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„MomentMal“ - Vitus

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<strong>„MomentMal“</strong><br />

Neue Perspektiven für die berufliche Zukunft<br />

Gut Kellersberg soll in der zweiten Jahreshälfte die Arbeit aufnehmen<br />

Meppen (gs). Für viele junge Menschen ist<br />

der Weg von der Schule in den Beruf gar<br />

nicht so leicht. Was kann ich, was möchte<br />

ich, wo sind meine Perspektiven? Dies<br />

sind Fragen, mit denen auch Schülerinnen<br />

und Schüler der Abschlussstufe der Tagesbildungsstelle<br />

konfrontiert werden. Mit der<br />

Erweiterung des schulischen Angebots auf<br />

Gut Kellerberg wird diesen jungen Menschen<br />

eine ganz neue Möglichkeit geboten,<br />

im Arbeitsleben Fuß zu fassen. „Wir<br />

wollen an unserem neuen Standort in Haren-Emmeln<br />

den Schülern der Abschlussstufe<br />

in enger Zusammenarbeit mit dem<br />

Berufsbildungsbereich unserer Werkstatt<br />

für behinderte Menschen (BBB) Einblick<br />

in die Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes<br />

geben und gleichzeitig ihre<br />

Vermittlungschancen in diesem Bereich erhöhen“,<br />

erläutert Geschäftsführer Michael<br />

Korden. „Da am selben Standort auch unsere<br />

Gesellschaft für Dienstleistung und<br />

Auftragsfertigung (GDA) als Integrationsbetrieb<br />

angesiedelt werden soll, können<br />

die Jugendlichen Praktika sowohl hier als<br />

auch nach Möglichkeit in emsländischen<br />

Betrieben machen. Die hierüber gewonnenen<br />

Erfahrungen sollen den Schülerinnen<br />

und Schülern helfen, ein realistisches<br />

Selbstkonzept zu entwickeln.“ Voraussetzung<br />

für die Aufnahme in diesen besonderen<br />

berufsnahen Bildungsbereich ist eine<br />

Bewerbung von Schülerinnen und Schülern<br />

der 9. Klasse. Angesprochen sind dabei<br />

besonders junge Frauen und Männer,<br />

die den Wunsch haben, außerhalb der<br />

Praktika sind wichtige Bestandteile der Ausbildung auf Gut<br />

Kellerberg. Foto: TABI<br />

Ausgabe 29 05/2010<br />

K o s t e n l o s e H a u s z e i t u n g d e s S t . - V i t u s - W e r k e s<br />

traditionellen Werkstatt zu arbeiten. „Voraussetzung<br />

ist auch, dass die Jugendlichen<br />

durch ihre Arbeitshaltung, ihre Mobilität<br />

und Fertigkeiten sowie ihre Fähigkeiten<br />

im lebenspraktischen Bereich erwarten<br />

lassen, dass sie den Anforderungen dieser<br />

besonderen schulischen Förderung gewachsen<br />

sind“, so Korden. Vorgehalten<br />

werden zunächst etwa fünf Plätze pro Jahrgang<br />

der Abschlussstufe. Inhaltlich umfasst<br />

der theoretische Unterricht Themen<br />

der Persönlichkeitsentwicklung, des Bereichs<br />

von Wohnen und Freizeit sowie des<br />

Arbeitslebens. In der praktischen Ausbildung<br />

durch Fachunterricht in den Räumen<br />

des BBB sollen die Jugendlichen die zentralen<br />

Basisqualifi kationen für das jeweilige<br />

Tätigkeitsfeld erwerben. „Hinzu kommen<br />

intensive Bewerbungstrainings, wo<br />

die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen<br />

sollen, wie sie sich adäquat auf eine<br />

freie Stelle bewerben und wie sie sich in<br />

einem Vorstellungsgespräch optimal präsentieren<br />

können“, macht Korden deutlich.<br />

Erproben können sie ihre Kenntnisse<br />

auf diesem Gebiet u. a. bei Bewerbungen<br />

um Praktikumsplätze. „Vorgesehen ist ein<br />

externes Praktikum pro Maßnahmejahr,<br />

damit die Schülerinnen und Schüler einen<br />

realistischen Eindruck von der Arbeit<br />

in einem normalen Betrieb bekommen“,<br />

erklärt der Geschäftsführer. Der Integrationsbetrieb<br />

wird sich nach seinen Worten<br />

zunächst auf den Dienstleistungssektor<br />

konzentrieren. „Für den Bereich der Objektbetreuung<br />

haben wir in den Gebäuden<br />

des St.-<strong>Vitus</strong>-Werkes selbst bereits einen<br />

hohen Bedarf. Aber natürlich wollen wir darüber<br />

hinaus auch externe Auftraggeber für<br />

unsere Angebote interessieren“, macht<br />

Korden deutlich. Wenn alle Förderanträge<br />

fristgerecht bewilligt werden, sollen die berufsnahe<br />

Bildung aber auch die Arbeit des<br />

Integrationsbetriebs in der zweiten Jahreshälfte<br />

2010 starten. „Für den Integrationsbetrieb<br />

arbeitet derzeit unser neuer<br />

Projektleiter, Herr Rolfes, daran, alle notwendigen<br />

Unterlagen zusammenzustellen<br />

und ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept<br />

zu erarbeiten, denn nur dann können wir<br />

eine öffentliche Anerkennung als Voraussetzung<br />

für eine öffentliche Förderung erwarten“,<br />

so der Geschäftsführer.<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

„Moment Mal“ – der Titel unserer Hauszeitschrift<br />

ist für mich Aufforderung, in<br />

der alltäglichen Betriebsamkeit kurz innezuhalten<br />

und den Blick zu weiten für<br />

Dinge, die die wesentlichen Grundlagen,<br />

Ziele und Perspektiven unserer Arbeit betreffen.<br />

Dies zu tun, ist aktuell<br />

von besonderer Bedeutung<br />

- stehen wir<br />

doch vor dem Hintergrund<br />

der aktuellen<br />

Diskussion um die Vision<br />

der Inklusion, die<br />

die UN-Konvention für<br />

die Rechte von Menschen<br />

mit Behinderung<br />

aufzeigt, mit unseren<br />

bestehenden<br />

Angeboten zur Teilhabe am gesellschaftlichen<br />

Leben vor besonderen Herausforderungen.<br />

Dass wir jedoch bereits jetzt auf dem<br />

Weg einer Neuorientierung und notwendigen<br />

Öffnung ein ganzes Stück vorangekommen<br />

sind, zeigen die vielen Beispiele<br />

in der vorliegenden Ausgabe - Inklusion<br />

ganz konkret - sozusagen.<br />

Allen, die täglich mithelfen, weitere<br />

Schritte zu planen, zu gehen und zu begleiten,<br />

um neue Perspektiven zu öffnen<br />

im Leben von Menschen mit Behinderung,<br />

gilt meine besondere Hochachtung.<br />

Ich freue mich sehr darauf, hieran zukünftig<br />

gemeinsam mit vielen von Ihnen<br />

mitwirken zu können - mit dem Stolz auf<br />

das bislang Erreichte, der notwendigen<br />

Gelassenheit und dem Gottvertrauen,<br />

dass uns zuversichtlich auch künftigen<br />

Herausforderungen begegnen lässt - damit<br />

auch mancher Traum einmal Wirklichkeit<br />

wird.<br />

Ihr<br />

Michael Korden<br />

- Geschäftsführer -


2<br />

Mitarbeiterportrait<br />

Wir setzen auf ganzheitliche Förderung<br />

Astrid Behrens - seit einem Jahr Lehrerin in der Helen-Keller-Schule<br />

Meppen (gs).<br />

Seit einem Jahr ist Astrid Behrens an der Helen-Keller-Schule als Lehrerin tätig.<br />

