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ICE, ICE, BABY

Faszinierend: Eine Tour durchs wilde Island mit der „Offroad Manufaktur Hamburg“

Faszinierend: Eine Tour durchs wilde Island mit der „Offroad Manufaktur Hamburg“

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<strong>ICE</strong>, <strong>ICE</strong>, <strong>BABY</strong><br />

Faszinierend: Eine Tour durchs wilde Island mit der<br />

„Offroad Manufaktur Hamburg“ Text: Marion Kattler-Vetter | Fotos: Jens Hartmann<br />

106<br />

07/16 GRIP


„W<br />

enn da eine 25 steht,<br />

kippen eure Autos<br />

um.“ Der Mann mit der<br />

Wollmütze meint es<br />

durchaus ernst: Wenn die elektronischen<br />

Warnschilder auf der<br />

Ringstraße besagte Zahl aufleuchten<br />

lassen, heißt das nicht `Tempo<br />

runter´, sondern beziffert die<br />

Windstärke der Böen.<br />

Michael Schäfers, Tourguide der<br />

„24 Offroader“, die in ihren<br />

Geländewagen auf das Signal zur<br />

Abfahrt warten, weiß, dass der<br />

Hinweis kein Joke ist. An der<br />

Süd- und Westküste Islands sind<br />

die Temperaturen zwar milder als<br />

im schneebedeckten Hochland,<br />

dafür regnet es aber häufig und<br />

aus Wind kann leicht ein Sandsturm<br />

werden. Damit hat nun<br />

niemand gerechnet.<br />

Es ist August, zu Hause liegen sie<br />

eingeölt in der Sonne und hier hat<br />

es gefühlte zwei Grad. In Wahrheit<br />

sind es 12, aber auf jeden Fall ist<br />

man mit warmen Klamotten auf<br />

der sicheren Seite. Der Stimmung<br />

unter den Teilnehmern der<br />

geführten Island-Tour der „Offroad<br />

Manufaktur Hamburg“ tut das<br />

keinen Abbruch, im Gegenteil.<br />

Man zieht sich eben noch einen<br />

Pulli mehr über, verkriecht sich in<br />

die Kapuze und geht zur Lagebesprechung<br />

ins Küchenzelt. Spaghetti<br />

im Nirgendwo, auf halbem<br />

Weg zwischen Amerika und dem<br />

Nordpol, das hat was.<br />

Die ganze Tour hat was. Von<br />

Hamburg im Konvoi zur Fähre<br />

nach Hirtshals im Norden Dänemarks,<br />

mit einem Zwischenstopp<br />

auf den Shetlands und Faröern<br />

nach Seyðisfjörður im Osten von<br />

Island. Drei Tage und zwei Nächte<br />

auf See haben die 24 Aktiven<br />

schon zusammengeschweißt. Es<br />

sind Singles, Paare, Familien mit<br />

Kindern und als Reiseleiter<br />

Michael Schäfers und Jens<br />

Hartmann, übrigens beide studierte<br />

Geologen. Vielleicht kommt<br />

daher die Begeisterung für die<br />

Vulkaninsel, die auf höchst<br />

aktiver Erdkruste viele Gegensätze<br />

bietet.<br />

Auf Island, so Schäfers, kann man<br />

das Offroadfahren für den Rest<br />

der Welt üben. Es gibt Pisten,<br />

Felspassagen, Sand- und Geröllwüsten,<br />

Flussdurchquerungen und<br />

sogar Treibsand. Die Landschaft<br />

fordert nicht nur Fahrtechnik, sie<br />

bietet auch bizarre Landschaften,<br />

prickelnde Luft und eine beinahe<br />

unwirkliche Farbintensität.<br />

Vulkane, Gletscher, Flüsse, Seen,<br />

Trolle und Feen wollen entdeckt<br />

werden, und zwar behutsam. „Wir<br />

kombinieren sanftes Offroaden<br />

mit Naturerlebnissen, Entspannung<br />

und Abenteuer“, erläutert<br />

Schäfers den Ansatz der mittlerweile<br />

zum siebten Mal durchgeführten<br />

Tour.<br />

Dass der Komfort dabei nicht auf<br />

der Strecke bleibt, zeigen mitgeführte<br />

Biertische, eine komplette<br />

Outdoorküche, Werkzeug und ein<br />

wenig Reparaturmaterial – übrigens<br />

alles verstaut im und auf<br />

Schäfers Buschtaxi. Die Teilnehmer<br />

haben Dachzelte oder geräumige<br />

