08.12.2012 Aufrufe

Sachgebiet E: Sozialstaat / Soziale Sicherung - DGB Bestellservice

Sachgebiet E: Sozialstaat / Soziale Sicherung - DGB Bestellservice

Sachgebiet E: Sozialstaat / Soziale Sicherung - DGB Bestellservice

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Protokoll<br />

16. <strong>DGB</strong> Bundesfrauenkonferenz<br />

vom 24. bis 26.11.2005<br />

in Berlin<br />

<strong>DGB</strong> Bundesvorstand<br />

Bereich Gleichstellungs- und Frauenpolitik


„Frauen sind unerhört“<br />

Protokoll<br />

16. <strong>DGB</strong> Bundesfrauenkonferenz<br />

vom 24. bis 26.11.2005<br />

in Berlin<br />

<strong>DGB</strong> Bundesvorstand<br />

Bereich Gleichstellungs- und Frauenpolitik


Impressum<br />

Herausgeber <strong>DGB</strong> Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand<br />

Bereich Gleichstellungs- und Frauenpolitik<br />

Postfach 110372<br />

10833 Berlin<br />

Telefon 030 - 24060 728<br />

Fax 030 - 24060 761<br />

Internet http://www.dgb.de<br />

Druck Printnetwork pn GmbH<br />

Satz + Layout Karin Pütt<br />

Bildnachweis Anne Graef


Inhalt<br />

Eröffnung und Begrüßung 5<br />

Dr. Ursula Engelen-Kefer, stellvertretende Vorsitzende des <strong>DGB</strong><br />

Konstituierung der Bundesfrauenkonferenz 7<br />

Dr. Ursula Engelen-Kefer, stellvertretende Vorsitzende des <strong>DGB</strong><br />

Mündlicher Geschäftsbericht 9<br />

Dr. Ursula Engelen-Kefer, stellvertretende Vorsitzende des <strong>DGB</strong><br />

Aussprache zum mündlichen Geschäftsbericht 15<br />

Podiumsdiskussion: “Perspektiven der Frauen- und Gleichstellungspolitik” 21<br />

Strategien für eine gleichstellungsorientierte Arbeits- und Beschäftigungspolitik 22<br />

Zentrale Botschaften aus den Workshops 28<br />

Samstag – 26.11.2005 32<br />

Bericht der Mandatsprüfungskommission 33<br />

Antragsberatung 34<br />

Schlusswort 54<br />

Dr. Ursula Engelen-Kefer, stellvertretende Vorsitzende des <strong>DGB</strong><br />

Verzeichnis der Anträge und Entschließungen 55<br />

Anträge und Entschließungen im Wortlaut dokumentiert:<br />

<strong>Sachgebiet</strong> A: Gleichstellungspolitik 57<br />

<strong>Sachgebiet</strong> B: Entgelt / Einkommen 70<br />

<strong>Sachgebiet</strong> C: Beschäftigungspolitik 77<br />

<strong>Sachgebiet</strong> D: Arbeitzeit / Arbeitsbedingungen 83<br />

<strong>Sachgebiet</strong> E: <strong>Sozialstaat</strong> / <strong>Soziale</strong> <strong>Sicherung</strong> 91<br />

<strong>Sachgebiet</strong> F: Organisationspolitik 102<br />

Verzeichnis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer 106<br />

Anhang: Ergebnisse der Workshops 110


Eröffnung und Begrüßung<br />

zur 16. Bundesfrauenkonferenz<br />

Dr. Ursula Engelen-Kefer, stellvertretende Vorsitzende des <strong>DGB</strong><br />

Liebe Kolleginnen, liebe Delegierte, liebe Gäste,<br />

ihr seid mit verschiedenen Erwartungen zur Bundesfrauenkonferenz<br />

angereist. Es geht darum, die Weichen für die<br />

künftige gewerkschaftliche Frauenpolitik festzulegen. Aber<br />

bevor wir in die Zukunft blicken, lasst mich gerade in dieser<br />

Begrüßungseinleitung ein wenig in die Vergangenheit<br />

schauen. Denn wir befinden uns 2005 in einem Jubiläumsjahr.<br />

Gewerkschaftliche Frauenpolitik gibt es seit 100 Jahren.<br />

1905 wurde bei der Generalkommission der Gewerkschaften<br />

– das ist der Vorläufer des Allgemeinen Deutschen<br />

Gewerkschaftsbundes – ein Arbeiterinnensekretariat eingerichtet<br />

und mit Ida Altmann besetzt. Kurz zuvor war ein<br />

diesbezüglicher Antrag auf dem 5. Gewerkschaftskongress<br />

noch sang- und klanglos gescheitert. Viele Männer in den<br />

Gewerkschaften waren nicht davon überzeugt, dass es notwendig<br />

sei, die Arbeiterinnen zu organisieren.<br />

Bereits 1904 haben Frauen in Berlin ein gewerkschaftsübergreifendes<br />

Komitee zur Agitation der Arbeiterinnen gebildet.<br />

Dieses Komitee erhielt von der Generalkommission ein Zimmer<br />

zugewiesen. Der schärfste Kritiker – Cohen vom Metallarbeiterverband<br />

– bemängelte bei einer Konferenz der<br />

Zentralvorstände die Eigenmächtigkeit der Generalkommission<br />

unter anderem mit den Worten: „Ein Zimmer bedeutet<br />

offizieller Anstrich“ und es werde sich „mit dem Frauenkomitee<br />

eine Art Nebenregierung bilden.“ Der Vorsitzende der<br />

Generalkommission der Gewerkschaften Carl Legien argumentierte<br />

aber anderes. Er sagte nämlich: „Die Frauenarbeit<br />

dringt heute in verschiedene Berufe ein und für die männlichen<br />

Arbeiter liegt eine große Gefahr in der geringen Bezahlung<br />

der weiblichen Arbeiter.“ Daraus zog er den<br />

Schluss, dass in der Organisation auch Arbeiterinnen vonnöten<br />

seien. Nach dem Kongress schlug er dem Gewerkschaftsausschuss<br />

im Juli 1905 vor, ein Frauensekretariat<br />

einzurichten und mit Ida Altmann zu besetzen. Nur mit List<br />

und Taktik wurde die Einstellung dann tatsächlich beschlossen,<br />

denn Carl Legien hatte erklärt, dass man nur ein halbes<br />

Gehalt zahlen müsse, die andere Hälfte bekäme Ida Altmann<br />

schon als Übersetzerin vom internationalen Gewerkschaftssekretariat.<br />

Ida Altmann hatte eine klare Perspektive<br />

für die gewerkschaftliche Frauenarbeit und forderte, dass<br />

Frauen Zugang zu planvoll geregelter Arbeit haben müssen.<br />

Arbeiterinnen und Arbeiter ungleich gestellt in der Gesellschaft<br />

und im Recht war in ihren Augen eine Spaltung der<br />

Arbeiterklasse. Sie führte dazu im Einzelnen aus:<br />

„Nur unter dem Losungswort völliger Gleichberechtigung<br />

und Gleichverpflichtung beider Geschlechter als Arbeiter<br />

innerhalb der Gewerkschaft und in dem, was durch sie<br />

erstrebt wird, ist der Sieg der Arbeit über die Ausbeutung,<br />

der Sieg der Kultur, des Fortschritts über vermorschte und<br />

vermoderte Verwesung hauchende Zustände möglich, ja<br />

unbedingt sicher.“<br />

Wir werden am kommenden Sonntag gemeinsam mit der<br />

Freireligiösen Gemeinde Berlin, in der Ida Altmann nach<br />

ihrer gewerkschaftlichen Tätigkeit sehr aktiv war, zu ihrem<br />

70. Todestag einen Gedenkstein setzen.<br />

Liebe Kolleginnen, liebe Delegierte, was vor hundert Jahren<br />

galt, gilt im Prinzip auch noch heute. Der Stand der Gleichberechtigung<br />

der Geschlechter ist ein Gradmesser über den<br />

Fortschritt der Gesellschaft. Für diesen Fortschritt haben<br />

sich bereits viele Frauen engagiert. An dieser Stelle möchte<br />

ich daher die ehemaligen Kolleginnen des <strong>DGB</strong> Bundesfrauenausschusses<br />

recht herzlich in unserer Mitte begrüßen:<br />

Christiane Bretz, Elisabeth Bothfeld, Frauke Dittmann, Hedwig<br />

Göbel, Gudrun Hamacher, Waltraud Hessedenz, Elfriede<br />

Hoffmann und Ruth Köhn, ein herzliches Willkommen von<br />

dieser Stelle aus.<br />

5


6<br />

Gerne hätte ich auch meine Vorgängerin in der <strong>DGB</strong><br />

Frauenpolitik, Irmgard Blättel, hier begrüßt. Sie ist leider<br />

aus gesundheitlichen Gründen verhindert und lässt alle<br />

recht herzlich grüßen. Auch von hier senden wir Irmgard<br />

Blättel die besten Genesungswünsche.<br />

Liebe Kolleginnen, liebe Delegierte, in diesem Jubiläumsjahr<br />

erlaube ich mir, mit einigen wenigen Stichworten an vergangene<br />

frauenpolitische Kämpfe zu erinnern. Gleiches<br />

Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit hat viele<br />

Gewerkschafterinnen ein ganzes Leben lang begleitet.<br />

In den 60er Jahren haben die Frauen erreicht, dass die<br />

Lohnabschlagsklauseln abgeschafft wurden. Dann ging<br />

es den Leichtlohngruppen an den Kragen und heute<br />

gibt es immer noch die Debatte um die gerechte<br />

Bewertung von Arbeit. In der Auseinandersetzung um<br />

den § 218 haben die Gewerkschafterinnen an vorderster<br />

Front mitgekämpft. Und die Anerkennung der<br />

Erziehungszeiten in der Rentenversicherung wäre ohne<br />

das Engagement der Gewerkschaftsfrauen nicht durchgesetzt<br />

worden. Die seit Jahrzehnten von den Gewerkschaftsfrauen<br />

geforderten besseren Rahmenbedingungen<br />

zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die<br />

Elternzeit mit Lohnersatzleistungen sind mittlerweile in der<br />

Politik angekommen. Auch die Arbeitszeitgestaltung gehörte<br />

und gehört noch immer zu den zentralen Aufgaben der<br />

gewerkschaftlichen Frauenpolitik.<br />

Liebe Kolleginnen, liebe Gäste, selbstverständlich brauchen<br />

wir zur Umsetzung unserer Ziele und Forderungen Bündnispartnerinnen<br />

und Bündnispartner. Ich freue mich daher,<br />

dass als Vertreterinnen von Verbänden und Organisationen,<br />

mit denen wir vernetzt sind und zusammenarbeiten, einige<br />

namhafte Vertreterinnen unter uns sind. Ich begrüße daher<br />

Birgit Zenker, die Bundesvorsitzender der KAB und Henny<br />

Engels vom Deutschen Frauenrat – herzlich willkommen.<br />

Ich freue mich ganz besonders, dass auch eine namhafte<br />

Vertreterin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes an<br />

unserer Bundesfrauenkonferenz teilnimmt. Herzlich willkommen,<br />

Renate Csörgits.<br />

Liebe Kolleginnen, liebe Gäste, mit einer anderen Geste, als<br />

gewohnt, möchten wir all derer gedenken, die vor uns in<br />

der Frauenpolitik gekämpft haben und heute nicht mehr<br />

unter uns sind. Mit dieser Geste wollen wir auch allen danken,<br />

die sich in der Vergangenheit für die Gleichberechtigung<br />

eingesetzt haben und dieses Ziel jetzt an anderer<br />

Stelle verfolgen. Wir wollen uns auch gegenseitig Mut und<br />

deutlich machen, es lohnt sich zu engagieren. Deshalb wol-<br />

len wir jetzt gemeinsam das Lied „Brot und Rosen“ singen.<br />

Ich freue mich, dass dieses Symbol von der Geschäftsführerin<br />

des Deutschen Frauenrates, nicht in ihrer amtlichen<br />

Funktion, sondern ganz persönlich mit ihrer Gitarre unterstützt<br />

wird.<br />

Gemeinsames Singen von „Brot und Rosen“<br />

Schönen Dank, Frau Engels.<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die 16. <strong>DGB</strong> Bundesfrauenkonferenz<br />

ist eröffnet.


Konstituierung der Bundesfrauenkonferenz<br />

Dr. Ursula Engelen-Kefer, stellv. Vorsitzende des <strong>DGB</strong><br />

Ich möchte jetzt zur Konstituierung kommen. Wir verabschieden<br />

die Tagesordnung. Der Vorschlag für die Tagesordnung<br />

wurde euch mit den Unterlagen zugeschickt. Ich bitte<br />

diejenigen um das Kartenzeichen, die dieser Tagesordnung<br />

zustimmen.<br />

Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? Damit ist die Tagesordnung<br />

angenommen.<br />

Wir kommen zweitens zur Verabschiedung der Geschäftsordnung<br />

und bitte auch hier um das Kartenzeichen. Wer ist<br />

mit der Geschäftsordnung einverstanden, wie sie den<br />

Unterlagen beigefügt ist? Wer ist dagegen? Wer enthält<br />

sich? Auch dies ist eine einstimmige Unterstützung dieser<br />

Geschäftsordnung.<br />

Drittens wählen wir die Konferenzleitung. Hierzu sind vorgeschlagen:<br />

Monika Lersmacher, IG Metall, Marianne Malkowski,<br />

IG BCE, Ellen Maurer, ver.di, und Birgit Pitsch, NGG.<br />

Ich bitte um das Kartenzeichen für die Bestätigung der Konferenzleitung.<br />

Ist jemand dagegen? Enthält sich jemand? So<br />

ist auch die Konferenzleitung einvernehmlich gewählt und<br />

ich bitte die genannten Kolleginnen auf die Bühne und das<br />

Amt zu übernehmen. Herzlichen Dank.<br />

Konferenzleitung<br />

Liebe Kolleginnen, auch von unserer Seite noch mal herzlich<br />

willkommen und vielen Dank für den Vertrauensvorschuss,<br />

den ihr uns gegeben habt. Wir hoffen, dass wir euch gut<br />

durch die Konferenz führen werden.<br />

Wir fahren in der Konstituierung fort und kommen zur<br />

Bestätigung der Antragskommission. Der Bundesfrauenausschuss<br />

hat vorgeschlagen, dass alle Mitgliedsgewerkschaften<br />

vertreten sind. In euren Konferenzunterlagen habt ihr<br />

die Namensliste der vorgeschlagenen Kolleginnen der<br />

Antragskommission, die schon getagt und gearbeitet hat,<br />

vorliegen.<br />

Ich bitte um das Kartenzeichen für die Bestätigung der<br />

Antragskommission – danke. Gibt es Gegenstimmen,<br />

Stimmenthaltungen? Somit ist die Antragskommission einstimmig<br />

gewählt worden.<br />

Wir kommen zur Wahl der Mandatsprüfungs- und Zählkommission.<br />

Auch hier liegt euch ein Vorschlag vor. Wundert<br />

euch nicht, dass nur Kolleginnen aus drei Gewerkschaften<br />

vertreten sind. Hier hat auch der Bundesfrauenausschuss<br />

vorgedacht und schlägt vor, die Kolleginnen aus den drei<br />

großen Delegationen zu benennen, damit die kleineren<br />

Delegationen damit arbeitsentlastet sind.<br />

Die Namen liegen euch vor und ich bitte um das Kartenzeichen,<br />

wenn ihr mit diesem Vorschlag einverstanden seid –<br />

danke. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Enthaltungen<br />

– auch nicht. Dann ist die Mandatsprüfungsund<br />

Zählkommission einstimmig gewählt.<br />

Hinweis für die Einreichung von Initiativ- oder Änderungsanträgen:<br />

Mit der beschlossenen Geschäftsordnung wurde<br />

der Termin für die Abgabe von Initiativ- und Änderungsanträgen<br />

bei der Konferenzleitung auf den 25.11.05 um<br />

12.00 Uhr festgelegt. Alle Initiativ- oder Änderungsanträge<br />

müssen mit mindestens 20 Unterschriften von ordentlichen<br />

Delegierten versehen sein. Für die Initiativanträge gilt, dass<br />

die betreffende Sache erst nach dem 25.08.05 bekannt<br />

sein konnte. Die Initiativ- oder Änderungsanträge werden<br />

im Tagungsbüro in der Zeit von 11.00 bis 12.00 Uhr von<br />

der Kollegin Ellen Maurer entgegen genommen. Ich bitte<br />

das zu beachten und die Kollegin dementsprechend im<br />

Büro aufzusuchen.<br />

7


8<br />

Geschäftsordnung<br />

❚ Die Konferenz wählt vier Moderatorinnen, die die Konferenz<br />

leiten.<br />

❚ Die vom Bundesfrauenausschuss gewählte, aus acht<br />

Mitgliedern bestehende Antragsberatungskommission<br />

ist durch die ordentlichen Delegierten der Gewerkschaften<br />

zu bestätigen.<br />

❚ Zur Prüfung der Mandate wird eine Mandatsprüfungsund<br />

Zählkommission gewählt. Diese besteht aus fünf<br />

Mitgliedern. Über die Gültigkeit der Mandate entscheidet<br />

die Konferenz. Mitglieder der Antrags-, Mandatsund<br />

Zählkommission müssen ordentliche Delegierte der<br />

Gewerkschaften sein.<br />

❚ Wortmeldungen werden erst nach der Eröffnung der<br />

Debatte entgegengenommen und haben schriftlich zu<br />

erfolgen. Die Rednerinnen und Redner erhalten nach<br />

der Reihenfolge der Meldungen das Wort.<br />

❚ Die Redezeit beträgt für jede Diskussionsrednerin,<br />

jeden Diskussionsredner höchstens zehn Minuten.<br />

❚ Mitglieder des <strong>DGB</strong>-Bundesvorstandes und Sachverständige<br />

des Bundesvorstandes können auf Verlangen<br />

außerhalb der Reihenfolge der Wortmeldungen sprechen.<br />

Mitglieder des Bundesfrauenausschusses und<br />

Delegierte der Landesbezirke sind berechtigt, an der<br />

Diskussion teilzunehmen.<br />

❚ Bei Anträgen zur Geschäftsordnung erhält eine Rednerin<br />

bzw. ein Redner für und eine Rednerin bzw. ein<br />

Redner gegen den Antrag das Wort. Das Wort zu<br />

Geschäftsordnungsanträgen wird außerhalb der Reihenfolge<br />

der vorgemerkten Rednerinnen bzw. Redner<br />

erteilt. Persönliche Bemerkungen sind erst am Schluss<br />

der Debatte zulässig.<br />

❚ Spricht eine Rednerin, bzw. ein Redner, nicht zur Sache,<br />

so hat die Konferenzleitung sie/ihn zur Sache zu rufen.<br />

Nach zweimaliger vergeblicher Mahnung der Konferenzleitung<br />

ist der Rednerin/dem Redner das Wort zu<br />

entziehen.<br />

❚ Initiativanträge und Änderungsanträge, außer solchen<br />

zur Geschäftsordnung, sind schriftlich einzureichen und<br />

müssen mit mindestens 20 Unterschriften von ordentlichen<br />

Delegierten der Gewerkschaften versehen sein<br />

und spätestens bis 12.00 Uhr am 25. November 2005<br />

bei der Ta-gungsleitung eingereicht sein. Als Initiativanträge<br />

werden nur solche Anträge zugelassen, deren<br />

Antragsbegehren bis zum Termin der Antragstellung<br />

25. August 2005 noch nicht bekannt sein konnte. Bei<br />

der Diskussion über einen Antrag erhält zunächst eine<br />

Vertreterin des Antragstellers das Wort. Die Redezeit<br />

hierfür beträgt höchstens zehn Minuten. Über die Empfehlung<br />

der Antragskommission wird zuerst abgestimmt.<br />

❚ Ein Antrag auf Schluss der Debatte kann nur von einer/<br />

einem ordentlichen Delegierten der Gewerkschaften<br />

gestellt werden, die/der zum anstehenden Diskussionspunkt<br />

noch nicht gesprochen hat. Wird ein Antrag auf<br />

Schluss der Debatte oder Vertagung gestellt, erhält<br />

eine Rednerin bzw. ein Redner für und eine Rednerin<br />

bzw. ein Redner gegen den Antrag das Wort.<br />

❚ Die Redezeit kann auf Antrag auf drei Minuten begrenzt<br />

werden.<br />

❚ Die Konferenz ist beschlussfähig, wenn mindestens die<br />

Hälfte der ordentlichen Delegierten anwesend ist.<br />

Abstimmungen erfolgen durch Handaufheben mit der<br />

Stimmkarte. Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit<br />

gefasst. Stimmengleichheit gilt als Ablehnung. Enthaltungen<br />

gelten als nicht abgegebene Stimmen.


Mündlicher Geschäftsbericht<br />

Dr. Ursula Engelen-Kefer, stellv. Vorsitzende des <strong>DGB</strong><br />

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Delegierte,<br />

liebe Gäste,<br />

ich glaube, der Termin für diese Bundesfrauenkonferenz<br />

hätte gar nicht besser gelegt werden können. Denn wir<br />

haben ja seit zwei Tagen eine neue Bundesregierung. CDU-<br />

CSU und SPD haben sich nun endlich auf einen Koalitionsvertrag<br />

geeinigt und der Deutsche Bundestag hat zum<br />

ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik eine Frau<br />

zur Bundeskanzlerin gewählt.<br />

Ich selbst – und viele von euch wahrscheinlich auch –<br />

werde häufig gefragt: Ist das eine Chance, dass die Gleichstellung<br />

von Frauen in allen Lebensbereichen endlich durchgesetzt<br />

wird?<br />

Realistisch müssen wir hierzu feststellen: Eine Frau an der<br />

Spitze garantiert allein natürlich noch keinen Erfolg in der<br />

Frauen- und Gleichstellungspolitik.<br />

Entscheidend ist, welche Politik Frau Merkel als Bundeskanzlerin<br />

der Großen Koalition verfolgen wird. Hohe Erwartungen<br />

dürften fehl am Platz sein; hier wie überall ist der<br />

Koalitionsvertrag gemischt zu bewerten: Positiv ist die<br />

erklärte Bereitschaft zur Ausweitung der Kinderbetreuung<br />

sowie die Einführung des Elterngeldes.<br />

Hierbei brauchen wir unser Licht nicht unter den Scheffel zu<br />

stellen. Wesentliche Vorarbeiten sowohl zum Ausbau der<br />

Kinderbetreuung wie zur Einführung des Elterngeldes<br />

haben wir gemacht und in die Politik der vorherigen Bundesregierung<br />

eingebracht. Wir freuen uns über den Erfolg,<br />

dies auch der CDU/CSU nahe gebracht zu haben.<br />

Bedauerlich ist jedoch, dass wieder einmal jegliche Bereitschaft<br />

beider großen Parteien fehlt, einen verbindlichen<br />

gesetzlichen Rahmen für die Gleichstellung in der privaten<br />

Wirtschaft zu schaffen. So muss es vielen von euch, die sich<br />

tagtäglich für die Gleichstellung in Betrieben und Verwaltungen<br />

einsetzen, wie ein „Placebo“ vorkommen, wenn im<br />

Koalitionsvertrag steht: Die freiwillige Vereinbarung der vorherigen<br />

Bundesregierung mit der Wirtschaft soll ein weiteres<br />

Mal bilanziert werden. Schon die erste so genannte<br />

Bilanz zeigte nur die wenigen bekannten Leuchttürme. In<br />

der Fläche – das wisst ihr am allerbesten – ist nach wie vor<br />

Fehlanzeige. Die zweite Bilanz bedeutet lediglich ein weite-<br />

res Ausweichmanöver. Wir als Frauen in den Gewerkschaften<br />

erwarten, dass eine Bilanz Auskunft gibt über den tatsächlichen<br />

Fortschritt der Gleichstellung in den Betrieben.<br />

Wir wollen endlich ein Gleichstellungsgesetz für die private<br />

Wirtschaft. Unsere Vorschläge hierzu liegen seit vier Jahren<br />

vor. Sie müssen endlich in die Politik umgesetzt werden.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

lasst mich zunächst einige generelle Anmerkungen<br />

machen zur Koalitionsvereinbarung und ihre Auswirkungen<br />

auf die Gleichstellung von Frauen, insbesondere auf dem<br />

Arbeitsmarkt und zur <strong>Soziale</strong>n <strong>Sicherung</strong>. Es ist ein großer<br />

Erfolg, vor allem für uns als Gewerkschaften, dass die Tarifautonomie,<br />

die Mitbestimmung und die Betriebsverfassung<br />

unangetastet bleiben sollen. Allerdings sollten wir uns keinen<br />

Illusionen hingeben: Die neoliberalen Kräfte in der<br />

CDU/CSU Der Druck auf die Regierung wird zunehmen,<br />

solange sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht bessert.<br />

Wir werden wachsam bleiben müssen.<br />

Teuer erkauft ist der Erhalt der Tarifautonomie allerdings<br />

durch die vereinbarte Lockerung des Kündigungsschutzes.<br />

Die geplante Ausdehnung der Wartezeit auf zwei Jahre<br />

erhöht die Unsicherheit vieler Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmer und schwächt die Durchsetzung ihrer Rechte<br />

weiterhin. Das Argument, dies träfe nur die Neueingestellten<br />

auf dem Arbeitsmarkt, ist nicht stichhaltig:<br />

Wie wollen wir gerade von jüngeren Menschen erwarten,<br />

dass sie die Verantwortung für eine Familie und Kinder auf<br />

sich nehmen, wenn gleichzeitig die Gefahr der Entlassung<br />

noch größer wird. Bei 7 – 8 Millionen Menschen, die jährlich<br />

gezwungen oder freiwillig ihren Arbeitsplatz wechseln,<br />

kann sich jeder ausrechnen, dass in wenigen Jahren ein<br />

großer Teil der Erwerbstätigen von dieser Aushöhlung des<br />

Kündigungsschutzes betroffen sein wird. Frauen, die nach<br />

wie vor die hauptsächliche, wenn nicht alleinige Verantwortung<br />

für die Kindererziehung leisten, und bei Einstellungen<br />

benachteiligt sind, werden einmal mehr unter dieser Unsicherheit<br />

ihres Arbeitsplatzes leiden müssen.<br />

9


10<br />

Wir sollten dies der neuen Regierungskoalition und beiden<br />

Koalitionsparteien, auch als Frauen in den Gewerkschaften,<br />

deutlich vor Augen halten.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

wenig klar erkennbar ist der rote Faden bei den erklärten<br />

Zielen: mehr Wachstum und Beschäftigung und Stabilisierung<br />

der <strong>Soziale</strong>n <strong>Sicherung</strong>ssysteme. Zu unterstützen<br />

ist in jedem Fall das Programm zur Ausweitung öffentlicher<br />

und privater Investitionen in Höhe von 25 Milliarden Euro<br />

über vier Jahre sowie die Förderung von Mittelstand und<br />

Handwerk. Für uns als Frauen und Arbeitnehmerinnen ist es<br />

entscheidend, ob und inwieweit hiermit neue Arbeitsplätze<br />

auch für Frauen geschaffen werden und die soziale Infrastruktur<br />

für Kinderbetreuung, Pflege und Bildung verbessert<br />

werden kann.<br />

Eine Wachstumsbremse droht dagegen die Erhöhung der<br />

Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent ab 2007 zu werden.<br />

Dies wird die ohnehin schwache Binnennachfrage drastisch<br />

einschränken – zumal die Steuererhöhung nur zu einem<br />

geringen Teil zur Senkung der Sozialabgaben genutzt werden<br />

soll. Familien, Alleinerziehende und Arbeitslose werden<br />

die Leidtragenden sein. Noch gravierender ist, dass die notwendigen<br />

Steueranteile in der gesetzlichen Renten- und<br />

Krankenversicherung massiv gekürzt werden. Das ist finanzpolitische<br />

Wilderei in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung.<br />

Dies führt dazu, dass die Beiträge steigen<br />

und die Leistungen weiter eingeschränkt werden. Dies trifft<br />

Frauen, Arbeitslose, Kranke und Rentnerinnen besonders<br />

hart. Wenn in Zukunft der Zuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung<br />

für das Arbeitslosengeld II von 78 Euro auf<br />

40 Euro beinahe halbiert wird, bedeutet dies Ausfälle bei<br />

der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 2 Mrd.<br />

Euro und für Langzeitarbeitslose, darunter viele Frauen,<br />

noch mehr Armut im Alter. Wenn in Zukunft der Bundeszuschuss<br />

zur gesetzlichen Krankenversicherung eingefroren<br />

werden soll, bedeutet dies erhebliche Steigerungen der Beiträge<br />

und eine weitere Senkung der Rentenleistungen.<br />

Dies steht im krassen Widerspruch zu der erklärten Zielsetzung<br />

der Stabilisierung der sozialen <strong>Sicherung</strong>ssysteme. Hier<br />

müssen wir als Männer und Frauen in den Gewerkschaften<br />

die neue Bundesregierung in ihre Verantwortung nehmen.<br />

Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr steuerlichen<br />

Ausgleich für die soziale <strong>Sicherung</strong>. Zunehmende Ausfälle<br />

an Beiträgen durch staatlich geförderte Mini-Jobs, Ich-AGs<br />

und Ein-Euro-Jobs müssen durch steuerliche Zuschüsse ausgeglichen<br />

werden. Ebenfalls gilt dies für Erziehungs- und<br />

Pflegeleistungen. Die Armutsfalle im Alter – die immer mehr<br />

Frauen trifft – darf nicht noch weiter ausgedehnt, sondern<br />

muss endlich geschlossen werden. Die Heraufsetzung des<br />

Rentenalters auf 67 führt zu einem Rentenkürzungsprogramm.<br />

Es fehlen schlichtweg Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer. Über 40 Prozent der<br />

Betriebe beschäftigen niemanden, der oder die älter als<br />

50 Jahre alt ist. Notwendig ist vielmehr eine Anhebung des<br />

faktischen Renteneintrittsalters. Und dafür ist aber eine<br />

alters- und alternsgerechte Erwerbsarbeit erforderlich. Hierbei<br />

ist zuallererst die Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt<br />

zu verbessern.<br />

Dazu zunächst einige Fakten: Die Quote der erwerbstätigen<br />

Frauen in Deutschland stieg bis Ende 2004 auf fast 60 Prozent.<br />

Damit hat Deutschland die EU-weite Zielquote von<br />

57 Prozent für das Jahr 2005 bereits leicht überschritten.<br />

Das hört sich wie ein Erfolg an. Doch der Teufel liegt im<br />

Detail: Mit dem Anstieg der Frauenbeschäftigung geht nämlich<br />

kein Anstieg des Arbeitsvolumens einher.<br />

Das Gegenteil ist der Fall: Immer mehr Frauen müssen sich<br />

ein immer kleineres Stück vom Erwerbskuchen teilen. Auf<br />

Vollzeitarbeitsplätze umgerechnet wären Frauen nur zu<br />

rund 39 Prozent am Erwerbsleben beteiligt. 84 Prozent aller<br />

Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Und jede zehnte Frau ist<br />

geringfügig beschäftigt – und das bedeutet: niedriges Einkommen,<br />

hohe Gefahr der Arbeitslosigkeit, Armut im Alter.<br />

Wir müssen leider feststellen: Frauen sind alles andere als<br />

die Gewinnerinnen auf dem Arbeitsmarkt. Völlig unerträglich<br />

ist es, wenn Arbeitgeber und ihre Verbände – aber auch<br />

und vor allem die öffentlichen Arbeitgeber – mehr und<br />

mehr pauschale Verlängerungen der Arbeitszeit verlangen.<br />

Dies ist eine phantasielose Verschärfung der Arbeitsbedingungen<br />

– vor allem zu Lasten von Frauen und Kindern. Dies<br />

müssen wir immer wieder deutlich machen.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und<br />

Kollegen,<br />

unser Kernproblem am Arbeitsmarkt ist der ungebremste<br />

Abbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Und<br />

diese Entwicklung wird immer mehr zur Nagelprobe. Es<br />

muss uns gelingen, diesen Negativtrend zu stoppen und<br />

umzudrehen. Dazu brauchen wir auch und vor allem eine<br />

Begrenzung der Mini-Jobs. Wir brauchen Rückkehrrechte<br />

auf Vollzeit oder vollzeitnahe Arbeitplätze nach einer Elternzeit.<br />

Daneben ist richtig und wichtig, dass der generelle<br />

Teilzeitanspruch auch nach dem neuen Koalitionsvertrag<br />

erhalten bleiben soll.


Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

zentrale Auseinandersetzungen gab es in den letzten<br />

Jahren um die Reformen am Arbeitsmarkt. Für Frauen hat<br />

sich mit den vier Hartz-Gesetzen vieles geändert – Verbesserungen<br />

gibt es aber nur für wenige. Denn diese Gesetze<br />

begünstigen ein Ausufern des Niedriglohnsektors. Nach<br />

Hartz IV dürfen Langzeitarbeitslose eine Arbeit nur noch<br />

ablehnen, wenn sie sittenwidrig ist – und dies ist sie erst<br />

dann, wenn der Lohn um 30 Prozent unter dem Tarif oder<br />

den ortsüblichen Löhnen liegt, und auch geringfügige<br />

Beschäftigungen ohne Existenz sichernden Verdienst gelten<br />

als zumutbar. Dies verdient nicht den Namen Reform, sondern<br />

ist der Weg in die Armut und zu schlechten Arbeitsbedingungen.<br />

Eine Spirale nach unten, die wir unbedingt<br />

beenden müssen.<br />

Ein Weiteres: Durch die verschärfte Anrechnung des Partnereinkommens<br />

werden Frauen in die Abhängigkeit des<br />

Mannes als Familienernährer zurückverwiesen. Eine unerträgliche<br />

Entwicklung ist der massenhafte Einsatz von Ein-<br />

Euro-Jobs. Gerade im Bereich der humanen Dienstleistungen<br />

geraten schon jetzt typische Frauenarbeitsplätze immer<br />

mehr unter Druck.<br />

Wir bleiben auch gegenüber der neuen Bundesregierung<br />

bei unseren Forderungen zur Korrektur von Hartz IV. Einige<br />

unserer Forderungen konnten wir in die Koalitionsvereinbarungen<br />

hineinbringen.<br />

Wir wollen die Rücknahme der stärkeren Anrechnung des<br />

Partnereinkommens.<br />

Wir wollen den Zugang von Nichtleistungsempfängerinnen<br />

zu Fördermaßnahmen mit einem verbindlichen Finanzrahmen.<br />

Nach dem Koalitionsvertrag können wir an dieser<br />

Stelle mit Verbesserungen rechnen.<br />

Bundesregierung und Bundesagentur müssen geschlechtsspezifische<br />

Daten zu Arbeitsmarkt und Beschäftigung vorlegen,<br />

damit sichtbar wird, wie sich die Regelungen ganz<br />

konkret auf Frauen auswirken.<br />

Endlich haben dies auch die großen Parteien erkannt und in<br />

der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben.<br />

Ein-Euro-Jobs dürfen nicht ausgeweitet werden, sozialversicherungspflichtige<br />

Beschäftigung muss erhalten bleiben.<br />

Lohndumping muss bekämpft werden!<br />

Dabei ist das Arbeitnehmerentsendegesetz ein wirksames<br />

Instrument.<br />

Auf unsere nachhaltige Initiative hatte die vorige Bundesregierung<br />

einen Gesetzentwurf zur Ausweitung des<br />

Arbeitnehmerentsendegesetzes auf alle Wirtschaftsbereiche<br />

eingebracht. Leider ist dieser von der Mehrheit<br />

der unionsgeführten Länder im Bundesrat blockiert<br />

worden. Im Koalitionsvertrag der neuen Regierung<br />

wird eine Ausweitung auf den Bereich der Gebäudereinigung<br />

angekündigt und die Ausweitung auf weitere<br />

Branchen wird geprüft. Hier werden wir weitere Initiativen<br />

ergreifen.<br />

Wir begrüßen die Angleichung des ALG II Ost an das Westniveau.<br />

Ebenfalls eine nachhaltige Initiative der Gewerkschaften.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewinnt<br />

zunehmend an Bedeutung. Dies ist ein Erfolg, den sich die<br />

gewerkschaftliche Frauenpolitik maßgeblich auf die Fahnen<br />

schreiben kann. Viele Konzepte zur besseren Vereinbarkeit<br />

haben wir eingebracht. Zur Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf gehört aber nicht allein die Kindererziehung, sondern<br />

auch der immer wichtiger werdende Bereich der Pflege.<br />

Viele Pflegearbeit leistende Frauen geben ihre Berufstätigkeit<br />

auf. Wir brauchen Veränderungen in Betrieben und Verwaltungen,<br />

vor allem bei den Arbeitszeiten. Auch Pflegearbeit<br />

und Erwerbsarbeit müssen miteinander vereinbar<br />

sein.<br />

Und wir müssen Konzepte entwickeln:<br />

❚ Wie wollen wir im Alter leben?<br />

❚ Wie soll das Unterstützungsnetz von ambulanter und stationärer<br />

Pflege aussehen?<br />

❚ Wie sollen haushaltsnahe Dienstleistungen im Bereich der<br />

häuslichen Pflege gestaltet werden und – nicht zuletzt –<br />

was sind sie uns wert?<br />

Hier müssen auch die Gewerkschaften einen Beitrag leisten.<br />

Entsprechende Anträge liegen der Bundesfrauenkonferenz<br />

vor.<br />

11


12<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

wir wissen: Wer Verantwortung in einer Familie übernimmt,<br />

erleidet Nachteile am Arbeitsmarkt und in der sozialen<br />

<strong>Sicherung</strong>. Dies betrifft vor allem Frauen. Männer sind<br />

dagegen fast kontinuierlich in Vollzeit erwerbstätig. Eine<br />

Schlüsselstelle ist auch hier die Frage der Arbeitszeit. Familien<br />

brauchen stabile Arbeitszeiten, die gleichzeitig ein hohes<br />

Maß an Flexibilität beinhalten. Sie müssen sich an den<br />

Bedürfnissen von Familien orientieren und eine verlässliche<br />

und planbare Größe in der Organisation des Alltags sein.<br />

Dazu gehört auch die Möglichkeit zur vollzeitnahen Teilzeitarbeit<br />

und zur Teilzeitarbeit in Führungspositionen. Aber<br />

eine familienfreundliche Gestaltung von Arbeitszeit entfaltet<br />

nur dann Wirkung, wenn die öffentlichen Betreuungsangebote<br />

vorhanden sind. Und da hinken wir in Deutschland<br />

noch immer hinterher!<br />

Für den <strong>DGB</strong> sind der Ausbau und die Verbesserung der<br />

Tageseinrichtungen für Kinder – auch für die unter Dreijährigen<br />

– eine besondere gesellschaftspolitische Aufgabe. Sie<br />

müssen bedarfsgerecht und wohnortnah, pädagogisch qualifiziert<br />

und bezahlbar sein.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

einen wichtigen Schritt für den Ausbau der Kinderbetreuung<br />

haben wir bereits erreicht. Das Tagesbetreuungsausbaugesetz<br />

aus der letzten Legislaturperiode haben wir<br />

aktiv begleitet. Endlich wurde eine gesetzliche Grundlage<br />

für die Verbesserungen in diesem viel zu lange vernachlässigtem<br />

Bereich geschaffen. Das Ziel des Tagesbetreuungsausbaugesetzes<br />

ist es, ein qualifiziertes und bedarfsgerechtes<br />

Betreuungsangebot für unter dreijährige Kinder bis<br />

2010 zu schaffen. Die Koalitionspartner der neuen Regierung<br />

haben sich klar zu diesem Gesetz bekannt. Wir werden<br />

uns auch weiterhin aktiv in die Politik zum Ausbau der<br />

Kinderbetreuung einmischen.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

die Berufstätigkeit von beiden Elternteilen hat auch<br />

auf die öffentlichen Haushalte und auf die Sozialversicherungen<br />

positive Auswirkungen: Einnahmen fließen in den<br />

Staatshaushalt und die Sozialversicherungen. Und: Kinderbetreuung<br />

schafft Arbeitsplätze.<br />

Wir wollen anständige Arbeitsplätze und keine Billigjobs.<br />

Gerade hier dürfen keine neuen prekären Beschäftigungsverhältnisse<br />

für Frauen entstehen!<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

die Frage der Vereinbarkeit darf aber nicht länger<br />

hauptsächlich ein Problem der Mütter bleiben. Elterngeld<br />

und Erziehungsgeld reichen nicht aus, die traditionelle<br />

Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern zu überwinden.<br />

Wichtig ist, dass die Koalitionsparteien unseren Vorschlag,<br />

ein Elterngeld in Höhe des Arbeitslosengeldes vorzusehen,<br />

aufgegriffen haben. Notwendig sind Regelungen<br />

der verbindlichen Inanspruchnahme auch durch Väter. Wir<br />

werden die weitere praktische Umsetzung konstruktiv kritisch<br />

begleiten.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,wir<br />

reden nicht nur über eine bessere Vereinbarkeit,<br />

wir helfen und beraten auch bei der Umsetzung. In den vergangenen<br />

Jahren haben wir in Zusammenarbeit mit der<br />

Stiftung Walter Hesselbach ein erfolgreiches Beratungsprojekt<br />

zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie in<br />

kleinen und mittelständigen Unternehmen durchgeführt.<br />

So wurde in einem mittelständischen Unternehmen in der<br />

Metall- und Elektroindustrie eine Art Notfallkoffer entwickelt.<br />

Dieser Notfallkoffer enthält alle Adressen wohnortnaher<br />

Anlaufstellen, die helfen, wenn in der Kinderbetreuung<br />

oder in der Pflege von Angehörigen Notfälle auftreten.<br />

Ein weiteres Beispiel aus einem mittelständischen Unternehmen<br />

der Ernährungsindustrie mit Produktion und etlichen<br />

Verkaufsfilialen: Das Unternehmen befindet sich in<br />

einem umfangreichen Veränderungsprozess. Viele der Beschäftigten<br />

sind aufgrund von Familienpflichten an die Zeiten<br />

von regionalen Betreuungsangeboten gebunden. Das<br />

führt zu zeitlichen Engpässen. Außerdem kehren viele Beschäftigte<br />

aus der Elternzeit nicht mehr in den Betrieb<br />

zurück. In diesem Unternehmen wurden Lösungsansätze<br />

entwickelt, die die betrieblichen Bedingungen und die Familienaufgaben<br />

der Beschäftigten möglichst optimal miteinander<br />

verknüpfen. Zu diesen Ideen gehören z.B. eine zusätzliche<br />

Mittelschicht in den Verkaufsfilialen zu Zeiten mit<br />

besonderem Kundenandrang und eine kritische Überprüfung<br />

der Arbeitsabläufe in der Produktion sowie eine Veränderung<br />

der Arbeitszeiten für einzelne Arbeitsplätze und die<br />

Qualifizierung der Beschäftigten.<br />

An diesen beiden Beispielen wird deutlich, dass es in diesem<br />

Projekt oft um so genannte kleine Schritte geht, die<br />

aber letztendlich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

von großer Bedeutung sind.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,seit<br />

Jahren streiten wir für gesetzliche Regelungen<br />

und setzen uns gleichzeitig für eine gute betriebliche Praxis<br />

ein. Die Einführung der Quote für die Betriebsratsmitglieder<br />

hat uns ein ganzes Stück weitergebracht: Der Anteil der


Frauen in den Betriebsräten ist durchschnittlich um fünf<br />

Prozent gestiegen.<br />

Bei der letzten Bundesfrauenkonferenz wurden Grundzüge<br />

und Handlungsfelder für ein Aktionsprogramm des <strong>DGB</strong><br />

und der Gewerkschaften zur Chancengleichheit von Frauen<br />

und Männern entwickelt. Das sollte eine Aufgabe des <strong>DGB</strong><br />

insgesamt werden. Besonders uns Gewerkschaftsfrauen ist<br />

es gelungen, das Programm mit Leben zu füllen. Es gibt<br />

vielfältige Aktivitäten der <strong>DGB</strong>-Regionen und Bezirke. Eine<br />

Dokumentation aller von uns geförderten Projekte findet ihr<br />

in den Tagungsunterlagen.<br />

Nur ein Beispiel:<br />

Netzwerke von Betriebs- und Personalräten, die an der<br />

Chancengleichheit in den Betrieben arbeiten, wurden unterstützt,<br />

begleitet und auch neu gegründet. Diese Netzwerke<br />

haben wir gemeinsam mit den Mitgliedsgewerkschaften zu<br />

einem Austauschtreffen eingeladen. Wir werden weiterhin<br />

diese Arbeit unterstützen – demnächst auch über einen<br />

neuen Internet-Auftritt unserer Abteilung.<br />

Daneben gibt es weitere Projekte:<br />

Mit dem „Kompetenzzentrum für Chancengleichheitspolitik<br />

in der Arbeits- und Dienstleistungsgesellschaft des 21. Jahrhunderts“<br />

konnten wir in betrieblichen Beratungsprozessen,<br />

in branchenbezogenen und regionalen Aktivitäten die<br />

Chancengleichheit von Frauen und Männern voranbringen.<br />

Auch aus diesem Projekt kann ich nur exemplarische Beispiele<br />

kurz aufzeigen.<br />

Die BARMER hat erkannt, dass Männer Präventionsmuffel<br />

sind und dass sie ihre Präventionsangebote gendern muss.<br />

In Kürze unterbreitet die Regionalstelle Bergisch-Gladbach<br />

ihren Versicherten (62 Prozent sind Frauen) ein wohnortnahes<br />

Präventionsangebot. Die Angebote wurden hinsichtlich<br />

ihrer Inanspruchnahme und Wirkung auf beide Geschlechter<br />

überprüft und angepasst. Dies erfolgte im Rahmen des Projekts.<br />

Interessant dabei ist, dass die Gleichstellung der<br />

Geschlechter beim Produktangebot eine Rolle spielt und<br />

nicht in Bezug auf die Beschäftigten der BARMER.<br />

Beim DB-Fernverkehr, Regionalbereich Nord, ist ein Pilotvorhaben<br />

noch in Planung. Im Rahmen eines Seminars für<br />

Betriebsratsmitglieder wurde die Gleichstellung der Geschlechter<br />

in den Schwerpunktthemen Potenzialerfassung<br />

und Gesundheitsförderung beraten. Im Anschluss an diesen<br />

Workshop hat der Betriebsrat beschlossen, in einem kleinen<br />

Bereich der DB-Fernverkehr Nord (Speisewagen-Logistik)<br />

mit einem Anteil von 20 Prozent Frauen eine Befragung zu<br />

den Arbeitsbedingungen durchzuführen. Ziel ist es, mittelfristig<br />

die Arbeitsplätze so zu gestalten, dass Frauen und<br />

Männer dort gesund arbeiten und darüber hinaus der Frauenanteil<br />

stabilisiert und gesteigert werden kann.<br />

Mit diesen Projekten, die alle in enger Abstimmung mit den<br />

Gewerkschaften durchgeführt werden, zeigen wir, dass eine<br />

Politik für Chancengleichheit in Unternehmen möglich,<br />

erfolgreich und unverzichtbar ist.<br />

In dieser praktischen Arbeit haben wir zudem männliche<br />

Betriebsratsmitglieder, Personalverantwortliche, den einen<br />

oder anderen Arbeitsdirektor und auch Gewerkschaftssekretär<br />

für die Chancengleichheit gewinnen können.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

in der vergangenen Legislaturperiode haben wir uns<br />

erfolgreich für den Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes<br />

eingesetzt und ihn maßgeblich mitgestaltet. Leider ist<br />

dieser Gesetzentwurf von der Mehrheit der unionsgeführten<br />

Länder im Bundesrat blockiert worden. Wir werden nicht<br />

locker lassen, die Verabschiedung eines Antidiskriminierungsgesetzes<br />

in der neuen Legislaturperiode durchzusetzen.<br />

Besonders wichtig ist uns, dass wir als Gewerkschaften<br />

und Betriebsräte selbst Klage bei Diskriminierungen von<br />

Frauen erheben können. Für diejenigen, die keinen Betriebsrat<br />

und keine Gewerkschaft im Betrieb haben, wollen wir<br />

eine gut ausgestattete unabhängige Antidiskriminierungsstelle.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,die<br />

von den Koalitionsparteien geplante Erhöhung<br />

des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre ist nicht nur angesichts<br />

der hohen Arbeitslosigkeit – insbesondere Älterer –<br />

ein Hohn. Auch aus gesundheitspolitischer Perspektive ist<br />

dies nicht vertretbar. Welche Frau soll denn z. B. in der Produktion<br />

oder bei Dienstleistungen noch mit 67 Jahren volle<br />

Leistung erbringen können? An welche Arbeitnehmerinnen<br />

denkt denn die Politik, wenn sie solche Beschlüsse fasst?<br />

Einem solchen Rentenkürzungsprogramm müssen wir eine<br />

entschiedene Absage erteilen. Wir werden uns deshalb auch<br />

in den kommenden Jahren mit alternativen Modellen zur<br />

Verbesserung der Renten für Frauen in die Politik einmischen.<br />

In jedem Fall müssen die Leistungen der Kindererziehung<br />

und Pflegearbeit erheblich besser bewertet werden.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

im Herbst 2001 beschloss der <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschuss,<br />

das Thema Frauengesundheit stärker zu bearbeiten.<br />

Denn noch immer gilt „der Mann in den besten Jahren“<br />

als die Norm in der Medizin. Die daraus für Frauen,<br />

Kinder und Alte erwachsenden gesundheitlichen Gefahren<br />

bis hin zu tödlichen Risiken werden in jüngster Zeit mehr<br />

13


14<br />

und mehr erkannt. Wir fordern in allen Bereichen des<br />

Gesundheitswesens – von der Forschung über die Prävention<br />

und Früherkennung bis hin zur Therapie und Nachsorge<br />

– das Prinzip des Gender-Mainstreaming in der Gesundheitspolitik.<br />

Der Entwurf eines Gesundheitspräventionsgesetzes,<br />

mit dem die Gesundheitsvorsorge erstmals stärker in<br />

den Blick genommen wird als die Heilung von Krankheiten,<br />

ist von uns begrüßt und maßgeblich mitgestaltet worden.<br />

Auch diesen Gesetzesentwurf haben die unionsgeführten<br />

Länder im Bundesrat scheitern lassen. Wir werden nicht lokker<br />

lassen und weiter auf die Verabschiedung dieses Gesetzes<br />

drängen.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

soweit im Kurzdurchgang unsere Arbeit der vergangenen<br />

vier Jahre. Auch in den nächsten Jahren werden uns<br />

die Probleme auf dem Arbeitsmarkt ebenso begleiten wie<br />

die Fragen nach einer guten sozialen Absicherung von Frauen<br />

und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wenn wir<br />

uns hier im Saal umsehen, sehen wir viele erfolgreiche und<br />

gestandene Gewerkschaftsfrauen. – Eure Arbeit und euer<br />

Engagement bleiben unsere Grundlage in den nächsten<br />

Jahren. Auf uns alle kommt eine weitere Aufgabe zu: mehr<br />

junge Frauen für unsere gemeinsamen Anliegen zu gewinnen.<br />

Unsere Konferenz ist ein erster Schritt dafür: Wir haben<br />

gezielt einige jüngere Kolleginnen eingeladen. Hier möchten<br />

wir noch stärker werden. Daher werden wir ein Konzept zur<br />

Gewinnung und Mitarbeit von jungen Frauen in den<br />

Gewerkschaften, vor allem auch für die gewerkschaftliche<br />

Frauenarbeit, entwickeln und umsetzen. Wir haben das Wissen<br />

und die Erfahrung, Konzepte zur Frauen- und Gleichstellungspolitik<br />

zu entwickeln und die Hartnäckigkeit, diese<br />

in Politik und Praxis einzubringen. Unsere Bundesfrauenkonferenz<br />

ist ein weiterer Schritt in diese Richtung und ich<br />

wünsche uns allen den besten Erfolg! Herzlichen Dank.<br />

Konferenzleitung:<br />

Herzlichen Dank, Ursula. Ich darf an dieser Stelle den <strong>DGB</strong>-<br />

Bundesvorsitzenden Michael Sommer recht herzlich begrüßen.<br />

Michael, herzlich willkommen bei uns Frauen.<br />

Ursula, du hast nicht nur den Geschäftsbericht ergänzt,<br />

sondern hast auch ganz aktuell Punkte aus dem Koalitionsvertrag<br />

mit eingeflochten. An vielen Ecken hast du uns<br />

Frauen da aus der Seele gesprochen.<br />

Ich rufe den Tagesordnungspunkt „Aussprache zum<br />

Geschäftsbericht“ auf und bitte um Wortmeldungen.


Aussprache zum mündlichen Geschäftsbericht<br />

Monika Zimmermann – ver.di, Del.Nr. 0075/01:<br />

Die Ausführungen von Ursula Engelen-Kefer kann ich nur<br />

unterstützen. Ich finde es sehr gut, dass sie die Bezeichnung<br />

„starke Gewerkschaftsfrauen” genannt hat. Mir<br />

gefällt natürlich als Rheinländerin auch hervorragend, dass<br />

sie die Begrifflichkeit „Hacken abgelaufen” benutzt hat.<br />

Hinzu kommt, dass sie das Projekt von meinem Arbeitgeber,<br />

von der Barmer, benannt hat, weil es aus meiner Sicht auch<br />

eine Frauenkrankenkasse ist – von den Mitarbeiterinnen her<br />

und auch von den Mitliedern. Ich hätte gerne die Forderungen,<br />

die wir an die Gesellschaft haben, explizit an die Männer<br />

haben, noch ein bisschen ergänzt. Aus meiner Sicht<br />

erwarte ich, dass unsere männlichen verantwortlichen Gewerkschaftsvorsitzenden<br />

die Anliegen des <strong>DGB</strong>, die Anliegen<br />

der Frauen als Selbstverständnis aufnehmen und mit<br />

uns gemeinsam jetzt und in der Zukunft zusammenarbeiten.<br />

Da vermisse ich einiges. Und da ich dieses Konferenzmotto<br />

Frauen sind unerhört einfach genial finde, bin ich<br />

natürlich auch so unerhört, und zwar in der anderen Bedeutung,<br />

dass ich klar formulieren möchte, dass mir an der<br />

einen oder anderen Stelle das Feuer fehlt. Mir fehlt das<br />

Feuer der <strong>DGB</strong>-Männer, die in den Medien diskutieren. Mir<br />

fehlt, dass dadurch die Menschen nicht aufgeweckt werden,<br />

dass sie ganz offensichtlich nicht begeistert werden<br />

können, sich politisch zu betätigen. Daher hoffe ich inständig,<br />

dass von dieser Konferenz ein kämpferisches Signal<br />

nach innen und nach außen geht, damit wir dann gemeinsam<br />

die Gestaltung unserer Gesellschaft übernehmen – das<br />

sage ich mal so. Das ist, was ich zu dem Geschäftsbericht<br />

sagen möchte. Vielen Dank.<br />

Heide Langguth – <strong>DGB</strong> Bayern, Del.Nr. 0012/02:<br />

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich bin froh über diesen<br />

umfassenden Geschäftsbericht, der auch noch einmal die<br />

Probleme aufgezeigt hat, die wir in den letzten Jahren hatten,<br />

und auch, wie wir darauf reagiert haben und wo wir<br />

auch kleinere und größere Erfolge gehabt haben. Wir haben<br />

aber auch kleinere und größere Niederlagen gehabt, wenn<br />

ich beispielsweise daran denke, dass dieses Gleichstellungsgesetz<br />

für die private Wirtschaft von der ersten Legislaturperiode<br />

auf die zweite geschoben worden ist. Ich glaube,<br />

dass wir uns als Frauen nach wie vor zu viel gefallen lassen.<br />

Es ist auch relativ leicht gewesen das zu verschieben.<br />

Auch in anderen Bereichen, wo wir uns mit unseren Forderungen<br />

nicht haben durchsetzen können, fällt es eben<br />

immer deshalb so leicht, weil wir halt in unseren Frauenzimmern<br />

sitzen bleiben und es wird gar nicht groß in der<br />

Öffentlichkeit wahrgenommen, dass wir eigentlich andere<br />

Forderungen und auch andere Ansprüche haben.<br />

Wenn ich jetzt lese, dass diese freiwillige Vereinbarung mit<br />

der Wirtschaft noch mal evaluiert werden soll oder noch<br />

mal eine Bilanz erstellt werden soll, so ist das einfach eine<br />

Unverschämtheit. Ich finde, wir können uns das so nicht<br />

gefallen lassen. Ich würde mir wünschen, dass wir nicht<br />

wieder mit einer Resolution reagieren, sondern dass wir uns<br />

da mal etwas Öffentlichkeitswirksames überlegen. Ich habe<br />

keinen direkten Vorschlag, aber wir sollten uns da einmal<br />

etwas anderes ausdenken, damit das auch – wir sind ja<br />

eine Mediengesellschaft – in den Medien einmal ein bisschen<br />

deutlicher wird und damit auch in breiteren Kreisen<br />

unserer Bevölkerung.<br />

Ich bin auch ein bisschen überrascht, dass hier kein Fernsehen<br />

da ist. Das ist die Frauenkonferenz einer der größten<br />

Organisationen in unserer Gesellschaft. Dass hier das Fernsehen<br />

fehlt, finde ich geradezu irre. Wir müssen selber überlegen,<br />

wie wir es machen, damit wir mit unseren Forderungen,<br />

unseren Ansprüchen besser wahrgenommen werden.<br />

Eins ist auch klar, Kolleginnen und Kollegen, es reicht uns<br />

langsam, dass wir immer wieder hingehalten werden. Da<br />

muss noch mal bilanziert und noch mal evaluiert werden.<br />

Es ist in dieser Hinsicht genug getan worden. Was wir jetzt<br />

brauchen, sind wirklich ganz konkrete Veränderungen.<br />

Danke.<br />

Konferenzleitung:<br />

Zur Presseschelte kann ich nur sagen, die Presse ist rechtzeitig<br />

und umfangreich eingeladen worden. Warum die<br />

nicht gekommen ist, liegt sicherlich auch daran, dass die<br />

staatstragenden Eingeladenen leider alle abgesagt haben.<br />

Dann ist das offensichtlich eben nicht so wichtig, was wir<br />

hier zu sagen haben. Es ist schade, aber dazu wird Ursula<br />

sicher auch gleich noch mal etwas sagen können.<br />

15


16<br />

Ingrid Bäumer-Möhlmann – ver.di, Del.Nr. 102/01:<br />

Ich bin als Beraterin in einer Beratungsstelle für Arbeitslose<br />

beschäftigt. Ich berate arbeitslose Männer und Frauen. Das<br />

heißt, ich habe in letzter Zeit auch sehr viel mit den Kolleginnen<br />

und Kollegen zu tun, die Ein-Euro-Jobs ausführen<br />

müssen. Da ist mir wirklich die Formulierung in dem mündlichen<br />

Geschäftsbericht von Ursula ein bisschen mau ausgedrückt.<br />

„Ein-Euro-Jobs dürfen nicht ausgeweitet werden,<br />

sozialversicherungspflichtige Beschäftigung muss erhalten<br />

werden“, das ist mir ein bisschen zu defensiv. Ich habe<br />

Erfahrungen mit Kolleginnen, die Bahnhofstoiletten putzen<br />

müssen für einen Euro. Ich bin der Meinung, wenn das ein<br />

zusätzlicher Job ist, dann weiß ich wirklich nicht mehr, was<br />

versicherungspflichtige Beschäftigung ist. Ich finde, wir als<br />

Gewerkschaftsfrauen müssen ein klares Signal dafür setzen,<br />

dass diese Ein-Euro-Jobs wirklich Tür und Tor öffnen, dass<br />

damit Missbrauch betrieben wird.<br />

Erdmute Rehwald – GEW, Del.Nr. 0021/01:<br />

Was mir gefehlt hat, ist im Zusammenhang mit dem Antidiskriminierungsgesetz<br />

die Tatsache, dass wir höchstwahrscheinlich<br />

nur ein Antidiskriminierungsgesetz light bekommen<br />

und der Begriff der sexuellen Orientierung nicht vorkommt.<br />

Ich kann euch nur ganz dringend bitten, und ich<br />

bitte meine Gewerkschaften ganz dringend, an die lesbischen<br />

Kolleginnen zu denken, die vorrangig gemobbt werden<br />

und die tagtäglich mit großen Ängsten an ihre Arbeitsplätze<br />

gehen und ganz dringend ein Antidiskriminierungsgesetz<br />

brauchen. Und da muss die sexuelle Orientierung<br />

rein. Danke.<br />

Ute Maier – ver.di, Del.Nr. 0063/01:<br />

Mich bewegt die Gremienentsendung zum einen innerhalb<br />

des <strong>DGB</strong> selber, innerhalb unserer eigenen Organisation,<br />

und dort jeweils der Anteil der Frauen, und natürlich auch<br />

nach außerhalb. Wir haben jetzt seit langem auch das<br />

Gleichstellungsgesetz in der Privatwirtschaft gefordert. Wir<br />

haben von der Bundesregierung das Bundesgremiengesetz.<br />

Aber ich habe in den verschiedensten Gremien die Erfahrung<br />

gemacht, sei es bei Sozialwahlen, bei anderen Dingen,<br />

dass wir uns als Gewerkschafterinnen dort ab und an die<br />

Butter vom Brot nehmen lassen, dass wir dort nicht entsprechend<br />

unseres Anteils an der Mitgliedschaft vertreten<br />

sind. Ich fordere auch Michael auf, dass du hier ganz konkret<br />

auch unsere Kollegen ansprichst und denen sagst, ihr<br />

habt den Anteil zu bringen, so dass zukünftig in den Gremien<br />

wir Frauen genauso gut vertreten sind, wie wir Mitglieder<br />

sind, sei es innerhalb unserer Organisation oder sei<br />

es auch nach außen, wo wir das Entsendungsrecht als<br />

Gewerkschafter haben. Michael, ich hoffe, du kannst das<br />

mit uns gemeinsam durchsetzen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Zumindest hat Michael jetzt schon geklatscht. Das ist<br />

Zustimmung und ich denke, dein Anliegen ist angekommen.<br />

Ingelore Pilwousek – <strong>DGB</strong> Bayern, Del.Nr. 0005/03:<br />

Das, was mich in letzter Zeit so ungeheuer empört, ist die<br />

Einführung der Bedarfsgemeinschaften. Das ist doch eine<br />

Festlegung des Gesetzgebers, die hauptsächlich Frauen<br />

trifft. Ich verstehe nicht, dass da nicht ein großer Aufschrei<br />

derjenigen erfolgt, die betroffen sind. Ich bitte den <strong>DGB</strong><br />

und seine Gewerkschaften ganz dringend, hiergegen vorzugehen,<br />

natürlich die Politiker ebenso. Ich finde es eine maßlose<br />

Ungerechtigkeit.<br />

Ursula Engelen-Kefer:<br />

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die erste Frage passte<br />

ganz gut mit der zweiten zusammen. Natürlich ist es sehr<br />

richtig, dass wir unsere Anliegen nur dann durchsetzen<br />

können, wenn wir sie nicht alleine vertreten müssen, sondern<br />

wenn uns die Männer in den Gewerkschaften dabei<br />

unterstützen. Ich habe, wie ihr wisst, schon ein klein bisschen<br />

Erfahrung im <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand, erst einmal auf<br />

der fachlichen und seit 1990 auch auf der politischen<br />

Ebene als Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen<br />

Gewerkschaftsbundes. Ich bin auch nicht dafür bekannt,<br />

dass ich mit Kritik hintern Berg halte. Aber eines muss ich<br />

ganz deutlich sagen: Mit Michael Sommer haben wir wirklich<br />

einen Vorsitzenden, der die Gleichstellung nicht nur in<br />

Sonntagsreden betont, sondern der auch versucht alles zu<br />

tun, was er kann, um uns dabei behilflich zu sein. Ich<br />

möchte das auch nutzen, Michael, mich bei dir zu bedanken.<br />

Denn infolge meiner unterschiedlichen Erfahrungen<br />

kann ich sagen, dass dies schon ein beachtlicher Quantensprung<br />

an Verbesserung ist und dass wir mit unseren Anliegen<br />

Gehör finden und auch die Chancen haben, das eine<br />

oder andere umzusetzen. Insofern, glaube ich, wird den<br />

Anliegen gut Rechnung getragen. Herzlichen Dank, Michael.<br />

Das würde ich mit der Bitte verbinden, die hier auch von<br />

einigen geäußert wurde. Es ist im Grunde genommen entwürdigend,<br />

wenn ich das mal so deutlich sagen kann,<br />

wenn ich mir mal die Geschichte vor Augen halte, wie wir<br />

ausgetrickst wurden, um es vorsichtig auszudrücken, was<br />

das Gleichstellungsgesetz für die private Wirtschaft anbelangt.<br />

Wir hatten es bereits im Koalitionsvertrag der vorherigen<br />

Regierungskoalition. Wir haben dazu Vorschläge entwickelt,


die durchaus realistisch sind. Die Vorschläge konzentrieren<br />

sich auf die Notwendigkeit der Einführung eines Verbandsklagerechtes,<br />

so dass Gewerkschaften in der Lage wären,<br />

Interessen von Kolleginnen so zu vertreten, dass die einzelne<br />

Kollegin nicht vor Gericht auftreten muss. Denn wir wissen<br />

doch, was das Problem ist. Wir können noch so viele<br />

schöne Erklärungen abgeben, in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit<br />

und auch noch der prekären Beschäftigung, befristeter<br />

Beschäftigung, Leiharbeit, geringfügiger Beschäftigung werden<br />

doch viele Kolleginnen gar nicht in der Lage sein, offen<br />

einzutreten, wenn sie nachweislich benachteiligt und<br />

drangsaliert werden. Das ist doch eure tagtägliche Erfahrung<br />

in den Betrieben. Das Mobbing gegen Frauen in den<br />

Betrieben hat ja ein enormes Ausmaß angenommen. Unsere<br />

Seminare gegen Mobbing sind voll wie nie zuvor. Unsere<br />

Broschüren werden uns aus den Händen gerissen. Das ist<br />

doch ein Problem, mit dem ihr tagtäglich zu kämpfen habt,<br />

abgesehen von den klaren Übertretungen tariflicher Regelungen,<br />

Nichtzahlung von Löhnen, Nichteinhaltung von<br />

Arbeitszeiten, unwürdigen Arbeitsbedingungen, Nichtberücksichtigung<br />

bei Aufstiegsmöglichkeiten, bei Weiterbildung<br />

und was man auch immer nennt aus der gesamten<br />

Palette der Benachteiligungen von Frauen.<br />

Wenn es uns nicht gelingt, hier ein Verbandsklagerecht für<br />

die Gewerkschaften zu bekommen, dann werden wir nicht<br />

in der Lage sein, wirksam gegen diese Benachteiligungen<br />

vorzugehen. Das kann nur im Rahmen eines solchen<br />

Gleichstellungsgesetzes für die private Wirtschaft gelingen.<br />

Deshalb haben wir das auch so eingebracht und sind dann<br />

leider eben ausgetrickst worden. Ich habe das damals mit<br />

den zuständigen Ministerinnen und Ministern rauf und runter<br />

erörtert. Alle fanden, dass wir sehr realitätsnahe Vorschläge<br />

haben. Dann wurde mir gesagt, das ist alles wunderbar,<br />

und es ging dann erst mal um das Betriebsverfassungsgesetz.<br />

Dann wurde im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes<br />

gesagt, dann nehmen wir doch die Regelung<br />

für eine bessere Gleichstellung der Frauen raus und das tun<br />

wir dann alles in das Gleichstellungsgesetz für die private<br />

Wirtschaft. Wir haben dann also relativ still gehalten, haben<br />

unsere besseren Wahlverfahren, haben die Quote bekommen,<br />

aber haben da nicht weiter drauf gedrungen. Dann ist<br />

das Gesetz verabschiedet worden. Kaum war es verabschiedet,<br />

dann hieß es auf einmal, es gäbe keine Mehrheiten<br />

mehr für ein Gleichstellungsgesetz für die private Wirtschaft.<br />

Die Arbeitsmarktlage sei so schlecht und ob wir<br />

denn nichts Besseres zu tun hätten, als uns für ein solches<br />

Gleichstellungsgesetz einzusetzen. Da habe ich auch<br />

manchmal die Unterstützung der Männer bei uns vermisst.<br />

Aber ich glaube, das wird jetzt anders. Es wäre schön,<br />

wenn Michael uns helfen könnte, ich weiß, dass er auch<br />

keine Wunder vollbringen kann, und ihr euch auch in euren<br />

Gewerkschaften bei euren Vorständen und Vorsitzenden<br />

dafür einsetzt, dass wir vielleicht gemeinsam gegenüber der<br />

neuen Regierungskoalition auftreten und vielleicht hier ein<br />

Stückchen weiterkommen.<br />

Der erste Ansatz wäre, das Antidiskriminierungsgesetz<br />

durchzusetzen. Denn da haben wir die Unterlassungsklage<br />

der Betriebsräte drin. Das heißt zwar immer noch, dass bei<br />

einer solchen Unterlassungsklage die Betroffenen mit auftreten,<br />

zumindest ihren Namen nennen müssten. Sie könnten<br />

also nicht anonym bleiben. Aber es wäre zumindest<br />

schon ein Schritt weiter, als wenn eine Frau eine Einzelklage<br />

machen muss und dann mit dem Rechtsschutz des <strong>DGB</strong><br />

durch alle Distanzen gehen muss. Das wird kaum einer tun.<br />

Das werden wir auch kaum einer empfehlen können. Aber<br />

das wäre der erste Schritt, mitzuhelfen, dass das Antidiskriminierungsgesetz<br />

so und vor allem in diesem Teil umgesetzt<br />

wird und wir dann weiterhin gemeinsam eine Bresche dafür<br />

schlagen, dass wir auch tatsächlich ein Gleichstellungsgesetz<br />

in der privaten Wirtschaft bekommen. Da ist jeder<br />

dazu aufgerufen mitzuhelfen und möglichst viele Kollegen<br />

auch mit an unsere Seite zu bringen.<br />

Dann zu den Ein-Euro-Jobs: Ich glaube, da bin ich etwas<br />

missverstanden worden oder habe wieder etwas zu schnell<br />

geredet. Ich habe nie gesagt, wir sollen nur verhindern,<br />

dass Ein-Euro-Jobs in Zukunft ausgeweitet werden. Wir<br />

müssen auch diesen Riesenboom, der ja heute schon da ist,<br />

wieder in Grenzen halten und wieder auch da zurückdrehen,<br />

wo nämlich die Ein-Euro-Jobs sozialversicherungspflichtige<br />

Beschäftigung verdrängen. Das wisst ihr aus<br />

euren Wirtschaftsbereichen, Dienstleistungsbereichen am<br />

allerbesten, dass diese Entwicklung in höchstem Maße<br />

gefährlich ist. Das betrifft die Kommunen, die Erziehungsberufe,<br />

das betrifft die Betreuungsberufe, natürlich auch Forstwirtschaft,<br />

Landwirtschaft. Es gibt eine breite Palette, wo<br />

inzwischen die Ein-Euro-Jobs Einzug gefunden haben. Wir<br />

dürfen nicht vergessen, wir hatten auf auch vorher einen<br />

Wirtschafts- und Arbeitsminister, vor allem einen Wirtschaftsminister,<br />

der damit Reklame gemacht hat, er wolle<br />

600.000 Ein-Euro-Jobs in Deutschland haben. Wir sind<br />

schon auf dem Wege dahin. Deshalb reicht es nicht aus, zu<br />

sagen, keine Dynamik mehr nach oben, sondern dieses Ausmaß<br />

muss reduziert werden, echt auf das reduziert werden,<br />

was überhaupt noch erträglich ist. Im Gesetz steht auch<br />

drin, dass Ein-Euro-Jobs immer nur die letzte Möglichkeit<br />

sind. Auch bei öffentlich geförderter Beschäftigung – und<br />

die brauchen wir bei der Langzeitarbeitslosigkeit – muss es<br />

zuerst darum gehen, öffentliche Arbeitsplätze mit Sozialver-<br />

17


18<br />

sicherungspflicht und tariflichen oder ortsüblichen Löhnen<br />

anzubieten. Das muss unsere Devise sein und die Priorität,<br />

mit der wir auch gegenüber der neuen Bundesregierung<br />

antreten. Ich habe mich immer dafür eingesetzt und werde<br />

das auch weiterhin tun, dass bei den Arbeitsgemeinschaften<br />

Beiräte gegründet werden, in denen auch die Gewerkschaften<br />

sind, so dass wir verhindern können, dass überhaupt<br />

Ein-Euro-Jobs gemacht werden und die Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer dazu gezwungen werden.<br />

