VDV Das Magazin Ausgabe Dezember 2016
Das Verbandsmagazin des VDV ist die redaktionelle Plattform für Unternehmen des Öffentlichen Personen- und Schienengüterverkehrs in Deutschland. Konzept und Realisierung: AD HOC PR, Gütersloh.
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Was uns bewegt. Wen wir bewegen. <strong>Ausgabe</strong> <strong>Dezember</strong> Xxxxx 20xx <strong>2016</strong><br />
Schneller<br />
anfangen<br />
Wie Infrastrukturprojekte<br />
aus dem Planungsstau kommen<br />
Seite 6<br />
Dicke Luft: Autobauer setzen<br />
in Stuttgart auf Jobtickets<br />
Seite 12<br />
Advent, Advent: VAG Nürnberg<br />
chauffiert das Christkind<br />
Seite 14<br />
Verkehrswende: Was die Politik<br />
jetzt auf den Weg bringen muss<br />
Seite 17
FEHLERTEUFEL<br />
Leider hat sich in die vergangene <strong>Ausgabe</strong><br />
von „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ ein Fehler<br />
eingeschlichen. Mitveranstalter der<br />
„Sicherheitskonferenz Öffentlicher Personenverkehr“<br />
war die Fachzeitschrift<br />
„Nahverkehrs-Praxis“ – und nicht,<br />
wie auf Seite 7 berichtet, die Zeitung<br />
„Nahverkehrsnachrichten“. Wir bitten,<br />
diesen Fehler zu entschuldigen.<br />
6 Infrastrukturgipfel: Wege aus<br />
dem Planungsstau diskutiert<br />
28 Engagiert: Was der Frankfurter<br />
Fahrgastbeirat erreicht hat<br />
14 Himmlisch: Die Nürnberger VAG<br />
fährt das Christkind zu Terminen.<br />
12 Autobauer: Porsche und Daimler<br />
beteiligen sich am VVS-Jobticket.<br />
3 Editorial<br />
Verkehrswende: Jetzt<br />
müssen Taten folgen.<br />
4 <strong>VDV</strong> im Bild<br />
Mit der Tram bis<br />
auf den Weihnachtsmarkt<br />
6 Titelstory<br />
Planungsstau bremst<br />
Investitionen aus.<br />
12 Aktuell<br />
Jobticket als Mittel gegen dicke Luft in<br />
Stuttgart und Umgebung<br />
14 Reportage<br />
VAG-Mitarbeiter: Irdische<br />
Helfer des Christkinds<br />
17 Aktuell<br />
Bahnverbände machen sich<br />
für die Verkehrswende stark.<br />
2 06 | <strong>2016</strong>
Verkehrswende:<br />
Jetzt müssen<br />
Taten folgen<br />
Eine starke Eisenbahn stärkt den Logistikstandort<br />
Deutschland. Sie ermöglicht Mobilität für alle. Und<br />
sie ist der Garant für Verkehrswende und Umweltschutz.<br />
Nur mit einer starken Eisenbahn lassen sich<br />
die Klimaschutzziele der Bundesregierung erreichen,<br />
nur mit ihr kann der Verkehr erfolgreich von<br />
der Straße auf die Schiene verlagert werden. Deswegen<br />
führt kein Weg an ihr vorbei.<br />
Doch Ansprüche und Realität liegen wie so oft weit<br />
auseinander – trotz der Fortschritte in Sachen Regionalisierungsmittel<br />
und LuFV II. Die Bahn fährt<br />
im Wettbewerb der Verkehrsträger hinterher, wird<br />
sogar abgehängt. Die Gründe dafür sind vielfältig.<br />
Zum einen schadet die Überregulierung seitens der<br />
(europäischen) Politik dem System Schiene. Es wird<br />
immer aufwendiger und damit unattraktiver für<br />
Unternehmen und Kunden. Zum anderen kommen<br />
steigende oder zusätzliche Abgaben und Steuern<br />
hinzu, die die Schiene unverhältnismäßig verteuern.<br />
Doch gerade im Güterverkehr wird knapp kalkuliert;<br />
