ich bin kein militanter vegetarier« - Ox Fanzine
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DAS MAGAZIN FÜR MENSCHEN, DIE KEIN FLEISCH ESSEN<br />
EIGENTOR<br />
Kein Fleisch, <strong>kein</strong> Koch<br />
RETORTENFUTTER<br />
Quorn im Selbstversuch<br />
»<strong>ich</strong> <strong>bin</strong> <strong>kein</strong><br />
<strong>militanter</strong><br />
<strong>vegetarier«</strong><br />
MOBY<br />
+ Rezepte, neue Kochbücher, veganes Leben<br />
www.kochenohneknochen.de<br />
01/2010<br />
EUR 3,50<br />
A: EUR 3,70 CH: 6,00 CHF
editorial<br />
Eingefl eischter Vegetarier.<br />
Über 20 Jahre ist es her, seit <strong>ich</strong> das letzte Mal Fleisch oder<br />
Wurst gegessen habe. Ich war 19, gerade zuhause ausgezogen<br />
und meine Freundin war Vegetarierin. Bis dahin hatte<br />
<strong>ich</strong> mir nie Gedanken darüber gemacht, bewusst <strong>kein</strong><br />
Fleisch zu essen. Ich mochte die allermeisten Fleisch- und<br />
Wurstger<strong>ich</strong>te einfach n<strong>ich</strong>t, was seit Jahren zu Konfl ikten<br />
am Mittagstisch geführt hatte, wenn <strong>ich</strong> mal wieder ach so<br />
leckeren fettigen Braten oder Hühnchen verschmähte und<br />
m<strong>ich</strong> stattdessen an Beilagen, Salat und Nachspeise hielt.<br />
Also wurde <strong>ich</strong> Vegetarier und merkte über die Jahre, dass<br />
eine wachsende Zahl anderer Menschen ähnl<strong>ich</strong>e Erfahrungen<br />
mach(t)en wie <strong>ich</strong>, lernte mehr und mehr gesundheitl<strong>ich</strong>e,<br />
ethische und ökologische Argumente gegen den<br />
Verzehr von toten Tieren wie überhaupt aus tierischen<br />
Produkten hergestellten Lebensmitteln kennen. Doch wo<br />
Menschen aus dem Freundeskreis oft nach langer Zeit wieder<br />
schwach wurden, wurde meine Überzeugung immer<br />
fester, gerade auch durch die fundierten Erkenntnisse der<br />
letzten Jahre, dass Fleischerzeugung und konventionelle<br />
Landwirtschaft eine Menge dazu beitragen, diesen Planeten<br />
dauerhaft zu schädigen. Gute Gründe also, ein Heft<br />
wie „Kochen ohne Knochen“ ins Leben zu rufen. Viel Spaß<br />
beim Lesen!<br />
Joachim Hiller (mail@kochenohneknochen.com)<br />
inhalt<br />
Meldungen 4<br />
Ökorrekt 7<br />
Sieben Basics zu Biosiegeln<br />
Lifestyle of hype and Selbstbetrug 8<br />
Was sind eigentl<strong>ich</strong> Lohas?<br />
Cobalamiwas? 9<br />
Beliebte Vorurteile: B12-Mangel<br />
Warmes Bier, kalter Kaffee 10<br />
Die Rockterrine kocht<br />
Moby 12<br />
Ein guter Repräsentant der Vegetarier<br />
Die Angst des Kochs vorm Vegetarier 18<br />
Ein Blick auf die Ausbildung von Köchen<br />
Vegan isst besser 20<br />
Attila Hildmanns vegane Medienoffensive<br />
Retortenfutter 24<br />
Quorn im Selbstversuch<br />
Keine halben Sachen<br />
„Ich hatte eine zwiespältige Kindheit. Wenn Papa kochte,<br />
gab es immer Fleisch auf den Tisch, wenn Mama kochte,<br />
dann n<strong>ich</strong>t. Als <strong>ich</strong> später selbst für mein Mittagessen verantwortl<strong>ich</strong><br />
war, habe <strong>ich</strong>, beinahe ohne es zu merken, die<br />
Kochgewohnheiten meiner Mutter übernommen.“ Ob es<br />
wirkl<strong>ich</strong> ganz genau so war, weiß <strong>ich</strong> natürl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t mehr.<br />
Aber diese Anekdote erzähle <strong>ich</strong> immer, wenn <strong>ich</strong> nach<br />
meinen Ursprüngen gefragt werde. Mir wurde der Vegetarismus<br />
sozusagen schon halb in die Wiege gelegt oder<br />
besser: ins Fläschchen. Meine Mutter jedenfalls begründete<br />
den halbseitigen Fleischverz<strong>ich</strong>t mit Medikamenten,<br />
die über das Tierfutter auch in Menschenmägen landeten.<br />
Für m<strong>ich</strong> kleinen Stöpsel eine schauerl<strong>ich</strong>e Gesch<strong>ich</strong>te,<br />