Gremienbesetzung in den Gewerkschaften: Ich habe gerade<br />

wieder das Spielchen hinter mich gebracht mit der Besetzung<br />

der Gremien für die Selbstverwaltungen in der Renten-,<br />

Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung. Das ist<br />

immer dasselbe Spielchen. Wir haben leider keine verbindliche<br />

Quote. Wir haben eine Sollvorschrift. Wir sind immer<br />

damit angetreten und haben immer die Gewerkschaften<br />

darauf hingewiesen und gebeten, nun benennt uns doch<br />

auch entsprechend Kolleginnen. Wir haben auch in einigen<br />

Fällen versucht zu revidieren. Aber jetzt überlegt mal selber,<br />

wie das in euren Bereichen aussieht, wie schwer es durchzusetzen<br />

ist, dass hier auch entsprechend Kolleginnen benannt<br />

werden. Wir können als <strong>DGB</strong> doch nicht den Gewerkschaften<br />

vorschreiben, wen sie für die Selbstverwaltungen<br />

der einzelnen Gremien benennen. Das ist Sache der<br />

Mitgliedsgewerkschaften. Das muss auch so bleiben. Es ist<br />

auch immer so, dass das die Vorstände gemeinsam mit den<br />

Bezirken, mit den Regionen machen. Wir besetzen ja nicht<br />

nur Spitzenfunktionen, wir besetzen ja auch die Funktionen<br />

in den Regionen oder auf lokaler Ebene. Ich kann nur sagen,<br />

wir müssen uns weiterhin kontinuierlich darum bemühen.<br />

Wenn wir einige Männer an der Spitze der Gewerkschaftsbewegung<br />

haben, die bereit sind, mit uns gemeinsam<br />

dafür zu streiten, hoffe ich, dass wir dies langsam verbessern<br />

können. Aber hier kann man keine Wunder erwarten,<br />

sondern hier braucht es der gemeinsamen Aktion von<br />

Männern und Frauen in den Gewerkschaften. Was wir dazu<br />

beitragen können, werden wir weiterhin tun und hoffentlich<br />

effizienter als in der Vergangenheit. Aber wir brauchen<br />

dabei eure Mithilfe.<br />

Thema Bedarfsgemeinschaften: Ich glaube, dass der gesamte<br />

ALG II-Bereich eines der verquersten Ergebnisse eines<br />

Vermittlungsausschusses ist. Angetreten war man bei dieser<br />

Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, um<br />

hier mehr Langzeitarbeitslose in Arbeit zu bringen und um<br />

Kosten zu sparen. Was wir erreicht haben: steigende<br />

Arbeitslosigkeit und steigende Ausgaben. Und diejenigen,<br />

die am meisten Anspruch haben auf Arbeitslosenunterstützungsleistungen<br />

sind diejenigen, die am meisten gekniffen<br />

sind. Das sind vor allem unsere Kolleginnen und Kollegen,<br />

die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die oft jahrzehntelang<br />

gearbeitet haben, die Beiträge, die Steuern gezahlt<br />

haben, die unverschuldet in Langzeitarbeitslosigkeit geraten<br />

sind und dann zum großen Teil riesige Abschläge an ihren<br />

Leistungen im Übergang von Arbeitslosenhilfe oder Arbeitslosengeld<br />

hinnehmen müssen oder gar nichts mehr bekommen.<br />

Die neueste Statistik zeigt, dass bei den Langzeitarbeitslosen<br />

der über 50-Jährigen 17 % gar kein ALG II und über<br />

die Hälfte erheblich weniger als vorher bekommen. Eine<br />

solche Gesetzgebung, solche Formen von Bedarfsgemeinschaften<br />

sind für uns nicht hinnehmbar und auch nicht<br />

zukunftsfähig. Das müssen wir immer wieder deutlich<br />

machen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Herzlichen Dank, Ursula. Ich glaube, du hast alle Fragen,<br />

alle Anmerkungen kommentiert bzw. beantwortet. Ich sehe<br />

aber zwei Kolleginnen, die noch etwas sagen wollen.<br />

Marga Nießing – ver.di, Del.Nr. 0106/01:<br />

Ich war in der letzten Woche auf dem Parteitag der SPD in<br />

Karlsruhe und habe dem Koalitionsvertrag nicht zugestimmt,<br />

weil mir einfach zwei wichtige Punkte gefehlt<br />

haben. Es fehlt mir der ganze Bereich der Gesundheit, z.B.<br />

der Bürgerversicherung. Ich möchte, dass wir weiterhin – so<br />

wie das bis jetzt auch vom <strong>DGB</strong> gesagt wurde – für diese<br />

Bürgerversicherung auch streiten. Das ist ein ganz großer<br />

Placken, der noch vor uns liegt, der mir aber sehr wichtig<br />

ist. Ursula hat von Gesundheitsprävention gesprochen. Ich<br />

möchte aber, dass in der Bürgerversicherung alle einbezogen<br />

werden.<br />

(Anmerkung der Redaktion: Bandwechsel des Protokollmitschnitts<br />

ohne korrekten Anschluss, es nicht mehr ermittelbar,<br />

welche Delegierte gesprochen hat)<br />

Kollegin N.N.:<br />

... Es muss auch in Zukunft so sein, dass der <strong>DGB</strong> die Vorgaben<br />

bei der Besetzung von Vertreterversammlungen, von<br />

Selbstverwaltungsorganen und sonstigen Gremien macht.<br />

Da müssen sich die Gewerkschaften untereinander einigen.<br />

Der Druck muss aber vom <strong>DGB</strong> kommen.<br />

Eine zweite Sache, die mir im Magen liegt: Der Stellenwert<br />

der Frauen wurde dadurch deutlich, dass keine Presse und<br />

damit keine Öffentlichkeit hier ist. Wir sehen es, dass die<br />

Politik den Frauenzielen nicht mehr folgt. Das spielt kaum<br />

noch eine Rolle im Koalitionsvertrag. Familienpolitik wird<br />

oft mit Frauenpolitik verwechselt. Es wird auch in Sonntagsreden<br />

viel darüber geredet, dass man da etwas tun muss


und wenn man dann die tatsächliche Praxis sieht, erschrickt<br />

man. Ein Beispiel ist, dass immer mehr Frauen in der Erziehungszeit<br />

und während ihrer Schwangerschaft gekündigt<br />

werden und dass die Behörden, das heißt, die Gewerbeaufsichtsämter<br />

oder die Arbeitsministerien, die dafür zuständig<br />

sind, die Zustimmung erteilen. Da frage ich mich: Was<br />

machen wir dort als Gewerkschaften? Das können wir doch<br />

nicht hinnehmen und sagen, o.k., es ist halt so. Da müssen<br />

wir genau nachfragen und uns Strategien überlegen, dass<br />

nicht Frauen, die wirklich noch den Mut haben heute Kinder<br />

zu kriegen, so aus dem Arbeitsverhältnis rausgedrängt<br />

werden.<br />

Ursula Engelen-Kefer:<br />

Antidiskriminierungsgesetz und sexuelle Orientierung: Wir<br />

haben uns immer dafür eingesetzt, bleiben auch dabei,<br />

dass die sexuelle Orientierung mit in das Antidiskriminierungsgesetz<br />

hinein soll, dass hier eine Gleichstellung hergestellt<br />

werden soll. Es war bislang im arbeitsrechtlichen Teil<br />

nicht strittig, aber es war im zivilrechtlichen Teil strittig. Ich<br />

habe bei allen Anhörungen gesagt, dass diejenigen, die<br />

dies herausnehmen wollen, erst einmal begründen müssen,<br />

warum sie dies tun und ob sie jetzt eine Benachteiligung<br />

gegen Menschen anderer sexueller Orientierung damit<br />

begründen wollen. Ich glaube, dass es auch dabei bleibt<br />

und wir uns entsprechend dafür einsetzen, dass die sexuelle<br />

Orientierung mit ein Element für die Notwendigkeit einer<br />

Gleichstellung im Arbeitsrecht wie auch im zivilrechtlichen<br />

Teil wird.<br />

Der zweite Punkt war die Gesundheitspolitik. Es ist richtig,<br />

ich habe hier nicht die Notwendigkeit der Reformen in der<br />

Gesundheitspolitik und Pflegesicherung im Einzelnen dargelegt.<br />

Es ist und bleibt dabei: Für uns gilt die Zukunft in<br />

Form der Bürgerversicherung. Wir brauchen nicht weniger,<br />

sondern wir brauchen mehr Solidarität. Diese Solidarität<br />

bedeutet, dass wir mehr Personengruppen mit einbeziehen<br />

müssen, also auch die höher Verdienenden, die Selbständigen,<br />

die neu hinzukommenden Beamten, wenn ihre Arbeitgeber<br />

einen Anteil leisten und sie es wollen. Wir wollen<br />

auch die bessere Zusammenarbeit zwischen gesetzlicher<br />

und privater Krankenversicherung. Für uns ist es unerträglich,<br />

dass in Zukunft diese künstliche Grenze bestehen<br />

bleibt, jetzt bei 3.850 Euro im Monat. Wer drüber ist, kann<br />

sich privat versichern, wer drunter ist, wird gesetzlich versichert.<br />

Und in den Arztpraxen und Krankenhäusern gibt es<br />

dann eine Zweiklassenmedizin. Dafür gibt es keine Berechtigung.<br />

Deshalb haben wir ja die Vorstellungen entwickelt,<br />

wie wir dies durch die Bürgerversicherung überwinden. Das<br />

bleibt dabei. Hier haben wir ja auch in der Zwischenzeit<br />

eine gemeinsame Auffassung und Linie mit allen Gewerkschaften<br />

im Deutschen Gewerkschaftsbund hinkriegen können.<br />

Wir haben im Übrigen auch entsprechende gemeinsame<br />

Eckpunkte mit der vorherigen Bundesregierung vereinbaren<br />

können. Wir bleiben dabei und werden in Kürze hierzu<br />

eine riesige Auseinandersetzung führen müssen, weil wir<br />

wissen, dass sich die beiden Koalitionspartner nicht einigen<br />

konnten und dass es erhebliche Kontroversen gibt zwischen<br />

der Kopfpauschalen-Regelung von der CDU-CSU und der<br />

Bürgerversicherung der SPD. Wir werden alles tun, um eine<br />

Privatisierung mit Kopfpauschale und damit den Weg aus<br />

der Solidarität hinaus zu verhindern. Wir brauchen eher<br />

mehr Solidarität und werden uns weiter dafür einsetzen.<br />

Ich hatte vorhin angesprochen, dass ich in der Mehrwertsteuererhöhung<br />

eine große Gefahr sehe, dass wir hier die<br />

Binnenkonjunktur weiter abwürgen. Wir haben ja gerade<br />

die letzten wirtschaftlichen Daten mitgeteilt bekommen –<br />

hervorragender Export und gleichzeitig eine immer schwächer<br />

werdende Binnenkonjunktur. Das wird natürlich noch<br />

weiter beeinträchtigt, wenn die Mehrwertsteuer ab 2007<br />

um drei Prozentpunkte steigen soll. Im Übrigen wird ein<br />

Ausgleich in Richtung Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge<br />

nur bei der Arbeitslosenversicherung vorgenommen<br />

und nur in Höhe von einem Beitragsprozentpunkt.<br />

Zwei Beitragsprozentpunkte sollen dann zum Stopfen der<br />

Haushaltslöcher verwendet werden. Und das schwächt die<br />

Binnenkonjunktur. Das müssen wir immer wieder deutlich<br />

machen. Das ist ja eben das große Risiko, das in dieser<br />

Koalitionsvereinbarung steckt. Die positiven Impulse, die<br />

von mehr Investitionen ausgehen, auch von mehr Investitionen<br />

in öffentliche Dienstleistungen, die für Frauen wichtig<br />

sind, können wieder durch eine derartig drastische Erhöhung<br />

der Mehrwertsteuer zunichte gemacht werden. Das ist<br />

ein Programm zur Einkommenssenkung für die in den unteren<br />

Einkommenskategorien, für Familien, für Rentner, für<br />

Arbeitslose, für die Schwachen. Das ist nicht der richtige<br />

Weg und das müssen wir auch entsprechend deutlich<br />

machen.<br />

Gremienbesetzung: Ich nehme das gerne auf. Ich bin die<br />

Letzte, die sagen würde, ich setze mich hin und warte ab,<br />

was da passiert. Ich bin der Meinung, wir als <strong>DGB</strong> sind verpflichtet,<br />

aktiv auf die Gewerkschaften zuzugehen. Wir<br />

haben auch einen Riesenstreit mit Gewerkschaften gehabt.<br />

Das ging wochen-, monatelang. Das werden wir auch weiterhin<br />

tun. Aber ich habe die dringende Bitte, helft uns auch<br />

ein bisschen mit in euren eigenen Gewerkschaften, denn<br />

auch unser Arm ist – wie ihr wisst – durchaus begrenzt.<br />

Ich möchte gern noch ein abschließendes Wort sagen und<br />

mich zuallererst bei denjenigen bedanken, die gerade auch<br />

19


20<br />

mit mir und für mich in der Abteilung Frauenpolitik des<br />

<strong>DGB</strong> die letzten vier Jahre die Frauenpolitik des <strong>DGB</strong> gestaltet<br />

haben und auch die Vorbereitung dieser Konferenz vorgenommen<br />

haben und all die Dinge, die ich versucht habe<br />

darzustellen, mit großen Mühen versucht haben mit auf<br />

den Weg zu bringen, natürlich mit vielen von euch gemeinsam.<br />

Hier sitzt eine Kollegin unter uns, der ich ganz besonders<br />

danken möchte. Das ist Anne Jenter. Sie hat<br />

bis zum April dieses Jahres die Frauenarbeit<br />

des <strong>DGB</strong> geleitet und maßgeblichen Anteil<br />

an dem, was wir hier erreichen und wofür<br />

wir streiten konnten. Anne Jenter ist inzwischen<br />

Mitglied im Hauptvorstand der<br />

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.<br />

Wir freuen uns darüber, dass es gelungen<br />

ist, aus einer solchen Position heraus in eine<br />

noch höhere Führungsposition des <strong>DGB</strong> hineinzukommen.<br />

Anne, wir wünschen dir alles<br />

Gute, viel Erfolg und vor allem auch gute<br />

Zusammenarbeit.<br />

Gleichzeitig möchte ich hiermit die Nachfolgerin<br />

von Anne Jenter vorstellen. Das ist<br />

Claudia Menne. Claudia Menne kommt vom<br />

Hauptvorstand der TRANSNET und hat sich<br />

viele Jahre mit Frauenarbeit, mit internationaler Arbeit<br />

beschäftigt. Ich bin sicher, sie wird die Arbeit von Anne weiterführen<br />

und auch die gute Zusammenarbeit mit den<br />

Gewerkschaften in der Frauenpolitik des <strong>DGB</strong> weiter voranbringen.<br />

In dem Sinne freuen wir uns auf die gemeinsame<br />

Zusammenarbeit.<br />

Schließlich und letztlich möchte ich auch nicht unerwähnt<br />

lassen, dass in der Zeit des Interregnums Helga Nielebock<br />

die Frauenpolitik des <strong>DGB</strong> geführt hat und sehr viel Hilfe<br />

geleistet hat, übrigens auch mit einem ganz enormen Engagement<br />

von Maria Kathmann, die ja – so lange wir keine<br />

Abteilungsleiterin hatten – besonders ihre Arbeit mit einbringen<br />

musste. Wie wir alle wissen, Maria ist ja immer der<br />

gute Geist hinter allen Konferenzen, daher auch hinter dieser<br />

Bundesfrauenkonferenz. Herzlichen Dank und einen<br />

guten weiteren Verlauf dieser Bundesfrauenkonferenz.<br />

Konferenzleitung:<br />

Herzlichen Dank an Ursula und alle anderen Diskutantinnen.<br />

Kaffeepause<br />

Claudia Menne,<br />

die neue Leiterin des Bereichs<br />

Gleichstellungs- und Frauenpolitik


Podiumsdiskussion: “Perspektiven<br />

der Frauen- und Gleichstellungspolitik“<br />

Elke Ferner (SPD), Claudia Roth<br />

(Bündnis 90/Die Grünen), Ronald<br />

Pofalla (CDU) und Michael Sommer<br />

(<strong>DGB</strong>) diskutierten die Perspektiven<br />

der Frauen- und Gleichstellungspolitik<br />

unter der Moderation<br />

von Petra Schwarz.<br />

Schwerpunkt der Debatte war die<br />

gerade abgeschlossene Koalitionsvereinbarung<br />

und hier insbesondere<br />

das ADG, die Vereinbarkeit<br />

von Beruf und Familie, die<br />

Vorstellungen zum Elterngeld, die<br />

aus frauenpolitischer Sicht erforderliche<br />

Reform der Hartz-Gesetze,<br />

Kündigungsschutz, Rente,<br />

Pflege und Gleichstellung in der privaten Wirtschaft.<br />

Konferenzleitung:<br />

Ich möchte mich für die Podiumsdiskussion bedanken, ganz<br />

besonders bei der Moderatorin Petra Schwarz, die das toll<br />

gemacht hat.<br />

Organisatorische Hinweise:<br />

Wir haben draußen einen Stand, da geht um die Materialauslage<br />

mit Hinweis auf eine AIDS-Kampagne. Über 70<br />

deutsche Organisationen der AIDS- und Entwicklungszusammenarbeit<br />

haben sich zu einem Aktionsbündnis gegen<br />

AIDS zusammengeschlossen. Getragen wird die Aktion<br />

überwiegend von den Kirchen und von kirchlichen Organisationen.<br />

Es soll erreicht werden, die Auswirkungen der<br />

weltweiten Epidemie auf die Agenda der Politik und Wirtschaft<br />

zu bringen. Wir bitten euch deshalb diese Aktion zu<br />

unterstützen. Das geht ganz einfach und kostet euch höchstens<br />

eine Briefmarke. Draußen auf dem Materialtisch liegen<br />

Medikamentenschachteln aus mit der Forderung drauf,<br />

die Medikamente zum Produktionspreis in die ärmeren Länder<br />

zu verkaufen, auch für Kinder zu dosieren – das gibt es<br />

nämlich bisher nicht – und die Patentrechte freizugeben.<br />

Nehmt euch bitte jeweils eine Schachtel, unterschreibt sie<br />

und schickt sie zurück ans Aktionsbündnis. Wer die Aktion<br />

von zu Hause aus gerne weiter unterstützen möchte, kann<br />

weitere Schachteln bei den Initiatorinnen bestellen.<br />

Ende des ersten Konferenztages<br />

21


22<br />

Freitag, 25.11.05<br />

Strategien für eine gleichstellungsorientierte<br />

Arbeits- und Beschäftigungspolitik<br />

Konferenzleitung:<br />

Guten Morgen liebe Kolleginnen, ich begrüße euch zum<br />

zweiten Konferenztag. Wir wollen heute Strategien für eine<br />

gleichstellungsorientierte Arbeits- und Beschäftigungspolitik<br />

entwickeln. Und dazu möchte ich einige Gedanken mit in<br />

die Beratungen geben.<br />

Der <strong>DGB</strong> Bundesfrauenausschuss (BFA), in dem ich für die<br />

NGG Mitglied bin, hat im vergangenen Jahr mit der Debatte<br />

begonnen, wie wir uns frauenpolitisch besser aufstellen<br />

können – wie wir uns mehr Gehör verschaffen können<br />

in der Politik, in den eigenen Organisationen und in den<br />

Betrieben – kurzum: wie wir mehr erreichen können. Wir<br />

sind der Auffassung, dass es notwendig ist, das frauen- und<br />

gleichstellungspolitische Profil der Gewerkschaften und des<br />

<strong>DGB</strong> zu schärfen. Dann kann es uns auch gelingen, mehr<br />

Frauen und vor allem junge Frauen für eine Mitgliedschaft<br />

und aktive Mitarbeit in den Gewerkschaften zu gewinnen.<br />

Die Debatte ist auch deshalb notwendig, weil wir zurzeit<br />

eine Politik erleben, die die Fraueninteressen der Familienpolitik<br />

unterordnet. Wenn Frauen- und Gleichstellungspolitik<br />

einen größeren Stellenwert bekommen soll, müssen wir<br />

daran arbeiten – und zwar auf allen Ebenen des <strong>DGB</strong> und<br />

in den Gewerkschaften. Der heutige Strategietag soll dazu<br />

einen wesentlichen Beitrag leisten und ich möchte euch<br />

stellvertretend für den Bundesfrauenausschuss ermutigen,<br />

mit uns in den nächsten Stunden neue Strategien zu entwickeln.<br />

Dabei müssen wir darauf achten, dass diese Strategien<br />

betriebs- und mitgliedernah sind. Unsere Mitglieder<br />

und die, die wir werben wollen, müssen erkennen können,<br />

was wir wollen und was wir tun.<br />

Wir haben daher für den heutigen Tag geplant, das Thema<br />

Arbeit in all seinen Facetten in mehreren Workshops zu<br />

bearbeiten. Besonders wichtig ist uns, dass in den Workshops<br />

die Diskussionen zwischen den Generationen geführt<br />

wird, damit die unterschiedlichen Bedürfnisse und Sichtweisen<br />

von jüngeren und älteren Kolleginnen einbezogen werden.<br />

Deshalb haben wir zum heutigen Tag junge Kolleginnen<br />

eingeladen, die ich an dieser Stelle herzlich begrüße.<br />

Wir freuen uns nun auf spannende ergebnisreiche Diskussionen.<br />

Und bevor ich nun der Moderatorin des Tages, Claudia<br />

Hartwich, das Wort erteile noch eine ganz andere Ansage,<br />

bzw. Bitte: die japanische Firma JVC, stellt Videogeräte her<br />

und will ihr Werk in Berlin schließen. Die Produktion soll<br />

nach Malaysia verlagert werden, hier werden 225 Menschen<br />

arbeitslos, davon weit über 50 % Frauen – überwiegend<br />

Migrantinnen. Die Verlagerung ist offensichtlich eine<br />

politische Entscheidung und deshalb demonstriert die IGM<br />

heute um 13.30 Uhr vor der japanischen Botschaft. Ursula<br />

Engelen-Kefer wird dort eine Solidaritätsadresse der <strong>DGB</strong><br />

Bundesfrauenkonferenz abgeben. Es wäre gut, wenn Ursula<br />

von einer Delegation begleitet wird. Wir können und wollen<br />

die Konferenz nicht unterbrechen und schlagen vor, dass ihr<br />

in den Workshops klärt, welche Kolleginnen mitgehen. Die<br />

Delegation trifft sich um 13.15 Uhr vor dem Hotel.<br />

Wir treffen uns heute um 17.00 Uhr wieder hier im Plenum.<br />

Und nun wird Claudia Hartwich die Moderation übernehmen<br />

und uns durch den Tag führen.<br />

Claudia Hartwich, Moderatorin:<br />

Wir haben eine Methode gewählt, die eine Anleihe an<br />

Großgruppenmethoden, wie z.B. die Zukunftskonferenz,<br />

bedeutet. Ich sage, eine Anleihe, weil man so etwas natürlich<br />

nicht in Originalform an einem Tag machen kann. Aber<br />

man kann einige Elemente daraus nehmen und damit<br />

arbeiten. Wir werden in fünf Schritten arbeiten. Der erste<br />

Schritt ist immer, dabei die Vergangenheit wertzuschätzen<br />

und zu gucken, was ist eigentlich entstanden. Denn oft<br />

steht man vor der Gegenwart und den Problemen und sieht<br />

gar nicht mehr, was schon erkämpft worden ist.<br />

Der zweite Teil ist die Gegenwart wahrzunehmen, zu gukken,<br />

in welcher aktuellen Situation befinden wir uns, was<br />

gibt es für Trends. Dann kommt eine kurze Zukunftsphase,<br />

und zwar Zukunft als Kompass und als Motor für die<br />

Gegenwart, weil wir unsere Strategien daran festmachen<br />

müssen, was wir wollen. Wir gehen davon aus, dass wir<br />

unterscheiden zwischen den Sachen, wo wir eine gemeinsame<br />

Basis haben und wo es Kontroversen gibt. Die Kontroversen<br />

und offenen Fragen wollen wir ausdrücklich festhalten.<br />

Die Strategien wollen wir auf Basis der Gemeinsamkeiten<br />

entwickeln, und zwar insbesondere Strategien aufgrund


der veränderten politischen Situation für die Politik, für den<br />

Betrieb und für die gewerkschaftliche Arbeit.<br />

Es wird so ablaufen, dass ihr euch zwischen elf thematischen<br />

Arbeitsgruppen entscheiden könnt. Ihr werdet dort<br />

einem weiblichen Dreigestirn begegnen – auf der einen<br />

Seite einer Moderatorin, die dafür zuständig ist, dass das<br />

strukturiert und konsequent abgearbeitet wird, dass wir<br />

Bei der Kundgebung der IGM in Berlin –<br />

Grund: die drohende Verlagerung des<br />

JVC-Werks nach Japan<br />

heute Abend auch mit Ergebnissen rechnen können. Zweitens<br />

wird eine inhaltliche Expertin da sein. Ihr seid Expertinnen<br />

für den Betrieb, für den Bezirk, für die gewerkschaftliche<br />

Arbeit, aber wir haben auch aus Beratungsinstituten<br />

oder aus der Wissenschaft Kolleginnen gewinnen können,<br />

die uns als inhaltliche Expertinnen in der Diskussion zur<br />

Verfügung stehen. Drittens haben wir Kolleginnen gewonnen,<br />

die bereit sind, einen Bericht zu erstellen, das Wichtigste<br />

festzuhalten, so dass ihr das morgen früh in schriftlicher<br />

Form zur Verfügung habt.<br />

Fangen wir mit dem ersten Punkt an, nämlich einer kleinen<br />

Zeitreise. Überlegt: Wann bin ich in meinem Leben zum<br />

ersten Mal in Kontakt mit gewerkschaftlicher Frauenarbeit<br />

gekommen? Wann war das? Was waren da für politische<br />

Ereignisse? Was gab es da für gewerkschaftspolitische Themen?<br />

Was ist im Laufe der Zeit passiert?<br />

Wir beginnen mit der Zukunft – Blick zurück in die Zukunft.<br />

Wir haben ein paar Stellwände 2005 plus. Da möchte ich<br />

insbesondere die jungen Gastdelegierten bitten, eure<br />

Bedürfnisse, Interessen und Visionen festzulegen. Ich möch-<br />

te euch, insbesondere die jungen Kolleginnen so unter 30,<br />

bitten, hierher zu kommen und daran zu arbeiten. Die Adoleszenz<br />

geht heute bis unter 30.<br />

Ich bitte euch, mal hier zu den Stellwänden zu gehen, euch<br />

zehn Minuten Zeit zu nehmen, mal aufzuschreiben, was es<br />

an den unterschiedlichen Zeitpunkten für politische Ereignisse<br />

und für Ereignisse in der Gleichstellungspolitik in der<br />

politischen und gewerkschaftlichen Frauenarbeit gab.<br />

Geht da mal in Kontakt zu euch selber und in Kontakt<br />

zu anderen. Was gab es, was ist passiert?<br />

Ich bitte jetzt die Kolleginnen nach vorn, die sich bereit<br />

erklärt haben, mit mir eine kleine Auswertung zu den<br />

einzelnen Bereichen zu machen. Die erste ist Julia.<br />

Julia Herting:<br />

Ich bin 28 Jahre alt, stehe deshalb vor dieser Wand<br />

und bin in der IG BCE.<br />

Moderatorin:<br />

Julia, dein kurzer Eindruck: Was sind eure Interessen,<br />

Bedürfnisse, Visionen? Was ist dir da aufgefallen, vielleicht<br />

im Gegensatz oder gemeinsam zu anderen<br />

Tafeln?<br />

Julia Herting:<br />

Ich hatte leider noch keine Zeit, mich mit den anderen<br />

Tafeln zu beschäftigen, kann aber unsere gerne mal kurz<br />

vorstellen, also die Zukunftsriege.<br />

Ein Bedürfnis der jungen Frauen ist sicherlich, mehr Frauen<br />

in die aktive Gewerkschaftsarbeit auf allen Ebenen zu bringen,<br />

um auch leichter Ideen aus der Frauenarbeit, die in der<br />

frauenpolitischen Schiene der Gewerkschaften entstanden<br />

sind, in die Hauptvorstände und in die Entscheidungsgremien<br />

zu bringen.<br />

Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für uns<br />

auf jeden Fall auch ein Thema. Dann ist da der Wunsch<br />

nach mehr selbstbewussten Frauen, die ihre Rechte durchsetzen<br />

und nicht ständig jammern. Wir haben uns weiterhin<br />

vorgestellt, dass man über die Grenze zwischen Jugendarbeit,<br />

von der aus junge Frauen dann weiter zur Frauenarbeit<br />

gehen, den Spaßfaktor, der in der Jugend- und Auszubildendenvertretung<br />

weitestgehend vorherrscht, auch in die Frauenarbeit<br />

weiter trägt. Denn ich denke, das ist das Problem,<br />

warum man viele junge Frauen an dem Punkt verliert.<br />

Wir wünschen uns auch, wie es in vergangenen Jahrzehnten<br />

war, mehr politische Aktionen und Demonstrationen,<br />

mehr politische Festivals, mehr Frauen auf der Straße, die<br />

für ihre Rechte eintreten. Denn dann kann man uns nicht<br />

so leicht übersehen.<br />

23


24<br />

Jana Traue:<br />

Ich bin die Bundesjugendleiterin von der TRANSNET-Jugend,<br />

bin fast 26 Jahre alt. Wie ihr seht, haben wir vier Tafeln voll<br />

geschrieben, ich nehme mal die dritte.<br />

Julia hat es angesprochen, die Vereinbarkeit von Familie<br />

und Beruf ist es wichtig. Auch mir macht das Probleme. Ich<br />

bin Triebfahrzeugführerin bei der Deutschen Bahn AG und<br />

wenn ich meinen Schichtplan, meine Dienstpläne angucke,<br />

frage ich mich, wie und warum sollte ich Kinder in die Welt<br />

setzen. Arbeitsbezogene Kindereinrichtungen sind das<br />

nächste Thema, gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen<br />

für gleiches Geld und gleichwertige Arbeit. Thema<br />

Jugend: Uns beschäftigt die Schaffung von Ausbildungsplätzen.<br />

Wenn mein Kind später keinen Ausbildungsplatz kriegt,<br />

warum sollte ich Kinder in die Welt setzen? Weg mit sturer<br />

Sozialauswahl! Ich weiß, da stoße ich jetzt vielleicht auf<br />

einige taube Ohren. Wir haben Sozialauswahl in Altersscheiben<br />

angeregt, also weg von dieser sturen Sozialauswahl.<br />

Denkt mal drüber nach. Das Gesetz ermöglicht das.<br />

Katrin Dornheim, TRANSNET:<br />

Ich bin gerade noch so 29 Jahre, insofern kann ich noch<br />

hier stehen. Wir haben uns die Ausweitung des Familienbegriffs<br />

vorgestellt, weil wir ja gestern von Herrn Pofalla auch<br />

gehört haben, dass das Antidiskriminierungsgesetz mit dieser<br />

Regierung nicht kommt. Insofern also nicht weg von<br />

Vater, Mutter, Kind, sondern auch ein bisschen hin zur<br />

Patchworkfamilie.<br />

Wir haben uns Unisextarife nicht nur in der Riesterrente<br />

vorgestellt. Das Problem wird dabei natürlich sein, dass die<br />

Versicherungsgesellschaften die Unisextarife nicht an die<br />

niedrigere, sondern wahrscheinlich eher an die höhere Tarifgestaltung<br />

angleichen werden. Insofern müsste man da den<br />

Kampf ausweiten. Eine Kollegin hat dann den Studiengebühren<br />

den Kampf angesagt, die ab 2010 flächendeckend<br />

eingeführt werden sollen.<br />

Wir haben auch noch etwas für die nahe Zukunft dabei. Wir<br />

haben gestern von Michael Sommer gehört, 2005, 2006<br />

Kampf der EU-Dienstleistungsrichtlinie, die ja vorgestern<br />

durch den EU-Binnenausschuss durchgewinkt wurde, insofern<br />

also im Januar, Februar wieder auf der Agenda steht.<br />

Wir wissen, dass viele Frauen in den Dienstleistungsberufen<br />

tätig sind, insofern ist das also eine ganz wichtige<br />

Geschichte.<br />

Wir haben noch: Volkswirtschaftlichen Wandel unterstützen,<br />

hin zu nachfrageorientierter Wirtschaftspolitik, Binnennachfrage<br />

stärken! Wir haben hier seit zehn Jahren die angebotsorientierte<br />

Politik. Eigentlich müsste die Reaktion sein,<br />

es funktioniert nicht, man kann damit die Binnennachfrage<br />

nicht stärken. Aber die Reaktion ist: Es funktioniert nicht,<br />

wir wollen mehr davon. Das sollte man ändern.<br />

Moderatorin:<br />

Blick zurück in die Zukunft – jetzt sind wir bei 2005.<br />

Britta Wortmann:<br />

Ich bin Jugendsekretärin beim <strong>DGB</strong> für die Region Düsseldorf,<br />

mittlerer Niederrhein. Ich stelle jetzt die Wände 2000<br />

bis 2005 vor und fasse das kurz zusammen.<br />

Als Negativbeispiele wird hier immer der Rückzug der Frauen<br />

in der gewerkschaftlichen Arbeit genannt. Das heißt,<br />

raus aus den Gremien und weniger Sekretärinnen bei den<br />

Gewerkschaften sowie auch Mitgliederverlust gerade im<br />

Frauenbereich.<br />

Als positiv tauchen auf den Wänden die verschiedenen Projekte<br />

zur Umsetzung in den Betrieben auf, also konkrete<br />

betriebliche Projekte z.B. zu den Themen Entgelt und Vereinbarkeit,<br />

was hier jetzt auch im Zusammenhang mit dem<br />

Abschluss des Entgelttarifvertrages der IG Metall aufgeführt<br />

ist. Ansonsten gibt es noch von ver.di ganz viel auf diesen<br />

Wänden, und zwar eigentlich zu dem Thema Erhalt der<br />

Frauenstrukturen, gerade im ver.di-Bereich.<br />

Raja Nejedlo, <strong>DGB</strong> Köln:<br />

Ich möchte euch kurz vorstellen, was in den Jahren 1990<br />

bis 2000 passiert ist. Da ich zu der Zeit selbst in der Abteilung<br />

Frauenpolitik war, freue ich mich, dass das eigentlich<br />

eine sehr ereignisreiche Zeit war. Ich möchte das jetzt kurz<br />

zusammenfassen.<br />

Im Mittelpunkt stand die Durchsetzung der Gleichberechtigung,<br />

Chancengleichheit, sprich, die Frauenquote in den<br />

Gewerkschaften, die in der Zeit durchgesetzt wurde; dann<br />

die Diskussion um den § 218, der in dieser Zeit auch geändert<br />

wurde; dann, was hier sicherlich viele noch gut in Erinnerung<br />

haben, 1994 der Frauenstreiktag, der auch noch<br />

mal die gewerkschaftliche Frauenbewegung ein stückweit<br />

vorangebracht hat; die Durchsetzung der 35-Stunden-<br />

Woche in einigen Bereichen und, was mir noch sehr gut in<br />

Erinnerung ist, sind die Kontakte und Diskussionen damals<br />

mit den Kolleginnen aus der ehemaligen DDR und über die<br />

Strategien zur Gleichberechtigung, Chancengleichheit usw.<br />

Ich denke, das waren die zentralen Punkte in dieser Zeit.<br />

Clarissa Zissen, Jugendbildungsreferentin <strong>DGB</strong><br />

NRW:<br />

Ich habe in der Zeit 1980 bis 1990 noch nicht viel von der<br />

Frauenbewegung mitbekommen und auch nicht von den


Ergebnissen, die hier zu großen Teilen aufgeschrieben sind.<br />

Ich nenne nur ein paar Stichpunkte. Aufgeführt sind hier<br />

Dinge wie Streichung des § 218, mein Bauch gehört mir;<br />

der GEW-Bundesfrauenausschuss ist gegründet worden;<br />

die Frauenquote ist in Gewerkschaften und Parteien eingeführt<br />

worden. In der IG BAU ist die Frauenarbeit in der Satzung<br />

verankert worden. Dann geht es hier weiter mit einem<br />

schönen Motto: Wir wollen fünf Stunden mehr für Liebe<br />

und Verkehr. Oder auch die Lila-Latzhosen-Generation: Feministinnen<br />

verbünden sich, Zusammenarbeit der autonomen<br />

Frauenbewegung mit Gewerkschafterinnen, dazu ganz<br />

viele Stichpunkte, wie Wiederbelebung des 8. März oder<br />

auch die Debatte um den Hausarbeitstag, so weit aus 1980<br />

– 1990.<br />

Moderatorin:<br />

Jetzt zu jemandem, der auch schon viel miterlebt hat.<br />

Karin, du hast dir 1960 bis 1980 vorgenommen.<br />

Karin (?):<br />

Es ist fast fahrlässig, diese 20 Jahre zusammenzupacken.<br />

Ich fange mal mit den 70er Jahren an, weil diese Zeit auch<br />

gewerkschaftlich ganz wichtig war. 1975 haben vor dem<br />

<strong>DGB</strong>-Bundeskongress im „Jahr der Frau“ Frauen demonstriert,<br />

weil es nicht genügend Delegierte auf dem <strong>DGB</strong>-<br />

Bundeskongress gab. Es wird auch meistens in der Gewerkschaftsgeschichte<br />

gar nicht erwähnt, aber hier wird es<br />

erwähnt.<br />

1970 gab es die Einführung von Bafög. Es gab Friedensdemonstrationen,<br />

an denen auch Gewerkschafterinnen aktiv<br />

beteiligt waren. Und dann gab es natürlich, das kennen<br />

noch einige von euch, die Frage: Dürfen wir denn den<br />

Internationalen Frauentag feiern oder dürfen wir das nicht?<br />

Damit haben wir in den 70er Jahren angefangen. In den<br />

80ern war das keine Diskussion mehr, sondern selbstverständlich.<br />

Das Lied von gestern „Brot und Rosen“ hat ja<br />

damals auch Einzug in unsere Veranstaltungen gefeiert.<br />

Am Wochenende gehört Papa uns, ich glaube, das ist ein<br />

bisschen früher, in den 50er Jahren. Aber gegen Frauen in<br />

die Bundeswehr haben wir damals gearbeitet. Das hat sich<br />

heute auf nicht so gute Art und Weise erledigt. Für viele,<br />

die das Thema gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit<br />

bearbeiten, sind die Heintze-Frauen aus Gelsenkirchen aus<br />

dieser Zeit noch in guter Erinnerung, die für den gleichen<br />

Lohn gekämpft haben. Das internationale Jahr der Frau<br />

habe ich schon erwähnt. Es fiel die Betitelung Fräulein. Es<br />

war übrigens Herr Genscher, der als Innenminister Ende der<br />

70er Jahre das Fräulein abgeschafft hat. Wir hatten das für<br />

uns natürlich schon vorher links abgeschafft.<br />

Die APO, jetzt sind wir schon bei den 60er Jahren. Es gab<br />

damals Vollbeschäftigung. Die Frauen strebten Anfang der<br />

70er Jahre in die Betriebe. Da gab es auch keine Diskussion<br />

über Teilzeit oder so, obwohl die Teilzeitdiskussion in den<br />

Gewerkschaften damals langsam anfing, aber erst in den<br />

80ern gab es die ersten Tarifverträge. § 218, das Bundesverfassungsgerichtsurteil<br />

haben wir auch alle noch in Erinnerung;<br />

Tarifabschluss öffentlicher Dienst 11 %, der angeblich<br />

Willy Brandt gestürzt hat. Ob das stimmt, darüber sind<br />

sich aber die Historiker uneinig. Hier steht ganz viel zur<br />

DDR in diesem Zeitraum: Anfang der 70er Jahre 40-Stundenwoche<br />

für alle, Krippenplätze für alle Kinder, wovon wir<br />

auch heute immer noch träumen. Ein zinsloser Kredit von<br />

5.000 DDR-Mark für Ehepaare bis 27 Jahre, Babybegrüßungsgeld<br />

von 1.000 DDR-Mark, Mutterschutzverordnung,<br />

38-Stundenwoche für Mütter von zwei Kindern, also eine<br />

ganze Menge Dinge, die die Frauen im Westen sich damals<br />

nur erträumen konnten; Haushaltstag, auch etwas, was es<br />

nur in einigen Bundesländern in Westdeutschland gab. Am<br />

Beginn der höheren Partizipation von Frauen am Bildungssystem<br />

steht ein Herr, nämlich der Herr Picht mit seiner Bildungskatastrophe.<br />

Das ist 1963. Er hat festgestellt, dass im<br />

deutschen Bildungssystem am meisten das katholische<br />

Mädchen vom Land benachteiligt ist. Das ist der Beginn<br />

der Diskussion: Schick dein Kind länger auf bessere Schulen.<br />

Es ist im Grunde dabei rausgekommen: Schicke deine<br />

Tochter länger auf bessere Schulen. Davon profitieren<br />

heute die jungen Frauen.<br />

Moderatorin:<br />

Wunderbar elegant gelöst. Jetzt kommen wir zu der Periode<br />

1949 bis 1960. Da haben wir überlegt, wer diese Zeit<br />

miterlebt hat. Da gibt es jemanden, die seit 1949 dabei<br />

war, jemand, die hier ein Beispiel für viele andere verdiente<br />

Kollegen ist, die Kollegin Ruth Köhn.<br />

Ruth Köhn:<br />

Ich weiß nicht, ob ich das alles aufzählen soll, was hier<br />

steht, aber aus meinem persönlichen Erleben möchte ich<br />

sagen: Es wiederholt sich alles. Ich bin als 17-Jährige aus<br />

der Schule und aus dem Krieg entlassen worden und habe<br />

dann, nachdem ich berufstätig wurde, 1948 als Mitglied<br />

der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten angefangen.<br />

In dieser Zeit bis heute hat sich sehr viel ereignet,<br />

aber als erstes war damals für die Älteren die Rente wichtig.<br />

Und die ist heute wiederum für die Älteren sehr wichtig.<br />

Damals waren die Frauen Witwen oder ihre Männer<br />

waren in Kriegsgefangenschaft. Es kam darauf an, eine<br />

Möglichkeit der Ernährung für sich und für die Kinder zu<br />

25


26<br />

haben. Manche Frauen waren vorher Hausfrauen. Die<br />

haben eigentlich nicht daran gedacht, dass sie sich mal auf<br />

eigene Beine stellen müssen.<br />

So war unsere erste Forderung nach dem Krieg: Frauen, ihr<br />

müsst eine eigenständige Rente haben. Ihr müsst sehen,<br />

dass es möglich ist, dass ihr euch unabhängig von eurem<br />

Ehemann ernähren könnt, denn es gibt immer Zeiten, mit<br />

denen man nicht rechnet. Bis heute ist es also für uns wichtig,<br />

die Renten zu sichern.<br />

Das Zweite, das auch nicht unwesentlich war, war natürlich,<br />

den Sprung von Jung zu Alt herzustellen. Ich war in der<br />

Jugendarbeit der Gewerkschaft tätig und wir hatten natürlich<br />

Illusionen und Vorstellungen die Welt zu verbessern. Da<br />

kam es darauf an wieder Frieden zu haben. Da kam es<br />

darauf an, das, was wir als außenpolitisch für wichtig hielten,<br />

in den Vordergrund unserer Bemühungen zu stellen,<br />

damit wir eine Zukunft haben. Auch heute stehen wir wieder<br />

als junge Generation vor vielen Fragen der Unsicherheit<br />

in der Welt. Deshalb meine ich, dass auch die junge Generation,<br />

die jungen Gewerkschafterinnen sich darum kümmern<br />

sollen, so wie wir es damals gemacht haben.<br />

Schließlich hatten wir seinerzeit natürlich auch den Mutterschutz<br />

im Sinn. Die Frauen, die sich in den Betrieben abrakkerten<br />

und alles machen mussten, was früher Männer<br />

machten, mussten jetzt – oftmals alleinstehend – die Arbeit<br />

übernehmen. Und wir hatten keine 40-Stundenwoche, sondern<br />

es wurde von Montag bis Sonnabend gearbeitet. Die<br />

paar Stunden am Sonntag reichten oft nicht aus, um alles<br />

in der Familie zu ordnen. So war es auch wichtig, dass der<br />

Arbeitsschutz für Frauen hergestellt wird. So war Mutterschutz<br />

ein wichtiges Thema, vielleicht auch heute wieder,<br />

weil es nämlich heißt, Frauenarbeitsschutz ist ein Gegner<br />

für Gleichberechtigung. Da müssen wir aufpassen, dass uns<br />

nicht wegen der Gleichberechtigung, die wir fordern,<br />

Schutzrechte aberkannt werden.<br />

Noch ein Punkt, obwohl es viele andere auch gibt, der mir<br />

sehr wichtig erscheint – es steht auch auf den Tafeln: die<br />

Entwicklung der Lohngleichheit für Frauen. Die Lohngleichheit<br />

war zu Anfang wirklich nur Lohngleichheit – gleicher<br />

Lohn für gleiche Arbeit. Wir kämpften um Lohn für gleichwertige<br />

Arbeit. Dazu gibt es einen sehr langwierigen Prozess,<br />

der von 1950 bis in die heutige Zeit reicht. Dazwischen<br />

– es wurde eben schon darauf hingewiesen – gab es<br />

auch Prozesse, die leider nicht erfolgreich abgeschlossen<br />

sind. Das heißt, sie waren theoretisch erfolgreich, aber sie<br />

haben im Grunde genommen nach wie vor eine Nivellierung<br />

der Bewertung der Frauenarbeit mit sich gebracht. Wir<br />

haben schon seit 1987 ein BAG-Urteil. Wir haben das internationale<br />

Arbeitsabkommen (IAO)100. Wir haben einen<br />

EWG-Artikel 119. Und es gibt so viele Möglichkeiten, wenn<br />

wir uns bemühen aktiv in der Tarifpolitik, in<br />

„<br />

der Tarifkommission<br />

mitzuwirken, eventuell eines Tages zum Erfolg zu<br />

kommen.<br />

Moderatorin:<br />

Jetzt habt ihr die Qual der Wahl zwischen elf Arbeitsgruppen.<br />

Ich bitte jetzt alle Moderatorin-nen, alle Expertinnen<br />

nach vorn, damit wir euch informieren können, wofür ihr<br />

euch entscheiden könnt.<br />

Es wird jetzt so laufen, dass wir bis heute Nachmittag<br />

17.00 Uhr in diesen thematischen Arbeitsgruppen zum<br />

Thema Beschäftigung in verschiedenen Facetten von Gleichstellungs-<br />

und Beschäftigungspolitik arbeiten. Wir werden<br />

euch nun vorstellen, was euch in den einzelnen Arbeitsgruppen<br />

erwartet und ihr könnt euch dann entscheiden.<br />

Wir fangen mit der ersten Arbeitsgruppe – Alternativen zur<br />

Arbeitslosigkeit – an.<br />

Jutta Reiter:<br />

Guten Morgen, ich komme vom <strong>DGB</strong>-Bezirk NRW. Unser<br />

Thema ist: Alternativen für Arbeitslosigkeit. Wir wollen uns<br />

damit befassen, welche Politik Frauen brauchen, und zwar<br />

speziell Frauen, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen oder um<br />

aus der Arbeitslosigkeit herauszukommen. Da geht es um<br />

Wiedereingliederung, um Existenz sichernde Arbeit, um die<br />

Frage der Arbeitsplatzsicherheit. Mir zur Seite steht Silke<br />

Bothfeld, die sich ganz kurz selbst vorstellt. Silke Bothfeld:<br />

ich komme vom WSI – Wirtschafts- und sozialwissenschaftliches<br />

Institut in der Hans-Böckler-Stiftung, ein langer<br />

Name. Wir haben – wie gestern schon erwähnt – den WSI-<br />

Frauendatenreport gerade neu aufgelegt. Viele von Ihnen<br />

werden ihn kennen. Wir setzen uns sozusagen grundsätzlich<br />

und immer wieder auch mit den Problemen, die damit<br />

zusammenhängen, auseinander. Ich freue mich auf spannende<br />

Diskussionen.<br />

Kristin Bauer:<br />

Ich bin die Moderatorin für den Hartz-IV-Workshop. Unser<br />

Dreigestirn besteht aus unserer Protokollantin Bettina Altesleben,<br />

als Expertin ist bei uns Christel Degen vom Bundesvorstand<br />

des <strong>DGB</strong>.<br />

Anja Schultz:<br />

Ich moderiere den Workshop „Ist die Ausbildung ein Mädchenproblem?“<br />

Als Expertin steht mir Helga Ostendorf zur<br />

Seite. In diesem Workshop wird es u.a. darum gehen, Aspekte<br />

anzusprechen wie Zugang zu Ausbildungsstellen,<br />

Wahl von Ausbildungsberufen, Studiengang, überbetriebli-


che und betriebliche Ausbildung und wie wir die Übernahme<br />

bzw. den Übergang in den Beruf schaffen, also von der<br />

Ausbildung oder vom Studium, oder aber auch in einen<br />

neuen Beruf.<br />

Helga Ostendorf:<br />

Ich bin Politikwissenschaftlerin und habe mich immer wieder<br />

mit dem Thema Ausbildung von Mädchen beschäftigt.<br />

Zuletzt habe ich ein ganz dickes Buch zur Mädchenpolitik<br />

der Berufsberatung des Arbeitsamtes. Die Werbung liegt<br />

draußen.<br />

Clarissa Zissen:<br />

Ich bin Jugendbildungsreferentin in NRW und moderiere<br />

zusammen mit Britta Wortmann, auch NRW, den Workshop<br />

„Zugang zu Berufstätigkeit“, also sowohl den Einstieg als<br />

auch den Wiedereinstieg in Berufstätigkeit. Uns zur Seite ist<br />

die Expertin Gabriele Thiesbrummel. Gabriele Thiesbrummel:<br />

Ich arbeite seit 15 Jahren in einer Regionalstelle Frau und<br />

Beruf und mache dort u.a. die Beratung, aber auch die Politik<br />

für Wiedereinsteigerinnen.<br />

Anneli Rüling:<br />

Ich bin vom SowiTra-Institut Berlin und moderiere den<br />

Workshop zu Vereinbarkeit. Wir wollen uns mit der Frage<br />

auseinandersetzen, wie wir Kinderwunsch, Berufstätigkeit<br />

und das sonstige Leben miteinander vereinbaren können.<br />

Die Expertin in unserem Workshop ist Susanne Dalkmann<br />

von ISA Consult in Bochum. Ich würde mich freuen, wenn<br />

viele teilnehmen. Danke.<br />

Sophie Stratemeier:<br />

Ich bin IG Metall Mitglied und freiberufliche Bildungsarbeiterin.<br />

Wir haben das Thema „Wie schaffen wir den beruflichen<br />

Aufstieg?“ Stichwort: Barrieren im Beruf für Frauen,<br />

gläserne Decke, Diskriminierung am Arbeitsplatz usw. Als<br />

Expertin ist Monika Huesmann von der FU Berlin mit dabei.<br />

Dort arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im<br />

Bereich Personalpolitik.<br />

Sandra Bodewei:<br />

Ich bin Jugendbildungsreferentin in NRW im östlichen Ruhrgebiet.<br />

Ich moderiere zusammen mit Claudia Hartwich den<br />

Wortshop „Zeit“. Darin wird es um Arbeitszeit, Teilzeit und<br />

Elternzeit gehen. Wir werden da viele Fragen ansprechen.<br />

Unsere Expertin ist dafür Svenja Pfahl, Arbeitszeitforscherin.<br />

Karin Derichs-Kunstmann:<br />

Ich komme vom FIAB in Recklinghausen. Ich moderiere den<br />

Workshop zum Thema „Entgelt“, wie wir auch eben schon<br />

gehört haben, ein uraltes Thema bei den Gewerkschaftsfrauen.<br />

Es geht also um gleiches Entgelt für gleichwertige<br />

Arbeit, aber auch um Leistungsbewertung, also auch die<br />

neuen Lohn- und Entgeltsysteme. Es geht auch um Fragen<br />

des Existenz sichernden Einkommens für Frauen. Unsere<br />

Expertin ist Karin Tondorf. Karin Tondorf: Ich mache Forschung<br />

und Beratung zu Entgelt- und Gleichstellungspolitik.<br />

Die Themen hat Karin gerade schon umrissen.<br />

Raja Nejedlo:<br />

Ich komme aus der <strong>DGB</strong>-Region Köln-Leverkusen-Erft-Berg.<br />

Ich moderiere das Thema „Gesundheit“, was ja viele Facetten<br />

hat. Neben mir steht die Expertin Antje Ducki, die uns<br />

in diesem Forum beraten wird.<br />

Kerstin Baumgart:<br />

Ich bin Personalreferentin beim <strong>DGB</strong> in der Bundesvorstandsverwaltung<br />

und moderiere den Workshop „Absicherung<br />

im Alter“. Die Expertin ist Ute Klammer von der Universität<br />

Niederrhein. Ute Klammer: Wer mich kennen lernen<br />

will, muss wohl in die Arbeitsgruppe kommen.<br />

Susanne Saliger:<br />

Ich moderiere den Workshop „Qualifizierung“ und stelle als<br />

erstes die Expertin Claudia Dunst von ISA Consult vor. In<br />

dem Workshop geht es um Qualifizierung – betrieblich,<br />

außerbetrieblich – und Weiterbildung.<br />

Moderatorin:<br />

Ihr habt jetzt die Aufgabe euch zu überlegen, wo ihr hingehen<br />

wollt. Ich wünsche euch viel Freude und Erfolg bei den<br />

Beratungen. Wir treffen uns hier um 17.00 Uhr und hören<br />

aus jedem Workshop zwei zentrale Botschaften.<br />

27


28<br />

Zentrale Botschaften aus den Workshops<br />

Workshop 1: „Alternativen<br />

zur Arbeitslosigkeit“<br />

Die Umverteilung von Arbeit war ein Kernthema in unserer<br />

Diskussion. Wir haben die Botschaft – Frauen sind unerhört<br />

– wörtlich genommen und haben gesagt, wir verschaffen<br />

uns Gehör durch eine kreative Wortschöpfung, durch<br />

Selbstermächtigung; wir stellen die männlich dominierten<br />

Werte in dieser Arbeitsgesellschaft infrage und wir werden<br />

sie verändern. Wir haben eine zweite Botschaft, die da<br />

heißt: Wir brauchen als gesellschaftliche Gegenmacht ein<br />

gewerkschaftliches Fernsehen, denn wir wollen nicht nur<br />

mit dem gehört werden, was wir sagen, sondern wir wollen<br />

auch gesehen werden.<br />

Workshop 2: „Hartz IV“<br />

Unsere Botschaften aus unserer Arbeit sind, endlich wieder<br />

eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben, statt Sanktionen<br />

anzudrohen und durchzusetzen. Schließlich heißt es ja<br />

auch, fördern und fordern und nicht nur fordern. Mittelfristig<br />

müssen wirksame Integrationsmaßnahmen her und es<br />

muss die Entwicklung aktiver existenzsichernder Instrumente<br />

her, die zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung<br />

führen und die uns nicht ausschließlich in Mini-Jobs<br />

oder Ein-Euro-Jobs treiben. Wir haben als zweite Botschaft<br />

eine Vision entwickelt. Wir möchten den Auftrag an den<br />

<strong>DGB</strong> und seine Einzelgewerkschaften übermitteln, ein garantiertes<br />

voraussetzungsloses Grundeinkommen zu diskutieren,<br />

und zwar von unten nach oben und nicht von oben<br />

nach unten.<br />

Workshop 3: „Qualifizierung“<br />

Wir haben uns dann mit den Trends und Anforderungen<br />

beschäftigt, die neue Herausforderungen an das Thema<br />

Qualifizierung bringen wie z.B.: Globalisierung, Europäisierung,<br />

aber auch, dass bedarfsbezogene, betriebsbezogene,<br />

branchenbezogene Qualifizierung. Wir haben diskutiert,<br />

dass es nicht nur um die fachbezogene Qualifizierung geht,<br />

sondern um die Persönlichkeitsentwicklung und dass Qualifizierung<br />

ohne Berücksichtigung des Gender-Mainstreaming<br />

nicht greifen erfolgreich sein kann. Wir haben zwei Anforderungen<br />

formuliert: Die Gesellschaft und die Herausforderungen<br />

ändern sich und bestimmen die Qualifizierung. Aus<br />

diesem Grunde müssen wir Qualifizierung neu diskutieren,<br />

mit völlig neuen Methoden und Instrumenten untersetzen<br />

und sie angehen. Wir schlagen euch vor, dass es eine gewerkschaftsübergreifende<br />

Diskussion und einen gewerkschaftsübergreifenden<br />

Austausch zum Thema Qualifizierung<br />

unter Gender-Mainstreaming-Aspekten gibt. Hierzu sollte es<br />

eine Konferenz geben u.a. mit dem Ziel, Netzwerke zu bilden<br />

und eine Kampagne zum Thema Frauen, Karriere,<br />

Lebensweg auf den Weg bringen.<br />

Workshop 4: „Absicherung<br />

im Alter“<br />

Wir haben uns auf zwei Schwerpunkte verständigt: Das<br />

eine ist allgemeine Versicherungs- und Beitragspflicht und<br />

der zweite Schwerpunkt sind frauengerechte Modelle für<br />

betriebliche und private Vorsorge. Unter dem ersten Punkt<br />

haben wir uns auf einen Solidarausgleich innerhalb des<br />

Systems verständigt, jeder erwachsene, arbeitsfähige<br />

Mensch, egal welches Einkommen erzielt wird, soll Beiträge<br />

bezahlen bzw. für ihn sollen Beiträge abgeführt werden und<br />

es soll ein Ausgleich innerhalb des Systems erfolgen. Wir<br />

fordern den Wegfall der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze.<br />

Für den zweiten Punkt – frauengerechte Modelle für die<br />

betriebliche Altersversorgung – fordern wir keine Bindung<br />

an Beschäftigungszeiten, eine allgemeine Versicherungspflicht<br />

in der betrieblichen Altersversorgung, unabhängig<br />

von Befristungen oder sonstigen Ausschlusstatbeständen.<br />

Und wir sagen, die Modelle dürfen die gesetzliche Rentenversicherung<br />

nicht schwächen.


Workshop 5: „Zugang zur<br />

Berufstätigkeit“<br />

Wir haben als erstes das Thema geändert haben. Wir haben<br />

statt Berufseinstieg den Wiedereinstieg diskutiert und dabei<br />

als gefragt, warum eigentlich Wiedereinstieg? Denn wenn<br />

man wieder einsteigt, heißt das ja, man ist irgendwann<br />

ausgestiegen. Unsere zwei zentralen Forderungen: Eine<br />

ganz wichtige ist die schnelle Einführung des geplanten<br />

Elterngeldes als Lohnersatzleistung, verbunden mit einem<br />

Rechtsanspruch auf einen qualitativ hochwertigen, bezahlbaren,<br />

flexiblen Platz in einer Betreuungseinrichtung für alle<br />

Kinder im Alter von null bis mindestens zehn Jahren. Nur so<br />

ist es möglich, dass Frauen und Männer die gleichen Chancen<br />

auf Erwerbstätigkeit und Karriere haben. Zweitens fordern<br />

wir für den Prozess des lebensbegleitenden Lernens<br />

und Arbeitens die Beibehaltung des Kündigungsschutzes,<br />

einen Rechtsanspruch auf Bildung und Weiterbildung ohne<br />

Altersbegrenzung, die Entwicklung und Weiterentwicklung<br />

von qualitativ hochwertigen Bildungs- und Qualifizierungsangeboten,<br />

einen Grundanspruch auf kostenfreie Bildung<br />

und Weiterbildung. Ganz wichtig: Die Inanspruchnahme von<br />

Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen darf keine negativen<br />

Auswirkungen auf die Rente und Sozialleistungen<br />

haben.<br />

Workshop 6: „Ausbildung und<br />

Übernahme“<br />

Liebe Kolleginnen, wir haben uns viel gestritten, vor allem<br />

über die Quote. Unser erster Punkt ist, dass der Bildungssektor<br />

vollständig in die Zuständigkeit des Bundes fallen<br />

muss, um eine Einheitlichkeit und eine vernünftige Finanzierung<br />

zu gewährleisten. Zweitens fordern wir eine kostenfreie<br />

Bildung und die Finanzierung qualifizierter Aus- und<br />

Weiterbildung durch den Bund. Dabei möchten wir eine<br />

anteilige Aufteilung der Finanzierung auf Mädchen gewährleistet<br />

haben. Anteilig haben wir gesagt, weil ein<br />

50%-Anteil nicht immer stimmen kann. Es kann ja auch<br />

sein, dass es mal mehr Frauen als Männer gibt, die Finanzierung<br />

bekommen müssen, denen diese Finanzierung<br />

zusteht. Drittens – das ist unser strittiger Punkt gewesen –<br />

haben Teile der Gruppe dafür plädiert, eine Chancengleichheit<br />

durch Quotierung bei der Ausbildungsplatzvergabe zu<br />

erreichen. Da sind wir uns noch nicht einig geworden, ob<br />

wir da eine Quotierung haben möchten.<br />

Arbeitsgruppe 7: „Vereinbarkeit“<br />

Wir haben zwei Facetten der Vereinbarkeitsfrage diskutiert:<br />

Kinderbetreuung und Pflege und zwei zentrale Forderungen<br />

an die Politik herausgearbeitet. Erstens müssen die<br />

Rahmenbedingungen gegeben sein. In Bezug auf Kinderbetreuung<br />

heißt das, dass Bildung und Betreuung garantiert<br />

werden müssen für Kinder von null bis 14 Jahren. Die zweite<br />

Forderung war, mehr staatliche Anreize für familienfreundliche<br />

Betriebe und die, die es werden wollen, zu setzen,<br />

und zwar mit einem Controlling anhand eines Kriterienkataloges.<br />

Wir haben aber daneben konkrete betriebliche<br />

und auch gewerkschaftliche Handlungsfelder definiert,<br />

z.B. im Zusammenhang des Anreizsystems, die Kriterienkataloge<br />

zu spezifizieren. Und wir brauchen betriebliche<br />

Bündnisse in Ergänzung zu den lokalen Bündnissen, die<br />

auch ausgeweitet und fortgeführt werden müssen.<br />

Workshop 8: „Beruflicher Aufstieg“<br />

In unserer Arbeitsgruppe haben wir am Schluss festgestellt,<br />

dass unsere Botschaften doch sehr triviale sind, die wir<br />

eigentlich schon sehr oft gehört haben. Nichtsdestotrotz<br />

möchte ich euch ganz kurz unsere vier Forderungen übermitteln.<br />

Bis zur mittleren Führungsebene, bis zur mittleren<br />

Managementebene gibt es durchaus Verbesserungen was<br />

die Anteile der Frauen anbelangt. Dann kommt aber diese<br />

berühmte gläserne Decke, die schwer durchbrochen werden<br />

kann. Dann haben wir überlegt, woran es hakt und was<br />

man tun muss. Die Prioritäten und Forderungen richten sich<br />

nicht nur an die Politik, sondern auch an unsere eigenen<br />

Organisationen und auch an die Vertretung in den Betrieben:<br />

Die gesetzlichen Grundlagen zur Gleichstellung von Frauen<br />

in der Arbeitswelt müssen erhalten und ausgebaut werden;<br />

Gleichstellungsgesetze auf Länderebene, Gleichstellungsgesetz<br />

für die private Wirtschaft, aber auch Gesetze wie das<br />

Antidiskriminierungsgesetz oder auch das Gesetz zum<br />

Elterngeld sind zügig zu erlassen. Darüber hinaus ist die<br />

geschlechter-paritätische Besetzung aller Gremien, aller<br />

Aufsichtsräte, Vorstände, Verwaltungsausschüsse etc. erforderlich.<br />

Wir müssen als Frauen darauf achten, dass diese<br />

Positionen nicht überwiegend in Männerhand bleiben.<br />

Dann haben wir als weiteres Problem ausfindig gemacht,<br />

das Frauen in den letzten Jahren wieder unsichtbar geworden<br />

sind, sowohl in der eigenen Organisation als auch in<br />

der Politik und in der Öffentlichkeit. Wir denken, da muss<br />

29


30<br />

ganz viel geschehen, dass sich das wieder ändert. Eine<br />

Möglichkeit ist folgende: Wir brauchen eine bessere, differenziertere<br />

Datenerhebung, um dann so darauf reagieren zu<br />

können, und dass wir diese Defizite in die Öffentlichkeit tragen,<br />

und zwar in die Gewerkschaftsöffentlichkeit wie in die<br />

politische Öffentlichkeit. Dort müssen wir auch durch Aktionen<br />

und Kampagnen wieder präsenter werden.<br />

Viertens sollten wir schauen, wie wir als<br />

Frauen zu mehr Macht kommen, um unsere<br />

Forderungen durchsetzen zu können.<br />

Das heißt, wir wollen an die Macht und wir<br />

wollen dazu auch einiges tun. Wir denken,<br />

dass wir da auch z.B. heute und morgen<br />

schon anfangen können, indem wir beispielsweise<br />

den Bundesfrauenausschuss<br />

beauftragen, noch entsprechende Anträge<br />

zu stellen, die bislang für den <strong>DGB</strong>-Bundeskongress<br />

vielleicht noch nicht gestellt<br />

worden sind. Generell denken wir, dass<br />

unser Hauptziel sein muss, intern und<br />

extern sichtbarer zu werden. Dazu brauchen<br />

wir Aktionen. Dazu brauchen wir Mut<br />

und den Willen zu mehr Macht und Durchsetzungsvermögen.<br />

Workshop 9: „Entgelt“<br />

Euch ist bekannt, dass Frauen in der Regel<br />

immer noch 25% weniger verdienen als<br />

Männer.<br />

Unser Hauptthema war der Mindestlohn.<br />

Ich weiß, dass das ein sehr diffiziles und<br />

schwieriges Thema ist. Deswegen hat sich<br />

die Arbeitsgruppe auch inhaltlich nicht<br />

positioniert bis auf die Aussage, dass wir<br />

einen Existenz sichernden Mindestlohn aus<br />

zwei Gründen befürworten, zum einen,<br />

weil sehr viele Frauen davon betroffen<br />

sind, und zum anderen, weil die Tarifflucht der Arbeitgeber<br />

anhält.<br />

Ich habe aber aus der Arbeitsgruppe den Auftrag mitgenommen,<br />

hier zu sagen, dass sich die Arbeitsgruppe<br />

wünscht, dass es morgen eine sachliche und faire Diskussion<br />

in der Bundesfrauenkonferenz gibt und die Delegierten<br />

mit einer klaren Botschaft in Sachen Mindestlohn nach<br />

Hause gehen.<br />

Die zweite Botschaft ist, dass wir gerne wollen, dass es diskriminierungsfreie<br />

Tarifverträge gibt. Das hat auch etwas<br />

mit Bezahlung und Einstufung zu tun. Da gibt es einen<br />

ganzen Katalog von Anforderungen. Eine halbe Botschaft<br />

habe ich euch auch noch mitgebracht. Wir haben auch kurz<br />

über die explosionsartige Ausweitung der so genannten<br />

prekären Beschäftigung geredet. Früher waren das die<br />

berüchtigten 630-Mark-Jobs. Heute sind es die 400-Euro-<br />

Jobs. Unsere Forderung dazu lautet: Wir möchten gern wie-<br />

der zu unserer alten Forderung zurück, die da lautete: Jede<br />

Arbeit muss von der ersten Stunde an und vom ersten Euro<br />

an sozialversicherungspflichtig sein. Ich glaube, mit dieser<br />

Botschaft können wir gut leben.<br />

Workshop 10: „Zeit“<br />

Die Seite 1 der Konferenzzeitung<br />

Wir haben in der Arbeitsgruppe nicht nur über Arbeitszeit,<br />

sondern Zeitfragen und Zeitpolitik insgesamt diskutiert.


Deshalb haben wir eine alte Diskussion noch mal aufgegriffen,<br />

dass das „Private eigentlich politisch ist“. Nicht unser<br />

Leben muss sich an die Arbeitszeit und an Arbeit anpassen,<br />

sondern die Arbeitszeit muss dem Leben angepasst werden<br />

und das auch den verschiedenen Lebensphasen. Darauf<br />

haben wir über verschiedene Arbeitszeitmodelle wie z.B.<br />

Lebensarbeitszeit, Teilzeit gesprochen und sind zu dem<br />

Ergebnis gekommen, dass alle diese Modelle analysiert,<br />

berechnet und geregelt werden müssen.<br />

Unsere Botschaften sind; dass <strong>DGB</strong> und Gewerkschaften<br />

Kampagnen starten sollen, die auch mit Witz daher kommen.<br />

Arbeitszeit sollte nicht isoliert betrachtet werden, sondern<br />

es sollte mit anderen aktuellen Themen verknüpft werden,<br />

wie demographischer Wandel, Geschlechtergerechtigkeit.<br />

Arbeitszeitgestaltung, egal mit welchen Kampagnen<br />

wir nach vorne gehen, muss Optimismus verbreiten. Es<br />

muss Lust machen. Wir dürfen nicht in eine Abwehrhaltung<br />

reinkommen. Wir wollen nicht nur eng auf die Arbeit<br />

gucken, sondern auf unser ganzes Leben insgesamt, her mit<br />

dem ganzen Leben, und wir auf alle Lebensphasen achten<br />

wollen. Da kam noch einmal dieser alte Slogan von heute<br />

Morgen: Fünf Stunden mehr für Liebe und Verkehr! Das<br />

fanden wir in der Arbeitsgruppe wunderbar. Den würden<br />

wir gerne aufleben lassen. Ansonsten haben wir auch noch<br />

darüber diskutiert, dass in den Niederlanden Arbeit ganz<br />

anders definiert wird. Bei uns heißt es immer, Vollzeitarbeit<br />

ist das, was uns ausmacht. Wir wollen, dass Arbeit anders<br />

definiert wird. Es ist egal, ob ich 30, 20 oder 40 Stunden<br />

arbeite. Jeder und jede arbeitet – mehr nicht. Ob Teilzeit,<br />

Vollzeit, wie auch immer: Wir gehen arbeiten!<br />

Workshop 11: „Gesundheit“<br />

Wir haben uns in der Arbeitsgruppe sehr schnell auf den<br />

Bereich Betrieb und betriebliche Gesundheitsförderung,<br />

betriebliches Gesundheitsmanagement konzentriert und auf<br />

die Frage der Arbeitszeit. Was hat Arbeitszeit mit Gesundheit<br />

zu tun? Wir möchten euch eine zentrale Botschaft vermitteln,<br />

die lautet:<br />

Wir fordern ein ganzheitliches, geschlechtergerechtes betriebliches<br />

Gesundheitsmanagement, das auch und gerade<br />

die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit zum Thema<br />

macht. Wir sind nämlich der Meinung, dass die Zeitfrage,<br />

die Verteilung der Arbeitszeit zwischen den Geschlechtern<br />

auch eine ganz große Bedeutung für die Gesundheit von<br />

Frauen und Männern hat. Dazu gehört natürlich auch, dass<br />

wir uns darum kümmern, dass Arbeitsbedingungen verbessert<br />

werden und nicht Menschen durch Stresskurse fit für<br />

die schlechteren Arbeitsbedingungen gemacht werden.<br />

Dazu gehören generell Arbeitszeitmodelle, die eine Vereinbarkeit<br />

nicht nur von Familie und Beruf, sondern auch von<br />

Lebenszeit und Beruf zulassen. Die möchten wir gerne mit<br />

den Beschäftigten in den Betrieben gemeinsam entwickeln,<br />

weil nur die ihre eigenen Bedürfnisse kennen und dann entsprechende<br />

Modelle mit uns entwickeln können.<br />

Konferenzleitung:<br />

Liebe Kolleginnen, wir haben nun die Berichte aus den einzelnen<br />

Arbeitsgruppen gehört. Die Ergebnisse aus den einzelnen<br />

Foren werdet ihr morgen früh bei euch auf dem<br />

Tisch vorfinden. Ich möchte mich jetzt ganz herzlich bei<br />

Claudia Hartwich bedanken, die heute Morgen die schwierige<br />

Aufgabe hatte, die Konferenz in Bewegung zu bringen<br />

und uns heute den ganzen Tag zu begleiten. Claudia, ganz<br />

herzlichen Dank an dich.<br />

Eine der Berichterstatterinnen hat es auch eben schon<br />

gemacht, aber ich möchte es noch mal stellvertretend für<br />

alle tun und mich ganz besonders bei den Moderatorinnen<br />

und Expertinnen bedanken, die heute den ganzen Tag einen<br />

supertollen Job in den einzelnen Foren geleistet haben.<br />

Abschließend bedanke ich mich auch schon bei den Kolleginnen,<br />

die nachher noch ganz viel arbeiten müssen, nämlich<br />

bei den Protokollantinnen, die noch alle Ergebnisse fein<br />

schreiben müssen, damit wir sie auch morgen früh vorfinden.<br />

Auch an sie einen ganz herzlichen Dank noch mal.<br />

Jetzt bleibt mir nur noch, euch allen einen schönen erholsamen<br />

Abend zu wünschen.<br />

31


32<br />

Samstag – 26.11.2005<br />

Konferenzleitung:<br />

Ich denke, wir sind jetzt nach dem Frühsport fit für ein<br />

nächstes Event. Wir haben nämlich heute zwei Geburtstagskinder.<br />

Von dem einen Geburtstagskind haben wir heute<br />

Nacht erst erfahren, aber nur die, die so lange noch wach<br />

waren. Das ist einmal die Lisa Kotschi, die hat heute<br />

Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch. Sie hat auch gestern<br />

