Klimawandel - Obdach e.V.
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___ Ausgabe 05 / Frühjahr`08<br />
HIV-Aufklärungskampagne<br />
„Wir dürfen nicht<br />
nachlassen“<br />
Die Zahl der HIV-Neuinfizierten ist gestiegen - der<br />
Bund investiert in die Prävention. Auch mit einer<br />
Aufklärungskampagne mit Samy Deluxe und<br />
Christiane Paul.<br />
Schauspielerin und Ärztin Christiane Paul.<br />
Foto: Sebastian Hänel<br />
BERLIN taz Er sieht ein bisschen deplaziert aus<br />
zwischen den Kostüm- und Anzugträgern. Rapper<br />
Samy Deluxe, breitbeinig, in Oversize-Jeans und mit<br />
gegeltem Haar. Nicht mal ein Rednerpult haben sie<br />
dem Aids-Botschafter gegeben. Das kriegt nur die<br />
Gesundheitsministerin. Anlässlich des Welt-Aids-<br />
Tages am kommenden Samstag hat Ulla Schmidt ins<br />
Ministerium geladen, um für ihre Aufklärungskampagne<br />
zu werben - daher der Alibi-Promi - und<br />
gleichzeitig die neuesten Zahlen des Robert-Koch-<br />
Instituts vorzustellen.<br />
Zuerst die Kampagne: An der Wand reihen sich die<br />
Plakate mit TV-Köpfen, die mit „eindringlich<br />
persönlichen Botschaften“ die Krankheit ins<br />
Bewusst-sein rufen sollen. „Kino ist Fiktion, Aids ist<br />
real“ kann man da etwa neben der ernst<br />
dreinblickenden Schauspielerin Christiane Paul lesen.<br />
Samy Deluxe selbst hat einen Song geschrieben:<br />
„Krank in the Club“. Er habe das Gefühl, in<br />
Deutschland seien viele bis zu ihrem 60. Lebensjahr<br />
Kapitalisten und würden dann plötzlich eine Stiftung<br />
gründen. Er wolle Jugendliche motivieren, sich schon<br />
früher zu engagieren. Deshalb darf in diesem Jahr<br />
auch jeder Aids-Botschafter werden.<br />
Allerdings sind Jugendliche gar nicht das<br />
Hauptproblem: 68 Prozent der 16- bis 20-Jährigen<br />
benutzen regelmäßig Kondome. Das sei<br />
„vorbildlich“, so Schmidt. Dennoch ist die Zahl der<br />
Neuinfizierten wieder gestiegen, auch wenn sie mit<br />
3.000 auf einem international relativ niedrigen<br />
Niveau bleibt. „Wir dürfen in unseren Anstrengungen,<br />
Aids zu bekämpfen, nicht nachlassen“, sagt<br />
Schmidt. Die Bundesregierung hat die Mittel für die<br />
Aids-Prävention nochmals um drei Millionen Euro<br />
erhöht.<br />
Die größten Sorgen macht der Ministerin der Anstieg<br />
bei homosexuellen Männern über 50 Jahren, also bei<br />
einer Gruppe, die gut über Aids informiert ist. Die<br />
Generation habe ihr Leben lang gegen Diskriminierung<br />
gekämpft, sagt Schmidt. Irgendwann sei<br />
der Punkt erreicht, an dem ihnen eine Infektion<br />
einfach egal sei. Sven Christian Finke, Vorstand der<br />
Deutschen Aids-Hilfe, sieht eine weitere Ursache bei<br />
den verbesserten Therapiemöglichkeiten. Viele<br />
hätten sich 20 Jahre geschützt und plötzlich<br />
aufgehört, weil der Virus den Schrecken verloren<br />
habe, sagt Finke. Bei einer Lebenserwartung von 30<br />
Jahren mit HIV fühlten manche nicht mehr den<br />
Druck, sich zu schützen.<br />
Diejenigen, die auf Safer Sex verzichten, unterschätzten<br />
aber die Nebenwirkungen der Behandlung.<br />
„Die Therapie schränkt die Lebensqualität sehr stark<br />
ein“, sagt Schmidt, „das ist keine Behandlung wie für<br />
eine Grippe“. Zusätzlich erleiden viele Infizierte und<br />
an Aids Erkrankte auch finanzielle Einbußen durch<br />
Arbeitsausfälle und höhere Gesundheitskosten.<br />
„Länger leben heißt oft: länger in Armut leben“, sagt<br />
Ulrich Heide, Vorstand der deutschen Aids-Stiftung.<br />
Untere Neckarstraße 17<br />
69117 Heidelberg<br />
Tel.: 06221/161700<br />
SARAH STRICKER