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GIG Dezember 2016

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42<br />

T H E ATE R<br />

Geld als Religion<br />

„Lehman Brothers“ im Wolfgang Borchert Theater MS<br />

Der Zusammenbruch der Lehman Bank<br />

hat die Welt 2008 in eine Krise gestürzt, von<br />

der sie sich bis heute nicht erholt hat. Wie<br />

es dazu gekommen ist, kann wahrscheinlich<br />

keiner genau nachvollziehen. Auch der italienische<br />

Dramatiker Stefano Massini nicht. Aber<br />

er hat mit „Lehman Brothers“ ein Stück geschrieben,<br />

das den Aufstieg und Fall des Finanzimperiums<br />

unter die Lupe nimmt und<br />

dabei auch einiges über den Kapitalismus aussagt.<br />

Die Geschichte beginnt im Jahr 1844, als die<br />

aus Deutschland ausgewanderten Lehman-<br />

Brüder in Amerika einen kleinen Tuchladen<br />

gründen, um ihren Lebensunterhalt<br />

zu bestreiten. Der<br />

zweite Teil spielt nach dem<br />

Bürgerkrieg und führt zur<br />

Gründung einer Bank. Statt<br />

mit Waren handeln die Lehmans<br />

jetzt mit Geld und werden<br />

damit immer reicher. Der<br />

dritte Teil treibt das Geschäftsmodell<br />

vollends ins<br />

Abstrakte. Aus den Bankern sind jetzt Trader<br />

geworden, die Geldvermehrung als Selbstzweck<br />

betreiben, bis es zum großen Crash<br />

kommt.<br />

Dieser Wandel spiegelt sich in Tanja Weidners<br />

Inszenierung, die als eine Art Historienspiel<br />

beginnt. Hier bestimmen sympathische Charaktere,<br />

ausführliche erzählerische Passagen<br />

und eine gute Portion jüdischer Witz die Szenerie.<br />

Im anschließenden Bankenteil steigt die<br />

Betriebstemperatur dann sprunghaft an. Die<br />

Protagonisten agieren wie gut geölte Maschinen,<br />

und die Aufführung legt immer mehr an<br />

Tempo zu, um schließlich in grotesk überzo-<br />

genen Szenen zu enden, in denen Geld und<br />

Konsum zur neuen Religion hochstilisiert werden.<br />

Für das Ensemble ist das Stück keine geringe<br />

Herausforderung. Immerhin müssen hier<br />

sechs Schauspieler insgesamt mehr als 50 verschiedene<br />

Rollen spielen. Aber sie bewältigen<br />

diese Aufgabe so gut, dass beim Zuschauer<br />

trotz der gewaltigen Aufführungsdauer von<br />

vier Stunden (mit zwei Pausen) keine Langeweile<br />

aufkommt. Franz Kolbeck<br />

>> Weitere Vorstellungen am 09./10.12. jew. um 19 Uhr<br />

sowie 11.12. um 17.30 Uhr im Wolfgang Borchert Theater MS;<br />

www.wolfgang-borchert-theater.de<br />

„Lehman Brothers“:<br />

Sechs Schauspieler, mehr als<br />

50 verschiedene Rollen -<br />

Fotos: Klaus Lefebvre<br />

Premieren im <strong>Dezember</strong><br />

Tom auf dem Lande<br />

Nach dem Unfalltod seines Freundes<br />

Guillaume beschließt Tom, zu dessen<br />

Begräbnis in die Provinz zu fahren. Dort<br />

gibt er sich als Arbeitskollege aus, denn<br />

Guillaumes Mutter Agathe ahnt nichts<br />

von der Homosexualität ihres Sohnes.<br />

Und Guillaumes Bruder Francis tut alles,<br />

damit die Wahrheit über seinen Bruder<br />

nicht bekannt wird. Dabei schreckt<br />

er auch vor Gewalt nicht zurück.<br />

>> Vorstellung am 29.12. um 19.30 Uhr<br />

am Theater Münster (U2);<br />

www.theater-muenster.com<br />

The End Of The World<br />

As We Know It<br />

Exodus, Untergang, Endzeit: Was hat<br />

angesichts der bevorstehenden Apoka-<br />