An ihrer Arbeit als Klassen- und Fachlehrerin schätzt sie vor allem die Vielfalt innerhalb<br />

ihres Berufs.<br />

„Bevor ich mit dem Studium angefangen<br />

habe, habe ich zunächst ein Freiwilliges<br />

Soziales Jahr in Maria Veen an<br />

einer Schule für Körperbehinderte absolviert.<br />

Von da an war mir klar, dass<br />

dieser Beruf für mich der Richtige ist“,<br />

Astrid Behrens.<br />

mann<br />

erzählt Astrid Behrens. Es folgte ein<br />

Studium der Sonderpädagogik mit den<br />

Fächern Mathematik und Deutsch mit<br />

dem Schwerpunktbereich Körperbehindertenpädagogik<br />

ergänzt durch den<br />

Bereich Geistigbehindertenpädagogik.<br />

Nach dem Studium schloss sich ein<br />

zweijähriges Referendariat an einer<br />

Förderschule für Körperbehinderte in<br />

Rösrath bei Köln an.<br />

„Schon in der Abschlussphase meines<br />

Referendariats wusste ich,<br />

dass ich am 1.2.2009 an der Helen-Keller-Schule<br />

anfangen konnte“,<br />

berichtet die geborene Surwolderin.<br />

„Erst drei Tage vor Halbjahresbeginn<br />

habe ich erfahren, dass ich nicht<br />

nur als Fachlehrerin tätig sein sollte,<br />

sondern gleich eine eigene Klasse<br />

bekäme.“ Derzeit betreut sie eine<br />

sechste Klasse mit zwei Kindern im<br />

Hauptschulzweig und vier Jungen und<br />

Mädchen mit dem Schwerpunkt Lern-<br />

Foto: Godula Süß-<br />

hilfe. „Es gibt Vieles, was mir an meinem<br />

Beruf gefällt“, erklärt die 29-Jährige.<br />

„So habe ich als Klassenlehrerin<br />

einen viel engeren Bezug zu meinen<br />

Schülern als als Fachlehrerin. Wie die<br />

Kinder für mich ein fester Bezugspunkt<br />

sind, so gilt dies auch umgekehrt. Als<br />

Klassenlehrerin habe ich zudem die<br />

Möglichkeit, viele Dinge zum Beispiel<br />

aus dem Bereich Methodik, die ich<br />

während meiner Ausbildung gelernt<br />

habe, unmittelbar umzusetzen.“<br />

Wichtig ist ihr außerdem, dass sie<br />

nicht ausschließlich unterrichtet,<br />

sondern auch viel Organisatorisches<br />

zu erledigen hat und einen engen Kontakt<br />

mit den Eltern halten kann. „Bei<br />

uns geht es nicht nur um das sture<br />

Vermitteln von Wissen. Genauso wichtig<br />

sind medizinisch-therapeutische<br />

Fragen sowie die Persönlichkeitsentwicklung<br />

der Kinder. Wir schauen auf<br />

den ganzen Menschen und setzen auf<br />

eine ganzheitliche Förderung.“ Diese<br />

überaus facettenreiche Tätigkeit kann<br />

aber auch manchmal etwas belasten:<br />

„Um immer jedem individuell gerecht<br />

werden zu können, muss man sich<br />

gründlich vorbereiten und manchmal<br />

auch den Unterricht spontan umbauen,<br />

weil sich ein nicht voraussehbares<br />

Problem ergeben hat“, so Astrid<br />

Behrens. „In solchen Fällen ist<br />

es besonders hilfreich, dass wir in<br />

den Klassen als Team arbeiten. Derzeit<br />

betreue ich mit einer Erzieherin<br />

zusammen die Klasse. So können wir<br />

besser binnendifferenziert arbeiten<br />

und auch gemeinsam die Förderpläne<br />

für die Schüler erstellen. Auf diese<br />

Weise teilen wir uns die Arbeit und die<br />

Verantwortung.“<br />

Neben ihrem Unterricht in ihrer Klasse<br />

erteilt sie noch Englisch in der dritten<br />

und vierten Klasse. „Ich hatte während<br />

des Studiums die Möglichkeit, Englisch<br />

begleitend zu studieren. Es gefällt<br />

mir sehr gut, nicht immer nur in<br />

meiner eigenen Klasse zu sein. Das<br />

macht den Alltag noch abwechslungsreicher<br />

und verhindert, dass man<br />

irgendwann einmal doch in eine Art<br />

Trott gerät“, erklärt sie abschließend.