die m<strong>ich</strong> schon früh gelehrt hat, genauer auf das zu achten,<br />
was <strong>ich</strong> esse. Für gesunde Ernährung re<strong>ich</strong>t es n<strong>ich</strong>t, auf<br />
Fleisch zu verz<strong>ich</strong>ten. Ebenso gilt es zu wissen, mit welchen<br />
Kniffen und Tricks die Lebensmittelindustrie ihre<br />
Produkte bearbeitet, damit sie schön aussehen, lange halten<br />
und „gut“ schmecken; und natürl<strong>ich</strong>, wie <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> trotzdem<br />
gesund ernähren kann. „Wissen ist Macht, bewaffne<br />
d<strong>ich</strong>“, schrieb die kanadische Punkband PROPAGHANDI<br />
einst auf ihr Album. Möge dieses Heft hier einen Teil zur<br />
ideologischen Aufrüstung beitragen.<br />
Christian Meiners (offi ce@kochenohneknochen.com)<br />
Pommes-Vegetarier 26<br />
Fleischfreie Ernährung auf belgisch<br />
Paradies<strong>ich</strong> grün und fruchtig 28<br />
Karibik kulinarisch<br />
Green Food 31<br />
Speiseführer: Dublin<br />
Das Land der halben Gurken 32<br />
Ein kleines Reise-ABC für Vegetarier, die<br />
gerne mal nach Finnland fahren wollen<br />
WOLVES IN THE THRONE ROOM 34<br />
Black Metal vom Bio-Bauernhof<br />
Kochen ohne Knochen 36<br />
Ein Fünf-Gänge-Menü<br />
Rezensionen 40<br />
Seitan selbst gemacht 44<br />
Eine Foto-Cook-Story<br />
Impressum/Abo/Vorschau 46<br />
3
12<br />
moby<br />
Ein guter Repräsentant der Vegetarier
Moby, in der „tageszeitung“ wurdest du als „<strong>militanter</strong><br />
Vegetarier“ beze<strong>ich</strong>net – bist du militant?<br />
Vor Jahren hatte <strong>ich</strong> mal eine Phase, da war <strong>ich</strong> recht militant.<br />
Aber <strong>ich</strong> hatte schon verschiedene militante Phasen<br />
in meinem Leben: Mit 16 war <strong>ich</strong> <strong>militanter</strong> Punkrocker,<br />
<strong>militanter</strong> Fleischesser und <strong>militanter</strong> Atheist. Zehn Jahre<br />
später war <strong>ich</strong> <strong>militanter</strong> Veganer, <strong>militanter</strong> Dance-Music-<br />
Fan und <strong>militanter</strong> Christ. Doch heute <strong>bin</strong> <strong>ich</strong> in <strong>kein</strong>erlei<br />
Hins<strong>ich</strong>t mehr militant. Ich denke, jeder Mensch sollte<br />
das Leben leben, das er will, und die Freiheit haben, jeden<br />
Fehler zu machen, den er machen will. Ich habe gelernt,<br />
dass in dem Moment, wenn der eine dem anderen erzählen<br />
will, wie er leben soll, dieser genervt ist. Als <strong>ich</strong> noch<br />
Fleischesser war, sprachen m<strong>ich</strong> Leute an und sagten, <strong>ich</strong><br />
müsse Vegetarier werden, und meine Reaktion darauf war,<br />
dass <strong>ich</strong> nur noch mehr Fleisch essen wollte. Und so habe<br />
<strong>ich</strong> jetzt meine eigene Herangehensweise, behaupte n<strong>ich</strong>t,<br />
dass <strong>ich</strong> Recht habe oder Unrecht, sondern versuche herauszufinden,<br />
was für m<strong>ich</strong> das Beste ist. Und wenn <strong>ich</strong><br />
auf etwas stoße, was für m<strong>ich</strong> gut ist, rede <strong>ich</strong> sehr gerne<br />
darüber. Aber das bedeutet n<strong>ich</strong>t, dass <strong>ich</strong> jemand anderem<br />
sagen will, was er zu tun oder zu lassen hat. Veganismus<br />
ist solch eine Sache: funktioniert für m<strong>ich</strong>, hält m<strong>ich</strong><br />
gesund, <strong>ich</strong> fühle m<strong>ich</strong> einfach besser. Aber <strong>ich</strong> würde nie<br />
von jemand anderem verlangen, auch Veganer zu werden.<br />
Nun ist die persönl<strong>ich</strong>e Entscheidung das eine, und die<br />
globale Verantwortung das andere, anges<strong>ich</strong>ts des Beitrags<br />
der Fleischproduktion zur Erderwärmung.<br />
Wenn <strong>ich</strong> über die Gründe nachdenke, weshalb <strong>ich</strong> Vegetarier<br />
