08.12.2012 Aufrufe

Laserstrahlschweissen von Kunststoffen - Leister

Laserstrahlschweissen von Kunststoffen - Leister

Laserstrahlschweissen von Kunststoffen - Leister

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Laserstrahlschweissen</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Kunststoffen</strong><br />

Von je her zeichnet sich die Kunststoffindustrie durch grosse Vielfalt<br />

aus. Dieses bezieht sich sowohl auf die Vielzahl der Anwendungen,<br />

der Designs, der verwendeten Materialien als auch auf die Grösse <strong>von</strong><br />

Bauteilen. Insbesondere in den letzten Jahren ist eine Entwicklung zu<br />

immer grösseren Kunststoffbauteilen, aber vor allem auch zu immer<br />

kleineren Mikrobauteilen zu beobachten.<br />

Mit der Weiterentwicklung bestehenderFertigungsverfahren<br />

wie auch durch den Einsatz<br />

neuer Verfahren öffnen sich den<br />

Kunststoffanwendungen immer<br />

grössere Anwendungsfelder.<br />

Das <strong>Laserstrahlschweissen</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Kunststoffen</strong> nimmt neben<br />

den herkömmlichen Fügeverfahren<br />

einen festen Platz in der<br />

Kunststoffverarbeitung ein.<br />

Mit zunehmender Erfahrung<br />

und Prozesskenntnis kristallisieren<br />

sich mehr und mehr Anwendungen<br />

heraus, bei denen<br />

das <strong>Laserstrahlschweissen</strong> seine<br />

spezifischen Vorteile gegenüber<br />

anderen Verfahren voll ausspielen<br />

kann. Auch Anwendungen<br />

bei denen herkömmliche Fügeverfahren<br />

versagen oder unbefriedigende<br />

Ergebnisse liefern,<br />

lassen Nischen für die Anwendung<br />

des Lasers entstehen.<br />

Durch die Vielzahl der möglichen<br />

Anwendungsfelder ist<br />

auch eine stetige Weiterentwicklung<br />

der Konzepte erforderlich.<br />

So wird das ohne Zweifel grosse<br />

Potential des Laserschweissens<br />

für möglichst viele Anwendungen<br />

gewinnbringend einsetzbar.<br />

Das Prinzip<br />

Die in der Kunststoffverarbeitung<br />

eingesetzten Schweissverfahren<br />

unterscheiden sich darin,<br />

wie die Energie in die Fügeebene<br />

ZUM AUTOR<br />

Oliver Hinz<br />

Produkt-Manager Lasersysteme<br />

<strong>Leister</strong> Process Technologies<br />

Riedstrasse<br />

CH-6060 Sarnen<br />

Telefon +41 (0)41 662 74 74<br />

www.leister.com<br />

leister@leister.com<br />

eingebracht wird. Neben Wärmeleitung,<br />

Konvektion und Reibung<br />

ist die Energieeinbringung<br />

durch Strahlung verbreitet. Zum<br />

Strahlungsschweissen zählt auch<br />

das <strong>Laserstrahlschweissen</strong>. [1]<br />

In der industriellen Praxis<br />

hat sich das so genannte Laserdurchstrahlschweissendurchgesetzt.<br />

Hierzu werden Laserquellen<br />

eingesetzt, die in nahen Infrarot<br />

(NIR) emittieren. Das sind<br />

vornehmlich Diodenlaser mit<br />

Wellenlängen <strong>von</strong> 808 nm und<br />

940 nm oder Nd:YAG-Laser mit<br />

1064 nm. Neben dem Durchstrahlschweissen<br />

werden in der<br />

Literatur das direkte und indirekte<br />

Laser-Stumpfschweissen<br />

erwähnt. Diese Verfahren werden<br />

aber bei Serienteilen nicht<br />

oder nur in Einzelfällen eingesetzt.<br />

Beim Durchstrahlschweissen<br />

wird eine Werkstoffkombination<br />

Bild 1: Prinzip des Laserdurchstrahlschweissens.<br />

gewählt, bei der die Fügepartner<br />

sich hinsichtlich ihrer Absorptionseigenschaften<br />

stark unterscheiden.<br />

Während der eine Fügepartner<br />

eine geringe Absorption<br />

des Laserlichtes der gewählten<br />

Wellenlänge aufweist, also<br />

eine grosse Eindringtiefe besitzt,<br />

zeichnet sich der andere durch<br />

eine geringe Eindringtiefe beziehungsweise<br />

eine hohe Absorption<br />

aus. Thermoplastische<br />

Kunststoffe weisen in unpigmentiertem<br />

Zustand meistens<br />

hohe Transparenz für Strahlung<br />

der Laserwellenlänge auf. Auch<br />

teilkristalline Kunststoffe mit<br />

einem opaken Erscheinungsbild<br />

sowie farbige oder mit speziellen<br />

Pigmenten schwarz eingefärbte<br />

Bauteile können für die Laserstrahlung<br />

ausreichend transparent<br />

sein. Sind die Kunststoffe<br />

mit «laserabsorbierenden» Pigmenten<br />

versetzt (zum Beispiel<br />

Standardschwarzeinfärbung mit<br />

~1 Prozent Russ; mit anderen<br />

IR-Absorbern sind auch andere<br />

Einfärbungen möglich), kommt<br />

es beim Bestrahlen zu der<br />

gewünschten Absorption in<br />

Schichten nahe der Oberfläche.<br />

Bilder: 1 bis 6 <strong>Leister</strong> Process Technologies, 7 Siemens VDO<br />