Dem Leben eine Perspektive geben<br />

Werner Robben - Mitarbeiter im MLB<br />

Meppen (gs). Es gehört zu Besonderheiten<br />

des St.-<strong>Vitus</strong>-Werks, dass nicht<br />

wenige Mitarbeiter eher zufällig ihren<br />

Weg zur Arbeit mit Menschen mit Behinderung<br />

gefunden haben.<br />

Dies gilt auch für Werner Robben, der<br />

seit nunmehr 20 Jahren in ganz unterschiedlichen<br />

Bereichen in der Einrichtung<br />

tätig ist. „Ich bin über den<br />

Zivildienst zum St.-<strong>Vitus</strong>-Werk gekommen.<br />

Zuvor hatte ich eine handwerkliche<br />

Ausbildung gemacht, doch mir<br />

war schnell klar, dass dieser Beruf<br />

nicht ganz das war, was ich mir eigentlich<br />

vorgestellt hatte“, erläutert der<br />

44-Jährige. Und so hat Werner Robben<br />

im Anschluss an seine Lehre eine<br />

schulische Ausbildung zum Arbeitspädagogen<br />

in Heidelberg absolviert und<br />

ist anschließend zum <strong>Vitus</strong>-Werk zurückgekehrt.<br />

Schon früh hat er mit<br />

Menschen gearbeitet, die unter einer<br />

psychischen Behinderung leiden. „Anfangs<br />

gab es noch keine gesonderte<br />

Einrichtung für die Betroffenen. Heute<br />

haben wir mit dem Meppener Lohnbetrieb<br />

(MLB) eine eigene Werkstatt für<br />

Männer und Frauen, die unter einer<br />

seelischen Erkrankung leiden“, erläutert<br />

er. Zu den Klienten gehören junge<br />

Erwachsene ebenso wie Menschen im<br />

gesetzten Alter. Auch das Krankheitsspektrum<br />

ist weit gefasst. Es reicht<br />

von schweren Depressionen und Psychosen<br />

bis hin zu Persönlichkeitsstörungen.<br />

„Letztere betreffen besonders<br />

häufi g eher die jungen Erwachsenen,<br />

die kaum gelernt haben, ihrem Tag<br />

eine Struktur zu geben und sich auf<br />

andere Menschen einzulassen. Manche<br />

von ihnen bringen gleich mehrere<br />

seelische Probleme mit und haben oftmals<br />

schon einen langen Weg durch<br />

verschiedene Schulen, Therapien und<br />

Fördermaßnahmen hinter sich. Der<br />

MLB ist für sie häufi g das letzte Auffangbecken“,<br />

erläutert Werner Robben.<br />

Daneben kommt es nach seinen<br />

Worten aber auch immer wieder vor,<br />

dass sehr erfolgreiche Menschen mitten<br />

im Leben aus ihrem Alltag gerissen<br />

werden, weil sie psychisch krank<br />

werden. „Die Ursachen können ganz<br />

unterschiedlich sein: private Überlastung<br />

oder massive Überforderung im<br />

Arbeitsalltag auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“,<br />

erklärt er. „Wenn diese<br />

Menschen zu uns in den Berufsbildungsbereich<br />

kommen, waren sie häufi<br />

g lange im Krankenhaus. Oftmals gibt<br />

es nur noch wenig Kontakt zur Familie<br />

oder zu Freunden.“ Für die Mitarbeiter<br />

Werner Robben.<br />

Mitarbeiterportrait<br />

im MLB sei es dann wichtig zu hinterfragen,<br />

wie es zu der Erkrankung gekommen<br />

ist, was die Menschen vorher<br />

gemacht haben und wie die Betroffenen<br />

mit ihrem seelischen Problem umgehen.<br />

„Viele sehen in Arbeit für sich<br />

keinen Sinn mehr und es fällt ihnen<br />

auch schwer, die Krankheit als solche<br />

zu akzeptieren“, macht Werner Robben<br />

deutlich. „Wir geben ihren Tagen<br />

wieder eine Struktur und versuchen<br />

ihnen sowohl im berufl ichen Bereich<br />

als auch in ihrem Privatleben eine<br />

Perspektive zu geben. Ziel ist es, den<br />

Erkrankten deutlich zu machen, dass<br />

sie nach wie vor jemand sind.“ Trotz<br />

der Belastungen, die sein Beruf mit<br />

sich bringt, macht Werner Robben seine<br />

Arbeit nach wie vor großen Spaß.<br />

„Rückhalt gibt mir meine Familie und<br />

das sehr homogene Team im MLB. Wir<br />

arbeiten hier äußerst eng und vertrauensvoll<br />

zusammen.“<br />

Foto: Godula Süßmann<br />

3


4<br />

Fachmeinung<br />

Frühe Hilfen<br />

Ein Projekt des Deutschen Caritasverbandes<br />

Meppen (gs). „Frühe Hilfen in der Caritas“<br />

ist ein auf drei Jahre angelegtes<br />

Projekt des Deutschen Caritasverbandes,<br />

das seit dem 1. April 2010<br />

gemeinsam mit 15 Diözesen realisiert<br />

wird. Ansprechpartnerin für die Diözese<br />

Osnabrück ist Christiane Sobeczko.<br />

Warum wurde das Projekt „Frühe<br />

Hilfen in der Caritas“ ins Leben gerufen?<br />

Ein guter Start ins Leben ist eine zentrale<br />

Voraussetzung für gute Entwicklungs-<br />

und Teilhabechancen unserer<br />

Kinder. Ihre Sozialisationsbedingungen<br />

werden vor allem durch eine gelingende<br />

Eltern-Kind-Beziehung und ein<br />

anregungsreiches Umfeld bestimmt -<br />

diese sind aber keine Selbstverständlichkeit.<br />

Viele Eltern fühlen sich zunehmend<br />

unter Druck, allein gelassen<br />

und unsicher. Besonders Familien<br />

in schwierigen Lebensumständen<br />

sind auch im Interesse der Befähigung<br />

ihrer Kinder auf Unterstützung<br />

und Alltagsbegleitung angewiesen. Externe<br />

Hilfen bilden häufi g eine Voraussetzung<br />

dafür, dass für Kinder und<br />

Jugendliche langfristig Armuts- und<br />

Benachteiligungsrisiken vermieden<br />

werden können.<br />

Es gibt bereits zahlreiche unterstützende<br />

Maßnahmen für Eltern. Worin<br />

liegt der neue Ansatz bei den Frühen<br />

Hilfen?<br />

Es gibt aber bislang zu wenige entlastende<br />

und unterstützende Angebote<br />

für werdende Eltern und Familien<br />

mit Kindern bis zum 3. Lebensjahr.<br />

Der von Seiten der Politik in Reaktion<br />

auf die Fälle von Vernachlässigung<br />

favorisierte Ansatz im Bereich<br />

Früher Hilfen und des Kinderschutzes<br />

fokussiert zumeist auf Kontrolle<br />

und Intervention. Demgegenüber ist<br />

es dem Deutschen Caritasverband<br />

ein Anliegen, Eltern in wertschätzender<br />

Weise konkrete Entlastung und<br />

Unterstützung bei der Bewältigung<br />

ihrer Familienaufgaben anzubieten.<br />

Wer ist Ihre Zielgruppe?<br />

Im Projekt sollen insbesondere Familien,<br />

die Kontakt mit Diensten und<br />

Einrichtungen der Caritas haben und<br />

bei denen die Sorge besteht, dass<br />

sie ihrer Elternverantwortung nicht gerecht<br />

werden können,<br />

Hilfen durch ehrenamtliche<br />

und berufl iche<br />

Kräfte erhalten.<br />

Durch Stärkung ihrer<br />

Beziehungs-, Erziehungs-<br />

und Alltagskompetenz<br />

sollen familiären<br />

Krisen vorgebeugt<br />

und Entwicklungsrisiken<br />

der<br />

Kinder gemindert werden.<br />

Ebenso im Blick sind Familien, die<br />

selbst nach Entlastung und Unterstützung<br />

nachfragen. Der niederschwellige<br />

Zugang für Familien kann über<br />

Dienste und Einrichtungen gelingen,<br />

die bereits Kontakt zu werdenden<br />

und Familien mit Kindern bis zum 3.<br />

Lebensjahr haben. In Frage kommen<br />

aus unserer Sicht insbesondere<br />

Schwangerschaftsberatungsstellen,<br />

Geburtskliniken, Familienpfl egedienste,<br />

Müttergenesungsberatungsstellen,<br />

die Sozialpädagogische Familienhilfe,<br />

Erziehungsberatungsstellen, Frühförderstellen,<br />

Kindertagesbetreuung für<br />

unter Dreijährige.


Welche Bedeutung hat das Projekt für<br />

Eltern von Kindern mit Behinderung?<br />

Menschen mit Behinderung haben es<br />

nicht immer leicht in unserer Gesellschaft,<br />

und Eltern mit behinderten<br />

Kindern fi nden oft nicht genügend<br />

Unterstützung und Hilfe. Von daher<br />

sind gelingende und nachhaltige<br />

Netzwerke der Hilfe innerhalb des<br />

Sozialraumes von besonderer Bedeutung<br />

für Eltern von Kindern mit<br />

Behinderung. Daran haben wir im<br />

Rahmen des Projektes zu arbeiten.<br />

Welche Institutionen sind an dem<br />

Projekt beteiligt?<br />

Ich bin sehr froh darüber, dass das St.-<br />

<strong>Vitus</strong>-Werk ein Partner in dem Projekt<br />

geworden ist. Weitere Beteiligte sind<br />

der Sozialdienst katholischer Frauen<br />

Meppen, der Sozialdienst katholischer<br />

Frauen Lingen, der Caritasverband<br />

für den Landkreis Emsland mit dem<br />

Standort Papenburg und das St. Bonifatius<br />

Hospital Lingen. Die gewonnenen<br />

Projektpartner sind beteiligt<br />

mit den Fachbereichen Frühförderung,<br />

Kinder- und Jugendhilfe, Schwangerenberatung<br />

und Gesundheitshilfe.<br />

Welche praktischen Hilfen werden<br />

geboten?<br />

Behinderte und nichtbehinderte Kinder<br />

haben die gleichen Bedürfnisse -<br />

eines der wichtigsten ist: mit anderen<br />

Kindern zu spielen. Wichtig ist von<br />

daher das Stichwort Optimierung von<br />

Integration oder anders - ein selbstverständliches<br />

Zusammenleben. Kinder -<br />

mit oder ohne Behinderung - brauchen<br />

den Kontakt zu anderen Kindern, auch<br />

schon im frühen Alter. So gut sich<br />

Eltern auch um ihr Kind kümmern, sie<br />

können die vielen Anregungen und<br />

Impulse, die es im Zusammensein<br />

mit anderen Kindern bekommt, nicht<br />

ersetzen. Es kann sich an anderen<br />

orientieren, dabei seine eigenen<br />

Fähigkeiten entwickeln und ausprobieren.<br />

Im Spiel mit anderen lernt es<br />

seine Bedürfnisse, Möglichkeiten und<br />

Grenzen kennen. Es erfährt, dass<br />

andere Kinder andere Bedürfnisse<br />

und Interessen haben und es beginnt<br />

zu lernen, mit Konfl ikten zurechtzukommen.<br />

Ich bin der Auffassung, dass<br />

das gemeinsame Aufwachsen von<br />

Kindern mit und ohne Behinderung<br />

der richtige Weg ist. Hierzu gibt es bereits<br />

verschiedene Angebote, wie z. B.<br />

Interview<br />

Christiane Sobeczko freut sich über die Förderung des Projektes „Frühe Hilfen in der Caritas“<br />