jeder Cent zählt. Kein Wunder also, dass der Anteil<br />
des Lkw-Verkehrs im Vergleich zur Bahn deutlich<br />
stärker steigt. Und was den Personenverkehr auf der<br />
Schiene angeht: Hier kann die Infrastruktur nicht<br />
mit den stetig wachsenden Fahrgastzahlen und Angeboten<br />
mithalten.<br />
Es läuft für die Branche also alles andere als rund.<br />
Dies ist auch der Grund, warum sich jetzt erstmals<br />
acht deutsche Eisenbahnverbände – unter ihnen<br />
der <strong>VDV</strong> – zusammengetan und drei Kernforderungen<br />
an die Politik formuliert haben. Konkret wollen<br />
sie den Deutschland-Takt, eine Halbierung der<br />
Schienenmaut und die Förderung von Innovationen.<br />
Ihr Ziel: faire Rahmenbedingungen und eine konsequente<br />
Politik der Verkehrswende. Denn wenn<br />
Deutschland im Verkehrssektor tatsächlich bis 2050<br />
eine Emissionsreduktion von 40 Prozent erreichen<br />
soll, müssen die Parteien und die künftige Bundesregierung<br />
ihren hehren Worten endlich Taten folgen<br />
lassen. Die Zeit der Lippenbekenntnisse ist vorbei.<br />
Herzlichst Ihr<br />
Joachim Berends<br />
18 Aus dem Verband<br />
„Jetzt ist das Eisen heiß“: Interview<br />
mit <strong>VDV</strong>-Vizepräsident Hubert Jung<br />
20 Aus dem Verband<br />
E-Bus-Award steht vor<br />
Neuauflage für 2017.<br />
22 Hintergrund<br />
EU-Regelungseifer bremst<br />
Güterzüge in der Fläche.<br />
26 Aus dem Verband<br />
Rückblick auf den<br />
<strong>VDV</strong>-Marketing-Kongress<br />
28 Unterwegs im Netz<br />
Fahrgastbeiräte vernetzen<br />
sich bundesweit.<br />
30 Zu guter Letzt<br />
Buch geht auf eine Zeitreise zu den<br />
Straßenbahnen der 1960er-Jahre.<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />
als E-Paper unter:<br />
www.vdv.de/das-magazin<br />
06 | <strong>2016</strong> 3
<strong>VDV</strong> IM BILD<br />
4<br />
06 | <strong>2016</strong>
Per Tram auf den Weihnachtsmarkt<br />
Mit dem ÖPNV ist das Tässchen Glühwein kein Problem<br />
– und die Parkplatzsuche kein Thema: In vielen<br />
Städten können Besucher auch in diesem Jahr wieder<br />
mit Bus und Bahn bis in die Innenstädte fahren,<br />
um dort über die Weihnachtsmärkte zu bummeln.<br />
Wie hier in Bremen: In der Hansestadt fahren die<br />
Straßenbahnlinien 2 und 3 über die Haupteinkaufsstraße<br />
sowie den Marktplatz vorm Rathaus – und<br />
bringen ihre Fahrgäste somit direkt vor die Buden.<br />
Wer keine Lust auf Glühwein hat, aber noch letzte<br />
Geschenke besorgen muss: Viele Verkehrsunternehmen<br />
fahren in der Vorweihnachtszeit zudem<br />
mit verdichtetem Takt. <strong>Das</strong> entlastet nicht nur die<br />
Innenstädte vom Verkehr, sondern auch die Nerven<br />
während des Weihnachtseinkaufs.<br />
06 | <strong>2016</strong> 5
6 06 | <strong>2016</strong>
TITELSTORY<br />
Planungsstau<br />
bremst<br />
Investitionen aus<br />
Es hat sich einiges getan beim Thema „Infrastruktur“. Mittlerweile ist es in der<br />
Öffentlichkeit und in der Politik fest verankert. Und für den Erhalt und Ausbau<br />
der Verkehrswege stehen nach jahrzehntelanger Unterfinanzierung mehr Mittel<br />