<strong>bin</strong>, dann ist einer, dass es einfach für meine Gesundheit<br />
besser ist. Zum Zweiten ist es besser für die Gesundheit<br />
der Tiere, und drittens, das ist Stand der Wissenschaft,<br />
ist es auch besser für die Gesundheit des Planeten. Aber es<br />
gibt eben Themen, bei denen Menschen s<strong>ich</strong> viel zu stark<br />
emotional einbringen: Ich habe Freunde, die Fleischesser<br />
sind, und wenn man die fragt, ob sie n<strong>ich</strong>t ihren Fleischkonsum<br />
aufgeben wollen, sind die kurz davor, s<strong>ich</strong> mit dir<br />
einen Faustkampf zu liefern. Dabei verlange <strong>ich</strong> ja n<strong>ich</strong>ts<br />
Schlimmes, <strong>ich</strong> sage doch n<strong>ich</strong>t: „Hey, schlaf im Schlamm,<br />
zieh in die Antarktis, werde Moslem!“ oder sowas. Ich sage<br />
nur: Warum ernährst du d<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t in einer Weise, die für<br />
KOCHEN OHNE KNOCHEN | GETROFFEN | MOBY<br />
Prominente Vegetarier und Veganer gibt es einige, doch n<strong>ich</strong>t jeder von ihnen hat<br />
eine so explizite Meinung zum Thema Fleischkonsum wie Moby. Der New Yorker ist<br />
ein interessanter Gesprächspartner, um zu ergründen, wie weit die wechselseitige<br />
Toleranz von Fleischessern und Vegetariern re<strong>ich</strong>en kann oder muss.<br />
»ICH FINdE Es sElTsaM, dass MENsCHEN VEGETaRIsMus<br />
als EINE RadIKalE lEBENswEIsE aNsEHEN.«<br />
deine Gesundheit besser ist, besser für die Tiere und besser<br />
für diesen Planeten? Daran ist überhaupt n<strong>ich</strong>ts radikal,<br />
weshalb <strong>ich</strong> es immer wieder seltsam finde, dass Menschen<br />
Vegetarismus als eine radikale Lebensweise ansehen.<br />
Nein, Vegetarismus ist einfach nur zweckmäßig.<br />
Andererseits wurde 1850 in den USA die Forderung nach<br />
Abschaffung der Sklaverei als radikal betrachtet. Und als<br />
man Frauen Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA das<br />
Wahlrecht gewährte, erschien das auch radikal. Und 1942<br />
gegen die Nazis zu sein, das galt auch radikal. Es gibt also<br />
eine lange Tradition vernünftiger S<strong>ich</strong>tweisen, die einst als<br />
radikal erachtet wurden. Und das re<strong>ich</strong>t bis in die jüngste<br />
Vergangenheit: Wer 2002 in den USA gegen den Krieg war,<br />
wurde als Radikaler angesehen. In der Mehrzahl der Fälle<br />
werden solch radikale Meinungen dann später zum Ausdruck<br />
des gesunden Menschenverstands. Aber wer die<br />
Macht hat, versucht eben immer, solche Ideen als radikal<br />
zu brandmarken, um s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t mit ihnen auseinandersetzen<br />
zu müssen.<br />
Gibt es einen Punkt in deinem Leben, den du als Auslöser<br />
dafür ansehen würdest, dass du bis heute Dinge<br />
in Frage stellst?<br />
Ich wurde in den Sechzigern von Intellektuellen erzogen.<br />
Und im 20. Jahrhundert gab es <strong>kein</strong>e intellektuelle Bewegung,<br />
in der es hieß, man müsse die Verhältnisse so akzeptieren,<br />
wie sie sind. Kluge Menschen haben die Verhältnisse<br />
schon immer in Frage gestellt, genauso wie kluge<br />
Menschen gute Verhältnisse als solche akzeptieren. Ich<br />
wurde also zwar n<strong>ich</strong>t von Hippies, aber auf jeden Fall<br />
von progressiven Menschen erzogen, die sinngemäß zu<br />
mir sagten, <strong>ich</strong> solle alles in Frage stellen: Politik, Kultur,<br />
Ernährung, Kunst – es gibt n<strong>ich</strong>ts, was wirkl<strong>ich</strong> gut ist, das<br />
n<strong>ich</strong>t einer genaueren Untersuchung Stand hält. Und das<br />
ist für m<strong>ich</strong> auch die Essenz von Punkrock: Manche Menschen<br />
denken, bei Punkrock gehe es darum, alles abzulehnen.<br />
Nein, es geht darum, alles in Frage zu stellen: was<br />
