QUER!
Quer_22_2016
Quer_22_2016
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EDITORIAL<br />
»(K)LASS MICH!«<br />
Ungleichheitskategorie Klassismus<br />
Welcher Klasse gehörst du an? Klasse als Kategorie wird noch<br />
selten als Begriff benutzt. Eher sprechen Leute von sozialen Milieus,<br />
sozialem Status oder sozialer Herkunft. Wenn aufgrund dessen<br />
Menschen stereotypisiert und hierarchisiert werden, sprechen<br />
wir von Klassismus: eine strukturelle Diskriminierungsform.<br />
Die soziale Herkunft strukturiert die Gesellschaft und daraus entstehender<br />
Klassismus kontrolliert die verschiedenen Zugänge zu<br />
gesellschaftlichen Ressourcen. Wie funktioniert Klassismus, der<br />
verschiedene gesellschaftliche Zugänge für Arbeiter_innen erschwert?<br />
Was hat das Bildungssystem damit zu tun?<br />
Im Leben den Weg zu gehen, welchen sie_er möchte, ist<br />
ein Privileg – Menschen werden nicht mit gleichen Chancen<br />
in die Welt gesetzt. Wir werden in eine (oder mehrere)<br />
Familienkonstellation(-en) hineingeboren, die oftmals unseren<br />
Handlungsrahmen mitbestimmt(-bestimmen). Klassismus wird<br />
in unterschiedlichen Bildungswegen gut ersichtlich und fängt<br />
schon früh an, diese Wege zu formen. Zum Beispiel, wenn Lehrer_<br />
innen den Schüler_innen aus Nicht-Akademiker_innen-Familien<br />
kein Empfehlungsschreiben für das Gymnasium erteilen. Und es<br />
geht weiter, auch wenn der Zugang in die Hochschule bzw. Universität<br />
ermöglicht wurde. Zum Beispiel, wenn in Stipendienprogrammen<br />
fast nur Kinder von Akademiker_innen sind. Die soziale<br />
Herkunft wird aber nicht nur an akademischen Berufen festgemacht,<br />
sondern das Gehalt, die Hobbies oder Sprache – sprich ein<br />
bestimmter Habitus – können bei einer Stereotypisierung auch<br />
eine wichtige Rolle spielen. Bei jeder Diskriminierungsform ist<br />
aber auch wichtig, stets weitere Diskriminierungsformen mitzudenken,<br />
da es sehr häufig zu Überschneidungen kommt.<br />
organisierung von feministischem Mainstream der 1980er- und<br />
1990er-Jahre in Deutschland gegen Klassismus und was können<br />
wir aktuell daraus lernen? Das sind einige der Fragen, die in dieser<br />
Ausgabe der »Quer« besprochen werden.<br />
Neben den Texten zu Klassismus sind die aktuellen Infos aus<br />
dem Frauen*büro weiterhin ein fester Bestandteil der Quer. Die<br />
Blog-Schau ist leider entfallen, dafür beinhaltet diese Ausgabe<br />
Spoken Words von Women* of color aus Berlin. Die Texte sind im<br />
Probenprozess einer Theaterproduktion des Ballhaus Naunynstraße<br />
entstanden. Zusätzlich ist in diesem Heft ein interessanter<br />
Beitrag zum Thema (emotionale) Tränen und ihrer gesellschaftlichen<br />
Rolle, ihres Status und ihrer Verhandlung abgedruckt. Last<br />
but not least ist auch in dieser Ausgabe der Quer ein Glossar<br />
dabei, welches für ein besseres Verständnis der Fachbegriffe gedacht<br />
ist.<br />
Viel Spaß beim (Quer-)Lesen, Stöbern und Entdecken unserer<br />
neuen Ausgabe wünscht<br />
die Quer-Redaktion<br />
Uns interessieren also die Zusammenhänge von Klassismus<br />
mit weiteren Herrschaftsverhältnissen. Dabei schauen wir in<br />
den Alltag und die Praxis der Sozialen Arbeit hinein: Was hat der<br />
Kampf um Wohnraum mit Klassismus zu tun? Wo ist die Verbindung<br />
zur Beerdigungspraxis in Berlin? Wie agierten Selbst-<br />
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