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Globalisierung und Grundeinkommen

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<strong>Globalisierung</strong> <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>einkommen hermann ens dez 2016<br />

Gr<strong>und</strong>einkommen als W<strong>und</strong>pflaster für die<br />

<strong>Globalisierung</strong>? Das alleine wird nicht<br />

reichen.<br />

Zwei Themen sind derzeit wieder rege in der<br />

Diskussion. Zum einen die Herausforderungen<br />

durch die <strong>Globalisierung</strong> <strong>und</strong> zum zweiten das<br />

bedingungslose Gr<strong>und</strong>einkommen.<br />

Brexit <strong>und</strong> Trump machen Angst <strong>und</strong> befeuern<br />

die Auseinandersetzung nicht nur mit der EU,<br />

sondern auch mit Punkt eins: der<br />

<strong>Globalisierung</strong>. Wohl oder übel muss die<br />

Diskussion neu angegangen werden, auch<br />

wenn so mancher Politiker,<br />

Unternehmensvertreter oder anderweitig<br />

Beteiligter diese Dose lieber zu lassen würde.<br />

Die Hauptdiskutanten sind ja in der Regel<br />

nicht persönlich betroffen. Betroffen oder<br />

beeinflusst sind im Wesentlichen diejenigen,<br />

die für Brexit <strong>und</strong> Trump nun als Wähler<br />

verantwortlich gemacht werden. Genau diese<br />

müssen aber erreicht werden um nicht ein<br />

weiteres Debakel nach der Wahl im nächsten<br />

Jahr auch bei uns in Deutschland zu riskieren.<br />

Und Punkt zwei: das Gr<strong>und</strong>einkommen, ist<br />

von manchen als eines der W<strong>und</strong>pflaster<br />

auserkoren, das die Schmerzen der<br />

<strong>Globalisierung</strong> beruhigen <strong>und</strong> dämpfen soll.<br />

Nur wenige waren bisher so aufrichtig in der<br />

Diskussion, die beiden Punkte miteinander zu<br />

verknüpfen. Aber ihre Zahl wächst. Die<br />

Verknüpfung tut weh. Die <strong>Globalisierung</strong> wird<br />

viel lieber nur als etwas Positives gesehen,<br />

gerade für eine Exportnation wie Deutschland.<br />

Gr<strong>und</strong>einkommen nur als etwas Schönes,<br />

Soziales. Aber, würde man das<br />

Gr<strong>und</strong>einkommen derzeit wieder diskutieren<br />

<strong>und</strong> mehr <strong>und</strong> mehr befürworten, wäre nicht<br />