DOSSIER<br />

SCHWEISSTECHNIK<br />

Die Fügeteile werden vor<br />

dem Schweissen über eine<br />

Spannvorrichtung miteinander<br />

in Kontakt gebracht. Die zum<br />

Plastifizieren des Werkstoffes<br />

notwendige Strahlungsenergie<br />

tritt durch den transparenten<br />

Fügepartner hindurch, ohne diesen<br />

dabei wesentlich aufzuheizen.<br />

Die Laserenergie wird im<br />

zweiten Fügepartner durch Absorption<br />

in Wärme umgewandelt.<br />

Hierdurch werden die bestrahlten<br />

Bereiche aufgeschmolzen.<br />

Die benötigte Wärme für<br />

das Aufschmelzen des für das<br />

Laserlicht transparenten Fügepartners<br />

wird diesem über Wärmeleitung<br />

vom absorbierenden<br />

Partner zugeführt (Bild 1). Der<br />

aufgebrachte Fügedruck wird<br />

benötigt, um ein Durchmischen<br />

der Schmelzen und eine hochwertige<br />

Schweissnaht zu erreichen<br />

sowie die bei der Erwärmung<br />

<strong>von</strong> <strong>Kunststoffen</strong> auftretende<br />

Volumenausdehnung auszugleichen.<br />

Die Festigkeit einer<br />

so erzeugten Schweissnaht liegt<br />

im Bereich der Grundmaterialfestigkeit.<br />

[2]<br />

Fügenahtgeometrien<br />

Die Anforderungen bezüglich<br />

der Fügenahtgeometrie sind niedrig.<br />

Die Fügeteile müssen lediglich<br />

so konstruiert sein, dass der<br />

erforderliche Fügedruck über<br />

eine Halte beziehungsweise<br />

Spannvorrichtung auf die Fügefläche<br />

übertragen werden kann.<br />

An der Kontaktstelle der Fügepartner<br />

sollte möglichst kein<br />

Spalt sein, so dass der Fügedruck<br />

gleichmässig aufgebracht und<br />

ein guter Wärmetransport ermöglicht<br />

wird. Einfallstellen<br />

oder durch Auswerferstifte verursachte<br />

Markierungen sind im<br />

Bereich der Schweissnaht zu<br />

vermeiden. Die Wandstärke des<br />

transparenten Fügepartners sollte<br />

bei teilkristallinen <strong>Kunststoffen</strong><br />

aufgrund der Licht streuenden<br />

Eigenschaften möglichst<br />

zwei Millimeter nicht übersteigen.<br />

Es sind keine speziellen<br />

Konstruktionselemente (wie<br />

beispielsweise Energierichtungsgeber<br />

beim Ultraschallschweissen)<br />

erforderlich. Vielfältige<br />

Gestaltungsformen der Fügenaht<br />

sind denkbar. Durch das berührungslose<br />

Aufbringen der Energie<br />

«im Inneren» des Bauteils<br />

eröffnen sich konstruktive Frei-<br />

Das Schweizer Industriemagazin. Seit 1972. | maschinenbau 2/2008 25


DOSSIER<br />

SCHWEISSTECHNIK<br />

a b c d e<br />

Bild 2: Von <strong>Leister</strong> Process Technologies eingesetzte Konzepte beim Laserdurchstrahlschweissen (v.l.n.r.: Kontur-, Simultan-, Quasisimultan-, Masken- und Radialschweissen).<br />