die Leute anziehen, wie sie ihre Haare tragen, die Musik,<br />
die sie hören. Punkrock war <strong>kein</strong>e Ablehnung der Verhältnisse,<br />
sondern stellte Fragen. Und deshalb stört es<br />
m<strong>ich</strong> bis heute, wenn Menschen n<strong>ich</strong>t willens sind, Fragen<br />
zu stellen. Es gibt n<strong>ich</strong>ts in meinem Leben, worüber<br />
<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t rückblickend bereit <strong>bin</strong>, noch einmal nachzudenken.<br />
Wenn m<strong>ich</strong> jemand fragt, warum <strong>ich</strong> diese oder jene<br />
Musik mache, warum <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> so oder so ernähre, dann<br />
beschäftige <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> damit, denn <strong>ich</strong> weiß ja n<strong>ich</strong>t, ob <strong>ich</strong><br />
Recht habe oder n<strong>ich</strong>t – <strong>ich</strong> habe m<strong>ich</strong> ja schon oft geirrt,<br />
13
20<br />
vegan isst besser<br />
Attila Hildmanns vegane Medienoffensive<br />
Hobbykoch, Autodidakt und ein<br />
undogmatischer Verfechter einer Idee:<br />
„Vegan isst besser!“, lautet die Botschaft<br />
von Attila Hildmann aus Berlin. Mit<br />
welchen Argumenten er überzeugen<br />
möchte, verrät er im Gespräch.<br />
Attila, wann und wieso bist du Veganer geworden?<br />
Nach meinem Abitur <strong>bin</strong> <strong>ich</strong> durch einen Freund angeregt<br />
worden, m<strong>ich</strong> vegetarisch zu ernähren. Er war Bodybuilder<br />
und dennoch Vegetarier, das hat m<strong>ich</strong> beeindruckt.<br />
Er hat mir viel von den ethischen, gesundheitl<strong>ich</strong>en und<br />
umweltpolitischen Aspekten erzählt, und das hat m<strong>ich</strong><br />
sofort überzeugt. Es hat m<strong>ich</strong> gewundert, dass <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> bis<br />
dato n<strong>ich</strong>t mit dem Thema beschäftigt hatte. Die Umstellung<br />
ging relativ reibungslos, <strong>ich</strong> habe m<strong>ich</strong> erstmal mit<br />
vegetarischen Brotaufstr<strong>ich</strong>en eingedeckt und angefangen,<br />
beim Einkaufen Zutatenlisten zu lesen. Nach ein paar<br />
Monaten habe <strong>ich</strong> etwas im Internet zum Thema Veganismus<br />
recherchiert, verschiedene Videos gesehen und dann<br />
begonnen, m<strong>ich</strong> vegan zu ernähren.<br />
Beeindruckend, deine so rational gefällte Entscheidung.<br />
Ist es dir je schwer gefallen, das beizubehalten?<br />
Nein, ganz und gar n<strong>ich</strong>t! Ich liebe zwar Käsefondue und<br />
alles, was mit Käse verfeinert wird, aber das hat m<strong>ich</strong><br />
trotzdem n<strong>ich</strong>t davon abgehalten, vegan zu essen. Die erste<br />
Erkenntnis: Wahnsinn, man lebt auch ohne Käse! Wo <strong>ich</strong><br />
mir früher alles Käse rübergestreut habe – das waren echt<br />
sündhafte Zeiten für meinen Bauchspeck und meine Cholesterinwerte!<br />
Es gibt doch für alles eine gute Alternative.<br />
Ich <strong>bin</strong> Döner-Fan, also machte <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> daran, die Dönersauce<br />
von meinem Lieblingsdönermann in vegan nachzubauen:<br />
etwas Soja-Joghurt, Ketchup, Öl, Paprika, Curry,<br />
Knoblauch und andere Gewürze – fertig! Dazu noch eine<br />
herzhafte Dönerfleisch-Alternative wie etwa Seitan und<br />
im Nu ist der Döner zusammengebaut. Man glaubt gar<br />
n<strong>ich</strong>t, wie sehr es an dem Drumherum vom Fleisch, also<br />
den Beilagen liegt. Schauen wir uns mal einen „Big Mac“<br />
an: Ich <strong>bin</strong> eigentl<strong>ich</strong> nur in die Sauce verliebt gewesen<br />
und das Brötchen. So r<strong>ich</strong>tig merkt man von dem Fleisch<br />
bis auf eine bissfeste Konsistenz gar n<strong>ich</strong>ts. Letztens war<br />
