertünchen.<br />
Wir werden depressiv, weil wir<br />
um die Probleme wissen.<br />
Wir werden ängstlich, weil<br />
wir was ändern müssen.<br />
Die Welt als Spielbrett des Erlebens.<br />
Würfle und du wirst sehen, was passiert.<br />
Die Suche nach den Regeln,<br />
Was Richtig und was nicht,<br />
Verschlingt die Zeit,<br />
Die soviel mehr zu Bieten hat.<br />
Denn Sinn hat nur den Sinn,<br />
den du ihm gibst.<br />
Viele Welten sind so klein, aus<br />
Angst die Größe zu bemerken.<br />
Es gibt keine Konsequenz, denn du<br />
kannst denken, was du möchtest.<br />
Kannst deine Welt dir Schaffen,<br />
in der du wohnen willst.<br />
Wird sicher wer zu passen,<br />
dem sie auch gefällt.
Da sein<br />
Im Schatten eines Baumes saß ich,<br />
von der Strasse konnte<br />
man mich nicht sehen,<br />
zu gross der Kontrast,<br />
zwischen Baum und Schatten.<br />
Da saß ich im Nichts.<br />
In diesem Moment,<br />
an einem Ort den Niemand kannte.<br />
Existent nur bei Sonne,<br />
die ohne den Schatten nicht mag.<br />
Nur die 10 Pflastersteine,<br />
denen ich die schwärze<br />
der Nacht verschaffte,<br />
waren etwas wärmer als die Anderen,<br />
das wusste aber niemand.<br />
Könnten sie empfinden,<br />
würden sie mich bemerken.<br />
Da saß ich im Nichts,<br />
an einem Ort den Jeder kannte,<br />
jedoch existierte ich für sie nicht dort.<br />
Der Schatten gemacht durch die Sonne<br />
Die Shizophrenie der Welt.
Warum ich die Nacht liebe<br />
Ich liebe die Nacht für ihre<br />
echten Protagonisten<br />
und wie Distanzen sich von<br />
den gesellschaftlichen<br />
Bildnissen lösen.<br />
Die Darsteller in ihrem Film,<br />
berauscht und unkostümiert.<br />
Die Sicherheit verschwimmt<br />
in der Dunkelheit<br />
und vereint sich mit ihr.<br />
Die Instinkte erwachen<br />
und der Schlaf wiegt<br />
wie Zement.<br />
Disziplin endet<br />
und Maßlosigkeit<br />
regiert den Affekt.<br />
Lust und Bedürfnis<br />
Extrakt einer<br />
konditionierten Seele.<br />
Zeit, nur am Rande bemerkt<br />
der Blick schweift<br />
und verlangsamt ist<br />
sein Ausdruck<br />
Dazwischen tauchen im Nebel<br />
intimste Empfindungen auf<br />
verstärkt durch den Rausch.<br />
Das einzig klare ist die Luft.<br />
Wir kosen die Erlebnisse<br />
nächtlicher Reisen.
Vier Freiheiten<br />
Wir schauen uns das World Wide Web an, die Internet–Technologien,<br />
die enormen Datenberge, die erst<br />
elektronisch erfaßt werden müssen, und wir sehen<br />
keine steigende Informationsflut, sondern eine globale<br />
„ Freiheit zu wissen“- eine Welt, in der erstmals<br />
in der Geschichte der Menschheit nicht mehr von der<br />
Kaste oder der Bildung oder den wirtschaftlichen Voraussetzungen<br />
bestimmt wird, wer Zugriff auf Wissen<br />
hat, eine Welt, in der Wissen an sich weniger wichtig<br />
ist als die Fähigkeit, es zu erfassen. Wir schauen uns<br />
die Auflösung der Grenzen an, den Zusammenbruch<br />
der nationalen Identität, den Machtverlust der Regierungen<br />
und wir sehen keine gefährdete Weltordnung,<br />
sondern eine kommende globale „ Freiheit zu<br />
gehen“- eine Welt, in der erstmals wahrhaft globale<br />
Bürger wahrhaft globale Bewegungsfreiheit haben<br />
werden. Wir schauen uns den Zusammenbruch der<br />
Loyalität in den Unternehmen an und sehen die wachsende<br />
Zahl der Handelsabschüsse – eine globale<br />
„Freiheit zu tun“, die nicht gemäß vorgegebener Prozesse<br />
oder bürokratischer Strukturen erfolgt, sondern<br />
gemäß der eigenen Intuition und unternehmerischer<br />
Begeisterung. Und wir schauen uns eine Wirklichkeit<br />
an, die sich in lauter Teilchen auflöst, und sehen die<br />
Gelegenheit, sich eine eigene Wirklichkeit zu schaffen,<br />
eine globale „ Freiheit zu sein“, was auch immer<br />
man sein will und die Pflicht, diese Freiheit wahrzunehmen.<br />
Kurzum, wir schauen in diese Landschaft der<br />
Gegenwart und sehen keine Abschaffung der alten<br />
Freiheiten, sondern das Entstehen von vier kurz nach<br />
der kommenden Jahrtausendwende, sehen wir ein<br />
Zeitalter der Möglichkeit, wie es die Welt nie zuvor<br />
welebt hat. Schrecken bereitet nur der Weg dorthin,<br />
das geben wir gerne zu.
Meine erotische Liason<br />
Da steht sie, direkt vor meiner Nase und es trennt uns<br />
nur eine dünne Scheibe aus Glas. Meine Hand berührt<br />
das Glas und eine kühle Welle strömt durch<br />
meinen ganzen Arm. Die Sehnsucht sie zu packen,<br />
mit der Hand ihren schmalen und eleganten Hals zu<br />
umfassen steigt und ich öffne beherzt und voller<br />
Vorfreude die Glastüre. Da steht sie, rührt sich nicht<br />
vom Fleck, zwischen Gleichgesinnten. Die mit dem<br />
schönsten Gewand soll es sein. Ein Griff. Da ist sie<br />
wieder, die kühle Welle, die meine Pupillen für den<br />
Bruchteil einer Sekunde weitet. Sie ist bedeckt von<br />
beschlagener Schönheit, in Form von Wasser und<br />
perfekt temperiert. Wir schreiten gemeinsam, ich<br />
trage sie zum Altar. Nun erlöse ich sie aus ihrer Gefangenschaft<br />
im Tausch gegen Bares. Wir verlassen<br />
gemeinsam den Raum, meine Hand ist nass. Ich setze<br />
sie auf den Tisch, sie beschlägt noch mehr, sodass<br />
sich langsam Tropfen bilden, die ihren Körper herabrinnen,<br />
wobei sie eine klare zarte Läupe hinterlassen.<br />
Mein Feuerzeug entfernt die Krone und ein<br />
zischen steigert die Vorfreude, sie an meine Lippen<br />
zu führen und von ihr zu trinken. In ihrem Hals steht<br />
ein leichter Nebel, der sich nach ein paar Sekunden<br />
verflüchtigt hat. Die erste Berührung, meine Lippen<br />
an ihrem Kopf, den meinen im Nacken liegend. Sie ist<br />
wunderschön, denn sie hält was sie verspricht. Selten<br />
findet man eine perfekt temperierte Coke.