bereit. Nun aber fehlen baureife Projekte und Planungskapazitäten. Über Lösungen<br />
diskutierten Vertreter der Verkehrsbranche, der Bauindustrie und der Politik auf<br />
dem mittlerweile vierten „Welt“-Infrastrukturgipfel in Berlin.<br />
Als Autobahn taugt sie nur noch bedingt, aber als Mahnmal für Deutschlands marode Verkehrsinfrastruktur<br />
leistet sie derzeit hervorragende Dienste: Die Leverkusener A1-Brücke über den<br />
Rhein ist, wie es <strong>VDV</strong>-Präsident Jürgen Fenske ausdrückte, „ein nationales Symbol“. Stellvertretend<br />
stehe sie für Verkehrswege, die vielerorts in die Jahre gekommen und baufällig geworden sind. Schwere<br />
Lastwagen dürfen die Brücke nicht mehr passieren. Manche versuchen es trotzdem und verursachen<br />
an den Sperren nahezu täglich lange Staus. „In den nächsten Jahren werden wir noch mehrere<br />
Gründe zum Ärgern finden“, war sich Thomas Exner sicher, der zusammen mit Dr. Inga Michler den<br />
Infrastrukturgipfel moderierte. Eingeladen hatten die Tageszeitung „Die Welt“, die Initiative „Damit<br />
Deutschland vorne bleibt“ und erstmals der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie.<br />
Aber es gibt Fortschritte – etwa bei der Finanzierung der Bundesverkehrswege. Nachdem Straßen,<br />
Brücken und Schienen über Jahrzehnte hinweg unterfinanziert waren, lässt sich der Bund ihren<br />
Erhalt und Ausbau mittlerweile mehr kosten. Nach dem neuen Bundesverkehrswegeplan sollen<br />
06 | <strong>2016</strong><br />
7
TITELSTORY<br />
Peter Füglistaler (Schweizerisches Bundesamt für Verkehr), Frank Sennhenn (DB Netz), Kurt Bodewig (Kommission<br />
Nachhaltige Infrastrukturförderung), Moderator Thomas Exner, Michael Knipper (Hauptverband der Deutschen<br />
Bauindustrie) und Dirk Brandenburger (Deges) (v.l.) diskutierten, wie die Mittel effizient verbaut werden können.<br />
Die Leverkusener Brücke ist<br />
ein nationales Symbol.<br />
Jürgen Fenske,<br />
<strong>VDV</strong>-Präsident<br />
bis 2030 rund 270 Milliarden Euro in über 1.000<br />
Projekte fließen. <strong>Das</strong>s nun aber genug Geld da sei,<br />
wollte <strong>VDV</strong>-Präsident Jürgen Fenske so pauschal<br />
nicht gelten lassen. Er verwies darauf, dass Städte<br />
und Gemeinden im Investitionsstau stecken. Der<br />
beläuft sich laut einer Studie der KfW-Bank auf<br />
136 Milliarden Euro, davon 36 Milliarden allein<br />
für die kommunale Verkehrsinfrastruktur. Da im<br />
Zuge des neugeordneten Bund-Länder-Finanzausgleichs<br />
die Entflechtungsmittel in ihrer bisherigen<br />
Form nach 2019 nicht mehr weitergeführt<br />
werden, forderte Jürgen Fenske eine verlässliche<br />
Nachfolgeregelung. Er erwarte, dass die erhöhten<br />
Mittel, die der Bund den Ländern künftig aus dem<br />
Umsatzsteueraufkommen zur<br />
Verfügung stellen wird, auch<br />
künftig zweckgebunden für<br />
kommunale Verkehrsprojekte<br />
und stetig von den Ländern an<br />
die Kommunen weitergegeben<br />
werden. Bislang entfallen jährlich<br />
rund 1,3 Milliarden Euro<br />
dieser für Gemeinschaftsaufgaben vorgesehenen<br />
Mittel auf kommunale Verkehrsprojekte.<br />
Kommunen stärker unterstützen<br />