ein Kumpel bei mir zu Besuch und wir hatten eine Lernsession<br />
vor einer Klausur. Ich machte ihm meinen Ananas-Tofuburger<br />
mit selbstgemachter Mayo und Curry-<br />
Röstzwiebeln. Das hat ihn umgehauen. Er meinte sogar, er<br />
würde das besser finden als einen normalen Burger und<br />
als <strong>ich</strong> ihm noch erzählte, wie günstig Tofu im Vergle<strong>ich</strong><br />
zu Fleisch ist, kam er n<strong>ich</strong>t mehr raus aus dem Schwärmen,<br />
weil er als Student natürl<strong>ich</strong> jederzeit für Schnäppchen<br />
offen ist. Und er ist eigentl<strong>ich</strong> überzeugter Fleisches
36<br />
kochen ohne knochen<br />
Ständig reden wir vom Essen, da bekommt man ja Hunger! Mit dem folgenden<br />
Fünf-Gänge-Menü kannst du Abhilfe schaffen. Die Rezepte, liebevoll ausgesucht<br />
von Uschi Herzer, stammen aus den vier <strong>Ox</strong>-Kochbüchern. Dort findest du leckere<br />
fleischlose Ger<strong>ich</strong>te von Punks, n<strong>ich</strong>t nur für Punks. Die Besonderheit: Zu jedem<br />
Rezept gibt es den passenden Musiktipp, damit das Schälen, Schnippseln und<br />
Brutzeln noch le<strong>ich</strong>ter von der Hand geht.<br />
Süßkartoffelsuppe mit Grapefruit<br />
von Marion Ackermann<br />
Musik: FLIEHENDE STÜRME „Satellit“<br />
• drei bis vier Süßkartoffeln<br />
• Gemüsebrühe<br />
• Grapefruit<br />
• Chili, Ingwer, Petersilie ...<br />
1. Du schneidest einfach ein paar geschälte Süßkartoffeln<br />
in Würfel und kochst diese in einer kräftigen Gemüsebrühe<br />
(kann ruhig Instantbrühe sein), dann pürierst du<br />
das Ganze und fügst soviel Brühe zu oder auch n<strong>ich</strong>t, dass<br />
das auch aussieht wie Suppe.<br />
2. Normalerweise gibt es da n<strong>ich</strong>ts weiter abzuschmecken,<br />
aber wer es etwas schärfer mag, kann da noch ein Häppchen<br />
Chili, Ingwer o.Ä. zugeben, je nachdem was gerade<br />
da ist.<br />
3. Nun wäschst du deine Grapefruit (wenn das Fruchtfleisch<br />
rot ist, sieht es schöner aus) gründl<strong>ich</strong> und schneidest<br />
die Schale rundrum großzügig ab, so dass du dann problemlos<br />
die Filets herausschneiden kannst. Das Geschlabber,<br />
was nun in deiner Hand zurück geblieben ist, drückst<br />
du über dem Topf kräftig zusammen, so dass der Saft in die<br />
Suppe laufen kann.<br />
4. Diese darf nun auf die Teller und die Grapefruitfilets<br />
schön darauf drapieren. Zum Abschluss etwas Grünzeug<br />
(Petersilie & Co.) macht s<strong>ich</strong> immer gut. Fertig!<br />
Black-is-Beautiful-Salat<br />
von Nadine Guaiana<br />
Musik: Philipp Poisel „Als gäb’s <strong>kein</strong> Morgen mehr“<br />
Dieser köstl<strong>ich</strong>e Salat ist mit Brot eine vollwertige Mahlzeit,<br />
kommt aber auch gut als Starter bei einem Menü.<br />
• 1 Zwiebel<br />
• 1 Knoblauchzehe<br />
• Olivenöl<br />
• Balsamico-Essig<br />
• mittelscharfer Senf<br />
• 200 g Beluga-Linsen<br />
• 1 TL Thymian<br />
• Salz und Pfeffer<br />
• 1 kleiner Romanasalat<br />
• 50 g Walnüsse, Mandeln oder Sonnenblumenkerne<br />
1. Zwiebel und Knoblauch fein würfeln und in einem ausre<strong>ich</strong>end<br />
großen Topf in etwas Olivenöl anbraten.<br />
2. Wenn die Zwiebeln glasig sind, gebt ihr die Linsen,<br />
etwas Salz und Pfeffer und den Thymian dazu. 300 Milliliter<br />
Wasser drauf kippen, alles gut verrühren und zum<br />
Kochen bringen. Blubbert das Ganze, Gas runter und 30<br />
Minuten le<strong>ich</strong>t köcheln lassen. Deckel auf den Topf!<br />
3. In der Zwischenzeit könnt ihr euch schon mal an den<br />
Salat machen. Einfach den ganzen Salatkopf quer in einen<br />
Zentimeter breite Streifen schneiden, waschen, schleudern,<br />
fertig.<br />
4. Das Salatdressing stellt ihr aus zwei Esslöffeln Balsamico-Essig,<br />
einem Teelöffel Senf, acht Esslöffeln Olivenöl<br />
und Salz und Pfeffer her.