Abend oder heute Morgen von den Kolleginnen schon ein<br />

paar Blümchen bekommen. Ein weiteres Geburtstagskind<br />

ist Julia Cuntz. Die feiert heute einen runden Geburtstag. In<br />

dem Alter darf man das noch sagen. Julia wird 30. Herzlichen<br />

Glückwunsch!<br />

Kolleginnen, jetzt kommt das zweite warm-up. Wir singen<br />

jetzt gemeinsam Happy Birthday. Das war doch schon mal<br />

ganz gut, da sind wir uns schon mal einig. Wollen wir mal<br />

sehen, wie das heute mit den Anträgen so laufen wird.<br />

Jetzt will euch Birgit Pitsch noch etwas zu einer Streikaktion<br />

bei der Firma Gate Gourmet sagen.<br />

Birgit Pitsch – NGG, Del.Nr. 0052/01:<br />

Liebe Kolleginnen, wir haben bei der NGG zur Zeit die<br />

Situation, dass in einem unserer Betriebe, bei der Firma<br />

Gate Gourmet, einem Airline-Caterer in Düsseldorf, jetzt seit<br />

sieben Wochen gestreikt wird. Heute ist der 51. Streiktag.<br />

Gate Gourmet ist ein kleiner Betrieb in Düsseldorf mit ungefähr<br />

80 Beschäftigten. Es geht hier eigentlich um eine<br />

ganz stinknormale Tarifrunde, Entgeltrunde. Aber wie das so<br />

ist, der Arbeitgeber hat gekontert mit massiven Forderungen<br />

zu Einschnitten im Manteltarifvertragsbereich. Daran<br />

sind die Tarifverhandlungen gescheitert und die Kolleginnen<br />

und Kollegen streiken seit sieben Wochen. Hinter Gate<br />

Gourmet steckt eine so genannte Heuschrecke, nämlich<br />

Texas Pacific Union. Die Amerikaner haben klipp und klar<br />

gesagt, es wird hier keinen Tarifabschluss auf der Basis der<br />

Forderungen der Gewerkschaft geben. Das heißt, die Kolleginnen<br />

und Kollegen befinden sich auch in einer sehr<br />

schwierigen Situation, aber sie sind wild entschlossen, diesen<br />

Arbeitskampf erfolgreich zu beenden und setzen ihren<br />

Streik auch weiterhin fort.<br />

Ich würde es schön finden, wenn wir von dieser Konferenz<br />

eine Soli-Adresse schicken könnten. Es wäre noch schöner,<br />

wenn wir alle eine kleine Spende für die Kolleginnen und<br />

Kollegen übrig hätten. Sonja hat schon einen Spendenbeutel<br />

vorbereitet. Ihr seht, man kann viel mit den Taschen der<br />

IG Metall machen. Und wir haben dort eine Wandzeitung<br />

angehängt. Wenn ihr in der Pause da unterschreibt, würden<br />

wir uns sehr freuen. Wir würden dann beides nächsten<br />

Samstag mit nach Düsseldorf mitnehmen, wenn von Berlin<br />

aus eine NGG-Delegation da hinfährt. Dankeschön.<br />

Konferenzleitung:<br />

Auch dir danke, Birgit. Wir kommen jetzt zum Rückblick auf<br />

den gestrigen Tag und zu Strategien für eine gleichstellungsorientierte<br />

Arbeits- und Beschäftigungspolitik. Ursula<br />

Engelen-Kefer wird den gestrigen Tag zusammenfassen und<br />

mit einigen Anmerkungen versehen. Ursula bitte.<br />

Ursula Engelen-Kefer:<br />

Auch von mir einen herzlichen guten Morgen, liebe Kolleginnen,<br />

liebe Frauen, liebe Delegiertinnen, auch wenn der<br />

Frühsport uns eben mit Tempo mitten in die Arbeit hineingebracht<br />

hat, glaube ich, wäre es etwas vermessen, wenn<br />

ich den gestrigen Tag hier zusammenfassen wollte. Deshalb<br />

wollte ich eigentlich Folgendes tun:<br />

Ich wollte mich zunächst einmal bei all denjenigen, die in<br />

elf Arbeitsgruppen zu dem hervorragenden Ergebnis beigetragen<br />

haben, ganz, ganz herzlich bedanken. Ich finde, ihr<br />

habt eine tolle Arbeit geleistet. Dafür herzlichen Dank.<br />

Bedanken möchte ich mich aber auch bei denjenigen, die<br />

gestern Abend und heute Nacht eine Extraschicht eingelegt<br />

und all das zu Papier gebracht haben, was ihr da gestern<br />

produziert habt. Ich denke, auch denen gebührt unser ganz<br />

herzlicher Dank. Wenn es schon keine Nacht- und Schichtzuschläge<br />

gibt, dann gibt es wenigstens ein warmes Händeklatschen.<br />

Das ist doch mindestens etwas.<br />

Lasst mich ganz kurz drei wesentliche Punkte festhalten,<br />

die uns besonders deutlich geworden sind, als wir uns die<br />

zusammengefassten Ergebnisse einmal näher angesehen<br />

haben. Natürlich werden wir die Gesamtergebnisse in den<br />

nächsten Tagen und Wochen sehr sorgfältig analysieren und<br />

dann auch entsprechende strategische Konsequenzen daraus<br />

ziehen, aber drei Dinge waren besonders hervorhebenswert.<br />

Das würde ich zuallererst mit zwei Zitaten belegen


wollen. Da haben sich einige Kolleginnen über die Frage<br />

der strategischen Verbesserung der Zusammenarbeit in den<br />

Gewerkschaften geäußert. Sie sagten, dass sie erst jetzt auf<br />

der Bundesfrauenkonferenz verstanden haben, wie wichtig<br />

es ist, über die Probleme in den anderen Gewerkschaften<br />

etwas zu hören und gemeinsam darüber nachzudenken,<br />

welche Strategien künftig zum Erfolg führen können. Es<br />

gibt gleiche Ziele. Aus diesem Grunde können gemeinsame<br />

strategische neue Ansätze gefunden werden, was die branchenspezifische<br />

Untersetzung nicht ausschließen würde.<br />

Ich glaube, das sind ganz wichtige Dinge. Sie klingen zwar<br />

sehr selbstverständlich, wenn wir uns die Realität angukken,<br />

sind wir leider oft weit davon entfernt. Deshalb wollte<br />

ich das ganz besonders hervorheben. Es gibt eine weitere<br />

Botschaft. Diese Botschaft besteht darin, dass wir uns in<br />

Zukunft noch mehr als bisher darum bemühen müssen,<br />

nicht nur Konzepte und allgemeine Forderungen zu entwikkeln,<br />

sondern auch eine möglichst gute Balance zwischen<br />

derartigen allgemeinen Forderungen und ganz praktischen<br />

Beispielen zu finden. Hierzu ein Zitat aus den Protokollen:<br />

Wichtig war der Arbeitsgruppe, die vorhandenen Instrumente<br />

zur Durchsetzung und Umsetzung im Betrieb zu nutzen.<br />

Das ist ein weiterer Auftrag an uns alle, hier eine bessere<br />

Balance zwischen allgemeinen Forderungen und praktischen<br />

Beispielen zu finden.<br />

Schließlich hat mich etwas sehr gefreut, denn das Motto<br />

der diesjährigen Bundesfrauenkonferenz hat offensichtlich<br />

doch gut eingeschlagen und eine Menge an Begeisterung<br />

hervorgerufen. Deshalb wollen wir dies auch in den zukünftigen<br />

Arbeiten, Kampagnen und Initiativen von unserer<br />

Seite aufgreifen und entsprechend umsetzen und werden<br />

euch da auch entsprechende Materialien und sonstige Hilfestellung<br />

anbieten. Dazu ein Zitat: Frauen sind unerhört<br />

und verschaffen sich Gehör durch Selbstermächtigung. Wir<br />

brauchen als gesellschaftliche Gegenmacht ein gewerkschaftliches<br />

Fernsehen. Wir wollen nicht nur gehört, sondern<br />

auch gesehen werden. Ich finde, mit diesem schönen<br />

Zitat sollten wir heute unsere Arbeit beginnen. Herzlichen<br />

Dank.<br />

Konferenzleitung:<br />

Vielen Dank Ursula. Die Papiere liegen euch schon vor. Das<br />

ist eine Wahnsinnsarbeit, die die Kolleginnen gestern Abend<br />

und heute Nacht gemacht haben. Die Papiere sind sicher<br />

für uns auch Arbeitsgrundlage in den Einzelgewerkschaften,<br />

in den Bezirken, in den Landesbezirken.<br />

Als nächster Punkt war ein Grußwort der Bundesfrauenministerin<br />

angekündigt. Dieser Punkt muss leider entfallen, da<br />

die Bundesfrauenministerin abgesagt hat. Wir werden ihr<br />

aber unsere Arbeitsergebnisse zukommen lassen, damit sie<br />

weiß, was sie hier verpasst hat und welche Chance sie<br />

gehabt hätte, mit uns zu diskutieren.<br />

Kolleginnen, dann kommen wir jetzt zum<br />

Bericht der<br />

Mandatsprüfungskommission<br />

Sprecherin der Mandatsprüfungskommission:<br />

Die Mandatsprüfungskommission hat gestern getagt. Von<br />

122 gemeldeten Delegierten sind 118 anwesend. Wir sind<br />

zu 100 % eine Frauenkonferenz, wie der Name es sagt,<br />

also 118 weibliche Delegierte. Jetzt komme ich zu dem Teil,<br />

den wir nicht so positiv fanden. Wir haben zwei Delegierte<br />

bis 30 Jahre und wir haben elf Delegierte bis 40 Jahre.<br />

Damit haben wir ein Durchschnittsalter der Delegierten von<br />

50 Jahren.<br />

33


34<br />

Antragsberatung<br />

Konferenzleitung:<br />

Vielen Dank an die Mandatsprüfungskommission. Wir kommen<br />

nun zu dem nächsten Tagesordnungspunkt, dem<br />

Tagesordnungspunkt 9: Antragsberatung. Zunächst habe ich<br />

einige Hinweise zum Verfahren zu geben.<br />

Die Anträge werden in der Reihenfolge aufgerufen, wie sie<br />

euch auch vorliegen. Zuerst erhält die Antragstellerin das<br />

Wort, wenn sie es denn will. Sie muss allerdings den Antrag<br />

nicht begründen, weil in der Regel der Antrag aus dem Text<br />

schon ersichtlich ist. Wortmeldungen zu den Anträgen sind<br />

nur mit Hilfe der Wortmeldekarten möglich. Ich bitte euch,<br />

das zu beachten. Zunächst steht die Empfehlung der Antragskommission<br />

zur Abstimmung. Findet diese keine Mehrheit,<br />

wird über den Ur-Antrag abgestimmt. Liegt zu einem<br />

Antrag ein Änderungsantrag vor, wird zunächst darüber<br />

abgestimmt und dann über den Gesamtantrag.<br />

Wir kommen also zu den Anträgen Block A – Gleichstellungspolitik.<br />

Sprecherin der Antragskommission ist Sandra<br />

Temmen. Im Block A gibt es einen Initiativantrag.<br />

Ich rufe auf<br />

Antrag 001:<br />

Frauenpolitische Offensive statt<br />

„Lila Pause“<br />

Sprecherin der Antragskommission --<br />

Sandra Temmen – GdP, Del.Nr. 0057/01<br />

Dankeschön, auch von mir guten Morgen, liebe Kolleginnen.<br />

Der Antrag A 001 beschäftigt sich mit der frauenpolitischen<br />

Offensive statt „Lila Pause“. Wir haben in der<br />

Antragsberatungskommission eine Empfehlung. Die lautet:<br />

Annahme mit Änderungen, wobei ich hier noch erwähnen<br />

möchte, dass diese Änderungen keine inhaltlichen Änderungen<br />

darstellen, sondern rein redaktionell sind. Das heißt,<br />

wir haben Teile aus dem eigentlichen Antrag mit in die<br />

Begründung übernommen.<br />

Wir hatten auch jetzt noch mal eine kleine Veränderung,<br />

und zwar unter der Nr. 5 in dem Antrag zu dem Boys’ Day.<br />

Verbessert wollten wir gern in Anführungsstrichen haben.<br />

Das wäre es, was unter Nr. 5, Seite 2, noch hinzukäme.<br />

Konferenzleitung – Marianne Malkowski – IG BCE,<br />

Del.Nr. 0012/01:<br />

Ihr habt die Empfehlung der Antragskommission zu diesem<br />

Antrag gehört. Wünscht die Antragstellerin das Wort?<br />

Marita Eilrich – <strong>DGB</strong>-Bezirk Hessen/ Thüringen,<br />

Del.Nr. 0015/02:<br />

Wir sind Antragstellerin zu dieser frauenpolitischen Offensive.<br />

Ich hätte nicht so gern, dass verbessert in Anführungszeichen<br />

steht. Es ist nämlich wahrscheinlich ein Schreibfehler,<br />

ein Übermittlungsfehler. Wir wollten eigentlich damit<br />

sagen, dass er nicht verwässert werden darf. Denn ihr kennt<br />

alle die Diskussion in den Bundesländern. Es gibt auch<br />

Bestrebungen seitens der Kultusministerinnen, dieses zu<br />

verändern und einen Tag für die Jungs am gleichen Tag, an<br />

dem auch der Girls Day stattfindet, einzurichten. Dagegen<br />

wollen wir uns wenden.<br />

Kerstin Spendel – IG BCE, Del.Nr. 0008/01:<br />

Liebe Kolleginnen, ich möchte kurz zu dem Antrag Stellung<br />

nehmen. Leider sind in dem Antrag viele Themen zusammengepackt<br />

worden, wozu wir in einem Punkt eine andere<br />

Meinung vertreten. Die IG BCE spricht sich gegen eine<br />

generelle Quotierung von Ausbildungsplätzen aus, was ich<br />

hier auch kurz begründen möchte.<br />

In der IG BCE haben wir bereits seit vielen Jahren über<br />

Tarifverträge eine jährliche Ausbildungsplatzerhöhung vereinbart.<br />

Bilanzen beweisen, dass sich dieser Weg bewährt<br />

hat und wir sogar in vielen Bereichen mehr Ausbildungsplätze<br />

verbuchen können, die darüber hinausgehen.<br />

Zum Antrag selber stellt sich mir die Frage, was denn mit<br />

den Ausbildungsplätzen passieren wird, die durch die Quotierung<br />

von 50 % Frauenanteil, aus welchen Gründen auch<br />

immer, nicht mit genügend Frauen besetzt werden. Zum<br />

anderen glaube ich nicht, dass aufgrund einer Quotierung<br />

Frauen ihre Berufswahl verändern werden.<br />

Ich bin hier eher der Meinung, dass wir durch weitere<br />

Aktionen Frauen begeistern müssen, beispielsweise einen<br />

Ausbau das Girls Day vorantreiben müssen, um junge Frauen<br />

für gewerblich-technische Berufe zu gewinnen. Aus diesem<br />

Grund sprechen wir uns gegen eine Quotierung aus


und fordern euch auf, den Antrag in dem Punkt abzulehnen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Zu diesem Antrag liegen keine weiteren Wortmeldungen<br />

vor. Somit kommen wir zur Abstimmung.<br />

Die Antragsberatungskommission hat ihren Vorschlag<br />

gemacht. Sie empfiehlt mit der Änderung, verbessert in<br />

Anführungsstriche zu setzen, diesen Antrag so anzunehmen.<br />

Die Antragsberatungskommission empfiehlt also<br />

Annahme des Antrages. Wer dem Antrag so zustimmen<br />

möchte, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. Danke.<br />

Wer ist dagegen? Nein Gegenstimmen. Wer enthält sich?<br />

Niemand. Somit ist der Antrag angenommen.<br />

Wir kommen als nächstes zum<br />

Initiativantrag I:<br />

„Beibehaltung und Umsetzung des<br />

ganzheitlichen Konzepts zum bundesweiten<br />

Girls Day an den allgemeinbildenden<br />

Schulen“<br />

Ich bitte die Antragskommission um Ihre Empfehlung.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Die Antragsberatungskommission empfiehlt die Annahme<br />

des Antrages.<br />

Konferenzleitung:<br />

Gibt es dazu Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Wir<br />

stimmen ab. Wer mit diesem Initiativantrag einverstanden<br />

ist, bitte ich um sein Kartenzeichen. Danke. Gegenstimmen?<br />

Stimmenthaltungen? Somit ist der Antrag einstimmig angenommen,<br />

danke.<br />

Wir kommen zum<br />

Antrag 002:<br />

„Progressive Frauenpolitik“<br />

Sprecherin der Antragskommission:<br />

Wir empfehlen die Annahme als Material an den <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschuss<br />

mit dem Auftrag, ein frauen- und<br />

gleichstellungspolitisches Programm, auch unter Berücksichtigung<br />

anderer Anträge, C 001, Wirtschaftspolitik, und E<br />

001, <strong>Sozialstaat</strong>, zu erarbeiten und zur Diskussion zu stellen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke. Wünscht die Antragstellerin dazu das Wort? Das ist<br />

nicht der Fall. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich<br />

darf bitten, über diesen Antrag abzustimmen. Wer mit dem<br />

Vorschlag der Antragskommission einverstanden ist, bitte<br />

ich um sein Kartenzeichen. Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen?<br />

Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.<br />

Danke.<br />

Antrag A 003:<br />

„Geschlechterspezifische Datenerhebung<br />

und Statistiken“<br />

Sprecherin der Antragskommission:<br />

Hier empfehlen wir die Annahme.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht die Antragstellerin das Wort? Gibt es Wortmeldungen?<br />

Das ist nicht der Fall. Wir stimmen über den Vorschlag<br />

der Antragskommission ab. Wer damit einverstanden ist,<br />

den bitte ich um das Kartenzeichen. Danke. Gegenstimmen?<br />

Stimmenthaltungen. Somit ist dieser Antrag ebenfalls<br />

einstimmig angenommen.<br />

Es folgt<br />

Antrag A 004:<br />

„Gleichstellungsgesetz für die<br />

Privatwirtschaft“<br />

Sprecherin der Antragskommission:<br />

Hier empfehlen wir ebenfalls die Annahme des Antrages.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht hier die Antragstellerin das Wort? Das ist nicht der<br />

Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Der Vorschlag ist: Annahme.<br />

Wer dafür ist, den bitte ich um das Kartenzeichen.<br />

Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Einstimmige<br />

Annahme, danke.<br />

Ich rufe den auf<br />

Antrag A 005:<br />

„Für nachhaltige Verbesserung im<br />

Landesgleichstellungsrecht“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Hier empfiehlt die Antragsberatungskommission die Annahme<br />

mit Änderungen, wobei auch hier wieder gesagt sei,<br />

35


36<br />

dass die Änderungen nicht inhaltlicher, sondern rein redaktioneller<br />

Art sind.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht die Antragstellerin dazu das Wort? Das ist nicht<br />

der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dafür ist, den<br />

bitte ich um das Kartenzeichen. Danke. Gegenstimmen?<br />

Stimmenthaltungen? Somit ist auch dieser Antrag einstimmig<br />

angenommen.<br />

Antrag A 006:<br />

Entschließung zu „Keine Auflösung der<br />

Konferenz der Gleichstellungs- und<br />

Frauenministerinnen“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Hier empfehlen wir die Annahme, ebenfalls mit Änderungen.<br />

Auch hier sei wieder gesagt, es sind keine inhaltlichen<br />

Änderungen, sondern redaktionelle. Der mittlere Teil des<br />

Antrages wurde als Begründung aufgenommen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht die Antragstellerin das Wort? Wir kommen zur<br />

Abstimmung. Wer mit dem Antrag einverstanden ist, den<br />

bitte ich um das Kartenzeichen. Danke. Gibt es Gegenstimmen?<br />

Stimmenthaltungen? Somit ist der Antrag einstimmig<br />

angenommen. Vielen Dank.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Ich bedanke mich auch.<br />

Konferenzleitung:<br />

Ab jetzt ist Frauke Gützkow Sprecherin der Antragsberatungskommission.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission –<br />

Frauke Gützkow, GEW, Del.Nr. 0018/01:<br />

Guten Morgen, liebe Kolleginnen, auch zu diesem Antrag<br />

empfiehlt die Antragsberatungskommission Annahme mit<br />

redaktionellen Änderungen. Auch hier haben wir einige<br />

Antragstextpassagen in die Antragsbegründung genommen.<br />

Deshalb unsere Empfehlung: Annahme in dieser Form.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht hier die Antragstellerin das Wort? Das ist nicht der<br />

Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung des Antrags A 007.<br />

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen.<br />

Danke. Stimmenthaltungen? Gegenstimmen? Der<br />

Antrag ist einstimmig angenommen. Danke.<br />

Die A 008 und A 009 wurden von der Antragsberatungskommission<br />

zusammengefasst beraten. Wir bitten euch,<br />

diese beiden Anträge jetzt gemeinsam zu behandeln.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Das Thema „Ausweitung der Umlagefinanzierung der<br />

Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld durch die Arbeitgeber auf<br />

alle Betriebe“ wurde von zwei Antragstellerinnen gemacht.<br />

Die Anträge sind fast wortgleich. Der A 008 ist etwas präziser,<br />

indem es nicht nur „<strong>DGB</strong>“, sondern „<strong>DGB</strong>-Bundesvorstand“<br />

heißt. Deshalb empfehlen wir die Annahme von<br />

Antrag A 008 und der Antrag A 009 wäre damit erledigt.<br />

Konferenzleitung:<br />

Gibt es hier Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Dann<br />

steht der Vorschlag der Antragskommission zur Abstimmung.<br />

Wer sich damit einverstanden erklären kann, den<br />

bitte ich um das Kartenzeichen. Danke. Gibt es Gegenstimmen?<br />

Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall – einstimmig<br />

angenommen.<br />

Wir kommen zum<br />

Antrag A 010: „Antidiskriminierungsgesetz“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Als wir den Antrag im Sommer beraten hatten, waren die<br />

politischen Entscheidungen oder Weichenstellungen noch<br />

nicht ganz abgeschlossen. Mittlerweile ist es so, dass es ein<br />

komplett neues Gesetzgebungsverfahren geben muss. Wir<br />

haben uns deshalb entschieden, unsere Empfehlung von<br />

der Sitzung im Sommer noch mal zu ändern und euch einen<br />

neuen Vorschlag vorgelegt, den Antrag mit folgenden<br />

Änderungen anzunehmen:<br />

Die Änderungen liegen euch vor. Wir empfehlen Annahme<br />

einschließlich dieser ausgedruckten Änderungen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Haben alle den Änderungsvorschlag zur Hand? Wünscht zu<br />

diesem Punkt die Antragstellerin das Wort? Das scheint<br />

nicht der Fall zu sein. Wir kommen zur Abstimmung über<br />

den Antrag A 010, wie die Antragskommission vorgeschlagen<br />

hat. Wer damit einverstanden ist, bitte ich um das Kartenzeichen.<br />

Danke. Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen?<br />

Das sehe ich nicht. Somit ist der Antrag angenommen.


Wir kommen unter dem Punkt A zu einem Initiativantrag,<br />

der euch auch vorliegt. Er heißt:<br />

„Rote Karte gegen Zwangsprostitution,<br />

Unterstützung und Beteiligung an der Kampagne<br />

des Deutschen Frauenrates anlässlich<br />

der Fußballweltmeisterschaft 2006“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Die Antragskommission hat die Begründung für den Initiativantrag<br />

geprüft und festgestellt, das ist ein Initiativantrag.<br />

Wir empfehlen euch den Antrag zur Annahme.<br />

Konferenzleitung:<br />

Gut. Gibt es dazu Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall.<br />

Ich bitte daher um Abstimmung des Initiativantrags „Rote<br />

Karte gegen Zwangsprostitution“. Gibt es Gegenstimmen?<br />

Stimmenthaltungen? Somit ist der Antrag einstimmig angenommen.<br />

Ich bin jetzt mit meinem Block durch. Ellen Maurer macht<br />

weiter. Schönen Dank, Frauke, für die Arbeit.<br />

Konferenzleitung – Ellen Maurer, ver.di,<br />

Del.Nr. 0068/01:<br />

Wir beginnen mit Block B. Ich begrüße eine neue Sprecherin<br />

der Antragskommission. Das ist Gabriele Ulbrich, herzlich<br />

willkommen. Ich hoffe, wir werden das gemeinsam meistern.<br />

Wir haben im Antragsblock B einen Änderungsantrag zu B<br />

002 bis 005 und einen Initiativantrag zum Thema Abfindungen.<br />

Das vorab für euch, damit ihr schon ein bisschen eure<br />

Unterlagen sortieren könnt.<br />

Wir kommen zum<br />

Antrag B 001: „Entschließung zur<br />

diskriminierungsfreien Tarifpolitik,<br />

Weiterentwicklung einer geschlechterdemokratischen<br />

Tarifpolitik“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission –<br />

Gabriele Ulbrich, IG Metall, Del.Nr. 0043/01:<br />

Wir empfehlen die Annahme des Antrags als Material, weil<br />

der erste Teil des Antrages die EU-Rechtsprechung wiedergibt.<br />

Die Forderungen beginnen im Grunde genommen bei<br />

den Ziffern, nämlich 1 bis 4. Davon sind einige schon erledigt.<br />

Es gibt also schon Checklisten, beispielsweise durch<br />

das Projekt vom <strong>DGB</strong> erstellt, einige noch nicht. Deswegen<br />

empfehlen wir, dass der Antrag zur weiteren Bearbeitung<br />

an den <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschuss geht.<br />

Konferenzleitung:<br />

Dankeschön. Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.<br />

Wünscht die Antragstellerin das Wort? Das ist nicht der Fall.<br />

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Empfehlung der Antragskommission<br />

folgen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen.<br />

Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? Dann<br />

ist das so beschlossen.<br />

Wir kommen zum Änderungsantrag zu den<br />

Anträgen B 002 bis B 005: „Für einen<br />

gesetzlichen Mindestlohn“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Wir empfehlen die Annahme des Änderungsantrages, der<br />

euch auf dem Tisch ausliegt. Die anderen Anträge, die<br />

gleichzeitig aufgerufen worden sind, gehen als Material zu<br />

diesem Antrag.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht die Antragstellerin das Wort?<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Ich werde gerade darauf aufmerksam gemacht, dass ich<br />

das natürlich korrekt machen muss. Wir haben ja den Änderungsantrag<br />

noch mal geändert. Insofern empfehlen wir die<br />

Änderung der Änderung, also Abänderung zu B 002.<br />

Konferenzleitung:<br />

Jetzt hat für die Antragstellerin die Kollegin Rademacher<br />

mit der Teilnehmernummer 034 von der IG Metall das Wort.<br />

Lilo Rademacher – IG Metall, Del.Nr. 0034/01:<br />

Liebe Frauen, ich denke, die Frage des gesetzlichen Mindestlohns<br />

ist ein ganz wichtiger Punkt in unserer gewerkschaftlichen<br />

Diskussion. Deswegen möchte ich auch nachdrücklich<br />

für den Änderungsantrag hier auf dieser Konferenz<br />

werben. Wir wollen alle, und das ist auch die Botschaft,<br />

die an die große Koalition gehen muss, dass wir<br />

einen gesetzlichen Mindestlohn in einer Höhe, die oberhalb<br />

der Armutsgrenze liegt, fordern.<br />

Kolleginnen und Kollegen, es gibt viele unterschiedliche<br />

Branchen, wo Frauen unter ganz schlimmen Arbeitsbedingungen,<br />

unter ganz schlimmen Verdiensten arbeiten müssen.<br />

Hinzu kommt, das ist auch besonders ein Thema, was<br />

37


38<br />

Frauen angeht, dass insbesondere auch in den prekären<br />

Arbeitsverhältnissen, ich meine die ganzen Leiharbeitsverhältnisse,<br />

zunehmend auch Frauen beschäftigt werden. Hier<br />

haben wir auch Verdienstregelungen, die einem die Schamesröte<br />

ins Gesicht treiben. Wir wissen auch, dass viele<br />

Frauen in Branchen arbeiten, wo die Betriebe nicht verbandsgebunden<br />

sind und von daher auch keine tarifliche<br />

Regelungen Anwendung finden.<br />

Deswegen noch mal nachdrücklich mein Werben für diesen<br />

Antrag. Aber ich möchte euch auch bitten, wenn wir hier in<br />

diesem Antrag den <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand, den <strong>DGB</strong>-Frauenausschuss<br />

und die Mitgliedsgewerkschaften auffordern,<br />

einen Gesetzentwurf zur gesetzlichen Mindestlohnregelung<br />

vorzulegen, in die politische Diskussion zu bringen, dass wir<br />

dabei auch berücksichtigen, was die tarifvertraglichen<br />

Regelungen in Einzelgewerkschaften sind. Deswegen, Kolleginnen<br />

und Kollegen, stimmt diesem Änderungsantrag zu.<br />

Ich glaube, dass wir – gemäß unserem Motto: Wir sind<br />

nicht unerhört, sondern wir schaffen uns Gehör – mit diesem<br />

Antrag auch eine wegweisende Regelung anstoßen<br />

können. Danke.<br />

Heidrun Strüwing – IG BCE, Del.Nr. 0007/01:<br />

Liebe Kolleginnen, die Debatte und die Anträge über den<br />

gesetzlichen Mindestlohn stimmen uns sehr nachdenklich,<br />

denn es geht hierbei auch um die Zukunft unserer Gewerkschaftsarbeit.<br />

Ein großes Pfund der Gewerkschaftsarbeit ist<br />

es doch, dass Tarifverträge abgeschlossen werden können,<br />

Tarifverträge unterschiedlicher Facetten und Themen, so<br />

auch Entgelttarifverträge. Ließen wir uns dieses mit einem<br />

Gesetz zu Mindestlöhnen nicht total aus der Hand nehmen?<br />

Die Arbeitgeber werden sich bei Verabschiedung<br />

eines solchen Gesetzes dem selbstverständlich anpassen<br />

mit der Entgelthöhe, auch wenn sie vorher mehr als den<br />

vereinbarten Mindestlohn gezahlt haben, nämlich nach<br />

Tarif. Forcieren wir hier nicht auch die Flucht aus dem<br />

Arbeitgeberverband? Organisieren wir es uns hierbei nicht<br />

selber, dass unsere Mitglieder in Scharen aus der Gewerkschaft<br />

austreten, wenn kein tariftreuer Lohn mehr gezahlt<br />

wird. Für einen nicht geringen Teil unserer Mitglieder würde<br />

ein gesetzlicher Mindestlohn bedeuten, dem bisher erreichten<br />

Standard den Rücken zu kehren und einen Rückschritt<br />

in Kauf zu nehmen. Wollen wir das mit diesen Anträgen<br />

wirklich erreichen?<br />

Es ist ja einzusehen, dass es in anderen Branchen der<br />

Gewerkschaften anders gelagerte Probleme gibt als in der<br />

IG BCE. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir besser<br />

den Gewerkschaften den Rücken stärken können in den<br />

Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern, damit auf dieser<br />

Strecke Erfolge gemeldet werden können. Es gibt doch in<br />

jeder Region die Möglichkeit, sich über eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung<br />

an einen geltenden Tarif anzulehnen.<br />

Wir können diesen Anträgen jedenfalls nicht zustimmen.<br />

Danke.<br />

Margret Mönig-Raane – ver.di, Del.Nr. 0008/02:<br />

Guten Morgen, liebe Kolleginnen. Zum Thema Mindestlohn:<br />

Wie schaffen wir es, Arbeit in Würde – und dazu gehört ein<br />

existenzsicherndes Einkommen durch Arbeit – zu realisieren?<br />

Selbstverständlich ist für uns als Gewerkschaften der<br />

allererste Weg, gute Tarifverträge abzuschließen. Der Blick<br />

rundherum in diesem Land zeigt aber, dass es zunehmend<br />

Bereiche gibt, die nicht mehr tarifvertraglich geschützt sind,<br />

und dass Arbeitgeber zu dem Trick greifen, dort, wo wir<br />

hohen Organisationsgrad, gute Tarifverträge haben, Teile<br />

der Belegschaft, auch der Kernbelegschaft, auszugründen,<br />

sie als unternehmensinterne Leiharbeitsfirma zu deklarieren<br />

und diese Beschäftigen zu einem Drittel weniger Lohn und<br />

Gehalt zu vermieten, Arbeitnehmerüberlassung zu machen.<br />

Leider ist das auch seit der letzten Gesetzesänderung unbefristet<br />

möglich.<br />

Das ist nur ein Beispiel dafür, wie Löhne und Gehälter nach<br />

unten gedrückt werden, wie Tarifeinkommen der anderen<br />

Beteiligten wahnsinnig unter Druck kommen. Ihr kennt alle<br />

den Einzelhandel. Wir haben Beispiele, wo Unternehmen<br />

ganze Kassenzonen ausgliedern und dort Leiharbeitnehmerinnen<br />

beschäftigen zu einem Tarifvertrag, der – wenn es<br />

sehr gut geht – ein Tarifvertrag ist, der mit den <strong>DGB</strong>-<br />

Gewerkschaften abgeschlossen wurde. Wir haben aber<br />

zunehmend die Beobachtung, dass die so genannten christlichen<br />

Gewerkschaften Tarifverträge abschließen, die nach<br />

dem Motto gehen: Die Arbeitgeber schicken denen einen<br />

Tarifvertrag zu und sagen, das hätten wir gerne von euch<br />

unterschrieben. Dann kriegen die das unterschrieben<br />

zurückgeschickt. Die haben kein Mitglied im Betrieb, aber<br />

es ist egal, das formale Erfordernis eines Tarifvertrages ist<br />

gegeben.<br />

Ich glaube, das zeigt, dass wir ehrlich konzedieren müssen:<br />

Wir als Gewerkschaften sind nicht in der Lage, im Augenblick<br />

auch nur die Standards zu verteidigen. Wenn das so<br />

ist, dann suche ich doch nach Instrumenten, wie wir das<br />

schaffen. Das eine ist, dass wir wirklich mit viel Phantasie<br />

gucken, wie machen es andere erfolgreiche Gewerkschaften,<br />

Terrain zurückerobern. Diese Forderung geht an uns<br />

selber und ist auch durch nichts abzubedingen. Aber darüber<br />

hinaus müssen wir ja sehen, wie wir diese Strategie<br />

stärken können.


Ich war viele, viele Jahre Gegnerin eines gesetzlichen Mindestlohns,<br />

weil ich gesagt habe, wir Gewerkschaften, wir<br />

regeln das selber. Aber wirklich ein Blick ringsum, auch in<br />

unsere gut organisierten Bereiche zeigt, wir schließen die<br />

Augen vor der Wirklichkeit.<br />

Natürlich nehme ich die Sorgen sehr ernst, die sagen, drükken<br />

oder ziehen wir damit nicht das Lohn- und Gehaltsniveau<br />

nach unten? Geben wir damit nicht den Arbeitgebern<br />

sozusagen das Entree zu sagen, na ja, also, diese astronomischen<br />

Löhne und Gehälter oder Stundenlöhne zahlen wir<br />

jetzt nicht mehr. Wir müssen ja nur so viel bezahlen. Diese<br />

Gefahr besteht, das ist richtig. Und die Arbeitgeber werden<br />

das überall dort machen, wo wir nicht in der Lage sind,<br />

durch eigene Kraft Besseres durchzusetzen. Aber da verweise<br />

ich auf meine ersten Ausführungen. Ohne Mindestlohn<br />

haben wir diese Kraft auch nicht, entsprechend bessere<br />

Tarifverträge durchzusetzen. Insofern bin ich tief davon<br />

überzeugt, dass Tarifautonomie und Mindestlohn sich nicht<br />

ausschließen, sondern gesetzlicher Mindestlohn sozusagen<br />

zur Stabilisierung von tarifvertraglichen Niveaus beiträgt<br />

und beitragen kann. Wenn ich mich umgucke, wie es den<br />

Gewerkschaften in Großbritannien ergangen ist, die viele,<br />

viele Jahre diskutiert haben, ob sie das gut oder schlecht<br />

finden. Erst mal fanden sie es mehrheitlich schlecht und<br />

wollten es nicht, dann hat die Labour-Regierung – hört,<br />

hört, die Labour-Regierung – es 1999 eingeführt und inzwischen,<br />

glaube ich, die sechste oder siebte Erhöhung gehabt.<br />

Und wir haben in Großbritannien, also mit wirklich neoliberaler<br />

Wirtschaftspolitik par excellence, inzwischen einen<br />

Mindestlohn, der bei 7,60 Euro liegt. Davon sind wir in<br />

Deutschland in vielen Bereichen weit entfernt, übrigens<br />

auch in tariflich fixierten Bereichen weit entfernt.<br />

Die Kraft der Gewerkschaften und der Tarifverträge ist nicht<br />

1:1 vergleichbar, das ist richtig, aber klar ist: Die englischen<br />

Gewerkschaften sehen, es hat die Lohn- und Einkommensentwicklung<br />

stabilisiert und diesen Fall nach unten<br />

gestoppt. Es gibt keine Beschäftigten mehr, die unterhalb<br />

dieses Lohnes und Einkommens beschäftigt werden. Auch<br />

die Sorge, dass damit Arbeitsplätze wegfallen, ist weg. Und<br />

es ist ein probates Rezept gegen das, was Angela Merkel<br />

gestern Abend bei der Kommunalen Vereinigung erzählt<br />

hat, nämlich wir brauchen die Einführung eines Niedriglohnsektors.<br />

Das brauchen wir genau nicht. Das ist Gift für<br />

die Menschen, die dort arbeiten, Gift für diese Volkswirtschaft<br />

und Gift für die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit.<br />

Ich glaube also, das Konzept Mindestlohn ist eine Chance,<br />

die wir wahrnehmen sollten, die nicht im Gegensatz zu<br />

Tarifautonomie steht, sondern im Gegenteil diese stabilisiert.<br />

Aber auch dort kommt von nichts nichts, das ist klar.<br />

Also, unsere eigene Kraft weiterentwickeln und stärken, das<br />

ist ein Konzept, was wir in jedem Fall brauchen und wo ich<br />

auch zuversichtlich bin, dass wir nach Jahren des Rückgangs<br />

eine ganze Menge Anhaltspunkte haben, ein paar in<br />

meiner eigenen Gewerkschaft, ich sehe sie bei der IG<br />

Metall, bei anderen Gewerkschaften, wirklich ganz hoffnungsvolle<br />

Zeichen, dass wir diese Talsohle auch wieder<br />

durchschreiten können. Da ist der Mindestlohn eine Hilfe<br />

und kein kontraproduktives Mittel.<br />

In dem Sinn bitte ich euch, damit alle Kolleginnen zustimmen<br />

können, den Änderungsantrag anzunehmen. Lieber<br />

wäre mir eine ganz klare Forderung, das ist klar, aber wir<br />

wollen es ja gemeinsam voranbringen. Darum, denke ich,<br />

ist der Änderungsantrag der richtige Weg, hier zu einer<br />

gemeinsamen Willensbildung zu kommen. Ich danke euch.<br />

Monika Zimmermann – ver.di, Del.Nr. 0075/01:<br />

Das ist jetzt nicht mehr so erforderlich, weil dem eigentlich<br />

nichts mehr hinzuzufügen ist. Ich wollte nur mit Nachdruck,<br />

auch mal leidenschaftlich sagen: Instrumente, die uns zur<br />

Verfügung stehen, sollen wir benutzen. Ich würde mich riesig<br />

freuen, wenn wir hier vielleicht auch Einstimmigkeit<br />

schaffen könnten, damit die anderen Gewerkschaften<br />

sehen, perspektivisch kann ihnen genau das Gleiche passieren,<br />

was derzeit in bestimmten Bereichen in unserem Land<br />

passiert.<br />

Birgit Pitsch – NGG, Del.Nr. 0052/01:<br />

Liebe Kolleginnen, wir haben den Antrag B 002 eingereicht,<br />

Margret, in der klaren Formulierung, die du dir gewünscht<br />

hättest. Wir sind natürlich ein bisschen traurig, dass dieser<br />

Antrag nun abgeändert wird, aber wir haben uns genauso<br />

jetzt auf den Änderungsantrag eingestellt, weil ich der Meinung<br />

bin – Margret hat es gesagt –, wir sollten hier mit<br />

einer wirklich breiten Mehrheit zu dieser Problematik Mindestlohn<br />

aus der Konferenz herausgehen.<br />

Margret hat von einem Niedriglohnsektor gesprochen, den<br />

die neue Bundeskanzlerin fordert. Kolleginnen, ich bin der<br />

Meinung, wir haben ihn bereits. Die Zahlen sagen es auch<br />

ganz deutlich. Über 7,7 Mio. Menschen arbeiten im sogenannten<br />

Niedriglohnbereich. Das sind Einkommen zwischen<br />

50 und 75 % des so genannten Durchschnittseinkommens.<br />

2,5 Mio. Menschen, auch Vollzeitbeschäftigte, verdienen<br />

sogar unter 50 % des Durchschnittseinkommens und haben<br />

somit schon Einkommen unterhalb der Armutsgrenze, denn<br />

die Armutsgrenze beginnt bei 50 %. Ein Großteil dieser<br />

Beschäftigten sind Frauen. Das heißt, dieser Antrag ist wirklich<br />

in unserem ureigensten Interesse.<br />

39


40<br />

Margret hat schon alles gesagt, warum also soll ich das<br />

noch groß ergänzen. Aber noch mal aus der Sicht der NGG:<br />

Wir organisieren die unterschiedlichsten Bereiche. Wir sind<br />

hier in einem völlig neuen Hotel. Ihr habt sicherlich gestern<br />

Abend gemerkt, wir sind hervorragend betreut worden. Es<br />

war sehr viel Personal hier im Saal. Aber habt ihr auch mal<br />

gefragt, ob sie Beschäftigte dieses Hauses sind? Habt ihr<br />

gefragt, was sie verdienen? Ich denke, dann sagt das<br />

Thema schon alles. Das ist die Realität, mit der wir zu tun<br />

haben, dass wir auf der einen Seite immer öfter fragen, sind<br />

es eigentlich noch Beschäftigte, wann haben wir es mit outgesourcten<br />

Abteilungen zu tun? Ein Haus wie dieses wird<br />

wahrscheinlich gar nicht viel mehr als 100, 150 Stammbeschäftigte<br />

haben. Das ist eben unser Problem.<br />

Viel häufiger haben wir das Problem, dass wir für Mitglieder,<br />

die Tariflöhne nach dem Tarifvertrag einklagen und<br />

dann vor dem Arbeitsgericht erfahren, dass der Arbeitgeber<br />

schon lange nicht mehr Mitglied im Arbeitgeberverband ist.<br />

Das heißt, es entsteht gar keine Tarifbindung und wir können<br />

nicht einmal mehr die Tariflöhne einklagen. Mit einem<br />

gesetzlichen Mindestlohn hätten wir hier diese Auffanglinie,<br />

die wir wirklich dringend brauchen.<br />

Oder in der privaten Hauswirtschaft sind auch Arbeitgeber,<br />

häufig die berühmt-berüchtigte Putzhilfe. Da schließen wir<br />

Tarifverträge ab. Die meisten Kolleginnen werden schwarz<br />

beschäftigt. Und wenn sie dann mal zu uns kommen,<br />

haben wir ganz häufig das Problem, dass der Arbeitgeberhaushalt<br />

– häufig Menschen wie du und ich – eben nicht<br />

im Deutschen Hausfrauenbund organisiert ist und wir keinen<br />

Tariflohn einklagen können, obwohl es einen gibt.<br />

Liebe Kolleginnen von der BCE, da nützt uns auch die Allgemeinverbindlichkeit<br />

nicht. Das haben meine Vorgängerinnen<br />

alle leidlich versucht. Wir sind alle kläglich gescheitert.<br />

Wir können einfach die Voraussetzungen nicht erfüllen, das<br />

heißt, in diesem Fall der Deutsche Hausfrauenbund. Wir<br />

kriegen die Allgemeinverbindlichkeit nicht. Wir kriegen sie<br />

auch schon lange nicht mehr für das Hotel- und Gaststättengewerbe.<br />

Da bin ich selber leidgeprüft. In Niedersachsen<br />

haben wir es gerade noch mal durchgekriegt, aber in allen<br />

anderen Bundesländern sind wir damit gescheitert. Von<br />

daher, Kolleginnen, haben wir gar keine Alternative zu<br />

einem gesetzlichen Mindestlohn, zumindest in der heutigen<br />

Situation.<br />

Noch etwas: Menschen, die zu wenig verdienen, haben<br />

auch keine Kaufkraft. Die können die Binnennachfrage nicht<br />

ankurbeln. Menschen, die zu wenig verdienen, zahlen in<br />

der Regel keine oder nur ganz geringe Steuern. Die können<br />

auch die Haushaltslöcher nicht stopfen helfen. Und sie zahlen<br />

ganz geringe Sozialversicherungsbeiträge. Das bedeutet,<br />

entweder keine Leistung, keine Ansprüche aus der Sozialversicherung,<br />

oder aber später Armut im Alter, weil die<br />

Rente kläglich gering ist. Insofern haben wir uns in der<br />

NGG entschieden. Wir werden dem Abänderungsantrag<br />

zustimmen. Ich bitte euch ganz herzlich, macht das auch.<br />

Dankeschön.<br />

Konferenzleitung:<br />

Liebe Kolleginnen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen<br />

vor. Wir kommen deshalb zur Abstimmung. Wer für die<br />

Empfehlung der Antragskommission – Annahme des Änderungsantrags<br />

zu B 002 in der abgeänderten Fassung –<br />

stimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen.<br />

Danke. Gibt es Gegenstimmen? Das sind neun Gegenstimmen.<br />

Gibt es Enthaltungen? Dann ist der Antrag mit großer<br />

Mehrheit angenommen.<br />

Wir kommen zum<br />

Antrag B 006, „Kampagne gegen<br />

Niedriglohn“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Auch diesen Antrag haben wir nicht sinngemäß verändert,<br />

sondern wir haben die Beschlussteile und die Begründungsteile<br />

getrennt, und empfehlen die Annahme dieses Antrags<br />

mit den entsprechenden Änderungen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht die Antragstellerin das Wort. Das ist nicht der Fall.<br />

Dann kommen wir auch hier zur Abstimmung. Wer für die<br />

Empfehlung der Antragskommission stimmen möchte, bitte<br />

ich jetzt ums Kartenzeichen. Gegenstimmen? Enthaltungen?<br />

Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen.<br />

Wir kommen zum Antrag<br />

B 007: „Abschaffung des Ehegattensplittings<br />

und der Lohnsteuerklasse V<br />

sowie Einführung einer geschlechtergerechten<br />

Individualbesteuerung“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Ich möchte euch zu Beginn eine Stelle des <strong>DGB</strong>-Grundsatzprogramms<br />

vorlesen. Seite 19 steht: „Außerdem begünstigt<br />

das Steuersystem das veraltete Modell eines Familienernährers.<br />

Gewerkschaften setzen sich für die Individualbesteuerung<br />

der Einkommen ein. Die Steuervorteile des Ehegattensplittings<br />

müssen begrenzt und schrittweise zugunsten


eines Familienlastenausgleichs abgeschafft werden.“ Es<br />

gibt auch noch einen Beschluss. Den lese ich jetzt nicht vor,<br />

weil ich finde, der Satz reicht. Insofern behaupten wir, dieser<br />

Antrag hat sich durch die Beschlusslage erledigt.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht die Antragstellerin dazu das Wort? Das ist nicht<br />

der Fall. Wortmeldungen liegen mir ebenfalls nicht vor.<br />

Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer der Empfehlung<br />

der Antragskommission zustimmen möchte, den bitte ich<br />

jetzt ums Kartenzeichen. Enthaltungen? Neinstimmen? Bei<br />

sechs Enthaltungen ist diese Empfehlung so beschlossen.<br />

Wir kommen zum<br />

Antrag B 008: „Individuelle Besteuerung“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Ich habe den Satz gerade vorgelesen. Der beinhaltete auch<br />

die individuelle Besteuerung. Deswegen finden wir, auch<br />

dieser Antrag hat sich erledigt durch Beschlusslage.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht die Antragstellerin das Wort? Das ist nicht der Fall.<br />

Dann kommen wir auch hier zur Abstimmung. Wer für die<br />

Empfehlung ist, den bitte ich ums Kartenzeichen. Gegenstimmen?<br />

Enthaltungen? Sechs Enthaltungen.<br />

Wir kommen jetzt zum<br />

Initiativantrag Nr. 3: „Keine Verschlechterung<br />

der Besteuerung von Abfindungen“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Die Empfehlung ist kurz und schlicht: Wir empfehlen<br />

Annahme.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht die Antragstellerin noch das Wort? Das ist nicht<br />

der Fall. Wortmeldungen liegen ebenfalls nicht vor. Wir<br />

kommen zur Abstimmung des Initiativantrages Nr. 3 mit der<br />

Empfehlung Annahme. Wer dafür stimmen möchte, den<br />

bitte ich ums Kartenzeichen. Gegenstimmen? Enthaltungen?<br />

Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag einstimmig<br />

beschlossen.<br />

Wir kommen zum<br />

Antrag B 009: „Gegen die Einführung von<br />

Studiengebühren“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Hier haben wir darauf verzichtet, euch ein neues Papier vorzulegen,<br />

aber wir müssen unsere Beschlussempfehlung<br />

ändern. Den Antrag, auf den wir uns bezogen haben, der<br />

unter Nr. 82 beim <strong>DGB</strong>-Bundeskongress beschlossen wurde,<br />

bezieht sich ausschließlich auf die Erstsemester, so dass wir<br />

jetzt nicht einfach sagen können, dass dieser Antrag durch<br />

die Beschlusslage erledigt wurde. Da wir natürlich durch<br />

unsere ursprüngliche Empfehlung nicht mehr genau die<br />

Worte in dem Antrag überprüft haben, müssen wir jetzt<br />

natürlich auch noch streichen, und zwar erste, zweite Zeile:<br />

wie auch der <strong>DGB</strong>-Bezirksvorstand Hessen-Thüringen. Das<br />

muss gestrichen werden. Dann wird aus dem haben ein<br />

hat. Wir finden, es ist nur eine redaktionelle Änderung und<br />

ändern unsere Empfehlung in Annahme.<br />

Konferenzleitung:<br />

Ist das allen klar geworden oder gibt es noch Nachfragen?<br />

Wünscht die Antragstellerin das Wort? Weitere Wortmeldungen<br />

liegen ebenfalls nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung<br />

über den Antrag B 009 mit einer Änderung und<br />

geänderter Empfehlung, nämlich Annahme des Antrags.<br />

Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen.<br />

Gegenstimmen? Enthaltungen? Dann ist dieser<br />

Antrag so einstimmig angenommen.<br />

Wir sind gut in der Zeit und können noch den Block C vor<br />

der Kaffeepause bearbeiten. Da wird mich Hannelore Buls<br />

als Sprecherin der ABK unterstützen.<br />

Wir haben den ersten<br />

Antrag C 001: „Wirtschaftspolitik“<br />

Hierzu hat die Sprecherin der Antragskommission das Wort.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission –<br />

Hannelore Buls, ver.di, Del.Nr. 0071/01:<br />

Die Antragskommission hat drei Anträge als Material an<br />

den Bundesfrauenausschuss des <strong>DGB</strong> verwiesen, um daraus<br />

ein frauenpolitisches Programm zu erstellen. Dieser Antrag<br />

C 001 gehört dazu.<br />

Konferenzleitung:<br />

Es hat das Wort die Antragstellerin Monika Brandl.<br />

41


42<br />

Monika Brandl – ver.di, Del.Nr. 0064/01:<br />

Liebe Kolleginnen, ich möchte darum bitten, dass die Empfehlung<br />

der Antragsberatungskommission als Annahme<br />

Material geändert wird in Annahme.<br />

Warum wollen wir das? Wir sind der Meinung, dass aufgrund<br />

der aktuellen politischen Verhältnisse – sprich, der<br />

Koalitionsvertrag ist beschlossen – es ganz wichtig ist, dass<br />

dieser Antrag nicht auf die lange Bank geschoben wird,<br />

sondern dass wir den jetzt annehmen. Der Koalitionsvertrag<br />

heißt für uns: Verschlechterungen, Verschlechterungen. Von<br />

daher müssen wir jetzt entgegensetzen: Wir brauchen eine<br />

feministische Neuausrichtung von Wirtschaft und Beschäftigung.<br />

Und wir brauchen auch eine entsprechende Antiarmutsdiskussion<br />

und eine Antiarmutspolitik und nicht eine<br />

Armutspolitik. Unter den konkreten Handlungsebenen steht<br />

genau, was wir wollen, und das jetzt und nicht erst in<br />

einem Programm. Wir brauchen nicht – so wie es im Koalitionsvertrag<br />

steht – eine zweijährige Probezeit. Wir brauchen<br />

keine Verschlechterung bei Hartz IV. Das ist schon<br />

schlecht genug. Und wir brauchen kein Anlegen neuer<br />

struktureller Armut, insbesondere keine Wiederkehr der<br />

Altersarmut – da sind wir dabei, die ganz stark zu bekämpfen<br />

– und nicht, dass die Armut weiblich bleibt. Von daher<br />

bitte ich euch ganz herzlich, die Empfehlung Annahme des<br />

Antrags. Ich denke, es wäre auch eine erste Positionierung<br />

aus der <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz heraus, zu sagen,<br />

nein, das unterstützen wir nicht. Von daher bitte ich euch<br />

um Annahme des Antrags. Danke.<br />

Konferenzleitung:<br />

Weitere Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor. Damit<br />

kommen wir zur Abstimmung über die Empfehlung der Antragskommission,<br />

nämlich Annahme als Material. Wer der<br />

Empfehlung der Antragskommission zustimmen möchte,<br />

den bitte ich ums Kartenzeichen. Gegenstimmen? Das müssen<br />

wir auszählen lassen. Wir bitten die Mitglieder der<br />

Mandatsprüfungs- und Zählkommission sich links und<br />

rechts in den Gängen aufzustellen. Wenn ihr alle bereit<br />

seid, dann stimmen wir jetzt noch mal ab über die Empfehlung<br />

der Antragskommission, Annahme als Arbeitsmaterial.<br />

Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich ums Kartenzeichen.<br />

Wer dieser Empfehlung nicht folgen will, den bitte ich jetzt<br />

ums Kartenzeichen.<br />

Wir kommen noch zu den Enthaltungen. Wer möchte sich<br />

enthalten? Ich sehe zwei Kolleginnen. Das Ergebnis: Wir<br />

haben 45 Stimmen für die Annahme der Empfehlung der<br />

ABK und 65 Neinstimmen und zwei Enthaltungen. Damit ist<br />

die Empfehlung der Antragskommission abgelehnt.<br />

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ursprungsantrag.<br />

Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich<br />

jetzt ums Kartenzeichen. Gibt es Gegenstimmen? Gibt es<br />

Enthaltungen? Bei 15 Gegenstimmen und sieben Enthaltungen<br />

ist der Antrag angenommen.<br />

Wir haben nun die Anträge C 002 und C 003 zusammengefasst<br />

zu beraten. Dazu kommt der Änderungsantrag zu<br />

C 002: „Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Ich habe es so verstanden, dass wir jetzt erst über den<br />

Änderungsantrag abstimmen und möchte den im Auftrag<br />

der Antragstellerinnen kurz erläutern. Zum einen geht es<br />

hier um eine Ergänzung im Absatz unter 1. Da soll eingefügt<br />

werden, „für Arbeitslose, die aufgrund der Partnereinkommensanrechnung<br />

aus dem Leistungsbezug ausscheiden<br />

(Nichtleistungsempfängerinnen) sowie für Frauen, die aufgrund<br />

von vorheriger Kindererziehungs- und Pflegezeiten<br />

keinen Leistungsanspruch haben, (Berufsrückkehrerinnen)<br />

ist der Zugang zu Vermittlung und Arbeitsförderung sicherzustellen,<br />

insbesondere durch Verfügbarkeit der dazu notwendigen<br />

Finanzmittel.“<br />

Dieser Ergänzungsantrag wurde deshalb gestellt, weil hier<br />

unter 1. auf die Leistungsbezieher und -bezieherinnen<br />

abgestellt wurde. Das ist hier erkennbar an den Klammern<br />

ALG I und ALG II. Es wurde nicht erwähnt, dass es auch<br />

einen nennenswert großen Personenkreis gibt, denen diese<br />

Leistungen aufgrund des nicht vorhandenen Leistungsanspruches<br />

nicht zugänglich sind. Das soll hiermit geändert<br />

werden.<br />

Es gibt eine zweite Ergänzung im Absatz 4. Hier soll eingefügt<br />

werden: „Die Verfügbarkeit darf bei Erziehung und<br />

Pflege nicht aufgehoben werden. Der Zugang zu Vermittlung<br />

und Arbeitsförderung ist auch für diese Personengruppe<br />

sicherzustellen.“ Diese Einfügung soll erfolgen, weil im<br />

Moment durch die Verfügbarkeitsprüfungen wieder für<br />

einen größer werdenden Personenkreis wieder eine Situation<br />

entsteht, wie wir sie früher auch im Bundessozialhilferecht<br />

hatten, dass nämlich Leistungen gewährt werden,<br />

ohne dass diese Personen als arbeitslos gelten. Denn der<br />

Status der Arbeitslosigkeit ist nach dem SGB III von der Verfügbarkeit<br />

abhängig. Das würde bedeuten, dass wir hier<br />

wieder dazu zurückkehren, solange die Regelungen im § 16<br />

SGB III nicht ausgeführt werden. Das bedeutet, die Verfügbarkeit<br />

der Kinderbetreuung und auch Hilfestellung zur<br />

Pflege.


Es hätte weiterhin den Effekt, dass Frauen, die nicht Leistungsempfängerinnen<br />

sind und sich arbeitslos melden wollen,<br />

wenn ihnen diese Verfügbarkeit aberkannt wird, auch<br />

nicht mehr ihre Rentenansprüche weiterschreiben können.<br />

Deswegen soll hier diese Einfügung erfolgen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Für die Antragstellerin hat jetzt Ute Maier mit der Delegiertennummer<br />

063 das Wort.<br />

Ute Maier – ver.di, Del.Nr. 0063/01:<br />

Liebe Frauen, ich bitte euch im Namen der ver.di-Frauen<br />

dem Änderungsantrag zuzustimmen. Die Begründung ist ja<br />

geliefert worden. Wir bitten euch aber anderseits den<br />

Antrag C 002, den ursprünglichen Antrag, nicht anzunehmen<br />

vor dem Hintergrund, dass im Punkt 3 im ursprünglichen<br />

Antrag stand: „Die Anrechnung von Partnerfamilieneinkommen<br />

und Haushaltseinkommen ist aufzuheben.“<br />

Jetzt stand da nur noch: „... insbesondere die verschärfte<br />

Anrechnung...“ Ursula hat ausgeführt, dass die verschärfte<br />

Anrechnung mittlerweile eine Forderung ist. Aber wir Frauen<br />

waren immer im Rahmen unserer Frauenpolitik dafür, für<br />

Frauen eine eigenständige individuelle Existenzgrundlage zu<br />

sichern. Das sollte hier auch im Rahmen der Hartz-Gesetze<br />

entsprechend gewährleistet werden.<br />

Deshalb bitten wir euch, die Änderung in der Ziffer 3 nicht<br />

mit anzunehmen, insgesamt also den Antrag anzunehmen,<br />

ohne die Ziffer 3, sondern dort den Ursprungsantrag zu<br />

gewährleisten, damit wir Frauen auch unerhört sind, so wie<br />

wir das auf unserer Delegiertentagung haben, damit wir<br />

unsere eigenständige Existenzsicherung – auch mit unseren<br />

langjährigen Beschlüssen, die wir dazu haben – weiter<br />

festigen und untermauern.<br />

Claudia Chirizzi – ver.di, Del.Nr. 0114/01:<br />

Ich möchte nicht zur Verwirrung beitragen. Wir bitten darum,<br />

die Empfehlung der Antragskommission abzulehnen<br />

und den Antrag in seiner Ursprungsfassung anzunehmen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Noch mal zur Debatte. Wir diskutieren gerade über mehrere<br />

Anträge. Das muss von Anfang an klar sein. Abgestimmt<br />

wird separat. Da aber die einzelnen Anträge miteinander<br />

verquickt sind, wir entweder Änderungsanträge zu einem<br />

Antrag haben oder aber mit der Empfehlung entsprechende<br />

Auswirkungen haben, werden sie gemeinsam diskutiert.<br />

Das sieht das Regularium so vor. Bei der Abstimmung kommen<br />

wir dann zu getrennten Abstimmungen.<br />

Die Empfehlung der Antragskommission lautet: Annahme<br />

des Änderungsantrages zu C 002, der euch vorliegt, heute<br />

Morgen ausgeteilt. Die Empfehlung der Antragskommission<br />

zu C 002 lautet: Annahme mit Änderungen, dann auch mit<br />

der eingefügten Formulierung, die bereits mit dem Änderungsantrag<br />

ggf. beschlossen wurden. Die Empfehlung der<br />

Antragskommission zu C 003 lautet: Erledigt durch Annahme<br />

des Antrages C 002. Das ist der Hintergrund, warum die<br />

Anträge gemeinsam diskutiert werden müssen, sonst würden<br />

sie sich ggf. bereits erledigt haben, bevor sich eine Kollegin<br />

dazu zu Wort melden kann.<br />

Mir liegen im Moment keine weiteren Wortmeldungen vor.<br />

Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den Änderungsantrag<br />

zu C 002. Die Empfehlung der Antragskommission,<br />

die Hannelore vorhin noch einmal begründet hat, lautet:<br />

Annahme. Wer dieser Empfehlung zustimmen möchte,<br />

den bitte ich um das Kartenzeichen. Gibt es Gegenstimmen?<br />

Enthaltungen? Bei einigen wenigen Enthaltungen ist<br />

dieser Änderungsantrag angenommen.<br />

Noch mal der Hinweis, wir haben jetzt nur über den vorliegenden<br />

Änderungsantrag abgestimmt. Das ist der Änderungsantrag<br />

zu dem Antrag C 002. Dieser Änderungsantrag,<br />

der heute Morgen auf euren Tischen lag, ist jetzt<br />

angenommen. Antragsteller waren die ver.di-Frauen. Das<br />

war nur noch mal zur Erläuterung, weil ich einige komische<br />

Gesichter sehe.<br />

Jetzt kommen wir zum Antrag C 002, bisher haben wir<br />

lediglich über den Änderungsantrag abgestimmt.<br />

Also, noch mal zu den Regularien: Der Antrag C 002 steht<br />

jetzt zum Aufruf an. Beschlossen haben wir bisher lediglich<br />

zwei Einfügungen, eine im Absatz 1 und eine im Absatz 4.<br />

Denn die Empfehlung der Antragskommission hatte keinen<br />

anderen Charakter, als lediglich die Annahme des vorliegenden<br />

Änderungsantrags, der nur zwei kleine Kapitel ergänzt<br />

bzw. Einfügungen vorgenommen hat.<br />

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Antrag C 002.<br />

Dort sind bereits zwei Änderungen beschlossen worden.<br />

Und die Antragskommission empfiehlt darüber hinaus weitere<br />

Änderungen, wie ihr sie rechts ausgedruckt neben dem<br />

Ursprungsantrag findet. Dazu hat jetzt die Sprecherin der<br />

Antragskommission noch mal das Wort.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Wir sind uns im Moment etwas uneinig. Da muss gerade<br />

noch eine Beratung stattfinden.<br />

Konferenzleitung:<br />

O.k., dann sind wir sowieso bei der ursprünglichen Pausenzeit<br />

angelangt. Das ist wunderbar. Ich schlage also vor, dass<br />

wir jetzt die halbe Stunde Pause machen und danach ggf.<br />

43


44<br />

mit einer geänderten Empfehlung der Antragskommission<br />

oder was auch immer weitermachen.<br />

Jetzt habe ich einen Antrag zur Geschäftsordnung vorliegen.<br />

Irmgard Eifel – ver.di, Del.Nr. 0103/01:<br />

Diese Anträge sind aufgerufen und es ist für mich schlechterdings<br />

unmöglich, dass wir jetzt eine Pause machen und<br />

die aufgerufenen Anträge einfach in der Schwebe hängen<br />

lassen. Ich denke, die sind zur Abstimmung aufgerufen und<br />

jetzt müssen wir abstimmen. Das ist meine Meinung.<br />

Konferenzleitung:<br />

Gibt es dazu Gegenrede?<br />

Monika Brandl – ver.di, Del.Nr. 0064/01:<br />

Ich spreche dagegen, denn die Antragskommission braucht<br />

eine Auszeit, um sich zu beraten. Von daher beantrage ich<br />

eine Pause.<br />

Konferenzleitung:<br />

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung über den Geschäftsordnungsantrag.<br />

Wer für den Antrag ist, die Anträge<br />

jetzt weiter zu beraten und nicht erst nach der Pause, den<br />

bitte ich jetzt ums Kartenzeichen. Das ist eine Ja-Stimme.<br />

Gegenstimmen? Das ist die deutliche Mehrheit. Deshalb<br />

gehen wir jetzt in die Kaffeepause, die um Punkt 11.00 Uhr<br />

endet.<br />

Kolleginnen, nutzt bitte die Pause, zum Zimmer Auschecken<br />

und außerdem gibt es drüben auch noch einen kleinen<br />

Stand, wo vom Sozialforum T-Shirts und einige andere<br />

Dinge angeboten werden. Es wäre schön, wenn die eine<br />

oder andere von euch sich darauf noch besinnen würde.<br />

Und die Kollegin, die für eine Schule in Afghanistan und für<br />

Bildung für Mädchen in Afghanistan etwas tun will, steht<br />

hier in der Mitte und würde gerne ihre CD’s loswerden.<br />

Da drüben gibt es auch noch den Aushang für die Kolleginnen<br />

von Gate Gourmet. Es wäre schön, wenn ihr das große<br />

Plakat unterschreiben würdet und auch noch eine kleine<br />

Spende dazu tun würdet, damit die Kolleginnen in ihrem<br />

Streik weiter unterstützt werden. Dankeschön.<br />

Kaffeepause<br />

(Anmerkung der Redaktion: erneute Störung beim Protokollmitschnitt,<br />

somit wurden die Diskussionsbeiträge nicht<br />

erfasst. Die Entscheidungen der Konferenz über die Anträge<br />

wurden mitgeschrieben)<br />

Die Änderungsanträge zu C 002 wurden angenommen und<br />

der Antrag C 002 in der geänderten Fassung wurde von der<br />

Konferenz angenommen.<br />

Antrag C 003 ist durch die Annahme C002 erledigt.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Die Empfehlung für den Antrag C 004 lautet Annahme mit<br />

diesen Änderungen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht die Antragstellerin das Wort? Das ist nicht der Fall.<br />

Wortmeldungen liegen mir hierzu nicht vor. Wir kommen<br />

zur Abstimmung über die Empfehlung der Antragskommission.<br />

Wer dieser folgen möchte, den bitte ich jetzt ums Kartenzeichen.<br />

Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? Dann<br />

ist der Antrag einstimmig angenommen.<br />

Hannelore, vielen Dank. Das war auch der letzte Antrag<br />

zum Block C, den ich beraten habe. Ich gebe jetzt weiter an<br />

meine Kollegin Birgit Pitsch.<br />

Konferenzleitung – Birgit Pitsch, NGG, Del.Nr.<br />

0052/01:<br />

Danke, Ellen. Ich rufe jetzt den Antragsblock D auf. Die<br />

Sprecherin der Antragskommission ist Martina Schulte. Ich<br />

rufe auf den Antrag D 001: „Arbeitszeit“.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission – Martina<br />

Schulte, NGG, Del.Nr. 0050/01:<br />

Liebe Kolleginnen, hier empfiehlt die Antragsberatungskommission:<br />

Annahme des Antrags.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke, Martina. Wünscht die Antragstellerin das Wort? Das<br />

ist nicht der Fall. Wortmeldungen liegen hier auch nicht vor.<br />

Wir kommen zur Abstimmung. Wer für die Empfehlung ist,<br />

den bitte ich um das Kartenzeichen. Danke. Gegenprobe,<br />

wer ist dagegen? Danke. Wer enthält sich? Damit ist der<br />

Antrag einstimmig angenommen.<br />

Wir kommen zu Antrag<br />

D 002: „Arbeitszeit“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Darüber brauchen wir eigentlich nicht mehr abstimmen,<br />

denn hier lautet unsere Empfehlung ja Annahme als Material<br />

zu D 001, was mit der Annahme des Antrags D 001 ja<br />

schon erledigt ist.


Konferenzleitung:<br />

Das war mein Fehler. Ich hätte sie zusammen aufrufen müssen.<br />

Wir korrigieren das jetzt dadurch, dass wir die Empfehlung<br />

der ABK noch mal hier bestätigen. Also, wer ist für die<br />

Empfehlung der ABK? Dankeschön. Gegenprobe? Wer enthält<br />

sich? Damit ist diese Empfehlung auch einstimmig<br />

angenommen. Dankeschön.<br />

Zum Antrag<br />

D 003: „Gesundheitsschutz und Arbeitszeit“<br />

Martina, du hast das Wort.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Auch hier empfiehlt die Antragsberatungskommission<br />

Annahme des Antrages.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht die Antragstellerin das Wort? Das ist nicht der Fall.<br />

Hier liegen keine Wortmeldungen vor. Kommen wir also<br />

auch hier zur Abstimmung. Wer für die Annahme ist, den<br />

bitte ich um das Kartenzeichen. Danke. Gegenprobe? Enthaltungen?<br />

Beides nicht der Fall, somit einstimmig angenommen.<br />

Ich rufe dann den<br />

Antrag D 004 auf, „Verschlechterung des<br />

Ladenschlussgesetzes“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Die Empfehlung der Antragsberatungskommission lautet<br />

hier: Annahme als Material an den <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschuss.<br />

Konferenzleitung:<br />

Es ist eine Wortmeldung eingegangen. Sprichst du für die<br />

Antragstellerin? Wünscht die Antragstellerin das Wort? Das<br />

ist nicht der Fall. Dann hat jetzt Gisberta Pirner das Wort.<br />

Gisberta Pirner – ver.di, Del.Nr. 0083/01:<br />

Liebe Kolleginnen, zu dem Antrag möchte ich uns aktuelle<br />

Informationen mit auf den Weg geben. Wie ihr wisst, macht<br />

die Begehrlichkeit der Deregulierer auch vor den Samstagen<br />

nicht Halt. Wir möchten euch deshalb bitten, auf die anstehenden<br />

Aktionen des ver.di-Bereichs Handel aufmerksam zu<br />

machen. Das ist uns ganz, ganz wichtig. Unser Ziel ist, dass<br />

zu den jetzt schon möglichen vier öffnungsfreien Sonntagen<br />

im Jahr keine weiteren mehr hinzukommen. Da sind wir uns<br />

sicher einig. Dafür danke ich euch, danke.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke Kollegin. Weitere Wortmeldungen?<br />

Marita Eilrich – Del.Nr. 0015/02:<br />

Als Antragstellerin für diesen Antrag glaube ich nicht, dass<br />

wir ihn ablehnen sollten, wenn ich mir vor Augen halte,<br />

dass allein in Frankfurt jetzt der 1. Adventssonntag offen<br />

ist, die Kirchen protestieren, die Gewerkschaften protestieren,<br />

und uns im Zuge der Fußballweltmeisterschaft nächstes<br />

Jahr ganze Wochen mit Rund-um-die-Uhr-Ladenöffnungszeiten<br />

drohen, denke ich schon, wäre es gerechtfertigt, diesen<br />

Antrag – entgegen der Empfehlung der Antragsberatungskommission<br />

– anzunehmen. Danke.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der<br />

Fall. Dann noch mal zur Klarstellung: Die Antragsberatungskommission<br />

hat nicht Ablehnung empfohlen, sondern<br />

Annahme als Material an den <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschuss.<br />

Über diese Empfehlung stimmen wir jetzt ab. Wer für die<br />

Empfehlung ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. Danke.<br />

Gegenprobe? Dankeschön. Enthaltungen? Keine Enthaltung<br />

und 17 Neinstimmen, damit ist die Empfehlung der<br />

Antragsberatungskommission angenommen. Danke.<br />

Wir kommen zum<br />

Antrag D 005: „Verschlechterung der<br />

Arbeitsbedingungen von Frauen durch<br />

Veränderungen des Arbeitsrechts verhindern“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Die Empfehlung der Antragsberatungskommission lautet:<br />

Annahme des Antrages.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke. Wird das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall.<br />

Wortmeldungen liegen hier auch nicht vor. Wir kommen zur<br />

Abstimmung. Wer für die Empfehlung ist, den bitte ich um<br />

das Kartenzeichen. Danke. Wer ist dagegen? Enthaltungen?<br />

Somit einstimmig angenommen.<br />

Jetzt rufe ich erst mal den Initiativantrag Nr. 4 auf, „Keine<br />

Verschlechterung des Kündigungsschutzes“.<br />

45


46<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Die Antragsberatungskommission empfiehlt Annahme.<br />

Konferenzleitung:<br />

Gibt es dazu Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall, dann<br />

kommen wir zur Abstimmung. Wer für die Empfehlung ist,<br />

den bitte ich um das Kartenzeichen. Dankeschön. Wer ist<br />

dagegen? Enthaltungen? Somit einstimmig angenommen.<br />

Jetzt rufe ich gemeinsam die Anträge D 006 und D 007 auf.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Beim Antrag D 006 empfiehlt die Antragsberatungskommission<br />

Annahme und bei dem Antrag D 007 lautet unsere<br />

Empfehlung: Material zu Antrag D 006.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke Martina. Für die Antragstellerinnen wird jetzt Isolde<br />

Ries sprechen.<br />

Isolde Ries (Gastteilnehmerin NGG):<br />

Ich rede jetzt zum Antrag, der zur Annahme empfohlen ist,<br />

weil sich eine neue Entwicklung aufgetan hat. Michael<br />

Sommer hat vorgestern gesagt, dass er Briefe unterschrieben<br />

hat, weil sich in der EU was getan hat. Das hat sich<br />

bezogen auf die EU-Dienstleistungsrichtlinie. Wir hatten es<br />

geschafft – gerade NGG war da federführend, in dem wir<br />

die Zustände in der Fleischwarenindustrie durch die osteuropäischen<br />

Arbeiter deutlich machen konnten – die Regierung<br />

dazu zu bewegen, diese Dienstleistungsrichtlinie abzulehnen,<br />

vor allem das Herkunftslandprinzip rauszuholen.<br />

Evelyn Gebhard, die Sprecherin des Binnenmarktausschusses<br />

hat auch einen Vorschlag vorgelegt, der hätte voll<br />

unterstützt werden können. Jetzt haben vorgestern EVP<br />

und die Liberalen diesen Vorschlag gekippt und einen<br />

marktgängigen Vorschlag vorgelegt. Das heißt, das Herkunftslandprinzip<br />

soll in der Regel gelten.<br />

Wir haben nichts gegen Markt und Wettbewerb. Jeder<br />

Dienstleister soll auch in jedem EU-Land tätig werden können,<br />

aber bitteschön immer nach dem Arbeitsortprinzip. Wir<br />

müssen dafür kämpfen, dass Gewerkschaftsrechte, Tarifautonomie,<br />

Sozial- und Arbeitsrecht von uns und von jedem<br />

einzelnen Land erhalten bleibt. Jetzt besteht die große<br />

Gefahr, dass durch diese Stärkung der Konservativen das<br />

von uns fast nicht mehr abgewendet werden kann. Im<br />

Oktober sollte ursprünglich eine Großkundgebung in Brüssel<br />

stattfinden. Die hat man verschoben. Jetzt findet sie am<br />

14. Januar statt. Ich kann nur jetzt schon mal aufrufen,<br />

dass sich alle an dieser Aktion beteiligen. Das geht an die<br />

Substanz der Gewerkschaften, wenn das durchkommt.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke Isolde. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht<br />

der Fall. Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung über die<br />

Empfehlung der Antragsberatungskommission. Wer für die<br />

Empfehlung ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. Danke.<br />

Gegenprobe, wer stimmt dagegen? Niemand. Enthaltungen?<br />

Auch niemand, somit ist die Empfehlung einstimmig<br />

angenommen. Die Anträge D 006 und D 007 sind damit<br />

erledigt.<br />

Das war dann auch der Part von Martina, herzlichen Dank.<br />

Wir kommen jetzt zum nächsten Block „<strong>Sozialstaat</strong> und<br />

soziale <strong>Sicherung</strong>“. Für die Antragsberatungskommission<br />

spricht jetzt Irene Merklein-Lempp.<br />

Ich rufe den Antrag auf:<br />

E 001: „<strong>Sozialstaat</strong>sdiskussion“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission –<br />

Irene Merklein-Lempp, IG BAU, Del.Nr. 0001/01:<br />

Die Empfehlung der Antragsberatungskommission lautet:<br />

Annahme als Material an den <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschuss,<br />

ähnlich wie Antrag A 002 beschlossen wurde. Wir sehen<br />

diese beiden Anträge im Zusammenhang.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke, Irene. Wünscht die Antragstellerin das Wort? Das ist<br />

nicht der Fall. Weitere Wortmeldungen liegen auch nicht<br />

vor, wir können also gleich zur Abstimmung kommen. Wer<br />

für die Empfehlung ist, den bitte ich um das Kartenzeichen.<br />

Danke. Wer spricht dagegen? Niemand. Enthaltung? Auch<br />

keine, einstimmig angenommen. Dankeschön.<br />

Wir kommen zu den Anträgen E 002 und E 003, die ich<br />

zusammen aufrufe.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Die Antragsberatungskommission empfiehlt die Annahme<br />

des Antrags E 002. Damit erledigt sich der Antrag E 003,<br />

der fast wortgleich ist.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke. Gibt es hierzu Wortmeldungen? Das ist nicht der<br />

Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer ist für die Annahme<br />

der Empfehlung? Danke. Wer stimmt dagegen? Wer enthält<br />

sich? Dann ist auch diese Empfehlung einstimmig angenommen.<br />

Danke.


Wir kommen zum Antrag<br />

E 004: „Gleichstellung aller Mütter bei der<br />

Anrechnung der Erziehungszeiten für die<br />

Rente“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Die Empfehlung der Antragsberatungskommission lautet:<br />

Dieser Antrag ist durch die Beschlusslage der <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz<br />

von 2001 erledigt.<br />

Konferenzleitung:<br />

Gibt es dazu Wortmeldungen? Keine. Dann kommen wir zur<br />

Abstimmung. Wer für die Empfehlung ist, den bitte ich um<br />

das Kartenzeichen. Danke. Wer stimmt dagegen? Niemand.<br />

Wer enthält sich? Bei einer Enthaltung ist die Empfehlung<br />

somit angenommen. Danke.<br />

Die nächsten Anträge werden wieder zusammen aufgerufen.<br />

Es geht um<br />

E 005: „Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis<br />

für Migrantinnen für die Dauer von<br />

arbeitsrechtlichen Streitigkeiten“,<br />

und E 006: gleichlautend.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Die Empfehlung der Antragsberatungskommission lautet:<br />

Annahme.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke. Die Antragstellerin möchte sich dazu äußern. Irene,<br />

du hast jetzt das Wort als Antragstellerin.<br />

Irene Merklein-Lempp – IG BAU, Del.Nr. 0001/01:<br />

Ich wollte nur noch mal an ein paar wenigen Beispielen<br />

verdeutlichen, welche Zustände in diesem Bereich herrschen<br />

und was uns dazu gebracht hat, diesen Antrag zu<br />

stellen.<br />

Ein Beispiel ist, dass im Bereich der Agrarwirtschaft im Gartenbau<br />

Erntehelfer aus überwiegend osteuropäischen Staaten<br />

eingesetzt werden, die für sechs oder acht Wochen angeheuert<br />

werden, und wo von vornherein für den Arbeitgeber<br />

klar ist, dass er die letzten zwei Wochen oder die letzte<br />

Woche nicht mehr bezahlt. Es ist also gang und gäbe, dass<br />

die Leute für sechs Wochen angeheuert werden, die ersten<br />

vier Wochen bezahlt und die letzten zwei Wochen nicht<br />

bezahlt bekommen.<br />

Ein zweites Beispiel ist, dass sich Arbeitgeber durch Selbstanzeige<br />

dem entziehen, ihre illegalen Beschäftigten überhaupt<br />

bezahlen zu müssen. Durch die Selbstanzeige werden<br />

diese illegalen Beschäftigten sofort nach Hause geschickt.<br />

Die Bezahlung können sie nicht mehr einklagen. Und wenn<br />

die Leute dann in ihren Heimatländern sitzen, haben sie<br />

hier keine Lobby, die sich für sie einsetzt. Deswegen sind<br />

wir der Meinung, dass die ein Aufenthalts- und ein Arbeitserlaubnisrecht,<br />

um den Aufenthalt überhaupt finanzieren zu<br />

können, haben müssen, um ihre Forderungen durchsetzen<br />

zu können.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke, Irene. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht<br />

der Fall. Dann stimmen wir ab. Wer ist für die Empfehlung?<br />

Dankeschön. Gegenprobe, wer ist dagegen? Wer enthält<br />

sich? Danke. Damit ist der E 005 einstimmig angenommen<br />

und E 006 erledigt.<br />

Danke, Irene, für deine Arbeit. Für die Antragskommission<br />

spricht jetzt die Kollegin Petra Adolph.<br />

Ich rufe auf:<br />

Antrag E 007: „Für eine solidarische und<br />

geschlechtergerechte Bürgerversicherung“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission –<br />

Petra Adolph, IG BCE, Del.Nr. 0014/01:<br />

Hier lautet die Empfehlung der Antragsberatungskommission:<br />

Annahme in der vorliegenden Form.<br />

Konferenzleitung:<br />

Dankeschön. Gibt es Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall.<br />

Dann bitte ich um die Abstimmung. Wer ist für die Empfehlung?<br />

Danke. Gegenprobe, wer ist dagegen? Wer enthält<br />

sich? Bei zwei Enthaltungen ist die Empfehlung somit<br />

angenommen.<br />

Wir kommen zum<br />

Antrag E 008: „Gesundheitspolitik für<br />

Frauen“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Da geht es um die Gesundheitspolitik für Frauen und insbesondere<br />

um den Gender-Gedanken in der Gesundheitspolitik.<br />

Wir haben da eine Änderung vorgenommen, die lediglich<br />

redaktioneller Art ist, also ein Teil des Antrages ist in<br />

47


48<br />

die Begründung gewandert. Wir empfehlen Annahme mit<br />

den Änderungen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke, Petra. Gibt es Wortmeldungen? Das ist nicht der<br />

Fall. Dann bitte ich um Abstimmung. Wer ist für die Empfehlung?<br />

Danke. Enthaltungen? Keine. Wer ist dagegen?<br />

Niemand. Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.<br />

Danke.<br />

Ich rufe jetzt gemeinsam die Anträge E 009 und E<br />

010 auf mit dem Abänderungsantrag zu E 009 und E<br />

010, wobei wir jetzt zunächst über die Empfehlung der<br />

Antragsberatungskommission zum Abänderungsantrag<br />

abstimmen werden.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Wir haben uns beide Anträge und den Änderungsantrag<br />

vorgenommen und haben gesehen, dass es ein Extrakt ist<br />

aus dem, was in E 009 und in E 010 formuliert ist. Punkte<br />

sind dort weitgehend berücksichtig. Ich werde versuchen,<br />

das jetzt mal ein bisschen zusammenzufassen, weil das ja<br />

relativ viel ist.<br />

Neu ist z.B., was unter 3. eingefügt ist, nämlich dieser<br />

zweite Spiegelstrich, dass ein ärztliches Attest erforderlich<br />

ist, und unter 4. der erste Spiegelstrich, nämlich die<br />

bezahlte Freistellung und auch die Verwendung angesparter<br />

Mehrarbeit sowie den Gender-Gedanken auch in der<br />

Pflege zu berücksichtigen. Was in diesem Änderungsantrag<br />

fehlt, ist das, was in E 010 beschrieben ist, nämlich die<br />

Ankündigungsfristen.<br />

Wir sind jetzt mit den Anträgen so verfahren, dass wir<br />

sagen, wir empfehlen Annahme des Änderungsantrages<br />

und sagen dann, dass das, was E 009 und in E 010<br />

beschrieben ist, praktisch als Material als Anhang an diesen<br />

Änderungsantrag angehangen wird.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke Petra. Wir haben jetzt zwei Wortmeldungen.<br />

Zunächst Kollegin Kirsten Rölke von der IG Metall als<br />

Antragstellerin zu E 009 und anschließend Anne Jenter, die<br />

zum Änderungsantrag sprechen wird.<br />

Kirsten Rölke – IG Metall, Del.Nr. 0036/01:<br />

Liebe Kolleginnen, wir wollen alles. Das sagen wir seit<br />

Jahrzehnten. Wir wollen qualifiziert lernen, wollen qualifizierte<br />

und entwicklungsfähige Arbeitsplätze. Auch das Wort<br />

Karriere sollte für uns kein Fremdwort sein – oft geschrie-<br />

ben, oft beschlossen. Wir wollen leben mit Partnern, mit<br />

Partnerinnen, mit Kindern in Familien oder in anderen Formen.<br />

Wir wollen eben selbstbestimmt leben. Und wir wollen<br />

dieses Leben auch gesellschaftlich flankieren mit sozialversicherungspflichtigen<br />

Arbeitsplätzen in allen außerhäuslichen<br />

Bereichen, nämlich für die Kinderbetreuung ab<br />

null, wie wir es gestern aus den Arbeitsgruppen gehört<br />

haben, oder auch im Pflegebereich, wie es in unserem<br />

Antrag E 009 formuliert ist. Und da Unfälle und Herzinfarkte<br />

etc. sich nicht planen lassen, ergänzt der Antrag E<br />

010 die zu schaffenden notwendigen Zeiten, um Pflege<br />

auch organisieren zu können.<br />

Kolleginnen, wir wollen eben nicht das Familienmodell, in<br />

dem die Frau für alles zuständig ist, nur nicht für sich<br />

selbst und für ihre Entwicklungsmöglichkeiten, und damit<br />

in der Falle landet. Deshalb lehnen wir den Änderungsantrag<br />

ab und bitten euch, ebenfalls diesen Änderungsantrag<br />

abzulehnen, weil wir in diesem Antrag eben auch widersprüchliche<br />

Tendenzen sehen.<br />

Es ist uns nicht ganz klar, warum unser Antrag E 009 umformuliert<br />

worden ist. Es mag sein, dass der Satz, der<br />

gleich oben zu Beginn bei uns steht, irgendwo anders<br />

schöner ist. Das ist die eine Umformulierung. Die zweite<br />

Umformulierung unten hat uns erst recht verwundert, dass<br />

nämlich der <strong>DGB</strong> in seiner Unterstützungsfunktion überhaupt<br />

nicht mehr gefragt ist, weil wir die Frage Demenzkranker<br />

ja bereits im E 009 drin hatten. Ihr habt unten<br />

gesehen unter unserer Auflistung von 1 bis 6, der <strong>DGB</strong><br />

unterstützt die Mitgliedsgewerkschaften bei der Vereinbarung<br />

tarifvertraglicher Regelungen. Gut, wir sind eine <strong>DGB</strong>-<br />

Frauenkonferenz, da ist es – glaube ich – wenig sinnvoll,<br />

solche Sachen rausfallen zu lassen. Wir sehen, dass wir mit<br />

dem E 010 ebenfalls die ganzen Möglichkeiten der Arbeitszeitregelung<br />

ordnungsgemäß auf die Reihe bringen, weil<br />

wir da ja in einer Entwicklungsgeschichte sind.<br />

Kolleginnen und Kollegen, für uns aber ganz unverständlich<br />

ist die Formulierung, dass wir oben unseren Eingangssatz<br />

zum Teil ja übernommen bekommen, wo wir sagen,<br />

wir sind gegen die Einführung einer Pflegezeit analog der<br />

Elternzeit, aber unten unter 3. dieses dann konterkarieren<br />

mit der Forderung nach gesetzlichen Regelungen für eine<br />

entsprechende Lohnersatzleistung.<br />

Kolleginnen, genau das ist aber dann die Pflegezeit. Das<br />

ist nur anders formuliert. Das finde ich dann doch etwas<br />

trickreich. Wir würden gerne unseren Antrag so durchsetzen,<br />

weil wir eben nicht in dieser Falle landen wollen. Deswegen<br />

bitte ich euch den Änderungsantrag abzulehnen<br />

und E 009 und E 010 in ihrer Ursprungsfassung anzunehmen.