aus Mitteln der Lotterie GlücksSpirale. Foto: Caritas<br />

Integrationskindergärten. Integration<br />

heißt aber nicht, dass das Kind mit<br />

Behinderung sich in das Bestehende<br />

anzupassen hat. Es muss ein wechselseitiger<br />

Prozess sein. Ebenso ist<br />

es wichtig, für die Freizeit von Familien<br />

Angebote zu entwickeln, die alle Familien<br />

miteinander in Kontakt bringen.<br />

Auch für nicht behinderte Kinder und<br />

deren Eltern ist dieses gut und lehrreich.<br />

Im Kontext von Frühen Hilfen<br />

bedarf es passgenauer Unterstützung,<br />

die nach Art und Intensität am Bedarf<br />

der Familien ausgerichtet sein muss.<br />

Dies erfordert eine gesetzgeberische<br />

Verankerung der Frühen Hilfen als Regelangebot<br />

in vorhandene Strukturen<br />

und den Gesetzen der Kinder- und<br />

Jugendhilfe (SGB VIII) mit einer damit<br />

einhergehenden verbindlichen Finanzierung.<br />

Vielleicht kann das Projekt<br />

des Deutschen Caritasverbandes mit<br />

all seinen Projektpartnern dazu beitragen.<br />

5


6<br />

Fachmeinung<br />

Alt und Jung unter einem Dach<br />

Kinder der „Frosch-Gruppe“ im Seniorenheim „Pro Talis“<br />

Haselünne (gs) Seit Juni 2009 gehen<br />

jeden Tag die Kinder der „Frosch-Gruppe“<br />

des Heilpädagogischen Kindergartens<br />

(HPK) in das Seniorenheim „Pro<br />

Talis“. Dort befi nden sich seit dem<br />

vergangenen Sommer die Räume der<br />

Drei- bis Sechsjährigen. Eine echte<br />

Bereicherung fi nden nicht nur die Mitarbeiter<br />

des HPK, sondern auch die<br />

Seniorinnen und Senioren sowie die<br />

Heimleitung.<br />

„Ein wesentlicher Grund für<br />

die Einrichtung einer eigenen<br />

Gruppe in Haselünne<br />

war u.a., dass die Kinder<br />

aus der näheren Umgebung<br />

durch dieses Angebot<br />

einen sehr viel kürzeren<br />

Anfahrtsweg haben und<br />

sie so auch eine bessere<br />

Möglichkeit der Teilhabe<br />

am gesellschaftlichen Leben<br />

innerhalb ihrer Wohnorte<br />

bekommen“, erläutert<br />

Petra Overkamp, Leiterin<br />

des HPK. Nach den Worten<br />

der Gruppenleiterin Miriam<br />

Hasken gab es am Anfang<br />

zwar Bedenken, ob sich<br />

Alt und Jung auf so engem<br />

Raum wirklich vertragen<br />

würden. „Schließlich sind<br />

Kinder manchmal etwas<br />

laut und sie wollen sich<br />

bewegen. Da mag die Vorstellung,<br />

eine Kindergartengruppe<br />

direkt neben Seniorenwohnungen<br />

in einer<br />

entsprechenden Einrichtung<br />

unterzubringen, etwas<br />

ungewöhnlich erscheinen“,<br />

erläutert sie.<br />

Inzwischen haben sich laut Miriam<br />

Hasken diese Einwände aber als<br />

unberechtigt erwiesen und das gemeinsame<br />

Miteinander ist für beide<br />

Seiten zu einer wirklichen Bereicherung<br />

geworden. „Neben den großen<br />

Aktionen, die wir gemeinsam mit<br />

den Mitarbeitern des Seniorenheims<br />

geplant und durchgeführt haben wie<br />

unsere Weihnachtsfeier, gibt es auch<br />

im ganz normalen Alltag immer wieder<br />

Begegnungen. So machen wir immer<br />

gegen Mittag im Speiseraum eine kleine<br />

Obstpause. In der Regel kommen<br />

dann auch einige Bewohner hinzu.<br />

Froschgruppe 3: Till als Igel verkleidet mit seiner Mutter Doris<br />

während der Karnevalsfeier Foto: HPK<br />

Oftmals sind es immer dieselben“,<br />

so Miriam Hasken. „Berührungsängste,<br />

wie sie manchmal bei Menschen<br />

ohne Behinderung gegenüber Kindern<br />

mit Beeinträchtigung zu beobachten<br />

sind, gab es dabei noch nie. Im Gegenteil:<br />

Die Senioren und die Kinder<br />

gehen ganz ungezwungen miteinander<br />

um.“ Manche Bewohner lüden die Kinder<br />

auch in ihre Wohnung ein. Dann<br />

gebe es manchmal eine kleine Süßigkeit.<br />

„Eine ältere Dame wartet schon<br />

immer auf uns und dann unterhält<br />

sie sich mit den Kindern“, erzählt die<br />

Gruppenleiterin.