heitsgrade, die eine weitere Optimierung<br />

des Bauteils hinsichtlich<br />

Kostenersparnis, Platzbedarf,<br />

Qualität und Funktionalität<br />

ermöglichen.<br />

Verfahrensvorteile<br />

Das Laserdurchstrahlschweissen<br />

bietet gegenüber herkömmlichen<br />

Fügeverfahren einige<br />

prinzipbedingte Vorteile. Der<br />

Hauptvorteil ist sicherlich, dass<br />

die zum Aufschmelzen des Materials<br />

aufzubringende Energie<br />

berührungslos in den Werkstoff<br />

eingebracht wird. Hieraus ergibt<br />

sich neben dem Vermeiden <strong>von</strong><br />

Werkzeugverschleiss vor allem<br />

auch, dass die Nahtgeometrie<br />

weitgehend frei wählbar ist und<br />

auch dreidimensionale Fügelinien<br />

möglich sind. Hart-Weich-<br />

Verbindungen können geschweisst<br />

werden. Die mechanische<br />

Belastung des Bauteils<br />

bleibt minimal. Aber auch die<br />

thermische Belastung des Bauteils<br />

sowie die Wärmeeinflusszone<br />

sind aufgrund der lokal<br />

sehr präzis eingebrachten Energie<br />

klein. Schweissen in unmittelbarer<br />

Nähe empfindlicher<br />

Bauteile, feiner Strukturen oder<br />

funktionaler Schichten wird<br />

möglich.<br />

Die hohe Qualitätsanforderungen<br />

an heutige Kunststoffbauteile<br />

wie hohe Schweissnahtfestigkeiten<br />

sowie gasdichte und<br />

optisch einwandfreie Schweissnähte<br />

werden beim Durchstrahlschweissen<br />

erfüllt. Es werden<br />

während des Schweissvorgangs<br />

keine Partikel freigesetzt und<br />

eine Wulstbildung wird vermieden.<br />

Die gute Reproduzierbarkeit<br />

des Schweissprozesses trägt<br />

ebenfalls zu hoher Schweissnahtqualität<br />

und Prozesssicherheit<br />

bei.<br />

Die Verfahrenskonzepte<br />

Der Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten,<br />

nicht nur bezüglich<br />

der Bauteildimensionen und<br />

Geometrien, wird seitens der<br />

Entwickler und Systemlieferan-<br />

maschinenbau 2/2008 | Das Schweizer Industriemagazin. Seit 1972.<br />

26<br />

ten mit einer Vielzahl an Verfahrensvarianten<br />

begegnet. Bild 2<br />

zeigt die Konzepte Kontur-, Simultan-,<br />

Quasisimultan-, Masken-<br />

und Radialschweissen.<br />

Beim Konturschweissen<br />

(Bild 2a) können Schweissnähte<br />

nahezu beliebiger Geometrie erzeugt<br />

werden. Hierbei wird ein<br />

punktförmiger Laserstrahl entlang<br />

der frei programmierbaren<br />

Schweissnahtkontur geführt, so<br />

dass die Bauteile sequenziell geschweisst<br />

werden. Das Schweissen<br />

dreidimensionaler Füglinien<br />

ist begrenzt möglich und auch<br />

schwer zugängliche Stellen können<br />

bearbeitet werden.<br />

Beim Simultanschweissen<br />

(Bild 2b) wird die Fügefläche auf<br />

der gesamten Schweissnahtkontur<br />

über eine spezielle Anordnung<br />

<strong>von</strong> Laserdioden und/oder<br />

eine entsprechend dem Bauteil<br />

angepasste Optik gleichzeitig bestrahlt.<br />

Dabei ist keine Relativbewegung<br />

zwischen Laserstrahl<br />

und Bauteil erforderlich. Das Simultanschweissen,<br />

zeichnet sich<br />

durch seine kurzen Schweisszeiten<br />

aus. Es eignet sich insbesondere<br />

für das Bearbeiten grosser<br />