Bodenzelte mit Matratzen –<br />

allzu puristisch muss es ja nicht<br />

sein. Viele Hersteller sind vertreten,<br />

neben Land Rover, Toyota<br />

Land Cruiser, Mercedes G und<br />

Unimog mühen sich tatsächlich<br />

GRIP 07/16 107


auch ein Suzuki Jimny und ein Freelander um<br />

Anschluss. „Verloren haben wir noch keinen“,<br />

grinst Schäfers, „aber rausziehen müssen wir den<br />

ein oder anderen schon mal.“<br />

Der erfahrene Guide gibt Tipps zum Fahren, instruiert,<br />

wie man unbeschadet durch Furten kommt und<br />

was zu tun ist, wenn man sich festgefahren hat oder<br />

im Fluss zu versinken droht. „Das Back-up von drei,<br />

vier Wagen muss sein“, erklärt Schäfers, der trotz<br />

Knowhow selbst im Treibsand stecken blieb. Die<br />

Bergeaktion verlief im Gegensatz zur postulierten<br />

entspannten Fahrweise übrigens recht hektisch,<br />

denn das vollbeladene Buschtaxi dachte gar nicht<br />

dran, sich einfach retten zu lassen. „Abenteuer darf<br />

sein“, feixt Schäfers, „das schweißt zusammen und<br />

sorgt am Abend für viel Gesprächsstoff.“<br />

Der Kurs wird nun gemeinschaftlich nach Norden<br />

bestimmt, die Gefahr, durch heftige Windböen vom<br />

Kurs abzukommen, erscheint einigen doch zu groß.<br />

Die ohnehin dünne Bevölkerungsdichte Islands ist<br />

im Nordosten besonders niedrig, was bedeutet, dass<br />

man die Tankanzeige nicht aus den Augen verlieren<br />

sollte, Tankstellen sind noch wesentlich seltener als<br />

Einwohner. Die Landschaft um den Vulkan Námafjall<br />

scheint der Kulisse eines Endzeit-Dramas<br />

entnommen zu sein. Fumarole, Solfatare und<br />

Schlammlöcher überziehen das Gebiet, in dem es<br />

übel nach Schwefel riecht, was jedoch durch die<br />

unglaubliche Optik mehr als wettgemacht wird. Ein<br />

paar Kilometer weiter sieht es mit Seen und<br />

wüstenähnlichem, durch Lavaausbrüche zerklüftetem<br />

Terrain wieder komplett anders aus.<br />

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07/16 GRIP


www.ex-tec.de<br />

Ex-Tec<br />

ready adventure<br />

D e f e n d e r T r a v e l - & O f f r o a d E q u i p m e n t


Obwohl gut vorbereitet und voller Elan, sind die<br />

Offroader bei der Tour jede Minute gefordert.<br />

Abseits der Ringstraße, die einmal um die Insel<br />

herum führt, sind die wenigsten Straßen geteert. Die<br />

zum Teil wellblechartigen Pisten rütteln los, was<br />

nicht fest ist, mitunter auch Dinge, die vorher fest<br />

waren. Brücken sind selten bis gar nicht vorhanden,<br />

Flussdurchquerungen sind an der Tagesordnung.<br />

Trotz GPS ist es nicht immer leicht, den Weg zu<br />

finden, da hilft nur Aussteigen und nach der Piste<br />

suchen - die Aufgabe von Schäfers und Hartmann.<br />

Eine Reise nach Island ist zwar keine Expeditionstour<br />

mehr wie vor 40 Jahren, es empfehlen sich<br />

aber dennoch ein paar sinnvolle Dinge wie Unterfahrschutz,<br />

grobstollige Reifen, Schaufel, Seil,<br />

Wagenheber, Radkreuz und ein Schnorchel.<br />

Die meisten Flüsse lassen sich auch ohne Schnorchel<br />

durchqueren. Entsteht aber durch einen<br />

Fahrfehler eine große Bugwelle, kann er vor<br />

größeren Schäden schützen.<br />

Bei dieser Tour ist außer besagter Treibsand-Episode<br />

und dem aus dem Fluss gezogenen Freelander alles<br />

gut gegangen. Alle, inklusive Autos, sind wohlbehalten<br />

auf die gute alte Kontinentalplatte zurückgekehrt.<br />

Ein paar völlig Begaste träumen schon von<br />

der nächsten Reise mit der Soft-Ice-Gang.<br />

Island ist ansteckend.<br />

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