Von dem Konzept ist auch die Einrichtungsleiterin<br />

Heike Wietholt begeistert:<br />

„Ich bin überzeugt, dass von<br />

dem Projekt `Alt und Jung unter einem<br />

Dach` alle profi tieren. Denn trotz des<br />

Altersunterschiedes gibt es viele Parallelen<br />

zwischen der Betreuung von<br />

Vorschulkindern und Senioren in der<br />

stationären Altenhilfe.“ Als Beispiel<br />

nennt sie das Erlernen und Erhalten<br />

motorischer Fähigkeiten. Gleichzeitig<br />

bekommen die Kinder auch mit, dass<br />

nicht nur sie unter einem Handicap leiden,<br />

sondern dass auch Senioren im<br />

Alter nicht mehr ganz fi t sein können.<br />

„Im Speiseraum haben die Kinder eine<br />

blinde Frau kennengelernt. Erst konnten<br />

sie nicht verstehen, warum die<br />

Frau unvermittelt über Dinge sprach,<br />

die gar nicht vorhanden waren. Nach<br />

und nach begriffen die Kinder, dass<br />

die Frau nicht sehen kann und können<br />

nun ganz entspannt mit dieser<br />

Situation umgehen“, berichtet Miriam<br />

Hasken.<br />

Walton (5 Jahre) beim Lichtertanz während der gemeinsamen St. Martin-Feier<br />

des Seniorenheims und der HPK-Gruppe Foto: HPK<br />

Doch die Kinder<br />

profi tieren nicht<br />

nur von dem intensivenMiteinander<br />

mit den Senioren, sondern<br />

auch von der zentralen Lage des Hauses.<br />

„Ganz in der Nähe sind mehrere<br />

Spielplätze. Außerdem haben wir<br />

engen Kontakt mit den umliegenden<br />

Regelkindergärten. Dieser Austausch<br />

und die Möglichkeit des Voneinander-<br />

und Miteinander Lernens sollen nach<br />

Möglichkeit noch weiter intensiviert<br />

werden“, macht Miriam Hasken deutlich.<br />

Fachmeinung<br />

Heilpädagogin Michaela Büscher zusammen mit Till, Walton und David<br />

auf dem Weg zur Karnevalsfeier im Seniorenheim. Foto: HPK<br />

Zum Kindergartenalltag gehören<br />

auch regelmäßige Besuche im HPK<br />

in Meppen. „Dort gibt es Möglichkeiten,<br />

die wir hier nicht haben, wie<br />

zum Beispiel Schwimmen und Reiten“,<br />

erklärt sie weiter. „So werden<br />

die Kinder in jeder Hinsicht gefördert<br />

und können gleichzeitig im Seniorenheim<br />

Erfahrungen sammeln, die sie<br />

sonst nicht hätten machen können.“<br />

7


8<br />

Fachmeinung<br />

Experten kommen zu den Eltern<br />

Kostenlos und niederschwellig: Sprechtage in Regelkindergarten<br />

Hemsen (gs). Mehr und mehr Jungen<br />

und Mädchen im Kindergartenalter<br />

kommen mit Sprachdefi ziten in die<br />

Regelkitas. Dies beobachtet auch die<br />

Leiterin des St.-Marien-Kindergartens<br />

in Hemsen, Sonja Bowen.<br />

Zur Sprachberatung gehört eine umfassende Diagnostik.<br />

Um ihre Schützlinge optimal unterstützen<br />

zu können, hat sie sich schon<br />

vor sechs Jahren erstmals an Manfred<br />

Backs, Leiter des Zentrums für<br />

Hör- und Sprachtherapie, gewandt.<br />

Seither besucht dieser regelmäßig die<br />

Einrichtung, um Eltern betroffener Kinder<br />

mit Rat und Tat zur Seite zu steh-<br />

en. „Sprachförderung fi ndet bei uns<br />

jeden Tag in ganz unterschiedlicher<br />

Weise statt. Wir sagen mit den Kindern<br />

Reime auf, machen Fingerspiele<br />

oder regen die Jungen und Mädchen<br />

im Stuhlkreis an etwas zu erzählen“,<br />

so Sonja Bowen. „Dabei ist uns in<br />

den vergangenen Jahren zunehmend<br />

aufgefallen, dass selbst bei uns im<br />

ländlichen Raum immer mehr Kinder<br />

mit Sprachdefi ziten leben.“ Machten<br />

die Erzieherinnen die Eltern auf diese<br />

Probleme aufmerksam, so reagierten<br />

Foto: ZHS<br />

diese ganz unterschiedlich. „Manche<br />

gehen sofort los und suchen sich Rat<br />

bei entsprechenden Beratungsstellen<br />

oder beim Kinderarzt. Andere warten<br />

erst einmal ab und häufi g versanden<br />

gute Ansätze auch einfach“, erklärt<br />

sie. Deswegen habe sie sich 2004 an<br />

Manfred Backs gewandt, um sich von<br />

einem Experten aus dem Bereich der<br />

Sprachförderung und -therapie unterstützen<br />

zu lassen. „Zunächst hat er<br />

uns in einem Teamgespräch über die<br />

wichtigsten Grundsätze der Sprach-förderung<br />

informiert. Danach haben<br />

wir einen Elternbrief verschickt, um<br />

die Väter und Mütter auf das Angebot<br />

einer Sprachuntersuchung in unserem<br />

Haus zu informieren. Einzelne Eltern<br />

haben wir zusätzlich gezielt angesprochen“,<br />

erläutert sie weiter. Es folgte<br />

ein Informationstag, an dem Manfred<br />

Backs die Kinder untersucht und im<br />

Bedarfsfall ganz konkrete Vorschläge<br />

für eine weitere Sprachförderung oder<br />

-therapie gemacht hat. „Für jedes Kind<br />

hat sich Herr Backs mindestens 30<br />

Minuten Zeit genommen. Da das Angebot<br />

hier in unserem Haus für die Eltern<br />

mit keinerlei Umständen verbunden<br />

und außerdem sehr niederschwellig<br />

angesiedelt war, wurde es sehr gut<br />

angenommen“, so Sonja Bowen. Inzwischen<br />

sind die kostenlosen Beratungstage<br />

zu einem festen Bestandteil<br />

im Kindergartenalltag geworden. „Herr<br />

Backs kommt ca. einmal im Jahr oder<br />

auch bei Bedarf, wenn wir merken,<br />

dass es notwendig ist, dass ein Kind<br />

schnell therapeutische Unterstützung<br />

bekommt“, erklärt die Kitaleiterin.<br />

„Wir haben die Erfahrung gemacht,<br />

dass die Eltern auf den Rat eines ausgewiesenen<br />

Experten weitaus eher<br />

hören, als wenn wir die Mütter und<br />

Väter ansprechen. Und oftmals ist es<br />

auch so, dass wir gar nicht in der Lage<br />

sind, wirklich zu entscheiden, ob ein<br />

Kind nur eine einfache Sprachverzögerung<br />

hat oder aber professionelle<br />

Unterstützung benötigt. Dann sind wir<br />

immer wieder sehr dankbar, wenn uns<br />

Herr Backs berät.“


Für Sonja Bowen haben die Sprachdefi<br />

zite der Kinder ganz unterschiedliche<br />

Ursachen: „Ein Grund ist sicherlich,<br />

dass Eltern oftmals dazu neigen, ihren<br />

Kindern jeden Wunsch von den Augen<br />

abzulesen. So brauchen die Kinder<br />

Gemeinsames Spielen ist wichtig für die Motivation zu sprechen.<br />

nicht mehr darum zu bitten, dass die<br />

Schuhe zugemacht werden, sondern<br />

sie halten nur noch ihre Füße hoch.<br />

Auch der teilweise sehr hohe Medienkonsum<br />

der Jungen und Mädchen<br />

trägt zum Verstummen der Kinder bei.<br />

Das Hören einer Hörkassette ersetzt<br />

das Vorlesen und gemeinsames Anschauen<br />

von Büchern nicht. Gleiches<br />

gilt für den Fernsehkonsum.“ Dieser<br />

Meinung schließt sich auch Manfred<br />

Backs an: „Sprache ist nach wie vor<br />

die Basis für alle weiteren Entwicklungen<br />

der jungen Menschen. Dass Kinder<br />

