Music, Body and Stage
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Mokka nimmt man aus Teegläsern zu sich. Mustafa als Macho<br />
zu erkennen, ist nicht eben originell gestaltet: Zum weißen<br />
Nadelstreifenanzug trägt er ein lila Hemd, sowie dicke<br />
Goldketten. Die Begegnung der Kulturen fi ndet also nur<br />
im Klischee statt: Auch dann, wenn ein fl iegender Teppich<br />
vorbeisaust, ein Kamel um die Ecke blickt und die von<br />
einem dickbäuchigen Eunuchen unterstützte Bauchtanzgruppe<br />
orientalischen Reiz bringen. Aus der delikat erdachten<br />
Komödie werden gut getimte Klamauknummern, die<br />
man mögen muß – oder auch nicht.<br />
Mit ihrem Sportboot krachen Taddeo und Isabella durch<br />
die Requisite. Zu Lachen gibt es also reichlich. Die schauspielerische<br />
und choreographische Darbietung der Statisterie<br />
und des Herrenchors sind glänzend.<br />
Die Haremsdamen tragen zunächst Burka, später von der<br />
Italienerin quasi „infi ziert“, ebenfalls graue Kostüme, die<br />
Herren westliche Anzüge. Lindoro, der gerne seine Rechenmaschine<br />
umklammert, wirkt kalkulierbar. Alle Sklaven<br />
und Herren, das macht die schauspielerisch und sängerisch<br />
herausragende Susanne Blattert (Isabella) klar, verfallen ihr,<br />
der durch das „Schicksal gestärkten“ Primadonna. Wenn<br />
sie sich zur gemeinsamen Kaffeestunde bis auf den Unterrock<br />
auskleidet, sind nicht nur die drei Herren, sondern<br />
auch der ganze Harem wie paralysiert und auch der Kühlschrank<br />
dampft. Elvira hält den Emanzipationsschriften<br />
ihrer Zofe das kitschige Hochzeitsbild entgegen, denn für<br />
sie und Mustafa bleibt nach wie vor alles beim Alten. Das<br />
Orchester kann bis auf Details gut mithalten. Die<br />
Sänger, allen voran Susanne Blattert, können mit<br />
warmen leichtem Belcanto einnehmen, wie der<br />
im leichten Parl<strong>and</strong>ostil singende Martin Tzonev<br />
(Mustafa) und der überzeugende Haris Andrianos<br />
(Taddeo), dessen Komik brillant ist. Eine gewisse<br />
Enttäuschung war Jonas Gudmundsson (Lindoro),<br />
der trotz seines schönen Tenors besonders in seiner<br />
ersten Arie die Höhen forcierte, was der Leichtigkeit<br />
von Rossinis Musik gar nicht gut st<strong>and</strong>. Anna<br />
Virovlansky verkörperte mit hellem Sopran die<br />
Partie der Elvira, Algis Lunskis (Zulma) und Anjara<br />
I. Bartz (Haly) und machten aus ihren Nebenrollen<br />
stimmlich und agierend das Beste.<br />
Fazit<br />
Das Orchester spielte, wenn auch gelegentlich etwas dominant<br />
(z.B. Finale 1. Akt), musikalisch, sieht man von der<br />
nicht gerade repräsentativen Solofl öte in der Ouvertüre<br />
einmal ab. Der Wechsel zwischen Rezitativen und Arien<br />
gelang bruchlos. Schauspielerisch war die Aufführung<br />
rundum gelungen. Die Sänger sind bis auf den Lindorodarsteller,<br />
dessen Stimme die weiche Leichtigkeit fürs Belcantofach<br />
vermissen ließ, hörenswert. Eine insgesamt auf<br />
Komik setzende Version mit umgangssprachlich übersetzten<br />
Obertiteln (etwa: Jetzt heißt es cool bleiben), die nicht auf<br />
Raffi nesse, sondern auf kraftvolle Bilder à la Slapstick setzt.<br />
F. Zink<br />
Bild: Thilo Beu<br />
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Bonn, Opernhaus<br />
Margarethe – Faust<br />
von Charles Gounod (1818-1893), Oper in 5 Akten, überarbeitete<br />
Fassung 1869: Libretto: Jules Barbier und Michel Carré nach Johann<br />
Wolfgang von Goethe. UA: 19. März 1859, Paris, Théâtre Lyrique<br />
Regie: Vera Nemirova, Bühnenbild/Kostüme: Ulrike Kunze<br />
Dirigent: Wolfgang Lischke, Beethoven Orchester Bonn, Chor: Einstudierung:<br />
Sibylle Wagner; Solisten: Julia Kamenik (Margarethe),<br />
Arturo Martin (Faust), Martin Tzonev (Mephisto), Aris Argiris (Valentin),<br />
Kamen Todorov (Wagner), Susanne Blattert (Siebel). Anjara<br />
I. Bartz (Marthe Schwertlein),<br />
Besuchte Aufführung: 13. April 2008 (Premiere).<br />
Kurzinhalt<br />
Faust, im vorgerückten Alter, ist im Ringen nach Erkenntnis<br />
müde geworden. Er greift nach dem Giftbecher.<br />
In Unmut über die von draußen in seine Studierstube<br />
dringenden religiösen Gesänge ruft er den Satan herbei,<br />
der als Edelmann erscheint. Der Pakt um Jugend, Kraft<br />
und Hoffnung gegen die Seele des Wissenschaftlers<br />
wird beschlossen. Durch einen Trank verjüngt, begehrt<br />
er das Mädchen auf dem ihm gezeigten Bild: Margarethe.<br />
Ihr Bruder Valentin verläßt als Soldat die Stadt. Die<br />
Studenten Siebel und Wagner versprechen, auf Grete<br />
zu achten. Mephisto mischt die heitere Gesellschaft mit<br />
düsteren Prophezeiungen auf, es kommt zum Gerangel.<br />
Faust lernt Margarethe kennen. Mephisto verschafft<br />
Schmuck. Die geschwätzige Nachbarin redet Grete zu,<br />
ihn zu behalten. Mephisto organisiert ein erstes Treffen.<br />
Julia Kamenik (Margarethe), Arturo Martin (Faust), Martin<br />
Tzonev (Mephisto), Anjara I. Bartz (Marthe), von li nach re<br />
Margarethe wird von Faust verlassen; sie erwartet ein<br />
Kind von ihm. Der zurückgekehrte Valentin stellt den<br />
Verführer im Kampf und wird von ihm tödlich verwundet.<br />
Mephisto führt Faust auf einen Berg, den Brocken<br />
im Harz, wo während der Walpurgisnacht sinnliche Genüsse<br />
aller Art auf ihn warten. Faust hat die Vision der<br />
leidenden Margarethe und fl ieht mit Mephisto zu der als<br />
Kindesmörderin verurteilten Grete ins Gefängnis. Dem<br />
Drängen Mephistos zu folgen, kann sie, die tugendhaft<br />
Reine, nicht nachgeben. Mephistos Ausruf: „gerichtet“<br />
schallt das himmlische „gerettet“ entgegen und Grete<br />
schwebt gen Himmel.