40<br />
kochbücher<br />
Das vegane Kochbuch<br />
(Sandra Forster, Herausgeberin)<br />
„Das vegane Kochbuch“ ist das erste seiner<br />
Art im Münchner Blumenbar Verlag.<br />
Sehr stylish, aber dennoch dezent aufgemacht,<br />
der Umschlag in Leinenoptik und<br />
jedes der 57 Rezepte für s<strong>ich</strong> sparsam,<br />
aber wirkungsvoll in Szene gesetzt – dieses<br />
Kochbuch ist schon rein optisch ein<br />
Genuss. Ein Déjà-vu-Erlebnis hat der eine<br />
oder die andere s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong> beim Betrachten<br />
der Foodfotos, erinnern sie auf den<br />
ersten Blick doch stark an Mamas Kochbuch<br />
aus den Fünfziger oder Sechziger<br />
Jahren.<br />
Die köstl<strong>ich</strong> klingenden Rezepte wie beispielsweise<br />
„Auberginen-Belugalinsen-<br />
Kaviar“ oder „Grünkern-Minestrone mit<br />
gebratenen Tofustreifen“ wurden so oder<br />
so ähnl<strong>ich</strong> wohl auch im „Zerwirk“ angeboten,<br />
einem leider in dieser Form n<strong>ich</strong>t<br />
mehr existierenden veganen Münchner-<br />
Restaurant. Beide Hauptrezeptlieferanten<br />
waren schließl<strong>ich</strong> Köche dort. Das Buch<br />
lebt aber n<strong>ich</strong>t nur von den hübschen<br />
Rezepten, sondern auch von seinen vielfältigen<br />
philosophischen Betrachtungen<br />
zum Thema vegane Lebensweise. Das hat<br />
m<strong>ich</strong> zum Nachdenken angeregt. Ich habe<br />
mir beispielsweise nie darüber Gedanken<br />
gemacht, warum <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> dafür verteidigen<br />
muss, dass <strong>ich</strong> <strong>kein</strong> Fleisch esse und<br />
s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t derjenige verteidigen muss, der<br />
Fleisch isst. Wer sagt, was „normal“ ist –<br />
Fleisch fressen oder fleischlos leben? Es<br />
liest s<strong>ich</strong> alles also recht spannend!<br />
Als Schlusswort passt dann auch bestens<br />
das Zitat von Sandra Förster: „Unsere<br />
Strategie lautet: Lächeln. Nur n<strong>ich</strong>t den<br />
blutarmen, freudlosen, hysterischen<br />
Veganer spielen. Am besten, man schafft<br />
den Menschen einen sexy Zugang zur<br />
veganen Ernährung, gibt ihnen mögl<strong>ich</strong>st<br />
viele Informationen und lässt sie dann am<br />
Ende selbst entscheiden.“<br />
Uschi Herzer<br />
➜ Blumenbar Verlag, blumenbar.de,<br />
166 Seiten, 24,90 Euro<br />
Vegan lecker lecker!<br />
(Marc Pierschel, Lies Hermans,<br />
Denise Kästner)<br />
Mittlerweile in zweiter Auflage erschienen<br />
ist „Vegan lecker lecker!“ von „Roots<br />
of Compassion“. Tütensuppen und Fertigger<strong>ich</strong>te<br />
aus der Tiefkühltruhe können ab<br />
sofort allen gestohlen bleiben, denn dieses<br />
ansprechend aufgemachte vegane<br />
Kochbuch im handl<strong>ich</strong>en DIN A5-Querformat<br />
mit praktischer Spiral<strong>bin</strong>dung bietet<br />
knapp 100 bebilderte tierfreie Rezepte<br />
für alle Lebenslagen. Ihrem Anspruch, ein<br />
Kochbuch vor allem für vegane Einsteiger<br />
und Sympathisanten zu machen, werden<br />
die Autoren dabei voll gerecht, denn die<br />
Rezepte sind le<strong>ich</strong>t verständl<strong>ich</strong> geschrieben,<br />
gut nachvollziehbar und motivieren<br />