- gerade im jungen Alter - besonders<br />

aufnahmebereit und -fähig sind,<br />

ist zwar keine neue Erkenntnis, aber<br />

erst in den vergangenen Jahren hat<br />

dies auch zu einem veränderten Fördergedanken<br />

in den Kindergärten geführt“,<br />

so Manfred Backs. Hierzu gehört<br />

nach seinen Worten auch, dass<br />

die Einrichtungen sich mehr und mehr<br />

als Bildungsinstitutionen begreifen<br />

und der Gedanke der Sprachförderung<br />

und bei Bedarf Sprachtherapie<br />

einen höheren Stellenwert genieße.<br />

Dabei sei es für Eltern und Erzieherinnen<br />

oft sehr schwer zu entscheiden,<br />

wann das Angebot der Regelkita ausreicht<br />

und wann spezielle sprachtherapeutische<br />

Maßnahmen und Hilfen<br />

erforderlich seien. „Aus diesem Grunde<br />

haben - in Zusammenarbeit mit der<br />

katholischen Erwachsenenbildung -<br />

Mitarbeiter vom Zentrum für Hör- und<br />

Sprachtherapie an der Weiterbildung<br />

von Erziehern und Erzieherinnen aus<br />

den Regelkindergärten zu Sprachförderkräften<br />

des Landkreises Emsland<br />

aktiv mitgewirkt“, erläutert Manfred<br />

Backs. „Das Zentrum bietet zudem<br />

seit einiger Zeit Sprechtage für Eltern<br />

bei Fragen zur Sprache und Sprachentwicklung<br />

ihrer Kinder in den jeweiligen<br />

Kindergärten an.“ Laut Sonja Bowen<br />

konnte auf diese Weise schon vielen<br />

Kindern in den vergangenen Jahren<br />

geholfen werden: „Manchmal hat sich<br />

herausgestellt, dass alles in Ordnung<br />

ist. In anderen Fällen wurde das Kind<br />

an einen Logopäden überwiesen oder<br />

Fachmeinung<br />

es wechselte in das Zentrum für Hör-<br />

und Sprachtherapie, wo ihm intensiv<br />

geholfen werden konnte.“<br />

Das Lernen in Gruppen ist für die Kinder eine wichtige Erfahrung.<br />

Fotos: ZHS<br />

9


10<br />

Gelebtes Beispiel<br />

Teestube als offener Treffpunkt<br />

Planungen laufen auf Hochtouren -<br />

Start noch in diesem Jahr<br />

Meppen (gs). Menschen, die alleine<br />

leben, fühlen sich nicht selten besonders<br />

am Wochenende oder an Feiertagen<br />

einsam. Das trifft sowohl auf<br />

Menschen mit und ohne Behinderung<br />

zu. Deshalb plant das St.-<strong>Vitus</strong>-Werk<br />

eine offene Teestube für alle, die<br />

sich nach Feierabend noch ein wenig<br />

Geselligkeit wünschen. „Immer mehr<br />

Menschen aus den Werkstätten leben<br />

heute selbständig in ihren Wohnungen<br />

und nehmen nur ein- bis zweimal<br />

pro Woche Leistungen im Rahmen<br />

des Ambulant Betreuten Wohnens<br />

(ABW) in Anspruch. Inzwischen leben<br />

rund 50 Männer und Frauen alleine“,<br />

so Anita Becker, Leiterin des ABW.<br />

„Viele von ihnen wünschen sich einen<br />

offenen Treffpunkt, wo sie mit Leuten<br />

zusammen sein können, die mit ihnen<br />

etwas gemeinsam haben, z. B. eine<br />

ähnliche Beeinträchtigung.“ Daneben<br />

wendet sich die geplante Teestube<br />

aber auch an eine neue Klientengruppe,<br />

die auf den ersten Blick nicht viel<br />

mit dem <strong>Vitus</strong>-Werk zu tun hat: „Es<br />

gibt immer mehr vor allem junge Menschen,<br />

die durch alle Maschen des<br />

Hilfesystems fallen. Sie arbeiten nicht<br />

in den Werkstätten, kennen aber privat<br />

Beschäftigte aus diesem Bereich.<br />

Häufi g haben sie keine geregelte Arbeit<br />

und ihren Tagen fehlt die Struktur.<br />

Auch für sie ist die Teestube als<br />

Anlaufstelle gedacht“, erläutert Anita<br />

Becker. Neben dem reinen Charakter<br />

als niedrigschwelliger Treffpunkt soll<br />

die Teestube noch eine zweite Funktion<br />

erfüllen: „Die Mitarbeiter unserer<br />

Beratungsstelle stellen immer häufi -<br />

ger fest, dass die Klienten mit Fragen<br />

zu ihnen kommen, die sie nicht beantworten<br />

können, weil dies ein ganz<br />

spezielles Fachwissen voraussetzen<br />

würde. Deshalb wollen wir in der Teestube<br />

auch Beratungsnachmittage<br />

mit externen Fachleuten anbieten. Ein<br />

möglicher Kooperationspartner, mit<br />

dem wir bereits im Gespräch sind,<br />

ist die Caritas“, erläutert sie weiter.<br />

Franziska Schmitz ist Mitglied der Planungsgruppe.<br />

Standort der Teestube soll eine alte<br />

Lagerhalle in der Hebbelstraße sein.<br />

Um die Halle umbauen zu können,<br />

hoffen die Verantwortlichen auf großzügige<br />

Sponsoren. Außerdem soll mit<br />

Unterstützung der Aktion Mensch ein<br />

Koordinator eingestellt werden, der zusammen<br />

mit ehrenamtlichen Helfern<br />

den Treffpunkt mit Leben füllt. „Schon<br />

bei den Umbaumaßnahmen setzen wir<br />

auf freiwillige Unterstützer auch aus<br />

unserem Bereich“, so Anita Becker.<br />

„Innerhalb kurzer Zeit haben sich mehrere<br />

Männer und Frauen gefunden, die<br />

nun als Planungsteam Vorstellungen<br />

für die Innenausstattung entwickeln.“<br />

Zu den ehrenamtlich Aktiven zählt auch<br />

Franziska Schmitz: „Wir haben schon<br />

überlegt, wie viel Geld wir brauchen<br />

und welche Ausstattung die Teestube<br />

haben soll. Wir wünschen uns ein<br />

Billard, einen Computer mit Internetanschluss<br />

und Gesellschaftsspiele.<br />

Außerdem wollen wir warme und kalte<br />

Getränke anbieten und am Sonntag<br />

Kuchen.“ Wie die anderen ehrenamtlichen<br />

Helfer aus dem St.-<strong>Vitus</strong>-Werk ist<br />

Frau Schmitz von ihrer neuen Aufgabe<br />

rundherum begeistert. „Auch dies ist<br />

ein wichtiger positiver Nebenaspekt<br />

des neuen Angebots. Es wird zu einem<br />

großen Teil von Menschen mit Behinderung<br />

für Männer und Frauen in einer<br />

Foto: Godula Süßmann<br />

ähnlichen Situation angeboten. Das<br />

stärkt das Selbstbewusstsein der Aktiven<br />

ganz enorm und führt dazu, dass<br />

das Angebot noch niedrigschwelliger<br />

wird, als wenn nur Mitarbeiter dort<br />

tätig wären“, macht Anita Becker deutlich.<br />

„Außerdem sind auf diese Weise<br />

die Teammitglieder in ihrer Freizeit auf<br />

eine Weise beschäftigt, die sie als äußerst<br />

positiv empfi nden. Dass bei der<br />

ganzen Arbeit auch der Spaß nicht zu<br />

kurz kommen soll, macht auch Franziska<br />

Schmitz deutlich: „Wir wollen<br />

uns zunächst am Freitagabend und<br />

am Sonntagnachmittag treffen und<br />

dann soll es auch ein bisschen gesellig<br />

sein, mit Kaffee und Kuchen, für<br />

alle, die mitmachen.“


Freizeitaktivitäten<br />

Veränderte Lebenssituation vieler behinderter Menschen<br />

Haselünne (gs). Im März 2007 haben<br />

sich erstmals ehrenamtlich Engagierte<br />

und Mitarbeiter des St.-<strong>Vitus</strong>-Werks<br />

zusammengesetzt, um gemeinsam<br />

ein Konzept für die Organisation und<br />

Finanzierung von Freizeitaktivitäten für<br />