Serien.<br />

Beim Quasisimultanschweissen<br />

wird der Laserstrahl mit<br />

Hilfe <strong>von</strong> Scannerspiegeln mit<br />

einer hohen Verfahrgeschwindigkeit<br />

entlang der Schweisskontur<br />

geführt (Bild 2c). Durch<br />

die hohe Verfahrgeschwindigkeit<br />

kann die Fügefläche mehrfach je<br />

Sekunde abgefahren werden,<br />

wodurch die gesamte Fügefläche<br />

mit der punktförmigen Energiequelle<br />

Laserstrahl nahezu zeitgleich<br />

erwärmt und plastifiziert<br />

werden kann. Da auch hier<br />

beide Fügepartner während des<br />

Schweissvorgangs aufeinander<br />

gedrückt werden, können Formteiltoleranzen<br />

abgeschmolzen<br />

und in den Schweisswulst gedrückt<br />

werden.<br />

Neben den oben genanten<br />

gängigen Konzepten erweitern<br />

anwendungsorientierte Weiterentwicklungen<br />

die Einsatzmög-<br />

lichkeiten des Laserdurchstrahlschweissens.<br />

Hierzu gehören<br />

neben dem Masken- und Radialschweissen<br />

auch das Globo-<br />

Schweissen.<br />

Wenn sehr kleine Schweissnähte<br />

mit hoher Genauigkeit in<br />

Form <strong>von</strong> Linien oder Flächen<br />

erforderlich sind, muss die exakte<br />

lokale Zuführung der Laserenergie<br />

sichergestellt werden.<br />

Mit Hilfe der Maskentechnik<br />

kann die Form <strong>von</strong> Schweissnähten<br />

mit einer hohen Auflösung<br />

gesteuert werden [3].<br />

Das Prinzip des Maskenschweissens<br />

ist in Bild 2d dargestellt.<br />

Zwischen den Bauteilen<br />

und der Laserquelle wird eine<br />

reflektierende Maske positioniert,<br />

die die Laserstrahlung nur<br />

dort durchlässt, wo auf dem<br />

Bauteil geschweisst werden soll.<br />

Die Maske wird mit einem auf<br />

eine Linie fokussierten Strahl<br />

abgefahren. Die Genauigkeit des<br />

Schweissprozesses hängt sowohl<br />

<strong>von</strong> der Qualität der Maske als<br />

auch <strong>von</strong> der Form des Laserstrahls<br />

ab. Einige Maskenschweisssysteme<br />

sind speziell<br />

entwickelt, um kleine, mikrostrukturierte<br />

Kunststoffbauteile<br />

mittels Laserdurchstrahlschweissens<br />

schonend, exakt, schnell<br />

und dicht zu verschliessen. Hiermit<br />

können Schweisslinien <strong>von</strong><br />

nur 100 µm Breite erzeugt werden.<br />

Ebenso können flächige<br />

Schweissnähte bis auf wenige<br />

Mikrometer neben einer empfindlichen<br />

Bauteilstruktur angebracht<br />

werden. Beispielsweise<br />

kann bei Mikrofluidik-Bauteilen<br />

so sichergestellt werden, dass<br />

zum einen die Schweissnaht<br />

sehr nahe am Kanal liegt zum<br />

anderen aber keine Schmelze in<br />

den Kanal fliesst. Es können<br />

auch grössere Bauteile mit einer<br />

Breite <strong>von</strong> bis zu 90 mm in<br />

einem Arbeitsgang mit dem<br />

Maskenschweissprinzip geschweisst<br />

werden.<br />

Das Radialschweissen (Bild<br />

2e) wurde speziell entwickelt,<br />

um rotationssymmetrische Bau-<br />

teile Schweissen zu können<br />

ohne diese rotieren zu müssen.<br />

Dabei wird die Laserstrahlung –<br />

punktförmig und bewegt oder<br />

kreisförmig und simultan – so<br />

<strong>von</strong> einem kegelförmigen Spiegel<br />