zum Nachkochen. Aber auch Kochprofis<br />
können s<strong>ich</strong> hier s<strong>ich</strong>er noch die eine oder<br />
andere Inspiration holen. Auffallend bei<br />
den Rezepten ist, dass überproportional<br />
viele süße Speisen in diesem Kochbuch<br />
vertreten sind. Sind Veganer mögl<strong>ich</strong>erweise<br />
kleine Leckermäuler? Fazit: Dieses<br />
Buch zeigt, wie lecker vegan kochen geht<br />
und das zu einem absolut korrekten Preis.<br />
Doch wer oder was ist eigentl<strong>ich</strong> „Roots of<br />
Compassion“? ROC ist ein veganes Kollektiv<br />
aus Münster, das Menschen ermutigen<br />
möchte, die bestehenden Herrschaftsverhältnisse<br />
kritisch zu hinterfragen und das<br />
eigene Handeln zu reflektieren. Auf der<br />
Suche nach Mögl<strong>ich</strong>keiten, Veganismus<br />
und den Tierrechts/-befreiungsgedanken<br />
stärker ins gesellschaftl<strong>ich</strong>e Bewusstsein<br />
zu tragen, entwickelte s<strong>ich</strong> die Idee, Roots<br />
of Compassion zu gründen – so nachzulesen<br />
auf der ROC-Homepage (rootsofcompassion.org).<br />
Dort könnt ihr übrigens<br />
das Kochbuch bestellen sowie sweatshopfreie<br />
Klamotten und Schuhe und vegane<br />
Lebensmittel wie zum Beispiel Gluten,<br />
um Seitan preiswert selbst herzustellen<br />
(siehe Rezept in diesem Heft).<br />
Uschi Herzer<br />
➜ Compassion Media, compassionmedia.<br />
org, 100 Seiten, 5,90 Euro<br />
24 Rezepte zur kulinarischen<br />
Weltverbesserung<br />
(Wam Kat)<br />
Freunde hatten mir bereits von dem Buch<br />
vorgeschwärmt, bevor <strong>ich</strong> es in die Hände<br />
bekam. Und das zu Recht, wie s<strong>ich</strong> beim<br />
Lesen herausstellte.<br />
In diesem wirkl<strong>ich</strong> liebevoll aufgemachten<br />
Buch finden s<strong>ich</strong> 24 Rezepte und 24<br />
Gesch<strong>ich</strong>ten aus dem Leben von Wam Kat,<br />
geboren 1955 in den Niederlanden und<br />
unter anderem Mitbegründer des niederländischen<br />
Kochkollektivs Rampenplan,<br />
was übersetzt „Katastrophen(schutz)plan“<br />
bedeutet. Rampenplan kocht(e) meist für<br />
Großveranstaltungen, unter anderem in<br />
Gorleben, wenn es wieder mal einen Castor-Transport<br />
gibt, oder in Rostock beim<br />
Protest gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm.<br />
Mittlerweile können bis zu 1.000<br />
Leute mit Essen versorgt werden.<br />
Die Idee ist, das Essen kostenlos auszugeben,<br />
aber wenn es geschmeckt hat, kann<br />
man gerne dafür spenden. Und das Konzept<br />
funktioniert!<br />
Zentrales Anliegen von Wam Kat ist es,<br />
beim Kochen regionale und mögl<strong>ich</strong>st biologisch<br />
angebaute Produkte zu verwenden.<br />
Diese besorgt Rampenplan meist bei den<br />
Bauern und Bäckern aus der jeweiligen<br />
Umgebung. Das ist Wam Kat deshalb so<br />
w<strong>ich</strong>tig, weil er Alternativen zur heutigen<br />
Ernährungsgesellschaft aufzeigen will,<br />
und weil es n<strong>ich</strong>t sein kann und darf, dass<br />
ein paar wenige Ernährungsmultis entscheiden,<br />
was wir essen. Und genau wie<br />
wir möchte er vermitteln, dass Kochen<br />
n<strong>ich</strong>t schwer ist und dass man <strong>kein</strong> Hightech-Equipment<br />