Kolleginnen, wir wollen nicht ständig vom skandinavischen<br />

Modell mit seinen vielen sozialversicherungspflichtigen qualifizierten<br />

Arbeitsplätzen rund um den Menschen reden. Wir<br />

wollen es so machen. Deswegen bitte ich euch, so zu verfahren.<br />

Dankeschön.<br />

Anne Jenter – GEW, Del.Nr. 0020/01:<br />

Liebe Kolleginnen, ich spreche für den Änderungsantrag,<br />

sage aber gleich vorweg, wir haben uns aufgrund der Diskussion<br />

heute Morgen darauf geeinigt, dass wir den Änderungsantrag<br />

als Änderungsantrag zurückziehen, dass aber<br />

dieser Text als Material zu den Anträgen E 009 und 010<br />

genommen wird und an den <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschuss<br />

gerichtet wird. Ich möchte es jetzt auch begründen.<br />

Ich möchte nicht, dass die Diskussion heute zugemacht<br />

wird über dieses letzte Thema, was Kirsten Rölke gerade<br />

auch angeschnitten hat. Wir sind völlig mit euch der gleichen<br />

Meinung. Wir wollen nicht, dass das traditionelle<br />

Arbeitsverteilungsmodell zwischen Männern und Frauen<br />

zementiert wird. Genau deswegen brauchen wir, so wie es<br />

bei uns, wie es bei der IG Metall drin steht, die Verbesserung<br />

und den Ausbau der professionellen Pflege. Wir brauchen<br />

auch die Demenzkranken in der Pflegeversicherung<br />

drin. Das steht bei uns auch so drin und das soll auch weiterhin<br />

unterstützt werden.<br />

Jetzt komme ich zu den Arbeitszeitregelungen. Die kurzfristige<br />

Freistellung für Notfälle, das ist der eine Fall, der eintritt,<br />

ist sehr wichtig. Aber es gibt, und das wissen wir<br />

schon jetzt aus Statistiken, immer mehr Pflegefälle. Und<br />

solange wir nicht tatsächlich die professionelle Pflege ausgebaut<br />

haben, wissen wir, dass viele pflegende Angehörige<br />

es nicht leisten können, gleichzeitig berufstätig zu sein und<br />

zu pflegen. In der jetzigen Situation, wo es für die keine<br />

Schutzregelungen gibt, fliegen die ganz aus der Berufstätigkeit<br />

raus. Von den Männern weiß ich es nicht, es sind sicher<br />

auch verschwindend wenige, aber es sind derzeit 16 % der<br />

Frauen, die zwischen 40 und 64 Jahre alt, erwerbsfähig<br />

sind und unfreiwillig ganz draußen sind. Ich finde, es ist<br />

wichtig, dass wir uns darüber noch mal unterhalten. Ich<br />

halte es für notwendig, dass Gewerkschaft für die Frauen<br />

ein Schutzrecht einzieht. Ich sage auch nicht, dass die drei<br />

Jahre raus sollen, sondern da kann man sich drüber unterhalten.<br />

Deswegen steht auch Lohnersatzleistung drin. Ich<br />

denke an etwas Ähnliches wie beim Elterngeld. Da geht es<br />

um ein Jahr. Ich möchte auch deswegen, dass es eine Lohnersatzleistung<br />

ist, weil damit klar ist, dass es eine Fortdauer<br />

des Beschäftigungsverhältnisses ist und die wieder zurückkommen.<br />

In der Zeit, in der es Lohnersatzleistungen gibt,<br />

laufen auch die Sozialversicherungen alle weiter.<br />

Wir haben da offensichtlich noch Diskussionsbedarf. Ich<br />

möchte deshalb jetzt auch niemanden mit einem Änderungsantrag<br />

über den Tisch ziehen, sondern das als Material<br />

zu den vorliegenden Anträgen – an den Bundesfrauenausschuss<br />

gerichtet – nehmen. Ich denke, dann kommen<br />

wir in der Sache etwas weiter. Unser Ziel muss weiterhin<br />

sein: keine Zementierung der Geschlechterrollen. Da müssen<br />

wir weiter dran arbeiten und wir dürfen das Arbeitszeitfeld<br />

nicht anderen Kräften überlassen. Denn die CDU denkt<br />

auch über so etwas nach, aber die wollen keine Lohnersatzleistung,<br />

sondern die wollen eine Auszeit, in der dann die<br />

Pflegeleistung vergütet wird. Genau das will ich nicht.<br />

Deswegen bitte ich euch um Zustimmung in der Form, dass<br />

es Material zu den Anträgen wird und an den BfA-Frauenausschuss<br />

geht. Danke.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke, Anne. Es liegt eine weitere Wortmeldung vor.<br />

Monika Lersmacher – IG Metall, Del.Nr. 0032/01:<br />

Liebe Kolleginnen, ich finde es ganz gut, dass wir den<br />

Änderungsantrag jetzt als Material dazunehmen. Ich denke<br />

mir ganz einfach, wir müssen darüber nachdenken, was wir<br />

wirklich wollen. Wir haben im Bereich der Metall- und Elektroindustrie<br />

bei uns einen neuen Tarifvertrag zu Arbeitszeiten<br />

abgeschlossen. Bei der Frage, ob wir Langzeitkonten für<br />

Kindererziehungszeiten nutzen, haben die Arbeitgeber nein<br />

gesagt, bei der Frage Pflege haben sie ja gesagt. Das ist<br />

ganz erklärlich, weil sie so alt sind, die da auf der anderen<br />

Seite sitzen.<br />

Ich muss sagen, ich bin selber dabei immer total emotional,<br />

einfach aus eigenem Erleben. Wenn ich eine Pflegezeit in<br />

Anspruch genommen hätte, wüsste ich nicht, nachdem ich<br />

bei Kindererziehungszeiten ausgestiegen bin, in dem Fall<br />

dann auch noch mal, als ich meinen Mann gepflegt habe,<br />

wie meine Berufschancen heute aussehen würden. Von<br />

daher finde ich es gut, dass wir die Diskussion weiterführen.<br />

Und wir sollten darüber nachdenken, wenn wir solche Modelle<br />

machen, ob wir nicht wieder weiterhin in diesem traditionellen<br />

Modell denken. Ich glaube, dass die Beschäftigten<br />

in der Industrie einfach keine Chance haben, wieder<br />

zurückzukehren. Wir kennen kaum eine Kollegin, die nach<br />

der Elternzeit wirklich eine Chance hat, auf ihren Arbeitsplatz<br />

zurückzukommen. Von daher finde ich es einfach<br />

wichtig, dass wir in dem Bereich noch mal nachdenken, wo<br />

wollen wir frauenpolitisch wirklich hin. Dass es vielleicht für<br />

den Einzelfall eine Regelung geben kann und geben muss,<br />

sei dahingestellt. Dafür würde ich mich auch aussprechen,<br />

49


50<br />

aber ich denke mir, die große Masse der Kolleginnen wird<br />

keine Chance haben, wenn ich sehe, dass allein im Bereich<br />

Baden-Württemberg über 80 % der Pflegebedürftigen von<br />

Frauen in häuslicher Gemeinschaft gepflegt werden. Damit<br />

wird nur noch fest zementiert, was wir demnächst tun sollen.<br />

Die Hartz-Gesetze haben ja schon gezeigt, welcher<br />

Vater des Gedankens dahinter steckt. Man will uns in traditionelle<br />

Rollen zurück und aus dem Arbeitsmarkt drängen.<br />

Deshalb sollten wir wirklich darüber nachdenken, was wir<br />

in der Arbeitszeitpolitik wirklich wollen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke, Monika. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist<br />

nicht der Fall. Ihr seht, die Antragsberatungskommission<br />

tagt. Ich schlage vor, wir machen eine ganz kurze Pause.<br />

Frauke Gützkow – GEW, Del.Nr. 0018/01:<br />

(Störung Band-Mitschnitt)… Gerade mit der Umstrukturierung<br />

in dem Pflegebetrieb ist das in den letzten Jahren sehr<br />

viel schlechter geworden. Wir stützen diese Frauen, die ihre<br />

individuelle humane Verantwortung ihren Eltern gegenüber<br />

wahrnehmen und das nicht mit einem Ausscheiden aus<br />

dem Erwerbsleben bezahlen sollen. Aus diesem Grunde<br />

bitte ich euch, die Diskussion fortzusetzen und nicht abzubrechen,<br />

indem ihr Weiterleitung an den Bundesfrauenausschuss<br />

zustimmt.<br />

Konferenzleitung:<br />

Dankeschön. Als nächstes hat Norma Gertz das Wort, auch<br />

GEW.<br />

Norma Gertz – GEW, Del.Nr. 0016/01:<br />

Liebe Kolleginnen, ich bin seit gestern das erste Mal auf<br />

einer Bundesfrauenkonferenz, vor allem gestern in den<br />

Arbeitsgruppen, richtig spannend und konstruktiv. Jetzt bin<br />

ich gerade – wie meine Vorrednerin – eher enttäuscht, wie<br />

das hier abgewürgt wird. Gerade der Bereich Pflege ist nun<br />

mal ein Frauenbereich, ob wir es wollen oder nicht. Wir<br />

können uns eine andere Gesellschaft wünschen, im Moment<br />

ist sie aber so, es ist ein Frauenthema. Wir müssen<br />

auch den Tatsachen ins Auge sehen. Viele Frauen wollen<br />

auch zu Hause pflegen. Da können wir die professionelle<br />

Pflege anbieten, wie viel wir wollen. Ich bin selber im Moment<br />

noch im Pflegeberuf tätig und ich spreche sehr viel<br />

mit den Frauen, die ihre Angehörigen pflegen. Viele machen<br />

es freiwillig und finden es auch gut so. Ich finde, so eine<br />

wichtige Arbeit, die diese Frauen zu Hause machen, muss<br />

auch entsprechend bewertet werden. Das geht nun mal<br />

übers Geld und nicht, indem wir ihnen erzählen, sie müss-<br />

ten eigentlich eine andere Rolle einnehmen. Deswegen<br />

finde ich, wir sollten den Frauen helfen, die zu Hause tätig<br />

sind. Sie haben sich selber dafür entschieden, zu Hause in<br />

der Pflege tätig zu sein. Und wir helfen ihnen nicht, wenn<br />

wir mit ihnen über ihre Rolle diskutieren, sondern wir helfen<br />

ihnen direkt, indem wir ihnen Schutzmaßnahmen<br />

anbieten. Deswegen bin ich auch dafür, dass wir noch mal<br />

weiter über den Antrag sprechen. Danke.<br />

Hanne Reich-Gerick – GEW, Del.Nr. 0022/01:<br />

Ich schließ mich natürlich meinen beiden Vorrednerinnen<br />

an, unterstütze sie auch ausdrücklich und muss hinzufügen,<br />

dass ich – in Kenntnis vieler Bekannter, die nicht im Bereich<br />

des öffentlichen Dienstes sind – die Situation sehr genau<br />

mitbekommen habe, in eigener Situation auch als Alleinerziehende,<br />

zwei Elternteile begleitet zu haben. Ich weiß, was<br />

das heißt und was das bedeutet für Kolleginnen und Kollegen,<br />

die die Arbeitssicherheit, die ich hatte als Beamtin,<br />

nicht haben.<br />

Ich finde es unglaublich, wenn wir nicht mal bereit sind, als<br />

Gewerkschafterinnen deren Probleme zu diskutieren. Das<br />

ist unverantwortlich. Ich fordere deshalb wirklich alle auf,<br />

diese Diskussion in den Bundesfrauenausschuss zu geben<br />

und dort auch weiter zu diskutieren. Wir brauchen wirklich<br />

den Schutz derjenigen, die die bisherige professionelle Pflege<br />

nicht bezahlen können, die sie vielleicht auch selber aus<br />

menschlichen Gründen übernehmen wollen. Denn ich weiß,<br />

was es heißt, die eigenen Angehörigen zu begleiten, wie<br />

wichtig das für die Angehörigen ist. Das kann keine professionelle<br />

Pflege ersetzen. Bei diesen Dingen, die auf uns alle<br />

– gerade mit dem Durchschnittalter 50 – zukommen, müssen<br />

wir als Gewerkschaft auch die menschliche Seite mit<br />

beachten, die Prozesse, die bei einer solchen Begleitung<br />

ablaufen.<br />

Deshalb bitte ich noch mal um Ablehnung des Vorschlags<br />

der Antragskommission.<br />

Konferenzleitung:<br />

Dankeschön. Wir haben noch Wortmeldungen.<br />

Ursula Engelen-Kefer:<br />

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich bin erst einmal sehr<br />

froh, dass wir dieses Thema Frauen und Gesundheit und<br />

Frauen und Pflege aufgreifen, dass wir dazu detaillierte Anträge<br />

vorliegen haben und uns hier so ausführlich damit<br />

befassen. Ich glaube, das ist ein Thema, das betrifft nicht<br />

nur den Verstand, sondern das betrifft vor allem das Herz.<br />

Und viele, die hier sitzen, werden das eigene Erleben<br />

haben, wie es aussieht, gerade was die Pflegeleistungen


anbelangt. Ich selber habe eine Mutter von 90 Jahren, die<br />

bei uns im Haushalt lebt. Vor meiner Mutter haben wir<br />

meine Großmutter gehabt, die ebenfalls bis knapp 90 Jahren<br />

bei uns im Haushalt gelebt hat. Ich weiß also, was es<br />

heißt, Pflegeleistungen zu erbringen. Ich bin auch der Meinung,<br />

dass man es sich nicht leicht machen und sagen<br />

kann, das sind alles professionelle Dienste, die machen das<br />

schon, da kann man sich der Verantwortung entziehen. Das<br />

ist nicht der Fall. Emotional wird sich keiner, der ein Herz<br />

hat, dieser Verantwortung entziehen können.<br />

Aber ich weiß auch, dass Frauen – genauso wie Männer –<br />

den Anspruch haben, ihre Ansprüche an die Erwerbsarbeit<br />

erfüllen zu wollen. Ich weiß aus eigenem Erleben, wie<br />

schwer das ist. Meine Mutter hat sehr lange gearbeitet und<br />

ich versuche, dies auch zu tun, und zwar nicht nur in Teilzeit,<br />

sondern sehr engagiert. Hier kommt es darauf an,<br />

beide Bereiche einigermaßen zufriedenstellend unter einen<br />

Hut zu bringen, und zwar zufriedenstellend für die Person,<br />

die gepflegt werden soll und muss, wie auch für die Person,<br />

die pflegt.<br />

Jetzt denke ich, wenn wir die beiden Anträge angucken, die<br />

uns vorliegen, der E 009 und E 010, diese beiden Anträge<br />

enthalten beide wesentliche Themen, die wir aufgreifen<br />

müssen. Der erste Antrag enthält berechtigte Forderungen<br />

zu den Pflegeleistungen, die erbracht werden müssen, die<br />

verbessert werden müssen und Aufwandsentschädigungen<br />

für diejenigen, die die Pflegeleistungen erbringen. Das<br />

muss besser werden, überhaupt keine Frage. Ich bin auch<br />

der Meinung, wir müssen dabei versuchen, die stationäre<br />

Pflege so weit wie möglich zu reduzieren und den Menschen<br />

das Verbleiben in ihrem gewohnten Umfeld zu belassen,<br />

also die ambulante Pflege entsprechend auszuweiten<br />

und die häusliche Pflege, so weit es geht, zu ermöglichen.<br />

Der Antrag E 010 enthält doch all das, was im Arbeitsverhältnis<br />

nötig ist. Ihr müsst mal reingucken. Da steht doch<br />

alles bezüglich Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit, all die nötigen<br />

Bedingungen, die in den Betrieben bei den Arbeitsbedingungen<br />

geregelt werden müssen. Man kann sagen, das<br />

reicht uns noch nicht aus, aber das heißt doch nicht, wenn<br />

wir hier einen solchen Antrag verabschieden, dass damit<br />

ein- für allemal keine weitere Diskussion erfolgt. Das ist<br />

doch der Beginn. Wir sind doch noch nicht am Ende, wir<br />

sind doch hier am Beginn und wir werden dies natürlich<br />

weiter diskutieren.<br />

Nach der Debatte, die wir hier heute hatten, werde ich das<br />

auch zu meinem ganz persönlichen Anliegen machen,<br />

meine Verantwortung wahrnehmen, so dass wir dies zu<br />

einem ganz besonderen Feld der Weiterbearbeitung im<br />

<strong>DGB</strong> und natürlich auch im Bundesfrauenausschuss<br />

machen. Das ist doch nicht so, dass die Diskussion hier auf<br />

einmal damit abgeschnitten ist und wir uns überhaupt<br />

nicht mehr mit diesen Fragen beschäftigen.<br />

Nur ich habe ein Problem. Dieses Problem lautet: Ich möchte<br />

nicht, dass in Zukunft Frauen im Grunde genommen in<br />

die Leistungen der Erziehungen und Pflege abgedrängt<br />

werden. Ich möchte hier nicht provozieren, aber ich habe<br />

selber zwei Kinder. Ich hatte meine Großmutter, ich habe<br />

meine Mutter und ich habe eine volle Erwerbstätigkeit. Ich<br />

weiß also, wovon ich rede. Wenn ich nicht in der Lage<br />

wäre, hier einigermaßen gut durchzukommen, dann müsste<br />

ich erst mal meine beiden Kinder erziehen, das wären ja<br />

schon mal 16 bis 17 Jahre. Dann müsste ich meine Großmutter<br />

pflegen, meine Mutter pflegen und dazwischen<br />

auch noch meine Schwiegereltern. Das ist nicht immer so,<br />

aber wir müssen deutlich machen, dass das nicht die Richtung<br />

ist, die hier die Bundesfrauenkonferenz auf die Schiene<br />

bringen will. Das ist die Aufgabe der Bundesfrauenkonferenz.<br />

Das können wir nicht als Material an irgendjemanden<br />

geben. Wir müssen ganz klar sagen: Wir wollen die<br />

Vereinbarkeit, so dass die Frauen das in Zukunft auch mit<br />

ihrem Gewissen, mit ihrem Herzen vereinbaren können,<br />

ohne die Leidtragenden bei ihrer beruflichen Tätigkeit zu<br />

sein.<br />

Wir müssen noch ein Weiteres sehen: Geld ist nicht beliebig<br />

vermehrbar. Wenn wir hier für die vielfältigen Pflegeleistungen<br />

Lohnersatzleistungen verlangen, müssen wir davon<br />

ausgehen, dass dieses Geld an anderer Stelle nicht mehr<br />

zur Verfügung steht. Wir brauchen aber mehr Geld für bessere<br />

Pflegeleistungen, für bessere Entschädigungen der<br />

pflegenden Personen und für bessere Vereinbarkeit von<br />

Beruf und Familie und für bessere ambulante Pflegedienste<br />

und Pflegeleistungen. Da sind die großen Defizite, die<br />

behoben werden müssen. Dafür sollten wir uns einsetzen.<br />

Deshalb empfehle ich, soweit ich überhaupt eine Empfehlung<br />

aussprechen darf, der Antragsberatungskommission zu<br />

folgen. Herzlichen Dank.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke, Ursula. Als nächste hat Helga Petersen von TRANS-<br />

NET das Wort.<br />

Helga Petersen –TRANSNET, Del.Nr. 0062/01:<br />

Es ist jetzt schwer was zu sagen nach dem sehr guten<br />

inhaltlichen Vortrag. Ich möchte sagen, warum wir diesen<br />

Antrag formell nicht annehmen können. Es wäre ein Abänderungsantrag,<br />

wenn wir jetzt sagen würden, es wäre<br />

Material. Damit geht das nicht mehr. Es ist einfach formal<br />

nicht mehr möglich.<br />

51


52<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke, Helga, für den Hinweis. Gibt es weitere Wortmeldungen.<br />

Das ist nicht der Fall. Petra, sagst du noch einmal<br />

die Empfehlung der Antragskommission?<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Wenn ich recht informiert bin, stimmen wir jetzt zuerst über<br />

den Änderungsantrag ab. Da lautet unsere Empfehlung:<br />

Ablehnung.<br />

Konferenzleitung:<br />

Dankeschön. Wir stimmen also zunächst über die Empfehlung<br />

zum Abänderungsantrag zu E 009 und E 010 ab. Wer<br />

für die Empfehlung der Antragskommission ist, den bitte ich<br />

um das Kartenzeichen. Dankeschön. Wer ist dagegen? Elf<br />

Gegenstimmen. Wer enthält sich? Keine Enthaltung. Damit<br />

ist die Empfehlung der Antragskommission angenommen.<br />

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Anträge E 009<br />

und E 010, wie sie auch in euren Unterlagen ausgedruckt<br />

sind. Ich rufe den Antrag E 009 auf.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Wir bleiben bei der ursprünglichen Empfehlung für den<br />

Antrag E 009. Die lautet Annahme.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke. Wer ist für die Empfehlung? Dankeschön. Wer ist<br />

dagegen? Wer enthält sich? Bei fünf Gegenstimmen ist<br />

damit die Empfehlung angenommen. Danke.<br />

Wir kommen zum<br />

Antrag E 010<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Die Empfehlung der Antragsberatungskommission lautet<br />

ebenfalls Annahme.<br />

Konferenzleitung:<br />

Danke. Wer ist für die Empfehlung? Danke. Gegenstimmen?<br />

Enthaltungen? Danke. Bei einer Enthaltung ist die Empfehlung<br />

angenommen.<br />

Ich bedanke mich bei Petra für ihren Job in der Kommission.<br />

Die Konferenzleitung übernimmt Monika Lersmacher.<br />

Konferenzleitung – Monika Lersmacher, IG Metall,<br />

Del.Nr. 0032/01:<br />

Liebe Kolleginnen, wir wollen im Antragsbereich F – Orga-<br />

nisationspolitik – weitermachen. Für die Antragsberatungskommission<br />

spricht die Kollegin Kornelia Munkelt.<br />

Ich rufe den<br />

Antrag F 001 auf.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission –<br />

Kornelia Munkelt, Del.Nr. 0060/01:<br />

Der F 001 beschäftigt sich mit Politik für junge Frauen im<br />

Deutschen Gewerkschaftsbund. Hier lautet die Empfehlung<br />

der Antragsberatungskommission Annahme.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wer der Empfehlung der Antragsberatungskommission<br />

Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen mit<br />

der roten Delegiertenkarte. Dankeschön. Wer ist dagegen?<br />

Stimmenthaltungen? Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.<br />

Ich rufe den<br />

Antrag F 002 auf,<br />

„Netzwerke für innovative Strategien für<br />

mehr Chancengleichheit“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Auch bei diesem Antrag empfiehlt die Antragsberatungskommission<br />

Annahme.<br />

Konferenzleitung:<br />

Wünscht die Antragstellerin das Wort? Weitere Wortmeldungen<br />

liegen uns nicht vor, dann können wir zur Abstimmung<br />

kommen. Wer der Antragsberatungskommission folgen<br />

möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. Gegenstimmen?<br />

Stimmenthaltungen? Dankeschön, die Empfehlung<br />

der Antragskommission ist angenommen.<br />

Ich rufe den<br />

Antrag F 003 auf:<br />

„Anwendung des Gender-Mainstreaming-<br />

Prinzips im Deutschen Gewerkschaftsbund“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Hierzu lautet die Empfehlung der Antragsberatungskommission<br />

Annahme als Material an den <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschuss.


Konferenzleitung:<br />

Mir liegt eine Wortmeldung der Antragstellerin vor.<br />

Marina Eilrich, <strong>DGB</strong> Hessen/Thüringen, Del.Nr.<br />

0015/02:<br />

Ich bin ja im Grunde genommen dafür, dass dieser Antrag<br />

als Material angenommen wird. Aber wir alle wissen, dass<br />

Die guten Geister<br />

speziell im <strong>DGB</strong> in Sachen Gender-Mainstreaming so gut<br />

wie gar nichts passiert. Wir im <strong>DGB</strong> Hessen-Thüringen hatten<br />

ein Tagesseminar und haben uns in diesem Jahr mal<br />

einen halben Tag mal in einer Klausur mit dem Thema<br />

beschäftigt, aber wirklich passiert ist danach auf allen Ebenen<br />

des <strong>DGB</strong> nichts. Deswegen möchte ich euch bitten oder<br />

gebe es sozusagen hiermit zu Protokoll, dass wir gerne hätten,<br />

dass der Bundesfrauenausschuss diesen Antrag übernimmt,<br />

damit der an den Bundeskongress weitergeleitet<br />

werden kann. Denn nicht die Abteilung Frauen beim Bundesvorstand<br />

ist dafür verantwortlich, dass dieses Prinzip<br />

durchgesetzt wird, sondern die Spitze, sprich, Michael Sommer.<br />

Danke.<br />

Konferenzleitung:<br />

Dankeschön. Weitere Wortmeldungen liegen uns nicht vor.<br />

Somit kommen wir zur Abstimmung. Wer dem Vorschlag<br />

der Antragsberatungskommission folgt, den bitte ich um<br />

das Kartenzeichen. Dankeschön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen?<br />

Bei 23 Gegenstimmen und einer Stimmenthaltung<br />

so angenommen.<br />

Ich rufe den Antrag F 004 auf.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Beim Antrag F 004, „Entwicklung von Logo und Materialien<br />

für den 8. März, dem Internationalen Frauentag“, wird von<br />

der Antragsberatungskommission Annahme an den <strong>DGB</strong>-<br />

Bundesfrauenausschuss empfohlen.<br />

Konferenzleitung:<br />

Uns liegen keine Wortmeldungen vor. Wir kommen zur<br />

Abstimmung. Ihr habt die Empfehlung der Antragsberatungskommission<br />

gehört. Wer der Empfehlung der Antragsberatungskommission<br />

zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen.<br />

Dankeschön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen?<br />

Somit ist der Antrag einstimmig angenommen.<br />

Ich rufe den<br />

Antrag F 005 auf,<br />

„Internationaler Frauentag“<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Beim Antrag F 005 geht es um Redebausteine zum Internationalen<br />

Frauentag. Auch hier empfiehlt die Antragsberatungskommission<br />

Annahme des Antrages als Material an<br />

den <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschuss.<br />

Uns liegen keine Wortmeldungen vor, somit kommen wir<br />

zur Abstimmung. Wer der Empfehlung der Antragsberatungskommission<br />

zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen.<br />

Dankeschön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen?<br />

Bei zwei Gegenstimmen so angenommen.<br />

Sprecherin der Antragsberatungskommission:<br />

Ich möchte nicht versäumen, allen für die Aufmerksamkeit,<br />

auch im Namen der Antragsberatungskommission, zu danken<br />

und vor allem für die Disziplin bei der Abstimmung. Ich<br />

danke euch.<br />

Konferenzleitung:<br />

Vielen Dank, Kornelia, dass du schon den Dank an die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer ausgesprochen hast.<br />

Wir möchten uns als Konferenzleitung bei euch ganz herzlich<br />

bedanken, dass ihr so diszipliniert wart und es uns<br />

leicht gemacht habt, euch die zwei Tage durch die Konferenz<br />

zu leiten. Jetzt würde ich gern der Kollegin Ursula<br />

Engelen-Kefer das Wort erteilen zum Abschluss der Konferenz.<br />

53


54<br />

Schlusswort<br />

Dr. Ursula Engelen-Kefer<br />

stellv. Vorsitzende des <strong>DGB</strong><br />

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sofern überhaupt noch<br />

einer drin ist, zuallererst wollte ich euch sagen, dass ich<br />

finde, dass ihr fantastisch hier mitgemacht habt, sowohl<br />

vorgestern, gestern wie auch heute. Ich glaube, dass wir<br />

eine ganz interessante und auch zukunftsweisende Konferenz<br />

hinter uns gebracht haben.<br />

Damit das nicht alles verloren geht, wollen wir die wichtigsten<br />

Ergebnisse dessen, was hier beraten wurde – sowohl<br />

in den Arbeitsgruppen wie auch bei den Anträgen – in<br />

einem offenen Brief an die neue Ministerin für Familie und<br />

Frauen, Frau von der Leyen, schicken. Ihr werdet alle diesen<br />

Brief bekommen, könnt ihn mitnehmen und vielleicht auch<br />

für eure weitere politische Arbeit verwenden.<br />

Zweitens ist selbstverständlich, dass wir im <strong>DGB</strong> und natürlich<br />

dann nachher im Bundesfrauenausschuss sowohl die<br />

Ergebnisse der Arbeitsgruppen wie auch das, was jetzt hier<br />

beraten wurde, nicht nur die beschlossenen Anträge, sondern<br />

auch das, was an Problemen aufgeworfen wurde,<br />

gerade in Bezug auf die Pflege oder auf den Mindestlohn,<br />

weiter behandeln werden und dass hier kein Stillstand ist,<br />

sondern dass wir hier sehen müssen, wie wir in Zukunft<br />

diese wesentlichen Fragen weiter entwickeln.<br />

Drittens bleibt mir nur, dass ich mich ganz herzlich bedanke.<br />

Ich möchte zuallererst Dank an die Konferenzleitung sagen.<br />

Ich finde, ihr habt eine hervorragende professionelle Arbeit<br />

geleistet und auch in schwierigen Zeiten die Konferenz hervorragend<br />

durchgesteuert. Herzlichen Dank.<br />

Ich bedanke mich ebenfalls bei der Mandatsprüfungskommission<br />

und auch ganz besonders bei der Antragskommission.<br />

Ich finde, ihr habt eine tolle Arbeit geleistet, auch in<br />

schwierigen Fragen, und gerade die Antragsberatung überhaupt<br />

zu dem gemacht, was sie sein konnte, und auch zu<br />

den Ergebnissen maßgeblich beigetragen.<br />

Ich darf mich bedanken beim Redaktionsteam der Konferenzzeitung<br />

„einblick“. Das Produkt habt ihr auf dem Tisch<br />

liegen. Auch hier herzlichen Dank für eure engagierte<br />

Arbeit. Schließlich geht ein ganz, ganz herzliches Dankeschön<br />

an die Abteilung Gleichstellungs- und Frauenpolitik<br />

im <strong>DGB</strong>. Helga Nielebock, Audrey Podann, Claudia Menne,<br />

Ines Grabner-Drews und Maria Kathmann, ganz herzlichen<br />

Dank für eure hervorragende Arbeit.<br />

Natürlich möchte ich auch nicht versäumen, mich bei dem<br />

guten Geist unserer Konferenz und der Konferenzorganisation<br />

zu bedanken, dem zeitweilig einzigen männlichen Wesen,<br />

der sich in diese große Frauengemeinschaft gewagt<br />

hat, nämlich Karl Ehmke, und mit ihm Nicole Wagner, herzlichen<br />

Dank für hervorragende Betreuung.<br />

Ebenfalls ein Dankeschön an das Konferenzbüro – Simone<br />

Zurek, Lilo Collm, Uschi Georgi, Inken Müller und Ines<br />

Quant. Ihr habt eine hervorragende engagierte Arbeit geleistet.<br />

Ich war ja mehrfach in eurem Büro. Das war wie ein<br />

Taubenschlag und es ging immer durch ohne Pause bis spät<br />

in die Nacht hinein. Ich denke, die Ergebnisse können sich<br />

sehen lassen. Herzlichen Dank.<br />

Natürlich auch ein Dankeschön an Ute Teichmann, den<br />

guten Geist, die am Hackeschen Markt alles für uns<br />

gedruckt haben, denn sonst läge das nicht vor. Herzlichen<br />

Dank.<br />

Jetzt habe ich gerade noch einen Zettel zugeschoben<br />

bekommen und will euch den vorlesen: „Wir von der NGG<br />

bedanken uns bei euch für eure Spende für Gate Gourmet<br />

in Höhe von 684,98 Euro“. Ich denke, das kann sich sehen<br />

lassen. Ganz, ganz herzlichen Dank.<br />

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Delegierte, ich<br />

bedanke mich und ich möchte hiermit die 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz<br />

beschließen. Ich wünsche euch allen einen<br />

guten Nachhauseweg. Ich bin sicher, wir werden die gute<br />

Kooperation auf jedem uns möglichen Wege fortsetzen.<br />

Herzlichen Dank, alles Gute, schönes Wochenende.


Verzeichnis der Anträge und Entschließungen<br />

der 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz<br />

A – Gleichstellungspolitik<br />

A 001Frauenpolitische Offensive statt „Lila Pause“<br />

I 1 Initiativantrag Nr. 1: Beibehaltung Girls’ Day<br />

und Umsetzung des ganzheitlichen Konzeptes<br />

vom bundesweiten Girls’ Day in allen allgemeinbildenden<br />

Schulen<br />

A 002Progressive Frauenpolitik<br />

A 003Geschlechterspezifische Datenerhebungen<br />

und Statistiken<br />

A 004Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft<br />

A 005Für nachhaltige Verbesserungen im<br />

Landesgleichstellungsrecht<br />

A 006Keine Auflösung der Konferenz der Gleichstellungs-<br />

und Frauenminister/innen<br />

A 007Geschlechtergerechte Bildung von Anfang an<br />

A 008Ausweitung der Umlagefinanzierung der<br />

Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld durch die<br />

Arbeitgeber auf alle Betriebe<br />

A 009Ausweitung der Umlagefinanzierung der<br />

Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld durch die<br />

Arbeitgeber auf alle Betriebe<br />

A 010Antidiskriminierungsgesetz<br />

I 2 Initiativantrag Nr. 2: Unterstützung der Kampagne<br />

gegen Zwangsprostitution bei der WM<br />

2006 und Forderung verbesserter Zeugenschutzprogramme<br />

B – Entgelt / Einkommen<br />

B 001 Entschließung zur diskriminierungsfreien<br />

Tarifpolitik - Weiterentwicklung einer<br />

geschlechterdemokratischen Tarifpolitik<br />

B 002 Für einen gesetzlichen Mindestlohn<br />

B 003 Gesetzlicher Mindestlohn<br />

B 004 Entschließung zu Niedrigeinkommen und zur<br />

Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns<br />

B 005 Existenzsicherndes Einkommen<br />

B 006 Kampagne gegen Niedriglohn<br />

B 007 Abschaffung des Ehegattensplittings und der<br />

Lohnsteuerklasse V sowie die Einführung<br />

einer geschlechtergerechten Individualbesteuerung<br />

B 008 Individuelle Besteuerung<br />

I 3 Initiativantrag Nr. 3: Gegen Besteuerung von<br />

Abfindungen<br />

B 009 Gegen die Einführung von Studiengebühren<br />

C – Beschäftigungspolitik<br />

C 001 Wirtschaftspolitik<br />

C 002 Neuausrichtung Arbeitsmarktpolitik<br />

C 003 Bedarfsgemeinschaft Hartz IV<br />

C 004 Gender Mainstreaming bei Hartz IV<br />

D – Arbeitszeit /<br />

Arbeitsbedingungen<br />

D 001Arbeitszeit<br />

D 002Arbeitszeit<br />

D 003Gesundheitsschutz und Arbeitszeit<br />

D 004Verschlechterung des Ladenschlussgesetzes<br />

D 005Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen<br />

von Frauen durch Änderungen des Arbeitsrechts<br />

verhindern<br />

I 4 Initiativantrag Nr. 4: Keine Verschlechterungen<br />

beim Kündigungsschutz<br />

D 006Für ein soziales Europa – NEIN zur Dienstleistungsrichtlinie<br />

D 007Für ein soziales Europa – NEIN zur Bolkestein-Richtlinie<br />

55


56<br />

E – <strong>Sozialstaat</strong> / <strong>Soziale</strong> <strong>Sicherung</strong><br />

E 001 <strong>Sozialstaat</strong>sdiskussion<br />

E 002 Abschaffung der Sonderregelungen für Mini-<br />

Jobs<br />

E 003 Abschaffung der Sonderregelungen für Mini-<br />

Jobs<br />

E 004 Gleichstellung aller Mütter bei der Anrechnung<br />

der Erziehungszeiten für die Rente<br />

E 005 Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für MigrantInnen<br />

für die Dauer von arbeitsrechtlichen<br />

Streitigkeiten<br />

E 006 Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für MigrantInnen<br />

für die Dauer von arbeitsrechtlichen<br />

Streitigkeiten<br />

E 007 Für eine solidarische und geschlechtergerechte<br />

Bürgerversicherung!<br />

E 008 Gesundheitspolitik für Frauen<br />

E 009 Vereinbarkeit von Pflege und Beruf<br />

E 010 Vereinbarkeit von Beruf und Familie für pflegende<br />

Angehörige<br />

F - Organisationspolitik<br />

F 001 Politik für junge Frauen im Deutschen<br />

Gewerkschaftsbund<br />

F 002 Netzwerke als innovative Strategie für mehr<br />

Chancengleichheit<br />

F 003 Anwendung des Gender-Mainstreaming-Prinzips<br />

im Deutschen Gewerkschaftsbund<br />

F 004 Entwicklung von Logo und Materialien für<br />

den 8. März – Internationaler Frauentag<br />

F 005 Internationaler Frauentag


Anträge und Entschließungen im Wortlaut<br />

<strong>Sachgebiet</strong> A: Gleichstellungspolitik<br />

A 001 Frauenpolitische Offensive statt<br />

„Lila Pause“<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Hessen-<br />

Thüringen<br />

Beschluss: Annahme mit Änderungen<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Im öffentlichen Dienst und auch in der Privatwirtschaft fehlen<br />

wirksame Gesetze zur Herstellung von Chancengleichheit.<br />

1. Wir fordern deshalb gesetzliche Maßnahmen, die die Verpflichtung<br />

zu Frauenförderplänen, zu transparenter und<br />

geschlechtsdemokratischer Personalentwicklung ebenso<br />

enthalten, wie die Kombination von Ziel- und Entscheidungsquote.<br />

Die Frauenbeauftragten im öffentlichen<br />

Dienst, die die Umsetzung dieser Gesetze zu begleiten<br />

haben, müssen das Recht auf Klage haben und ebenso<br />

zu Sanktionen bei Nichtumsetzung der Gesetze.<br />

2. Wir fordern ein Gesetz zur Herstellung von Chancengleichheit<br />

in der Privatwirtschaft. Wir wollen eine echte<br />

Gleichstellung im Beruf: bei Einstellung und Beförderungen<br />

in Führungspositionen, bei der Bezahlung für gleichwertige<br />

Arbeit. Dazu gehört auch, Beschäftigungshemmnisse<br />

für Frauen durch das Steuer- und Sozialversicherungsrecht<br />

abzubauen. Frauen dürfen nicht auf die unbezahlte<br />

Hausarbeit oder auf Mini-Jobs für 400,00 Euro<br />

abgeschoben werden.<br />

3. Wir fordern die Verabschiedung des Antidiskriminierungsgesetzes.<br />

In diesem Instrument sehen wir Gewerkschaftsfrauen<br />

ein wirkungsvolles Instrument gegen Benachteiligung<br />

und Diskriminierung in der Arbeitswelt sowie gegen<br />

sexuelle Belästigung. Zum Handeln aufgefordert sind<br />

auch Gewerkschaften und Betriebsräte, die eine entsprechende<br />

Antidiskriminierungskultur aufbauen müssen.<br />

4. Wir fordern ein Auftragsvergabegesetz, sowohl für die<br />

Länder, als auch für den Bund, dass neben dem Kriterium<br />

der Tariftreue auch das der Frauenförderung enthält. Die<br />

Vergabe öffentlicher Aufträge muss damit verbunden<br />

sein, dass die Förderung von Chancengleichheit nachgewiesen<br />

wird.<br />

5. Wir fordern die Quotierung von Ausbildungsplätzen:<br />

jeweils die Hälfte für junge Frauen und für junge Männer.<br />

Damit sich das Berufswahlverhalten von jungen Frauen<br />

verändert, muss weiterhin der jährliche Girls' Day veranstaltet<br />

werden. Dieser darf nicht durch einen sogenannten<br />

Boys' Day „verbessert“ werden: denn er findet ohnehin<br />

an 364 Tagen des Jahres statt.<br />

6. Vereinbarkeit von Beruf und Familie für beide Elternteile<br />

setzt voraus, dass ein qualitativ hochwertiges und quantitativ<br />

ausreichendes, bezahlbares Betreuungsangebot für<br />

den Nachwuchs sichergestellt ist.<br />

Begründung:<br />

Mit Sorge beobachten die Gewerkschaftsfrauen in Hessen<br />

und Thüringen eine bundesweite Entwicklung, bei der<br />

Frauenpolitik gegen Familienpolitik ausgespielt wird. Wir<br />

sehen die Gefahr: durch die Konzentration auf Familienpolitik<br />

wird das tradierte Rollenbild von Männern und Frauen<br />

wieder zementiert, den Frauen bleibt als Alternative zum<br />

Beruf nur noch die Familie. Um diese Entwicklung zu stoppen,<br />

fordern wir eine frauenpolitische Offensive, die sich<br />

nicht nur auf die Bundesländer Hessen und Thüringen<br />

beschränken darf, sondern bundesweit eingefordert werden<br />

muss. Wir wollen ein Ende der frauenpolitischen „Lila<br />

Pause“.<br />

Das Prinzip des Gender Mainstreaming, das für die gesamte<br />

Europäische Union gilt, wird bei politischen Maßnahmen,<br />

sowohl der Länder als auch des Bundes, weitgehend außer<br />

Acht gelassen. Zwar verkünden Politiker, dass sie sich dem<br />

Gedanken der Förderung der Chancengleichheit verpflichtet<br />

sehen. In der Praxis wird aber versäumt darauf zu schauen,<br />

welche Auswirkungen die Umsetzung von politischen Maßnahmen<br />

jeweils auf Frauen und Männer hat.<br />

Während Frauen in den Vorständen der großen deutschen<br />

Unternehmen nur Spurenelemente sind, arbeiten dagegen<br />

die meisten Frauen in unteren Hierarchienebenen. Ihre<br />

Fähigkeiten und Qualifikationen führen nicht dazu, dass<br />

Frauen die gläserne Decke durchstoßen.<br />

57


58<br />

Frauen sind die Hauptverliererinnen der als Arbeitsmarktreformen<br />

deklarierten Hartz-Gesetze. Die verschärften Anrechnungsregeln<br />

für Partnereinkommen haben dazu geführt,<br />

dass viele Frauen den Antrag auf Arbeitslosengeld II gar<br />

nicht mehr stellen. Sie geraten deshalb ohne Unterstützungsleistungen<br />

durch die Arbeitsagenturen in eine komplette<br />

finanzielle Abhängigkeit von ihrem Partner. Sie haben<br />

zudem nur noch einen stark eingeschränkten Anspruch auf<br />

Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Die neuen Zumutbarkeitsregelungen<br />

haben zur Folge, dass viele Frauen<br />

in Mini-Jobs abgeschoben werden oder sich mit den Ein-<br />

Euro-Jobs begnügen müssen. Wir fordern konkrete Änderungen,<br />

die diesen Teufelskreis von Arbeitslosigkeit und<br />

Abhängigkeit durchbrechen.<br />

Überproportional viele junge Frauen sind Verliererinnen in<br />

der Ausbildungsrunde 2004. Vom Anstieg der Ausbildungsverträge<br />

profitieren zu 78,5 % junge Männer, auf Mädchen<br />

fallen nur 21,5 %. Der Anteil von jungen Frauen im dualen<br />

System ging seit 2002 von 43,4 % auf 41,8 % zurück.<br />

Obwohl die Befragung von Schulabgängern im Herbst 2004<br />

u. a. gezeigt hat, dass Mädchen bei der Ausbildungsplatzsuche<br />

sowohl flexibler als auch mobiler sind.<br />

In den öffentlichen Verwaltungen sind längere Arbeitszeiten<br />

eingeführt worden. Dies bedeutet, dass Menschen mit<br />

Familienaufgaben noch mehr Probleme haben, dieses mit<br />

einer Erwerbstätigkeit zu vereinbaren. Längere Arbeitszeiten<br />

sind deshalb geschlechter- und familienpolitischer Unsinn.<br />

Hinzu kommt, dass Frauen immer noch weniger verdienen<br />

als Männer und ihnen durch Arbeitszeitverlängerung auf<br />

kaltem Wege eine Einkommensabsenkung verordnet wird.<br />

Die Bundesrepublik befindet sich europaweit auf dem letzten<br />

Platz, wenn es um Ganztagsangebote zur Kinderbetreuung<br />

geht. Auch die Unternehmen haben in dieser Frage<br />

eine gesellschaftspolitische Verantwortung, Müttern und<br />

Vätern die Vereinbarkeit zu ermöglichen, indem sie ihnen<br />

vielfältige Angebote (z. B. Familien-Service) machen und für<br />

eine familienfreundliche Unternehmenskultur sorgen. Bei<br />

der Frage eines bedarfsgerechten Kinderbetreuungssystems<br />

geht es nicht nur um die Erwerbsbeteiligung von Frauen,<br />

sondern es ist auch für die Entwicklung und Sozialisation<br />

von Kindern notwendig. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.<br />

I 001<br />

Initiativantrag Nr. 1<br />

Beibehaltung und Umsetzung des<br />

ganzheitlichen Konzeptes vom<br />

bundesweiten Girls’ Day an den<br />

allgemein bildenden Schulen<br />

Antragsteller/in: Angela Drescher (GEW) u.a.<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordert die Beibehaltung<br />

des bundesweiten Girls’ Day als Mädchenzukunftstag an<br />

jedem vierten Donnerstag im April für die Schuljahrgänge<br />

5 bis 10 und die vollständige konzeptionelle Umsetzung<br />

des ganzheitlichen Projektgedankens vom Girls’ Day für alle<br />

Schülerinnen und Schüler an den allgemein bildenden Schulen<br />

in der Praxis.<br />

Begründung:<br />

Die Bestrebung, den Girls’ Day zu einem allgemeinen<br />

„Zukunftstag“ umzubenennen, den alle Schülerinnen und<br />

Schüler der Sekundarstufe I als allgemeinen Berufserkundungstag<br />

nutzen können, widerspricht den Intentionen des<br />

bundesweiten Girls’ Day.<br />

Ziel ist es zum einen, das Interesse der Mädchen an technischen<br />

Berufen zu wecken, zum anderen sollen Öffentlichkeit<br />

und Wirtschaft auf die Stärken von Mädchen aufmerksam<br />

gemacht werden. Der Girls’ Day kann dazu beitragen, die<br />

bestehende Benachteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt<br />

abzubauen und auf die bestehende Ungleichbehandlung<br />

von Frauen in der Berufswelt aufmerksam zu machen. Dieser<br />

Aktionstag wendet sich bewusst gezielt an die Mädchen<br />

und junge Frauen der Klassen 5 bis 10, um sie zu motivieren,<br />

sich stärker für frauenuntypische und zukunftsträchtige<br />

Berufe zu interessieren und um Frauen in Führungspositionen<br />

kennen zu lernen.<br />

Aktuelle bundesweite Umfragen ergeben, dass mehr als<br />

90% der teilnehmenden Mädchen sehr zufrieden oder<br />

zufrieden mit diesem Mädchenzukunftstag waren. Auch an<br />

den Schulen und bei den Unternehmen ist entgegen der<br />

populistischen konservativen Stimmungsmache in einigen<br />

Parteien und Medien die Zufriedenheit mit dem Konzept<br />

des Girls’ Day stark gestiegen. Immer mehr weitet sich der<br />

Girls’ Day zu einem Projekt zur Schaffung von Zukunftsperspektiven<br />

für Mädchen und junge Frauen in Europa aus. Die<br />

umfangreichen Broschüren, Handreichungen, Projektvorschläge,<br />

Filme, Anmeldeformulare, Elternbriefe geben Antwort<br />

insbesondere auch auf folgende Fragen:


Warum ein Zukunftstag speziell für Mädchen?<br />

Welche Ziele verfolgt der bundesweite Aktionstag?<br />

Was lernen die Jungen am Girls’ Day?<br />

A 002 Progressive Frauenpolitik<br />

Antragsteller/in: ver.di Bundesfrauenrat<br />

Beschluss: Annahme als Material an den <strong>DGB</strong>-<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Frauenpolitik wieder in die Offensive bringen, strategische<br />

Aspekte einbringen, neue Richtlinien für die Politik<br />

entwickeln<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand wird aufgefordert, dafür Sorge<br />

zu tragen, dass folgende Ziele und Grundsätze in der<br />

Politik des <strong>DGB</strong> umgesetzt werden:<br />

Stichworte für eine strategische Neuorientierung der<br />

Frauenpolitik des <strong>DGB</strong> und seiner Einzelgewerkschaften<br />

sind:<br />

Politik und Gesellschaft müssen ein neues Frauenleitbild,<br />

aber auch ein neues Männerleitbild etablieren. Materielle<br />

und soziale Eigenständigkeit für Frauen werden dabei zum<br />

Leitbild politischen Handelns. Gesellschaftliche Werte sind<br />

neu zu etablieren, die Frauen gleichberechtigten Zugang zu<br />

Ökonomie und Gesellschaft gewährleisten.<br />

Die Gewerkschaftsarbeit muss neue Kernbereiche formulieren<br />

und annehmen. Stichworte sind: Frauenpolitik, die<br />

gleichzeitig Dienstleistungspolitik ist, gleicher Lohn für<br />

gleichwertige Arbeit, Neudefinition des Arbeitsbegriffs einschließlich<br />

neuer Grenzen zwischen Produktion und Reproduktion,<br />

öffentliche Daseinsvorsorge, mehr kommunale<br />

Beschäftigung, neue emanzipatorische Männerpolitik.<br />

Die Politik muss neue Verhaltensgrundsätze entwickeln, um<br />

Frauen- und Männerinteressen gleichberechtigt umzusetzen:<br />

Entschleunigung der Politik für mehr Demokratie,<br />

Frauen an die Macht in Politik und Gewerkschaften, Re-<br />

Regionalisierung der politischen und ökonomischen Macht<br />

und mehr gelebte Verantwortung, mehr gesamtwirtschaftliche<br />

Betrachtung.<br />

Verantwortungen müssen festgelegt werden, AkteurInnen<br />

müssen mit dem Ziel handeln, sich der Vision einer für Frauen<br />

und Männer gerechten Gesellschaft anzunähern. Die<br />

dabei zwischen Frauen und Männern geteilte Verantwortung<br />

verlangt von Frauen, ihren Anteil selbstbewusst für<br />

sich in Anspruch zu nehmen, und von Männern, die bei<br />

ihnen konzentrierte Macht auch zur Umsetzung von Fraueninteressen<br />

einzusetzen.<br />

Auch in den Gewerkschaften ist ein neues Selbstverständnis<br />

der Frauen umzusetzen. Fraueninteressen dürfen nicht länger<br />

dem vermeintlichen Gesamtinteresse geopfert werden,<br />

denn sonst kann ein wirkliches Gesamtinteresse nie erfüllt<br />

werden.<br />

Neues Frauenleitbild in Politik und Gesellschaft implementieren<br />

und verankern<br />

Ziel gewerkschaftlicher Frauen- und Gesamtpolitik muss es<br />

sein, ein Leitbild der gesellschaftlich gleichberechtigten, im<br />

Beruf mit gleichen Chancen und realen Möglichkeiten versehenen<br />

Frau zu verankern, für die Familie ein Lebensbereich<br />

ist, aber nicht länger der einzig wichtige bzw. mögliche.<br />

Zentraler Bestandteil dieses Frauenbildes muss es sein,<br />

dass Frauen die gleichberechtigte Teilhabe an allen Teilen<br />

des gesellschaftlichen, politischen und beruflichen Lebens<br />

nicht nur grundgesetzlich zusteht, sondern dass diese Zielsetzung<br />

auch in allen Politikbereichen nachhaltig als Zielund<br />

Maßnahmenleitbild umgesetzt wird. Den gewerkschaftlichen<br />

AkteurInnen kommt dabei die Aufgabe zu, dieses Ziel<br />

insbesondere vor Ort und in den unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen<br />

wirksam werden zu lassen.<br />

Bisher und wieder aktualisiert geht in nahezu allen Politikbereichen<br />

(Beschäftigung, <strong>Soziale</strong> <strong>Sicherung</strong>, Familie, Unternehmen)<br />

die herrschende Meinung von einem traditionellen<br />

Frauenbild aus, das für die Frau in erster Linie die Familie<br />

als Lebensmittelpunkt definiert. Teilzeitarbeit und Zuverdienst,<br />

vom Ehepartner abgeleitete soziale <strong>Sicherung</strong>, steuerliche<br />

Bevorteilung der Einverdienstehe, die Darstellung<br />

von Familienpolitik als Frauenpolitik, „gläserne Decken“ für<br />

Frauen in betrieblichen Hierarchien, dies alles sind Beispiele<br />

für die wirksame Umsetzung dieses Frauenbildes, das dringend<br />

durch eine modernere Zielsetzung ersetzt werden<br />

muss.<br />

Wenn Frauen unter bisherigen Bedingungen den gleichberechtigten<br />

Zugang zu Ökonomie und Gesellschaft sowie die<br />

gerechte Verteilung von Einkommen, Macht und Zukunftsperspektiven<br />

anstreben, so unterliegen sie derzeit einem<br />

Herrschaftsverhältnis, das in der vorrangigen Beteiligung<br />

von Männern in diesen Systemen und in ihrer eigenen teilweisen<br />

oder vollständigen Ausgrenzung daraus begründet<br />

liegt. Beispielsweise spiegelt sich dies in der fortgesetzten<br />

Zuschreibung der Haus- und Subsistenzarbeit (Reproduktion)<br />

an Frauen wider.<br />

Bei einer Neuorientierung gewerkschaftlicher Frauen- und<br />

Gesamtpolitik gilt es deshalb auch, dieses Herrschaftsverhältnis<br />

erneut in den Mittelpunkt zu rücken und für eine<br />

59


60<br />

bessere und geschlechtergerechte Verteilung der Beteiligungsfaktoren<br />

zu sorgen – und nicht etwa angesichts angeblich<br />

knapper Kassen und fehlender politischer und ökonomischer<br />

Lösungen immer wieder zum traditionellen Frauenbild<br />

als vermeintlicher Lösung zurückzukehren. Nur so<br />

wird es auf Dauer möglich sein, Frauen als nicht nur selbstverständlichen,<br />

sondern auch selbstverständlich gleichberechtigten<br />

Teil der Organisation zu halten.<br />

Neue Kernbereiche für die Gewerkschaftsarbeit formulieren<br />

und annehmen.<br />

Gewerkschaft versteht sich künftig als gesellschaftliche<br />

Kraft, bei der Tarifarbeit eine Standardaufgabe ist, die sich<br />

aber auch der Lebensbereiche der Menschen annimmt. Das<br />

bedeutet:<br />

❚ Weg von der „Zurück-zu-den-klassischen-Kernaufgaben-<br />

Strategie“, die auch in Unternehmen zurzeit angesichts<br />

angeblich leerer Kassen an- und umgesetzt wird. Von<br />

dieser Strategie ist anzunehmen, dass sie eine Zukunftsorientierung<br />

eher verhindert, weil sie wegen der Konzentration<br />

auf alte und bekannte und in der Zahl beschränkte<br />

Kernpunkte inhaltlich zu sehr festgelegt ist. Fraueninteressen<br />

geraten durch die Konzentration auf diese<br />

„Kernaufgaben“ stets ins Hintertreffen, da sie bisher<br />

nicht als Kernaufgabe definiert sind. Will Gewerkschaft<br />

künftig Frauen ansprechen, ist hier Umdenken erforderlich.<br />

❚ Das Aufgreifen der Anliegen von Mitgliedern erfordert<br />

eine breitere Aufgabenpalette und das Einverständnis,<br />

einen politischen Auftrag für sie und für die potentiellen<br />

Mitglieder zu erfüllen, der sich nicht mehr allein auf die<br />

Verbesserung bestehender Normalarbeitsverhältnisse<br />

richten kann, von denen bisher vornehmlich Männer profitieren.<br />

Wenn schwindende Kernbelegschaften nicht zum Verschwinden<br />

der Gewerkschaften führen sollen, müssen sie<br />

neue Kernbereiche ihrer Aktivitäten formulieren, mit denen<br />

sie näher an den Bedarf von Mitgliedern und Bevölkerung,<br />

von Männern und Frauen heranrücken. Dazu gehören dringend<br />

❚ Frauenpolitik, die gleichzeitig Dienstleistungspolitik ist,<br />

weil die Industriegesellschaft bereits zur Dienstleistungsgesellschaft<br />

geworden ist und weiterer gesellschaftlicher<br />

Wandel bevorsteht, der die Auflösung alter Strukturen<br />

mit sich bringt und das traditionelle Frauenbild auch in<br />

der Praxis zum Anachronismus werden lässt. Frauenarbeit<br />

und Dienstleistungsarbeit stehen in enger Verbindung.<br />

❚ Die Durchsetzung gleichen Lohnes für gleichwertige<br />

Arbeit, denn es ist schon ein beinahe irreparabler Schaden<br />

für die ökonomische Integration der Dienstleistung in<br />

die bestehende Wirtschaft eingetreten, wenn hier Niedriglöhne<br />

als opportun gehandelt werden. Die Tatsache,<br />

dass Dienstleistung meist als nur ergänzender Bestandteil<br />

der Wirtschaft zur vorrangigen Industrieproduktion<br />

betrachtet wird, trifft hier mit der Verteilung der Dienstleistung<br />

an die Frauen zusammen. Die Herrschaft der<br />

Produktion in der Wirtschaft und die dort vorherrschende<br />

Männerarbeit führen so zu einer Unterbewertung der<br />

Dienstleistung und der hier von Frauen erbrachten Arbeit.<br />

❚ Eine Neudefinition des Arbeitsbegriffs, mit in der Konsequenz<br />

veränderten Ansprüchen auf Bewertung und<br />

Bezahlung von Arbeit, die klassischerweise der Produktion<br />

oder der Reproduktion zugerechnet werden. Ein-Euro-<br />

Jobs, die Verlagerung personenbezogener Dienste in die<br />

ehrenamtliche Arbeit (innerhalb oder außerhalb der Familie)<br />

und die Tatsache, dass Niedriglohnarbeit heute mehr<br />

eine Konsequenz des sozialen Status (z.B. Arbeitslosigkeit)<br />

als der Qualifikation wird, machen deutlich, dass<br />

auch die un- und schlecht bezahlte Arbeit in den gewerkschaftlichen<br />

Fokus rücken muss.<br />

❚ Öffentliche Daseinsvorsorge, weil Privatisierung und<br />

Marktmacht zum Rückzug des Staates nicht nur aus der<br />

sozialen <strong>Sicherung</strong>, sondern längerfristig auch aus der<br />

Grundversorgung der Bevölkerung führen. Eine gleichberechtigte<br />

Teilhabe von Frauen und Männern an Staat,<br />

Gesellschaft und Wirtschaft setzt insbesondere für Familienverantwortliche<br />

voraus, dass Leistungen der öffentlichen<br />

Daseinsvorsorge wie beispielsweise Wasser, Energie,<br />

Bildung, Kinderbetreuung, Kultur, Kommunikation in ausreichendem<br />

und bezahlbarem Umfang vorhanden sind.<br />

Gerade für Frauen sind die schlecht ökonomisierbaren<br />

Leistungen, z.B. die Kinderbetreuung, als Leistung des<br />

Staates besonders wichtig, insbesondere, da eine Ökonomisierung<br />

aus gesellschaftlicher Sicht nicht sinnvoll ist.<br />

❚ Mehr kommunale Beschäftigung als Teil der öffentlichen<br />

Daseinsvorsorge, denn nicht nur die aktuelle Arbeitsmarktpolitik<br />

(z.B. Ausmaß der Ein-Euro-Jobs) macht deutlich,<br />

dass kommunale und soziale Arbeit vorhanden ist,<br />

sie jedoch derzeit nicht bezahlt, sondern billig oder<br />

umsonst insbesondere von Frauen geleistet werden soll.<br />

Auch die Notwendigkeit der Erbringung öffentlicher Leistungen,<br />

die nicht oder schlecht ökonomisierbar sind und<br />

deren Deckung gleichzeitig ein unverzichtbares Grundbedürfnis<br />

zum Funktionieren unserer Gesellschaft ist, sind<br />

zukünftig stärker in den Vordergrund zu stellen.<br />

❚ Eine neue Männerpolitik, denn auch Männer, die bisher<br />

in gesicherten Industriepositionen tätig waren, müssen<br />

ein Eigeninteresse am Wandel entwickeln. Sie können<br />

nicht länger davon ausgehen, der Ausgrenzung und


Abwertung der Arbeit, die bisher den Frauen zugeschrieben<br />

wurden, auf Dauer zu entgehen. Die Umwälzungen<br />

in Wirtschaft und Gesellschaft sind grundlegender, als<br />

dass mit einer überwiegenden Mehrheit von „Verschonten“<br />

noch gerechnet werden kann. Zu einer neuen Männerpolitik<br />

gehört auch, dass Männer sich neu über ihre<br />

Rolle in der Familie verständigen müssen.<br />

Neue Verhaltensgrundsätze für die Politik entwickeln<br />

Entschleunigung der Politik für mehr Demokratie<br />

Je kleiner der Zirkel der Beteiligten unter unveränderten<br />

gesellschaftlichen Bedingungen ist und je schneller Entscheidungen<br />

getroffen werden (müssen), umso weniger<br />

Frauen sind an Entscheidungen beteiligt, umso unwahrscheinlicher<br />

wird es, dass Fraueninteressen einfließen. Ohne<br />

die zwar länger dauernde, aber auf Beteiligung angelegten<br />

demokratischen Willensbildungsprozesse werden „allgemeine“<br />

Entscheidungen immer stärker wieder nur zu Entscheidungen<br />

von Einzelnen und Männern. Deshalb: Keine Kompromisse<br />

im stillen Kämmerlein und unter Zeitdruck mehr,<br />

sonst sind demokratische Prozesse nicht mehr möglich.<br />

Die Politikverdrossenheit der Bevölkerung erklärt sich zu<br />

einem erheblichen Teil aus diesen Vorgängen, denn das<br />

Defizit an wirklicher und relevanter Information und ihre<br />

immer wieder erkennbare und zunehmende Einflusslosigkeit<br />

wird in der Bevölkerung wachsamer zur Kenntnis genommen,<br />

als es oberflächlich betrachtet den Anschein hat. Dies<br />

als erträglichen Nebeneffekt hinzunehmen, sollten Politiker<br />

sich hüten.<br />

Frauen an die Macht<br />

Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen ist real und<br />

erkennbar umzusetzen. Die Verteilung gesellschaftlich notwendiger<br />

Arbeit muss bei der Arbeit selbst künftig ein<br />

ebenso gleichmäßiges Ergebnis hervorbringen wie bei der<br />

Verteilung der Früchte dieser Arbeit:<br />

❚ In der Ökonomie: Führungspositionen, Aufsichtsgremien,<br />

Aufsichtsratssitze für Frauen<br />

❚ In der Politik: Frauen in Entscheidungspositionen, nicht<br />

nur an der Basis<br />

❚ In der gesellschaftlichen Verteilung: Mehr Einkommen<br />

und Besitz für Frauen<br />

❚ In der außerökonomischen Arbeitsteilung: Nicht nur die<br />

ehrenamtliche Arbeit, auch das Ehrenamt künftig für die<br />

Frauen.<br />

Re-Regionalisierung der politischen und ökonomischen<br />

Macht<br />

❚ Die Identifikation der Bevölkerung mit Entscheidungen,<br />

die mit zunehmender Politikverdrossenheit verloren geht,<br />

ist erneut zu fördern. Nur so kann die Politik sich den<br />

Menschen wieder annähern und in der Bevölkerung verankern.<br />

❚ Persönliche Verantwortung muss für den Bürger und die<br />

Bürgerin zum selbstverständlichen Staatsverständnis gehören.<br />

Es gilt, dieses Politikverständnis auch in Unternehmenskreisen<br />

(wieder) zu initiieren.<br />

❚ Einfluss- und Beteiligungsmöglichkeiten müssen für mehr<br />

Menschen wieder hergestellt werden.<br />

❚ Mehr Verantwortung in den Kommunen: Gerade für<br />

Frauen ist die direkt wirksame Ebene der Politik, z.B. Auswirkungen<br />

kommunalpolitischer Entscheidungen zur Daseinsvorsorge,<br />

von großer Bedeutung.<br />

Mehr gesamtwirtschaftliche Betrachtung<br />

❚ Weiterhin die rein betriebswirtschaftliche Ökonomie in<br />

den Vordergrund zu stellen, ist nicht ausreichend, um der<br />

geänderten Wirtschafts- und Gesellschaftslage zu entsprechen,<br />

denn auch gesamtwirtschaftliche Vorsorge und<br />

Folgenabschätzung sind dazu erforderlich.<br />

❚ Mehr ganzheitliche Betrachtung und Behandlung ist der<br />

einzig mögliche Ansatz auch für die globalen Fragen, insbesondere<br />

wichtig sind auch der Schutz von Umwelt und<br />

Naturressourcen, gesunde Ernährung für alle Menschen,<br />

Weltgesundheit.<br />

Verantwortung festlegen und handeln, um sich der Vision<br />

anzunähern<br />

Männer und Frauen sind für die Umsetzung des neuen<br />

Frauenleitbildes und die Gestaltung einer solidarischen und<br />

geschlechterdemokratischen Gesellschaft gleichermaßen<br />

verantwortlich. Dabei gibt es jedoch eine geteilte Verantwortung:<br />

Frauen müssen das bereits entwickelte Leitbild der gleichberechtigten<br />

und gleichbeteiligten Frau selbstbewusst vertreten<br />

und sich für dessen Umsetzung ständig neu einsetzen.<br />

Sie müssen ihre eigenen Ziele entwerfen und verfolgen<br />

– wissen, was sie wollen. Dazu brauchen sie keine Erlaubnis<br />

oder Ermutigung, auch keine Qualifizierung mehr. Frauen<br />

sind an der Schwelle zur „Selbstermächtigung“ angekommen.<br />

Es ist nur ein kleiner Schritt, der den Weg eröffnet.<br />

Frauen müssen ihre Verantwortung annehmen für sich<br />

selbst, für andere Frauen, in der Politik.<br />

Frauen fordern ein, wahrgenommen zu werden, als Hälfte<br />

der Gesellschaft, als diejenigen, die den größten Teil gesellschaftlich<br />

notwendiger Arbeit leisten, als gleichberechtigte<br />

Wesen in der Gesellschaft. Fraueninteressen und -belange<br />

müssen in Wirtschaft und Gesellschaft sichtbar gemacht<br />

61


62<br />

werden. Frauen erwarten Respekt für ihre Person und für<br />

ihre Anliegen.<br />

Frauen müssen sich mit BündnispartnerInnen vernetzen,<br />

innerhalb und außerhalb der klassischen Frauenorganisationen.<br />

Dabei ist auch die Bereitschaft weiterzuentwickeln,<br />

sich über (auch selbst gesetzte) Grenzen erneut zu verständigen<br />

und diese bei Bedarf zu ändern.<br />

Männer sind schon in entscheidenden Positionen und müssen<br />

ihre Verpflichtungen im hier beschriebenen Kontext<br />

annehmen. Wenn sie in Machtpositionen sind, müssen sie<br />

Politik, Gesetze, Unternehmenspolitik einschließlich der<br />

Fraueninteressen umsetzen. Sie müssen bereit werden,<br />

Macht zu teilen und das Positive an geteilter Macht zu<br />

erkennen.<br />

Männer sind verantwortlich, sich ihr eigenes neues und<br />

emanzipiertes Leitbild des Mannes und des Zusammenlebens<br />

zu entwerfen, denn sie sind nicht nur für Ökonomie<br />

und Herrschaft verantwortlich, sondern auch für die außerökonomischen<br />

Bestandteile der Gesellschaft, insbesondere<br />

wenn diese von der Ökonomie abhängen. Beispielsweise<br />

darf eine Verantwortung für die demografische Entwicklung<br />

und deren Folgen nicht den Frauen zugewiesen werden. Die<br />

„Wahlfreiheit“ für oder gegen Kinder, die bisher den Frauen<br />

auferlegt wurde, erfolgt zwar in der Familie, also im außerökonomischen<br />

Bereich. Unterschlagen wird dabei jedoch,<br />

dass diese im Prinzip persönlichen Entscheidungen durch<br />

Bedingungen in der Ökonomie und Verhaltensweisen der<br />

dort Verantwortlichen herbeigeführt, zumindest stark beeinflusst<br />

worden sind. Erste Schritte eines Umdenkens sind<br />

schon erreicht. Im Verhältnis zu den frühen Jahren der Bundesrepublik<br />

zeigen die langsam steigenden realen Zahlen<br />

von Vätern im Elternurlaub ein zunehmendes Interesse der<br />

Väter.<br />

Für die Zukunft fordern wir Frauen eine gerechter geteilte<br />

Verantwortung. Dazu gehören die Besetzungsquotierung in<br />

Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und die partnerschaftliche<br />

Gestaltung von Ehe und Familie, einschließlich der Neubewertung<br />

von Produktion und Reproduktion.<br />

Neues Selbstverständnis der Frauen in den Gewerkschaften<br />

umsetzen<br />

Frauen in den Gewerkschaften müssen sich neu in Bezug<br />

auf die Frage positionieren, ob und inwieweit sie sich weiterhin<br />

in die „Politik für Alle“, in „das Allgemeine“ einordnen<br />

wollen, also ob und inwieweit weiterhin Kompromisse<br />

zu Gunsten vermeintlich allgemeiner Zielsetzungen gemacht<br />

werden, wobei die Aufgabe oder das Verschieben<br />

frauenpolitischer Interessen in Kauf zu nehmen ist. Sehr oft<br />

sind frauenpolitische Ziele so ins Hintertreffen geraten, auch<br />

weil sie nicht umsonst zu haben sind (z.B. wenn bei Tarif-<br />

runden Forderungsbestandteile dafür angerechnet werden).<br />

Die Gewerkschaften als gemischt-geschlechtliche Organisationen<br />

müssen dabei insgesamt überdenken, was dies für<br />

sie und ihre Mitgliederentwicklung bedeutet, wie das Zahlen-<br />

und Machtverhältnis zwischen Männern und Frauen<br />

künftig sein soll und was die bisherigen Kompromisslinien<br />

für beide bedeuten.<br />

❚ Frauen, die integrativer Bestandteil einer demokratischen<br />

Organisation sein wollen, werden nicht länger hinnehmen,<br />

dass sie ihre Interessen öffentlich nicht vertreten,<br />

dass sie Forderungen nicht stellen können, ohne damit<br />

immer wieder vor die Entscheidung gestellt zu werden,<br />

sich mit der Vertretung ihrer Anliegen gegen Entscheidungen<br />

der Gesamtorganisation oder ein vermeintliches<br />

Gesamtinteresse wenden zu müssen. Dieser Konflikt ist<br />

auf Dauer unerträglich.<br />

❚ Die Gesamtorganisation muss deshalb bedenken, ob sie<br />

es sich weiterhin leisten kann und will, über „das Ganze“<br />

(aus männlicher Sicht) zu entscheiden, mit Gesamtentscheidungen<br />

zur Wirkungslosigkeit von Frauenpolitik beizutragen<br />

und ob sie so die Interessen der Frauen an den<br />

Rand stellen will.<br />

❚ Die gegenderte Besetzung in den gewerkschaftlichen Leitungen<br />

– z.B. an den Spitzen immer im „Doppelpack“ –<br />

wird zu einer der wesentlichen Voraussetzungen zur<br />

gleichberechtigten Umsetzung der Interessen von Männern<br />

und Frauen in der Organisation werden.<br />

Die bisherige Situation bindet nicht nur Energie und Kräfte,<br />

die sinnvoller eingesetzt werden können. Sie ist auch eine<br />

unerträgliche Situation, die aus Gründen der Gleichberechtigung<br />

zu verändern ist.<br />

A 003 Geschlechterspezifische Datenerhebungen<br />

und Statistiken<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Bayern<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong> wird aufgefordert, überall dort, wo er seinen Einfluss<br />

geltend machen kann, dafür zu sorgen, dass Datenerhebungen<br />

nach Geschlechtern getrennt erhoben werden,<br />

insbesondere beim Bundesamt für Statistik oder bei den<br />

Arbeitsmarktdaten.<br />

Begründung:<br />

Immer wieder werden Vorschläge zur Verbesserung der<br />

Situation von Frauen und Mädchen in der Arbeitswelt


dadurch erschwert, dass aktuelle und präzise Daten ihrer<br />

Situation fehlen und häufig, wenn überhaupt, viel zu spät<br />

geliefert werden.<br />

Zum Beispiel bei den Nachvermittlungsaktionen auf dem<br />

Ausbildungsstellenmarkt wurden nur geschlechterunspezifische<br />

Zahlen verwendet. Hier ist aber seit ein paar Jahren<br />

eine rückläufige Tendenz bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen<br />

durch Mädchen bzw. junge Frauen zu beobachten.<br />

A 004 Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft<br />

Antragsteller/in: IG Metall-Frauenausschuss beim Vorstand<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand setzt sich, nach dem Scheitern<br />

der am 2. Juli 2001 getroffenen „Vereinbarung zwischen<br />

der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen<br />

Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit von<br />

Frauen und Männern in der Privatwirtschaft“, bei der Bundesregierung<br />

offensiv für ein Gleichstellungsgesetz für die<br />

Privatwirtschaft ein.<br />

Gleichzeitig fordern die Delegierten den Bundesvorstand<br />

des <strong>DGB</strong> auf, diese Forderung mit entsprechenden Aktivitäten<br />

und Aktionen zu unterstützen.<br />

Begründung:<br />

Bereits auf der 15. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz haben die<br />