abgelenkt, dass sie radial auf<br />

die rotationssymmetrische Fügefläche<br />

der zu schweissenden<br />

Bauteile auftrifft. Dabei gewährleistet<br />

eine Presspassung zwischen<br />

den Fügepartnern den für<br />

den Schweissprozess erforderlichen<br />

Anpressdruck, so dass<br />

keine Spannvorrichtung erforderlich<br />

ist. Für diese umlaufende,<br />

dichte Schweissnaht muss<br />

das Bauteil nicht bewegt werden.<br />

Das neuartige Globo-<br />

Schweissen<br />

Das Schweissen <strong>von</strong> dreidimensionalen<br />

Fügeflächen ist bislang<br />

weder mit herkömmlichen Verfahren<br />

wie dem Ultraschall oder<br />

Vibrationsschweissen zu lösen,<br />

noch bot das <strong>Laserstrahlschweissen</strong><br />

hinreichende Möglichkeiten.<br />

Für viele industrielle Anwendungen<br />

und neue Designideen<br />

ist jedoch ein dreidimensionales<br />

Fügeverfahren erforderlich. Die<br />

Schwierigkeit ergibt sich daraus,<br />

wie die für die Schweissung und<br />

den notwendigen Kontakt der<br />

Fügeteile erforderliche Fügekraft<br />

gleichmässig aufgebracht werden<br />

kann. Ein statisches Aufbringen<br />

der Kraft, wie es bei<br />

zweidimensionalen Teilen eingesetzt<br />

wird, ist bei dreidimensionalen<br />

Fügeteilen nahezu unmöglich.<br />

In der Regel kann der<br />

Druck nur in einer Richtung aufgebracht<br />

werden. So entstehen<br />

in der Fügefläche neben der gewünschten<br />

senkrechten Kraftkomponente<br />

auch tangentiale<br />

Komponenten. Je stärker die<br />

dreidimensionale Ausformung<br />

ist, umso grösser ist diese tangentiale<br />

Komponente.<br />

Auch grossflächige Bauteile,<br />

wie sie beispielsweise bei technischen<br />

Textilien vorkommen, lassen<br />

sich statisch nicht mit ver-


Bild 3: Prinzip des Globo-Schweissens.<br />

tretbarem Aufwand andrücken.<br />

Es ist also ein System gefordert,<br />

welches dynamisch genau dort<br />

den Druck aufbringt, wo dieser<br />

für den Schweissprozess benötigt<br />

wird, nämlich dort, wo die Laserstrahlung<br />

wirkt und für die<br />

Plastifizierung des Materials<br />

sorgt. Das vom Zentralschweizer<br />

Technologieunternehmen <strong>Leister</strong><br />

Process Technologies entwickelte<br />

und patentieret Kugelschweissverfahren<br />

– auch Globo-Welding<br />

genannt – bietet hier<br />

erstmals eine Lösung.<br />

Das Globo-Welding-Konzept<br />

funktioniert in erster Linie nach<br />

dem Prinzip des Konturschweissens.<br />

Hierbei wird ein punktförmiger<br />

Laserstrahl über eine luftgelagerte,<br />

reibungslos drehbare<br />

Glaskugellinse auf die Fügeebene<br />

fokussiert (Bild 3). Die<br />

Glaskugel dient dabei als mechanisches<br />

Anpresswerkzeug und<br />

wird senkrecht zur Fügeebene<br />

permanent und punktuell angedrückt.<br />

Die stets senkrechte Hal-<br />

Bild 4: Globo-Schweissen an einer Rückleuchte.<br />

tung des Bearbeitungskopfes zur<br />

Fügeebene ist ein Kernfunktionsprinzip<br />

des Schweisskonzeptes.<br />

Der Andrückpunkt befindet<br />

sich stets auf der Achse des<br />

optischen Systems. Somit trifft<br />

der Laserstrahl nur dort auf, wo<br />

die Anpresskraft vorhanden ist.<br />

