pro familia - Common Sense - Marketing + Kommunikation
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„Der Einsatz für das Recht auf<br />
eine selbstbestimmte Sexualität<br />
ist auch heute so aktuell wie vor<br />
40 Jahren. Konfliktreiche<br />
Themen wie die Pränatal-<br />
diagnostik sind dazu gekommen<br />
und die <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> ist eine zuver-<br />
lässige Begleiterin in schwierigen<br />
Entscheidungs<strong>pro</strong>zessen.“<br />
Kerstin Hagemann,<br />
Vorstand von<br />
Patienteninitiative e. V.<br />
(Foto: Britta Engelhardt)<br />
„<strong>pro</strong> <strong>familia</strong> steht für selbst-<br />
bestimmte Entscheidungen an<br />
der Seite der Frauen. Wir<br />
bedanken uns für die<br />
gute Zusammenarbeit.“<br />
Susanne Lohmann,<br />
Vorsitzende des<br />
Hebammenverbandes Hamburg<br />
<strong>pro</strong> <strong>familia</strong> Landesverband Hamburg<br />
Ein Rückblick auf<br />
40 Jahre <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> in Hamburg<br />
Durch ein Modell<strong>pro</strong>gramm des Bundesgesundheitsministeriums,<br />
an dem <strong>pro</strong> <strong>familia</strong><br />
teilnahm, konnten in Hamburg fünf Beratungsstellen<br />
eingerichtet werden. Das Beratungsangebot<br />
konnte so erheblich verstärkt und ausgeweitet<br />
werden. Ab 1976 hatte ich neben der<br />
Geschäftsführung auch den Vorsitz inne.<br />
Wie die für die Angestellten im Hamburger<br />
öffentlichen Dienst festgelegte Zusatzversorgung<br />
strebte der Vorstand eine analoge Regelung<br />
für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
der <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> an. Unsere Argumentation berief<br />
sich darauf, dass die Gesundheitsbehörde<br />
Aufgaben, für die sie zuständig war, an die<br />
<strong>pro</strong> <strong>familia</strong> delegierte. Viele langwierige Dis-<br />
kussionen mit der Behörde führten schließlich<br />
zur Finanzierung einer Zusatzversorgung für<br />
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.<br />
Als 1984 die pharmazeutische Industrie die<br />
großzügige Belieferung der <strong>pro</strong> <strong>familia</strong>-Beratungsstellen<br />
mit Verhütungsmitteln drastisch<br />
einschränkte, war die Versorgung der Frauen<br />
mit geringem Einkommen nicht mehr möglich.<br />
Erst nach vielen Gesprächen mit der<br />
Sozialbehörde und dem Apothekerverein kam<br />
eine Vereinbarung für die Versorgung der ca.<br />
1.500 betroffenen Frauen durch die <strong>pro</strong><br />
<strong>familia</strong>-Beratungsstellen zustande („Sozialpille“).<br />
So erhielten Frauen dann auf Rezept einer <strong>pro</strong><br />
<strong>familia</strong>-Ärztin/eines <strong>pro</strong> <strong>familia</strong>-Arztes in jeder<br />
Hamburger Apotheke kostenlos Verhütungsmittel.<br />
Der Apothekerverein stellte der <strong>pro</strong><br />
<strong>familia</strong> entsprechende Rechnungen aus, die von<br />
der <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> beglichen und anschließend von<br />
der Sozialbehörde rückerstattet wurden.<br />
Neben diesen Erfolgen und anderen positiven<br />
Ereignissen gab es jedoch auch negative Erlebnisse,<br />
wie beispielsweise der Brandanschlag<br />
auf die Beratungsstelle An der Alster Anfang<br />
der achtziger Jahre.<br />
Als die <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> zusammen mit der Arbeiterwohlfahrt<br />
das Familienplanungszentrum<br />
konzipierte, erteilte mir die Ärztekammer<br />
Hamburg quasi Hausverbot. „Wir werden alle<br />
uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen,<br />
um diese Abtreibungsklinik zu verhindern – und<br />
Sie brauchen hier nicht wieder zu erscheinen“,<br />
so die Worte des damaligen Geschäftsführers<br />
der Ärztekammer.<br />
Ein weiteres großes Problem war, dass die<br />
zweckgebundenen Mittel für die Beratung zum<br />
Schwangerschaftsabbruch zu Lasten des dringend<br />
gebotenen Ausbaus des sexualpädagogischen<br />
Angebots ging.<br />
Das einschneidendste Ereignis war das Urteil<br />
des Bundesverfassungsgerichts, das die von<br />
der Volksvertretung beschlossene Fristenregelung<br />
für verfassungswidrig erklärte. An deren<br />
Stelle trat die sicher noch bekannte Indikationsregelung.<br />
Die darin festgelegte dehnbare sogenannte<br />
Notlagenindikation führte aufgrund der<br />
unterschiedlichen Betrachtungsweisen in den<br />
Bundesländern zu einem Abbruchtourismus in<br />
die norddeutschen Länder.<br />
Da das Statistische Bundesamt bei jedem Abbruch<br />
nicht den Wohnsitz der Frau, sondern<br />
den Ort des Abbruchs erfasste, diffamierten<br />
die Gegner des Schwangerschaftsabbruchs die<br />
<strong>pro</strong> <strong>familia</strong> insbesondere in Bremen, Hamburg<br />
und Berlin, den „Abtreibungsländern“.<br />
Meine Arbeit für die <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> betrachte ich<br />
rückblickend als den Teil meines Berufslebens,<br />
der mich wie kein anderer geprägt hat. Nach<br />
wie vor stehe ich für die Ziele der <strong>pro</strong> <strong>familia</strong>.<br />
Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine kritische<br />
Bemerkung zur Lage der Frauen in<br />
Deutschland. Es besteht meiner Meinung ein<br />
erhebliches Spannungsverhältnis zwischen<br />
den Forderungen und Garantien des Grund-<br />
gesetzes und den realen Gegebenheiten. Dies<br />
betrifft vor allem:<br />
• das Einkommen von Frauen aus beruflicher<br />
Tätigkeit,<br />
• die Altersarmut von Frauen, insbesondere<br />
von Alleinerziehenden und<br />
• die immer noch, bei weitem, nicht ausreichende<br />
Betreuung von Kindern berufstätiger Frauen.<br />
Es ist an der Zeit, diese Versprechen einzulösen,<br />
damit die Benachteiligung von Frauen der<br />
Vergangenheit angehört.<br />
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