Delegierten mit der Annahme des Antrages Nr. 15, trotz<br />

Abschluss der freiwilligen Vereinbarung, an der Forderung<br />

nach einer verbindlichen gesetzlichen Regelung zur Gleichstellungspolitik<br />

in der Privatwirtschaft festgehalten.<br />

Die damalige Aussage, dass eine solche Vereinbarung „ein<br />

Muster ohne Wert ist“, hat sich jetzt, mehr als 4 Jahre nach<br />

der Unterzeichnung, auch in der Praxis bestätigt.<br />

Nach Abschluss der Vereinbarung sollte es alle zwei Jahre –<br />

erstmalig 2003 – eine Bestandsaufnahme geben. Vom<br />

Ergebnis dieser Bestansaufnahme bzw. von der erfolgreichen<br />

Umsetzung hatte die Bundesregierung abhängig<br />

gemacht, ob sie Aktivitäten unternimmt, „um die Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft<br />

auf gesetzlichem Wege zu erreichen“.<br />

Auch wenn die von der Bundesregierung und der Wirtschaft<br />

vorgelegte Bilanz 2003 wenig verlässliche Zahlen bietet<br />

und eher einem Werbeprospekt gleicht, so gibt es doch<br />

andere Studien, die zeigen, an einer gesetzlichen Regelung<br />

führt kein Weg vorbei.<br />

Dazu gehört die Anfang 2004 vorgestellte Unternehmensbefragung<br />

im Auftrag des <strong>DGB</strong> und der Hans-Böckler-Stiftung:<br />

Nur die Hälfte der 500 befragten Unternehmen hatte überhaupt<br />

Kenntnis von der Vereinbarung. In 70 Prozent der<br />

befragten Unternehmen hatte sich der Frauenanteil in den<br />

letzten zwei Jahren nicht verändert, auch nicht beim Anteil<br />

von Frauen in Führungspositionen. In 12,6 Prozent der<br />

Unternehmen gab es gar keine Maßnahmen zur Förderung<br />

der Chancengleichheit; in mehr als 70 Prozent der Unternehmen<br />

waren keine weiteren Maßnahmen geplant.<br />

Auch eine erste Auswertung des Betriebspanels 2002 durch<br />

das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)<br />

zeigte ähnlich negative Ergebnisse:<br />

Nur in 9 Prozent aller Betriebe mit mehr als 10 Beschäftigten<br />

gab es betriebliche oder tarifliche Vereinbarungen zur<br />

Chancengleichheit. Freiwillige Vereinbarungen gab es nur in<br />

5,3 Prozent der Unternehmen.<br />

Die Untersuchungen belegen eindeutig, dass eine freiwillige<br />

Vereinbarung völlig unzureichend ist. Damit das Thema<br />

Chancengleichheit in Unternehmen nicht weiter im Schnekkentempo<br />

vorandümpelt, bedarf es also dringend einer<br />

neuen Initiative für ein Gleichstellungsgesetz in der Privatwirtschaft.<br />

A 005 Für nachhaltige Verbesserungen im<br />

Landesgleichstellungsrecht<br />

Antragsteller/in: Bundesfrauenausschuss der GEW<br />

Beschluss: Annahme mit Änderungen<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Landesgleichstellungsrecht verbessern, Rechte der<br />

Gleichstellungsbeauftragten stärken<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz setzt sich für nachhaltige<br />

Verbesserungen im Gleichstellungsrecht ein, damit Chancengleichheit<br />

und Gleichwertigkeit der Geschlechter als<br />

gesellschaftspolitische Ziele aktiv gefördert werden und<br />

Gleichstellungsbeauftragte die Interessen der weiblichen<br />

Beschäftigten wirksam vertreten können. Dafür sind verbindliche<br />

und ergebnisorientierte Gleichstellungsgesetze<br />

erforderlich, in deren Zielsetzungen ein Diskriminierungsverbot<br />

aufgrund des Geschlechts verankert ist und somit die<br />

individuellen Rechte der Frauen gestärkt werden.<br />

63


64<br />

Im Einzelnen fordert die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz:<br />

❚ Alle öffentlichen Einrichtungen, auch solche in privater<br />

Trägerschaft, sollen durch Landesgleichstellungsgesetze<br />

erfasst werden, wenn sie aus öffentlichen Mitteln finanziert<br />

werden.<br />

❚ Auf allen Entscheidungsebenen ist auch eine wirksame<br />

Interessenvertretung von Frauen durch Gleichstellungsbeauftragte<br />

verpflichtend zu regeln.<br />

❚ Auf jeder Ebene ist die in Bezug auf die Aufgabenstellung<br />

notwendige Freistellung der Gleichstellungsbeauftragten<br />

mit einer Staffelung in Abhängigkeit von der Zuständigkeit<br />

und mit einer Rechtssicherheit abzusichern.<br />

❚ Klage- und Widerspruchsrechte der Gleichstellungsbeauftragten<br />

sind in allen Landesgleichstellungsgesetzen einzuführen<br />

bzw. auszubauen und ihre Einwirkungsmöglichkeiten<br />

zu verbessern.<br />

❚ Eine optimale Interessenvertretung für die weiblichen<br />

Beschäftigten erfordert eine bessere Abstimmung der Personalvertretungsgesetze<br />

und Landesgleichstellungsgesetze<br />

in Bezug auf Mitbestimmungs-, Informations- und Mitwirkungsrechte.<br />

❚ Es sind klare Verbindlichkeiten in Bezug auf die Berichtspflichten<br />

der Dienststelle, die Erfolgskontrolle und die<br />

Erhöhung der Transparenz vorzugeben. Zu Analysen der<br />

Ausgangssituation, Frauenförder- und Gleichstellungsplänen,<br />

Zielvereinbarungen und Evaluationen der Zielerreichung<br />

sind Stellungnahmen der Gleichstellungsbeauftragten<br />

einzuholen.<br />

❚ Die Verantwortung der Führungskräfte für die Umsetzung<br />

der Gesetzesziele ist verbindlich zu regeln.<br />

Gegen den bedrohlich um sich greifenden Abbau der<br />

Geschlechterdemokratie in den Ländern<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordert Landesregierungen<br />

und Parlamente auf, bei Verwaltungsreformen und anderen<br />

Umstrukturierungen sicherzustellen, dass die Vertretungsrechte<br />

der Gleichstellungsbeauftragten erhalten bleiben und<br />

ausgebaut werden. Dem Trend, mit der „Verschlankung“<br />

der Verwaltungsstrukturen auch die Mitbestimmungsrechte<br />

zu untergraben, muss entgegengewirkt werden. Es ist dringend<br />

geboten, die Auswirkungen für die weiblichen Beschäftigten<br />

zu analysieren und die Gleichstellungsbeauftragten<br />

frühzeitig in die Gestaltung der Prozesse einzubeziehen.<br />

Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst müssen auch nach<br />

einer Verwaltungsreform eine funktionsfähige Institution<br />

der Gleichstellungsbeauftragten haben, die auf allen Ebenen<br />

für Frauenförderung kompetent und wirksam agieren<br />

kann und damit auch ihren Einfluss gegen die Verschlechte-<br />

rung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten geltend<br />

machen kann.<br />

Gewerkschafts-Aktivitäten für Gleichstellungsbeauftragte<br />

ausbauen<br />

Um das Gleichstellungsrecht im Sinne der gewerkschaftlichen<br />

Interessenvertretung und der Förderung des gesellschaftspolitischen<br />

Ziels der Geschlechtergerechtigkeit zu<br />

fördern, sind eine enge Zusammenarbeit von Gewerkschafts-Gremien<br />

und Gleichstellungsbeauftragten sowie der<br />

Ausbau des Serviceangebots notwendig. Gewerkschaftlich<br />

organisierte Gleichstellungsbeauftragte sind eine wichtige<br />

Zielgruppe für Gewerkschafts-Aktivitäten, indem sie ihren<br />

Sachverstand in die Gewerkschafts-Politik einbringen und<br />

als Multiplikatorinnen für die Gewerkschaften vor Ort agieren.<br />

Der <strong>DGB</strong> und die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes<br />

❚ beziehen die Expertise von Gleichstellungsbeauftragten in<br />

ihre Arbeit ein,<br />

❚ verstärken bzw. stabilisieren ihre Schulungs- und Informationsangebote<br />

für Gleichstellungsbeauftragte,<br />

❚ unterstützen ihre Netzwerke in den Gewerkschaften,<br />

❚ fördern die Zusammenarbeit zwischen Gleichstellungsbeauftragten<br />

und Personal- und Betriebsräten,<br />

❚ treten dafür ein, dass die Gleichstellungsbeauftragten<br />

stärker in die <strong>DGB</strong>-Aktivitäten zur Mitbestimmung einbezogen<br />

werden.<br />

Begründung:<br />

Die unbestreitbar vorhandenen Erfolge in der Gleichstellung<br />

von Männern und Frauen im öffentlichen Dienst in den vergangenen<br />

25 Jahren sind insbesondere auf die Wirkung der<br />

Landesgleichstellungsgesetze und auf das engagierte Handeln<br />

von Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten* zurückzuführen.<br />

Gleichstellungsbeauftragte nehmen vielfältige<br />

Aufgaben zur Förderung der tatsächlichen Gleichberechtigung<br />

von Männern und Frauen in Bildungsreinrichtungen<br />

und in öffentlichen Verwaltungen wahr. Sie nutzen ihre Mitbestimmungs-,<br />

Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte im<br />

Interesse der Frauen mit dem Ziel der Geschlechtergerechtigkeit.<br />

Dennoch sind die Standards der Landesgleichstellungsgesetze<br />

in den meisten Bundesländern noch nicht ausreichend.<br />

Hinzu kommt, dass ihre Wirksamkeit zurzeit durch<br />

zwei Entwicklungen ernsthaft bedroht ist: Novellierungen<br />

der Gleichstellungsgesetze und Verwaltungsreformen.<br />

Dennoch sind die Standards der Landesgleichstellungsgesetze<br />

in den meisten Bundesländern noch nicht ausreichend.<br />

Hinzu kommt, dass ihre Wirksamkeit zurzeit durch


zwei Entwicklungen ernsthaft bedroht ist: Novellierungen<br />

der Gleichstellungsgesetze und Verwaltungsreformen.<br />

Gleichstellungsgesetze der Länder in Verbindung mit Kommunalverfassungen,<br />

Schulgesetzen, Hochschulgesetzen,<br />

Gesetzen für die Polizei und das Richteramt und weitere<br />

Regelungen sind die Grundlagen für die Umsetzung des<br />

politischen Auftrags der Gleichstellung der Geschlechter im<br />

öffentlichen Dienst. Sie regeln die Zielsetzungen und Handlungsfelder<br />

in Bezug auf Frauenförderung und Gleichstellung<br />

sowie die Rechte und Pflichten der Gleichstellungsbeauftragten.<br />

Veränderungen in der gesamten Verwaltungsstruktur unterhöhlen<br />

die Vertretungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten<br />

– wie auch der Personal- und Betriebsräte. Mit Novellierungen<br />

der Gleichstellungsgesetze wird ihre Wirksamkeit<br />

zum Teil eingeschränkt. So entfällt z. B. in Hessen bei<br />

Anwendung einer Experimentierklausel die Pflicht, einen<br />

Frauenförderplan zu erstellen; in Niedersachsen soll das<br />

Gleichstellungsgesetz von einem Gesetz über die Vereinbarkeit<br />

von Erwerbs- und Familienarbeit abgelöst werden.<br />

Aktuelle Entwicklungen, wie Verwaltungsreformen, die Einführung<br />

neuer Steuerungsinstrumente oder auch allgemeine<br />

Sparmaßnahmen verändern die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten<br />

und gefährden die Mitbestimmungsrechte ihrer<br />

Interessenvertretungen. Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung<br />

erhalten mehr Eigenständigkeit in der Personalentwicklung<br />

und Mittelbewirtschaftung, die gesamte Verwaltungsstruktur<br />

wird verändert, u.a. werden Mittelbehörden<br />

in größere Einheiten eingegliedert (z. B. in Baden-Württemberg<br />

und Sachsen-Anhalt).<br />

Die aktuellen Entwicklungen im Gleichstellungsrecht und in<br />

der Gleichstellungspolitik und die absehbaren Folgen von<br />

Verwaltungsreformen und neuen Steuerungsinstrumenten<br />

machen es erforderlich, dass der <strong>DGB</strong> und die Gewerkschaften<br />

des öffentlichen Dienstes Position beziehen gegen<br />

den Abbau der Geschlechterdemokratie in den Ländern und<br />

für die Verbesserung des Landesgleichstellungsrechts und<br />

die Stärkung der Rechte der Gleichstellungsbeauftragten<br />

eintreten.<br />

Im Text wird aus Vereinfachungsgründen der Begriff Gleichstellungsbeauftragte<br />

verwendet. Die Bezeichnung für die<br />

Interessenvertretung der weiblichen Beschäftigten ist von<br />

Bundesland zu Bundesland unterschiedlich – Gleichstellungsbeauftragte,<br />

Frauenbeauftragte, Frauenvertreterin,<br />

Ansprechpartnerin oder Vertrauensperson für die Gleichstellung<br />

von Frau und Mann.<br />

A 006 Keine Auflösung der Konferenz der<br />

Gleichstellungs- und Frauenminister/innen<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss West<br />

Beschluss: Annahme mit Änderungen<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die Delegierten der 16. ordentlichen <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz<br />

stellen fest:<br />

Eigenständige Frauenpolitik muss erhalten bleiben – die<br />

Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenminister/innen<br />

darf nicht aufgelöst werden.<br />

Sie fordern deshalb die Ministerpräsidenten der Länder auf,<br />

sich für die Rücknahme des Beschlusses der 15. Konferenz<br />

der Gleichstellungs- und Frauenminister/innen (GFMK) einzusetzen.<br />

Die Delegierten der <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordern<br />

eine eigenständige und offensive Frauenpolitik, die nicht<br />

der Familienpolitik untergeordnet ist.<br />

Begründung:<br />

Am 3. Juni 2005 hat die GFMK mit den Stimmen der unionsgeführten<br />

Länder beschlossen, sich selbst aufzulösen.<br />

Ab 2007 soll dann dieses Thema nur noch gemeinsam mit<br />

der JugendministerInnenkonferenz unter dem Schwerpunkt<br />

Familienpolitik länderübergreifend behandelt werden.<br />

Die Auflösung dieses wichtigen koordinierenden Gremiums<br />

für Frauenpolitik auf Bundesebene ist ein verheerendes<br />

Signal.<br />

In keinem Bundesland ist die Gleichstellung von Frauen und<br />

Männern tatsächlich erreicht. Gleichstellungs- und Frauenpolitik<br />

braucht deshalb die bundesweite Zusammenarbeit<br />

und Koordinierung.<br />

A 007 Geschlechtergerechte Bildung von<br />

Anfang an<br />

Antragsteller/in: Bundesfrauenausschuss der GEW<br />

Beschluss: Annahme mit Änderungen<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die bildungspolitisch Verantwortlichen des Bundes und der<br />

Länder sind aufgefordert,<br />

❚ Voraussetzungen für eine geschlechtergerechte Bildung<br />

und Erziehung durch die Gestaltung von Gesetzen<br />

(KJHG, Schulgesetze, HRG, BBiG u.a.), durch Bildungs-<br />

65


66<br />

standards, Rahmenpläne, Curricula, Ausbildungsordnungen<br />

und organisatorische Vorgaben zu schaffen. Dabei<br />

sind das Ziel Geschlechterdemokratie und die Strategie<br />

des Gender Mainstreaming zu verfolgen und die<br />

geschlechterrelevante pädagogische Forschung zu stärken.<br />

Alle bildungspolitischen Maßnahmen sind auf den<br />

Geschlechteraspekt hin zu überprüfen;<br />

❚ eine geschlechtergerechte frühkindliche Pädagogik zu fördern.<br />

Dazu gehört, entsprechende Bildungsprogramme zu<br />

entwickeln, die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher<br />

auf Hochschulniveau zu heben und dabei die geschlechtersensible<br />

Aus- und Fortbildung voranzutreiben;<br />

❚ die Umsetzung einer spezifischen Jungenpädagogik im<br />

Bildungsalltag voranzutreiben und den Einsatz männlicher<br />

Pädagogen, insbesondere in Kindertageseinrichtungen<br />

und Grundschulen, zu forcieren;<br />

❚ die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pädagoginnen und<br />

Pädagogen für alle Bildungsstufen so zu gestalten, dass<br />

die Professionellen im Bildungsbereich für die Ausgestaltung<br />

einer geschlechtergerechten Bildung befähigt werden.<br />

Ausbildungsgegenstände sind u.a. die Reflexion der<br />

eigenen Geschlechterrolle, der Umgang mit geschlechterdifferenten<br />

Selbstkonzepten, die Diagnosefähigkeit und<br />

die Anwendung von Gender Mainstreaming in der inhaltlichen<br />

und organisatorischen Gestaltung von Bildungsprozessen;<br />

❚ Maßnahmen zur Überwindung der fächer- bzw. berufsbildbezogenen<br />

Verteilung der Geschlechter in der Berufsausbildung<br />

zu ergreifen (z.B. durch die Aufwertung von<br />

sog. Frauenberufen und die Ausweitung des Spektrums in<br />

der dualen Berufsausbildung);<br />

❚ das Studienangebot an Hochschulen an den Studieninteressen<br />

und Berufswünschen von Frauen auszurichten und<br />

die Ergebnisse der Frauen- und Geschlechterforschung in<br />

Lehre und Studium einzubeziehen.<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordert die Bildungsforschung<br />

auf, deutlich mehr geschlechterdifferenzierte Expertisen<br />

zur Verfügung zu stellen und geschlechtsbezogene<br />

Fragen stärker in künftige Leistungsstudien sowie in die<br />

Entwicklung von Bildungsstandards zu integrieren.<br />

Bildungseinrichtungen – von Kindertagesstätten und Schulen<br />

über Ausbildungsbetriebe und Hochschulen bis zur Weiterbildung<br />

– haben die Aufgabe, mit ihren Möglichkeiten<br />

für die Aufhebung einengender Rollenzuschreibungen bei<br />

Mädchen und Jungen, Frauen und Männern hinzuwirken.<br />

Angesichts der gravierenden Unterschiede in den Bildungsbiografien<br />

von Mädchen und Jungen, Frauen und Männern<br />

müssen die strukturellen Probleme in der Berufsausbildung<br />

und an Hochschulen sowie beim Übergang aus dem Bil-<br />

dungs- in das Beschäftigungssystem gelöst werden. Mädchen<br />

und junge Frauen können ihre Potenziale und Qualifikationen<br />

in der Berufsausbildung und im Studium nicht<br />

adäquat nutzen, die Trennung in „typisch männliche“ und<br />

„typisch weibliche“ Ausbildungs-, Studien- und Arbeitsmärkte<br />

versperrt ihnen viele Wege auf dem Arbeitsmarkt<br />

und im Beruf.<br />

Begründung:<br />

Die geschlechtsbezogenen Erkenntnisse aus den internationalen<br />

und nationalen Schulleistungsstudien zeigen, dass<br />

Bildung und Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland<br />

Geschlechterstereotype reproduziert – und dies wesentlich<br />

stärker als in anderen Ländern. Die Schlussfolgerung kann<br />

nur lauten: Eine geschlechtergerechte Bildung und Erziehung<br />

muss verwirklicht werden, damit Frauen und Männer<br />

die Chance haben, ihre Kompetenzen in Beruf und Gesellschaft<br />

zu entfalten!<br />

Die zu beobachtenden Geschlechterdifferenzen in der Kompetenzentwicklung<br />

und in der Bildungsbeteiligung von<br />

Mädchen und Jungen sind das Ergebnis eines komplexen<br />

Zusammenspiels vieler Faktoren. Einen wesentlichen Anteil<br />

daran haben Bildungs- und Erziehungsprozesse. Geschlechterrollen<br />

sind Ergebnisse von Sozialisationsprozessen, sie<br />

werden durch soziale Interaktion ‚gelernt’ und können folglich<br />

als veränderbar begriffen werden.<br />

Geschlechtergerechte Bildung erfordert, dass Pädagoginnen<br />

und Pädagogen und alle für Bildung Verantwortlichen sich<br />

ihrer jeweiligen Rolle bewusst sind und sich mit ihrem Vorbildcharakter<br />

als Frau bzw. als Mann auseinandersetzen.<br />

Gerade in der frühen Kindheit werden durch das Rollenverhalten<br />

(‚doing gender’) der Eltern bzw. der Bezugspersonen<br />

und des pädagogischen Personals in den Kindertageseinrichtungen<br />

Geschlechterrollen gelernt. Darum muss die<br />

geschlechtergerechte Erziehung und Bildung im frühesten<br />

Alter der Kinder beginnen. In Schulen ist der Bildungsprozess<br />

so zu gestalten, dass er die genderbezogenen Benachteiligungen<br />

und ebenso die genderbezogenen Stärken von<br />

Mädchen und Jungen reflektiert, differenzierende Methoden<br />

berücksichtigt und vielfältige Unterrichts- und Förderangebote<br />

enthält.<br />

Der internationale Schulleistungsvergleich PISA hat in<br />

besonderer Art und Weise das Thema Bildung und<br />

Geschlecht in die öffentliche Diskussion gebracht und den<br />

bildungspolitischen Handlungsdruck aufgezeigt. In keinem<br />

Land ist der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft<br />

und Schulleistungen so groß wie in Deutschland. Darüber<br />

hinaus hat die Studie Deutschlands Bildungswesen eine<br />

ausgeprägt hohe Geschlechterdifferenz bescheinigt.


Der wohl alarmierendste Befund: Ein Viertel der deutschen<br />

Jungen verfügt gegen Ende ihrer Schulpflicht über eine so<br />

geringe Lesekompetenz, dass ihre Chancen für die Beteiligung<br />

an Gesellschaft, Erwerbsarbeit und weiterer Bildung<br />

sehr schlecht sind; aber auch jedes 6. Mädchen gehört zu<br />

dieser Risikogruppe. Mehr als die Hälfte der Jungen in<br />

Deutschland lesen nicht zum Vergnügen bzw. „nur, wenn<br />

ich muss“. Dies gilt auch für ein knappes Drittel der Mädchen.<br />

Dabei sind sie auf ihre Lesefreude extrem angewiesen,<br />

bieten doch die Ganztagsschulen der anderen Länder<br />

den Jugendlichen wesentlich mehr Lesegelegenheiten als<br />

die deutsche Halbtagsschule. Dies durch Familie und soziales<br />

Umfeld auszugleichen, kann nur bei wenigen Jugendlichen<br />

gelingen.<br />

Auch bezüglich der mathematischen Kompetenz verdeutlicht<br />

PISA den pädagogischen und bildungspolitischen<br />

Handlungsbedarf, deutsche Jugendliche erreichen nur einen<br />

schlechten Rang.<br />

Der Abstand zur internationalen Spitze ist bei den deutschen<br />

Mädchen besonders groß: Zwischen den Mittelwerten<br />

der japanischen und der deutschen Mädchen liegt eine<br />

ganze Kompetenzstufe. Darüber hinaus haben die Mädchen<br />

einen überproportionalen Anteil an den ganz schwachen<br />

Mathematikleistungen. Leistungen in Mathematik sind<br />

auch eine Frage des Selbstvertrauens. In den TIMSS-Untersuchungen<br />

wurde zuvor schon (von Baumert u. a.) festgestellt,<br />

dass sich Mädchen und Jungen in einer unterschiedlichen<br />

motivationalen Lage befinden: Mädchen seien verstärkt<br />

Selbstzweifeln und Leistungsängsten ausgesetzt und<br />

vertrauten weniger auf die eigenen allgemeinen schulischen<br />

Fähigkeiten. In den Fächern Mathematik und Physik<br />

bestehen große Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen<br />

hinsichtlich Interessen und Selbstkonzept. Diese Differenzen<br />

sind nicht nur durch Leistungsunterschiede zu erklären.<br />

Im Fach Biologie treten dagegen kaum bedeutsame<br />

Geschlechtsunterschiede auf.<br />

Das Selbstkonzept ist eine multifunktionale Größe. Die subjektiven<br />

Theorien, die eine Person über das Lernen entwickelt,<br />

enthalten Annahmen über die eigene Kompetenz<br />

und über die Effektivität von Anstrengungen. Mitglieder<br />

von Gruppen, über die ein negatives Stereotyp in Bezug auf<br />

ihre Kompetenz besteht („Mädchen sind nicht begabt für<br />

Mathematik, Physik“), werden allein durch das Wissen um<br />

die Existenz dieses Vorurteils in ihren Leistungen beeinträchtigt.<br />

Mädchen verlieren im Verlaufe ihrer Schulzeit –<br />

insbesondere in der Phase der Pubertät/Adoleszenz – insgesamt<br />

an Selbstvertrauen, sie entwickeln z. B. trotz guter<br />

Leistungen im Fach Mathematik kein angemessenes Selbstvertrauen.<br />

Während für Mädchen in reinen Mädchenklassen das<br />

Erwachsensein und folglich auch Leistung im Vordergrund<br />

steht, ist für Mädchen in gemischten Klassen vor allem die<br />

Geschlechtszugehörigkeit und damit die Anerkennung beim<br />

anderen Geschlecht wichtig.<br />

Dies führt in männlich dominierten Fächern in einen Konflikt,<br />

weil die weibliche Geschlechtsorientierung im Widerspruch<br />

zu guten Leistungen in „männlichen“ Domänen gilt<br />

und vom anderen Geschlecht – aber auch von der eigenen<br />

peer-group! – nicht geschätzt wird.<br />

<strong>Soziale</strong> Kompetenzen wie Kooperation und Kommunikation<br />

werden für eine erfolgreiche Lebensführung immer wichtiger.<br />

Sie werden als ‚Schlüsselqualifikationen’ am häufigsten<br />

gefordert. Dabei handelt es sich aber um eine komplexe<br />

Handlungskompetenz, die kognitive, emotionale und motivationale<br />

Aspekte sowie Werthaltungen einschließt. Laut<br />

PISA 2000 sind Mädchen stärker sozial orientiert und zeigen<br />

mehr Hilfsbereitschaft. Jungen zeigen dagegen wesentlich<br />

stärker aggressives Verhalten als Mädchen; aggressives<br />

Verhalten wird allerdings auch bei Jungen weniger sanktioniert<br />

als bei Mädchen. Besonders ausgeprägt sind die<br />

Geschlechterunterschiede im Bereich Empathie und Unterstützung<br />

Gleichaltriger. Für diese Ergebnisse spielt die<br />

Schulform eine bedeutende Rolle, nicht aber Migrationshintergrund<br />

oder deutsche Herkunftsfamilie.<br />

Die Bildungsbeteiligung der Mädchen hat enorm zugenommen.<br />

Bei Mädchen wird früher als bei Jungen die Schulreife<br />

festgestellt (bzw. unterstellt); Jungen sind bei Klassenwiederholungen<br />

stärker beteiligt; in den Hauptschulen sind<br />

Mädchen unterrepräsentiert, in den Gymnasien sind sie<br />

überproportional beteiligt. Je höher der Schulabschluss,<br />

desto höher der Anteil von Mädchen. Auch für Jugendliche<br />

mit Migrationshintergrund sieht es ähnlich aus. Es gelingt<br />

bislang nicht, Jungen in gleichem Maße wie Mädchen<br />

Gymnasien und Realschulen zuzuweisen, und es gelingt<br />

nicht, innerhalb der Schulformen Mädchen und Jungen<br />

angemessen zu fördern. Für Frauen und Mädchen bestehen<br />

trotz besserer schulischer Abschlüsse eine ganze Reihe von<br />

Benachteiligungen: Fehlende Umsetzung der schulischen<br />

Erfolge in berufliche Erfolge, sexualisierte Gewalt, sozialer<br />

Druck aufgrund von Geschlechtsrollen oder Geschlechtsrollenstereotype<br />

und die mangelnde Repräsentanz von Frauen<br />

in Führungspositionen des Bildungswesens. Der insgesamt<br />

größere Erfolg der Mädchen im allgemein bildenden Schulwesen<br />

setzt sich in der Berufsausbildung und im Arbeitsleben<br />

n i c h t fort. Die typischen Frauenberufe finden sich<br />

vor allem im Dienstleistungssektor, sie umfassen als charakteristische<br />

Tätigkeiten „Verkaufen, Assistieren und Helfen“.<br />

Weiterhin nimmt ein großer Anteil Frauen trotz entspre-<br />

67


68<br />

chender Qualifikation kein Hochschulstudium auf, was u.a.<br />

auch an den strukturellen Defiziten im Studienangebot<br />

liegt.<br />

Jahrzehntelang galten Mädchen als das schwächere – zu<br />

fördernde, zu unterstützende – Geschlecht. Haben sich jetzt<br />

die Verhältnisse umgekehrt?<br />

Als Schulversager entpuppen sich die Jungen; sie sind überdurchschnittlich<br />

anfällig für Krankheiten, sind psychisch<br />

weniger belastbar als Mädchen, begehen häufiger Selbstmord,<br />

sie stellen den weitaus größeren Anteil der ADHS-<br />

Patienten und der jugendlichen Gewalttäter bzw. Rechtsextremisten.<br />

Die Entwicklung und Umsetzung einer spezifischen<br />

Jungenpädagogik ist notwendig. Jungen brauchen<br />

Unterstützung in so wichtigen Bereichen wie Kommunikations-<br />

und Kooperationsfähigkeit und im sozialen Verhalten.<br />

Dies ist allerdings nicht herausgelöst aus einer unreflektierten<br />

koedukativen Bildung denkbar, sondern ist nur möglich<br />

unter den Vorzeichen einer geschlechtergerechten Bildung<br />

und Erziehung, die Mädchen und Jungen optimal fördern<br />

will und sie in der Entwicklung ihrer Potenziale unterstützt.<br />

A 008 Ausweitung der Umlagefinanzierung<br />

der Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld<br />

durch die Arbeitgeber auf alle<br />

Betriebe<br />

Antragsteller/in: Bundesfrauenvorstand der IG BAU<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die Bundesfrauenkonferenz fordert die Einbeziehung aller<br />

Betriebe in die Umlagefinanzierung der Zuschüsse zum<br />

Mutterschaftsgeld.<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand möge auf den Gesetzgeber einwirken,<br />

eine entsprechende Regelung, wie auch das Bundesverfassungsgericht<br />

vorschlägt, zu schaffen.<br />

Begründung:<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem veröffentlichten<br />

Beschluss vom 18. November 2003 festgestellt, dass die<br />

derzeitige Belastung der Arbeitgeber durch die Verpflichtung<br />

zur Zahlung eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld<br />

ein Einstellungshindernis für Frauen im „gebärfähigen<br />

Alter“ darstellt. Der Gesetzgeber ist deshalb gehalten, die<br />

finanzielle Belastung der Arbeitgeber bis Ende 2005 so auszugestalten,<br />

dass eine faktische Diskriminierung von Frauen<br />

vermieden wird. Dies könnte durch ein auf alle Betriebe<br />

ausgedehntes Ausgleichs- und Umlageverfahren geschehen,<br />

wobei jedes Unternehmen pro Kopf der Belegschaft einen<br />

Umlagebetrag zahlt und dafür die Kosten für das Mutterschaftsgeld<br />

erstattet bekommt. Dieses Verfahren gilt derzeit<br />

nur für kleine Betriebe mit maximal 30 Beschäftigten und<br />

hat sich bewährt.<br />

A 009 Ausweitung der Umlagefinanzierung<br />

der Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld<br />

durch die Arbeitgeber auf alle<br />

Betriebe<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Bayern<br />

Beschluss: Erledigt durch Annahme von Antrag<br />

A 008<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die <strong>DGB</strong> Bundesfrauenkonferenz fordert die Einbeziehung<br />

aller Betriebe in die Umlagefinanzierung der Zuschüsse zum<br />

Mutterschaftsgeld.<br />

Der <strong>DGB</strong> möge auf den Gesetzgeber einwirken, eine entsprechende<br />

Regelung, wie sie auch das Bundesverfassungsgericht<br />

vorschlägt, zu schaffen.<br />

Begründung:<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem veröffentlichten<br />

Beschluss vom 18. November 2003 festgestellt, dass die<br />

derzeitige Belastung der Arbeitgeber durch die Verpflichtung<br />

zur Zahlung eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld<br />

ein Einstellungshindernis für Frauen im "gebärfähigen<br />

Alter" darstellt. Der Gesetzgeber ist deshalb gehalten, die<br />

finanzielle Belastung der Arbeitgeber bis Ende 2005 so auszugestalten,<br />

dass eine faktische Diskriminierung von Frauen<br />

vermieden wird. Dies könnte durch ein auf alle Betriebe<br />

ausgedehntes Ausgleichs- und Umlageverfahren geschehen,<br />

wobei jedes Unternehmen pro Kopf der Belegschaft einen<br />

Umlagebetrag zahlt und dafür die Kosten für das Mutterschaftsgeld<br />

erstattet bekommt. Dieses Verfahren gilt derzeit<br />

nur für kleine Betriebe mit maximal 30 Beschäftigten und<br />

hat sich bewährt.


A 010 Antidiskriminierungsgesetz<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss West<br />

Beschluss: Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Die Delegierten der <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordern<br />

die Umsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien in<br />

nationales Recht mit den Inhalten des Gesetzentwurfes für<br />

ein Antidiskriminierungsgesetz, wie es der Bundestag am<br />

17.06.2005 in der letzten Legislaturperiode bereits<br />

beschlossen hatte.<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die Delegierten der <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz begrüßen<br />

den Gesetzentwurf des Antidiskriminierungsgesetzes,<br />

beschlossen im Bundestag am 17.06.2005.<br />

Begründung:<br />

Am 17. Juni wurde das Gesetz im Bundestag verabschiedet.<br />

Nun droht das Gesetz im Bundesrat zu scheitern, weil die<br />

unionsregierten Länder den Vermittlungsausschuss anrufen<br />

wollen.<br />

Diese Verzögerung hätte mehrere Millionen Euro an Strafgeldern<br />

zur Folge!<br />

Das Antidiskriminierungsgesetz ist ein Anfang auf dem Weg<br />

zur Geschlechtergerechtigkeit in unserer Gesellschaft.<br />

Die Sensibilisierung unserer Gesellschaft für die immer noch<br />

bestehenden Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht,<br />

ethnischer Herkunft, sexueller Identität, Behinderung, Alter<br />

oder Religion/Weltanschauung, halten die Delegierten für<br />

äußerst wichtig.<br />

Die geringe Anzahl von Frauen in Führungspositionen, die<br />

Ergebnisse des Einkommensberichts, wonach selbst bei<br />

gleichwertiger und gleicher Arbeit Frauen häufig bis zu 20<br />

% weniger verdienen als Männer sowie die Schwierigkeiten<br />

für berufstätige Mütter bei der – ihnen zugeschriebenen –<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Familie belegen sehr deutlich,<br />

dass Deutschland in dieser Frage immer noch keine diskriminierungsfreie<br />

Zone ist.<br />

Die Angriffe gegen das Antidiskriminierungsgesetz, insbesondere<br />

durch die Stimmungsmache der Arbeitgeber, weisen<br />

die Delegierten aufs schärfste zurück.<br />

Die Delegierten fordern den Bundesrat auf, das überfällige<br />

Antidiskriminierungsgesetz nicht zu blockieren.<br />

I 002 Initiativantrag Nr. 2<br />

Rote Karte gegen Zwangsprostitution<br />

Unterstützung und Beteiligung an der<br />

Kampagne des Deutschen Frauenrates<br />

anlässlich Fußball-WM 2006<br />

Antragsteller/in: Vera Morgenstern (ver.di) u.a.<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die <strong>DGB</strong>-Frauen unterstützen und beteiligen sich an der<br />

Kampagne des Deutschen Frauenrates gegen Menschenhandel<br />

und Zwangsprostitution, insbesondere anlässlich der<br />

Fußball-Weltmeisterschaft 2006, und fordern den <strong>DGB</strong> und<br />

seine Gewerkschaften auf, sich an der Kampagne zu beteiligen.<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordert die nationalen und<br />

internationalen Verbände der Fußballweltmeisterschaft,<br />

Spielervereinigungen, Hotel- und Gaststättenverbände,<br />

Stadtverwaltungen, u. a. Sportdezernate, und Medien auf,<br />

das ihre dazu beizutragen, dass die Fußballweltmeisterschaft<br />

kein Anlass für Menschenhandel und Zwangsprostitution<br />

wird. Vielmehr sind die Organisatoren und Beteiligten<br />

der WM aufgefordert, ihre besondere Verantwortung<br />

darin zu sehen, den Fußball auch in dieser Angelegenheit<br />

„clean“ zu halten.<br />

Gleichzeitig bekräftigt die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz die<br />

Forderung auch der Gewerkschaften nach deutlich verbesserten<br />

Maßnahmen zum Schutz der Opfer von Menschenhandel.<br />

Dazu gehören u. a. verbesserte Zeuginnenschutzprogramme,<br />

ein sicheres Bleiberecht auch über die für eine<br />

Prozessführung notwendige Anwesenheit hinaus, falls den<br />

Betroffenen in ihren Herkunftsländern kein sicherer Aufenthalt<br />

garantiert ist, großzügige psychosoziale Hilfen, die<br />

finanzielle Absicherung entsprechender Beratungsstellen<br />

sowie die Gewährung von Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten.<br />

Begründung:<br />

Auf seiner Mitgliederversammlung hat der Deutsche Frauenrat<br />

am 6.11.05 beschlossen, seine bisherigen Aktivitäten<br />

gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution im Rahmen<br />

der Fußball-WM 2006 mit einer Kampagne fortzusetzen.<br />

Hintergrund ist die zu erwartende Zunahme von Prostitution<br />

an den Austragungsorten der Spiele. In diesem<br />

Zusammenhang befürchten Menschenrechts- und Frauenorganisationen<br />

eine Ausweitung von Menschenhandel und<br />

Zwangsprostitution.<br />

69


70<br />

Für die Kampagne soll ein breites Bündnis aus Frauen- und<br />

Menschenrechtsorganisationen, Kirchen, Gewerkschaften<br />

und Einzelpersonen geschlossen werden. Als Unterstützer<br />

angefragt werden auch noch einmal die nationalen und<br />

internationalen Organisatoren der Fußball-Weltmeisterschaft,<br />

der Deutsche Fußballbund, die Nationalspieler und<br />

die Oberbürgermeisterinnen der zwölf Spielstätten. Die meisten<br />

dieser Adressaten haben auf einen ersten Appell des<br />

Deutschen Frauenrates, als „Männer gegen Menschenhandel<br />

und Zwangsprostitution“ öffentlich Stellung zu beziehen,<br />

bislang gar nicht oder ablehnend reagiert.<br />

<strong>Sachgebiet</strong> B: Entgelt / Einkommen<br />

B 001 Entschließung zur diskriminierungsfreien<br />

Tarifpolitik – Weiterentwicklung<br />

einer geschlechterdemokratischen<br />

Tarifpolitik<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Bayern<br />

Beschluss: Annahme als Material an den <strong>DGB</strong>-<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die Bundesfrauenkonferenz bekräftigt folgende Grundsätze:<br />

Diskriminierungsfreie Tarifverträge sind auf Grund ihres<br />

demokratischen Grundverständnisses sowie aus rechtlichen<br />

Gründen geboten. Es gilt darauf zu achten, dass niemand<br />

aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit, Rasse, ethnischen<br />

Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, des<br />

Alters und der sexuellen Ausrichtung benachteiligt wird.<br />

Das grundrechtliche Gebot der Gleichbehandlung von Frauen<br />

und Männern in Tarifverträgen bedeutet im Einzelnen:<br />

❚ Gewährleistung des Grundsatzes des gleichen Entgelts<br />

für gleiche und gleichwertige Arbeit (vgl. Artikel 141 des<br />

EG-Vertrages).<br />

❚ Dies beinhaltet, dass tarifliche Entgeltsysteme Tätigkeiten<br />

von Frauen und Männern nach "gemeinsamen Kriterien"<br />

bewerten. Sie müssen so beschaffen sein, dass "Diskriminierungen<br />

auf Grund des Geschlechts ausgeschlossen<br />

werden" (vgl. Richtlinie 75/117/EWG).<br />

❚ Diskriminierungen in tariflichen Entgeltsystemen können<br />

ausgeschlossen werden, wenn folgende weitere Grundsätze<br />

des Europäischen Gerichtshofes berücksichtigt werden:<br />

❚ Durchschaubarkeit<br />

❚ Verwendung von Differenzierungskriterien, die<br />

a) einen Bezug zur Tätigkeit haben (objektive Kriterien)<br />

b) diskriminierungsfrei ausgelegt sind<br />

c) die für die zu verrichtende Arbeit charakteristisch sind,<br />

❚ gerechte Berücksichtigung aller Kriterien, die für Tätigkeiten<br />

im Tarifbereich bedeutsam sind,<br />

❚ und diskriminierungsfreie Gewichtung der Kriterien.<br />

Die vorgenannten Grundsätze beziehen sich gemäß Artikel<br />

141 EG-Vertrag auf sämtliche Entgeltbestandteile, die<br />

Beschäftigten in bar oder in Sachleistungen gezahlt werden.<br />

Als tariflich geregelte Entgelte sind insbesondere angesprochen:<br />

Grundentgelte, leistungsbezogene Komponenten,<br />

Zuschläge, Zuschüsse, Urlaubsgeld, Sonderzahlungen, soziale<br />

Leistungen, Besitzstandsregelungen, geldwerte Zeitäquivalente<br />

etc. Jeder Entgeltbestandteil muss für sich betrachtet<br />

dem Grundsatz des gleichen Entgelts genügen.<br />

Diskriminierungen sind nicht nur in Entgelttarifverträgen,<br />

sondern auch in Manteltarifverträgen möglich. Auch sie<br />

müssen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter<br />

berücksichtigen, so etwa bei Regelungen, die<br />

Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und Freistellungen, Qualifizierungen<br />

oder den Geltungsbereich betreffen (vgl. Richtlinie<br />

2002/73/EG).<br />

Zur weiteren Umsetzung einer diskriminierungsfreien Tarifpolitik<br />

sind folgende Maßnahmen sinnvoll:<br />

1. Bestandsaufnahme<br />

Es ist ein Bericht über die bisherigen Aktivitäten zur<br />

geschlechtergerechten Tarifpolitik zu erstellen. Dieser<br />

Bericht dient auch der Entwicklung einer tarifpolitischen<br />

Umsetzungsstrategie.<br />

2. Erarbeitung von Instrumenten<br />

Unter der Federführung des <strong>DGB</strong> Bundesfrauenausschusses<br />

werden Instrumente (Checklisten, Prüffragen und<br />

andere) für die Einzelgewerkschaften zur Überprüfung<br />

von Tarifverträgen auf ihr Diskriminierungspotential entwickelt.<br />

Sie sollen den Tarifverantwortlichen in den Einzelgewerkschaften<br />

eine Analyse der Tarifverträge und<br />

eine Einschätzung des gleichstellungspolitischen Handlungsbedarfs<br />

ermöglichen.<br />

3. Dokumentation<br />

Ausgehend von der Bestandsaufnahme müssen die Entwicklungs(fort)schritte<br />

auf dem Weg zu diskriminierungsfreien<br />

Tarifverträgen systematisch erfasst und dokumentiert<br />

werden. Dem <strong>DGB</strong> Bundesvorstand ist darüber<br />

regelmäßig zu berichten.<br />

4. Entwicklung von Strategien zur Durchsetzung<br />

Um die tarifpolitischen Ziele zu erreichen, bedient sich<br />

der <strong>DGB</strong> in der Umsetzung folgender Ansätze:


❚ Durch eine Informations- und Qualifizierungsoffensive<br />

sollen das Wissen über die Gleichstellungsproblematik<br />

und die Sensibilität für das Problem erhöht werden. Der<br />

<strong>DGB</strong> erarbeitet hierzu einen Aktionsplan für eine entsprechende<br />

Kampagne.<br />

❚ Parallel dazu ist die Diskussion auf rechtspolitischer<br />

Ebene, innerhalb und außerhalb des <strong>DGB</strong> zu intensivieren.<br />

Hierzu gehört es, gestützt auf die Ergebnisse des<br />

IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung),<br />

sowohl Tarifkommissionsmitglieder als auch betriebliche<br />

Interessenvertretungen über das Gleichbehandlungsrecht<br />

zu informieren und zu qualifizieren.<br />

❚ In Tarifbereichen, in denen die Rahmenbedingungen<br />

dies zulassen, werden gleichstellungspolitsche Tagungen<br />

für Ehren- und Hauptamtliche durchgeführt, in<br />

denen diskriminierungsfreie Tarifverträge entwickelt<br />

werden. Zu konkreten tarifpolitischen Forderungen werden<br />

Schritte zur Durchsetzung erarbeitet und systematisch<br />

weiterverfolgt.<br />

❚ Zusammen mit den frauen- und tarifpolitischen Gremien<br />

der Einzelgewerkschaften sind beispielhaft Veränderungen<br />

durchzusetzen, zu dokumentieren, auszuwerten<br />

und zu veröffentlichen, um eine Veränderung in<br />

Richtung diskriminierungsfreier Regelungen zu erreichen.<br />

B 002 Für einen gesetzlichen Mindestlohn<br />

Antragsteller/in: Bundesfrauenausschuss der Gewerkschaft<br />

Nahrung-Genuss-Gaststätten<br />

Beschluss: Annahme des Abänderungsantrages<br />

(G 001):<br />

Die Delegierten der 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordern<br />

die Bundesregierung auf, einen gesetzlichen Mindestlohn,<br />

der deutlich über der Armutsgrenze liegt, einzuführen.<br />

Wir fordern den <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand unter Einbeziehung<br />

des <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschusses bei Beteiligung aller<br />

Mitgliedsgewerkschaften auf, die konkrete Ausgestaltung<br />

eines Gesetzentwurfes zu diskutieren und zu koordinieren.<br />

Hierbei sind tarifliche Regelungen der Gewerkschaften des<br />

<strong>DGB</strong> zu berücksichtigen.<br />

Es ist von der Bundesregierung sicherzustellen, dass Verstöße<br />

gegen das Mindestlohngesetz wirksam sanktioniert werden.<br />

Eine Maßnahme wäre, das Verbandsklagerecht der<br />

Gewerkschaften gegen Verstöße gegen Tarifverträge um<br />

Verstöße gegen gesetzliche Mindeststandards zu erweitern.<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die Delegierten der 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordern<br />

die Bundesregierung auf, einen gesetzlichen Mindestlohn,<br />

der deutlich über der Armutsgrenze liegt, einzuführen.<br />

Es ist von der Bundesregierung sicherzustellen, dass Verstöße<br />

gegen das Mindestlohngesetz wirksam sanktioniert werden.<br />

Eine Maßnahme wäre, das Verbandsklagerecht der Gewerkschaften<br />

gegen Verstöße gegen Tarifverträge um Verstöße<br />

gegen gesetzliche Mindeststandards zu erweitern.<br />

G 001 Abänderungsantrag zu B 002<br />

Antragsteller/in: Birgit von Garrel (IGM) u.a.<br />

Beschluss: Annahme<br />

Antrag B002 wird mit dem Abänderungsantrag<br />

G001 angenommen<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die Delegierten der 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordern<br />

die Bundesregierung auf, einen gesetzlichen Mindestlohn,<br />

der deutlich über der Armutsgrenze liegt, einzuführen.<br />

Wir fordern den <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand unter Einbeziehung<br />

des <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschusses bei Beteiligung aller<br />

Mitgliedsgewerkschaften auf, die konkrete Ausgestaltung<br />

eines Gesetzentwurfes – ob bundeseinheitlich oder orientiert<br />

an tariflichen Regelungen von Branchen – zu diskutieren<br />

und zu koordinieren. Hierbei sind tarifliche Regelungen<br />

der Gewerkschaften des <strong>DGB</strong> zu berücksichtigen.<br />

Es ist von der Bundesregierung sicherzustellen, dass Verstöße<br />

gegen das Mindestlohngesetz wirksam sanktioniert werden.<br />

Eine Maßnahme wäre, das Verbandsklagerecht der Gewerkschaften<br />

gegen Verstöße gegen Tarifverträge um Verstöße<br />

gegen gesetzliche Mindeststandards zu erweitern.<br />

B 003 Gesetzlicher Mindestlohn<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Baden-<br />

Württemberg<br />

Beschluss: Annahme als Material zu Antrag<br />

B 002<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

dass an den <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand der Auftrag erteilt wird,<br />

sich für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes,<br />

soweit vorhanden mindestens auf Basis der Flächentarifverträge<br />

der jeweiligen Branche an Stelle oder in Ergänzung<br />

71


72<br />

zur reinen Ausweitung des bestehenden Entsendegesetzes,<br />

einzusetzen.<br />

Begründung:<br />

❚ Immer mehr Arbeitnehmer/innen sind nicht mehr in der<br />

Lage, mit einem Vollzeitarbeitsverhältnis ihren Lebensunterhalt<br />

zu sichern. Dies betrifft zurzeit vor allem Arbeitnehmer/innen<br />

in Kleinst- und Mittelbetrieben bzw. in<br />

einem starken Maß den Dienstleistungssektor. In diesen<br />

Bereichen trifft es überproportional Frauen.<br />

❚ Die tarifliche Landschaft ist gekennzeichnet durch Tarifflucht<br />

und Mitgliedschaften in Arbeitgeberverbänden<br />

ohne Tarifbindung. Ganze Branchen, insbesondere auch<br />

in den neuen Bundesländern, unterliegen keinen Tarifverträgen<br />

mehr.<br />

❚ In bestehenden Tarifbereichen erhöht sich der Druck auf<br />

Einführung von Niedriglohngruppen. Ängste aufgrund<br />

der EU-Osterweiterung üben hier einen erheblichen<br />

Druck aus.<br />

❚ Ein gesetzlicher Mindestlohn muss eine Grundsicherung<br />

deutlich über der Armutsgrenze bieten. Erwerbstätigkeit<br />

muss den Lebensunterhalt der Arbeitnehmer/in auf<br />

Grundlage unseres gesellschaftlichen Standards sichern.<br />

❚ Die reine Ausweitung des Entsendegesetzes birgt angesichts<br />

der tariflichen Landschaft die Gefahr, dass Mindeststandards<br />

festgelegt werden, die aufgrund des Kräfteverhältnisses<br />

zu Ungunsten für die Arbeitnehmer/in<br />

keine Grundsicherung bieten.<br />

❚ Mindeststandards müssen so angelegt sein, dass Bestrebungen<br />

zur Ausgliederung oder Fremdvergabe und damit<br />

der Aufweichung bestehender Tarifbereiche zunehmend<br />

unattraktiv werden.<br />

B 004 Entschließung zu Niedrigeinkommen<br />

und zur Einführung eines gesetzlichen<br />

Mindestlohns<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Bayern<br />

Beschluss: Annahme als Material zu Antrag<br />

B 002<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

In der Bundesrepublik steigt die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse<br />

mit Niedrigeinkommen. Mittlerweile erhalten<br />

bereits ein Drittel aller Vollzeitbeschäftigten Entgelte, die<br />

weniger als 75 % des durchschnittlichen Vollzeitverdienstes<br />

betragen (= prekäre Löhne), gut 12 % der Vollzeitbeschäf-<br />

tigten müssen sich gar mit weniger als 50 % der Durchschnittslöhne<br />

(= Armutslöhne) begnügen.<br />

Diese Entwicklung hat sich in den letzten Jahren zunehmend<br />

verschärft: obwohl die Zahl der Vollzeitbeschäftigten<br />

in Westdeutschland seit 1980 um 1,4 Millionen gesunken<br />

ist, hat sich der Niedriglohnsektor für Vollzeitbeschäftigte<br />

ausgeweitet (um 400.000 seit 1980!). Frauen sind von dieser<br />

negativen Entwicklung besonders betroffen – rund 70<br />

% der Personen mit Armutslöhnen sind weiblich.<br />

Über die letzten Jahrzehnte haben sich ganze Branchen,<br />

Berufe oder Regionen als Niedriglohnbereiche herausgebildet.<br />

Typische Niedriglohnbranchen sind die Gastronomie,<br />

der Einzelhandel, die Textilindustrie oder die Gebäudereinigung<br />

– überwiegend Frauenbranchen. Die Männerdomänen<br />

Bewachungsgewerbe und Sicherheitsdienste gehören allerdings<br />

auch dazu.<br />

Unsere Tarifverträge haben diese Entwicklung nicht verhindern<br />

können. Es ist nicht geglückt, die materielle Absicherung<br />

der Menschen im Dienstleistungssektor flächendekkend<br />

sicherzustellen, von einer eigenständigen Existenzsicherung<br />

der Frauen sind wir weiter entfernt denn je.<br />

Tarifliche und gesetzliche Mindeststandards haben die Ausweitung<br />

von Arbeitsmarktsegmenten mit Niedrigeinkommen<br />

nicht aufhalten können. Die neuen Zumutbarkeitsregelungen<br />

nach ALG II (Verdienste bis zu 30 % unter dem<br />

jeweiligen Tarifentgelt bzw. dem ortsüblichen Entgelt gelten<br />

als zumutbar) erzeugen zusätzlich Druck auf Lohngefüge<br />

und Tarifverträge.<br />

Hier werden die Grenzen der Tarifpolitik deutlich, hier wird<br />

klar, dass wir weitere Instrumente brauchen, um gerade in<br />

strukturschwachen Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit, in<br />

Branchen mit klein- und mittelbetrieblicher Prägung und in<br />

Bereichen mit Frauenarbeitsplätzen, die tendenziell unterbewertet<br />

werden, Lösungsansätze zu schaffen.<br />

Notwendige Maßnahmen:<br />

❚ Als Gegenmaßnahme halten es die Delegierten für dringend<br />

erforderlich, dass ein einheitliches, gesetzlich definiertes<br />

Mindesteinkommen über alle Branchen hinweg<br />

vereinbart wird, das den Beschäftigten – Männern wie<br />

Frauen – eine Existenzgrundlage bietet, die für Vollzeitarbeit<br />

angemessen und notwendig ist. Das gesetzliche<br />

Mindesteinkommen muss vom Niveau her so gestaltet<br />

werden, dass damit ein menschenwürdiges Leben und<br />

ein Lebensstandard finanziert werden kann, der eine<br />

aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht.<br />

Ein gesetzliches Mindesteinkommen unterhalb der<br />

Schwelle von 1.500,- Euro erfüllt diese Anforderungen<br />

nicht.


❚ Ein weiteres Instrument ist eine Verbesserung und Erleichterung<br />

des Verfahrens zur Erreichung der Allgemeinverbindlichkeit.<br />

Landes- bzw. Bundesministerien haben<br />

die Möglichkeit, den Geltungsbereich von Tarifverträgen<br />

unter bestimmten Voraussetzungen auszuweiten. Für<br />

Branchen mit einem tariflichen Regelwerk oberhalb der<br />

Niedriglohnschwelle ist dies ein guter Ansatzpunkt, den<br />

es weiter zu entwickeln und auszubauen gilt.<br />

❚ Vielen unserer Mitglieder sind die gesellschaftliche<br />

Bedeutung und die rechtlichen Voraussetzungen für die<br />

Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes nicht<br />

geläufig. Die Debatte wurde bislang als ExpertInnendiskussion<br />

auf Vorstandsebene und über die Presse geführt.<br />

Es ist daher dringend erforderlich, eine breite Debatte<br />

unter unseren Mitgliedern anzustoßen.<br />

❚ Innerhalb der <strong>DGB</strong>-Gewerkschaften gibt es keine einheitliche<br />

Haltung zum Thema "Materielle Grundsicherung".<br />

So ist bei einigen Gewerkschaften die Forderung nach<br />

einem gesetzlichen Mindestlohn sowohl vom Grundsatz<br />

wie von der Höhe her strittig. Seit November wird unter<br />

ExpertInnen eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle diskutiert:<br />

der Tariflohn für Leiharbeit als Grundlage ebenso<br />

wie die Festsetzung für einzelne Branchen über die<br />

unterste Entgeltgruppe einzelner Tarifverträge. Es ist deshalb<br />

notwendig, innerhalb der <strong>DGB</strong>-Gremien zu einer<br />

einheitlichen Haltung zu kommen – das kann nur<br />

geschehen, wenn offen und vorbehaltlos die verschiedenen<br />

Modelle mit ihren Vor- und Nachteilen diskutiert<br />

werden. Ziel muss sein zu informieren und aufzuklären,<br />

die verschiedenen Modelle für eine materielle Grundsicherung<br />

zu vereinheitlichen und die Höhe dieser Grundsicherung<br />

festzulegen.<br />

❚ Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Verschärfung<br />

der Zumutbarkeitsregelungen im Rahmen des ALG II per<br />

Rechtsverordnung zurückzunehmen. Jobs sollen für<br />

Erwerbslose erst dann zumutbar sein, wenn die Bezahlung<br />

auf ortsüblichem oder tariflichem Niveau liegt. Die<br />

Tatsache, dass Arbeitsangebote auch dann noch zumutbar<br />

sein sollen, wenn sie bis zu 30 % unter diesem<br />

Niveau liegen, verschärft das Lohndumping und damit<br />

das Armutsrisiko breiter Bevölkerungsschichten zusätzlich.<br />

B 005 Existenzsicherndes Einkommen<br />

Antragsteller/in: Bundesfrauenvorstand der IG BAU<br />

Beschluss: Annahme als Material zu Antrag<br />

B 002<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die Vorstände und die Tarifkommissionen der Gewerkschaften<br />

werden aufgefordert, ihre tarifpolitischen Schwerpunkte<br />

so zu setzen, dass die Löhne/Gehälter aller Tarifbereiche<br />

existenzsichernd werden.<br />

Es gilt, eine Lohnhöhe von derzeit mindestens 1500 Euro<br />

pro Monat (für Vollzeit) zu erreichen.<br />

Das heißt, insbesondere die momentan noch unterdurchschnittlich<br />

entlohnten Bereiche sind als Schwerpunktbereiche<br />

besonders zu fördern und durch die gesamte Organisation<br />

solidarisch zu unterstützen.<br />

Begründung:<br />

Trotz ständig steigender Produktivität ist der Niedriglohnsektor<br />

in den letzten Jahren weiterhin angestiegen, während<br />

gleichzeitig die Gesamtzahl der Vollzeitbeschäftigten<br />

drastisch gesunken ist.<br />

Die Folgen von Niedriglöhnen sind ungenügende soziale<br />

Absicherung, geringere Ersatzleistungen bei Krankheit oder<br />

Arbeitslosigkeit und Altersarmut.<br />

Frauen sind überproportional von Niedriglohn betroffen.<br />

Dies führt zu finanzieller Abhängigkeit vom Ehepartner, der<br />

Familie oder von staatlichen Leistungen.<br />

Wir setzen uns für existenzsichernde Einkommen aller<br />

Beschäftigten ein.<br />

B 006 Kampagne gegen Niedriglohn<br />

Antragsteller/in: Bundesfrauenvorstand der IG BAU<br />

Beschluss: Annahme mit Änderungen<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand wird aufgefordert, eine Kampagne<br />

gegen Niedriglohn zu starten. Diese Kampagne soll<br />

Öffentlichkeit und Unrechtsbewusstsein schaffen für die<br />

Lebenssituation von Menschen im Niedriglohnbereich.<br />

Begründung:<br />

In persönlicher Ansprache durch haupt- und ehrenamtliche<br />

Kollegen/innen werden Umfragen gestartet, um die Lebenssituationen<br />

von Menschen im Niedriglohnbereich aufzuzei-<br />

73


74<br />

gen. Daraus werden anschauliche Beschreibungen von Einzelfällen<br />

erstellt. Diese sollen sich nicht nur auf die Lohnund<br />

Arbeitssituation beschränken, sondern auch die daraus<br />

resultierenden familiären Probleme beschreiben.<br />

Die so veranschaulichten Einzelschicksale werden dann veröffentlicht<br />

und an maßgebliche Persönlichkeiten aus der<br />

Politik und den Arbeitgeberverbänden weitergegeben mit<br />

der Aufforderung: „Tauschen Sie doch einmal für ein Jahr<br />

und versuchen Sie, von einem solchen Einkommen zu<br />

leben!”<br />

Diese Materialien sollen darüber hinaus auch den Mitgliedern<br />

der Tarifkommissionen aus den entsprechenden Bereichen<br />

zur Verfügung gestellt werden.<br />

Bei den Politikern fast aller Parteien und Arbeitgebervertretern<br />

gibt es zurzeit einen starken Trend, immer mehr auf die<br />

Ausweitung der Niedriglohnbereiche zu drängen. Dies zeigt<br />

sich schon jetzt in vielen politischen Entscheidungen, insbesondere<br />

in den Hartz-Gesetzen. Die Zumutbarkeitsregelungen<br />

bei der Vermittlung von Arbeitslosen und die Förderung<br />

von Zeitarbeit sind nur zwei Beispiele.<br />

Niedriglöhne schaffen jedoch keine Arbeitsplätze, sondern<br />

wirken sich persönlich und volkswirtschaftlich negativ aus.<br />

Nahezu täglich sind in den Medien Äußerungen von Spitzenpolitikern<br />

zu hören, die noch weitere Niedriglohnsektoren<br />

oder eine weitere generelle Öffnung der Tarifverträge<br />

nach unten fordern. Diejenigen, die Niedriglöhne propagieren,<br />

müssen jedoch nicht davon leben!<br />

Immer mehr Menschen in Deutschland leben am Rande<br />

oder sogar unter der Armutsgrenze. Menschen, die immer<br />

längere Arbeitszeiten, den Zwang zu Schwarzarbeit oder<br />

mehrere Jobs gleichzeitig in Kauf nehmen müssen. Durch<br />

die mangelhafte soziale <strong>Sicherung</strong> wird die Altersarmut<br />

weiter zunehmen.<br />

Als GewerkschafterInnen werden wir dies nicht kampflos<br />

hinnehmen und setzen uns immer wieder mit aller Kraft für<br />

existenzsichernde und menschenwürdige Arbeitsverhältnisse<br />

ein.<br />

B 007 Abschaffung des Ehegattensplittings<br />

und der Lohnsteuerklasse V sowie<br />

die Einführung einer geschlechtergerechten<br />

Individualbesteuerung<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Bayern<br />

Beschluss: erledigt durch Beschlüsse<br />

(<strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz 1997 und<br />

<strong>DGB</strong>-Grundsatzprogramm)<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der Bezirksfrauenausschuss des <strong>DGB</strong> Hessen-Thüringen fordert<br />

die Bundesregierung und die Landesregierungen zu<br />

entsprechenden Gesetzesinitiativen in Bundestag und Bundesrat<br />

auf.<br />

Begründung:<br />

Durch das Ehegattensplitting wird einseitig die Einverdiener-Ehe<br />

gefördert. Haben beide Ehepartner in etwa das<br />

gleiche Einkommen, gibt es keinen Splittingvorteil. Diesen<br />

gibt es nur, wenn das Einkommen der Ehepartner ungleich<br />

verteilt ist. Je größer der Gehaltsunterschied ist, umso größer<br />

ist der Splittingvorteil: Bei einem zu versteuerndem Einkommen<br />

(ZVE) von 30.000 Euro im Jahr und bei einer Verteilung<br />

von 70:30 ergibt sich ein Splittingvorteil von 212<br />

Euro, bei einer 80:20 Verteilung von 733 Euro und bei einer<br />

90:10 Verteilung von 1.703 Euro. Wenn nur einer der beiden<br />

Ehepartner verdient, beträgt der Splittingvorteil gar<br />

2.712 Euro im Jahr (bei 30.000 ZVE)<br />

Dies hat negative Anreizwirkungen für die Erwerbstätigkeit<br />

von Ehefrauen. Schließlich steigt das Familieneinkommen<br />

erst dann, wenn der Verdienst größer als der Splittingvorteil<br />

ist. Dies führt dazu, dass viele Ehepartner, überwiegend<br />

Ehefrauen, sich um einen „Zuverdienst“ unterhalb der<br />

Geringfügigkeitsgrenze bemühen. Ist eine Frau aber erst<br />

einmal aus der Erwerbstätigkeit ausgeschieden oder<br />

beginnt mit einer niedrigen Wochenstundenzahl, verfestigt<br />

sich diese Beschäftigungsart durch die negative Anreizwirkung<br />

durch das Ehegattensplitting. Gleichzeitig mit dem<br />

niedrigen Arbeitslohn sinken aber auch die Ansprüche auf<br />

eine Vielzahl von Lohnersatzleistungen, die sich am Nettolohn<br />

orientieren. Das Steuersystem mit dem Ehegattensplitting<br />

stützt also das patriarchale Ernährermodell, in dem die<br />

Frau individuell vom Ehemann abhängig ist.<br />

Verstärkt wird die Wirkung des Ehegattensplittings durch<br />

die Lohnsteuerklasse V. Ehepartner können entweder, wenn<br />

beide ungefähr das Gleiche verdienen, beide die Lohnsteuerklasse<br />

IV wählen oder, wenn der Verdienst der Ehepartner<br />

unterschiedlich ist, wählt derjenige mit dem höheren Verdienst<br />

die Lohnsteuerklasse III und diejenige mit dem gerin-


geren Verdienst die Lohnsteuerklasse V. Laut Lohn- und Einkommenssteuerstatistik<br />

1989 beträgt der Anteil von Frauen<br />

in der Lohnsteuerklasse V 91 % und in der Lohnsteuerklasse<br />

III 17 %. Bei der Lohnsteuerklassenkombination III/V<br />

werden sämtliche Freibeträge, die dem Ehepaar zustehen<br />

bei der Steuer desjenigen mit der Lohnsteuerklasse III<br />

berücksichtigt.<br />

Dies führt dazu, dass der monatliche Lohnsteuerabzug in<br />

der Lohnsteuerklasse V unverhältnismäßig höher ist als der<br />

Abzug in den Lohnsteuerklassen III und IV. Da auch der<br />

Grundfreibetrag der Ehefrau in der Lohnsteuerklasse III des<br />

Ehemannes mitberücksichtigt wird, verbleibt der Ehefrau,<br />

die ihr Einkommen in der Lohnsteuerklasse V versteuert,<br />

nicht einmal das steuerlich freizustellende Existenzminimum.<br />

Ehegattensplitting und die Lohnsteuerklassenkombination<br />

III/V fördern die Einverdienerehe und damit die Nichterwerbstätigkeit<br />

von Frauen bzw. die Beschäftigung von Frauen<br />

in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Durch den Verzicht<br />

auf ein eigenes Einkommen geraten Frauen in die<br />

finanzielle Abhängigkeit ihres Ehemannes. Gleichzeitig verzichten<br />

sie auf eine eigenständige soziale Absicherung. Die<br />

finanzielle Abhängigkeit wird so zu einer völligen Abhängigkeit.<br />

Sind Frauen erst einmal aus dem Erwerbsleben ausgeschieden,<br />

haben sie kaum noch Chancen wieder einen ihrer<br />

Qualifikation entsprechenden Erwerbsarbeitsplatz zu erhalten.<br />

Diese Steuerpolitik des Staates ist nicht mit dem<br />

Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes gem. Art. 3 vereinbar.<br />

Wir fordern die Abschaffung des Ehegattensplittings<br />

sowie der Lohnsteuerklasse V und stattdessen die Einführung<br />

einer geschlechtergerechten Individualbesteuerung.<br />

B 008 Individuelle Besteuerung<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Bayern<br />

Beschluss: Erledigt durch Beschlüsse<br />

(<strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz 1997 und<br />

<strong>DGB</strong>-Grundsatzprogramm)<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong> möge auf den Gesetzgeber einwirken, die Gleichstellung<br />

der Geschlechter im Steuerrecht zu schaffen und<br />

die faktische, indirekte Diskriminierung von Frauen zu beenden.<br />

Das Gleiche gilt auch für das Ehegattensplitting.<br />

Begründung:<br />

Die von der Bundesregierung versprochene Gleichstellung<br />

in der Steuergesetzgebung ist ausgeblieben. Im Gegenteil:<br />

Der Haushaltsfreibetrag für Alleinerziehende wurde gestrichen.<br />

Sie werden wie Singles behandelt, während selbst<br />

kinderlose Ehepaare Steuervorteile genießen.<br />

Die Lohnsteuerklasse V, in der überwiegend Frauen sind,<br />

schmälert nicht nur den Wert ihrer Arbeit, sondern kürzt<br />

deutlich die Sozialleistungen bei Arbeitslosigkeit. Das Arbeitslosengeld<br />

richtet sich nach dem Nettolohn.<br />

Immer wieder erleben wir die Frustration gerade bei Teilzeitbeschäftigten,<br />

wenn sie ihre Arbeitszeit und ihren Lohn<br />

mit dem quasi „Brutto-für-Netto” der Mini-Jobberinnen vergleichen.<br />

Anstatt dass die Regierung einen Anreiz für eigenständige<br />

soziale <strong>Sicherung</strong> schafft, bittet sie die Ehefrauen<br />

mit dem geringen Einkommen ganz besonders steuerlich<br />

zur Kasse und bietet ihnen als Alternative den Ausschluss<br />

aus den Leistungen der Sozialversicherung.<br />

In keinem Land der Erde gibt es ein so kompliziertes Steuerrecht<br />

wie in Deutschland. Ein Steuerrecht, das sich überwiegend<br />

diskriminierend auf Frauen auswirkt. Der Spruch „Wer<br />

das Geld hat, hat die Macht” gilt auch in Beziehungen.<br />

Frauen sind häufig in der Position derjenigen, die nur einen<br />

geringeren Beitrag zum Familieneinkommen leisten. Wenn<br />

wir den Wert der Arbeit am Lohn messen, der bei Frauen<br />

meist sowieso niedriger ist, wird ihre Leistung durch die<br />

Steuerregelung doppelt entwertet. Es gibt in anderen Ländern,<br />

zum Beispiel in Skandinavien, individuelle Besteuerung,<br />

die Vergünstigungen nur für Kinder vorsieht. Diese<br />

Regelungen können als Vorbild dienen.<br />

I 003 Initiativantrag Nr. 3<br />

Keine Verschlechterung der<br />

Besteuerung von Abfindungen<br />

Antragsteller/in: Martina Schulte, NGG, u.a.<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die Delegierten der 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz erwarten<br />

von der Bundesregierung, auf die geplante vollständige<br />

Besteuerung von Abfindungen bei Verlust des Arbeitsplatzes<br />

zu verzichten.<br />

Begründung:<br />

Der Verlust eines Arbeitsplatzes ist insbesondere dann,<br />

wenn die Betroffenen 50 Jahre oder älter sind, ein Abschied<br />

75


76<br />

vom Arbeitsleben für immer. Die Folgen für Beschäftigte<br />

sind insbesondere seit Inkrafttreten des so genannten Hartz<br />

IV – Gesetzes schlichtweg als katastrophal zu bezeichnen.<br />

Zu dem Verlust des Selbstwertgefühles und gesellschaftlicher<br />

Akzeptanz kommt in immer größerem Umfang Armut<br />

hinzu.<br />

Daran kann auf Dauer auch eine Abfindung in einer üblichen<br />

Höhe nichts ändern, sie kann jedoch den Zeitpunkt<br />

der Verarmung hinauszögern. Dem hat der Gesetzgeber<br />

dadurch Rechnung getragen, dass – abhängig von Alter<br />

und Betriebszugehörigkeit – bis zu 11.000 Euro der Abfindungssumme<br />

unversteuert bleiben. Auch ein überschießender<br />

Betrag wird bislang unter bestimmten Bedingungen<br />

geringer besteuert als das übrige Einkommen.<br />

Der Wegfall dieser Steuerprivilegien wird den so genannten<br />

sozialverträglichen Abbau von Arbeitsplätzen erschweren<br />

und die Betroffenen, die absehbar zukünftig mit jedem Euro<br />

rechnen müssen, um Anteile ihrer Abfindung bringen.<br />

Das ist umso schwerer verständlich als die Reichen in diesem<br />

Lande nach wie vor nur einen bemerkenswert geringen<br />

zusätzlichen Beitrag zur Finanzierung der Bundesrepublik<br />

beisteuern müssen.<br />

B 009 Gegen die Einführung von Studiengebühren<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Hessen-<br />

Thüringen<br />

Beschluss: Annahme (mit redaktioneller Änderung)<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand hat sich eindeutig gegen die Einführung<br />

von Studiengebühren zu positionieren. Gleiches gilt<br />

für die Einführung und Umsetzung von Langzeitstudiengebührenmodellen<br />

und für Gebühren für Masterstudiengänge.<br />

Mit dem Antrag soll der FZS (Freiwilliger Zusammenschluss<br />

der Studierendenschaften) und damit der Kampf der Studierenden<br />

gegen die Einführung von Studiengebühren unterstützt<br />

werden. In einer Wissensgesellschaft sollte sowohl<br />

Kindergarten als auch Schule, Ausbildung und Studium<br />

kostenfrei sein.<br />

Begründung:<br />

Mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes, das<br />

das allgemeine Studiengebührenverbot des Bundes für die<br />

Länder aufgehoben hat, steht deren Einführung kurz bevor.<br />

Alle bisher diskutierten Modelle berücksichtigen in keiner<br />

Weise, dass Studiengebühren in den Ländern, in denen sie<br />

bereits eingeführt wurden – wie Österreich oder Australien<br />

–, nicht zur Verbesserung der Lehre oder Hochschulen beigetragen,<br />

sondern im Gegenteil zu massiver sozialer Selektion<br />

geführt haben.<br />

Selbst nachgelagerte Studiengebühren bürden den Studierenden<br />

eine zusätzliche Belastung von mehr als 20.000<br />

Euro neben der obligatorischen Bafög-Rückzahlung auf. Das<br />

führt dazu, dass sich noch weniger Studierende aus Arbeiterfamilien<br />

und Familien von Alleinerziehenden für ein Studium<br />

entscheiden. Für Frauen und Alleinerziehende, die studieren<br />

wollen, wäre die Wirkung noch selektiver, da sie<br />

ohnehin schon siebenmal häufiger einem Armutsrisiko<br />

unterliegen als Männer.<br />

Das Argument, man müsse das Studium auch bezahlen, da<br />

der Kindergartenplatz auch bezahlt wird, ist eine Verdrehung<br />

der Tatsachen. In einer Wissensgesellschaft sollte<br />

sowohl Kindergarten als auch Schule, Ausbildung und Studium<br />

kostenfrei sein. Dass dies geht, zeigen die Beispiele in<br />

den skandinavischen Ländern.<br />

In einer Situation, in der über eine Millionen Kinder in<br />

Deutschland in Armut leben und deren Zahl durch Hartz IV<br />

auf fast zwei Millionen ansteigen wird, bedeuten Studiengebühren<br />

vor allem für alleinerziehende Mütter praktisch<br />

den Ausschluss von einer höheren Bildung.<br />

Mit Blick darauf, dass schon heute, ohne Studiengebühren,<br />

60 % der westdeutschen und über 70 % der ostdeutschen<br />

Studierenden neben dem Studium einer Erwerbsarbeit<br />

nachgehen müssen, wird deutlich, dass durch den Mehraufwand<br />

von 500,- Euro Minimum bis zu bisher diskutierten<br />

5.000,- Euro Maximum – Studiengebühren je Semester für<br />

Kinder aus zum Beispiel von Hartz IV betroffenen Haushalten<br />

ein Studium, wenn, dann allenfalls an den „Billig-Unis“<br />

der neuen Bundesländer möglich sein wird.<br />

Die Aussage eines FDP-Abgeordneten in der Bildzeitung,<br />

dass „... die Falschen, nämlich die sozial Schwachen die<br />

meisten Kinder bekommen...“ zeigt neben einer neoliberalen<br />

Grundeinstellung den selektiven Gedanken offen.<br />

Studiengebühren, ob nachgelagert oder durch einen Kredit<br />

von der KFW-Bank mit 5 % Verzinsung finanziert, sind<br />

daher für ein Erststudium vor allem im Sinne unserer ver.di<br />

Kolleginnen, Alleinerziehenden, Studentinnen, Arbeiterinnen<br />

und Jugendlichen in jedem Falle abzulehnen.