der Druck vorhanden, die negativen Effekte<br />

der <strong>Globalisierung</strong> beruhigen zu müssen? Die<br />

klare Antwort ist: Nein.<br />

Die Kernideen der <strong>Globalisierung</strong> sind so alt,<br />

wie der Mensch Handel betreibt, der über sein<br />

kleines Dorf hinaus geht. Auch wenn sehr viel<br />

früher global eben noch nicht wirklich global<br />

meinte, sondern zunächst einmal regional,<br />

später national, später kontinental <strong>und</strong> so<br />

weiter.<br />

Fremde Produkte haben immer gelockt. Das<br />

Neue, das Andere. Vielfalt. Abwechslung. Aber<br />

auch größere Märkte für die eigenen<br />

Produkte, höhere Stückzahlen, irgendwann die<br />

Arbeitsteilung, günstigere Kosten für Teile <strong>und</strong><br />

Produkte, günstigere Arbeitskosten oder auch<br />

bessere Leistung.<br />

Davon haben viele sehr lange sehr gut gelebt.<br />

Auch wir. Entwicklungsländer haben<br />

einfachste Jobs <strong>und</strong> einfachste Produkte zu<br />

geringsten Kosten übernommen. Oft unter<br />

miesen Arbeitsbedingungen. Als Start für ihren<br />

Weg in eine eigene florierende Wirtschaft.<br />

Die Industrieländer, wie wir, haben sich<br />

dagegen zunehmend auf die höherwertigen<br />

Produkte konzentriert, die komplexeren<br />

Aufgaben. Haben in den Entwicklungsländern<br />

günstigst eingekauft <strong>und</strong> ihre eigenen high<br />

tech Produkte auch umgekehrt wieder dorthin<br />

<strong>und</strong> in die ganze Welt verkauft.<br />

Das ging <strong>und</strong> geht alles so lange gut, so lange<br />

jeder in den Industrieländern noch einen Job<br />

finden kann, den er mit seinen Fähigkeiten<br />

ausfüllen kann. So lange unsere Menschen,<br />

die davor die einfacheren Jobs gemacht haben<br />

nun Jobs mit höheren Anforderungen<br />

bekommen können. Die high tech der<br />

Industrieländer wird immer hochwertiger <strong>und</strong><br />

wertvoller, die Menschen dort mit den vorher<br />

einfacheren Aufgaben führen nun eben etwas<br />

komplexere aus, die Märkte wachsen, auch in<br />

den Entwicklungsländern, alles ist w<strong>und</strong>erbar.<br />

Es beginnt dann schwierig zu werden, wenn<br />

sich die Entwicklungsländer langsam<br />

hocharbeiten. Wenn diese beginnen selbst<br />

höherwertige Leistungen <strong>und</strong> Produkte<br />

anzubieten. Dann verschiebt sich diese vage<br />

Schwelle zwischen Entwicklungsländern <strong>und</strong><br />

Industrieländern nach oben. Immer mehr<br />

schon etwas höherwertige Jobs in den<br />

Industrieländern fallen nun ebenfalls an die<br />

aufstrebenden Länder, vormals<br />

Entwicklungsländer. Es entsteht Druck in den<br />

vormals alleinigen Industrieländern immer<br />

höherwertige high tech zu produzieren um<br />

sich noch zu differenzieren. Dafür braucht<br />

man immer qualifiziertere Menschen. Und<br />

immer weniger Menschen mit einfacherer<br />

Qualifikation. Die langsam immer breiter in<br />

© hermann ens 2016 All Rights Reserved<br />

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<strong>Globalisierung</strong> <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>einkommen hermann ens dez 2016<br />