Der Schweissprozess findet dadurch<br />

vollständig unter Anpressdruck<br />

statt, so dass eine hohe<br />

Schweissqualität gewährleistet<br />

wird. [4]<br />

Die luftgelagerte Glaskugel<br />

ist zusammen mit der Lichtleitfaserkopplung<br />

sowie zusätzlichen<br />

Optikkomponenten und Sensoren<br />

für die Prozesskontrolle in<br />

einem robusten und kompakten<br />

Bearbeitungskopf eingebaut. Die<br />

Fokusebene der Laserstrahlung<br />

und somit die Schweissnahtbreite<br />

können bauteilspezifisch definiert<br />

und angepasst werden.<br />

Die Konturbewegung des<br />

Bearbeitungskopfes wird typischerweise<br />

mit Hilfe eines 6-<br />

Achs-Roboters gesteuert. Die<br />

Relativbewegung zwischen Bearbeitungskopf<br />

und zu verschweissendem<br />

Bauteil findet<br />

unter ständiger Berührung statt.<br />

Der Kopf ist über einen Pneumatikzylinder<br />

mit dem Roboterarm<br />

verbunden. So kann ein konstanter<br />

Anpressdruck gewährleistet<br />

werden. [4]<br />

Ein typisches Einsatzbeispiel<br />

für dieses Verfahren sind Fahrzeugrückleuchten<br />

(Bild 4). Modernes,<br />

gerundetes Design führt<br />

hier zu dreidimensionalen<br />

Schweissnahtgeometrien. Für<br />

diese Produkte kommen zunehmend<br />

hochtransparente Kunst-<br />

Das Schweizer Industriemagazin. Seit 1972. | maschinenbau 2/2008 27


DOSSIER<br />

SCHWEISSTECHNIK<br />

stoffmaterialien zum Einsatz, bei<br />

denen die Schweissnaht sichtbar<br />

bleibt und daher besonders hohe<br />

optische Anforderungen erfüllen<br />

muss.<br />

Auch bei grossflächigen Bauteilen<br />

und endlosen thermoplastischen<br />

Folien, Bändern oder<br />

Geweben, bei welchen keine<br />

konventionelle Anpressvorrichtung<br />

anwendbar ist, bietet das<br />

Globo-Welding-Prinzip eine Lösung<br />

an (Bild 5).<br />

Praxisbeispiel<br />

Bei der Herstellung <strong>von</strong> Instrumenten,<br />

die im Outdoor-Bereich<br />

eingesetzt werden, ist vor allem<br />

eine Abdichtung gegen das Eindringen<br />

<strong>von</strong> Wasser <strong>von</strong> grosser<br />

Bedeutung. Die Instrumente<br />

müssen dem strengen Standard<br />

IP 69 entsprechen und je nach<br />

Einsatzzweck gegen diverse Medien<br />

beständig sein. So wird beispielsweise<br />

im Bereich des<br />

Bootsbaus neben Beständigkeit<br />

gegen Treibstoffe vor allem auch<br />

eine Salznebelbeständigkeit gefordert.<br />

Eine vorteilhafte Lösung für<br />

die Füge und Dichtproblematik<br />

bei den Outdoor-Instrumenten<br />

bietet das <strong>Laserstrahlschweissen</strong>.<br />

Es erfüllt die Qualitätsanforderungen<br />

und ersetzt unbeliebte<br />

und teure Prozesse wie Schnappen,<br />

Bördeln oder Kleben. Zusätzliche<br />

Bauteile wie Gummidichtungen<br />

und Bauelemente<br />

für die Befestigung können entfallen.<br />

Die hohen Anforderungen<br />

bezüglich Dichtheit und Festigkeit<br />

werden <strong>von</strong> den lasergeschweissten<br />

Nähten erfüllt. Bei Siemens<br />

VDO im St.Gallischen<br />

Rüthi hat man bereits seit 1999<br />

Erfahrungen mit dem <strong>Laserstrahlschweissen</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Kunststoffen</strong>.<br />