<strong>Sachgebiet</strong> C: Beschäftigungspolitik<br />

C 001 Wirtschaftspolitik<br />

Antragsteller/in: ver.di Bundesfrauenrat<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Frauenpolitische Stichworte: Für die Abkehr von einer<br />

neoliberalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand wird aufgefordert, dafür Sorge<br />

zu tragen, dass folgende Ziele und Grundsätze mit der<br />

Politik des <strong>DGB</strong> umgesetzt werden:<br />

Wir brauchen für Deutschland eine Neuausrichtung der<br />

Wirtschafts- und der Beschäftigungspolitik,<br />

eine Ökonomie, deren Wesen die Förderung substantieller<br />

Freiheiten und der Lebensqualität ist, die der Marktwirtschaft<br />

neue, menschenorientierte Regeln verleiht, die die<br />

Sozialverpflichtung des Eigentums umsetzt und die Menschen,<br />

Männer und Frauen auf gleicher Höhe, in den Mittelpunkt<br />

stellt.<br />

Wir brauchen dazu auch eine feministische Neuausrichtung<br />

von Wirtschaft und Beschäftigung,<br />

die nicht von dem „Männlichen“ als Kern und Zielpunkt der<br />

Wirtschaftstätigkeit ausgeht. Die Polarisierung und Hierarchisierung<br />

zwischen männlichen und weiblichen Arbeitsfeldern<br />

ist zu beseitigen, so dass menschengerechte Verteilung<br />

und Entgeltgleichheit sich als Grundwesen unserer Wirtschaft<br />

und Beschäftigung manifestieren.<br />

Wir wollen eine Politik, die Antiarmuts- und Antidiskriminierungspolitik<br />

ist und soziale und Gendergerechtigkeit<br />

als Kriterien anwendet.<br />

Die internationalen Arbeitsnormen und Menschenrechte<br />

(der Internationalen Arbeitsorganisation IAO) müssen überall<br />

als zwingend einzuhaltende Grundlage gelten, und zwar<br />

auch wenn die deutsche Wirtschaft sich außerhalb des Landes<br />

betätigt und dort Beschäftigung schafft.<br />

Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik müssen sich einer<br />

gesamtwirtschaftlichen Betrachtung und Handlungsweise<br />

zuwenden<br />

und von der rein einzelwirtschaftlichen Sichtweise, die in<br />

der Regel nur die Gewinnerwartung im Blick hat, verabschieden.<br />

Das Verhindern negativer (volks-) wirtschaftlicher<br />

Effekte muss zum Ziel politischen Handelns erhoben werden.<br />

Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung muss erneuert<br />

werden, so dass negative externe Effekte (wie etwa die<br />

Ausgrenzung von Frauen aus dem Arbeitsmarkt) erkennbar<br />

und behandelbarer werden. Prävention muss in diesem<br />

Sinne als positiver Wirtschaftsfaktor behandelt werden.<br />

Wir brauchen für Deutschland eine eigenständige, nicht<br />

nur an der Globalisierung ausgerichtete Beschäftigungspolitik.<br />

Der politische Wille, Arbeitsplätze hier zu erhalten und zu<br />

schaffen, muss wieder erkennbar und in der Wirtschaft<br />

durchgesetzt werden. Das heutige Modell für die „optimale<br />

Arbeitskraft“ im Sinne einer kapitalistischen Verwertung ist<br />

nicht länger der männliche Arbeitnehmer in seinem Normalarbeitsverhältnis,<br />

sondern die junge Frau in den Sweatshops<br />

(Produktionsstätten, die keine der Grundforderungen für<br />

menschenwürdige Arbeit erfüllen, deren Lohn kaum zum<br />

Leben reicht und wo die ArbeiterInnen oft in direkter<br />

Abhängigkeit vom Besitzer leben müssen) und „freien Produktionszonen“<br />

(Regionen, für die Arbeits-, Steuer- und/<br />

oder Umweltgesetze außer Kraft gesetzt werden.) in den<br />

Ländern des Südens, die weder durch Arbeitsschutzgesetze<br />

noch durch Gewerkschaften geschützt ist. Mit diesen Bedingungen<br />

zu konkurrieren, tritt derzeit die aktuelle Arbeitsmarktpolitik<br />

in Deutschland an. Mit der Ausweitung des<br />

Niedriglohnsektors durch Unternehmen, der neuen informellen<br />

und in den Privatbereich verschobenen Arbeit durch<br />

die Anwendung neuer, niedrigerer Grenzen in der Subsidiarität<br />

der Familie sowie der Pflicht zur Annahme jeder Arbeit<br />

in den neueren Arbeitsmarktgesetzen wird von verschiedenen<br />

Seiten aus das Ziel verfolgt, die Deregulierung der bisher<br />

geschützten Arbeitsplätze auch bei uns voranzutreiben.<br />

Die aktuell betriebene Zerschlagung des <strong>Sozialstaat</strong>es ist<br />

Voraussetzung und Beschleunigung für diese Entwicklung.<br />

Dieser Weg ist für die Entwicklung einer auf zukünftigen<br />

Erfolg ausgerichteten Wirtschaft ein Irrweg, der dringend zu<br />

verlassen ist.<br />

Wir wollen die Aufhebung der grundsätzlichen und die<br />

Frauen benachteiligenden geschlechtsspezifischen<br />

Arbeitsteilung,<br />

die in Verbindung mit dem Erhalt der Massenarbeitslosigkeit<br />

ein Mittel für die Durchsetzung neoliberaler Arbeitsmarktpolitik<br />

ist. Die auch geschlechtsspezifisch hierarchisierte<br />

Verteilung von Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsmarktzugang,<br />

ungleicher Entlohnung auch bei gleichwertiger Arbeit<br />

zu Ungunsten von Frauen, beispielsweise bei der Entwicklung<br />

zur Dienstleistungsökonomie, ist dazu geeignet, die<br />

Abwärtsspirale bei Löhnen und Arbeitsbedingungen zu<br />

beschleunigen. Denn: Streben Frauen aus der ihnen bisher<br />

zugeteilten Rolle heraus die neu entstehende Arbeit an, so<br />

wird diese so konzipiert, dass das der geschlechtsspezifischen<br />

Arbeitsteilung zugehörige Rollenverständnis erfüllt<br />

wird: Sozialversicherungsfreie Beschäftigung, Arbeit mit<br />

niedriger ökonomischer Wertschätzung, beschränkte Ver-<br />

77


78<br />

dienstmöglichkeiten – dies kennzeichnet typische Frauenarbeit<br />

auch heute und lässt sie im Zuverdienstbereich bleiben.<br />

Dienstleistungsökonomie wird so – ob ökonomisch gerechtfertigt<br />

oder nicht – zur Zuverdienstökonomie. Für eine positive<br />

Wirtschaftsentwicklung, die heute eindeutig in Richtung<br />

Dienstleistungen geht, ist das nicht akzeptabel.<br />

Wir brauchen eine Dienstleistungspolitik mit mehr Selbstbewusstsein,<br />

die die Entwicklung zukunftsgerichteter Dienstleistungswirtschaft<br />

nicht mit Mitteln aus der Vergangenheit vom wirtschaftlichen<br />

Fortschritt ausschließt. Die derzeitige Arbeitsmarkt-<br />

und Beschäftigungspolitik wirkt jedoch darauf hin,<br />

dass für neue Arbeit immer weniger gezahlt wird. Da aber<br />

immer mehr Arbeit zu Niedrigkonditionen im ökonomischen<br />

Prozess verwertet werden kann, (z.B. durch Förderung der<br />

Niedriglohnsektoren und durch die (fast) kostenlose Abschöpfung<br />

von Arbeitsleistung in Ein-Euro-Jobs, „ehrenamtlicher“<br />

Arbeit als Ersatz für staatliche Bildung oder institutionalisierte<br />

Pflege, Erwerb von Beschäftigungsfähigkeit<br />

durch „Eigenleistungen“), haben die so sinkenden Löhne<br />

auch eine Wirkung auf die Gesamtwirtschaft.<br />

Davon profitieren derzeit die Unternehmen. Eine so interpretierte<br />

vermeintliche Standortpolitik, die nur die billigste<br />

Produktion anstrebt und zur Senkung der nationalen Löhne<br />

droht, in Länder mit noch niedrigeren Löhnen auszuweichen,<br />

schadet dem Land und langfristig auch den Unternehmen.<br />

Kurzfristig produzieren sie sich mit dieser Politik<br />

und Wirtschaftsführung aber bereits höchst lukrative<br />

Gewinnerwartungen im Inland – auch indem Frauen durch<br />

mehr Angebote billiger Dienstleistungsarbeit vermeintlich<br />

bessere Arbeitsmarktchancen erhalten – bis hin zur ausländischen<br />

Haushaltshilfe oder Altenpflegerin in Schwarzarbeit.<br />

Die Lasten der Wirtschaftsentwicklung dürfen nicht einfach<br />

„durchgereicht“ werden.<br />

Die Zuschreibung der Reproduktionsarbeit an Frauen verstärkt<br />

die beschriebene Entwicklung noch. Hausarbeit, Kindererziehung,<br />

Pflege und andere unentgeltlich geleistete<br />

Reproduktionsarbeit bilden sozusagen die untere Stufe in<br />

der geschlechtsspezifischen Hierarchie der Entlohnung und<br />

der sozialen <strong>Sicherung</strong>, die hier nur noch in Abhängigkeit<br />

von anderen erreichbar ist.<br />

Die vermeintliche „Unbezahlbarkeit“ grenzt Familien- und<br />

soziale Arbeit aus der „bezahlbaren“, weil schon verwertbaren<br />

Sphäre der Ökonomie aus und macht sie zur „natürlichen<br />

Ressource“, welche die Ökonomie als Basis stützt und<br />

ihr zur Verwertung jederzeit zur Verfügung steht. Die<br />

Arbeitskraft von Frauen wird so zu einem der Pfeiler des<br />

ökonomischen Systems, welches ohne diese (in allen Ländern<br />

der Erde vorhandene) „natürliche“ Basis unzähliger<br />

unbezahlt geleisteter und jederzeit billig abrufbarer Arbeitsstunden<br />

schon längst zusammengebrochen wäre. Schon<br />

immer wurden auch in Deutschland Frauen in die Arbeit<br />

„berufen“, wenn die Wirtschaft ihre Fähigkeiten und Leistungen<br />

brauchte. Der Weg zurück an den Herd ist dabei<br />

gleichermaßen vorprogrammiert, wenn die Wirtschaft die<br />

weibliche Arbeitskraft wieder „ausatmet“.<br />

War in der Vergangenheit das „Durchreichen“ schlechter<br />

Arbeitsbedingungen an Frauen nicht möglich, so wurden<br />

MigrantInnen beschäftigt. Auch die heutige Situation in der<br />

Pflege, im Gesundheitswesen, in den Haushalten und vielen<br />

anderen Bereichen zeigt, dass – bis hin zur illegalen<br />

Beschäftigung – unsichere und schlecht bezahlte Jobs an<br />

Ausländerinnen und Ausländer vergeben werden, deren<br />

Arbeitskonditionen nicht etwa von der Qualifikation abhängig,<br />

sondern einzig von ihrem Status bestimmt sind.<br />

Dies ist in einer menschenwürdigen Arbeitswelt nicht hinnehmbar.<br />

Wir brauchen gleichberechtigten Zugang von Frauen und<br />

Männern zur Arbeit.<br />

Auch wenn heute nicht nur Männer, sondern auch Frauen<br />

durch die Entwicklung zur Dienstleistungsökonomie Zugang<br />

zum Arbeitsmarkt erlangen, ist dennoch festzuhalten, dass<br />

vor allem an Frauen die Niedriglohnjobs, verstärkt die hausund<br />

familiennahen Arbeiten und überwiegend die unregulierten<br />

Dienstleistungsarbeiten, vergeben werden, deren<br />

Nähe zur bisher typischen Frauenarbeit gleichzeitig eine<br />

„Begründung“ für niedrigste Entlohnung und schlechteste<br />

soziale <strong>Sicherung</strong> liefert. Nicht zu vergessen die Hunderttausende<br />

Arbeitslosen ohne Leistungsbezug, die in die subsidiäre<br />

Versorgung durch die Familie entlassen werden und<br />

nun dem privaten Haushalt voll und ganz wieder zur Verfügung<br />

stehen. Mindestens zwei Drittel davon sind Frauen.<br />

Über die stärkeren Wirkungen für Frauen hinweg täuscht<br />

auch nicht, dass Männer ebenfalls arbeitslos werden,<br />

jedoch verlieren sie ihre Arbeitsplätze in der ihnen angestammten<br />

industriellen Produktion, ohne dass diese Arbeit<br />

an Frauen überginge. Der Arbeitsmarkt ist nach wie vor<br />

geteilt und Frauen gewinnen nur Arbeitsplätze, weil sie<br />

„ihre“ Arbeit neu unter sich verteilen.<br />

Solidarität der Bessergestellten mit den Benachteiligten<br />

erfolgt in deren eigenem Interesse.<br />

Der Abbau der industriellen Produktion in Deutschland, vornehmlich<br />

aber der Abbau von Arbeitsplätzen in einer durch<br />

höhere Produktivität nach wie vor real wachsenden Produktion,<br />

bedroht in erster Linie die Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen<br />

von Männern. Der Wunsch, alte Zustände wieder<br />

herstellen zu können, zeigt sich dabei als Illusion. Die<br />

Gewissheit über deren Unerreichbarkeit lässt den Umbau


zur Dienstleistungsökonomie mit ihren unsicheren Arbeitskonditionen,<br />

mit den durch Frauenlöhne bestimmten Verdiensten<br />

und der ständigen Möglichkeit der Auslagerung<br />

der Produktion oder des Imports von Dienstleistungen zur<br />

existenziellen Bedrohung werden. Der Verteilungskampf um<br />

Positionen, Verdienste und soziale Sicherheit „ganz oben“<br />

in der Verteilungshierarchie greift auf Machtmechanismen<br />

zurück – auch auf die angeblich so natürliche geschlechtsspezifische<br />

Arbeitsteilung.<br />

Begreifen müssen diejenigen, die von bisheriger Arbeitsteilung<br />

profitieren, aber, dass sie dennoch nicht verschont<br />

bleiben werden. Sie haben allerdings die Möglichkeit, entweder<br />

die Lasten dieser Entwicklung weiter nach unten<br />

„durchzureichen“, sich abzugrenzen, um selbst möglichst<br />

lange besser gestellt zu bleiben. Oder sie sorgen selbst mit<br />

dafür, dass die Abwärtsspirale sofort beendet wird und<br />

nicht erst in der Nichtbezahlung und im Nicht-abgesichertsein<br />

endet. Solidarität und gemeinsame Gegenwehr gegen<br />

die Umverteilung von unten nach oben, von der Südhalbkugel<br />

zur Nordhalbkugel unseres Globusses, ist nötig. Solidarität<br />

derjenigen, die noch sozial und tariflich abgesicherte,<br />

existenzsichernde Arbeit und Perspektiven haben, mit denen<br />

am unteren Ende und mit denen am Rand der Belegschaft<br />

ist mittel- und langfristig im eigenen Interesse.<br />

Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen von Frauen<br />

durch Änderungen des Arbeitsrechts verhindern<br />

Der bestehende Schutz vor Kündigungen und Kettenarbeitsverträgen<br />

sowie der Anspruch auf Teilzeitarbeit darf nicht<br />

verschlechtert werden. Eingriffe in die Tarifautonomie durch<br />

gesetzliche Öffnungsklauseln, die untertarifliche Bedingungen<br />

durch Betriebsvereinbarung oder Einzelverträge zulassen,<br />

darf es nicht geben. Frauen wären von diesen Maßnahmen<br />

noch stärker betroffen als Männer.<br />

Frauen mit Familienverantwortung, Kindererziehung oder<br />

Pflege, werden in vielen Betrieben noch immer als „Risikogruppe“<br />

angesehen, deren Ausgrenzung bei weiter verringerter<br />

Arbeitsplatzsicherheit und betrieblich absenkbaren<br />

Löhnen umso leichter würde. Der Gesetzgeber ist aber verpflichtet,<br />

Regelungen der Arbeitsbedingungen so zu gestalten,<br />

dass sie nicht zu einer mittelbaren Benachteiligung von<br />

Frauen führen. Dies fordern wir dringlich ein. Beispielsweise<br />

kämen Frauen mit ihren Patchworkbiografien bei verändertem<br />

Kündigungsschutz und weiter uneingeschränkter Befristungsmöglichkeit<br />

kaum noch in den Bereich gesicherter<br />

Beschäftigung. Im Dienstleistungsbereich, wo Frauen in den<br />

Betrieben kleiner und mittlerer Größe arbeiten, würden<br />

nicht nur überproportional viele weibliche Beschäftigte herausfallen,<br />

es entfalten sich auch unerwünschte wirtschaftsstrukturelle<br />

Vor- und Nachteile. Dies gilt es zu verhindern.<br />

Auch für das Angebot an Teilzeitarbeit gilt es, den Bedarf<br />

der Familie mit dem des Betriebes sinnvoll abzustimmen.<br />

Um Teilzeit attraktiver zu gestalten, auch um Teilzeit von<br />

Männern zu fördern, müssen die Rahmenbedingungen weiter<br />

verbessert werden, unter anderem mit einer Befristungsmöglichkeit<br />

für die Ausübung von Teilzeit bzw. einem<br />

gewährleisteten Rückkehrrecht und die Beschränkung sozialversicherungsfreier<br />

Teilzeit auf einen Bagatellebetrag.<br />

Einer einseitigen Beschränkung des Teilzeitanspruchs für<br />

Beschäftigte (z.B. bei Kindererziehung, Pflege) wird eine<br />

Absage erteilt, u.a. auch, da die Teilzeit in verschiedenen<br />

Branchen aus betrieblichen Gründen bereits zur Regelarbeitszeit<br />

geworden ist. Hier können nur beidseitig wirksame<br />

Regeln greifen. Dazu gehört auch, dass Teilzeit als normale<br />

Arbeitszeitform im Betrieb anerkannt wird und nicht länger<br />

zu Karrierenachteilen für Teilzeitbeschäftigte führt.<br />

Der Wille, wieder Arbeit in Deutschland zu schaffen, muss<br />

wieder belebt werden. Der Wille, diese gerecht zwischen<br />

Männern und Frauen zu verteilen, ist weiter zu entwickeln.<br />

Dies ist und bleibt eine politische Entscheidung, für die die<br />

Voraussetzungen zu schaffen sind. Nicht nur die Politik,<br />

sondern vor allem auch die Unternehmen der Produktion<br />

und der Dienstleistung stehen in der Verantwortung. Auch<br />

die Beschäftigten und potentiellen Beschäftigten sind<br />

selbstverständlich AkteurInnen der Wirtschaft und der Politik<br />

– nicht jedoch in dem Sinne, für Arbeitslosigkeit, Ausgrenzung<br />

oder schlechte Arbeitsbedingungen allein die Verantwortung<br />

tragen zu müssen. Die Arbeitsmarktpolitik der<br />

vergangenen Jahre muss in dem Zusammenhang gründlich<br />

überdacht werden.<br />

Auf der konkreten Handlungsebene brauchen wir<br />

a) eine nachhaltige Wirtschaftspolitik, die sich am tatsächlichen<br />

Bedarf – an den Bedürfnissen und Wünschen – von<br />

Frauen und Männern sowie der Gesellschaft orientiert<br />

und nicht an schneller Rendite auf den Finanzmärkten.<br />

Das impliziert insbesondere, dass die Belange von Frauen<br />

gleichberechtigt einfließen.<br />

b) kommunale Beschäftigung, die dazu führt, dass Menschen<br />

sich in ihrer unmittelbaren Lebensumwelt wohlfühlen<br />

und engagieren; dazu sind wieder erheblich mehr<br />

Investitionen in Kultur-, Bildungs-, Kinderbetreuungs-,<br />

Freizeit- und soziale Einrichtungen sowie eine gesunde<br />

Umwelt dringend nötig;<br />

c) eine Steuer- und Verteilungspolitik, die Frauen nicht<br />

benachteiligt und ausreichende Mittel für Investitionen in<br />

die vernachlässigten Bereiche zur Verfügung stellt;<br />

d) eine eigenständige Wirtschafts- und Beschäftigungspoli-<br />

79


80<br />

tik, die nicht die negativen Effekte globalisierter Arbeitsteilung<br />

als vermeintliche Standortpolitik importiert;<br />

e) eine Strategie der wirtschaftlichen Entwicklung, die sich<br />

nicht einseitig an Exportfähigkeit und Standortpflege<br />

ausrichtet, sondern den Binnenmarkt wieder nachhaltig<br />

stärkt;<br />

f) eine Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, die Frauen<br />

und Männern gleichberechtigten und gleichwertigen<br />

Zugang zu Erwerbstätigkeit, Familienarbeit und Freizeit<br />

nicht nur ermöglicht, sondern gewährleistet;<br />

g) eine Innovationspolitik, die Bildung und Forschung ausbaut<br />

und so nachhaltig der Qualitätssicherung dient.<br />

h) eine Gesetzgebung für Betriebe, die im Sinne einer Perspektive<br />

„Lebensplanung“ auch übergeordnete Politikbereiche,<br />

in Bezug auf die Arbeitsbedingungen insbesondere<br />

familienpolitische Aspekte, einfließen lässt.<br />

i) eine Politik für und von Unternehmen, die den Bedarf<br />

der Unternehmen nach Beschäftigungsflexibilisierung mit<br />

dem Bedarf der Familien nach Arbeitsplatz- und sozialer<br />

Sicherheit abwägt und, angesichts der schon jetzt feststellbaren<br />

Folgen der Unsicherheit für die demografische<br />

Entwicklung, der Familie künftig einen Vorrang einräumt.<br />

Insgesamt ist die Qualität unseres Staatswesens in den<br />

Vordergrund zu stellen.<br />

Der Würde des Menschen ist vor den Aktionsmöglichkeiten<br />

des Kapitals Vorrang einzuräumen. Der grundgesetzlichen<br />

Sozialverpflichtung des Eigentums ist zu entsprechen, und<br />

zwar nicht nur von natürlichen, sondern auch juristischen<br />

Personen. Dem Lohn- und Sozialdumping und der Steuerflucht<br />

sind eindeutige und wirksame Absagen zu erteilen.<br />

Ein Maßstab für die Erreichung des Qualitätsstandards wird<br />

die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an<br />

den Ergebnissen unserer Wirtschaft und an der Gesellschaft<br />

sein.<br />

C 002 Neuausrichtung Arbeitsmarktpolitik<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Hessen-<br />

Thüringen<br />

Beschluss: Annahme mit den im Änderungsantrag<br />

(G 002) aufgeführten Änderungen<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand wird aufgefordert, sich konsequent<br />

für eine Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik einzusetzen.<br />

Ziele des <strong>DGB</strong> sind:<br />

1. Arbeitslose, insbesondere Arbeitslose mit erschwerten<br />

Vermittlungschancen, sind unabhängig eines bestehenden<br />

Leistungsbezugs (ALG I, ALG II) durch öffentlich<br />

geförderte Beschäftigungs- und Qualifizierungsangebote<br />

zu unterstützen, um eine Integration in reguläre Beschäftigung,<br />

aber auch ihre soziale Absicherung und persönliche<br />

Stabilisierung zu ermöglichen. Für Arbeitslose, die<br />

aufgrund der Partnereinkommensanrechnung aus dem<br />

Leistungsbezug ausscheiden (Nicht-LeistungsempfängerInnen)<br />

sowie für Frauen, die aufgrund von vorheriger<br />

Kindererziehungs- und Pflegezeiten keinen Leistungsanspruch<br />

haben (Berufsrückkehrerinnen) ist der Zugang zur<br />

Vermittlung und Arbeitsförderung sicherzustellen, insbesondere<br />

durch Verfügbarkeit der dazu notwendigen<br />

Finanzmittel. Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung<br />

müssen tariflich vergütet werden und eine Absicherung<br />

in allen Zweigen des Sozialversicherungssystems beinhalten.<br />

Zu finanzieren ist dies durch eine sozial ausgewogene<br />

Besteuerung aller Einkommens- und Vermögensarten.<br />

2. Die jüngeren Arbeitsmarktreformen, insbesondere die<br />

sog. Hartz-Gesetze, sind in ihren zentralen Elementen<br />

zurückzunehmen. Dazu zählen insbesondere Leistungskürzungen<br />

für Arbeitslose bzw. Leistungsentzug, Ausweitung<br />

der Zumutbarkeit anzunehmender Arbeitsverhältnisse,<br />

die sog. Ein-Euro-Jobs sowie die Beschneidung der<br />

gewerkschaftlichen Beteiligungsmöglichkeiten in der<br />

Agentur für Arbeit.<br />

3. Alle Arbeitslosen müssen unabhängig von Familienstand<br />

und Lebensform eine eigenständige menschenwürdige<br />

Existenzsicherung erhalten. Die Leistungen insbesondere<br />

nach ALG II sind zu erhöhen. Insbesondere die verschärfte<br />

Anrechnung von Partner-, Familien- und Haushaltseinkommen<br />

ist aufzuheben und die Anrechnung von eigenen<br />

Vermögensbeständen und Vorsorgeleistungen (für<br />

Alterssicherung, Ausbildung der Kinder, „harte Zeiten“<br />

etc.) ist deutlich zu lockern.<br />

4. Von der Zumutbarkeit anzunehmender Arbeitsverhältnisse<br />

sind u.a. auszunehmen: Arbeiten unterhalb tariflicher,<br />

mindestens aber ortsüblicher Vergütung, was ggf. durch<br />

die Agentur für Arbeit nachzuweisen ist, geringfügige<br />

Beschäftigung. Die Verfügbarkeit darf bei Erziehung und<br />

Pflege nicht aufgehoben werden, der Zugang zu Vermittlung<br />

und Arbeitsförderung ist auch für diese Personengruppe<br />

zu sichern. (ist erledigt durch Rechtslage)<br />

5. Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigungen,<br />

die sog. Ein-Euro-Jobs, sind umgehend abzuschaffen.<br />

Solange es weiterhin solche Ein-Euro-Jobs gibt, leisten<br />

<strong>DGB</strong> und Einzelgewerkschaften Unterstützung für


die Betroffenen, prüfen, ob hierdurch reguläre Arbeitsplätze<br />

vernichtet wurden/werden, und leiten ggf. rechtliche<br />

oder sonstige Interventionsschritte ein. <strong>DGB</strong> und Einzelgewerkschaften<br />

verpflichten sich, keine Ein-Euro-Jobberinnen<br />

oder durch sie erbrachte Leistungen einzusetzen.<br />

Begründung:<br />

Die Zugangs- und Anrechnungsvorschriften, die für das neu<br />

eingeführte ALG II nochmals deutlich verschärft wurden,<br />

führten vielfach zu Leistungskürzungen und Leistungsentzug<br />

für Arbeitslose. Hiervon sind v.a. Frauen negativ betroffen,<br />

soweit sie mit einem erwerbstätigen Ehemann oder<br />

Partner zusammenleben. Dies stellt die Rückkehr zu einem<br />

patriarchalen Ehe- und Familienmodell dar, in dem Frauen<br />

auf die ökonomische und damit auch persönliche Abhängigkeit<br />

von einem „Versorger“ verwiesen werden: So stieg<br />

vor Inkrafttreten des ALG II die Zahl der Eheschließungen<br />

u.a. deshalb, um zumindest die Krankenversicherung arbeitsloser<br />

Frauen zu sichern, die keine Ansprüche an ALG II<br />

zu erwarten hatten. Zusammen mit der Ausweitung von<br />

geringfügiger Beschäftigung und der umfangreichen Einführung<br />

von Ein-Euro-Jobs, die insbesondere in sozialen<br />

Dienstleistungen eingerichtet werden und damit v.a. reguläre<br />

Frauenarbeitsplätze gefährden, wird damit Frauen die<br />

gleichberechtigte Teilhabe am Erwerbsleben beschnitten.<br />

Stattdessen werden Frauen auf solche Zuverdienstmöglichkeiten<br />

verwiesen. Ohne Leistungsansprüche besteht für<br />

erwerbsarbeitslose Frauen auch kaum Zugang zu Maßnahmen<br />

der aktiven Arbeitsförderung. Für BerufsrückkehrerInnen<br />

sind diese als „Soll-Leistung“ vorgesehen. Die neue<br />

Geschäftspolitik der Agentur für Arbeit ermöglicht mit ihrer<br />

Orientierung am Kosten-Nutzen-Prinzip keine zielgruppenorientierte<br />

Beschäftigungs- und Qualifizierungsförderung<br />

mehr, die an dem Unterstützungsbedarf der Arbeitlosen<br />

statt an der Höhe ihrer Leistungsansprüche ansetzt. Insoweit<br />

Ansprüche an ALG II bestehen, sind diese mit 331<br />

Euro in den NBL und 345 Euro in den ABL für den Lebensunterhalt<br />

in keiner Weise ausreichend. Die jüngsten Arbeitsmarktreformen<br />

zielen im Wesentlichen darauf, die Leistungen<br />

für Arbeitslose zu reduzieren, um den Bundeshaushalt<br />

zu sanieren, Arbeitslose durch Leistungsentzug aus der<br />

Arbeitslosenstatistik herauszudrängen und Druck auf das<br />

Lohnsystem auszuüben. Die Positivaspekte, die die Hartz-<br />

Gesetze enthalten, sind demgegenüber nebenrangig. Deshalb<br />

müssen die Hartz-Gesetze zurückgenommen und nicht<br />

nur punktuell geändert werden. Die drastisch ausgeweiteten<br />

Zumutbarkeitsregeln, die eine Niedrigst-Vergütung bis<br />

zu 30 Prozent unterhalb der ortsüblichen Entgelte ermögli-<br />

chen und die neu eingeführten sog. Ein-Euro-Jobs gefährden<br />

massiv die erreichten und erkämpften sozialen Standards<br />

und (Tarif) Einkommen. Reguläre Arbeitsplätze werden<br />

im Bereich von bzw. für Kommunen erbrachte Leistungen<br />

durch „preiswerte“ Arbeitslose ersetzt, auch wenn dies<br />

von der Bundesregierung ausdrücklich nicht intendiert ist.<br />

Durch den Zwang zur Annahme auch schlechter Arbeitsbedingungen<br />

werden prekäre, niedrigentlohnte Arbeitsverhältnisse<br />

künftig massiv ausgeweitet (Lohndumping etc.)<br />

Durch die Legalisierung und damit Aufhebung der Sittenwidrigkeit<br />

des Berufs der Prostitution im Jahr 2002 gibt es<br />

derzeit keine gesetzliche Regelung, die arbeitslose Frauen<br />

und Männer davor schützt, ohne leistungsrechtliche Sanktionen<br />

zu solchen Tätigkeiten gegen ihren Willen vermittelt<br />

zu werden. Dabei geht es nicht nur um die Ausübung sexueller<br />

Dienstleistungen im engeren Sinne, sondern auch um<br />

Umfeld-Tätigkeiten, insofern z.B. Kellnerinnen in Striptease-<br />

Bars oder Bordellen vermittelt und dort gezwungen werden<br />

könnten, für sie nicht akzeptable Kleidung zu tragen.<br />

Für die bestehende Massenarbeitslosigkeit tragen nicht die<br />

Arbeitslosen die Verantwortung, sondern im Wesentlichen<br />

ein Unterangebot existenzsichernder Arbeitsplätze auf dem<br />

regulären Arbeitsmarkt.<br />

G 002 Änderungsantrag zum Antrag C 002:<br />

Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik<br />

Antragsteller/in: Elke Möller (ver.di) u.a.<br />

Beschluss: Annahme mit den Änderungen<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Einfügung im Absatz 1:<br />

"… und persönliche Stabilisierung zu ermöglichen. Für<br />

Arbeitslose, die aufgrund der Partnereinkommensanrechnung<br />

aus dem Leistungsbezug ausscheiden (Nicht-LeistungsempfängerInnen)<br />

sowie für Frauen, die aufgrund<br />

von vorheriger Kindererziehungs- und Pflegezeiten keinen<br />

Leistungsanspruch haben (Berufsrückkehrerinnen) ist<br />

der Zugang zur Vermittlung und Arbeitsförderung sicherzustellen,<br />

insbesondere durch Verfügbarkeit der dazu notwendigen<br />

Finanzmittel. Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung…"<br />

Einfügung im Absatz 4:<br />

"…geringfügige Beschäftigung. Die Verfügbarkeit darf bei<br />

Erziehung und Pflege nicht aufgehoben werden, der<br />

81


82<br />

Zugang zu Vermittlung und Arbeitsförderung ist auch für<br />

diese Personengruppe zu sichern."<br />

Begründung:<br />

Zu 1: Aus dem bisherigen Wortlaut lässt sich schließen,<br />

dass keine Unterschiede zwischen den EmpfängerInnen von<br />

ALG I und ALG II gemacht werden sollen. Es ist unklar, ob<br />

auch die durch Partnereinkommensanrechnung aus dem<br />

Leistungsbezug ausgeschiedenen Arbeitslosen und die<br />

Berufsrückkehrerinnen gemeint sind.<br />

Zu 4: Derzeit kann die Verfügbarkeit aberkannt werden,<br />

wenn Kinder und Pflegebedürftige nicht „versorgt“ sind.<br />

Das führt dazu, dass es im SGB II wieder einen Personenkreis<br />

gibt, der dem alten Status der Sozialhilfe gleichkommt:<br />

Die Personen erhalten Leistungen, ohne als arbeitslos<br />

zu gelten. Nicht Arbeitslose haben jedoch keinen Anspruch<br />

auf Vermittlung und Arbeitsförderung. Solange die<br />

Kinder- und Pflegebetreuung nicht sichergestellt werden<br />

kann, sind hiervon in erheblichem Umfang Frauen betroffen.<br />

C 003 Bedarfsgemeinschaft Hartz IV<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Baden-<br />

Württemberg<br />

Beschluss: Erledigt durch Annahme von Antrag<br />

C002<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

dass an den <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand der Auftrag erteilt wird,<br />

die Bundesregierung aufzufordern, die Regelungen des<br />

Sozialgesetzbuches II, Hartz IV-Gesetze, insbesondere in<br />

Bezug auf die Bedarfsgemeinschaften, zurückzunehmen.<br />

Begründung:<br />

Angesichts der Tatsache, dass Hartz IV Millionen in Armut<br />

stürzen wird, dass ein menschenunwürdiges Leben sowie<br />

Arbeit in Würde, wie es in unserer Verfassung verankert ist,<br />

nicht mehr möglich ist und zudem insbesondere Frauen<br />

benachteiligt und wieder Frauen in patriarchale Abhängigkeiten,<br />

insbesondere durch die Einführung der Bedarfsgemeinschaften<br />

zwingt, muss dieses Gesetz zurückgenommen<br />

werden.<br />

C 004 Gender Mainstreaming bei Hartz IV<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Baden-Württemberg<br />

Beschluss: Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand wird aufgefordert,<br />

eine Kommission zu gründen,<br />

die die Einhaltung des Prinzips Gender<br />

Mainstreaming im SGB II, in den Antragsformularen<br />

für Arbeitslosengeld II und den<br />

Bescheiden für Arbeitslosengeld II überprüft.<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

dass an den <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand der Auftrag erteilt wird,<br />

eine Kommission zu gründen, die auf Grundlage des Gender<br />

Mainstreaming im SGB II, den Antragsformularen auf<br />

Arbeitslosengeld II und den Bescheiden für Arbeitslosengeld<br />

II überprüft. Die Bundesregierung muss aufgefordert werden,<br />

umgehend dafür Sorge zu tragen, die bestehende Diskriminierung<br />

der Frauen im SGB II, den Antragsformularen<br />

und Bescheiden zum Arbeitslosengeld II zu beseitigen bzw.<br />

deren Beseitigung zu veranlassen. Sie hat für die Zukunft in<br />

weiteren Gesetzen und Gesetzesänderungen Diskriminierungen<br />

der Frauen auf jeden Fall zu unterlassen.<br />

Begründung:<br />

1. „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der<br />

Gleichstellung von Frauen und Männern und wirkt auf<br />

die Beseitigung bestehender Nachteile hin“ (GG § 3,2)<br />

2. „Gender Mainstreaming“ ist Kernaufgabe des <strong>DGB</strong> und<br />

seiner Mitgliedsgewerkschaften.<br />

3. „Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als<br />

durchgängiges Prinzip zu verfolgen“, SGB II Kapitel 1, §<br />

1, Absatz 1, Satz 3.<br />

3.1 Bereits im gleichen Abschnitt dieses Gesetzes unter Ziffer<br />

2 wird dieses Prinzip wieder verworfen und nur die<br />

„...Erwerbsfähigkeit des Hilfebedürftigen“ in Betracht<br />

gezogen. In jedem der nachfolgenden Kapitel dieses so<br />

genannten „Jahrhundertwerkes“ wird die weibliche<br />

Form missachtet und die Rede ist nur noch von dem<br />

erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, dem Antragsteller,<br />

dem Bezieher, dem Erben, dem Leistungsempfänger,<br />

den Vermietern und dem Bevollmächtigten einer<br />

Bedarfsgemeinschaft.<br />

3.2 Eines von den vielen diskriminierenden Beispielen im<br />

SGB II soll hier dargestellt werden:<br />

§ 10 – Zumutbarkeit – Absatz (1) Dem erwerbsfähigen


Hilfebedürftigen ist jede Arbeit zumutbar, es sei denn,<br />

dass 1. er zu der bestimmten Arbeit ... 2. die Ausübung<br />

der Arbeit ihm die künftige Ausübung seiner bisherigen<br />

überwiegenden Arbeit wesentlich erschweren würde... ,<br />

3. die Ausübung der Arbeit die Erziehung seines Kindes<br />

oder des Kindes seines Partners gefährden würde, ... 4.<br />

die Ausübung der Arbeit mit der Pflege eines Angehörigen<br />

nicht vereinbar wäre ... Der Absatz (2) setzt den<br />

diskriminierenden Sprachgebrauch fort.<br />

3.3 Anzuführen ist noch § 12 – zu berücksichtigendes Vermögen<br />

–, das in diesem Fall rein männlich zugeordnet<br />

ist – ... soweit der Inhaber das Altersvorsorgevermögen<br />

..., ... geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen,<br />

soweit der Inhaber sie vor ..., des erwerbsfähigen<br />

Hilfebedürftigen und seines Partners ..., wenn der<br />

erwerbsfähige Hilfebedürftige oder sein Partner von der<br />

Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

befreit ist. Hier ist zudem nur die rein männliche<br />

gleichgeschlechtliche Partnerschaft akzeptiert.<br />

Die diskriminierenden Formulierungen des Gesetzestextes<br />

werden in dem meist 20-seitigen Antragsformular für<br />

das Arbeitslosengeld II einschließlich seiner Zusatzblätter<br />

und zusätzlichen Zusatzblätter fortgeführt. Dem<br />

nicht genug wird in den Bescheiden für das Arbeitslosengeld<br />

II die Missachtung der Frauen in rein männlichen<br />

Formulierungen wie „der Empfänger“ und „der<br />

Antragsteller“ usw. fortgesetzt.<br />

<strong>Sachgebiet</strong> D: Arbeitzeit /<br />

Arbeitsbedingungen<br />

D 001 Arbeitszeit<br />

Antragsteller/in: IG Metall-Frauenausschuss beim Vorstand<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordert den <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand<br />

auf, eine breite gesellschaftliche Diskussion um<br />

die zukünftige Arbeitszeitgestaltung zur <strong>Sicherung</strong> und<br />

Schaffung von Arbeitsplätzen in Deutschland zu initiieren.<br />

Im Rahmen dieser Kampagne ist es Aufgabe des <strong>DGB</strong>-Bundesvorstandes,<br />

die Interessen der Mitgliedsgewerkschaften<br />

zu koordinieren und zu bündeln. Es gilt, die bereits vorhandenen<br />

alternativen Vorstellungen und Vorschläge zu einer<br />

differenzierten Arbeitszeitpolitik, wie z. B. Arbeitszeitverkür-<br />

zung, systematisch zu erfassen und überzeugende kollektive<br />

Lösungsstrategien zu entwickeln.<br />

Begründung:<br />

Bei fehlenden Arbeitsplätzen von 7 Millionen ist es dringender<br />

denn je, dass sich Gewerkschaften wieder wahrnehmbar<br />

und gestaltend in die Diskussion von Lösungsstrategien<br />

einmischen.<br />

Gewerkschaften haben mit Arbeitszeitpolitik immer den<br />

Anspruch verbunden, Arbeit umzuverteilen. In einer anderen<br />

Verteilung von Arbeitszeit wurde ein wichtiges Mittel gesehen,<br />

Erwerbslosigkeit zu verhindern oder zumindest abzubauen.<br />

Viele engagierte Kolleginnen und Kollegen haben für<br />

die Verkürzung der Arbeitszeiten hart gekämpft. Mit der<br />

Verkürzung der Arbeitzeiten wurden flexiblere betriebliche<br />

Arbeitszeitmodelle eingeführt. Parallel dazu haben sich<br />

infolge von Individualisierungsprozessen, des Wandels von<br />

Familien- und Lebensformen und veränderter kultureller<br />

Geschlechtsrollenbilder die Arbeitszeit und Arbeitszeitpräferenzen<br />

der Beschäftigten ausdifferenziert.<br />

In der gegenwärtigen Diskussion um Arbeitszeiten geht es<br />

jedoch ausschließlich um Wirtschaftswachstum, verbesserte<br />

Investitions-, Gewinn- und Ertragsbedingungen für Unternehmen<br />

sowie eine neoliberale Angebotsstrategie des<br />

erhöhten Drucks auf Erwerbslose (durch den Abbau von<br />

Lohnersatzleistungen). Arbeitszeitverlängerung scheint in<br />

der Öffentlichkeit gegenwärtig der einzig mögliche Weg.<br />

In dieser Schlussfolgerung wird schlicht außer Acht gelassen,<br />

dass Regelungen zur Arbeitszeit nicht nur Betriebskosten<br />

beeinflussen, sondern dass sie Auswirkungen auf das<br />

gesamte gesellschaftliche Zusammenleben haben.<br />

Denn Arbeitszeit ist Lebenszeit, und Lebenszeit bedeutet<br />

nicht nur Ökonomie. Es ist die Zeit, in der die Menschen ihr<br />

Leben eigenverantwortlich und solidarisch gestalten können<br />

sollten. Frauen und Männer, Mütter und Väter, Ältere und<br />

Jüngere, Kinder und Erwachsene. Es kann keine Perspektive<br />

sein, dass einige Menschen möglichst ununterbrochen rund<br />

um die Uhr erwerbstätig sind, während andere keine<br />

Erwerbsarbeit finden und ihr Leben von Sozialhilfe bestreiten<br />

müssen. Ebenso wenig kann es unsere Perspektive sein,<br />

dass Vater wieder ausschließlich Geld verdient, während<br />

Mutter sich um Küche und Kinder kümmert. „Samstags<br />

gehört Vati mir“ hieß es in einem Slogan 1956, der nach<br />

einem Spiegelartikel nur noch für die Geschichtsbücher<br />

taugt. Es gerät aus dem Blick, dass zu einer „gerechten“<br />

zukunftsfähigen Gesellschaft eine andere Verteilung von<br />

Erwerbsarbeit und nicht bezahlter Arbeit gehört, dass sich<br />

die tatsächlichen Arbeitszeiten von Frauen und Männern in<br />

beiden Bereichen einander annähern müssen.<br />

83


84<br />

Arbeitszeiten und das damit verbundene Einkommen prägen<br />

den sozialen Status eines Menschen in unserer Gesellschaft.<br />

Das ist einer der Gründe, warum junge hoch qualifizierte<br />

Frauen auf Kinder verzichten. Gesellschaftlich höchst<br />

fatal.<br />

Nur selten berücksichtigen Arbeitszeitmodelle die Anforderungen<br />

von Müttern und Vätern. Studien zur Arbeitszeitpolitik<br />

belegen, dass sich Beschäftigte eine Arbeitszeit wünschen,<br />

die zwar flexibel ist, aber auch beeinflussbar, gestaltbar<br />

und individuell planbar. Die Unternehmen dagegen wollen<br />

flexible Arbeitszeiten, um Schwankungen der Auftragslage<br />

aufzufangen und Neueinstellungen zu vermeiden.<br />

In der Konsequenz heißt das: Die Beschäftigungsquote von<br />

Frauen nach der Geburt von Kindern sinkt dramatisch.<br />

Mit einer generellen Verlängerung der Arbeitszeit würden<br />

insbesondere Mütter vermehrt aus der Erwerbsarbeit herausgedrängt<br />

oder auf Teilzeitarbeitsverhältnisse verwiesen.<br />

In den sog. niedrig qualifizierten und natürlich auch gering<br />

bezahlten Bereichen soll möglichst kurz, in den höher qualifizierten<br />

Bereichen jedoch erheblich länger gearbeitet werden.<br />

Da allerdings die Mehrheit der erwerbstätigen Frauen<br />

in sog. niedrig qualifizierten und gering bezahlten Bereichen<br />

zu finden sind, wird auch auf diesem Wege eine<br />

gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen am<br />

Erwerbsleben verhindert.<br />

Für die Männer bedeuten längere Arbeitszeiten, dass sie<br />

sich wieder aus der Familien- und Hausarbeit zurückziehen<br />

können oder müssen. Soll es in dieser Welt allerdings<br />

gerecht zugehen, müssen u.a. auch die Arbeitszeiten in<br />

Beruf und Privatsphäre zwischen Männern und Frauen<br />

gerecht geteilt werden.<br />

Eine veränderte Sichtweise auf Arbeitszeitpolitik bedeutet<br />

neben der Schaffung und <strong>Sicherung</strong> von Arbeitsplätzen<br />

ebenso die bewusste Gestaltung solcher im Sinne existenzsichernder,<br />

sozial abgesicherter qualifizierter Beschäftigungsmöglichkeiten<br />

für beide Geschlechter. Die Etablierung<br />

eines Niedriglohnsektors durch vermehrte Mini-Jobs widerspricht<br />

einer solchen qualitäts- und gleichstellungsorientierten<br />

Arbeitszeitpolitik völlig.<br />

D 002 Arbeitszeit<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss West<br />

Beschluss: Annahme als Material zu Antrag<br />

D 001<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die Delegierten der 16. ordentlichen Bundesfrauenkonferenz<br />

fordern den <strong>DGB</strong> auf, eine mittel- und langfristige<br />

Kampagne zu starten, die darauf zielt, die Zeitinteressen<br />

der Beschäftigten öffentlich wahrnehmbar zu machen und<br />

die Beschäftigten zu ermutigen, Zeitinteressen im Arbeitsleben<br />

offensiv einzufordern.<br />

Im Mittelpunkt dieser Kampagne sollen stehen:<br />

❚ das Recht auf existenzsichernde Arbeit für alle,<br />

❚ eine gerechtere Verteilung der Arbeit, z.B. durch allgemeine<br />

Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich,<br />

Begrenzung der Lebensarbeitszeit und Entwicklung<br />

arbeitnehmerInnenorientierter Arbeitszeitmodelle ( z.B.<br />

Sabbatzeiten).<br />

Die aktuell dominierenden, vor allem mit wirtschaftspolitischen<br />

Argumenten vertretenen Arbeitgeberinteressen sollen<br />

in der gesellschaftlichen Debatte um Arbeitszeit zurückgedrängt<br />

werden, damit Arbeitszeit über tarifliche Auseinandersetzungen<br />

wieder erfolgreich im Interesse der Beschäftigten<br />

gestaltet werden kann.<br />

Zeit ist Leben<br />

❚ Arbeitszeitverlängerung erschwert für die Mehrheit der<br />

Beschäftigten die Balance zwischen Leben und Arbeit.<br />

❚ Arbeitszeitverlängerung erhöht die Zeitnot, insbesondere<br />

der Beschäftigten, deren „Freizeit“ durch Kindererziehung,<br />

Pflege und andere soziale Arbeit aufgefressen<br />

wird.<br />

❚ Lange Arbeitszeiten, fehlende Pausen bzw. Verfügungszeiten<br />

und hoher Zeitdruck im Arbeitsleben sind gesundheitsschädlich,<br />

teuer für die Sozialversicherungskassen<br />

und unproduktiv für die Wirtschaft.<br />

❚ Individuelle Arbeitszeitverkürzung (Teilzeit) ist in allen<br />

Funktionen möglich – für Frauen und Männer.<br />

❚ Arbeitszeiten, die nach Lage und Dauer gesundheitsschädlich<br />

oder aus anderen Gründen belastend sind, sind<br />

nicht selbstverständlich und müssen ausgeglichen werden.<br />

❚ Die Gestaltung der Arbeitszeit muss demokratisches<br />

Engagement und die Teilhabe am gesellschaftlichen und<br />

kulturellen Leben ermöglichen.


Zeit ist Geld<br />

❚ Arbeitszeit muss ordnungsgemäß erfasst und adäquat<br />

bezahlt werden.<br />

❚ Wer verkürzt arbeitet, hat gleiche Rechte und darf nicht<br />

benachteiligt werden.<br />

❚ Arbeitszeitverlängerung senkt die Karrierechancen und<br />

damit auch die Verdienstmöglichkeiten von Frauen und<br />

Männern, die aufgrund sozialer und familiärer Arbeit<br />

nicht in der Lage sind, ihre Erwerbszeiten im Interesse<br />

von Unternehmen beliebig zu erhöhen oder zu verlegen.<br />

❚ Arbeitszeitverlängerung für gleichen Lohn bedeutet<br />

Lohnsenkung und Arbeitsplatzvernichtung.<br />

❚ Weiterbildung und Qualifizierung sollen während der<br />

Arbeitszeit stattfinden.<br />

Zeit ist Macht<br />

❚ ArbeitnehmerInnen wollen/brauchen mehr Einfluss auf<br />

die Gestaltung ihrer individuellen Arbeitszeit.<br />

❚ Arbeitszeitkonten sind kein Freibrief für Unternehmer:<br />

Beschäftigte wollen und brauchen gesicherte Entnahmerechte<br />

für Arbeitszeitkonten.<br />

❚ Unrealistische, nicht selbst zu steuernde Zielvereinbarungen<br />

und Zielvorgaben sind das Gegenteil von Zeitsouveränität.<br />

Begründung:<br />

Viele Kolleginnen und Kollegen trauen sich im momentanen<br />

gesellschaftlichen Klima nicht, ihre legitimen Bedürfnisse<br />

nach kürzeren Arbeitszeiten gegenüber ihrem Arbeitgeber<br />

einzufordern oder nehmen stillschweigend Benachteiligungen<br />

hin, wenn sie dies tun.<br />

Deshalb brauchen wir eine neue Arbeitszeitinitiative, die<br />

nicht nur wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch für Arbeitszeitverkürzung<br />

argumentiert, sondern mehr als bisher die<br />

verschiedenen Wünsche und Bedürfnisse der Beschäftigten<br />

artikuliert und zum gesellschaftlich wahrnehmbaren und<br />

relevanten Thema macht und damit auch die Einzelnen<br />

ermutigt, für diese Interessen im Betrieb einzustehen.<br />

In den Unternehmen und Verwaltungen werden Betriebsund<br />

Personalräte täglich mit neuen Formen der Arbeitszeitgestaltung,<br />

mit Zeitkonten- oder Vertrauensarbeitszeit-<br />

Modellen, mit Fragen von Projektarbeit und Zielvereinbarungen<br />

und nicht zuletzt mit realen – verdeckten oder offenen<br />

– Arbeitszeitverlängerungen konfrontiert.<br />

Seit einiger Zeit setzen sich Arbeitgeberverbände und Politiker<br />

auch öffentlich immer massiver für Arbeitszeitverlängerung<br />

ein.<br />

Im Leben der Beschäftigten sind die privaten Zeitbedürfnisse<br />

und -erfordernisse widersprüchlichen Tendenzen ausgesetzt:<br />

Einerseits wird die reale Arbeitszeit immer länger. Die Kluft<br />

zwischen tariflichen und tatsächlichen Arbeitszeiten wird<br />

immer größer. Die Überstunden nehmen zu und haben sich<br />

im Dienstleistungsbereich in den letzten zehn Jahren gar<br />

verdoppelt.<br />

Das Phänomen Arbeitssucht ist längst nicht mehr nur auf<br />

Hochqualifizierte begrenzt.<br />

Andererseits wachsen die Bedürfnisse nach kürzeren<br />

Arbeitszeiten, nach einer ausgeglichenen „Work-Life-Balance“,<br />

nach geschlechtergerechten Chancen für die Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf. Teilzeit ist da oft ein pragmatischer<br />

individueller Ausweg aus dem Vereinbarkeitsdilemma,<br />

ein Weg, der nach wie vor fast ausschließlich für Frauen<br />

gilt.<br />

Diese Entwicklung führt zunehmend zur Spaltung zwischen<br />

lange arbeitenden, gutverdienenden Männern mit sicheren<br />

Arbeitsplätzen und beruflich marginalisierten Frauen mit<br />

kürzeren Arbeitszeiten, geringerem Einkommen in prekären<br />

Beschäftigungsverhältnissen. Die länger werdenden Arbeitszeiten<br />

der Männer rechtfertigen dann obendrein noch, dass<br />

die ganze Bürde der Familienarbeit wieder den Frauen<br />

obliegt.<br />

Die offiziell häufig geforderte 40-Stunden-Woche ist längst<br />

Realität: Während die tarifliche Arbeitszeit in Deutschland<br />

bei durchschnittlich 37,7 Stunden liegt, beträgt die tatsächliche<br />

durchschnittliche Arbeitszeit längst 40 Stunden<br />

(2002), ein guter Mittelwert in der (alten) europäischen<br />

Union. Je nach Branche werden die 40 Stunden allerdings<br />

erheblich überschritten.<br />

Die Arbeitszeitflexibilisierung, die mittlerweile für die Hälfte<br />

der ArbeitnehmerInnen in Deutschland gilt, führt zum Beispiel<br />

dazu, dass in Zeiten betrieblicher Auslastungsstärken<br />

wesentlich längere Arbeitszeiten gelten. Und die vertraglich<br />

vorgesehenen Ausgleichszeiträume werden nur von 14 %<br />

der Betriebe eingehalten. Jede Woche leistet jeder Arbeitnehmer<br />

und jede Arbeitnehmerin im Durchschnitt eine<br />

Stunde Mehrarbeit ohne Freizeitausgleich oder Bezahlung.<br />

Durchschnittlich verfallen pro Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin<br />

außerdem 2,2 Urlaubstage pro Jahr.<br />

Gleichzeitig steigt die durchschnittliche Arbeitszeitdifferenz<br />

zwischen Frauen und Männern: von 6,4 Stunden in 1985<br />

auf 9,6 Stunden in 2001. Im Durchschnitt arbeiten Männer<br />

also immer länger und Frauen immer kürzer.<br />

Der Anteil der Teilzeitbeschäftigung am Gesamtarbeitsvolumen<br />

wuchs zwischen 1991 und 2000 in Westdeutschland<br />

von 9,2 auf 13, 2 %, in Ostdeutschland von 5,3 auf 10,3<br />

%.<br />

Im Dienstleistungssektor (West) beträgt der Anteil der Teilzeitarbeit<br />

am Gesamtarbeitsvolumen bereits 30,1 % (Ost:<br />

85


86<br />

21,4 %). In Ost und West ist Teilzeitarbeit hauptsächlich<br />

Frauensache: Nur 5 % der Männer arbeiten Teilzeit, aber<br />

45% der erwerbstätigen Frauen im Westen und 26 % der<br />

Frauen im Osten.<br />

Auch der Anteil der geringfügig Beschäftigten hat zugenommen:<br />

Immerhin arbeiten mittlerweile 31,7 % aller teilzeitbeschäftigten<br />

Frauen im Westen als geringfügig<br />

Beschäftigte, im Osten sind es 20,7 %. Wichtiges Motiv im<br />

Westen ist die Familienarbeit, im Osten hauptsächlich der<br />

Mangel alternativer Angebote.<br />

Viele Studien zeigen: Die tatsächlichen Arbeitszeiten entsprechen<br />

in der Regel nicht den Wünschen der Beschäftigten.<br />

Personen mit langen Arbeitszeiten wollen eher reduzieren,<br />

Teilzeitbeschäftigte wollen ihre Stundenzahl eher aufstocken.<br />

Zunehmend klagen Beschäftigte über Zeitdruck und Stress<br />

in der Arbeit. Gesundheitliche Folgen sind abzusehen und<br />

werden die Sozialversicherungssysteme zusätzlich belasten.<br />

Die alltäglichen Erfahrungen der Beschäftigten bieten also<br />

eine ganze Reihe von konkreten Anknüpfungspunkten für<br />

eine offensive Arbeitszeitdebatte – jenseits wirtschaftspolitischer<br />

Schaufensterkämpfe, die für die Betroffenen oft nur<br />

begrenzt nachvollziehbar sind.<br />

D 003 Gesundheitsschutz und Arbeitszeit<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Baden-<br />

Württemberg<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

dass die Mitgliedsgewerkschaften aufgefordert werden, das<br />

Thema Gesundheitsschutz bei ihren Arbeitszeitdebatten und<br />

-beschlüssen zu berücksichtigen.<br />

Begründung:<br />

Folgende Lösungsansätze für gesundheitsfördernde Arbeitszeiten<br />

sind aus Sicht des Arbeits- und Gesundheitsschutzes<br />

dringend notwendig:<br />

Debatte über gesundheits-, alters- und familiengerechte<br />

sowie lebenssituative Arbeitszeiten.<br />

Reduzierung der tatsächlichen Arbeitszeiten auf die tarifliche<br />

Arbeitszeit mit der 30-Stunden-Woche als Ziel.<br />

Weitere Arbeitszeitverkürzung für besonders belastete<br />

Beschäftigtengruppen.<br />

Tarifliche Zeitkontenregulierung:<br />

Regulierung der Höchstarbeitszeit zum Schutz vor Überfor-<br />

derung: regelmäßige tägliche und wöchentliche Höchstarbeitszeit<br />

8 bzw. 40 Stunden.<br />

Planbarkeit durch angemessene Ankündigungsfristen für<br />

Arbeitszeitschwankungen sicherstellen und individuelle Verfügungsrechte<br />

regeln.<br />

Belastungsnahe Zeitausgleiche ermöglichen.<br />

Entdichtung der Arbeit durch tarifliche und betriebliche Leistungsregulierung.<br />

Schicht- und Wochenendarbeit eindämmen.<br />

Humanere Schichtplangestaltung.<br />

Keine Dauernachtschichten, sondern kurze Nachtschichtblöcke.<br />

Kurze rollierende Schichtrhythmen.<br />

Darüber hinaus ist eine breite gesellschaftliche Debatte<br />

über Arbeits- und Lebensarbeitszeit unter Berücksichtigung<br />

der Fragestellung:<br />

❚ wer definiert die Anforderungen des Marktes,<br />

❚ wer die Leistungsfähigkeit und die Zeitbedürfnisse der<br />

Menschen<br />

dringend erforderlich.<br />

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Gesundheit auch<br />

durch die Arbeitszeit beeinflusst wird. Dabei spielen Dauer<br />

der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit, die Lage und<br />

Verteilung der Arbeitszeit, die Arbeitszeitflexibilisierung und<br />

die Arbeitsintensität eine Rolle.<br />

Die zunehmende Rückkehr zur 40-Stunden-Woche und die<br />

Einführung von Flexi- und Langzeitkonten haben dazu<br />

geführt, dass in vielen Bereichen die tägliche sowie die<br />

wöchentliche Arbeitszeit über die tarifvertraglich vereinbarte<br />

hinaus verlängert wurde. Dies ist nicht nur ein arbeitszeitpolitisches<br />

Problem, sondern auch ein Problem der Leistungsbedingungen<br />

bzw. des Leistungsdrucks. Für viele<br />

Beschäftigte gilt: Je stärker der Leistungsdruck, desto länger<br />

die Arbeitszeit. Dies lässt sich durch Arbeitszeit-Studien<br />

belegen.<br />

Durch die Verlängerung der Arbeitszeit steigt auch die Belastung<br />

des/der Einzelnen. Eine Erholungsphase im Laufe<br />

eines 24-Stunden-Rhythmus ist von zentraler Bedeutung,<br />

um krankmachende Faktoren einer langen Arbeitszeit abzuwenden.<br />

Bei berufstätigen Frauen, vor allem mit Kindern, ist<br />

an eine Erholungsphase im 24-Stunden-Rhythmus häufig<br />

nicht zu denken. Regeneration kann – wenn überhaupt –<br />

nur am Wochenende erreicht werden.<br />

Die meisten gesundheitlichen Beschwerden von Beschäftigten<br />

nehmen bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 45 und<br />

mehr Stunden im Verhältnis zu denen, die nur 35 bis 40<br />

Stunden arbeiten, um einige Prozentpunkte zu. Am häufig-


sten sind Beschwerden des Rückens, danach folgen Nervosität<br />

und Kopfschmerzen. Aufgrund dieser Untersuchungen<br />

empfehlen ArbeitswissenschaftlerInnen, dass die regelmäßige<br />

Arbeitszeit 8 Stunden täglich nicht überschreiten sollte.<br />

Ab einem Lebensalter von ca. 50 Jahren sind 8 Stunden<br />

täglich eigentlich für alle zuviel. Denn mit zunehmendem<br />

Alter steigt der Bedarf an kürzerer Arbeitszeit.<br />

In Mittel- und Großbetrieben nimmt der Anteil an Samstags-<br />

und Sonntagsarbeit drastisch zu. Schichtarbeit ist in<br />

allen Großbetrieben weit verbreitet. Zusätzliche Schichtmodelle,<br />

wie Dauernachtschicht und Wochenendschicht, haben<br />

in den letzten Jahren zugenommen.<br />

Dadurch nehmen aber auch die gesundheitlichen<br />

Beschwerden zu. Auffällig erhöht ist der Anteil von Nervosität,<br />

Schlafstörungen, psychischer Erschöpfung und Rückenschmerzen.<br />

Das Wochenende ist zur Regeneration und zur<br />

Stressbewältigung durch die Pflege sozialer Kontakte wichtig.<br />

Schicht- und Nachtarbeit können zu schweren gesundheitlichen<br />

Beeinträchtigungen führen. Sie haben negative Auswirkungen<br />

auf die Schlafdauer und -qualität. Damit wird<br />

die Erholungsfähigkeit des Menschen stark eingeschränkt.<br />

Die zur Stressbewältigung benötigte sozial wertvolle Zeit ist<br />

bei Nacht- und Schicht-Beschäftigten verkürzt, insbesondere<br />

dann, wenn auch noch am Wochenende gearbeitet wird.<br />

Die Fehl- und Überbeanspruchung des Organismus in<br />

Nachtarbeit versetzt die Betroffenen in einen sich selbst<br />

verstärkenden Teufelskreis von Überanstrengung und chronischer<br />

Ermüdung, der sich in Beeinträchtigungen und Störungen<br />

von Gesundheit und Leistungsvermögen niederschlägt.<br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Folge der Überforderung<br />

und nervöse Störungen (z.B. Reizbarkeit, Abgeschlagenheit)<br />

als Resultat ständiger Müdigkeit sind daher typische<br />

Krankheiten bei Nacht- und SchichtarbeiterInnen.<br />

Ergebnisse einer dänischen Untersuchung haben ergeben,<br />

dass bereits nach 6 Monaten Nachtarbeit bei Frauen das<br />

Brustkrebsrisiko um 50 Prozent steigt.<br />

Bei Nachtarbeit ist die Widerstandsfähigkeit des Organismus<br />

gegenüber weiteren Arbeitsbelastungen herabgesetzt,<br />

z.B. gegenüber Lärm, Gefahrstoffen (Grenzwerte richten<br />

sich nach max. 8-stündiger Arbeit am Tag), Klimaeinflüssen,<br />

Stress- und Arbeitsintensität.<br />

In der Nachtschicht sind die Unfallquoten doppelt so hoch.<br />

D 004 Verschlechterung des Ladenschlussgesetzes<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Hessen-<br />

Thüringen<br />

Beschluss: Annahme als Material an den <strong>DGB</strong>-<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong> sieht als einen der Hauptschwerpunkte der<br />

gewerkschaftspolitischen Arbeit den Kampf gegen eine<br />

noch weitere Verschlechterung des Ladenschlussgesetzes in<br />

seiner jetzt gültigen Fassung. Es dürfen nur solche Vorschläge<br />

zu Veränderungen unterstützt werden, die eine<br />

weitere Flexibilisierung der Öffnungszeiten einschränken.<br />

Der Schutzcharakter dieses Gesetzes muss erhalten und<br />

wieder ausgedehnt werden. Das Ladenschlussgesetz muss<br />

unter der Maßgabe des Erhaltes von Frauenarbeitsplätzen<br />

und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gestaltet werden.<br />

Wir Delegierte fordern:<br />

1. die betriebliche Mobilisierung zum Erhalt des Ladenschlussgesetzes<br />

voranzutreiben,<br />

2. eine offene Auseinandersetzung mit Ladenschlussgegnern<br />

im Arbeitgeberlager,<br />

3. Formulierung von Anforderungen an die Politik, das<br />

Ladenschlussgesetz zu erhalten,<br />

4. die Bundesregierung aufzufordern, die Kompetenz zur<br />

Gesetzgebung nicht den Ländern zu übertragen,<br />

5 die Debatte über Arbeitszeitflexibilisierung intensiver zu<br />

führen und dabei in den Mittelpunkt die Interessen der<br />

Menschen, der ArbeitnehmerInnen und deren Familien<br />

zu stellen.<br />

Begründung:<br />

Die Änderung des Gesetzes in den Jahren 1996 und 2002<br />

hat nicht zur Anhebung der Beschäftigungsquote im Einzelhandel<br />

beigetragen. Ganz im Gegenteil sehen wir derzeit<br />

eine Entwicklung, die für Beschäftigte in dieser Branche<br />

ständig nachteiliger wird:<br />

Seit 1996 sind 215.000 Stellen im Einzelhandel abgebaut<br />

worden. Die Einzelhandelsumsätze stiegen seit dieser Zeit<br />

um 18,49 Mrd. Euro. Besonders dramatisch zeigt sich der<br />

Stellenabbau bei den Vollzeitbeschäftigten um ca. 200.000<br />

Stellen, aber auch im Teilzeitbereich wurden ca. 30.000<br />

Stellen abgebaut.<br />

Aber auch in den Betrieben zeigt sich die Deregulierung<br />

der Arbeitszeiten. So werden zunehmend MitarbeiterInnen<br />

87


88<br />

in hochflexiblen Teilzeit- oder prekären Beschäftigungsverhältnissen<br />

beschäftigt.<br />

Die Freizeitphasen werden durch ständige „Arbeitsbereitschaft“<br />

mehr und mehr eingeschränkt und für die meisten<br />

Kolleginnen und Kollegen im Einzelhandel wird Familienleben,<br />

ehrenamtliche Tätigkeit oder die Ausführung eines<br />

Hobbys unmöglich gemacht.<br />

Dies alles passiert in einem Bereich, wo Einkommen am<br />

unteren Durchschnitt liegen und der größte Teil der Beschäftigten<br />

Frauen sind.<br />

D 005 Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen<br />

von Frauen durch Änderungen<br />

des Arbeitsrechts verhindern<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschuss<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong> möge sich dafür einsetzen:<br />

Der bestehende Schutz vor Kündigungen und Kettenarbeitsverträgen<br />

sowie der Anspruch auf Teilzeitarbeit darf nicht<br />

verschlechtert werden. Eingriffe in die Tarifautonomie durch<br />

gesetzliche Öffnungsklauseln, die untertarifliche Bedingungen<br />

durch Betriebsvereinbarung oder Einzelverträge zulassen,<br />

darf es nicht geben.<br />

Frauen wären von all diesen Maßnahmen noch stärker betroffen<br />

als Männer.<br />

Begründung:<br />

Benachteiligungen von Frauen in der Arbeitswelt sind Tatsachen.<br />

Frauen werden beim Zugang zur Beschäftigung<br />

benachteiligt, ihre Vergütung ist im Durchschnitt deutlich<br />

niedriger als die Vergütung von Männern, ihnen obliegt es,<br />

Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, oftmals auf<br />

Kosten des beruflichen Weiterkommens.<br />

Mit den Vorschlägen von CDU/CSU und FDP u.a. in ihren<br />

Programmen, das Arbeitsrecht weiter „zu reformieren“,<br />

werden sich die Arbeitsbedingungen vor allem auch von<br />

Frauen drastisch verschlechtern. Frauen werden gezwungen<br />

sein, mit weniger Sicherheit, schlechter bezahlt und mit<br />

geringeren Möglichkeiten, Familienarbeit und Erwerbsarbeit<br />

zu verbinden, auszukommen. Deshalb ist diesen Vorschlägen<br />

eine klare Absage zu erteilen.<br />

1. Kein verringerter Schutz vor Kündigungen<br />

Keiner der diskutierten Vorschläge, die zur Änderung des<br />

Kündigungsschutzes gemacht werden, wird eine positive<br />

Auswirkung auf den Arbeitsmarkt haben. Empirisch nachgewiesen<br />

ist, dass die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen<br />

von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und<br />

nicht vom Kündigungsschutz abhängt.<br />

Tatsächlich wird sich durch die Änderungen des Kündigungsschutzes<br />

die Situation für Frauen am Arbeitsmarkt<br />

deutlich verschlechtern. Eine Heraufsetzung der Schwelle,<br />

ab der der Kündigungsschutz gilt, auf 20 oder gar 50 Arbeitnehmer<br />

wird dazu führen, dass 90 % der Betriebe in<br />

Deutschland nicht mehr vom Kündigungsschutz erfasst werden.<br />

Vor allem im Dienstleistungsbereich, wo Frauen häufig<br />

in Betrieben dieser Größenklassen arbeiten, werden damit<br />

überproportional viele weibliche Beschäftigte in diesen<br />

Betrieben aus dem Kündigungsschutz herausfallen.<br />

Noch verheerender wird sich die Regelung auswirken, dass<br />

der Kündigungsschutz erst nach zwei Jahren (bzw. nach<br />

fünf, wenn es nach der FDP geht) Beschäftigungszeit gelten<br />

soll. Frauen sind schon bisher bei befristeter Beschäftigung<br />

überproportional vertreten. Wird nun nicht einmal mehr<br />

ordnungsgemäß die Befristung eines Arbeitsverhältnisses<br />

nötig sein, sondern wird die Probezeit einfach auf zwei<br />

Jahre ausgedehnt, dann ist die Perspektive „Lebensplanung“<br />

kaum noch vorhanden. Letztlich wird es dadurch<br />

gerade für Frauen immer schwerer, wenn sie berufstätig<br />

sein wollen, auch gleichzeitig den Kinderwunsch zu realisieren.<br />

Denn ohne die Perspektive, auch nach Schwangerschaft<br />

und Elternzeit wieder in ein gesichertes Arbeitsverhältnis<br />

zurückkehren zu können, ist die Entscheidung für eine<br />

Familie kaum zu treffen.<br />

Ebenso wird die Tatsache, dass der Kündigungsschutz durch<br />

eine Abfindungsregelung abgekauft werden kann, sich für<br />

Frauen besonders nachteilig auswirken. Besonders jüngere<br />

Frauen werden bei Einstellungen häufig als „Risikogruppe“<br />

angesehen.<br />

Wäre es möglich, den Kündigungsschutz bei Abschluss des<br />

Arbeitsvertrages gegen eine Abfindung abkaufen zu können,<br />

werden solche Vereinbarungen sicherlich vor allem mit<br />

jungen Frauen geschlossen werden. Heirat und Schwangerschaft,<br />

der Wunsch nach Teilzeit, Notwendigkeit der Betreuung<br />

eines erkrankten Kindes, all dies kann den Arbeitgeber<br />

dann dazu veranlassen, eine Kündigung auszusprechen,<br />

wenn er sich ausrechnet, dass dies für ihn finanziell, trotz<br />

der Zahlung der Abfindung, günstiger ist, als die Schutzrechte<br />

der Arbeitnehmerinnen zu wahren.<br />

Damit werden diese Schutzrechte ausgehöhlt, denn sie sind<br />

mit dem Kündigungsschutz untrennbar verbunden. Kündigungsschutz<br />

muss deshalb gestärkt und nicht geschwächt<br />

werden.