<strong>Das</strong>s der Bund sich auch weiterhin in der Pflicht<br />
sehe, für die kommunalen Verkehrsträger zu<br />
sorgen, bekräftigte Enak Ferlemann, Staatssekretär<br />
im Bundesverkehrsministerium. Worte,<br />
die die 200 Teilnehmer des Gipfels gerne gehört<br />
haben dürften. Angesichts der angespannten<br />
Finanzlage vieler Kommunen sei es nötig,<br />
Städte und Gemeinden beim Neu- und Ausbau<br />
der Verkehrsinfrastruktur stärker als bisher zu<br />
unterstützen. Lob gab es für den sogenannten Investitionshochlauf<br />
von Bundesverkehrsminister<br />
Alexander Dobrindt von Peter Hübner, Präsident<br />
des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie<br />
(siehe auch Interview Seite 10). Er betonte, dass<br />
der Verkehrshaushalt noch nie so groß gewesen<br />
sei, erinnerte aber auch daran, dass die Mittel ab<br />
2018 wieder rückläufig sein werden. Nun gelte<br />
es, das vorhandene Geld möglichst effizient ein-<br />
8 06 | <strong>2016</strong>
<strong>VDV</strong>-Präsident Jürgen Fenske (2.v.l.) und Peter Hübner (2.v.r.) eröffneten mit ihren<br />
Statements den von Dr. Inga Michler (l.) und Thomas Exner moderierten Gipfel.<br />
Enak Ferlemann, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium,<br />
sieht den Bund weiter in der Pflicht für die<br />
auskömmliche Finanzierung kommunaler Verkehrsträger.<br />
zusetzen. Aber es fehle an baureifen Projekten.<br />
Und Reibungsverluste zwischen Bund und Ländern<br />
erschwerten die Verwaltung von Aufträgen.<br />
Die Frage sei außerdem, ob die Planungs- und<br />
Genehmigungsbehörden angesichts abgebauter<br />
personeller Kapazitäten sowie das deutsche Planungsrecht<br />
dem Tempo des Investitionshochlaufs<br />
folgen können. Unterstützung könne vonseiten<br />
der Bauindustrie kommen, um Planung und Ausführung<br />
enger aufeinander abzustimmen.<br />
Blick in die Schweiz<br />
Wie schnell Infrastrukturvorhaben realisiert<br />
werden können, zeigt die Schweiz. Innerhalb<br />
von in der Regel eineinhalb Jahren sollen hier<br />
die Planungen abgeschlossen sein. „In 85 Prozent<br />
aller Fälle schaffen wir das“, berichtete<br />
Peter Füglistaler, Direktor des Schweizerischen<br />
Bundesamtes für Verkehr. In der Schweiz seien<br />
alle Partner in die Planung eingebunden. Ziel<br />
sei es, Grundsatzfragen früh zu klären und eine<br />
austarierte Lösung zu finden. Rückendeckung<br />
für Großprojekte gebe zudem die direkte Demokratie.<br />
Diese beuge Einsprüchen vonseiten<br />
der Bevölkerung vor. Die Schweizer hatten beispielsweise<br />
auch über den im Sommer eröffneten<br />
Gotthard-Basistunnel abgestimmt. Zur langfristigen<br />
Finanzierung des Vorhabens wurde ein<br />
Fonds eingerichtet, der auch die Mittel für den<br />
Betrieb und Erhalt umfasst.<br />
Florian Pronold, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, erläuterte Konzepte<br />
für eine zukunftsfähige Mobilität in den Städten.<br />
Jürgen Fenske, Prof. Barbara Lenz, Moderatorin Inga Michler, Andreas Rimkus und<br />
Oliver Wittke (v.l.) erörterten den Klimaschutz und ein anderes Mobilitätsverhalten.<br />
