Newsletter I. 2012 - Klinikum Osnabrück
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<strong>Newsletter</strong> I. <strong>2012</strong> Fachklinik Haus Möhringsburg<br />
Tastatur statt Stift -<br />
Computergestützte<br />
Testdiagnostik<br />
Beatrice Semmann,<br />
Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin<br />
Im Februar haben wir mit der Umstellung von der papierbasierten<br />
auf die computergestützte psychologische Testdiagnostik<br />
begonnen.<br />
In der Rehabilitation können die Testpsychologischen Untersuchungen<br />
bei bestimmten Fragestellungen die Diagnose<br />
unterstützen,<br />
- um den Verdacht des Vorliegens einer psychischen<br />
Störung zu objektivieren. Dazu gehören<br />
z.B. standardisierte Interviews, mit Hilfe derer Diagnosen<br />
nach vorgegebenen Kriterien gestellt<br />
werden können (z.B. das „Statistische Klinische<br />
Interview nach dem amerikanischen Diagnosesystem<br />
DSM-IV“, SKID),<br />
- um den Schweregrad von Störungen zu ermitteln.<br />
Für fast alle Erkrankungen gibt es solche Fragebögen,<br />
z.B. das „Beck Depressions- Inventar<br />
(BDI)“, das den Ausprägungsgrad der Depressivität<br />
ermittelt,<br />
- um die Beeinträchtigungen noch genauer zu beschreiben.<br />
Dazu gehören z.B. Fragebögen, die ein<br />
weites Spektrum verschiedener Symptome erfragen,<br />
um sich ein Gesamtbild zu machen (z.B. die<br />
„Symptom Check Liste“ mit 90 Fragen, SCL-90).<br />
In den meisten Kliniken werden solche Verfahren eingesetzt<br />
um den Behandlungsbedarf und Ziele zu überprüfen<br />
und die geeigneten Maßnahmen zur Verbesserung einleiten<br />
und ihre Wirksamkeit messen zu können.<br />
Im Kontext der Entwöhnungsbehandlung mit Focus auf die<br />
Förderung von Aktivität und Teilhabe sind folgende Testbereiche<br />
relevant:<br />
Die intellektuelle Leistungsfähigkeit (Intelligenz). Das allgemeines<br />
Leistungsvermögen (Aufmerksamkeit, Konzentration,<br />
Ausdauer usw.), Persönlichkeitsdiagnostik (Offenheit,<br />
Aggressivität, Verantwortungsbewusstsein usw.), eine<br />
suchtspezifische Diagnostik (Alkohol, Drogen, Abhängigkeit,<br />
Missbrauch, Suchtverhalten usw.) sowie eine Abgrenzung<br />
zu anderen Störungen und eventuele Komorbidität<br />
und körperliche Belastungen zu erfassen.<br />
Um unsere Diagnostik auf den neuesten Stand zu bringen.<br />
haben wir das Repertoire um folgende Testverfahren erweitert:<br />
NEO-PI-R (Persönlichkeitsdiagnostik)<br />
Der in der Forschung und klinischen Praxis wohl am häufigsten<br />
eingesetzte Fragebogen zur Messung des Fünf-<br />
Faktoren-Modells der Persönlichkeit umfasst die Domänen<br />
Neurotizismus (N), Extraversion(E), Verträglichkeit (A),<br />
Gewissenhaftigkeit (C) und Offenheit für Erfahrungen (O),<br />
sowie deren Facetten. Das Inventar ermöglicht eine umfassende<br />
und zugleich detaillierte Persönlichkeitsbeschreibung.<br />
Interessant ist für uns in Bezug auf die Teilhabeförderung<br />
u.a. die Erfassung eines erlebnisbetonten, kreativen<br />
Motivationsfaktors, der auch die Beschäftigung mit<br />
Neuem einschließt.<br />
SCL-90-R (Komorbidität)<br />
Die Symptomcheckliste misst die subjektiv empfundene<br />
Beeinträchtigung durch körperliche und psychische Symptome<br />
einer Person innerhalb eines Zeitraumes von sieben<br />
Tagen. Damit ergänzt sie Verfahren der zeitlich überdauernden<br />
Persönlichkeitsstruktur. Sie eignet sich für die Objektivierung<br />
des Behandlungsergebnisses durch eine Testwiederholung<br />
bei Rehaende. Die 90 Items der neun Skalen<br />
beschreiben die Bereiche Somatisierung, Zwanghaftigkeit,<br />
Unsicherheit im Sozialkontakt, Depressivität, Ängstlichkeit,<br />
Aggressivität/Feindseligkeit, Phobische Angst, Paranoides<br />
Denken und Psychotizismus. Drei globale Kennwerte geben<br />
Auskunft über die grundsätzliche psychische Belastung,<br />
die Intensität der Antworten und über die Anzahl der<br />
Symptome, bei denen eine Belastung vorliegt.<br />
Trierer Alkoholismusinventar (TAI; suchtspezifische<br />
Diagnostik)<br />
Diese Differentialdiagnostik kann wichtige Informationen für<br />
die individuelle Behandlungsplanung unserer abhängigkeitskranken<br />
Patienten liefern. Die Patienten beschreiben<br />
sich selbst in Bezug auf die Dimensionen "Schweregrad",<br />
"Soziales Trinken", "Süchtiges Trinken", "Motive", "Schädigung"<br />
sowie "Partnerprobleme wegen Trinken" und "Trinken<br />
wegen Partnerproblemen".<br />
Leistungsprüfsystem (LPS)<br />
Dieser Test zu Erfassung des Leistungsvermögens zählt<br />
zur Kategorie der mehrdimensionalen Intelligenztests. Der<br />
LPS bildet ein Begabungsprofil ab (z. B. verbales Verständnis,<br />
Raumvorstellung, Wahrnehmungsgeschwindigkeit).<br />
Ab einem Alter von 50 Jahren setzen wir das LPS50+<br />
ein.<br />
Diese testpsychologischen Verfahren liefern auch im Hinblick<br />
auf die Planung und Durchführung erwerbsorientierter<br />
Therapiemaßnahmen wie psychotherapeutische Förderung<br />
der Motivation zur Wiederaufnahme einer Tätigkeit oder die<br />
Einleitung von Praktika wertvolle Informationen. Im Bereich<br />
der Arbeitsdiagnostik haben wir zudem das Würzburger<br />
Screening (Vers. 2) eingeführt. Das Verfahren wurde speziell<br />
für die MBOR entwickelt und dient der Identifikation<br />
von beruflichen Problemlagen und des Bedarfs an berufsorientierten<br />
und beruflichen Rehaleistungen. Die Ergebnisse<br />
fließen ebenfalls in die Therapiesteuerung ein.<br />
Weiterhin streben wir in der Arbeitsdiagnostik und -therapie<br />
eine Kombination von Assessments der psychosozialen<br />
Ergotherapie und Anforderungs- und Fähigkeitsprofilen an<br />
(HiPro/Melba).<br />
<strong>Newsletter</strong> I. <strong>2012</strong> Fachklinik Haus Möhringsburg Seite 3