2. Keine Verschlechterung beim Teilzeitanspruch<br />

Der seit 2001 geltende Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung<br />

hat sich für Frauen und Männer positiv ausgewirkt. Eltern<br />

können auch nach der Elternzeit Teilzeit arbeiten. Männer<br />

haben den Teilzeitanspruch stärker genutzt. Dagegen ist es<br />

weder zu den prognostizierten Klagefluten gekommen noch<br />

hat die Umsetzung des Teilzeitanspruches zu betrieblichen<br />

Belastungen geführt.<br />

Tatsächlich hat sich die Teilzeitquote deutlich erhöht. Dazu<br />

hat auch der Teilzeitanspruch für den Einzelnen beigetragen<br />

und die Entscheidungsmöglichkeiten in bestehenden<br />

Arbeitsverträgen erweitert. Dabei soll es bleiben. Heute<br />

kann von Arbeitnehmerinnen zur besseren Vereinbarkeit<br />

von Familie und Beruf, zur Qualifizierung oder auch zur<br />

altersgerechten Arbeitsplatzgestaltung der Teilzeitanspruch<br />

genutzt werden – ohne Angabe eines Grundes.<br />

Beschränkt man, wie es die CDU/CSU vorschlagen hat, den<br />

Teilzeitanspruch auf die Versorgung von Kindern und Familienangehörigen,<br />

wird damit ein positives Potenzial für die<br />

Entscheidungsfreiheit beseitigt.<br />

Darüber hinaus wird sich dadurch der begonnene Trend der<br />

Erhöhung der Teilzeitquote auch bei Männern, der sich indirekt<br />

auf die Beschäftigungssituation der Frauen positiv auswirkt,<br />

ins Gegenteil verkehren, denn noch immer sind die<br />

Betreuungspflichten in der Familie in erster Linie Aufgabe<br />

der Frauen.<br />

Um Teilzeit attraktiver zu gestalten und damit auch Teilzeit<br />

von Männern zu fördern, wäre es vielmehr richtig, die Rahmenbedingungen<br />

der Teilzeitarbeit etwa durch die Möglichkeit<br />

einer befristeten Teilzeitbeschäftigung sowie einen<br />

Rückkehranspruch auf Vollzeit oder längere Teilzeit zu verbessern.<br />

3. Befristungsregelungen nicht aufweichen<br />

Frauen werden bereits jetzt überproportional befristet beschäftigt.<br />

Immerhin konnte verhindert werden, dass nach<br />

Inkrafttreten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes weiterhin<br />

Kettenarbeitsverträge durch das Aneinanderreihen von<br />

sachgrundlos befristeten Arbeitsverträgen mit kurzen Unterbrechungen<br />

möglich sind. Dieses Verbot soll nun aufgehoben<br />

und zur alten Rechtslage zurückgekehrt werden. Dies<br />

wird zur Folge haben, dass für viele Frauen der Weg in eine<br />

unbefristete Beschäftigung dauerhaft verschlossen bleibt.<br />

Nicht die Zahl der Arbeitsverhältnisse insgesamt wird<br />

zunehmen, sondern der Trend vom unbefristeten Arbeitsverhältnis<br />

zum befristeten Arbeitsverhältnis wird sich rasant<br />

verstärken.<br />

Lebensplanung, auch der familiären Situation, braucht<br />

Sicherheit. Deshalb sollten die Bemühungen dahin gehen,<br />

nicht befristete Beschäftigung auszubauen, sondern verlässliche<br />

Rahmenbedingungen und Sicherheit zu vermitteln.<br />

4. Untertarifliche Arbeitsbedingungen nicht gesetzlich<br />

zulassen<br />

Wenn durch Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag untertarifliche<br />

Arbeitsbedingungen rechtlich zulässig werden,<br />

sind Bewerberinnen, Beschäftigte und Betriebsräte erpressbar;<br />

die Arbeitsbedingungen für Frauen werden sich<br />

dadurch generell verschlechtern. Die Durchsetzungsfähigkeit<br />

der Interessenvertretungen, Betriebsrat und Gewerkschaften,<br />

werden geschwächt. Das darf nicht eintreten.<br />

I 004 Initiativantrag Nr. 4<br />

Keine Verschlechterung des<br />

Kündigungsschutzes<br />

Antragsteller/in: Suzann Schmitz, NGG, u.a.<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die Delegierten der 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz verurteilen<br />

die im Koalitionsvertrag vereinbarte Verschlechterung<br />

des Kündigungsschutzes. Sie ist eine sinnlose Verbeugung<br />

vor den sozialfeindlichen Wünschen der Wirtschaft und<br />

schädlich sowohl für die Beschäftigten, aber auch für die<br />

Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die Delegierten fordern die<br />

Bundestagsfraktionen und die Bundesregierung dringend<br />

auf, keine Verschlechterungen beim Kündigungsschutz zuzulassen.<br />

Begründung:<br />

Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass die ersten 24<br />

Monate eines Beschäftigungsverhältnisses in Zukunft als<br />

„Probezeit“ behandelt werden, in der ohne Angabe von<br />

Gründen unter Einhaltung gesetzlicher oder tarifvertraglicher<br />

Fristen von Seiten des Arbeitgebers gekündigt werden<br />

kann. Erst mit Ablauf dieser Frist greift der reguläre Kündigungsschutz.<br />

Für die Beschäftigten bedeutet dies, dass sie erst nach<br />

Ablauf dieser Frist vor dem Arbeitsgericht überprüfen lassen<br />

können, ob eine Kündigung sozial gerechtfertigt ist.<br />

Auch wenn im Gegenzug nun die Möglichkeit, für neue<br />

MitarbeiterInnen das Arbeitsverhältnis für bis zu zwei Jahre<br />

zu befristen, aufgehoben werden soll, verschlechtert sich<br />

die Situation für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gravierend,<br />

da sie für 24 Monate den Entscheidungen der<br />

89


90<br />

Arbeitgeber ausgesetzt sind, ohne sich gegen diese wehren<br />

zu können.<br />

Es gibt keinerlei Belege dafür, dass eine Verschlechterung<br />

des Kündigungsschutzes neue Arbeitsplätze schafft. Diese<br />

Erfahrung haben schon die alte Bundesregierung unter<br />

CDU-Kanzler Helmut Kohl und die rot-grüne unter der<br />

Federführung von Wolfgang Clement machen müssen.<br />

Mehrere empirische Untersuchungen haben nach Prof. Dr.<br />

Heide Pfarr belegt, dass es keinen Zusammenhang zwischen<br />

Lockerung des Kündigungsschutzes und dem Ausmaß<br />

der Arbeitslosigkeit gibt.<br />

Es gilt also, schon frühzeitig die verantwortlichen Politikerinnen<br />

und Politiker zu sensibilisieren und zu motivieren,<br />

dem unstillbaren Verlangen der Wirtschaft hin zu einer<br />

neuen Art von Manchesterkapitalismus im Sinne eines neoliberalen<br />

„hire and fire“ entschiedenen Widerstand entgegenzusetzen<br />

und der Ausweitung ungesicherter Arbeitsverhältnisse<br />

Einhalt zu gebieten.<br />

D 006 Für ein soziales Europa – NEIN zur<br />

Dienstleistungsrichtlinie<br />

Antragsteller/in: Bundesfrauenausschuss der Gewerkschaft<br />

Nahrung-Genuss-Gaststätten<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die Delegierten der 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordern<br />

die Bundesregierung auf,<br />

1. sich für eine soziale Änderung der EU-Richtlinie zur<br />

Dienstleistungsfreiheit einzusetzen, die Lohn- und Sozialdumping<br />

ausschließt und die Belange der Arbeitnehmer-<br />

Innen berücksichtigt,<br />

2. die EU-Richtlinie zur Dienstleistungsfreiheit abzulehnen,<br />

wenn diese ausschließlich durch den Effekt der Unternehmer-Dienstleistungsfreiheit<br />

geprägt ist.<br />

Begründung:<br />

Der EU-Richtlinienvorschlag über Dienstleistungen im Binnenmarkt<br />

zielt darauf ab, dass die in der EU noch bestehenden<br />

Hindernisse im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr<br />

abgebaut werden.<br />

Die Erbringung von Dienstleistungen soll nur noch den Gesetzen<br />

und Standards unterliegen, die am Sitz des Dienstleistungsunternehmens<br />

gelten. Für Kontrollen soll der Staat<br />

verantwortlich sein, in dem die Firma ihren Sitz hat.<br />

Durch die Einführung des „Herkunftslandprinzips“ würde<br />

die neoliberale Umgestaltung Europas durch den Abbau<br />

von Regulierungen und die Entfesselung eines unbegrenzten<br />

Lohn- und Sozialdumpings radikal vorangetrieben werden.<br />

Der Richtlinienentwurf ist eine Abkehr vom Weg, unter<br />

Wahrnehmung und Anerkennung sozialer Interessen der<br />

Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen eine EU-weite Harmonisierung<br />

voranzutreiben.<br />

Die grundlegende Einführung des Herkunftslandprinzips für<br />

alle Dienstleistungstätigkeiten dient dabei als Instrument,<br />

um Mindeststandards bei Löhnen und Arbeitsbedingungen<br />

auszuhebeln, den Standortwettbewerb zu intensivieren und<br />

einen verschärften Unterbietungswettbewerb der Löhne<br />

und Arbeitsbedingungen einzuleiten. Dies führt zu Sozialdumping<br />

und Deregulierung und steht im Widerspruch zu<br />

den Interessen der ArbeitnehmerInnen und ihrer Gewerkschaften.<br />

Das steht ebenso im Widerspruch zu den Zielen und Aufgaben<br />

der EU, die sich im Artikel 2 des Vertrages für den wirtschaftlichen<br />

und sozialen Fortschritt verpflichtet.<br />

Nationale Gesetzgebungen oder Tarifverträge über Löhne<br />

und Arbeitsbedingungen sowie der Sicherheit und des<br />

Gesundheitsschutzes müssen für alle Beschäftigten gelten,<br />

die im Hoheitsgebiet des jeweiligen Landes tätig sind.<br />

Das Herkunftslandprinzip darf für Arbeits- und Sozialbeziehungen<br />

nicht gelten.<br />

Beschäftigung und Arbeitsbedingungen müssen in allen der<br />

Richtlinie unterliegenden Bereichen ausnahmslos dem<br />

Arbeitsprinzip entsprechen.<br />

Die Einhaltung zwingender nationaler Mindestarbeitsbedingungen<br />

ist zu sichern. Dies muss sich sowohl auf die<br />

Rechtsnormen als auch auf die Kontrollmöglichkeiten beziehen.<br />

Die Kontrolle muss der Verantwortung des Staates<br />

unterliegen, in dem die Dienstleistung erbracht wird. Die<br />

Bedingungen der Kontrolle dürfen nicht von der Richtlinie<br />

über Dienstleistungen betroffen werden.<br />

D 007 Für ein soziales Europa – NEIN zur<br />

Bolkestein-Richtlinie<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Hessen-<br />

Thüringen<br />

Beschluss: Erledigt durch Annahme von Antrag<br />

D 006<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Hessen-Thüringen fordert<br />

die Bundesregierung auf:


1. auf eine Zurücknahme der Bolkestein-Richtlinie hinzuarbeiten<br />

und die Kommission aufzufordern, den Vorschlag<br />

zurückzuziehen.<br />

2. Sollte die Kommission den Entwurf nicht zurückziehen,<br />

wird die Bundesregierung aufgefordert, gegen die Richtlinie<br />

zu stimmen und sich Verbündete in der Europäischen<br />

Union zu suchen.<br />

3. Die Europäische Kommission wird aufgefordert, den bisherigen<br />

Vorschlag zurückzuziehen und einen neuen Vorschlag<br />

vorzulegen.<br />

Begründung:<br />

Der EU-Richtlinienvorschlag über Dienstleistungen im Binnenmarkt<br />

soll darauf abzielen, alle in der Europäischen<br />

Union noch bestehenden Hindernisse im grenzüberschreitenden<br />

Dienstleistungsverkehr zu beseitigen. Richtig ist,<br />

dass es in vielen Bereichen immer noch eine Vielzahl von<br />

bürokratischen und rechtlichen Barrieren gibt.<br />

Die EU-Binnenmarktpolitik blieb bei den Dienstleistungen<br />

deutlich hinter der Integration der Gütermärkte zurück.<br />

Kern des Kommissionsvorschlages ist nun die Einführung<br />

des Herkunftslandprinzips. Dieses Prinzip besagt, dass der<br />

Dienstleistungserbringer nur den Rechtsvorschriften des<br />

Herkunftsstaates unterliegt. Das bedeutet:<br />

1. Sollte die jetzige Form des Richtlinienentwurfs so bestehen<br />

bleiben, würde sie zu Sozialdumping und Deregulierung<br />

führen, einhergehend mit äußerst negativen Reaktionen<br />

der europäischen Bürgerinnen und Bürger auf den<br />

Integrationsprozess.<br />

2. Der Richtlinienvorschlag stellt nicht sicher, dass alle<br />

Dimensionen der Lissabonner Strategie umgesetzt und<br />

insbesondere Qualität von Beschäftigung und lebenslanges<br />

Lernen erreicht werden können.<br />

3. Nationale Gesetzgebung oder Tarifverträge über Löhne,<br />

Arbeitsbedingungen sowie Sicherheit und Gesundheitsschutz<br />

müssen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

gelten, die im Hoheitsgebiet des jeweiligen Landes<br />

tätig sind. Lücken müssen beseitigt werden.<br />

4. Der Richtlinienentwurf über Dienstleistungen im Binnenmarkt<br />

muss im Hinblick auf die Arbeitsbeziehungen<br />

genau geprüft werden. Die Delegierten wenden sich<br />

gegen alle Initiativen oder Auslegungen des Herkunftslandprinzips,<br />

welche die nationalen auf Tarifverträgen<br />

beruhenden Gepflogenheiten auf dem Arbeitsmarkt<br />

direkt oder indirekt unterwandern und gleichzeitig zu<br />

einem dramatischen Anstieg der Gefahr des Sozialdumpings<br />

führen würden.<br />

5. Beschäftigung und Arbeitsbedingungen müssen in allen<br />

der Richtlinie unterliegenden Bereichen ausnahmslos<br />

dem Arbeitsortprinzip entsprechen.<br />

6. Die Kontrolle muss der Verantwortung des Landes unterliegen,<br />

in dem die Dienstleistung erbracht wird, und die<br />

Bedingungen dieser Kontrolle dürfen nicht von der Richtlinie<br />

über Dienstleistungen betroffen werden.<br />

Da alle diese Anforderungen eine vollkommene Überarbeitung<br />

erforderlich machen würden, erscheint es konsequent,<br />

dass die Kommission ihren bisherigen Vorschlag zurücknimmt.<br />

<strong>Sachgebiet</strong> E: <strong>Sozialstaat</strong> /<br />

<strong>Soziale</strong> <strong>Sicherung</strong><br />

E 001 <strong>Sozialstaat</strong>sdiskussion<br />

Antragsteller/in: ver.di Bundesfrauenrat<br />

Beschluss: Annahme als Material an den <strong>DGB</strong>-<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Frauenpolitische Stichworte für eine <strong>Sozialstaat</strong>s-Diskussion<br />

Der <strong>DGB</strong> Bundesvorstand wird aufgefordert, dafür Sorge<br />

zu tragen, dass folgende Ziele und Grundsätze mit der<br />

Politik des <strong>DGB</strong> umgesetzt werden:<br />

Der in Zeiten starken Wirtschaftswachstums gefundene<br />

Konsens über die Aufgaben des <strong>Sozialstaat</strong>es ist ins Wanken<br />

geraten. Eine neoliberale Wirtschaftsordnung, die<br />

(gesamt)deutsche Entwicklung der letzten Jahre, die Verlagerung<br />

von Wirtschaftstätigkeit ins Ausland, der Versuch der<br />

Unternehmen, mit den Arbeits- und Sozialbedingungen in<br />

Billiglohnländern zu konkurrieren, Massenarbeitslosigkeit<br />

und Sozialabbau verunsichern die Menschen. Diese Unsicherheit<br />

ist dringend aufzufangen, um den Bürgerinnen und<br />

Bürgern wieder ein Zeichen der Sicherheit zu geben, die<br />

notwendige Voraussetzung ist, um den Mut und die Risikobereitschaft<br />

für Veränderungen aufzubringen. Neue Regeln<br />

und Übereinkünfte zu den Aufgaben des Staates, der Wirtschaft<br />

und der Einzelpersonen müssen gefunden werden.<br />

Der Tendenz zur Rückkehr zu einem traditionellen Frauenund<br />

Familienbild muss Einhalt geboten werden, denn zu<br />

schnell geben sich Politik und Wirtschaft aktuell mit dem<br />

Rückverweis familiärer und sozialer Aufgaben in die kostenlose<br />

Erledigung durch Frauen als vermeintlicher Lösung von<br />

Arbeitsmarkt-, Sozial- und Finanzierungsproblemen zufrie-<br />

91


92<br />

den. Diesem geschlechterpolitischen „Roll-Back“ ist dringend<br />

Einhalt zu gebieten. Der Staat hat hier in Erfüllung<br />

des Grundgesetzes und europäischer Vorgaben eine originäre<br />

Aufgabe, die mit den Mitteln sozialstaatlicher Regelungen<br />

umgesetzt werden kann.<br />

Dem sozial-, steuer- und beschäftigungspolitischen Familienbild<br />

liegt traditionell (und jetzt wiederbelebt) die Versorgerehe<br />

zugrunde. Die aktuelle Sparpolitik verfolgt sie ebenso<br />

wie die Arbeitsmarktpolitik – mit entsprechenden Folgen<br />

für die Renten- und Krankenversicherung. Die staatlich auferlegten<br />

Unterhalts- und Mitversorgungspflichten werden<br />

ausgeweitet. Beschäftigungspolitik für Frauen stellt weiterhin<br />

die Teilzeitarbeit in den Vordergrund, wobei dies gleichzeitig<br />

immer noch die (unfreiwillige) Entscheidung zwischen<br />

eigenständiger sozialer <strong>Sicherung</strong> und Abhängigkeit in der<br />

Familie beinhaltet. Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik<br />

sowie Familien- und Bildungspolitik führen dazu, dass die<br />

Frauenerwerbsquote immer noch bei nur 60 % liegt, wobei<br />

die geringfügige Beschäftigung von inzwischen mehr als 7<br />

Millionen Beschäftigten (zwei Drittel Frauen) bereits mitgerechnet<br />

ist. Erwerbsunterbrechungen, Teilzeitarbeit, geringfügige<br />

Beschäftigung und das unfreiwillige Verharren in der<br />

stillen Reserve sind typisch für Erwerbsbiografien von Frauen<br />

mit Familienaufgaben (Kindererziehung und Pflege) und<br />

führen nicht zu einer regelmäßig eigenständigen sozialen<br />

<strong>Sicherung</strong>. Der betrieblichen, am männlichen Erwerbsmuster<br />

orientierten Einstellungs- und Beförderungspraxis wird<br />

durch Politik und Gesetzgebung bis jetzt nichts Wirkungsvolles<br />

entgegengestellt.<br />

Die <strong>DGB</strong>-Frauen folgen diesem Modell der scheinbaren<br />

Wahlfreiheit nicht, welches in der konkreten Umsetzung auf<br />

die Versorgerehe zuführt. Um den frauenpolitischen Ziel-<br />

Grundsatz „eigenständige Existenzsicherung für Frauen,<br />

einschließlich der sozialen <strong>Sicherung</strong>“ zu erreichen, verfolgt<br />

die Frauenpolitik des <strong>DGB</strong> die Zielsetzung der Vereinbarkeit,<br />

bei der die versicherte Berufstätigkeit von Frauen selbstverständlicher<br />

Bestandteil ist und eine eigenständige soziale<br />

<strong>Sicherung</strong> gewährleistet wird. Dies wird auch für eine Neuorientierung<br />

des <strong>Sozialstaat</strong>es eingefordert. Insbesondere<br />

bei grundlegenden Änderungen der sozialen <strong>Sicherung</strong>, wie<br />

der Ergänzung der gesetzlichen Rente durch betriebliche<br />

und private Altersvorsorge oder der möglichen Einführung<br />

einer Erwerbstätigenversicherung, ist zu gewährleisten, dass<br />

für alle Frauen der eigenständige Zugang möglich ist und<br />

sie vergleichbare Leistungen wie Männer erhalten.<br />

Nachdem der gesellschaftliche Konsens über den <strong>Sozialstaat</strong><br />

und seine Funktionen in der Reformdebatte der vergangenen<br />

Jahre heftig erschüttert wurde, sind die Grund-<br />

aufgaben des Staates dringend erneut zu definieren. Gerade<br />

Frauen sind auf eine kommunale Grundversorgung<br />

angewiesen, da sie immer noch erheblich weniger verdienen<br />

als Männer und sie durch prekäre Beschäftigung und<br />

unterbrochener Erwerbsbiografien wegen Kindererziehung<br />

einen schlechteren Zugang zu sozialen <strong>Sicherung</strong>ssystemen<br />

haben und somit ihr Armutsrisiko erheblich höher ist. Die<br />

staatliche Regulation bestimmter Leistungen wird so entscheidend<br />

für ihre gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe.<br />

Die Aufgaben der Reproduktion müssen in die Überlegungen<br />

zu einem neuen Leitbild für den <strong>Sozialstaat</strong> mit aufgenommen<br />

werden. Die Demografiedebatte darf nicht mehr<br />

ausschließlich vor dem Hintergrund leerer Kassen geführt<br />

werden, sondern sie muss künftig den Begriff der gesellschaftlich<br />

notwendigen Arbeit erweitern, diese neu bewerten<br />

und ihr einen Stellenwert zumessen, der die für unsere<br />

Zukunft gewünschte Gesellschaftsstruktur widerspiegelt.<br />

Als Grundaufgaben hat deshalb der moderne <strong>Sozialstaat</strong><br />

❚ die Daseinsvorsorge zu übernehmen und den Zugang zur<br />

(kostenlosen) Grundversorgung mit „Gütern im öffentlichen<br />

Interesse“ zu sichern.<br />

❚ Aufgaben der Qualitätsverbesserung für die Lebensqualität<br />

der BürgerInnen (wieder) zu übernehmen. Dazu<br />

gehören z.B. Ganztagskinderbetreuung, um die Erwerbsbeteiligung<br />

für Frauen besser als bisher zu ermöglichen,<br />

und ein umfassender Bildungsauftrag, um Kinder und<br />

Jugendliche von Anfang an zu beteiligungsfähigen und<br />

chancengleichen Menschen zu qualifizieren.<br />

❚ die Risikoverteilung zwischen den BürgerInnen solidarisch<br />

zu organisieren. Zu diesen Risiken gehören nicht<br />

nur die Arbeitswelt, sondern auch die Reproduktion, d.h.<br />

Kindererziehung, Familienleistungen, Pflegeaufgaben<br />

usw., die ebenfalls in Gestaltungsvorschläge zu integrieren<br />

sind.<br />

Der <strong>Sozialstaat</strong> zieht sich aktuell jedoch aus der Verantwortung<br />

für den Ausgleich ungleicher Ergebnisse, auch der<br />

Marktergebnisse, zurück. Dies ist wieder rückgängig zu<br />

machen.<br />

Zu diskutieren ist weiterhin, was soziale Marktwirtschaft<br />

künftig beinhalten und insbesondere, was sie für Frauen leisten<br />

soll.<br />

Das Wesen der Ökonomie, des wirtschaftlichen Handelns<br />

und einer Wirtschaftspolitik, die wir Frauen wollen, muss<br />

Antiarmuts- und Antidiskriminierungspolitik sein und die<br />

Förderung substantieller Freiheiten und Lebensqualität<br />

beinhalten. <strong>Soziale</strong> und Gendergerechtigkeit müssen ihre<br />

Bewertungskriterien sein. Die Polarisierung und Hierarchi-


sierung zwischen männlichen und weiblichen Arbeitsfeldern<br />

ist zu beseitigen und eine menschengerechte Verteilungspolitik<br />

und Entgeltgleichheit müssen ihr Grundwesen sein. Der<br />

Prävention als positivem Wirtschaftsfaktor ist Vorrang einzuräumen,<br />

oder anders gesagt: Schäden durch Nicht-Prävention<br />

als (volks-)wirtschaftlicher Schaden sind als solche<br />

künftig zu deklarieren. Präventionsmaßnahmen sind zu<br />

gendern. Internationale Arbeitsnormen und Menschenrechte<br />

(IAO) müssen zwingend einzuhaltende Grundlage der<br />

Wirtschaftspolitik sein.<br />

Aus frauenpolitischer Sicht ist deshalb insgesamt die Politik<br />

mit einer feministischen Komponente zu ergänzen. Steuer-,<br />

Finanz- und Wirtschaftspolitik sind dahingehend zu reformieren,<br />

dass eine Einnahme- und Ausgabenpolitik betrieben<br />

wird, die nicht nur quantitatives Wachstum fördert,<br />

sondern auch Chancengleichheit zum Ziel hat und Arbeitsplätze<br />

schafft, auch beispielsweise durch Verbesserung<br />

kommunaler Strukturen oder über Investitionsförderung für<br />

insbesondere die soziale und ökologische Wirtschaft.<br />

Im Hinblick auf eine veränderte Gesellschaftsstruktur und<br />

die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt sollte kommunale<br />

Beschäftigung einen neuen Stellenwert, neue Aufgaben und<br />

die dazu erforderlichen Mittel erhalten. Hier können mit<br />

Instrumenten der aktiven Arbeitsmarktpolitik zusätzliche<br />

Stellen geschaffen werden, die einen Teil der heute nur<br />

noch privat oder ehrenamtlich erledigten öffentlichen und<br />

das Gemeinwesen unterstützende Arbeiten übernehmen.<br />

Der Bedarf an kommunaler, pflegerischer, an Erziehungsund<br />

Bildungsarbeit ist vorhanden, um viele, auch gut qualifizierte<br />

Arbeitslose regulär zu beschäftigen (wie auch am<br />

Beispiel des flächendeckend geplanten Einsatzes der Ein-<br />

Euro-Jobs erkennbar ist). Wenn den Kommunen heute das<br />

Geld dazu fehlt, so ist hier eine neue Einnahme- und Ausgabenverteilung<br />

anzustreben.<br />

In der <strong>Sozialstaat</strong>sdebatte ist eine neue Interpretation bzw.<br />

der Anwendungsgrad der Subsidiarität (als Vorrang der<br />

Eigenleistung/Eigenverantwortung vor dem sozialstaatlichen<br />

Ausgleich) auf den Prüfstand zu stellen. Dieser Vorrang trifft<br />

bei Frauen und Männern auf unterschiedliche Ausgangsbedingungen,<br />

da Frauen häufiger auf die familiäre Versorgung<br />

verwiesen werden, und hält so dem Anspruch auf Chancengerechtigkeit<br />

nicht stand. Hier sind Ziele für eine bessere<br />

Verteilung zu formulieren und die Grenzen der Subsidiarität<br />

neu zu definieren.<br />

Angesichts der in neuem Ausmaß und mit weitgehender<br />

Ersatzwirkung auf die Systeme sozialer <strong>Sicherung</strong> zugewiesenen<br />

Unterhaltspflichten außerhalb sowie innerhalb der<br />

Ehe müssen die unterhaltsbegründenden Familienkonstellationen<br />

überdacht und neu definiert werden. Schnittstellen<br />

zwischen sozialer <strong>Sicherung</strong>, Steuerrecht und Arbeitsrecht<br />

sind neu zu formulieren. Da Unterhaltspflicht grundsätzlich<br />

staatlich auferlegt wird und damit selbst langjährige Anwartschaften<br />

außer Kraft gesetzt werden können, muss<br />

künftig der Zugang zur eigenständigen Existenzsicherung<br />

auf geeignete Weise innerhalb der Beschäftigung und der<br />

Sozialsysteme, nicht nur innerhalb der Familie, eröffnet werden.<br />

In der Diskussion um die Zukunft der Sozialversicherung in<br />

Deutschland führt derzeit die Demografiedebatte zu<br />

Reformvorschlägen, die sich eher negativ auf die soziale<br />

<strong>Sicherung</strong> von Frauen auswirken. Hier ist, solange Frauen<br />

und Männer im Beruf nicht wirklich die gleichen Bedingungen<br />

haben, ein sozialstaatlicher Ausgleich erforderlich. Ein<br />

neuer Blick auf die soziale <strong>Sicherung</strong> von Frauen durch<br />

Erwerbstätigkeit, welches auch das Ziel der Frauen in den<br />

Gewerkschaften ist, darf weder die bisherige Ausgrenzung<br />

von Frauen fortschreiben noch sie gar verschärfen.<br />

Die eigenständige Einbeziehung von Frauen in die Sozialversicherung<br />

anstelle der abgeleiteten <strong>Sicherung</strong> über die<br />

Versorgerehe muss künftig die Regel sein. Das heißt vorrangig,<br />

jede/r BürgerIn sollte grundsätzlich eine eigene Sozialversicherung<br />

haben, die entweder durch eigene Beiträge<br />

oder in besonderen, gesellschafts- bzw. familienpolitisch<br />

bedingten Situationen öffentlich finanziert wird.<br />

Erziehungs- und Pflegeleistung sind gesellschaftlich wertvolle<br />

Beiträge – keine Privatsache, für die Einzelpersonen<br />

oder die Familie die Kosten zu tragen haben. Die Finanzierung<br />

von Beiträgen bzw. Leistungen der Sozialversicherung,<br />

die wegen Familienarbeit entstehen, soll aus Steuermitteln<br />

oder aus einer unabhängigen Familienkasse erfolgen. Sie<br />

sind nicht allein der Versichertengemeinschaft aufzuerlegen.<br />

Für Kinder muss die kostenlose Familienmitversicherung<br />

erhalten bleiben.<br />

Die Sozialversicherung muss insgesamt gewährleisten, dass<br />

aufgrund unterschiedlicher biologischer Bedingungen und<br />

gesellschaftlich bedingter geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung<br />

für Frauen keine Nachteile entstehend. Beiträge und<br />

Leistungen dürfen aufgrund von Schwangerschaft, Kindererziehung<br />

und Pflegeleistung nicht unterschiedlich für Frauen<br />

und Männer ausfallen. Die Hinterbliebenenrente ist für<br />

einen angemessenen Zeitraum des Systemwechsels noch zu<br />

erhalten, wobei der Ausgleich durch Bundeszuschuss (Steuern<br />

oder Familienkasse) beizubehalten ist. Die kinderbezogenen<br />

Vergünstigungen in der Rentenversicherung sind aufrechtzuerhalten<br />

und zu verbessern. Der <strong>DGB</strong> setzt sich für<br />

den Unisex-Tarif ein.<br />

93


94<br />

E 002 Abschaffung der Sonderregelungen<br />

für Mini-Jobs<br />

Antragsteller/in: Bundesfrauenvorstand der IG BAU<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz hält an ihrer Beschlusslage<br />

fest, bis auf eine Bagatellegrenze alle Arbeitsverhältnisse<br />

gleich zu behandeln und in die gesetzlichen Sozialversicherungen<br />

einzubeziehen.<br />

Der Bundesvorstand des <strong>DGB</strong> möge massiv auf den Gesetzgeber<br />

einwirken, die Sonderregelungen für Mini-Jobs abzuschaffen<br />

und statt dessen Anreize zu sozial geschützter<br />

Arbeit zu schaffen. Alle Nebenbeschäftigungen sind wie<br />

Überstunden beim Hauptarbeitgeber anzurechnen.<br />

Begründung:<br />

Die Gewerkschaften setzen sich seit langem für die Gleichbehandlung<br />

aller Arbeitsverhältnisse und die Einbeziehung<br />

in die soziale <strong>Sicherung</strong> ein. Die gesetzliche Reform der rotgrünen<br />

Koalition von 1999 war ein erster Schritt.<br />

Mit der Einführung der Mini-Jobs zum 1. April 2003 ging<br />

die gleiche Regierung noch hinter die Regelung vor 1999<br />

zurück. Die Anzahl prekärer Beschäftigungen ist drastisch<br />

gestiegen, auf Kosten sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze,<br />

die dadurch zunehmend vernichtet werden.<br />

Entgegen der im Grundgesetz verankerten Aufgabe zur Förderung<br />

der Gleichstellung der Geschlechter, werden insbesondere<br />

Frauen durch die Mini-Jobs von einer eigenständigen<br />

Existenzsicherung sowie einer eigenen sozialen <strong>Sicherung</strong><br />

ausgeschlossen. Sie werden damit in die finanzielle<br />

Abhängigkeit vom Partner, von Sozialleistungen und in die<br />

Altersarmut getrieben.<br />

E 003 Abschaffung der Sonderregelungen<br />

für Mini-Jobs<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Bayern<br />

Beschluss: Erledigt durch Annahme von Antrag<br />

E 002<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordert die Einbeziehung<br />

aller Arbeitsverhältnisse in die gesetzlichen Sozialversicherungen<br />

und die Gleichbehandlung aller Arbeitsverhältnisse.<br />

Der <strong>DGB</strong> möge auf den Gesetzgeber einwirken, die Sonderregelungen<br />

für geringfügig Beschäftigte abzuschaffen<br />

Begründung:<br />

Die IG BAU setzt sich seit langem für die Gleichbehandlung<br />

aller Arbeitsverhältnisse und die Einbeziehung in die soziale<br />

<strong>Sicherung</strong> ein. Die gesetzliche Reform der rot-grünen Koalition<br />

von 1999 war ein erster Schritt.<br />

Mit der Einführung der Mini-Jobs zum 1. April 2003 ging<br />

die gleiche Regierung noch hinter die Regelung vor 1999<br />

zurück. Die Anzahl prekärer Beschäftigungen steigt auf<br />

Kosten sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze, die<br />

dadurch zunehmend vernichtet werden.<br />

Entgegen der im Grundgesetz verankerten Aufgabe zur Förderung<br />

der Gleichstellung der Geschlechter, werden insbesondere<br />

Frauen durch die Mini-Jobs von einer eigenständigen<br />

Existenzsicherung sowie einer eigenen sozialen <strong>Sicherung</strong><br />

ausgeschlossen.<br />

Sie werden damit in die finanzielle Abhängigkeit vom Partner,<br />

von Sozialleistungen und in die Altersarmut getrieben.<br />

E 004 Gleichstellung aller Mütter bei der<br />

Anrechnung der Erziehungszeiten<br />

für die Rente<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Hessen-Thüringen<br />

Beschluss: Erledigt durch Beschlusslage<br />

(<strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz 2001)<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand fordert die Bundesregierung auf,<br />

dafür Sorge zu tragen, dass alle Mütter rentenrechtlich<br />

gleichgestellt werden. Alle Mütter sollen pro Kind drei Jahre<br />

Erziehungszeit für ihr Rentenkonto angerechnet bekommen.<br />

Begründung:<br />

Nach geltendem Recht bekommen Frauen, die vor 1992 ein<br />

Kind geboren haben, pro Kind nur ein Jahr Erziehungszeit<br />

für die Rente angerechnet.


E 005 Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis<br />

für MigrantInnen für die Dauer von<br />

arbeitsrechtlichen Streitigkeiten<br />

Antragsteller/in: Bundesfrauenvorstand der IG BAU<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand wird aufgefordert, dahingehend<br />

auf den Gesetzgeber einzuwirken, dass MigrantInnen für<br />

die Dauer von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten eine Aufenthalts-<br />

und Arbeitserlaubnis erhalten.<br />

Begründung:<br />

Wenn ausländische ArbeitnehmerInnen eine befristete<br />

und/oder an einen Arbeitgeber gebundene Arbeits- und<br />

Aufenthaltserlaubnis haben (z. B. Saisonarbeiter für Ernteeinsätze<br />

in der Landwirtschaft), wird es ihnen nahezu<br />

unmöglich, berechtigte Forderungen auf dem Klagewege<br />

einzutreiben, da mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses Aufenthalts-<br />

und Arbeitserlaubnis erlöschen und sie das Verfahren<br />

nicht begleiten und ihm Nachdruck verleihen können.<br />

E 006 Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis<br />

für MigrantInnen für die Dauer von<br />

arbeitsrechtlichen Streitigkeiten<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Bayern<br />

Beschluss: Erledigt durch Annahme von Antrag E 005<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordert den <strong>DGB</strong> auf, auf<br />

den Gesetzgeber einzuwirken, dass MigrantInnen für die<br />

Dauer von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten eine Aufenthaltsund<br />

Arbeitserlaubnis erhalten.<br />

Begründung:<br />

Wenn ausländische ArbeitnehmerInnen eine befristete<br />

und/oder an einen Arbeitgeber gebundene Arbeits- und<br />

Aufenthaltserlaubnis haben (z. B. Saisonarbeiter für Ernteeinsätze<br />

in der Landwirtschaft), wird es ihnen nahezu unmöglich,<br />

berechtigte Forderungen auf dem Klagewege einzutreiben,<br />

da mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses Aufenthalts-<br />

und Arbeitserlaubnis erlöschen und sie das Verfahren<br />

nicht begleiten und ihm Nachdruck verleihen können.<br />

E 007 Für eine solidarische und geschlechtergerechte<br />

Bürgerversicherung!<br />

Antragsteller/in: IG Metall-Frauenausschuss beim Vorstand<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordert den <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand<br />

auf, sich für den Systemwechsel zu einer solidarischen<br />

Bürgerversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung<br />

einzusetzen. Ziel der Bürgerversicherung muss<br />

sein, dass eine Teilhabe aller Menschen am medizinischtechnischen<br />

Fortschritt für die Zukunft gewährleistet ist.<br />

Die Einführung der Bürgerversicherung ist kein Selbstzweck.<br />

Messlatte der Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung<br />

müssen folgende Zielstellungen sein:<br />

❚ Die Bürgerversicherung funktioniert nur als allgemeine<br />

Pflichtversicherung.<br />

❚ Die Beitragsbemessungsgrenze muss mindestens auf die<br />

Beitragsbemessungsgrenze der GRV erhöht werden.<br />

❚ Andere Einkommensarten unter Beachtung von Freibeträgen<br />

müssen mit einbezogen werden.<br />

❚ Gering Verdienende dürfen nicht zusätzlich belastet werden.<br />

❚ Jedes Erwerbseinkommen soll eine eigenständige Versicherung<br />

begründen.<br />

❚ Die Bürgerversicherung darf das Modell der Alleinverdienerehe<br />

nicht bevorzugen. Zu prüfen sind verschiedene<br />

Lösungen.<br />

❚ Kinder sollen in der Bürgerversicherung beitragsfrei mitversichert<br />

bleiben. Allerdings dürfen Kinderlose nicht diskriminiert<br />

werden, etwa durch einen Beitragsaufschlag<br />

wie in der Pflegeversicherung.<br />

Begründung:<br />

I. Ausgangslage<br />

Den Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) geht (zumindest<br />

mittelfristig) – allen Reformen zum Trotz – das Geld aus.<br />

Gründe sind auch hier die Massenarbeitslosigkeit und der<br />

Rückgang sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung.<br />

Außerdem besteht für Beschäftigte mit Einkommen oberhalb<br />

der Beitragsbemessungsgrenze die Möglichkeit, sich<br />

dem Solidarsystem zu entziehen: Sie können in die private<br />

Krankenversicherung wechseln.<br />

Die Privaten Krankenversicherungen (PKV) dürfen sich ihre<br />

Versicherten zudem aussuchen: Da sie Menschen mit<br />

schwer wiegenden Risikofaktoren oder bereits bestehenden<br />

Krankheiten nicht aufnehmen müssen, verbleiben in der<br />

GKV alle Personengruppen mit Risiken – niedrige Einkom-<br />

95


96<br />

men, Ältere, kranke und behinderte Menschen und Familien.<br />

Denn: Durch die kostenlose Familienversicherung bleiben<br />

Familien in der GKV, Singles hingegen verlassen das<br />

Solidarsystem.<br />

Aufgrund der Zweiteilung des Systems verfestigt sich eine<br />

Zwei-Klassen-Medizin: Während die privat Versicherten teilweise<br />

schon als überversorgt zu betrachten sind, werden<br />

selbstverständliche Behandlungen der gesetzlich Versicherten<br />

nicht mehr von den Kassen übernommen. Die Trennung<br />

zwischen GKV, in der 89 % der Bevölkerung versichert sind,<br />

und PKV mit einem Anteil von 11 % an der Bevölkerung<br />

beschreibt daher eine grundsätzliche Gerechtigkeitslücke.<br />

Eine Minderheit (jeder 9.) nimmt bevorzugt Leistungen in<br />

Anspruch, auf die eine Mehrheit (9 von 10) keinen Zugriff<br />

hat.<br />

Um die Einnahmen der GKV zu stabilisieren, werden zwei<br />

Alternativen diskutiert: Die Bürgerversicherung und das<br />

Kopfpauschalenmodell der CDU/ CSU.<br />

Die „Gesundheitspauschale“ sieht vor, dass jeder Erwachsene<br />

einen Pauschalbetrag in die Krankenversicherung einzahlt,<br />

nicht mehr jedoch als 7 % des Einkommens. Der<br />

Arbeitgeberanteil an der Krankenversicherung soll hingegen<br />

auf 6,5 % des beitragspflichtigen Einkommens festgeschrieben<br />

werden.<br />

Dieses Modell lehnen wir als unsozial ab. Außerdem sehen<br />

wir in der Aufhebung der paritätischen Beitragsfinanzierung<br />

die endgültige Verabschiedung der Arbeitgeber aus ihrer<br />

sozialpolitischen Verantwortung und ihrer Bereitschaft,<br />

arbeitsbedingt verursachte Krankheitskosten nachhaltig zu<br />

reduzieren.<br />

Die Bürgerversicherung ist hingegen der Weg zu einer solidarischen<br />

Finanzierung der Krankenversicherung: Alle Personengruppen,<br />

nicht nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,<br />

sondern auch Beamte, Selbständige oder Höherverdienende,<br />

zahlen ein. Neben Erwerbseinkommen werden<br />

auch andere Einkommensarten, etwa Zinsen, Mieten oder<br />

Pacht berücksichtigt.<br />

II. Grundsystem: Erweiterung des Kreises der Versicherten<br />

und der Beitragsgrundlage<br />

Grundüberlegung der solidarischen Bürgerversicherung ist,<br />

dass alle Versicherten in ein System einzahlen. Es werden<br />

also neben den Arbeitnehmer/innen auch Beamte und Selbständige<br />

und Gutverdienende einbezogen.<br />

Doch nicht nur auf Arbeitseinkommen sollen Beiträge geleistet<br />

werden. Die Bundesrepublik Deutschland ist das einzige<br />

Land, dass sich (noch) ein Sozialsystem erlaubt, das nur<br />

aus den Einkünften der Arbeitnehmer/innen bezahlt wird.<br />

In Zukunft sollen daher die Krankenversicherungsbeiträge<br />

auch auf Miet-, Zins- und Kapitaleinkünfte erhoben werden.<br />

Dabei werden Freibeträge auf diese Einkünfte dafür<br />

sorgen, dass die Ersparnisse der kleinen Einkommen nicht<br />

in unzumutbarer Weise zur Finanzierung des Gesundheitssystems<br />

herangezogen werden.<br />

E 008 Gesundheitspolitik für Frauen<br />

Antragsteller/in: ver.di Bundesfrauenrat<br />

Beschluss: Annahme mit Änderungen<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand wird aufgefordert, dafür Sorge<br />

zu tragen, dass folgende Ziele und Grundsätze mit der<br />

Politik des <strong>DGB</strong> umgesetzt werden:<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz stellt folgende Forderungen<br />

an die Gesundheitspolitik: Frauenspezifische Aspekte in<br />

der Gesundheitspolitik, im Gesundheitswesen und der diesbezüglichen<br />

Beschäftigungssituation müssen zu tragenden<br />

Säulen in der Diskussion um unser Gesundheitssystem und<br />

dessen Umgestaltungsentwürfen werden. Der <strong>DGB</strong> wird<br />

sich auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass<br />

1. öffentliche Gesundheitseinrichtungen nicht weiter privatisiert<br />

werden.<br />

2. Standards qualitativ verbessert werden. Das heißt unter<br />

anderem:<br />

π • Verbindliche Qualitätsstandards für die medizinische<br />

Behandlung, Pflege, Vor- und Nachsorge sind zu<br />

gewährleisten.<br />

• Die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männern<br />

bei der Gesundheitsversorgung, der Forschung,<br />

der Qualifikation und Zusammensetzung des Personals<br />

im Gesundheitswesen und bei der Gesundheitsberichterstattung<br />

selbstverständlich und verbindlich beachtet<br />

werden.<br />

• Eine ganzheitliche, frauen- und männerspezifische Diagnostik<br />

und Therapie löst eine nur auf Apparate und<br />

Medikation setzende Medizin und Pflege ab.<br />

• Betreute und behandelte Personen werden umfassend<br />

und korrekt informiert, damit Partnerschaft in Behandlung<br />

und Pflege möglich wird.<br />

• Die Rechte von betreuten und behandelten Personen<br />

werden verbessert.<br />

• Frauen als Opfer von Gewalt werden besser versorgt.<br />

• Ambulante Pflege zur Entlastung von pflegenden Angehörigen<br />

wird ausgebaut und muss bezahlbar sein.<br />

• Für ärztliche und pflegerische Tätigkeiten werden Vergütungssysteme<br />

etabliert, die eine ganzheitliche, frau-


en- und männerspezifische Diagnostik und Therapie<br />

fördern, z.B. indem sie Leistung am zu erzielenden<br />

Ergebnis der Heilung und nicht nach Mengengerüsten<br />

jedweder Art messen.<br />

3. Frauen eine umfassende eigene Interessenvertretung für<br />

ihre Gesundheit ausüben können, um nicht zum „Spielball“<br />

wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Interessengruppen<br />

des Gesundheitswesens zu werden. Frauen in<br />

Gesundheitspolitik, medizinischer Forschung und Lehre,<br />

sowie in den Einrichtungen des Gesundheitswesens sowohl<br />

im administrativen, wie im medizinischen Bereich<br />

müssen (z.B. entsprechend ihrem Anteil an den Beschäftigten)<br />

in politische, administrative Entscheidungsfunktionen<br />

des Gesundheitswesens eingebunden werden.<br />

Gesundheitsdienstleistungen vor Ort müssen unter Beteiligung<br />

von Frauenorganisationen (u.a.) mitgeplant, vernetzt<br />

und mitgestaltet werden.<br />

4. die Ausbildung sowie berufsbezogene Qualifizierung und<br />

Weiterbildung für pflegende Berufe und Hebammen verbessert<br />

werden, weil es mehr Technikeinsatz in Krankenhäusern,<br />

neue Behandlungsmethoden und -formen, integrierte<br />

Versorgung und neue Organisationskonzepte in<br />

den verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens<br />

gibt. Dies verlangt zusätzliche Kompetenzen im sozialpflegerischeren<br />

Bereich, im Management und in der Prozessorganisation.<br />

5. Arbeitsbedingungen in diesen Bereichen so zu verbessern<br />

sind, dass physische und psychische Belastungsfaktoren<br />

verringert werden. Dabei sind die wegen dieser<br />

Belastungen und erforderlicher flexibler Arbeitszeitgestaltung<br />

eingerichteten Teilzeitarbeitsplätze mit hohem Stundenvolumen<br />

mit einem Ausgleich für die höhere Produktivität<br />

zu versehen.<br />

6. mittelbare Diskriminierungen insgesamt aus den Entgelttarifverträgen<br />

für pflegende Berufe entfernt werden. Insbesondere<br />

ist damit die Aufforderung an die Arbeitgeberseite<br />

verknüpft, das durch Tarifabschluss im öffentlichen<br />

Dienst in Gang gesetzte laufende Verfahren der<br />

Erarbeitung diskriminierungsfreier Eingruppierungsmerkmale<br />

und Arbeitsplatzbewertung zum Abbau mittelbarer<br />

Diskriminierung auch auf Tarifbereiche außerhalb des<br />

öffentlichen Dienstes zu übertragen und so für Diskriminierungsfreiheit<br />

in den frauendominierten Bereichen der<br />

Gesundheitsberufe in privaten und Wohlfahrtseinrichtungen<br />

zu sorgen.<br />

7. Einkommenskürzungen durch Besteuerung von Nachtund<br />

Schichtarbeit gemeinsam entschieden entgegengetreten<br />

wird.<br />

Begründung:<br />

Die zunehmende Privatisierung von Einrichtungen, die<br />

Gesundheitsdienstleistungen erbringen, unterwirft Gesundheit<br />

den Profitinteressen einzelner. Werden weitere Dienstleister<br />

im Gesundheitswesen privatisiert, geraten die Sicherstellung<br />

des Versorgungsauftrages und die solidarische<br />

Finanzierung des Gesundheitswesens zunehmend unter<br />

Druck.<br />

Frauen haben in unserer Gesellschaft deutlich geringere<br />

Einkommen als Männer. Gesundheit wird für sie und ihre<br />

Kinder als erstes unbezahlbar, wenn Gesundheitsrisiken privatisiert<br />

werden. Die Gesundheit ist ein hohes Gut. Die<br />

zunehmende Privatisierung von Einrichtungen, die Gesundheitsdienstleistungen<br />

erbringen, unterwirft Gesundheit den<br />

Profitinteressen einzelner. Werden weitere Dienstleister im<br />

Gesundheitswesen privatisiert, gerät die solidarische Finanzierung<br />

des Gesundheitswesens zunehmend unter Druck:<br />

Das Interesse an einer höchstmöglichen Verwertbarkeit des<br />

eingesetzten Kapitals droht das Gesundheitswesen unbezahlbar<br />

zu machen oder wird früher oder später im Leistungsbereich<br />

eine Zweiklassenmedizin hervorbringen.<br />

Da Frauen und Männer biologisch unterschiedlich konstituiert<br />

sind, brauchen sie eine geschlechtsspezifische Gesundheitsversorgung<br />

und damit das möglich ist, eine entsprechende<br />

Erforschung und Dokumentation der Unterschiede<br />

und eine entsprechende Qualifizierung des Personals. Frauen,<br />

die Gewalt erleiden, müssen besser versorgt werden.<br />

Noch immer werden pflegende und medizinisch-technische<br />

Tätigkeiten als typisch weibliche Tätigkeiten niedriger bewertet<br />

als beispielsweise Tätigkeiten, die technische Kenntnisse<br />

und Fertigkeiten erfordern. Dies hat negative Folgen<br />

für die Einkommen der im Gesundheitswesen beschäftigten<br />

Frauen. Es hat aber auch negative Folgen für die medizinische<br />

Behandlung, Pflege, Vorsorge, Nachsorge. Technik und<br />

Medikation haben einen größeren Stellenwert als Gespräch<br />

und Zuwendung. Dies prägt alle Vergütungssysteme im<br />

Gesundheitswesen.<br />

Eine Partnerschaft zwischen Behandelten und Behandelnden<br />

ist heute nur schwer möglich: Der Gesundheitsmarkt ist<br />

sehr unübersichtlich, der Anteil interessengeleiteter Fehlinformationen<br />

hoch, die Rechte der Behandelten sind wenig<br />

ausgeprägt und kaum durchsetzbar. Insbesondere vor Ort,<br />

wo Gesundheitsdienstleistungen erbracht und nachgefragt<br />

werden, gibt es wenig demokratische Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeiten.<br />

Da Frauen in Entscheidungsfunktionen<br />

so gut wie nicht vorkommen, sind die Möglichkeiten,<br />

Frauen betreffende Interessen einzubringen, sehr stark eingeschränkt.<br />

97


98<br />

E 009 Vereinbarkeit von Pflege und Beruf<br />

Antragsteller/in: IG Metall-Frauenausschuss beim Vorstand<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordert den Bundesvorstand<br />

auf, sich gegen die Einführung einer Pflegezeit<br />

analog der Elternzeit einzusetzen. Stattdessen prüft und<br />

unterstützt er Maßnahmen, die bezahlbare und qualitativ<br />

hochwertige Pflegedienstleistungen ausbauen.<br />

Zu diesen Maßnahmen gehören:<br />

1. Schaffung von Angeboten der Prävention für ältere Menschen,<br />

um Pflege zu vermeiden bzw. hinauszuzögern,<br />

2. Einführung eines Entlassungs- und Überleitungsmanagements<br />

und Nutzung der Leistung Kurzzeitpflege, um<br />

gerade bei kurzfristig anfallendem Pflegebedarf die Pflegepersonen<br />

zu entlasten,<br />

3. Verbesserung der Möglichkeiten, unterschiedliche Pflegeleistungen<br />

zu kombinieren und insbesondere der Förderung<br />

bezahlbarer ambulanter Dienstleistungen sowie der<br />

Kurzzeitpflege,<br />

4. Förderung alternativer Wohnformen, die eine vollstationäre<br />

Pflege unnötig machen oder zumindest hinauszögern<br />

könnten,<br />

5. Förderung von Vernetzungsstrukturen häuslich Pflegender,<br />

6. Unterstützung der Vernetzung professioneller, familiärer<br />

und ehrenamtlicher Pflege, Hilfen und Dienste, die individuelle<br />

Bedürfnisse passgenauer bedienen.<br />

Der <strong>DGB</strong> unterstützt die Mitgliedsgewerkschaften bei der<br />

Vereinbarung tarifvertraglicher Regelungen, die den Beschäftigten<br />

kurzfristig die Übernahme von Pflegetätigkeiten<br />

ermöglichen (bspw. nach einem Schlaganfall).<br />

Der Katalog der Leistungen muss um Demenzerkrankungen<br />

erweitert werden.<br />

Begründung:<br />

Die erst 1995 eingeführte soziale Pflegeversicherung steht<br />

auf dem Prüfstand. Im Rahmen der Umsetzung der Entscheidung<br />

des Bundesverfassungsgerichts zum Familienausgleich<br />

in der sozialen Pflegeversicherung (3.4.2001, 1 BvR<br />

1629/94) müssen kinderlose Erwachsene nun einen um<br />

0,25 % erhöhten Beitrag zahlen. Das spült zwar zusätzliches<br />

Geld in die Kassen, eine notwendige umfassende<br />

Reform der Pflegeversicherung gelang jedoch nicht.<br />

Insbesondere gelang es aufgrund der angespannten Finanzsituation<br />

der sozialen Pflegeversicherung nicht, auch<br />

Demenzerkrankungen in den Leistungskatalog der Versicherung<br />

aufzunehmen. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff des SGB<br />

XI ist insofern einschränkend, als er keinen bedürfnisorientierten<br />

Ansatz zugrunde legt, sondern sich ausschließlich<br />

auf einen Hilfebedarf bei den im Gesetz definierten Verrichtungen<br />

des täglichen Lebens in den Bereichen Körperpflege,<br />

Mobilität, Ernährung und hauswirtschaftliche Versorgung<br />

bezieht.<br />

Der durch psychische oder kognitive Einschränkungen verursachte<br />

Hilfebedarf liegt insbesondere in Anfangsstadien in<br />

der allgemeinen Beaufsichtigung und Betreuung der betroffenen<br />

Menschen.<br />

Der rein tatsächlich existierende allgemeine Betreuungsund<br />

Beaufsichtigungsbedarf für Demenzkranke muss daher<br />

weiterhin allein von den Familien aufgefangen werden, das<br />

heißt in der Praxis zumeist: den Frauen.<br />

Häusliche Pflege ist für die Pflegeversicherung deutlich<br />

preiswerter als die Übernahme von Kosten ambulanter oder<br />

stationärer Pflege. Es verwundert daher nicht, dass häusliche<br />

Pflege schon nach den gesetzlichen Vorgaben als vorrangig<br />

zu anderen Formen der Pflege angesehen wird. Vielfach<br />

lässt sich darüber hinaus feststellen, dass die Kosten<br />

insbesondere ambulanter Dienstleistungen nur zu Teilen<br />

erstattet wird, so dass häusliche Pflege für viele Familien<br />

die einzig finanzierbare Möglichkeit ist.<br />

Darüber hinaus stellen wir fest, dass unter dem Stichwort<br />

„menschenwürdiges Altern“ eine Drucksituation – insbesondere<br />

auf Frauen – aufgebaut wird, indem unterstellt<br />

wird, dass ein menschenwürdiges Altern außerhalb der<br />

Familie nicht gegeben sei.<br />

Ähnlich der Rabenmutter wird das Bild der Rabentochter<br />

aufgebaut, wobei zwei (falsche) Grundannahmen verschwiegen<br />

werden: Zum einen wird davon ausgegangen,<br />

dass nicht-familiale Betreuungsstrukturen per se menschenunwürdig<br />

sind, zum anderen wird angenommen, dass Frauen<br />

aus ihrer Natur heraus gute Pflegepersonen sein müssten.<br />

Wer pflegt und wird gepflegt?<br />

Es gibt 1,4 Mio. Pflegebedürftige in Privathaushalten,<br />

(davon über die Hälfte mit Pflegestufe 1, 461.000 mit Pflegestufe<br />

2 und 153.000 mit Pflegestufe 3). Dazu kommen<br />

weitere Personengruppen, die vorrangig hauswirtschaftliche<br />

Unterstützung benötigen, nämlich 1.361.000 täglich,<br />

1.064.000 wöchentlich und 564.000 eher selten.<br />

Beinahe zwei Drittel der Pflegebedürftigen sind Frauen.<br />

Gepflegt wird überwiegend von Frauen, so sind 73 % der<br />

Hauptpflegepersonen Frauen.<br />

Da beinahe 50 % der Hauptpflegepersonen zwischen 40


und 64 Jahre alt sind, korreliert ihre Pflegetätigkeit auch<br />

mit beruflichen Anforderungen.<br />

Dies lässt sich alleine daran festmachen, dass 14 % der<br />

Hauptpflegepersonen im erwerbsfähigen Alter ihre Erwerbsarbeit<br />

eingeschränkt und 16 % ganz aufgegeben haben.<br />

Pflege wird also überwiegend von Frauen übernommen,<br />

wobei sich feststellen lässt, dass auch Pflegekarrieren entstehen<br />

(eigene und Schwiegereltern), die sich an Zeiten der<br />

Kindererziehung anschließen.<br />

Pflegeurlaub als Stein der Weisen?<br />

Mit Sorge sehen wir die Pläne konservativer Landesregierungen,<br />

eine Pflegezeit analog der Elternzeit einzuführen.<br />

Zum einen sehen wir keine Vergleichbarkeit zwischen der<br />

Erziehung eines Kindes mit der Pflege eines alten Menschen.<br />

So ist zum Zeitpunkt der Übernahme der Pflege ihr<br />

zeitliches Ende nicht absehbar, so dass eine zeitliche Begrenzung<br />

auf drei Jahre eher zynisch erscheint.<br />

Zum anderen befürchten wir, dass mit einer gesetzlichen<br />

Möglichkeit der Beurlaubung nicht nur der Druck auf Frauen<br />

zunimmt, ihre Erwerbstätigkeit zur Übernahme von Pflege<br />

aufzugeben. Durch die Einführung von Pflegezeiten<br />

sehen wir die Gefahr, dass die bereits existierenden „Familien-Karrieren“<br />

von Frauen, die teilweise nahtlos aus Kindererziehungszeiten<br />

in die Rolle der Pflegenden wechseln,<br />

gefördert werden.<br />

Die gesetzliche Einführung einer Pflegezeit lehnen wir<br />

daher ab.<br />

E 010 Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />

für pflegende Angehörige<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschuss<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordert den Gesetzgeber<br />

auf, bessere Teilzeitregelungen für pflegende Angehörige<br />

zu schaffen. Dazu gehören:<br />

1. Rechtsanspruch auf kurzfristige, kurzzeitige Freistellungen<br />

für Not- und Härtefälle innerhalb eines bestimmten<br />

Zeitkorridors,<br />

2. Rechtsanspruch auf Arbeitszeitreduzierungen mit Kündigungsschutz<br />

und Rückkehrrecht auf einen gleichwertigen<br />

Vollzeitarbeitsplatz für pflegende Angehörige.<br />

Ankündigungsfristen für die Inanspruchnahme der Freistellungen<br />

bzw. des Arbeitszeitreduzierungswunsches, wie sie<br />

im Teilzeit- und Befristungsgesetz geregelt sind, kann es für<br />

diese Bedarfe nicht geben. Schwellenwerte für die Größen-<br />

ordnung der Betriebe, für die ein solches Gesetz gelten soll,<br />

kann es ebenso wenig geben.<br />

Eine völlige Freistellung analog der Elternzeit lehnt die<br />

<strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz ab.<br />

Begründung:<br />

Für pflegende Angehörige besteht dringender Handlungsbedarf<br />

hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Pflegetätigkeiten.<br />

Alle Studien belegen, dass die Pflege von Angehörigen,<br />

insbesondere der häuslichen Pflege, künftig zunehmen<br />

wird. Andererseits sinkt aber die Bereitschaft, hierfür<br />

die Erwerbsarbeit aufzugeben. Die Pflege von Angehörigen<br />

ist mit Kindererziehung nicht vergleichbar. Pflege ist nicht,<br />

wie Elternschaft und Elternzeit, planbar, weder in ihrer<br />

Gesamtdauer noch in ihrem konkreten Verlauf. Meist sind<br />

die physischen und psychischen Anforderungen im Zeitverlauf<br />

der Pflege steigend. Pflegende Angehörige, die ihre<br />

Erwerbsarbeit unterbrechen, verlieren den Kontakt nach<br />

außen / den ständigen Kontakt zu den Kolleginnen und<br />

Kollegen. Aufgrund der enormen Belastungen durch die<br />

Pflegetätigkeit sind aber diese Kontakte wichtig. Deshalb<br />

streben wir Regelungen an, die eine Parallelität von Pflegetätigkeit<br />

und Erwerbstätigkeit möglich machen. Hinzu<br />

kommt, dass für pflegende Angehörige der Wiedereinstieg<br />

nach einer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit kaum möglich<br />

sein wird (50 % der Hauptpflegepersonen sind zwischen<br />

40 und 64 Jahre alt). Für Not- und Härtefälle können<br />

kurzfristige, kurzzeitige Freistellungen hilfreich sein, um z.B.<br />

den akuten Pflegebedarf zu organisieren oder Sterbebegleitung<br />

leisten zu können.<br />

G 003 Abänderungsantrag zu E 009 und E<br />

010: Vereinbarkeit von Beruf und<br />

Familie für pflegende Angehörige<br />

Antragsteller/in: Inken Biehl (ver.di) u.a.<br />

Beschluss: Ablehnung<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Vorbemerkungen zur Frage „Warum stellen wir einen<br />

Änderungsantrag“:<br />

Bisher liegen zu dieser Thematik die beiden Anträge E 009<br />

und E 010 vor. Diese konnten erst Ende September in der<br />

GEW-Bundesfrauenausschuss-Sitzung beraten werden und<br />

ein entsprechender Beschluss gefasst werden.<br />

Der Änderungsantrag fasst die beiden Anträge E 009 und E<br />

010 zusammen. Damit kann ein in sich geschlossener<br />

99


100<br />

Antrag in der <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz zur Thematik<br />

„Vereinbarkeit von Beruf und Familie für pflegende Angehörige“<br />

zur Abstimmung gestellt werden, der vorliegende<br />

Aspekte und Forderungen zusammenführt und einen neuen<br />

Aspekt mit aufnimmt.<br />

Im Änderungsantrag werden in Ziff. 1 die Forderungen aus<br />

dem IGM-BFA-Antrag nach Verbesserung der professionellen<br />

Pflege und deren Rahmenbedingungen übernommen.<br />

Im Änderungsantrag wird in Ziff. 2 die Forderung aufgenommen,<br />

die Pflegeversicherung so weiterzuentwickeln,<br />

dass an Demenz Erkrankte vom Leistungskatalog umfasst<br />

sind.<br />

Der Änderungsantrag enthält einen Zusatz in Ziff. 3, 1.<br />

Spiegelstrich: Die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung<br />

für die Verringerung der Arbeitszeit mit einem Rückkehrrecht<br />

auf mindestens einen gleichwertigen Arbeitsplatz<br />

zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.<br />

Die rechtliche Absicherung des Rückkehrrechts ist ein notwendiger<br />

Schutz für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,<br />

weil sonst weiterhin viele ihren Arbeitsplatz aufgeben<br />

müssen bzw. verlieren, wenn sie Angehörige pflegen<br />

müssen. Derzeit geben nämlich 16 % der Frauen ihre<br />

Erwerbstätigkeit ganz auf, die zwischen 40 und 64 Jahre alt<br />

und erwerbsfähig sind, wenn sie die Aufgabe der Hauptpflegeperson<br />

übernommen haben. Nach der Pflegezeit<br />

haben sie kaum eine Chance, wieder in ihren qualifizierten<br />

Beruf zurückkehren zu können. Diese Situation trägt ganz<br />

enorm zur Verfestigung des traditionellen Geschlechterverhältnisses<br />

bei.<br />

Im Änderungsantrag wird in Ziff. 3, 2. Spiegelstrich die Forderung<br />

aus dem <strong>DGB</strong>-BFA-Antrag nach kurzfristiger Freistellung<br />

für „Pflegenotfälle“ übernommen.<br />

Im Änderungsantrag wird in Ziff. 4 die Aufforderung an die<br />

Tarifpartner formuliert, über die gesetzlichen Regelungen<br />

hinaus tarifliche Regelungen zur besseren Vereinbarkeit von<br />

Pflege und Beruf zu vereinbaren.<br />

Antrag:<br />

Die 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Die 16. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordert den Bundesvorstand<br />

auf,<br />

1. sich gegen die Einführung einer Pflegezeit analog der<br />

Elternzeit einzusetzen. Stattdessen werden Maßnahmen<br />

geprüft und unterstützt, die bezahlbare und qualitativ<br />

hochwertige Pflegedienstleistungen ausbauen. Zu diesen<br />

Maßnahmen gehören:<br />

❚ Schaffung von Angeboten der Prävention, um Pflege<br />

zu vermeiden bzw. hinauszuzögern,<br />

❚ Einführung eines Entlassungs- und Überleitungsmanagements<br />

und Nutzung der Leistung Kurzzeitpflege, um<br />

gerade bei kurzfristig anfallendem Pflegebedarf die<br />

Pflegepersonen zu entlasten,<br />

❚ Verbesserung der Möglichkeiten, unterschiedliche Pflegeleistungen<br />

zu kombinieren und insbesondere der<br />

Förderung bezahlbarer ambulanter Dienstleistungen<br />

sowie der Kurzzeitpflege,<br />

❚ Förderung alternativer Wohnformen, die eine vollstationäre<br />

Pflege unnötig machen oder zumindest hinauszögern<br />

könnten,<br />

❚ Förderung von Vernetzungsstrukturen häuslich Pflegender,<br />

❚ Unterstützung der Vernetzung professioneller, familiärer<br />

und ehrenamtlicher Pflege, Hilfen und Dienste, die<br />

individuelle Bedürfnisse passgenauer bedienen.<br />

2. sich für die Erweiterung des Leistungskatalogs der<br />

gesetzlichen Pflegeversicherung für die speziellen Anforderungen<br />

von Demenzkranken einzusetzen.<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz fordert folgende Maßnahmen<br />

zur Verbesserung der Situation pflegender Angehöriger:<br />

3. gesetzliche Regelungen zur besseren Vereinbarkeit von<br />

Pflege und Beruf durch Arbeitszeitregelungen, die den<br />

Bedürfnissen pflegender Angehöriger Rechnung tragen,<br />

mit einer entsprechenden Lohnersatzleistung insbesondere<br />

❚ durch den Erhalt und die Weiterentwicklung des Teilzeit-<br />

und Befristungsgesetzes, insbesondere durch<br />

einen Rechtsanspruch auf Verringerung der Arbeitszeit<br />

unabhängig von der Zahl der Beschäftigten und Rückkehrrecht<br />

auf den gleichen, zumindest gleichwertigen<br />

Arbeitsplatz,<br />

❚ einen Anspruch auf kurzfristige Freistellung für die<br />

durch ärztliches Attest nachgewiesene erforderliche<br />

Dauer der Betreuung oder Pflege eines/r Angehörigen;<br />

4. tarifliche Regelungen zu Ansprüchen für die Pflege Angehöriger,<br />

insbesondere durch<br />

❚ bezahlte Freistellung, insbesondere bei kurzfristig<br />

erforderlicher Übernahme von Pflegetätigkeiten,<br />

❚ Verwendung angesparter Mehrarbeit – mit entsprechendem<br />

Insolvenzschutz.<br />

Die gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen zur Verbesserung<br />

der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für pflegende<br />

Angehörige müssen so ausgestaltet werden, dass<br />

Frauen und Männern die Aufgabe als pflegende Angehörige<br />

wahrnehmen und die rollenspezifische Arbeitsteilung nicht<br />

verfestigt wird.


Der Bundesvorstand und die Gewerkschaften werden aufgefordert,<br />

diese Forderungen zu unterstützen.<br />

Begründung:<br />

I.<br />

Es gibt 1,4 Mio. Pflegebedürftige in Privathaushalten<br />

(davon über die Hälfte mit Pflegestufe 1, 461.000 mit Pflegestufe<br />

2 und 153.000 mit Pflegestufe 3). Dazu kommen<br />

weitere Personengruppen, die vorrangig hauswirtschaftliche<br />

Unterstützung benötigen, nämlich 1.361.000 täglich,<br />

1.064.000 wöchentlich und 564.000 eher selten.<br />

Beinahe zwei Drittel der Pflegebedürftigen sind Frauen.<br />

Gepflegt wird überwiegend von Frauen. So sind 73 % der<br />

Hauptpflegepersonen Frauen. Da beinahe 50 % der Hauptpflegepersonen<br />

40 und 64 Jahre alt sind, korreliert die Pflegetätigkeit<br />

der Hauptpflegepersonen auch mit beruflichen<br />

Anforderungen. Dies lässt sich alleine daran festmachen,<br />

dass 14 % der Hauptpflegepersonen im erwerbsfähigen<br />

Alter ihre Erwerbsarbeit eingeschränkt und 16 % ganz aufgegeben<br />

haben.<br />

Pflege wird überwiegend von Frauen übernommen, wobei<br />

sich feststellen lässt, dass auch Pflegekarrieren entstehen<br />

(eigene und Schwiegereltern), die sich an Zeiten der Kindererziehung<br />

anschließen. Die gesetzlichen und tarifvertraglichen<br />

Regelungen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von<br />

Familie und Beruf für pflegende Angehörige müssen deshalb<br />

so gestaltet sein, dass Frauen und Männer die Aufgabe<br />

als pflegende Angehörige wahrnehmen und wahrnehmen<br />

können. Die Schutzregelungen für Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer und Anreize für Männer müssen entsprechend<br />

ausgestaltet sein.<br />

Für pflegende Angehörige besteht dringender Handlungsbedarf<br />

hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Pflegetätigkeiten.<br />

Alle Studien belegen, dass die Pflege von Angehörigen,<br />

insbesondere der häuslichen Pflege, künftig zunehmen<br />

wird. Andererseits sinkt aber die Bereitschaft, hierfür<br />

die Erwerbsarbeit aufzugeben.<br />

Meist sind die physischen und psychischen Anforderungen<br />

im Zeitverlauf der Pflege steigend. Pflegende Angehörige,<br />

die ihre Erwerbsarbeit unterbrechen, verlieren den Kontakt<br />

nach außen. Aufgrund der enormen Belastungen durch die<br />

Pflegetätigkeit sind aber diese Kontakte wichtig. Das muss<br />

bei der Weiterentwicklung der professionellen Pflegedienstleistungen<br />

mitberücksichtigt werden.<br />

II.<br />

Deshalb ist eine gesetzliche Regelung erforderlich, die ein<br />

Rückkehrrecht auf mindestens einen gleichwertigen Arbeitsplatz<br />

garantiert, weil sonst weiterhin viele ArbeitnehmerIn-<br />

nen ihren Arbeitsplatz aufgeben müssen bzw. verlieren,<br />

wenn sie Angehörige pflegen müssen. Derzeit geben nämlich<br />

16 % der Frauen ihre Erwerbstätigkeit ganz auf, die<br />

zwischen 40 und 64 Jahre alt und erwerbsfähig sind, wenn<br />

sie die Aufgabe der Hauptpflegeperson übernommen<br />

haben. Nach einem Ausstieg aus dem Beruf wegen der<br />

Pflege Angehöriger haben sie kaum eine Chance, wieder in<br />

ihren qualifizierten Beruf zurückkehren zu können. Diese<br />

Situation trägt ganz enorm zur Verfestigung des traditionellen<br />

Geschlechterverhältnisses bei. Mit dem Erhalt des Teilzeit-<br />

und Befristungsgesetzes streben wir Regelungen an,<br />

die eine Parallelität von Pflegetätigkeit und Erwerbstätigkeit<br />

möglich machen. Für Not- und Härtefälle können kurzfristige<br />

Freistellungen von kurzer Dauer hilfreich sein, um z.B.<br />

den akuten Pflegebedarf zu organisieren oder Sterbebegleitung<br />

leisten zu können.<br />

Die erst 1995 eingeführte soziale Pflegeversicherung steht<br />

auf dem Prüfstand. Rahmen der Umsetzung der Entscheidung<br />

des Bundesverfassungsgerichts zum Familienausgleich<br />

in der sozialen Pflegeversicherung (3.4.2001, 1 BvR<br />

1629/94) müssen kinderlose Erwachsene nun einen um<br />

0,25 % erhöhten Beitrag zahlen. Das spült zwar zusätzliches<br />

Geld in die Kassen, eine notwendige umfassende<br />

Reform der Pflegeversicherung gelang jedoch nicht.<br />

Insbesondere gelang es aufgrund der angespannten Finanzsituation<br />

der sozialen Pflegeversicherung nicht, auch<br />

Demenzerkrankungen in den Leistungskatalog der Versicherung<br />

aufzunehmen. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff des SGB<br />

XI ist insofern einschränkend, als er keinen bedürfnisorientierten<br />

Ansatz zugrunde legt, sondern sich ausschließlich<br />

auf einen Hilfebedarf bei den im Gesetz definierten Verrichtungen<br />

des täglichen Lebens in den Bereichen Körperpflege,<br />

Mobilität, Ernährung und hauswirtschaftliche Versorgung<br />

bezieht.<br />

Der durch psychische oder kognitive Einschränkungen verursachte<br />

Hilfebedarf liegt insbesondere in Anfangsstadien in<br />

der allgemeinen Beaufsichtigung und Betreuung der betroffenen<br />

Menschen.<br />

Der rein tatsächlich existierende allgemeine Betreuungsund<br />

Beaufsichtigungsbedarf für Demenzkranke muss daher<br />

weiterhin allein von den Familien aufgefangen werden, das<br />

heißt in der Praxis zumeist: den Frauen.<br />

Häusliche Pflege ist für die Pflegeversicherung deutlich<br />

preiswerter als die Übernahme von Kosten ambulanter oder<br />

stationärer Pflege. Es verwundert daher nicht, dass häusliche<br />

Pflege schon nach den gesetzlichen Vorgaben als vorrangig<br />

zu anderen Formen der Pflege angesehen wird. Vielfach<br />

lässt sich darüber hinaus feststellen, dass die Kosten<br />

insbesondere ambulanter Dienstleistungen nur zu Teilen<br />

101


102<br />

erstattet werden, so dass häusliche Pflege für viele Familien<br />

die einzig finanzierbare Möglichkeit ist.<br />

Darüber hinaus stellen wir fest, dass unter dem Stichwort<br />

„menschenwürdiges Altern“ eine Drucksituation – insbesondere<br />

auf Frauen – aufgebaut wird, indem unterstellt<br />

wird, dass ein menschenwürdiges Altern außerhalb der<br />

Familie nicht gegeben sei. Ähnlich dem Bild der Rabenmutter<br />

wird das Bild der Rabentochter aufgebaut, wobei<br />

zwei (falsche) Grundannahmen verschwiegen werden:<br />

Zum einen wird davon ausgegangen, dass nicht-familiale<br />

Betreuungsstrukturen per se menschenunwürdig<br />

sind, zum anderen wird angenommen, dass Frauen aus<br />

ihrer Natur heraus gute Pflegepersonen sein müssten.<br />

Diese Situation und der Druck auf die Frauen müssen<br />

durch den Ausbau und die Weiterentwicklung der professionellen<br />

Pflegedienstleistungen und deren Rahmenbedingungen<br />

dringend und nachhaltig verbessert werden.<br />

<strong>Sachgebiet</strong> F: Organisationspolitik<br />

F 001 Politik für junge Frauen im Deutschen<br />

Gewerkschaftsbund<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschuss<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong> und seine Mitgliedsgewerkschaften werden aufgefordert,<br />

die Bedürfnisse und Interessen von jungen Frauen<br />

(bis 35 Jahre) in ihrer Arbeit intern und extern verstärkt zu<br />

berücksichtigen. Um dies zu erreichen, entwickelt der <strong>DGB</strong><br />

Strategien und Maßnahmen für die verstärkte Beteiligung<br />

von jungen Frauen in den Gewerkschaften und sorgt für<br />

deren Umsetzung. Der Förderung von jungen Frauen in<br />

hauptamtlichen und ehrenamtlichen Funktionen und dem<br />

schwierigen Übergang von der Jugend- in die Erwachsenenarbeit<br />

wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet. In einem<br />

ersten Schritt werden die entwickelten Maßnahmen in Pilotprojekten<br />

erprobt. Dabei werden die Arbeitsbereiche Frauen-<br />

und Gleichstellungspolitik und die Arbeitsbereiche<br />

Jugend kooperieren.<br />

Die Vertretung der Interessen von jungen Frauen und die<br />

Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse in der Öffentlichkeit wird<br />

verstärkt in die gewerkschaftliche Öffentlichkeitsarbeit integriert.<br />

In den gewerkschaftlichen Publikationen sollen The-<br />

men und Probleme von jungen Frauen gezielt angesprochen<br />

und passende Angebote für junge Frauen entwickelt werden.<br />

Begründung:<br />

Junge Frauen bis 35 Jahre sind für den <strong>DGB</strong> eine wichtige<br />

Zielgruppe. Ihre starke Einbindung in die Gewerkschaften<br />

ist ein unverzichtbarer Baustein für die Zukunftsfähigkeit<br />

der Gewerkschaften.<br />

1. Präsenz von Frauen in den Gewerkschaften:<br />

Der Mitgliederanteil von Frauen im Jugendbereich liegt<br />

insgesamt noch unter dem Frauenanteil im <strong>DGB</strong> (27,2 %<br />

Frauenanteil im Jugendbereich zu 31,9 % Frauenanteil<br />

im <strong>DGB</strong>). Besonders der Übergang von der Jugend- in<br />

die Erwachsenenarbeit gelingt bei vielen Frauen nicht<br />

und bedarf besonderer Aufmerksamkeit. In der Frauenarbeit<br />

und den Frauengremien der Gewerkschaften sind<br />

junge Frauen deutlich unterrepräsentiert. Es muss nach<br />

neuen Wegen und Arbeitsformen gesucht werden, um<br />

junge Frauen für die gewerkschaftliche Frauenarbeit zu<br />

gewinnen.<br />

2. Die besonderen Bedürfnisse und Interessen von jungen<br />

Frauen:<br />

Junge Frauen sind nach wie vor von struktureller<br />

Benachteiligung betroffen. Dies zeigt sich vor allem bei<br />

der Ausbildungsplatzsuche, der Übernahme nach der<br />

Ausbildung, der Entgeltproblematik und nicht zuletzt in<br />

der Berufswahl, die noch immer stark von der<br />

Geschlechtszugehörigkeit und der entsprechenden Sozialisation<br />

abhängt. Darüber hinaus müssen junge Frauen<br />

bis 35 die mangelhaften Vereinbarkeitsmöglichkeiten von<br />

Familie und Beruf und die daraus entstehenden Probleme<br />

in ganz besonderem Maße bewältigen. Es kann<br />

davon ausgegangen werden, dass junge Frauen in der<br />

Familienphase auch aus diesem Grund in den Gewerk-


schaften unterrepräsentiert sind. Entweder steigen sie<br />

ganz oder zeitweise aus der Erwerbsarbeit aus oder es<br />

bleibt keine Zeit für gewerkschaftliches Engagement in<br />

den klassischen gewerkschaftlichen Arbeitsformen und<br />

Strukturen. Die Themen und die damit einhergehenden<br />

Interessen und Bedürfnisse von jungen Frauen müssen<br />

stärker auf die Agenda gewerkschaftlicher Politik gesetzt<br />

und in der gewerkschaftlichen Praxis umgesetzt werden,<br />

damit die bestehende Organisationslücke endlich<br />

geschlossen werden kann.<br />

3. Neue Wege der Ansprache junger Frauen:<br />

Es müssen neue Wege der Ansprache junger Frauen entwickelt<br />

und ausprobiert werden. Die Thematisierung von<br />

Diskriminierung und Benachteiligung erweist sich zunehmend<br />

als kontraproduktiv bei der Ansprache junger Frauen.<br />

Diese erleben sich in der Regel nicht als diskriminiert,<br />

machen aber gleichzeitig Erfahrungen mit strukturell<br />

bedingten Benachteiligungen, die oft als individuelle Probleme<br />

wahrgenommen werden. Es werden neue Strategien<br />

und Maßnahmen benötigt, die geeignet sind, das<br />

Maß an Selbstbestimmung und Autonomie im (Arbeits-<br />

)Leben junger Frauen zu erhöhen und die sie in die Lage<br />

versetzen, ihre Belange zu vertreten und zu gestalten.<br />

Die Gewerkschaften müssen in der Entwicklung von<br />

Strategien und Maßnahmen für junge Frauen deutlich<br />

eigene Akzente setzen, um für junge Frauen attraktiv zu<br />

werden. Berücksichtigt werden sollte dabei, dass junge<br />

Frauen keine in sich homogene Gruppe darstellen. Die<br />

Vielfalt unter den jungen Frauen und die damit einhergehenden<br />

unterschiedlichen Interessen müssen sich in der<br />

gewerkschaftlichen Politik widerspiegeln.<br />

F 002 Politik für junge Frauen im Deutschen<br />

Gewerkschaftsbund<br />

Antragsteller/in: IG Metall-Frauenausschuss beim Vorstand<br />

Beschluss: Annahme<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand setzt die bereits im Rahmen des<br />

Aktionsprogramm Chancen!Gleich mit der 1. <strong>DGB</strong>-Netzwerkkonferenz<br />

begonnene Arbeit fort. Dafür ist die Unterstützung<br />

der bestehenden Netzwerke notwendig sowie der<br />

Aufbau und die Erweiterung von Strukturen für die gewerkschaftsübergreifende<br />