benötigt, um was Leckeres<br />
auf den Tisch zu zaubern.<br />
In seinen sehr unterhaltsamen Gesch<strong>ich</strong>ten<br />
erzählt Wam Kat von seinem Leben<br />
als Kind in einer Künstlerkolonie, wie<br />
es ist, mit Kochtöpfen zu kochen, die 300<br />
Liter fassen („Im ersten Jahr hatte <strong>kein</strong>er<br />
der Köche mehr Haare auf den Armen,<br />
da es immer wieder St<strong>ich</strong>flammen gab“),
46<br />
impressum<br />
Kochen ohne Knochen<br />
Das neue Magazin für Menschen,<br />
die <strong>kein</strong> Fleisch essen<br />
<strong>Ox</strong>-Verlag<br />
Joachim Hiller<br />
Postfach 110420<br />
42664 Solingen<br />
Fon 0212 - 38 31 828<br />
Fax 0212 - 38 31 830<br />
Pakete an: Kochen ohne Knochen,<br />
Hochstraße 15, 42697 Solingen<br />
Redaktion:<br />
Christian Meiners<br />
(offi ce@kochenohneknochen.com)<br />
Joachim Hiller<br />
Uschi Herzer (uschi@ox-fanzine.de)<br />
Anzeigen, Verlag:<br />
Joachim Hiller<br />
(mail@kochenohneknochen.com)<br />
www.kochenohneknochen.de<br />
www.myspace.com/kochenohneknochen<br />
http://twitter.com/kochenoknochen<br />
V.i.S.d.P.: Joachim Hiller (Für den Inhalt von<br />
namentl<strong>ich</strong> gekennze<strong>ich</strong>neten Artikeln ist<br />
der/die VerfasserIn verantwortl<strong>ich</strong>. Sie geben<br />
n<strong>ich</strong>t unbedingt die Meinung der Redaktion<br />
wieder.)<br />
MitarbeiterInnen dieser Ausgabe:<br />
Guido Barth (Vebu), Attila Hildmann, Tiina<br />
Menzel, Glauce Lucas (Hurry Up! Records), Isa<br />
Chandra Moskowitz (The Post Punk Kitchen),<br />
Katrin Sauter (Rockterrine)<br />
Layout: André Bohnensack<br />
Layoutentwicklung: Linda Köper<br />
Lektorat: Ute Borchardt<br />
Coverfoto Moby: Arne Sattler<br />
Knochi-Logo: Rautie (www.rautie.de)<br />
Vertrieb: UMS Press<br />
Abonnement: 3 Ausgaben 10 Euro inkl. P+V<br />
Druck: WAZ Druck, Duisburg<br />
Fotonachweise: Guido Barth (S. 28), Attila<br />
Hildmann (S. 20, S. 23), Afton Larson (S. 34),<br />
Glauce Lucas (S. 31), Christian Meiners (S.<br />
7, S. 18, S. 24, S. 44), Tiina Menzel (S. 32/33),<br />
Rockterrine (S. 11), Roots Of Compassion (S.<br />
12), Stock.XCHNG (S. 4-6, S. 10, S. 26, S. 30/31)<br />
abo<br />
Kochen ohne Knochen im Abo<br />
KoK erscheint alle drei Monate,<br />
das nächste Heft kommt Mitte Mitte März 2010.<br />
Das Mini-Abo über drei Ausgaben Ausgaben gibt‘s für 10<br />
Euro Euro (Deutschland) und 13 Euro Euro (europäisches<br />
Ausland) – und als Aboprämie verschenken<br />
verschenken<br />
wir wir die die Original-„Kochen ohne Knochen“- Knochen“-<br />
Stofftasche.<br />
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Zu bestellen im Webshop des <strong>Ox</strong>-Verlags<br />
unter www.ox-fanzine.de/kokabo<br />
vorschau<br />
Kochen ohne Knochen #2 (Mitte März 2010):<br />
Mike Ness von SOCIAL DISTORTION<br />
über sein Leben als Vegetarier<br />
und Hausmann abseits von Bühne,<br />
Tattoostudio und Hot Rods<br />
Veggie-Trek: Die Besatzung<br />
der Enterprise ernährt s<strong>ich</strong><br />
vegetarisch?!?<br />
P.I.Y. - Pfl anz it yourself! Erste<br />
Gehversuche als Gemüsegärtner<br />
Mein Haustier, der Vegetarier -<br />
auf den Spuren eines<br />
gescheiterten Versuchs