„Oh, du, du, du Fröhliche...“<br />

im Kleinen Bühnenboden MS<br />

lypse noch Bestand? Was Bedeutung?<br />

Das Ensemble von Cactus Junges Theater<br />

taucht unter der Regie von Alban<br />

Renz in die Zeit vor und nach dem Untergang<br />

mit Fall-out, lebenden Toten<br />

und Parolengebrüll ein. Was ist es wert<br />

zu überdauern? Und mit wem möchte<br />

ich meine letzten Stunden teilen?<br />

>> Premiere am 08.12. um 20 Uhr im<br />

Pumpenhaus MS; weitere Vorstellungen<br />

vom 09.-14.12. jew. um 20 Uhr<br />

sowie 11.12. um 14 Uhr;<br />

www.cactus-theater.de<br />

Oh, du, du, du<br />

Fröhliche...<br />

Das kindliche Vergnügen am Theater<br />

treibt das Ensemble der Compagnia<br />

Buffo voran. Ihr mittlerweile traditionelles<br />

Weihnachtsspecial bringt Geschichten<br />

namhafter Autor-<br />

Innen auf die Bühne, die<br />

Harmonien und Disharmonien<br />

der Weihnachtszeit<br />

widerspiegeln. Mithilfe<br />

verschiedener Stilmittel<br />

wie Schattenspiel, Tanztheater,<br />

Masken oder Kasperletheater<br />

gerät die Darbietung<br />

mal tiefsinnig, mal<br />

satirisch und mal besinnlich.<br />

>> Vorstellungen am 09./10.12. jew. um<br />

20.30 Uhr im Kleinen Bühnenboden MS;<br />

www.derkleinebuehnenboden.de<br />

Frau Müller muss weg<br />

Als Frau Müller einigen Kindern schulische<br />

Probleme und mangelnde Lernbereitschaft<br />

attestiert und damit deren<br />

Versetzung auf die weiterführende<br />

Schule gefährdet, steht für die Elternschaft<br />

der 4b fest: Frau Müller<br />

muss weg. Schließlich steht die gesamte<br />

restliche Zukunft der Kinder auf dem<br />

Spiel. Ein eigens einberufener Elternabend<br />

eskaliert in Nullkommanichts.<br />

Wird Frau Müller die Klasse nun entzogen?<br />

>> Premiere am 09.12. um 19.30 Uhr am<br />

Theater Osnabrück; weitere<br />

Vorstellungen am 11., 14. u. 21./<br />

22.12. jew. um 19.30 Uhr sowie am<br />

31.12. um 17 u. 20 Uhr;<br />

www.theater-osnabrueck.de<br />

Der Messias<br />

Patrick Barlows Stück „Der Messias“ in<br />

der Bearbeitung des Transittheaters<br />

gehört in Münster seit 28 Jahren zu<br />

Weihnachten wie der Schmuck zum<br />

Baum. Aus Mangel an Schauspielern spielen<br />

Theaterdirektor Theo und Schauspieler<br />

Bernhard alle Rollen der Weihnachsgeschichte<br />

einfach selbst. Flankiert von<br />

Operndiva Timm verwandeln sie das<br />

Krippenspiel in eine geniale Chaoskomödie.<br />

>> Vorstellungen vom 16.-23. u. 27.-30.12.<br />

jew. um 20 Uhr sowie am 18.12. um<br />

15 Uhr im Pumpenhaus MS;<br />

www.pumpenhaus.de<br />

Die heilige Johanna der<br />

Schlachthöfe<br />

Mit Marktmanipulationen scheffelt Chicagos<br />

Fleischkönig Pierpont Mauler Millionen.<br />

Dabei beutet er seine Arbeiter unter<br />

unmenschlichen Bedingungen aus. Die<br />

junge, idealistische Johanna Dark tritt<br />

gegen ihn an, doch die Härte des Marktes<br />

und die Macht des Kapitals bringen<br />

ihre Ideale zum Einsturz. Bertold Brecht<br />

schrieb sein kapitalismuskritisches und<br />

kämpferisches Stück im Jahr 1929.<br />

>> Premiere am 30.12. um 19.30 Uhr am<br />

Theater Münster (Kleines Haus);<br />

weitere Vorstellungen am 11., 14. u.<br />

19.01. jew. um 19.30 Uhr;<br />

www.theater-muenster.com<br />

Texte: Benedikt Niederschmid

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