Netzwerkarbeit von Betriebsrätinnen<br />

zu prüfen.<br />

Dazu gehören u. a.:<br />

Ein Internetauftritt, in dem alle gewerkschaftlichen Netzwerke<br />

zum Thema Chancengleichheit verlinkt werden,<br />

regelmäßige bundesweite und regionale Netzwerkkonferenzen<br />

sowie Angebote von Seminaren und Handreichungen<br />

zum Aufbau von Netzwerken.<br />

Das Logo des Aktionsprogramm Chancen!Gleich sollte<br />

dabei zukünftig für die Netzwerke zur Chancengleichheitspolitik<br />

genutzt werden. Da das Ziel des Aktionsprogramms<br />

mehr Chancengleichheit in den Betrieben war, wird damit<br />

auch die betriebliche Orientierung der Netzwerkarbeit deutlich<br />

gemacht.<br />

Begründung:<br />

„Netzwerke sind ein innovativer Ansatz, um Politik aus<br />

unterschiedlichen Sichtweisen zu beleuchten, die verschiedenen<br />

Erfahrungen einzubringen und mit einer Kompetenzvielfalt<br />

zu gestalten“, so Ursula Engelen-Kefer zur Begrüßung<br />

auf der 1. <strong>DGB</strong>-Netzwerkkonferenz im November<br />

2004.<br />

Dass dies so ist, zeigen auch unsere Erfahrungen mit den<br />

zahlreichen Betriebsrätinnen-Netzwerken in der IG Metall,<br />

wie z. B. dem Netzwerk „Chancengleichheit“, „Frauen in<br />

der Automobilindustrie“ und die Netzwerke auf Konzernbzw.<br />

Unternehmensebene.<br />

Häufig sind die Betriebsrätinnen beim Thema Chancengleichheit<br />

im Betrieb Einzelkämpferinnen. Die Netzwerke<br />

ermöglichen ihnen einen Erfahrungsaustausch untereinander<br />

und informieren gleichzeitig über aktuelle gleichstellungspolitische<br />

Fragen, Strategien und rechtliche Entwicklungen.<br />

Es stärkt die Position der einzelnen Kollegin und<br />

ihre Handlungsfähigkeit. Durch die vernetzten Strukturen<br />

werden individuelles Wissen und Erfahrungen eingebracht<br />

und neues Wissen entsteht durch die gemeinsame Arbeit.<br />

Für funktionierende Netzwerke ist es wichtig, dass personelle<br />

und finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.<br />

Auch muss ein sozialer Zusammenhang, z. B. durch<br />

regelmäßige Treffen, hergestellt werden. Ebenso notwendig<br />

ist, dass die Netzwerke als ein wichtiges Instrument angesehen<br />

werden und die entsprechende Unterstützung des<br />

<strong>DGB</strong> bzw. der Einzelgewerkschaften bekommen.<br />

Bereits bestehende Netzwerke haben gezeigt, dass sie eine<br />

moderne und erfolgreiche Strategie für mehr Chancengleichheit<br />

von Frauen und Männern sind. Denn der direkte<br />

Austausch mit anderen AkteurInnen über Erfahrungen,<br />

Methoden, Strategien und gute Praxis kann ein wesentlicher<br />

Erfolgsfaktor für eine gleichstellungspolitische Initiative<br />

im Betrieb werden und damit die betriebliche Gleichstellungspolitik<br />

vorantreiben.<br />

103


104<br />

Darüber hinaus bieten Netzwerke durch ihre Flexibilität,<br />

Transparenz und Partizipation auch gewerkschaftspolitisch<br />

neue Möglichkeiten Kolleginnen, die durch bisherige Organisationsformen<br />

nicht angesprochen wurden, zu erreichen.<br />

F 003 Anwendung des Gender Mainstreaming<br />

Prinzips im Deutschen<br />

Gewerkschaftsbund<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Hessen-<br />

Thüringen<br />

Beschluss: Annahme als Material an den <strong>DGB</strong>-<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der geschäftsführende Bundesvorstand und die Bezirksvorsitzenden<br />

des Deutschen Gewerkschaftsbundes bekennen<br />

sich ausdrücklich und öffentlich zur Umsetzung des Prinzips<br />

Gender Mainstreaming im Deutschen Gewerkschaftsbund<br />

nach dem Top Down-Prinzip.<br />

Weiter wird der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand verpflichtet, entsprechende<br />

finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung<br />

zu stellen, um das Prinzip Gender Mainstreaming im Deutschen<br />

Gewerkschaftsbund zu verwirklichen.<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand beauftragt hierzu die Grundsatzabteilung,<br />

einen Steuerkreis zu installieren, deren Aufgabe<br />

es ist, u.a. mit externer Fachberatung den Prozess der Verankerung<br />

zu konkretisieren, zu koordinieren und zu steuern.<br />

So muss eine verbindliche Verankerung des Gender Mainstreaming-Prinzips<br />

im Deutschen Gewerkschaftsbund auf<br />

allen Ebenen erfolgen. Weiter müssen kontinuierliche Gender<br />

Mainstreaming-Fortbildung und so genannte Gender-<br />

Trainings im Rahmen der Hauptamtlichen-Qualifizierung des<br />

Deutschen Gewerkschaftsbundes stattfinden. Gender Mainstreaming<br />

muss Bestandteil der Personalentwicklung und –<br />

führung werden.<br />

Der Steuerkreis bei der Grundsatzabteilung des <strong>DGB</strong> erstattet<br />

dem geschäftsführenden Bundesvorstand regelmäßig<br />

Bericht zum Stand der Umsetzung des Prinzips Gender<br />

Mainstreaming. Darauf hin entscheidet der Bundesvorstand<br />

nach dem Prinzip Top Down über weitere Schritte der<br />

Umsetzung des Prinzips Gender Mainstreaming in der<br />

Organisation.<br />

Begründung:<br />

Zur Begründung wird auf die Anträge zur 15. <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz<br />

verwiesen. Nach der klaren Antragslage<br />

der letzten <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz müssen nunmehr<br />

entsprechend erste Umsetzungsschritte beim <strong>DGB</strong> auf allen<br />

Ebenen erfolgen und entsprechende Strukturen geschaffen<br />

werden.<br />

F 004 Entwicklung von Logo und<br />

Materialien für den 8. März –<br />

Internationaler Frauentag<br />

Antragsteller/in: <strong>DGB</strong>-Bezirksfrauenausschuss Hessen-<br />

Thüringen<br />

Beschluss: Annahme als Material an den <strong>DGB</strong>-<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Der <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand wird beauftragt, jährlich, rechtzeitig<br />

vor dem jeweiligen 8. März eine Arbeitsgruppe, bestehend<br />

aus haupt- und ehrenamtlichen Kolleginnen sowie<br />

einer professionellen Werbeagentur, einzuberufen, um die<br />

Materialien, Motto und Logo zum Internationalen Frauentag<br />

abzustimmen bzw. zu entwerfen. Weiter sollten in dieser<br />

Arbeitsgruppe Vorschläge für Aktionen am 8. März erarbeitet<br />

werden.<br />

Begründung:<br />

In den letzten Jahren ist es leider nicht gelungen, die Materialien<br />

zum Internationalen Frauentag so zu gestalten, dass<br />

sie vor Ort bzw. in den Betrieben uneingeschränkt verwendet<br />

werden konnten. Dies lag zum einen daran, dass sie<br />

optisch nicht ankamen bzw. das Motto politisch nicht entsprechend<br />

vor Ort praktisch eingesetzt werden konnte und<br />

die Kolleginnen das Gefühl hatten, es sei nicht von ihnen.<br />

Dies hat leider dazu geführt, dass oftmals andere Materialien<br />

verwendet worden sind. Wir halten es aber gerade für<br />

erforderlich, dass die Frauen des <strong>DGB</strong> am Internationalen<br />

Frauentag mit einheitlichen Materialien auftreten und so<br />

bundesweit erkennbar sind. Daher auch die Erarbeitung von<br />

Aktionsvorschlägen, die dann an den verschiedenen Orten<br />

der Bundesrepublik umgesetzt werden könnten. Wir haben<br />

in unseren Reihen so kreative ehrenamtliche Kolleginnen,<br />

die sich sicher freuen würden, sich an der Ausgestaltung<br />

des Internationalen Frauentages in Form eines Brainstorming<br />

beteiligen zu können bzw. auch dann die Materialien


zu entwerfen. Hier ist es dann sicher sehr hilfreich, eng mit<br />

der beauftragten Werbeagentur zusammen zu arbeiten,<br />

damit die „Profis“ die Gedanken und Ideen der Kolleginnen<br />

besser umsetzen können bzw. Ratschläge zu einer professionellen<br />

Umsetzung erteilen können.<br />

F 005 Internationaler Frauentag<br />

Antragsteller/in: ver.di Bundesfrauenrat<br />

Beschluss: Annahme als Material an den <strong>DGB</strong>-<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

Die <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz möge beschließen:<br />

Redebausteine für Internationalen Frauentag<br />

Anlässlich des Internationalen Frauentages, dem 8. März,<br />

finden alljährlich bundesweit Aktivitäten und Veranstaltungen<br />

statt.<br />

Um die Bedeutung des Tages für die Frauen noch stärker<br />

hervorzuheben und um die Gemeinsamkeit zu verdeutlichen,<br />

beantragt der ver.di-Bundesfrauenrat, dass der <strong>DGB</strong>-<br />

Bundesvorstand, die Abt. Gleichstellungs- und Frauenpolitik,<br />

jährlich zum 8. März Redebausteine für die Mitgliedsgewerkschaften<br />

und ihre Frauenreferate zur Verfügung stellt.<br />

Begründung:<br />

Derzeit müssen wir feststellen, dass Frauenpolitik in politischen,<br />

gesellschaftlichen und betrieblichen Bereichen<br />

zurückgedrängt oder in Familienpolitik umgewandelt wird<br />

und somit untergeht.<br />

Umso wichtiger ist es, frauenpolitische Positionen verstärkt<br />

bundesweit zu artikulieren. Einheitliche Reden und Aussagen<br />

zur Frauenpolitik am 8.März können das Gewicht und<br />

die Bedeutung eigenständiger politischer Forderungen hervorheben<br />

und betonen.<br />

105


106<br />

Verzeichnis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

Delegierte<br />

IG Bauen-Agrar-Umwelt<br />

Diethe-Hollis, Ursula, Nürnberg<br />

Honsberg, Sylvia, Frankfurt<br />

Janisch, Cornelia, Forst<br />

Merklein-Lempp, Dr. Irene, Halle<br />

Müller, Angelika, Stutensee<br />

IG Bergbau, Chemie, Energie<br />

Adolph, Petra, Hannover<br />

Blümel, Karin, Hannover<br />

Carl, Edith, Weimar<br />

Knauer, Doris, Roedental<br />

Krause, Jutta, Mettlach<br />

Malkowski, Marianne, Marl<br />

Spendel, Kerstin, Krefeld<br />

Strüwing, Heidrun, Schwedt<br />

Wippel-Zoller, Elvira, Karlsruhe<br />

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

Blass-Graf, Ursula, Saarbrücken<br />

Drescher, Angela, Hannover<br />

Emig, Hilke, Bremen<br />

Groneberg, Caren, Berlin<br />

Gützkow, Frauke, Frankfurt/M.<br />

Haas, Barbara, Stuttgart<br />

Rehwald, Erdmute, Ratingen<br />

Reich-Gerick, Hanne, Hamburg<br />

Tepe, Marlis, Hüttblek<br />

IG Metall<br />

Berghold, Petra, Landau<br />

Cuntz, Julia, Frankfurt/M.<br />

Ehlers, Jutta, Berlin<br />

Fischer, Daniela, Bruckmühl<br />

Gößling-Quast, Antje, Recklinghausen<br />

Hagenlocher, Ulrike, Vaihingen/Enz<br />

Held, Karin, Bielefeld<br />

Kauzmann, Beate, Riedberg<br />

Keller, Marlies, München<br />

Knüttel, Astrid, Frankfurt/M.<br />

Lersmacher, Monika, Stuttgart<br />

Nötzel, Silke, Frankfurt/M.<br />

Oswald, Waltraud, Greifswald<br />

Overkott, Andrea, Dillenburg<br />

Pfleghar, Sabine, Uhldingen-Mühlhofen<br />

Rademacher, Lilo, Friedrichshafen<br />

Rohrbach, Marion, Sprockhövel<br />

Schwarz, Sabine, Uetze<br />

Schwitzer, Helga, Hannover<br />

Ulbrich, Dr. Gabriele, Frankfurt/M.<br />

von Garrel, Birgit, Landshut<br />

Wegner, Manuela, Berlin<br />

Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten<br />

Kaspar, Christa, Waiblingen<br />

Pitsch, Birgit, Langenhagen<br />

Reilein-Wedekin, Rita, Hannover<br />

Ruschel, Monika, Rostock<br />

Schmitz, Suzann, Bottrop<br />

Schulte, Martina, Schwielowsee<br />

Würtele , Rosemarie, Kassel<br />

Gewerkschaft der Polizei<br />

Fendl, Ursula, Elisabethszell<br />

Müller, Anne, Ribnitz-Damgarten<br />

Rensch, Heike, Bremerhaven<br />

Temmen, Sandra, Taunusstein-Neuhof<br />

TRANSNET<br />

Albers, Erika, Berlin<br />

Giebeler, Dagmar, Hofheim<br />

Munkelt, Kornelia, Prittitz


Neufert, Angelika, Chemnitz<br />

Petersen, Helga, Hamburg<br />

ver.di<br />

Albrecht, Brunhilde, Köthen<br />

Alles, Ursula, Kronshagen<br />

Ballhause, Roswitha, Stralsund<br />

Bäumer-Möhlmann, Ingrid, Bielefeld<br />

Berns, Stephanie, Hagen<br />

Berz, Doris, Schweinfurt<br />

Biehl, Inken, Schmalfeld<br />

Bierkämper-Braun, Heidi, Lünen<br />

Böttcher, Angelika, Hamburg<br />

Brandl, Monika, Obertraubling<br />

Brodersen, Susanna, Berlin<br />

Broer, Almut, Hamburg<br />

Büker, Brigitte , Detmold<br />

Buls, Hannelore, Berlin<br />

Chirizzi, Claudia, Stuttgart<br />

Demmler, Maja, Köln<br />

Ehinger, Roswitha, Stuttgart<br />

Eifel, Irmgard, Trier<br />

Etzold, Elke, Apolda<br />

Follert, Ruth, Hamburg<br />

Geese, Christa, Wuppertal<br />

Giesel, Ingrid, Halle<br />

Henke, Barbara, Bonn<br />

Herzig, Edith, Duisburg<br />

Kammer, Barbara, Lübeck<br />

Komisar, Evelyn, Nürnberg<br />

Kopp, Marion, Markkleeberg<br />

Kösling, Edith, Stuttgart<br />

Kotschi, Lisa, München<br />

Lindner, Angelika, Varel<br />

Luttmann, Bärbel, Bremen<br />

Maès, Petra, Saarbrücken<br />

Maier, Ute, Dresden<br />

Maurer, Ellen, Idstein-Walsdorf<br />

Möller, Elke, Bischofsheim<br />

Morgenstern, Vera, Berlin<br />

Nießing, Marga, Mörfelden-Walldorf<br />

Nowak, Claudia, Salzgitter<br />

Peterhof, Herma, Stuttgart<br />

Petzold, Kathrin, Lengenfeld<br />

Pirna, Gisberta, Nürnberg<br />

Rauch, Elisabeth, Furth im Wald<br />

Robert, Ingeborg, Kassel<br />

Ruhe, Gabriela, Burgdorf<br />

Schmidt, Almut, Bremen<br />

Schmuck, Karin, Magdeburg<br />

Schwendler, Karin, Bremen<br />

Schwitalla, Gabi, Weimar<br />

Senft, Heike, Enkensbach-Alsenborn<br />

Smykalla, Barbara, Cottbus<br />

Teller, Elke, Chemnitz<br />

Tiefenbeck, Sabine, Mahlow<br />

Tippmann, Barbara, Rodenbach<br />

Torjus, Petra, Neuruppin<br />

Treis, Renate , Brühl<br />

Troedel, Monique , Bremen<br />

Ungers, Gabriele, Saarbrücken<br />

Vooren, Anita, Friedrichshafen<br />

Baumann, Yvonne, Leipzig<br />

Zimmermann, Monika, Kaarst<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

Altesleben, Bettina, Saarbrücken<br />

Eilrich, Marita, Frankfurt/M.<br />

Engelen-Kefer, Dr. Ursula, Berlin<br />

Engelhardt, Uta, Stuttgart<br />

Feltrini, Bärbel, Frankfurt/M.<br />

Glänzer, Edeltraud, Hannover<br />

Groß, Birgit, Mainz<br />

Kloppich, Iris, Dresden<br />

Körner, Alberdina, Berlin<br />

Kutz, Bettina, Brehna<br />

Langguth, Heide, München<br />

Meyer, Petra, Berlin<br />

Mönig-Raane, Margret, Berlin<br />

Papendick-Apel, Helga, Hannover<br />

Richter, Petra, Magdeburg<br />

Rölke, Kirsten, Frankfurt<br />

Rosenberger, Michaela, Hamburg<br />

Rusch-Ziemba, Regina, Frankfurt/M.<br />

Tietjen, Carmen, Düsseldorf<br />

Gastteilnehmerinnen<br />

der Gewerkschaften und der<br />

<strong>DGB</strong>-Bezirke<br />

IG Bauen-Agrar-Umwelt<br />

Großer, Elvira, Gifhorn<br />

Wapenhensch, Renate, Kaiserslautern<br />

107


108<br />

IG Bergbau, Chemie, Energie<br />

Leunig, Cornelia, Hannover<br />

Gew. Erziehung und Wissenschaft<br />

Gertz, Norma, Berlin<br />

Greim, Diana, Berlin<br />

Martinek, Hanne, Berlin<br />

Poetzsch, Dagmar, Berlin<br />

Poetzsch, Maxi, Berlin<br />

Thöne, Wanda, Berlin<br />

Wiesenäcker, Ute, Oldenburg<br />

Gew. Nahrung, Genuss, Gaststätten<br />

Dorn, Sabine, Leipzig<br />

Hofmann, Sonja, Kerken<br />

Martens, Nicole, Hannover<br />

Ries, Isolde, Gersweiler<br />

Schwalbe, Petra, Berlin<br />

Wellen, Simone, Dortmund<br />

Zima, Irmtraud, Berlin<br />

Gewerkschaft der Polizei<br />

Uzunoglu, Elisabeth, Bremerhaven<br />

TRANSNET<br />

Bruchmann, Jessica-Danielle, Wuppertal<br />

Conte, Manuela, Karpen<br />

Dornheim, Kathrin, Berlin<br />

Hertwig, Antje, Berlin<br />

Menne, Claudia, Berlin<br />

Traue, Jana, Uhlstädt-Kirchhasel<br />

ver.di<br />

Brutzki, Ute, Berlin<br />

Wolfstädter, Alexa, Berlin<br />

Gastteilnehmerinnen der<br />

<strong>DGB</strong>-Bezirke<br />

Baden-Württemberg<br />

Blickle-Behl, Eva, Göppingen<br />

Breymaier, Leni, Stuttgart<br />

Schaaf, Marion, Mannheim<br />

Bayern<br />

Heitzer, Anneliese, Regensburg<br />

Pilwousek, Ingelore , München<br />

Berlin-Brandenburg<br />

Bischoff, Helga, Berlin<br />

Bogs, Angelika, Schwedt<br />

Hessen-Thüringen<br />

Bemmann, Silke, Erfurt<br />

Füllgrabe, Ute, Meißner<br />

Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt<br />

Höckmann, Barbara, Halle<br />

Martin, Dr. Elisabeth, Halberstadt<br />

Preissig, Sigrid, Nienburg<br />

Truelsen, Christa, Hannover<br />

Zoll-Grubert, Elisabeth, Bremen<br />

Nord<br />

Heldt, Perke, Heide<br />

Kranig, Petra, Schwerin<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Grosse, Brigitte, Düsseldorf<br />

Hannack, Elke, Gummersbach<br />

Kühn, Antonia, Düsseldorf<br />

Herting, Julia, Bergheim<br />

West<br />

Wolter, Dorit, Saarbrücken<br />

Sachsen<br />

Becherer, Heidi, Chemnitz<br />

Zimmermann, Sabine, Zwickau<br />

Gäste und Referentinnen/<br />

Moderatorinnen<br />

Adamowsky, Barbara, Berlin<br />

Bättermann, Gisela, Koblenz<br />

Bauer, Kristin, Wuppertal<br />

Baumgart, Kerstin, Berlin<br />

Baumgartner, Wolfgang, Berlin<br />

Beck, Annett, Berlin<br />

Beck, Dorothee, Frankfurt<br />

Beck, Klaus, Berlin<br />

Bodewei, Sandra, Dortmund<br />

Bothfeld, Elisabeth, Skaerbaek<br />

Bothfeld, ‚Dr. Silke, Düsseldorf<br />

Bratzke, Dr. Petra, Dessau


Bretz, Christiane, Berlin<br />

Clausen, Lena, Berlin (einblick)<br />

Csörgits, Renate, Wien<br />

Dalkmann, Susanne, Bochum<br />

Degen, Dr. Christel, Berlin<br />

Derichs-Kunstmann, Dr. Karin, Recklingh.<br />

Dittmann, Frauke, Hamburg<br />

Ducki, Dr. Antje, Berlin<br />

Dunst, Claudia, Berlin<br />

Ehlers, Jutta, Berlin<br />

Engels, Henny, Berlin<br />

Erfmann, Britta, Berlin<br />

Ferner, Elke, Berlin<br />

Geschonke, Carola, Berlin<br />

Göbel, Hedwig, Aschaffenburg<br />

Graef, Anne, Berlin (einblick)<br />

Hamacher, Gudrun, Karben<br />

Hartwich, Claudia, Wuppertal<br />

Hessedenz, Waltraud, Oerlinghausen<br />

Hoffmann, Elfriede, Datteln<br />

Huesmann, Monika, Berlin<br />

Johst, Brigitte, Berlin<br />

Kaufmann, Eva, Berlin (einblick)<br />

Klammer, Dr. Ute, Mönchengladbach<br />

Klinzing, Dr. Larissa, Berlin<br />

Köhn, Ruth, Berlin<br />

Kopel, Mechthild, Berlin<br />

Möllenberg, Franz-Josef, Hamburg<br />

Nahles, Andrea, Berlin<br />

Nejedlo, Raja, Köln<br />

Ostendorf, Dr. Helga, Berlin<br />

Pape, Karin, Genf<br />

Pfahl, Svenja, Berlin<br />

Pofalla, Roland, Berlin<br />

Reiter, Jutta, Düsseldorf<br />

Roth, Karin, Berlin<br />

Roth, Claudia, Berlin<br />

Rüling, Anneli, Berlin<br />

Salinger, Susanne, Berlin<br />

Schultz, Anja-Kathrin, Berlin<br />

Sehrbrock, Ingrid, Berlin<br />

Seyboth, Marie, Berlin<br />

Sommer, Michael, Berlin<br />

Stratemeier, Sophia, Bad Driburg<br />

Thiesbrummel, Gabriele, Recklinghausen<br />

Tondorf, Dr. Karin, Seddiner See<br />

vom Stein, Krimhilde, Kettig<br />

Wortmann, Britta, Düsseldorf<br />

Yuki, Masako, Tokio<br />

Zenker, Birgit, Köln<br />

Zissen, Clarissa, Hagen<br />

Konferenzorganisation<br />

Collm, Lilo, Berlin<br />

Ehmke, Karl, Berlin<br />

Georgi, Uschi, Ratingen<br />

Grabner-Drews, Ines, Berlin<br />

Kathmann, Maria, Berlin<br />

Nielebock, Helga, Berlin<br />

Podann, Audrey, Berlin<br />

Schmidt, Marco, Berlin<br />

Schulz, Bernhard, Berlin<br />

Stegmüller, Gunnar, Neustetten<br />

Wagner, Nicole, Berlin<br />

Zurek, Simone, Berlin<br />

109


110<br />

Anhang: Ergebnisse der Workshops<br />

Workshop Alternativen zur Arbeitslosigkeit<br />

Stichworte zu Phase 2 Diagnose Arbeitslosigkeit, Umstrukturierung in Unternehmen, Arbeitgeber wollen mehr<br />

Flexibilisierung, Privatisierung im ÖD, Fusionen, Outsourcing, schwache Binnenkonjunktur,<br />

Ranbedingungen, Arbeitszeit, Vereinbarkeit, Finanzen, Zugang zu Bildung und<br />

Weiterbildung, Verdrängung (Ein-Euro-Jobs, Mini-Jobs),<br />

Frauen zurück an den Herd, Ellenbogen gebrauchen<br />

Stichworte zu Phase 3 Noch mehr Flexibilisierung, längere Arbeitszeit, 7-Tage-Woche, Arbeiten bis 67, aktiver<br />

Arbeitsplatzabbau, mehr Arbeitslose, nie mehr Vollbeschäftigung, „Drittelgesellschaft“,<br />

regionale und berufliche Mobilität, Stellenwert Bildung wächst, Bildung wird aber teurer,<br />

„Kastengesellschaft“, Abhängigkeit von sozialen Leistungen wird steigen, Niveau der<br />

Leistungen wird aber geringer werden, Veränderung Frauenbild (Rüschengesellschaft)<br />

Phase 4 Gemeinsamkeiten: Ziele und Prioritäten<br />

Inhalte der Arbeitsphase 4 Schaffung von gesellschaftlichem Bewusstsein für Umverteilung – Änderung der Programmatik<br />

in der Arbeitszeitpolitik auf 30 Stunden<br />

Solidarisierung<br />

Innergewerkschaftliche Diskussion um Leistungsgerechtigkeit<br />

Gesundheitspolitik<br />

Bildung auf Mitgliedsebene diskutieren<br />

Definition von Mindeststandards<br />

Recht auf abgesicherte „Auszeit“<br />

Wichtigste Forderungen Bewusstsein schaffen von Umverteilung von Arbeit, Änderung der Programmatik<br />

Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden,<br />

Bildung auf Mitgliedsebene diskutieren, Vernetzung mit Jugend, weg von Funktionärsebene,<br />

innergewerkschaftliche Diskussion um Leistungsgerechtigkeit<br />

Welche Prioritäten wurden Für die Themen Umverteilung von Arbeit, Bildung und innergewerkschaftliche Diskussion<br />

gesetzt? gab es folgende Prioritäten:<br />

❚ Bewusstsein schaffen<br />

❚ innergewerkschaftliche Diskussion leistungsgerecht mit geschlechterspezifischem Blick<br />

❚ Bildung auf betrieblicher Ebene<br />

Anmerkungen Schneller Konsens in der Gruppe, Ziele und Prioritäten waren schnell gefunden, lag evtl.<br />

an der Größe der Gruppe (10 Personen) und Altersstruktur (keine Generationsdiskussion<br />

möglich, da keine unterschiedlichen Generationen vertreten)<br />

Phase 5 Entwickeln von Strategien in Betrieb, Politik und Gewerkschaft


Inhalte der Arbeitsphase 5 In moderierter Gruppenarbeit wurden für die Themenschwerpunkte der Phase 4<br />

mögliche Strategien diskutiert. Fragestellungen waren, welche Strategien sind erfolgreich,<br />

wie wollen wir unsere Ziele erreichen, was können wir beitragen.<br />

(Themen: Bewusstseinsentwicklung/Programmatik in der Arbeitszeitpolitik, Bildung,<br />

„Selbstermächtigung“/Leistungsgerechtigkeit)<br />

Welche Durchsetzungs- Bewusstseinsentwicklung und Bildung:<br />

strategien wurden Ist-Beschreibung vorgenommen, klare Benennung der Situation (wenn ein Arbeitsplatz<br />

entwickelt? weg ist, dann ist er weg), in die Schulen gehen, was hat Person davon?, Mitglieder<br />

befragen<br />

Leistungsgerechtigkeit: neue Risiken, Transferleistungen, Wertigkeit von Berufen, Lohngerechtigkeit<br />

(ERA), Rentengerechtigkeit und BBG.<br />

Im Betrieb? Bewusstseinsentwicklung:<br />

andere Work-Life-Balance transportieren, fachspezifische Personalversammlung,<br />

Überstundenproblem lösen, Aufklären in Betriebsversammlung.<br />

Bildung:<br />

Bedeutung verdeutlichen, Prävention vor Arbeitslosigkeit, gegenderte Bildung, Bewerben<br />

bei Equality.<br />

Leistungsgerechtigkeit:<br />

Sozialplan, Familienzeit<br />

In der Politik? Bewusstseinsentwicklung:<br />

Maßnahmen, die Arbeitgeber in die Pflicht nehmen – Gewinne und Entlassungen,<br />

Weiterentwicklung Arbeitszeitgesetz, gegen Überstunden, Steuern auf Überstunden<br />

Bildung:<br />

Bildungsurlaub einheitlich gestalten, Prädikate Equality,<br />

Schulen – Förderung von klein auf, Bildungsgerechtigkeit ist notwendig.<br />

Leistungsgerechtigkeit:<br />

Abfindungsregelung Österreich, BBG – Ausweitung der Einkünfte,<br />

Wertigkeit von Berufen, Absicherung biografischer Lücken, Individualisierung sozialer<br />

Leistungen.<br />

In der Gewerkschaft? Bewusstseinsentwicklung:<br />

Kollektive Sichtweise für Gesamtbevölkerung, im <strong>DGB</strong> übergreifend powern, Basis<br />

befragen.<br />

Bildung:<br />

In die Schulen gehen, Tarifverträge zur betrieblichen Bildung, Bildungs- und Karriereplanung,<br />

Girls’ Day, Kinderuni, Produktionstage.<br />

Leistungsgerechtigkeit:<br />

Wertigkeit von Berufen prüfen, Transfers, Familienzeit<br />

Welche zentralen „Frauen sind unerhört“ – und verschaffen sich Gehör durch Selbstermächtigung,<br />

Botschaften hat die stellen die männlich dominierten Werte in dieser Arbeitsgesellschaft in Frage und werden<br />

Arbeitsgruppe entwickelt? sie verändern,<br />

wir brauchen als gesellschaftliche Gegenmacht ein gewerkschaftliches Fernsehen, wir<br />

wollen nicht nur gehört, sondern auch gesehen werden.<br />

Anmerkungen Die strategischen Botschaften finden sich in den Arbeitsphasen 4 und 5.<br />

111


112<br />

Workshop<br />

Stichworte zu Phase 2<br />

Stichworte zu Phase 3<br />

Phase 4 / Inhalte<br />

35/30-Stunden-Woche<br />

schaffen bzw. erhalten<br />

Elternzeit<br />

Nachbesserung TZ-Gesetz<br />

Gutes Arbeitsklima,<br />

Gestaltung von Arbeitszeitbedingungen,Lebensarbeitszeitmodelle,<br />

z.B. NL, B<br />

Landzeitkonto<br />

„Lebensarbeitszeit“<br />

verkürzen<br />

Pflegezeit<br />

BürgerInnengeld / bürgerschaftliches<br />

Engagement<br />

Welche Prioritäten wurden<br />

gesetzt?<br />

Phase 5<br />

Inhalte der Arbeitsphase 5<br />

Arbeitszeit<br />

Vereinbarkeit, Elternzeit, Pflege<br />

Gestaltung von Arbeitszeiten, Arbeitszeitmodelle, Teilzeit, Arbeitszeitverlängerung<br />

Zeit für das Ehrenamt, gewerkschaftliche Arbeit (bürgerschaftliches Engagement),<br />

Arbeitsplätze sichern<br />

Arbeitszeitverlängerung (teilweise ohne Bezahlung)<br />

Arbeitsplatzflexibilisierung/Arbeitsverdichtung<br />

Teilzeit/geringfügige Arbeitsverhältnisse<br />

Zunahme der Samstagsarbeit<br />

Polarisierung: zuviel – zuwenig Zeit<br />

Neue „Härte“ beim Thema Zeit von der Arbeitgeberseite<br />

Zeit für bürgerschaftliches Engagement<br />

Gemeinsamkeiten: Ziele und Prioritäten<br />

Lebensdurchschnitt, finanzielle Absicherung, Arbeitsbedingungen, Pensum<br />

Teilzeitregelungen erhalten, über drei Jahre erweitern, Qualifizierung in Elternzeit,<br />

Rechtsanspruch ganztägige Betreuung<br />

Dringende betriebliche Gründe, Rückkehrrecht festschreiben,<br />

Zwei-Jahresfrist soll gestrichen werden<br />

Spannende Vision? Positive Modelle zum Kennenlernen, <strong>Sicherung</strong> von Arbeitsplätzen,<br />

Kombination 35/30-Stunden-Woche und Langzeitarbeitskonten, Insolvenzsicherung,<br />

gesellschaftliches Umdenken notwendig, positive Modelle zum Kennenlernen, nicht nur<br />

verschiebbar and das Lebensende, die Möglichkeit eines Vorschusses auf die zukünftige<br />

gesamte Lebensarbeitszeit, Vertrauen in den Staat,<br />

Abhängig von Person, Tätigkeit, betriebliches Umfeld, variabel gestalten<br />

Ansatzpunkte aus dem Positionspapier <strong>DGB</strong> müssen berücksichtigt werden, Voraussetzung<br />

klären! Thema wird zunehmend wichtiger, Gefahr für Frauen!!!<br />

Hoher Klärungsbedarf, für was setze ich mich ein? Wer zahlt? Anrechnung auf Arbeitszeit?<br />

Arbeitsauftrag!!!<br />

Lebensarbeitszeitmodelle/Langzeitarbeitskonten<br />

35/30-Stunden-Woche schaffen bzw. erhalten Elternzeit<br />

Nachbesserung TZ-Gesetz<br />

„Lebensarbeitszeit“ verkürzen<br />

BürgerInnengeld / bürgerschaftliches Engagement berücksichtigen<br />

Entwickeln von Strategien in Betrieb, Politik und Gewerkschaft<br />

Langzeitarbeitskonten/Lebensarbeitszeitmodelle<br />

30/35-Stunden-Woche<br />

Nachbesserung Teilzeit


Im Betrieb?<br />

In der Politik?<br />

In der Gewerkschaft?<br />

Welche zentralen Botschaften<br />

hat die Arbeitsgruppe<br />

entwickelt?<br />

Langzeitarbeitskonten/Lebensarbeitszeitmodelle<br />

Insolvenzsicherung, Freizeitausgleich bei AZ-Konten/Langzeitkonten stärken, Sensibilisierung,<br />

Erfahrungsberichte/Akzeptanz, Information für BR/PR, Qualifizierung aller ArbeitnehmerInnen<br />

30/35-Stunden-Woche<br />

Einhaltung der Tarifverträge, Abfrage der Beschäftigten, Arbeitsplatzsicherung<br />

Nachbesserung Teilzeit<br />

Solidarität zwischen TZ und VZ im Betrieb anstreben, Dienstvereinbarungen abschließen,<br />

Männer für TZ gewinnen: Vorbildväter in den Betrieben aufzeigen<br />

Langzeitarbeitskonten/Lebensarbeitszeitmodelle<br />

konkrete Beispiele/Versicherungsverläufe durchrechnen, gesetzliche Regelungen, gesellschaftliches<br />

Verständnis, Studien über Auswirkung auf Staat, Familie und Gesellschaft,<br />

Beratungsinfrastruktur für BR/PR bereitstellen, Anregung aus dem Ausland holen<br />

30/35-Stunden-Woche<br />

Änderung des AZ-Gesetzes, Arbeitslosigkeit beseitigen bzw. verringern<br />

Nachbesserung Teilzeit<br />

gesellschaftliches Verständnis vom Arbeitsplatz verändern<br />

Langzeitarbeitskonten/Lebensarbeitszeitmodelle<br />

wissenschaftliche Untersuchungen vorhandener ähnlicher Modelle, Frauenkonferenzen,<br />

Beispiele aus anderen Ländern, WinWin-Beispiele von Wissenschaft entwickeln lassen,<br />

positive/negative Beispiele aus TV/BV, Öffentlichkeitsarbeit<br />

30/35-Stunden-Woche<br />

Aufklärungskampagne, Thema verkoppeln mit: demografischer Wandel, Geschlechtergerechtigkeit,<br />

Kinderwünsche/Familienwünsche, Kampagne „Her mit dem ganzen<br />

Leben“, „5 Stunden mehr für Liebe und Verkehr“, öffentliche Diskussionen<br />

Nachbesserung Teilzeit<br />

Kampagne: „Hätt’ er Teilzeit könnt’ er länger“, Betriebe mit guten Regelungen/Praxis<br />

groß, positiv und öffentlich herausstellen<br />

kein Gegensatz „Vollzeit – Teilzeit“, fließender Übergang<br />

Auch das Private ist politisch<br />

Arbeitszeit an Lebensphasen anpassen<br />

Arbeitszeitkampagnen mit anderen aktuellen Themen verbinden, z.B. demografischer<br />

Wandel, Geschlechtergerechtigkeit usw. und dabei Optimismus verbreiten und „Lust“<br />

auf das Thema machen<br />

Blick weiten – nicht nur Arbeit, sondern das ganze Leben einbeziehen, „Her mit dem<br />

ganzen Leben“, „Hätt’ er Teilzeit könnt’ er länger“, „5 Stunden mehr für Liebe und<br />

Verkehr“,<br />

Arbeit anders definieren (keine Unterscheidung in Vollzeit und Teilzeit)<br />

113


114<br />

Workshop<br />

Stichworte zu Phase 2<br />

Stichworte zu Phase 3<br />

Phase 4<br />

Inhalte der Arbeitsphase 4<br />

Wichtigste Forderungen<br />

Welche Prioritäten wurden<br />

gesetzt?<br />

Anmerkungen<br />

Phase 5<br />

Entgelt<br />

Ausgangspunkt: Frauen verdienen nach wie vor 25 % weniger. Aktuell sehen wir die<br />

Chance, diskriminierungsfreie Tarifverträge zu bekommen (ERA, Tarifvertrag ÖD), die<br />

„Gerechtigkeitslücke“ zugunsten von Frauen schließen zu können, u.a. durch eine andere<br />

Arbeitsbewertung (Stichworte: weiche Kriterien, wie etwa soziale Kompetenz). Wichtig<br />

war der Arbeitsgruppe, die vorhandenen Instrumente zur Durchsetzung und Umsetzung<br />

im Betrieb zu nutzen. Nicht diskutiert wurde die künftige Rolle der Politik etwa in<br />

der Frage des Mindestlohns.<br />

Wir haben uns vorgestellt, wo wir im Jahr 2009 zur nächsten <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz<br />

stehen werden. Bis dahin soll es einen Existenz sichernden gesetzlichen Mindestlohn<br />

ebenso wie diskriminierungsfreie Tarifverträge geben. Dazu gehört auch, dass in<br />

den Tarifkommissionen künftig das Prinzip des Gender Mainstreaming berücksichtigt<br />

wird.<br />

Gemeinsamkeiten: Ziele und Prioritäten<br />

Zu ERA und ÖD-Tarifvertrag wurde von der automatischen Umsetzung ausgegangen.<br />

Die Debatte drehte sich daher ausschließlich um einen Existenz sichernden Mindestlohn<br />

und auf welchem Wege dieses erreicht werden kann. Dazu gab es drei Vorschläge: ein<br />

einheitliches Votum der <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenkonferenz dazu, die bereits vorhandenen<br />

tarifvertraglichen Regelungen umzusetzen, während die gesetzliche Reglung am Ende<br />

der Skala steht.<br />

Das zweite Thema war der Wunsch nach diskriminierungsfreien Tarifverträgen, an dritter<br />

Stelle steht die Forderung nach Abschaffung aller prekären Beschäftigungsverhältnisse<br />

und Umwandlung in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse.<br />

Die Forderungen richten sich in der Tarifpolitik in erster Linie an die Gewerkschaften. Wir<br />

fordern die konsequente Umsetzung des GM-Prinzips und Mitspracherecht der Frauen<br />

bis hin zum Veto-Recht, ferner eigene Tarifkommissionen. Wir selbst wollen tarifpolitische<br />

Netzwerke aufbauen und eigene Frauentarifkommissionen gründen. Tarifpolitiker<br />

müssen sensibilisiert werden für die anhaltende Diskriminierung von Frauen, dazu gehören<br />

auch Schulungen für Betriebs- und Personalräte. Um Lohnungleichheit zu beseitigen,<br />

fordern wir ein Klagerecht der einzelnen Arbeitnehmerin gegenüber dem Arbeitgeber.<br />

Informationsbedarf besteht zudem über die geltende Rechtslage der EU in der Frage<br />

Lohnungleichheit.<br />

Verabredet wurde, sofort mit der Arbeit zu beginnen und auch junge Frauen aufzuklären<br />

und zu informieren, welche Vorteile es hat, bei den Gewerkschaften mitzuarbeiten.<br />

Entwickeln von Strategien in Betrieb, Politik und Gewerkschaft


Inhalte der Arbeitsphase 5<br />

Welche Durchsetzungsstrategien<br />

wurden entwickelt?<br />

Im Betrieb?<br />

In der Politik?<br />

In der Gewerkschaft?<br />

Welche zentralen Botschaften<br />

hat die Arbeitsgruppe<br />

entwickelt?<br />

Anmerkungen<br />

Da nur noch wenige Kolleginnen der Arbeitsgruppe anwesend waren, wurden drei kleine<br />

Unterarbeitsgruppen gebildet, die zu folgenden Ergebnissen kamen: Aufbau von<br />

Frauennetzwerken gegen boy-groups. Wir wollen für unsere Themen in der Gewerkschaft,<br />

aber auch an unserem Arbeitsplatz sensibilisieren und Kampagnen zu unseren<br />

Themen durchführen, z.B. zur Umsetzung des ERA-Vertrages. Junge Frauen wollen wir<br />

gezielt ansprechen, sie mit anderen Mitteln versuchen zu interessieren und für die Mitarbeit<br />

gewinnen. Hier wurde auf die Workshops des <strong>DGB</strong>-Bundesfrauenausschusses verwiesen,<br />

ohne eigene konkrete Vorschläge zu machen.<br />

Es soll verstärkt über die EU-Rechtsgrundlagen informiert werden (s. Darstellung von<br />

Karin Tondorf).<br />

Zu denken gibt der Satz einer Kollegin, die feststellte, dass sie erst jetzt auf der Bundesfrauenkonferenz<br />

verstanden habe, wie wichtig es ist, über die Probleme in den anderen<br />

Gewerkschaften etwas zu hören und gemeinsam darüber nachzudenken, welche Strategien<br />

künftig zum Erfolg führen könnten.<br />

Fazit: Der gewählte Strategietag wurde von allen Kolleginnen positiv bewertet. Einige<br />

nehmen eine Art Aufbruchstimmung mit in ihren Alltag.<br />

115


116<br />

Workshop<br />

Stichworte zu Phase 2<br />

Stichworte zu Phase 3<br />

Phase 4<br />

Inhalte der Arbeitsphase 4<br />

Wichtigste Forderungen<br />

Welche Prioritäten wurden<br />

gesetzt?<br />

Anmerkungen<br />

Phase 5<br />

Welche Absicherung brauchen wir im Alter?<br />

Zukunft der Rente, Rentenminderung, Altersteilzeit, Frauensolidarität, Rente bei Niedriglöhnen,<br />

private Altersvorsorge (wovon?), Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten,<br />

ist Armut weiblich?, Unterschiede Ost-West, keine Mindestrente, Schweizer System,<br />

mehr Umverteilung in der 1. Säule, Hinterbliebenenrente, Versorgungsausgleich, Tarifverträge<br />

zu Teilzeit, Betriebsrente, Genderfokus, Informationsaustausch über Systeme und<br />

Möglichkeiten<br />

Eigenständige Alterssicherung für Frauen, bedarfsorientierte Mindestrente,<br />

Lebens”arbeits“zeit verlängern, Vertrauensschutz (Betriebsrente, Ausbildungszeiten),<br />

starre Altersgrenze (alternsgerechtes Arbeiten), Steuerfinanzierung?<br />

Ferner wurde diskutiert: Rente und Jugendliche, Frauen mit Kindern ↔ Frauen ohne Kinder,<br />

Spannungsfeld Schutzrechte ↔ Individualisierung, staatl. Förderung von Eigeninitiative,<br />

keine Anrechnung von Eigeninitiative auf gesetzl. Rente, Rente mit 60, Mindestrente<br />

(80 % Grundsicherung, 20 % beitragsabhängige Versichertenrente)<br />

Gemeinsamkeiten: Ziele und Prioritäten<br />

Billig-Jobs = unsozial => beitragspflichtige Beschäftigung<br />

Flexible Altersgrenze<br />

Zahlende Institution ist beitragspflichtig<br />

Mindestrente (Ausgleich im System)<br />

Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit<br />

Allgemeine Versicherungspflicht<br />

Frauengerechte Modelle in betrieblicher und privater Vorsorge<br />

Eigenständige Alterssicherung von Frauen<br />

Neuverteilung der Lebens“arbeits“zeit (Dekompression)<br />

Allgemeine Versicherungs- und Beitragspflicht<br />

Solidarausgleich – Abschwächung der Beitragsäquivalenz „Schweizer Modell“<br />

Frauengerechte Modelle in betrieblicher und privater Vorsorge<br />

Eigenständige Alterssicherung von Frauen<br />

Neuverteilung der Lebens“arbeits“zeit (Dekompression)<br />

Portabilität von Betriebsrenten<br />

Wegfall der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze<br />

Modelle der Tarifpartner unter Mitwirkung von Frauen<br />

Keine Bindung von Unverfallbarkeit an Mindestbeschäftigungszeiten<br />

Andere Bildungspolitik<br />

Allgemeine Versicherungspflicht in der betrieblichen Altersvorsorge<br />

Pro Riester contra Eichel -> Modelle dürfen GRV nicht aushöhlen<br />

Flexible Sparmodelle bezüglich Beitragseinzahlung<br />

Partnerabhängigkeit reduzieren bei Hinterbliebenenrenten<br />

Anrechnung von Ehrenamt?<br />

Entwickeln von Strategien in Betrieb, Politik und Gewerkschaft


Inhalte der Arbeitsphase 5<br />

Welche Durchsetzungsstrategien<br />

wurden entwickelt?<br />

Im Betrieb?<br />

In der Politik?<br />

In der Gewerkschaft?<br />

Welche zentralen Botschaften hat<br />

die Arbeitsgruppe entwickelt?<br />

Anmerkungen<br />

Aufklärungskampagne in Betrieb, Gewerkschaft und Politik<br />

Betriebsversammlungen<br />

Beratung durch Betriebsräte<br />

Gespräche Betriebsrat – Arbeitgeber<br />

Informationen durch GewerkschaftsvertreterInnen im Betrieb<br />

Lobbyarbeit<br />

Forderungen an die Politik zur Verabschiedung entsprechender Gesetze<br />

BündnispartnerInnen suchen<br />

Fernsehspots<br />

Überzeugungsarbeit in der Gewerkschaft<br />

Informationsmaterial<br />

Handlungshilfen<br />

Veranstaltungen<br />

Einbringung von Fraueninteressen in die Tarifpolitik<br />

Allgemeine Versicherungs- und Beitragspflicht für alle arbeitsfähigen Menschen, unabhängig<br />

von Einkommensart<br />

- Solidarausgleich im System<br />

Frauengerechte Modelle für betriebliche und private Vorsorge<br />

117


118<br />

Workshop<br />

Stichworte zu Phase 2<br />

Stichworte zu Phase 3<br />

Phase 4<br />

Inhalte der Arbeitsphase 4<br />

Wichtigste Forderungen<br />

Welche Prioritäten wurden<br />

gesetzt?<br />

Anmerkungen<br />

Phase 5<br />

Hartz IV<br />

Beschreibung persönlicher Schicksale und Erfahrungen im Umgang mit Hartz IV<br />

Es wird gefordert, nicht gefördert<br />

Ein-Euro-Jobs werden missbräuchlich angewandt<br />

So genannte Integrationsinstrumente greifen nicht<br />

Aktive Arbeitmarktpolitik findet nicht statt.<br />

Wegfall der Ein-Euro-Jobs<br />

Wegfall der Anrechnung des Partnereinkommens<br />

Besserer und passgenauerer Zugang zu Qualifizierung<br />

Existenzsicherndes Einkommen für alle<br />

Bezahlte Arbeit für alle<br />

Regelungen zur Kinderbetreuung umsetzen und auf das SGB III erweitern<br />

Geschlechtsspezifische Erfassung aller Arbeitsmarktdaten und gleichberechtigter Zugang<br />

zu den Instrumenten<br />

Gemeinsamkeiten: Ziele und Prioritäten<br />

In der Phase 3 wurden unter dem Punkt „zukünftige Erwartungen und Visionen“ bereits<br />

Zielvorstellungen formuliert, die in der Diskussion vertieft wurden.<br />

Die einzelnen Diskussionspunkte wurden in „griffige“ Forderungen eingebracht, dabei<br />

konnten aufgrund der Zeit nicht alle andiskutierten Themen ausgearbeitet werden.<br />

Aktive Arbeitsmarktpolitik statt Sanktionen<br />

Wirksame Integrationsmaßnahmen und Entwicklung aktiver existenzsichernder Instrumente<br />

hin zu sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung statt Ein-Euro-Jobs und Mini-<br />

Jobs<br />

Auftrag an <strong>DGB</strong> und Einzelgewerkschaften: „garantiertes, voraussetzungsloses Grundeinkommen“<br />

diskutieren<br />

Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung<br />

Kinderbetreuung wie SGB II vorgesehen umsetzen und auf SGB III erweitern<br />

Massive Investitionen in Humandienstleistungen<br />

Nach dem Punktesystem stand die aktive Arbeitsmarktpolitik mit Priorität 1 fest. Die<br />

wirksamen Integrationsmaßnahmen und das Grundeinkommen waren gleich gepunktet<br />

und wurden in die Präsentation aufgenommen.<br />

Nächste Priorität erhielten die Forderungen zur Kinderbetreuung.<br />

Das Thema Hartz IV ist mit vielen Emotionen besetzt, was auch in der Arbeit der Arbeitsgruppe<br />

deutlich wurde. Viele Positionen wurden sehr kontrovers diskutiert. Die ausgearbeiteten<br />

Forderungen sind nach den entsprechenden Diskussionsprozessen im Konsens<br />

verabschiedet worden. Die Diskussion hat gezeigt, dass gerade Themen wie die Ein-<br />

Euro-Jobs aus Betroffenheit heraus nochmals besorgter diskutiert wurden als am „grünen<br />

Tisch“. Schneller und dringend notwendiger Handlungsbedarf wird von allen gesehen!<br />

Entwickeln von Strategien in Betrieb, Politik und Gewerkschaft


Inhalte der Arbeitsphase 5<br />

Welche Durchsetzungsstrategien<br />

wurden entwickelt?<br />

Im Betrieb?<br />

In der Politik?<br />

In der Gewerkschaft?<br />

Welche zentralen Botschaften hat<br />

die Arbeitsgruppe entwickelt?<br />

Anmerkungen<br />

Entsprechend der Vielfalt der Forderungen schlugen die Kolleginnen vielfältige, den einzelnen<br />

Themen angemessene Strategien vor.<br />

Zusätzlich neue Partner/Partnerinnen zur Mitarbeit mobilisieren und gewinnen<br />

Medien einbinden und sensibilisieren.<br />

Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen im Betrieb<br />

Auswirkungen diskutieren<br />

Einmischen in Gesetzgebungsverfahren<br />

Diskussion mit Landtags- und Bundestagsabgeordneten<br />

Diskussionsprozess von unten nach oben organisieren<br />

Betriebs- und Personalräte mit einbinden<br />

Demonstrationen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit<br />

Lokale und regionale Projekte entwickeln in Kooperationen mit Trägern, Unternehmen,<br />

Bundesagentur usw.<br />

Eigene Forderungen formulieren und durchsetzen<br />

Aktive Arbeitsmarktpolitik statt Sanktionen<br />

Wirksame Integrationsmaßnahmen und Entwicklung aktiver existenzsichernder Instrumente<br />

hin zu szialversicherungspflichtiger Beschäftigung<br />

Auftrag an <strong>DGB</strong> und Einzelgewerkschaften: „garantiertes voraussetzungsloses Grundeinkommen“<br />

diskutieren!<br />

Aufgrund der gemachten Erfahrungen der Vergangenheit sollten die Forderungen nicht<br />

nur an die Frauenministerin weitergeleitet werden, sondern auch dem Arbeitsminister<br />

vorgelegt werden<br />

119


120<br />

Workshop<br />

Stichworte zu Phase 2<br />

Stichworte zu Phase 3<br />

Phase 4<br />

Inhalte der Arbeitsphase 4<br />

Wichtigste Forderungen<br />

Welche Prioritäten wurden<br />

gesetzt?<br />

Anmerkungen<br />

Aufstieg<br />

Aufstieg von Frauen heute eher möglich, aber häufig verbunden mit Verzicht auf Kinder<br />

Gesetzliche Grundlagen vorhanden, bei schulischen und beruflichen Abschlüssen sind<br />

Frauen mit Männern gleichgezogen<br />

Mittlerweile sind Frauen auf der mittleren betrieblichen Hierarchie- und Managementebene<br />

besser vertreten als früher<br />

Aber: „gläserne Decke“ bei den Spitzenpositionen in Gesellschaft und in der Arbeitswelt<br />

Zu wenig Frauennetzwerke<br />

Unprofessionalität bei der Personalauswahl<br />

Konkurrenz- und Aufstiegsdenken bei Frauen noch zu wenig verankert und zielgerichtet<br />

Verteidigung des Erreichten<br />

Demographische Entwicklung und Globalisierung führen zu veränderten Bedingungen<br />

der Frauenerwerbstätigkeit<br />

Veränderungen des Frauenbildes<br />

Ausweitung der Berufsauswahl und Aufwertung von sog. Frauenspezifischen Berufen<br />

Kinderbetreuung flächendeckend als Voraussetzung für Berufstätigkeit und Karriere<br />

Teilhabe der Männer an Familie und Kindern<br />

Aufstieg und Familie als gelebte Selbstverständlichkeit<br />

Gemeinsamkeiten: Ziele und Prioritäten<br />

Konsens: Weitere gesetzliche Absicherung und Begleitung der Gleichstellung, Ausbau<br />

von Netzwerken, paritätische Besetzung von Gremien und Anstreben von Machtpositionen<br />

Kontroverse Diskussionen: Sinn von Quoten (wie Lange) und Arbeitszeiten (Teilzeit)<br />

Flächendeckende Kinderbetreuung und gesetzliche Teilung der Elternzeit auf Vater und<br />

Mutter<br />

Gleichstellungsgesetz für die private Wirtschaft und Landesgleichstellungsgesetze<br />

Paritätische Gremienbesetzung und Genderprüfung in allen Bereichen auch in Bildung<br />

und Wissenschaft<br />

Quotierung der Spitzenpositionen (auch Wahlfunktionen) im <strong>DGB</strong>/Einzelgewerkschaften<br />

Mehr Frauen in technisch-naturwissenschaftlichen Berufen und Studiengängen<br />

Gesetzliche Grundlagen erhalten und ausbauen (die Gleichstellungsgesetze, Antidiskriminierungsgesetz,<br />

Elterngeld usw.)<br />

Paritätische Besetzung der Gremien in:<br />

Politik<br />

Gewerkschaften<br />

Unternehmen/Betriebe<br />

Sichtbarmachung von Defiziten<br />

Datenerhebung und Zeitreihen (Politik, Gewerkschaften und Betriebe)<br />

Präsenz in interner und externer Öffentlichkeit<br />

Mehr Machtpositionen


Phase 5<br />

Inhalte der Arbeitsphase 5<br />

Welche Durchsetzungsstrategien<br />

wurden entwickelt?<br />

Im Betrieb?<br />

In der Politik?<br />

In der Gewerkschaft?<br />

Welche zentralen Botschaften hat<br />

die Arbeitsgruppe entwickelt?<br />

Anmerkungen<br />

Entwickeln von Strategien in Betrieb, Politik und Gewerkschaft<br />

Sichtbar machen<br />

Datenerhebung, Datensammlung, Datenaufbereitung, Öffentlichkeitswirksame Aktionen<br />

Gremienbesetzung verändern<br />

Strategien zur Erreichung von Machtpositionen<br />

Besetzung von Aufsichtsräten und Vorständen öffentlich machen<br />

Verdienste und Gewinne öffentlich machen<br />

Frauenförderung in den Betrieben<br />

Mentoring, Empowerment, Coaching<br />

Einflussnahme auf Gesetzgebung (Stellungnahmen etc., aber auch mehr Aktionen)<br />

Veröffentlichung der Gremienbesetzungen und rechtzeitige Information und Vorbereitung<br />

Zeile festlegen und Verantwortlichkeiten schaffen und delegieren, Evaluation und Controlling<br />

Rekrutierung aus Frauennetzwerken<br />

Informationen über Termine, Amtsperioden zur besseren Planung<br />

Mindestquoten umsetzen (Antrag des Bundesfrauenausschusses für den <strong>DGB</strong>-Kongress:<br />

Quotierung verpflichtend in allen Bereichen des <strong>DGB</strong> und der Einzelgewerkschaften),<br />

aktive Suche nach geeigneten Kandidatinnen<br />

121


122<br />

Workshop<br />

Stichworte zu Phase 2<br />

Stichworte zu Phase 3<br />

Phase 4<br />

Inhalte der Arbeitsphase 4<br />

Wichtigste Forderungen<br />

Welche Prioritäten wurden<br />

gesetzt?<br />

Phase 5<br />

Inhalte der Arbeitsphase 5<br />

Themenblöcke<br />

Im Betrieb?<br />

In der Politik?<br />

Berufseinstieg/Wiedereinstieg<br />

Arbeitsauftrag geändert in: Wiedereinstieg<br />

Der Begriff „Wiedereinstieg“ ist problematisch, weil Wiedereinstieg einen Ausstieg voraussetzt.<br />

Es wurden in Zweier-AGs Visionen für das Jahr 2009 erarbeit.<br />

Gemeinsamkeiten: Ziele und Prioritäten<br />

Sammeln von Kernforderungen und Hauptthemen<br />

Umverteilung der Arbeit<br />

Elternzeit<br />

Gender Mainstreaming intern und extern (Gewerkschaften)<br />

Kinderbetreuung<br />

Qualifizierung für Wiedereinstieg<br />

Prozess von lebensbegleitedem Arbeiten und Lernen<br />

„Ausstieg“ versus Anschluss halten<br />

Kündigungsschutz<br />

Übernahme nach der Ausbildung<br />

Gewerkschaften zusammen (jung und alt)<br />

Prozess von lebensbegleitendem Lernen und Arbeiten<br />

Umverteilung der Arbeit<br />

Elternzeit und Kinderbetreuung<br />

Entwickeln von Strategien in Betrieb, Politik und Gewerkschaft<br />

Es wurden Forderungen an Politik, Betrieb und Gewerkschaften erarbeitet<br />

Elternzeit und Kinderbetreuung<br />

Prozess von lebensbegleitendem Arbeiten und Lernen<br />

Zu 1.<br />

Anspruch auf individuelle Personalentwicklung<br />

Betriebliche Beteiligung an Kinderbetreuung<br />

Zielgrößen in Betrieben einführen für Anzahl der Männer, die Elternzeit nehmen<br />

Zu 2.<br />

Mehr Qualifikation im Betrieb (Angebote für alle Arbeitnehmer)<br />

Betriebsräte sollen ihr Recht auf Mitbestimmung wahrnehmen<br />

Mehr Ausbildung durch Betriebe und mindestens 1 Jahr Übernahme<br />

Zu 1.<br />

Umsetzung der Forderung von Elterngeld als Lohnersatzleistung (begleitet durch Öffentlichkeitskampagne)<br />

Rechtsanspruch auf qualitativ hochwertige, bezahlbare, wohnortnahe Kinderbetreuung<br />

für alle Kinder im Alter von 0 bis mind. 10 Jahre


In der Gewerkschaft?<br />

Welche zentralen Botschaften<br />

hat die Arbeitsgruppe entwickelt?<br />

Zu 2.<br />

Verbesserung des Kündigungsschutzes für ArbeitnehmerInnen<br />

Anspruch Bildung/Weiterbildung ohne Altersbegrenzung<br />

Entwicklung/Weiterentwicklung von qualitativ hochwertigen Qualifizierungsangeboten<br />

Keine negativen Auswirkungen auf Rente und Sozialleistung<br />

Zu 1.<br />

Forderungen offensiv vertreten (Stellenwert erhöhen)<br />

Positive Beispiele vorleben<br />

Zu 2.<br />

Politische Bildungsangebote vermehrt anbieten<br />

Trainingsangebote (persönliches Coaching für Personen in „Veränderung“)<br />

Weiterentwicklung/Entwicklung von Konzepten<br />

Schnelle Einführung des geplanten Elterngeldes als Lohnersatzleistung verbunden mit<br />

einem Rechtsanspruch auf einen qualitativ hochwertigen bezahlbaren wohnortnahen<br />

Platz in einer Betreuungseinrichtung für alle Kinder im Alter von 0 bis mind. 10 Jahren,<br />

damit Frauen und Männer die gleichen Chancen auf Erwerbstätigkeit und Karriere<br />

haben.<br />

Für den Prozess des lebensbegleitenden Lernens und Arbeitens fordern wir<br />

Die Beibehaltung des Kündigungsschutzes<br />

Einen Rechtsanspruch auf Bildung und Weiterbildung ohne Altersbegrenzung<br />

Die Entwicklung und Weiterentwicklung von qualitativ hochwertigen Bildungs- und Qualifizierungsangeboten<br />

Einen Grundanspruch auf kostenfreie Bildung und Weiterbildung<br />

Die Inanspruchnahme von Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen darf keine negativen<br />

Auswirkungen auf die Rente und Sozialleistungen haben<br />

123


124<br />

Workshop<br />

Stichworte zu Phase 2<br />

Stichworte zu Phase 3<br />

Phase 4<br />

Inhalte der Arbeitsphase 4<br />

Wichtigste Forderungen<br />

Welche Prioritäten wurden<br />

gesetzt?<br />

Anmerkungen<br />

Phase 5<br />

Inhalte der Arbeitsphase 5<br />

Welche Durchsetzungsstrategien<br />

wurden entwickelt?<br />

Im Betrieb?<br />

Qualifizierung<br />

Auseinanderklaffen von Theorie und Praxis<br />

Widersprüchlichkeiten, z.B. Anforderungen zum lebenslangen Lernen und trotzdem<br />

hohe Arbeitslosigkeit<br />

Fehlende Nachhaltigkeit<br />

Differenziertes Herangehen ist nötig<br />

Bewusstsein für Qualifizierung schaffen, Motto: Frauen-Karriere-Lebensweg<br />

Bedarfsorientierte Qualifizierungsangebote schaffen<br />

Qualifizierungsverträge in Branchen<br />

Gemeinsamkeiten: Ziele und Prioritäten<br />

Prioritätensetzung wie in Phase 3<br />

Gesamtgesellschaftlich:<br />

Von der Bundesregierung ein Bundesbildungsurlaubsgesetz mit freizügigen Regelungen;<br />

von den Landesregierungen die Qualifizierung von Lehrkräften zur Vermittlung<br />

von geschlechterspezifischen Berufsbildern: von Arbeitgebern problemlose Freistellung,<br />

insbesondere auch für politische Bildung<br />

Die Mitgliedsgewerkschaften verankern unter dem Dach des <strong>DGB</strong> die geschlechterspezifische<br />

Sicht der Qualifizierung im Bewusstsein von Betriebs- und Personalräten;<br />

gewerkschaftsübergreifende Bildungsangebote sollten entwickelt werden; die Überprüfung<br />

der Satzungen der Mitgliedsgewerkschaften auf geschlechterspezifische Interessenvertretung<br />

sollte vorgenommen werden; Qualifizierungskonferenzen im <strong>DGB</strong> sollten<br />

die Analyse des Themas Qualifizierung unter dem Gesichtspunkt des Gender Mainstreaming<br />

vornehmen.<br />

Die Mitgliedsgewerkschaften sollten sich stärker „als eine Gewerkschaft verstehen“<br />

(<strong>DGB</strong>)<br />

Es gibt gleiche Ziele, aus diesem Grunde könnten gemeinsam strategische neue Ansätze<br />

zum Thema „geschlechtsspezifische Qualifizierung“ gefunden werden, was die branchenspezifische<br />

Umsetzung nicht ausschließen würde.<br />

Entwickeln von Strategien in Betrieb, Politik und Gewerkschaft<br />

Gewerkschaft: Alle sollen Anspruch auf Qualifizierung haben. Im Mittelpunkt sollte<br />

Qualifizierung von Schlüsselkompetenzen, gesellschaftspolitische und kulturelle Bildung<br />

stehen. Bildung braucht moderne Instrumente und Methoden ebenso ein solches<br />

Umfeld/Rahmenbedingungen und muss Spaß machen.<br />

In der Politik: Über die Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes und des Personalvertretungsgesetzes<br />

müssen Betriebs- und Dienstvereinbarungen geschlechterspezifische<br />

Qualifizierung ermöglichen und eine Evaluierung dazu erfolgen.<br />

Sind in den Inhalten enthalten


In der Politik?<br />

In der Gewerkschaft?<br />

Welche zentralen Botschaften hat<br />

die Arbeitsgruppe entwickelt?<br />

Anmerkungen<br />

Neue gesellschaftliche Herausforderungen, Trends erfordern neue Qualifizierung unter<br />

dem Gesichtspunkt Gender Mainstreaming.<br />

Gewerkschaftsübergreifende strategische Diskussion zur Qualifizierung unter<br />

geschlechterspezifischen Gesichtspunkten ist nötig.<br />

Mögliche Ergebnisse könnten sein, eine gewerkschaftsübergreifende Konferenz zum<br />

Thema, die Bildung eines Netzwerkes sowie eine gemeinsame Kampagne unter dem<br />

Dach des <strong>DGB</strong> mit dem Motto „Frauen-Karriere-Lebensweg“.<br />

125


126<br />

Workshop<br />

Stichworte zu Phase 2<br />

Gegenwart<br />

Stichworte zu Phase 3<br />

Zukunft<br />

Phase 4<br />

Inhalte der Arbeitsphase 4:<br />

Forderungen und Prioritäten, die<br />

wir umgesetzt haben wollen<br />

Wichtigste Forderungen<br />

Anmerkungen<br />

Phase 5<br />

Durchsetzungskriterien für:<br />

Im Betrieb?<br />

Ausbildung/Übernahme<br />

Mädchen – Konzentration auf Frauenberufe gegenwärtig sehr stark.<br />

Große Abwanderungssituation<br />

Prekäre Beschäftigung stark verbreitet<br />

Gute Schulabschlüsse besonders bei Mädchen – keine Garantie für gute Ausbildungschancen<br />

Verdrängung in Berufen von Mädchen durch Jungen<br />

Wichtig ist Berufsvorbereitung in Schulen qualifizieren<br />

Übernahmechancen müssen auf Leistungskriterien aufbauen<br />

Ausbildungskoordinatoren im Betrieb notwendig<br />

Geschäftsführungen erwarten multifunktionale Berufe<br />

<strong>Soziale</strong> Berufe = schlechte Bezahlung<br />

Traditionelle Rollenbildung in der Ausbildung dominant<br />

Vereinbarkeit von Familie und Beruf ausbauen<br />

zur Vision von Ausbildung brauchen wir Ausbildungsplätze<br />

mehr Mädchen in technisch-gewerbliche Berufe<br />

Akzeptanz zwischen den Geschlechtern wird gelebt<br />

Niedriglohnsektor ist abgeschafft<br />

30-Stunden-Arbeitstag für alle<br />

Jeder hat den Beruf, der seinen Fähigkeiten entspricht<br />

Tarifierte Übernahme und Einstellung der Auszubildenden<br />

Chancengleichheit ist umgesetzt<br />

Das Jahr 2020 wurde als Zukunftsjahr angesetzt.<br />

Gemeinsamkeiten: Ziele und Prioritäten<br />

Kostenfreie Bildung und Qualifizierung im Lebenslangen Lernen<br />

Qualifizierte Ausbildung für alle<br />

Geschlechtergerechte Umlagefinanzierung<br />

Erhaltung und Ausweitung des Dualen Systems<br />

siehe oben<br />

Die Finanzierung des Bildungssektors muss vollständig in der Zuständigkeit des Bundes<br />

liegen.<br />

Die Übernahmechancen für Mädchen und Jungen müssen an Leistungskriterien<br />

gebunden sein. Die Gewerkschaften übernehmen mit den JAV’en die Festlegung auf<br />

die Leistungskriterien.<br />

Die Forderungen wurden von den Kolleginnen kontrovers diskutiert. Es gab bezüglich<br />

der Quotierung unterschiedliche Prioritäten.<br />

Entwickeln von Strategien in Betrieb, Politik und Gewerkschaft<br />

Ausbildungsplatzvergabe quotiert nach Geschlecht und Abschluss<br />

Der Finanzplan für Ausbildung muss so eingestellt sein, dass der größere Anteil für die<br />

gewerblich-technische Ausbildung für Mädchen und junge Frauen zur Verfügung steht.


Durchsetzungskriterien für:<br />

In der Politik?<br />

Durchsetzungskriterien für:<br />

In der Gewerkschaft?<br />

Welche zentralen Botschaften hat<br />

die Arbeitsgruppe entwickelt?<br />

Anmerkungen<br />

Bildungsbereich muss Aufgabe des Bundes bleiben und werden.<br />

Die Gesamtfinanzierung für Bildung und Qualifizierung ist auf die anteilige Quotierung<br />

der Mädchen und jungen Frauen auszurichten.<br />

Schulung, Weiterbildung, Qualifizierung im Hinblick auf Quotierung für Gewerkschafterinnen<br />

organisieren<br />

Gewerkschaften müssen Vorreiter bei der Einführung von quotierten Ausbildungskriterien<br />

sein<br />

Aufwertung der klassischen Frauenberufe durch eine entsprechende Tarifpolitik der<br />

Gewerkschaften notwendig<br />

Der Azubi-TÜV (z. Zt. in Sachsen praktiziert) muss bundesweit umgesetzt werden<br />

Der Ausbildungssektor muss vollständig in die Zuständigkeit des Bundes eingebunden<br />

sein.<br />

Die kostenfreie Bildung und Finanzierung qualifizierter Aus- und Weiterbildung muss<br />

gewährleistet werden. Das Finanzvolumen des Bundes und der Betriebe müssen<br />

geschlechtergerecht verteilt werden.<br />

Die Chancengleichheit im Bereich Ausbildung, Qualifizierung und Weiterbildung muss<br />

auch durch Quotierung garantiert werden können. (Ausbildungsplatzvergabe?)<br />

Die Quotierung zur Ausbildungsplatzvergabe war ein kontroverser Diskussionspunkt.<br />

Die anderen Schwerpunkte entsprechen einem gemeinsamen Konsens.<br />

127


128<br />

Workshop<br />

Stichworte zu Phase 2<br />

Stichworte zu Phase 3<br />

Phase 4<br />

Inhalte der Arbeitsphase 4<br />

Wichtigste Forderungen<br />

Welche Prioritäten wurden<br />

gesetzt?<br />

Phase 5<br />

Inhalte der Arbeitsphase 5<br />

Welche Durchsetzungsstrategien<br />

wurden entwickelt?<br />

Im Betrieb?<br />

Gesundheit<br />

Arbeitsschutzbestimmungen gesetzlich verankert, aber es fehlt die Kontrolle/<br />

Umsetzung;<br />

Verschlechterung durch Europa?<br />

Psychosoziale Belastungen steigen, aber es gibt schon gute Ansätze beim betrieblichen<br />

Gesundheitsmanagement;<br />

Angst vor Arbeitslosigkeit produziert Selbstausbeutung<br />

gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen<br />

Geschlechtersensibilität<br />

Gesundheit und Arbeitszeit (-gestaltung)<br />

gesundes Arbeitsklima und Führungsverhalten<br />

Gemeinsamkeiten: Ziele und Prioritäten<br />

Arbeitsbedingungen müssen sich an Lebensphasen orientieren<br />

Altersteilzeit – alternsgerechtes Arbeiten<br />

Verhaltensprävention – Verhältnisprävention<br />

Arbeitszeit als wichtiger Einflussfaktor auf die Gesundheit<br />

geschlechtergerechtes betriebliches Gesundheitsmanagment<br />

Veränderung der Arbeitsbedingungen<br />

Arbeitszeitmodelle, die Leben und Arbeiten miteinander vereinbaren<br />

Altersteilzeitmodelle, die nicht zu Personalabbau führen<br />

geschlechtergerechtes betriebliches Gesundheitsmanagment<br />

veränderte Gefährdungsbeurteilung<br />

Qualifizierung aller betrieblichen Akteure<br />

Sensibilisierung der Betriebs- und Personalräte<br />

Arbeitszeitmodelle<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist auch eine Frage der Gesundheit<br />

Entwickeln von Strategien in Betrieb, Politik und Gewerkschaft<br />

Was heißt geschlechtergerechtes Gesundheitsmanagement?<br />

Reagieren Frauen und Männer unterschiedlich auf Belastungen?<br />

Welche Arbeitszeitmodelle brauchen wir?<br />

Gesundheit als Frage der Verteilung von (Arbeits-)zeit zwischen Männern und Frauen<br />

siehe unten<br />

Gefährdungsbeurteilung Gender, Altersgruppen differenziert, mit Erfassung psychosozialer<br />

Belastungen, Ergebnisse dokumentieren und innerbetrieblich veröffentlichen<br />

Gesundheitszirkel – Beschäftigte als Experten ihrer eigenen Situation<br />

Qualifizierung


In der Politik?<br />

In der Gewerkschaft?<br />

Welche zentralen Botschaften hat<br />

die Arbeitsgruppe entwickelt?<br />

Standards, Instrumentarien und Sanktionsmöglichkeiten für geschlechtergerechtes<br />

Gesundheitsmanagement<br />

Vereinbarkeit mit Gesundheit verknüpfen<br />

Ressourcen für Gesundheitsmanagement zur Verfügung stellen<br />

Frauengesundheitsberichterstattung<br />

Grundlage für die Mitbestimmung bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen und<br />

Arbeitszeit verbessern<br />

Arbeitszeitdebatte und betriebliches Management verknüpfen<br />

Ganzheitliches geschlechtergerechtes betriebliches Gesundheitsmanagement<br />

Berücksichtigung der Vereinbarkeit<br />

Veränderung der Arbeitsbedingungen<br />

Arbeitszeitmodelle, die die Bedürfnisse der Beschäftigten einbeziehen<br />

129


130<br />

Workshop<br />

Stichworte zu Phase 2<br />

Stichworte zu Phase 3<br />

Phase 4<br />

Inhalte der Arbeitsphase 4<br />

Wichtigste Forderungen<br />

Welche Prioritäten wurden<br />

gesetzt?<br />

Anmerkungen<br />

Phase 5<br />

Inhalte der Arbeitsphase 5<br />

Welche Durchsetzungsstrategien<br />

wurden entwickelt?<br />

Im Betrieb?<br />

Vereinbarkeit<br />

Kinderbetreuung, Pflege und Freizeit<br />

Qualität von Arbeit und Leben<br />

Unterscheidung verschiedener Ebenen: individuelle, betriebliche, politische, gesellschaftliche<br />

und gewerkschaftliche Erfahrungen<br />

Familienfreundliche Gesellschaft, die Rollenbilder sind verändert, Familienpolitik betrifft<br />

Männer wie Frauen<br />

Kinderbetreuung flächendeckend für alle Altersgruppen<br />

Unternehmen sind an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beteiligt und verantwortlich,<br />

flexible Arbeitszeitmodelle<br />

Vereinbarkeit ist in TV und Betriebsvereinbarungen fixiert und wird im Betrieb gelebt<br />

Gemeinsamkeiten: Ziele und Prioritäten<br />

Kinderbetreuung<br />

Informationen über Vereinbarkeit als betriebliche Aufgabe<br />

Garantierte Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder von 0 – 14 Jahren mit<br />

sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, Ehrenamt ist kein Ersatz für qualifiziertes<br />

Personal<br />

Verbindliche betriebliche Regelungen zur Vereinbarkeit (BV, Geschäftsprozesse etc.)<br />

Qualifizierung während der Elternzeit<br />

Flexible Arbeitszeitmodelle<br />

Vereinbarkeit als fester Bestandteil in Führungskräfteseminaren<br />

Kinderbetreuung<br />

Familienfreundliche Gesellschaft<br />

Verbindliche betriebliche Regelungen<br />

Keine Einigung wurde erzielt bei der Frage, ob die Kinderbetreuung kostenfrei für die<br />

Eltern sein muss.<br />

Entwickeln von Strategien in Betrieb, Politik und Gewerkschaft<br />

Bildung, Betreuung und Pflege<br />

Wiedereinstieg in den Beruf<br />

Betriebliche Qualifizierung während der Arbeitspause (Elternzeit, Pflegezeit, Weiterbildung)<br />

Gesetze umsetzen und einfordern: ADG, Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft<br />

Zielorientierte Durchsetzungsstrategien je nach Adressat<br />

Pflegende Angehörige müssen in Betriebsvereinbarungen berücksichtigt werden<br />

Betriebliche Bündnisse<br />

Spezifizierung des Kriterienkatalogs (Checkliste familienfreundlicher Betrieb) und Überprüfung


In der Politik?<br />

In der Gewerkschaft?<br />

Welche zentralen Botschaften<br />

hat die Arbeitsgruppe entwickelt?<br />

Anmerkungen<br />

Förderung der familienfreundlichen Betriebe anhand einer zu erfüllenden Checkliste<br />

Anreizsysteme schaffen (Monetär, etc.) speziell für niedrigschwellige Angebote, z. B.<br />

Krankheitsvertretungen<br />

Fortführung und Ausweitung der lokalen Bündnisse<br />

Projekt „Allianz für Familie“ ausbauen<br />

Beispielkatalog für gute Praxismodelle<br />

Ansprechpartner sein in Elternzeit, Pflegezeit etc.<br />

An die Politik<br />

Die Rahmenbedingungen sind zu schaffen:<br />

Flächendeckende und qualifizierte Bildung und Betreuung müssen garantiert werden bis<br />

2008 (TAG + Ganztagsschulen).<br />

Mehr staatliche Anreize mit Controlling müssen für familienfreundliche Betriebe<br />

geschaffen werden.<br />

Lokale Bündnisse müssen ausgeweitet und ergänzt werden durch betriebliche Bündnisse<br />

Netzwerke ausbauen und gründen<br />

131


132

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!