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SCHWERPUNKT: (K)LASS MICH! UNGLEICHHEITSKATEGORIE KLASSISMUS<br />

In der Audio-Dokumentation können nun die folgenden drei<br />

Diskussionsveranstaltungen nachgehört werden:<br />

Do 12. März 2015, 18–20 Uhr: Rassismus & Klassismus. Ein<br />

Gespräch zur Einführung<br />

Mit: Tanja Abou (Social-Justice-Trainerin, Institut für Klassismusforschung),<br />

Çağrı Kahveci (Politikwissenschaftler, Alice<br />

Salomon Hochschule), Koray Yılmaz-Günay (Akademie für politische<br />

Bildung der Rosa-Luxemburg-Stiftung, ehem. Berater bei<br />

GLADT e.V.); Moderation: Manuela Bauche<br />

Die Einführungsveranstaltung zielte auf ein Umreißen der<br />

Phänomene Rassismus und Klassismus, die Diskussion des<br />

Begriffs »Klassismus« und die Frage nach Gemeinsamkeiten,<br />

Verschränkungen und Unterschieden zwischen Rassismus und<br />

Klassismus.<br />

Im Rahmen des Gesprächs wurde deutlich, wie Menschen<br />

wegen (vermuteter oder tatsächlicher) Armut oder (vermuteter<br />

oder tatsächlicher) »geringer« Bildung gesellschaftliche Ausschlüsse<br />

und Deprivilegierungen erfahren – nicht nur durch<br />

Sachbearbeitende in den Job-Centern, sondern auch durch Belächelt-Werden<br />

in Alltagssituationen oder durch tatsächliche Hürden<br />

aufgrund geringer Ressourcen, z.B. in der Bildungskarriere.<br />

Es wurde darauf hingewiesen, dass rassistische Diskriminierung<br />

ebenfalls mit Zuschreibungen von Armut sowie von »Bildungsmangel«<br />

einhergeht – beispielsweise werden Schwarze Personen<br />

unabhängig von ihrer tatsächlichen finanziellen oder sozialen<br />

Situation mit diesen Zuschreibungen belegt. Die Veranstaltung<br />

endete entsprechend mit der Frage, ob das hohe Maß an Naturalisierung<br />

in der rassifizierenden Zuschreibung von Eigenschaften,<br />

also das Maß, in dem behauptet wird, dass diese Eigenschaften<br />

unumgänglich seien, ein Kriterium zur Unterscheidung von<br />

Rassismus und Klassismus darstellen könne.<br />

Do 10. September 2015, 19–21 Uhr: Rassismus & Klassismus:<br />

Verschränkungen mit Sexismus<br />

Mit: Anne Frisius (Dokumentarfilmerin), Mónica Orjeda (Sozialberaterin<br />

bei verikom Hamburg), Llanquiray Painemal (Respect<br />

Netzwerk), Emilia Roig (Politologin, forscht über den privaten<br />

Pflegebereich und Intersektionalität); Moderation: Anna<br />

Oelhaf<br />

Der zweite Diskussionsabend war den Zusammenhängen<br />

von Klassismus, Rassismus und Sexismus gewidmet. Diese wurden<br />

am Fall von Care-Work (u.a. Kindererziehung, Sorge-, Pflege-<br />

und emotionale Arbeit) erörtert – ein Bereich, in dem in der<br />

BRD zahlreiche illegalisierte Einwanderinnen tätig sind. Neben<br />

den Statements der Referent_innen lieferten Ausschnitte aus<br />

den Dokumentarfilmen »Mit einem Lächeln auf den Lippen«<br />

(Anne Frisius/Mónica Orjeda, 2008) und »Dringend gesucht –<br />

Anerkennung nicht vorgesehen« (Anne Frisius/Nadja Damm/<br />

Mónica Orjeda, 2014) Einblicke in die Arbeits- und Lebensbedingungen<br />

illegalisierter Care-Arbeiterinnen. Deutlich wurde, dass<br />

diese Arbeiterinnen aufgrund ihres prekären Aufenthaltsstatus<br />

(und damit als Ergebnis einer Einwanderungspolitik, die spezifische<br />

Formen von Migration privilegiert, während sie andere deprivilegiert)<br />

sowie ihres Geschlechts in ökonomisch marginalisierte<br />

Positionen gedrängt werden. Von dieser Marginalisierung<br />

profitieren u.a. mittelständische (weiß-deutsche) Paare, wenn<br />

sie in ihrer Partnerschaft eine Gleichstellung der Geschlechter<br />

mithilfe illegalisierter Care-Arbeiterinnen ermöglichen. Diese<br />

strukturell benachteiligten und mehrfach diskriminierten Frauen<br />

haben auch bei Gewerkschaften wenige Ansprechpartner_innen.<br />

Trotz ausbeuterischer Verhältnisse kämpfen diese Frauen<br />

für ihre Rechte und fordern Strukturen ein, in denen elementare<br />

Grundrechte wie Lohnauszahlung, Arbeitszeitausgleich usw.<br />

auch für sie gelten.<br />

Di 24. November 2015, 19–21 Uhr: Rassismus & Klassismus:<br />

Blicke in die Geschichte<br />

Mit: Manuela Bauche (Historikerin mit Schwerpunkt Kolonialgeschichte,<br />

Museum für Naturkunde/Perspektiven auf Natur,<br />

Berlin) und Claudia von Gélieu (Politologin, Galerie Olga Benario.<br />

Forum gegen Neofaschismus, Sexismus, Rassismus und Imperialismus,<br />

Frauentouren); Moderation: Anh Ngo<br />

In der dritten Veranstaltung wurde das Thema der Veranstaltungsreihe<br />

durch exemplarische Blicke in die Geschichte<br />

vertieft. Die Grundlage bildeten zwei Inputs: einerseits zum<br />

Umgang mit Armut in Deutschland vom Mittelalter bis zum<br />

Nationalsozialismus, andererseits zum Umgang mit Armut und<br />

Rassismus in Deutschland zur deutschen Kolonialzeit. Im Zuge<br />

der Diskussion wurde insbesondere auf die Bedeutung von Ideen<br />

der Nicht-Zivilisierung sowohl für Stereotypisierungen und<br />

Marginalisierungen von weißen »Armen« als auch für rassistische<br />

Ausschlussmechanismen hingewiesen. Zugleich wurde<br />

gemahnt, die Unterschiede in der rechtlichen Stellung von rassifizierten<br />

Menschen (in den ehemaligen kolonisierten Ländern<br />

des Globalen Südens) bzw. weißen »Armen« nicht zu übersehen.<br />

Ausgehend von der Feststellung, dass eine Wirkung von Rassismus<br />

und Klassismus darin bestehe, Trennungen in der Gesellschaft<br />

herzustellen und auf diese Weise Herrschaft zu stützen,<br />

wurden Notwendigkeiten, Möglichkeiten und Grenzen von Solidarisierungen<br />

zwischen von Rassismus und von Klassismus<br />

Betroffenen kontrovers diskutiert.<br />

Anna Oelhaf, Manuela Banche, Anh Ngo<br />

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