Menschen mit Behinderung zu entwickelt.<br />

Seit Juni 2008 hat der „Arbeitskreis<br />

Freizeit und Begegnung“ einen<br />

festen Organisationsrahmen mit den<br />

fünf ehrenamtlichen Mitgliedern Karla<br />

Schmitt, Ulrich Wilde, Walter Teckert,<br />

Arnold Terborg und Thekla Schütte als<br />

Sprecherin.<br />

„Die Idee zu diesem Arbeitskreis ist<br />

vor dem Hintergrund der veränderten<br />

Lebenssituation vieler Menschen mit<br />

Behinderung entstanden“, so Anita<br />

Becker vom St.-<strong>Vitus</strong>-Werk. „Ursprünglich<br />

entstanden ist die Arbeit für und<br />

mit Menschen mit Behinderung aus<br />

dem Engagement einiger betroffener<br />

Eltern. Daraus entstanden ist eine<br />

hoch professionell arbeitende Institution,<br />

die auf der Basis staatlicher Zuwendungen<br />

arbeitet.“ In Zeiten knapper<br />

Kassen wird aber zunehmend nur<br />

noch das absolut Notwendige bezahlt.<br />

Freizeitangebote oder Möglichkeiten<br />

zur Begegnung von Menschen mit und<br />

ohne Behinderung gehören nicht dazu.<br />

Deswegen haben wir uns entschlossen,<br />

hier selbst initiativ zu werden und<br />

haben u. a. Frau Schütte angesprochen.<br />

„Durch meine berufl iche Tätigkeit<br />

als Betreuerin und die intensive<br />

persönliche Begegnung mit den behinderten<br />

jungen Leuten habe ich deren<br />

Bedürfnisse besser verstehen gelernt<br />

und auch erfahren müssen, dass die<br />

Möglichkeiten, aus öffentlichen Kassen<br />

Gelder für Freizeitgestaltung oder<br />

Urlaub zu bekommen, immer mehr<br />

eingeschränkt worden sind. Hier gilt<br />

es zu helfen“, erläutert Thekla Schütte.<br />

Doch es gehe nicht nur um Geld:<br />

„Mindestens gleichwertig daneben<br />

steht unser Bemühen, durch regelmäßige<br />

Treffs zwischen behinderten und<br />

nicht behinderten Menschen die immer<br />

wieder feststellbaren Berührungsängste<br />

abzubauen und zum Beispiel<br />

gemeinsame Begegnungen bei sportlichen<br />

und gesellschaftlichen Veranstaltungen<br />

zu fördern und gleichzeitig<br />

die Angehörigen<br />

in ihrer stetigen<br />

Sorge ein wenig<br />

zu entlasten“,<br />

erläutert<br />

sie weiter.<br />

Und so initiiert<br />

und unterstützt<br />

der Arbeitskreis<br />

u. a. regelmäßige<br />

offene Treffs,<br />

ermöglicht Menschen mit Behinderung<br />

die Teilhabe an kulturellen und gesellschaftlichen<br />

Angeboten und setzt sich<br />

für die weitere Kooperation mit bestehenden<br />

Vereinen und Gruppierungen in<br />

den Gemeinden ein. All dies lässt sich<br />

nicht ohne die fi nanzielle Unterstüt-<br />

zung von außen bewerkstelligen. Und<br />

so gehört mit zu den wichtigsten Aufgaben<br />

des Arbeitskreises auch Sponsorengelder<br />

zu akquirieren. Die letzten<br />

beiden großen Spenden stammen<br />

aus Haselünne. So hat das Ehepaar<br />

Lüske zusammen mit Franz und Gisela<br />

Schermann, Ulla und Paul Jansen sowie<br />

Maria und Siegfried Jazdzenjewski<br />

Glücklich und „Daumen hoch“.<br />

Ein Besuch in „Movieworld“.<br />

Arbeitskreis<br />

Foto: ABW<br />

eine große Kaffeetafel in den Räumen<br />

des Blumenhauses organisiert.<br />

Den Erlös stellten sie dem Arbeitskreis<br />

zur Verfügung. Und auch die<br />

Haselünner Malteser haben die Anliegen<br />

des Arbeitskreises bereits unterstützt,<br />

denn sie waren sofort von<br />

dem Konzept der ehrenamtlichen Initiative<br />

überzeugt: „Gemeinsam mit<br />

dem Modehaus Schröder haben wir<br />

eine Kaffeetafel organisiert und außerdem<br />

auf dem Weihnachtsmarkt<br />

Glühwein und Wurstbrote verkauft.<br />

Die eingenommenen Gelder haben<br />

wir für den Arbeitskreis gespendet.<br />

Für die Zukunft wünschen sich Thekla<br />

Schütte und ihre Mitstreiter, dass<br />

sie die Arbeit des Teams weiter festigen<br />

und den eingeschlagenen Weg<br />

weitergehen können. „Wichtig ist natürlich<br />

auch, dass wir uns den sich<br />

ändernden Anforderungen immer<br />

wieder fl exibel anpassen können.<br />

Dies wird eine der größten Herausforderungen<br />

für das zukünftige Engagement<br />

des Arbeitskreises sein“, so<br />

Thekla Schütte abschließend.<br />

Foto: ABW


12<br />

Beruf<br />

Wohin führt mein Weg<br />

Berufseinstiegsberater helfen Schülern bei Berufsorientierung<br />

Meppen (gs). Für viele Jugendliche<br />

gestaltet sich der Weg von der Schule<br />

ins Berufsleben schwierig. Dies gilt<br />

nicht zuletzt für die Absolventen der<br />

Helen-Keller-Schule.<br />

Deswegen bietet die Schule seit dem<br />

1. Februar 2009 in Zusammenarbeit<br />

mit der Agentur für Arbeit Nordhorn im<br />

Rahmen eines dreijährigen Modellprojekts<br />

ihren Schülerinnen und Schülern<br />

hierbei zusätzliche Hilfestellung an.<br />

Cornelia Schackat und Hermann Kreutzhecker.<br />

„Cornelia Schackat und Hermann<br />

Kreutzhecker vom Bildungswerk der<br />

Niedersächschen Wirtschaft sind als<br />

Berufseinstiegsbegleiter mit eineinhalb<br />

Stellen für insgesamt 30 Jugendliche<br />

an unserer Schule tätig“, erläutert<br />

Schulleiterin Birgit Isegrei.<br />

Foto: Godula Süßmann<br />

„Ihre vorrangige Aufgabe ist es, in<br />

Zusammenarbeit mit den Lehrkräften<br />

der 8. und 9. Klasse, den Schülerinnen<br />

und Schülern bei der Berufsorientierung<br />

zu helfen und sie individuell zu<br />

unterstützen.“ Für Cornelia Schackat<br />

und Hermann Kreutzhecker sind die<br />

jeweils ganz individuellen Möglichkeiten<br />

und Fähigkeiten der Jugendlichen<br />

die größte Herausforderung:<br />

„Das Spektrum reicht vom potentiellen<br />

Hauptschulabsolventen bis hin<br />

zu dem Jugendlichen mit einer Mehrfachbehinderung,<br />

die zu einer Beeinträchtigung<br />

sowohl im körperlichen<br />

als auch geistigen Bereich führt. Daneben<br />

gibt es Jungen und Mädchen,<br />

die zwar körperlich eingeschränkt<br />

sind, dafür geistig vollkommen fi t und<br />

umgekehrt.“ Deswegen gehört zu den<br />

ersten Aufgaben der Berufseinstiegsbegleiter<br />

zunächst einmal die Potentiale<br />

der Heranwachsenden zu testen<br />

und die jeweiligen Interessen zu erfragen.<br />

„Außerdem gehört eine intensive<br />

Elternarbeit zu unseren Aufgaben,<br />

denn nicht nur die Jungen und Mädchen<br />

erleben den Wechsel von der<br />

Schule in das Berufsleben als großen<br />

Sprung, auch die Eltern müssen sich<br />

oftmals erst an den Gedanken gewöhnen,<br />

dass ihr Kind die relativ behütete<br />

Welt der Helen-Keller-Schule verlassen<br />

wird und sich erstmals außerhalb<br />

der gewohnten Umgebung zurecht fi nden<br />

muss“, so Cornelia Schackat und<br />

Hermann Kreutzhecker.