Deshalb entschied man sich<br />

auch bei weiteren Produkten dieses<br />

Verfahren einzusetzen. Im<br />

Jahre 2006 wurde das erste Laserschweisssystem<br />

<strong>von</strong> <strong>Leister</strong><br />

Process Technologies an Siemens<br />

VDA ausgeliefert. Im Oktober<br />

2007 konnte bereits die dritte Laseranlage<br />

vom Typ NOVOLAS<br />

WS installiert werden. Die drei<br />

Anlagen sind für unterschiedliche<br />

Anwendungen mit jeweils<br />

unterschiedlichem Durchsatz<br />

ausgelegt. Auf einer Standard<br />

Workstation werden Instrumente<br />

für den Einsatz in einem Quad<br />

gefertigt. Hier werden die Teile<br />

Bild 5: Globo-Schweissen eines industriellen<br />

Gewebes, Endlosanwendung.<br />

<strong>von</strong> Hand in das Lasersystem<br />

eingelegt und der Schweissprozess<br />

wird gestartet. Ein weiteres<br />

Lasersystem, auf dem die Instrumente<br />

für eine Baumaschine<br />

wasserdicht geschweisst werden,<br />

ist mit einem Rundtakttisch ausgestattet.<br />

So wird der Durchsatz<br />

erhöht, indem in der einen Position<br />

des Tisches entnommen und<br />

bestückt wird, während gleichzeitig<br />

in der anderen Position der<br />

Schweissvorgang stattfindet. Das<br />

dritte System aus der <strong>Leister</strong><br />

Baureihe NOVOLAS WS ist in<br />

ein Transfersystem integriert<br />

(Bild 6). Hier werden für die Produktlinie<br />

«Viewline» die Deckgläser<br />

auf die Instrumentengehäuse<br />

(Bild 7) geschweisst. Der<br />

Prozess läuft vollautomatisch.<br />

Die modular aufgebauten Instrumente<br />

gibt es in drei Grössen mit<br />

Durchmessern <strong>von</strong> 52, 85 und<br />

110 mm. Sie werden für vielfältige<br />

Funktionen vor allem in<br />

Sportbooten eingesetzt. Alle drei<br />

Grössen werden auf demselben<br />

Lasersystem gefertigt. Die Maschine<br />

erkennt die einkommenden,<br />

codierten Werkstückträger,<br />

wählt automatisch das für die jeweilige<br />

Variante entsprechende<br />

Programm und lädt die entsprechenden<br />

Konturdaten und La-<br />

Literatur<br />

[1] G. W. Ehrenstein: Handbuch der<br />

Kunststoff-Verbindungstechnik.<br />

Hanser 2004, 232 ff.<br />

[2] H. Pütz, D. Hänsch, H.G. Treusch<br />

und S. Pflueger: Laser welding offers<br />

array of assembly advantages.<br />

Modern Plastics (1997), 121 bis 124<br />

[3] J.-W. Chen, O. Hinz: Feinste Fügung.<br />

Technologie Bilanz Schweiz<br />

(2/2000), 33<br />

[4] J.-W. Chen, Die dritte Dimension,<br />

Kunststoffe, 5/2004, 86 bis 88


Bild 7: Die neue Instrumentenplattform «Viewline»<br />

für Motor- und Segelyachten ist modular aufgebaut.<br />

Es gibt die drei Grössen 52, 85 und 110 mm<br />

Durchmesser, die alle auf demselben Lasersystem<br />

geschweisst werden.<br />

serparameter. Ein Umrüsten der Maschine<br />

zwischen den drei Grössen ist nicht erforderlich,<br />

da auch die Spannvorrichtung so<br />

ausgelegt ist, dass alle Grössen aufgenommen<br />

werden können. Umrüstkosten entfallen<br />

und es ist möglich alle Varianten der Instrumentenplattform<br />

«Viewline» flexibel,<br />

entsprechend der Nachfrage, zu fertigen.<br />

Für hoch beanspruchte Schweissnähte<br />

aus dem Outdoor-Bereich ist das <strong>Laserstrahlschweissen</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Kunststoffen</strong> nicht<br />