Marsch kommende Robotik setzt dem dann<br />

noch eine weitere Herausforderung oben auf<br />

<strong>und</strong> reduziert die Zahl der nötigen <strong>und</strong><br />

verfügbaren Arbeitsplätze weiter.<br />

Eines der Hauptprobleme bei alldem ist der<br />

Mensch. Würden wir alle jeden Tag beliebig<br />

dazulernen können, wäre das w<strong>und</strong>erbar. Das<br />

ist aber nicht der Fall. Jeder von uns hat seine<br />

natürlichen Grenzen. So, wie wir nicht nur<br />

lauter technische Genies produzieren können,<br />

so gelingt es auch nicht, jeden einzelnen<br />

Menschen zum Softwareentwickler heran zu<br />

bilden. Eine zunehmende Zahl Menschen wird<br />

die nötige Weiterbildung nicht schaffen oder<br />

wollen <strong>und</strong> selbst dann, wenn dies möglich<br />

wäre, gäbe es nicht mehr genug Jobs für alle,<br />

weil die Robotik <strong>und</strong> weiter voranschreitende<br />

Automatisierung sehr vieles für uns erledigen<br />

wird.<br />

Kein W<strong>und</strong>er, dass dann mehr <strong>und</strong> mehr<br />

Menschen ins Hintertreffen kommen oder<br />

Angst davor haben. Sich noch mehr Menschen<br />

als schon heute abgehängt fühlen werden.<br />

Während es für die hochqualifizierten <strong>und</strong><br />

örtlich beweglichen wohl immer gute Jobs<br />

geben wird, wird es für die anderen<br />

zunehmend enger.<br />

So entsteht eine Kluft, die immer größer wird<br />

<strong>und</strong> die auch nicht so einfach beseitigbar oder<br />

eingrenzbar ist. Nicht jeder kann oder will nun<br />

mal ein Studium erledigen <strong>und</strong> die<br />

aufkommende Robotik bringt ja auch viel<br />

Gutes, wird sich deshalb völlig unvermeidbar<br />

ausbreiten.<br />

Natürlich wollen die Unternehmen davon<br />

profitieren, genauso, wie die Menschen mit<br />

höchster Qualifikation. Und natürlich wollen<br />

beide am allerliebsten nichts von den<br />

Problemen am unteren Ende hören. Es geht<br />

ihnen ja gut. Wenn nur nicht das lauter<br />

werdende Grummeln da unten wäre. Und<br />

jetzt auch noch Brexit <strong>und</strong> Trump <strong>und</strong> diese<br />

diffuse, wachsende Gefahr in unserem<br />

eigenen Land.<br />

unteren Ende leiden. Das bedingungslose<br />

Gr<strong>und</strong>einkommen, bisher nicht wirklich von<br />

der Wirtschaft geliebt, scheint nun<br />

zunehmend auch von der Industrie entdeckt,<br />

als eine Möglichkeit den Menschen die Angst<br />

zu nehmen vor der weiteren <strong>Globalisierung</strong><br />

<strong>und</strong> der weiteren Automatisierung/Robotik. Je<br />

nach Höhe des Gr<strong>und</strong>einkommens, so ist die<br />

Hoffnung, können damit eventuell die größten<br />

Schmerzen beim betroffenen Teil der<br />

Gesellschaft betäubt werden <strong>und</strong> die<br />

Wirtschaft kann weiter global wachsen.<br />

Dazu kommt, dass das Gr<strong>und</strong>einkommen nach<br />

Meinung einiger es vielen Menschen möglich<br />

machen wird, quasi aus Spaß zu arbeiten, mit<br />

viel mehr Lust als früher, denn sie müssten ja<br />

nun eigentlich nicht mehr unbedingt arbeiten.<br />

Stark übertrieben, zugegeben, aber so wird<br />

tatsächlich von einigen Seiten argumentiert.<br />

Kann man daran glauben? Wird es<br />

funktionieren? Mir fehlt der letzte Glaube,<br />

dass durch Verlust des alten Jobs <strong>und</strong> allein<br />

durch den Zugewinn eines Gr<strong>und</strong>einkommens<br />

freigesetzter Enthusiasmus für neue Aufgaben<br />

alle Menschen glücklich machen wird. Zu sehr<br />

beschäftigt mich die Frage, was mit denen<br />

geschieht, die den Enthusiasmus nicht so<br />

verspüren werden? Und deren Familien <strong>und</strong><br />

deren Kindern. Die Gefahr einer<br />

heranwachsenden Gesellschaftsschicht von<br />

zwar Gr<strong>und</strong>versorgten aber ansonsten<br />

Perspektivlosen beschäftigt mich. Ein<br />

Gr<strong>und</strong>einkommen wird nicht reichen.<br />

Menschen wollen auch Aufgaben haben,<br />

gebraucht werden, hilfreich sein können, ihren<br />

eigenen Wert spüren können. Geld <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>einkommen mag eventuell nützlich sein,<br />

aber es verschafft noch keine dauerhafte<br />

Befriedigung. Dafür müssen noch gute Ideen<br />

gef<strong>und</strong>en werden. Und die Menschen müssen<br />

wissen, dass Ideen gesucht werden. Das<br />

kommt derzeit noch viel zu kurz.<br />

Kopf in den Sand ist zu riskant. Es braucht<br />

Lösungen, die unserer Wirtschaft nicht den<br />

weiteren Weg in die globale Welt verbauen<br />

<strong>und</strong> dennoch auch denen helfen, die am<br />

© hermann ens 2016 All Rights Reserved<br />

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