So verschieden die einzelnen Kinder,<br />

so unterschiedlich kann auch der Einstieg<br />

in den Beruf sein. „Meist sind<br />

die Jugendlichen erst 15 Jahre, oder<br />

schon 16 bis 17, aber entwicklungsverzögert,<br />

wenn sie die Schule verlassen.<br />

Deswegen bietet sich zunächst<br />

einmal zum Beispiel das Berufsvorbereitungsjahr<br />

(BVJ) in der Berufsschule<br />

an oder der Besuch berufsvorbereitender<br />

Maßnahmen (BvB), die bereits praxisnäher<br />

sind zur weiteren Orientierung<br />

und Sammeln von praktischen Erfahrungen,<br />

Lernen der Grundfertigkeiten<br />

eines berufl ichen Schwerpunktes oder<br />

Besuch von Maßnahmen bzw. verkürzten<br />

Ausbildungsgängen, die auf einer<br />

theoriereduzierten grundständischen<br />

Ausbildung basieren. Solche Angebote<br />

gibt es unter anderem im Christophorus-Werk<br />

oder bei dem Bildungsinstitut<br />

´Arbeit und Weiterbildung` (A+W).<br />

Schließlich gibt es natürlich auch die<br />

Möglichkeit des Übergangs in den<br />

Berufsbildungsbereich der Werkstätten<br />

wie in der Region Meppen des<br />

St.-<strong>Vitus</strong>-Werks“, erklären sie weiter.<br />

„Außerdem begleiten wir die Praxistage<br />

und Praktika, die bereits im Rahmen<br />

der Schulausbildung absolviert<br />

werden.“ Wichtig sei zudem, immer<br />

am Ball zu bleiben und schon während<br />

einer bestehenden Maßnahme zu<br />

schauen, wie es danach weitergehen<br />

könne. „Schließlich leisten wir eine<br />

Art Lobbyarbeit für die Absolventen,<br />

indem wir Betriebe aufsuchen, vor Ort<br />

schauen, ob dort ein Praktikum möglich<br />

wäre und natürlich auch, um das<br />

entsprechende Interesse bei den Unternehmern<br />

zu wecken“, so Cornelia<br />

Schackat und Hermann Kreutzhecker.<br />

„Wenn der Sprung in eine Ausbildung<br />

geglückt ist, begleiten wir die ehemaligen<br />

Schüler noch ein weiteres halbes<br />

Jahr, um zu gewährleisten, dass alles<br />

gut läuft.“<br />

Beruf<br />

13


14<br />

Geschwisterbeziehungen<br />

Wissenschaftliche Studie in der Werkstatt für behinderte Menschen:<br />

Geschwisterbeziehungen im Erwachsenenalter<br />

Dipl.Psych. Mira Sylvia Wolf, Fakultät Rehabilitationswissenschaften,<br />

Lehrgebiet für Rehabilitationspsychologie, TU Dortmund<br />

Meppen (gs). „Geschwisterbeziehungen<br />

reichen in die ersten vorsprachlichen<br />

Tage der Kindheit zurück und bestehen<br />

oft bis ins hohe Alter. Sie sind<br />

die dauerhaftesten aller Bindungen.<br />

Eltern sterben, Freunde verschwinden,<br />

Ehen lösen sich auf. Aber Geschwister<br />

können sich nicht scheiden<br />

lassen, und selbst wenn sie 20 Jahre<br />

nicht mehr miteinander sprechen,<br />

bilden Blutsbande und gemeinsame<br />

Geschichte ein unaufl ösliches Band“<br />

(Klagsbrun, 1993).<br />

Welche Bedeutsamkeit hat die Geschwisterbeziehung<br />

für einen Menschen<br />

mit einer Einschränkung oder<br />

einer Behinderung? Wie nah oder fern<br />

sind sich Geschwister im Erwachsenenalter?<br />

Wie planen ältere Menschen<br />

mit einer Behinderung ihre Zukunft<br />

und welchen Part übernehmen<br />

hier die Geschwister und Eltern? Mit<br />

diesen und ähnlichen Fragen beschäftige<br />

ich mich zur Zeit. Sie sind wichtig,<br />

da Menschen mit einer Behinderung<br />

- genauso wie alle anderen - immer<br />

älter werden und die Planung der Zukunft<br />

(„Wo will ich leben?, Wer ist für<br />

mich wichtig?) somit zu einem zentralen<br />

Punkt für sie und ihre Familien<br />

wird.<br />

Zu meiner Person: Ich bin 1995 ins<br />

Emsland gekommen und habe dort<br />

bis 2007 im St.-<strong>Vitus</strong>-Werk als Psychologin<br />

gearbeitet. Da ich in der<br />

Frühförderung und im Sprachheilkindergarten<br />

sowie im Kindergarten für<br />

Hörgeschädigte beschäftigt war, habe<br />

ich mich vor allem mit Beziehungen im<br />

Kindesalter und dem frühen Zusammenspiel<br />

von Eltern und Kindern auseinandergesetzt.<br />

Seit Januar 2008 bin<br />

ich an der der Technischen Universität<br />

Dortmund als Dozentin beschäftigt<br />

und bilde zukünftige Rehabilitationspädagogen<br />

aus. Unter anderem gebe<br />

ich Seminare zu dem Thema „Geschwisterbeziehungen“.<br />

Mit der Zeit<br />

wurde für mich immer deutlicher, dass<br />

es bisher noch wenig Auseinandersetzung<br />

und wissenschaftliche Forschung<br />

zu dem Thema der Geschwisterbeziehung<br />

im Erwachsenenalter und dem<br />

Stellenwert von Geschwistern und Eltern<br />

bei älteren Menschen mit Behinderung<br />

gibt. Im Herbst letzten Jahres<br />

habe ich dann mit Herrn Sackarendt<br />

Kontakt aufgenommen und werde jetzt<br />

zu meiner großen Freude meine Dok-<br />

Mira Sylvia Wolf.<br />

vat<br />

torarbeit zusammen mit und in meiner<br />

„alten“ Einrichtung schreiben. Ab April<br />

werde ich eine Fragebogenerhebung<br />

bei den Eltern und den Geschwistern<br />

der Beschäftigten der Werkstatt (im<br />

Alter von 30 – 50 Jahren) durchführen.<br />

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie<br />

mich und meine Arbeit unterstützen<br />

(gegebenenfalls durch Ihre Teilnahme),<br />

und ich Ihnen dann im Sommer<br />

die Ergebnisse vorstellen kann.<br />

Wenn Sie Fragen oder Anregungen zu<br />

dem Projekt haben, dürfen Sie mich<br />

auch gerne direkt anschreiben:<br />

sylvia.wolf@tu-dortmund.de.<br />

Foto: pri-<br />

Bedanken möchte ich mich hiermit<br />

schon einmal bei Herrn Sackarendt,<br />

Herrn Münzebrock und Frau Brüggemann<br />

für die gute Zusammenarbeit.


B E I T R I T T S E R K L Ä R U N G<br />

(Name) (Vorname) (geb.)<br />

erklärt hiermit ihren / seinen Beitritt als Mitglied der<br />

Ich / Wir verpflichte(n) mich / uns zu einem Jahresbeitrag von:<br />

(Beruf - bei korporativen Mitgliedern: Bezeichnung der Organisation)<br />

( Anschrift mit Postleitzahl und Straße)<br />

(Mindestbeitrag für Einzelmitglieder: € 35 für korporative Mitglieder € 60 jährlich<br />

Bankkonten: Sparkasse Emsland Kto.-Nr. 9 001 (BLZ: 266 500 01)<br />

Emsländische Volksbank Meppen Kto.-Nr. 102 737 900 (BLZ: 266 614 94)<br />

Oldenburgische Landesbank Meppen Kto.-Nr. 6 806 323 900 (BLZ: 266 214 13)<br />

Deutsche Bank Meppen Kto.-Nr. 050/33 00 (BLZ: 267 700 95)<br />

Volksbank Emstal eG Kto.-Nr. 12 555 500 (BLZ: 266 615 93)<br />

(Ort) (den) (Unterschrift)<br />

Der Verein ist als gemeinnützigen Zwecken dienende förderungswürdige Einrichtung vom Finanzamt Lingen anerkannt.<br />

Hiermit ermächtige(n) ich / wir den Verein - Kinderhilfe e.V. - von meinem / unserem Konto<br />

Nr. bei der<br />

Verein für heilpädagogische Hilfe e.V. · Zeissstraße 5 · 49716 Meppen<br />

€<br />

E I N Z U G S E R M Ä C H T I G U N G<br />

(Abbuchungsverfahren)<br />

den jährlichen Beitrag bis auf Widerruf abzubuchen.<br />

(Ort) (den) (Unterschrift)<br />

Vor- und Zuname:<br />

Ort:<br />

Straße:<br />

Viele unserer Angebote gehen weit über das hinaus, wozu wir von staatlicher Seite verpfl ichtet sind.<br />

Unser Anliegen ist es, auch in Zukunft so viel wie möglich für die Lebensqualität unserer<br />

Kunden und ihrer Familien zu tun. Dabei sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen.<br />

Lassen Sie uns gemeinsam mehr tun, als wir müssen:<br />

W E R D E N S i e M i t g l i e d u n d W E R B E N S i e M i t g l i e d e r !<br />

Mitgliedschaft<br />

15


Kontakt Besondere Wünsche<br />

Geschäftsstelle:<br />

Zeissstraße 5<br />

49716 Meppen<br />

Telefon 0 59 31 - 807 - 0<br />

Telefax 0 59 31 - 807-170<br />

email info@vitus-werk.de<br />

www.vitus-werk.de<br />

Impressum:<br />

V.i.s.d.P.:<br />

Bernhard Sackarendt<br />

Michael Korden<br />

Geschäftsführer St.-<strong>Vitus</strong>-Werk GmbH<br />

Redaktion:<br />

A. Becker, M. Becker, M. Backs,<br />

St.-<strong>Vitus</strong>-Werk GmbH<br />

Dr. Godula Süßmann, Lingen<br />

„Federleicht - Agentur für Kommunikation“<br />

www.agentur-federleicht.de<br />

Layout, Satz und Produktionsservice:<br />

CHRISTOFFERS, Meppen<br />

agentur für mediengestaltung & -produktion<br />

www.cwm-werbeagentur.de<br />

Fotos:<br />

Caritas<br />

Dr. Godula Süßmann, Lingen<br />

Archiv: St.-<strong>Vitus</strong>-Werk GmbH<br />

Es sollte einmal einfach sein<br />

Silvia Rolfes hat einen Traum<br />

Teglingen (gs). Seit Jan vor sechs<br />

Jahren auf die Welt gekommen ist,<br />

kämpfen seine Eltern. Mal geht es<br />

um den Besuch eines Schwimmkurses,<br />

dann wieder um die Einschulung<br />

in die örtliche Grundschule<br />

und jetzt ganz aktuell um ein neues<br />

Hörgerät. „Vor Kurzem wurde ein<br />

Hörtest gemacht und dabei wurde<br />

festgestellt, dass Jan dringend<br />

ein neues Gerät braucht, damit er<br />

seinen bisherigen Spracherwerb<br />

nicht gefährdet bzw. kontinuierlich<br />

weiter lernen kann“, erklärt Silvia<br />

Rolfes. Schon der Antrag auf ein<br />

neues Gerät vor vier Jahren endete<br />

schließlich mit der Einschaltung eines<br />

Rechtsanwalts. Insgesamt hat<br />

es damals neun Monate gedauert,<br />

bis Jan endlich sein neues Hörgerät<br />

hatte. „Inzwischen haben wir<br />

die Kasse gewechselt und gehofft,<br />

dass dieses Mal alles reibungslos<br />

verlaufen würde“, so Jans Mutter.<br />

„Wir haben das Gutachten eines<br />

namhaften Arztes aus Lübeck eingereicht,<br />

der die Neuanschaffung<br />

dringend befürwortet, doch offensichtlich<br />

stellt sich die Kasse trotzdem<br />

stur.“ Nun liegt vor der Familie<br />

Rolfes ein vermutlich langer Papierkrieg,<br />

der neben Nerven auch Geld<br />

und sehr, sehr viel Zeit kosten wird.<br />

Dabei liegt ihr aktueller und leider<br />

vergeblicher Kampf erst ein paar<br />

Tage zurück. „Es war unser großer<br />

Wunsch, dass Jan die hiesige Regelgrundschule<br />

besucht und der<br />

Rektor hat uns auch versprochen,<br />

sich dafür einzusetzen“, erklärt<br />

Silvia Rolfes. „Ich habe ihm genau<br />

erklärt, was er machen muss und<br />

dennoch ist nichts passiert und<br />

nun haben wir uns entschieden,<br />

dass Jan nach den Sommerferien<br />

st.-vitus-werk meppen · Postfach 21 08 · 49711 Meppen<br />

zur Carl-Orff-Schule nach Lingen-Brögbern<br />

gehen wird. „Eigentlich wäre ich<br />

schon froh, wenn jeder einfach nur seinen<br />

Job machen würde. Dann müssten<br />

wir als Eltern nicht immer hinter<br />

allem hinterher sein, denn wenn wir<br />

uns nicht kümmern, nachfragen, mahnen<br />

und bitten, passiert gar nichts“,<br />

Silvia Rolfes kämpft unermüdlich um die Rechte ihres Sohnes.<br />

Foto: Godula Süßmann<br />

erklärt sie. Eine löbliche Ausnahme in<br />

einer langen Kette von frustrierenden<br />

Erlebnissen stellt hier der Sportverein<br />

Teglingen dar: „Jan wollte unbedingt<br />

Fußball spielen. Also sind wir zum<br />

Verein gegangen und haben nachgefragt.<br />

Und: Es war kein Problem. Jan<br />

durfte sofort mitmachen. Mein Traum<br />

ist, dass es immer so läuft. Das wäre<br />

zu schön“, so Silvia Rolfes.

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