nur eine innovative sondern auch wirtschaftliche<br />

Alternative gegenüber anderen<br />

Fügeverfahren. Die Investitionskosten sind<br />

zwar höher als bei den anderen Verfahren.<br />

Über geringere Unterhaltskosten und das<br />

Einsparen <strong>von</strong> zusätzlichen Bauteilen sowie<br />

die grosse Flexibilität der Lasersysteme<br />

amortisieren sich die Investitionen jedoch<br />

schnell. Nicht zuletzt bringt auch die gute<br />

Qualität der Schweissnähte in Bezug auf<br />

Dichtheit und die Reproduzierbarkeit des<br />

Schweissprozesses einen wirtschaftlichen<br />

Vorteil.<br />

Fazit<br />

Das <strong>Laserstrahlschweissen</strong> mit seinen spezifischen<br />

Vorteilen, wie dem berührungslosen<br />

Einbringen der Energie, hat sich auch<br />

in der Kunststoffverarbeitung zu einem<br />

wichtigen Fügeverfahren entwickelt. Das<br />

stoffschlüssige Fügen <strong>von</strong> Bauteilen mit<br />

hochempfindlichen elektronischen Kompo-<br />

nenten, <strong>von</strong> mikrostrukturierten Bauteilen<br />

oder <strong>von</strong> Hart-Weich-Verbindungen wird<br />

mit der Technologie des Laserdurchstrahlschweissens<br />

erst ermöglicht. In vielen Branchen<br />

existieren unterschiedlichste Applikationen<br />

für das Verfahren. Die Möglichkeit,<br />

Schweissnähte sehr gezielt auch im Inneren<br />

<strong>von</strong> montierten Bauteilen erzeugen zu können,<br />

eröffnet den Konstrukteuren und Designern<br />

neue Freiheitsgrade. Die Erhöhung<br />

der Funktionsdichte <strong>von</strong> Kunststoffgehäusen<br />

ist hier nur ein Beispiel.<br />

Die im Makro-Bereich herkömmlichen<br />

Serien-Fügeverfahren wie das Ultraschall,<br />

das Heizelement oder das Vibrationsschweissen<br />

werden nicht ersetzt, aber<br />

durch eine interessante Alternative ergänzt.<br />

Der Einsatz <strong>von</strong> Masken beim Laserdurchstrahlschweissen<br />

bietet neue Möglichkeiten<br />

der präzisen Energieeinbringung<br />

und erweitert somit den Einsatz dieser<br />

Technologien für Anwendungen mit höchsten<br />

Anforderungen an Genauigkeit. Das<br />

Bearbeiten <strong>von</strong> komplexen Strukturen, die<br />

mit herkömmlichen Strahlformen nicht<br />

verschweisst werden können, wird ebenfalls<br />

ermöglicht. Das maskenunterstützte<br />

Laserschweissen bietet eine vollkommen<br />

neue Verbindungstechnik für mikrostrukturierte<br />

Kunststoffteile. Es ermöglicht das<br />

schnelle und präzise Verschweissen <strong>von</strong><br />

Bauteilen, wie sie im stark wachsenden Bereich<br />

der Mikrofluidik eingesetzt werden.<br />

Auch der Globo-Kopf erweitert die<br />

Möglichkeiten und Einsatzgebiete. Er ermöglicht<br />

das Kunststoffschweissen mittels<br />

Laserstrahlung <strong>von</strong> einem zweidimensionalen<br />

Fügeverfahren in eine flexible, dreidimensionale<br />

Fügetechnologie zu erweitern.<br />

Verschiedene System und Maschinenkonzepte<br />

sowie Verfahrensprinzipien schaffen<br />

beim Einsatz des Laserdurchstrahlschweissens<br />

eine Vielfalt für individuelle<br />

Lösungen anwendungsspezifischer Fügeaufgaben.<br />

Bild 6: <strong>Leister</strong> Lasersystem NOVOLAS WS CD, integriert in eine Fertigungslinie mit Transfersystem.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!