06 | <strong>2016</strong><br />
9
TITELSTORY<br />
270<br />
MILLIARDEN EURO<br />
sollen bis zum Jahr 2030 in mehr als 1.000 Verkehrsprojekte<br />
fließen. So sieht es der aktuelle Bundesverkehrswegeplan<br />
vor.<br />
„Wir möchten frühzeitig<br />
einbezogen werden“<br />
Wie staatliche Auftraggeber und die Bauwirtschaft besser<br />
zusammenarbeiten können, erläutert Peter Hübner, Präsident<br />
des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie.<br />
Herr Hübner, jahrelang haben Bund und Länder zu wenig in<br />
den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur investiert. Nun ist Geld<br />
da, doch es gibt viel zu wenig baureife Projekte, weil die Behörden<br />
die Planungskapazitäten abgebaut haben. Wie kommt die<br />
Bauindustrie ans Geld und wie kommen die Bürger an bessere<br />
Verkehrswege?<br />
Peter Hübner: Unsere Branche begrüßt naturgemäß den von<br />
Verkehrsminister Alexander Dobrindt eingeleiteten Investitionshochlauf,<br />
aber dass wir so wenig baureife Projekte<br />
haben, wird uns im nächsten und übernächsten Jahr auf die<br />
Füße fallen. <strong>Das</strong> Volumen der baureifen Projekte schrumpft so<br />
dramatisch, dass wir dringend das Zusammenspiel zwischen<br />
den staatlichen Bauherren und der Bauwirtschaft verbessern<br />
müssen – einfach damit mehr und schneller gebaut wird.<br />
Wie soll das aussehen?<br />
Wir nennen das Partnering. Wir möchten gerne bereits frühzeitig<br />
in Planungsprozesse einbezogen werden. Wir sollten<br />
hier auf ein Grundvertrauen zwischen Auftraggebern und<br />
Auftragnehmern bauen. Generell sollten uns Fachleuten aus<br />
der Bauwirtschaft mehr Freiräume gelassen werden. Prinzipiell<br />
muss die Entwurfs- und Genehmigungsplanung bei den<br />
Behörden liegen, die Ausführungsplanung könnte dann aber<br />
von den Bauunternehmen gemeinsam mit Ingenieurbüros<br />
übernommen werden.<br />
Planungskapazitäten fehlen<br />
Wie in Deutschland die Mittel für den Erhalt und Ausbau<br />
der Infrastruktur möglichst schnell und effizient<br />
verbaut werden können, diskutierte Peter Füglistaler<br />
anschließend mit Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer<br />
der Deutschen Bauindustrie, Prof. Kurt Bodewig,<br />
Vorsitzender der Kommission Nachhaltige<br />
Infrastrukturförderung, Frank Sennhenn, Vorstandsvorsitzender<br />
von DB Netz, sowie Dirk Brandenburger,<br />
Geschäftsführer der Deges Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs-<br />
und -bau GmbH. Einvernehmen<br />
herrschte auf dem Podium, dass es an Kapazitäten in<br />
den Planungs- und Genehmigungsbehörden und auf<br />
dem Arbeitsmarkt an Ingenieuren fehle. Kurt Bodewig<br />
schlug vor, eine Ausbildungsinitiative zu starten,<br />
das Planungsrecht zu vereinfachen und Rechtswege<br />
zu straffen.<br />
Den zweiten Teil des Gipfels leitete Florian Pronold,<br />
Staatssekretär im Bundesumweltministerium, ein,<br />
indem er Wege für eine Verkehrswende aufzeigte.<br />
Welche Weichen für einen klimaneutralen Verkehr<br />
gestellt werden müssen, diskutierten <strong>VDV</strong>-Präsident<br />
Jürgen Fenske, Prof. Barbara Lenz, Direktorin des<br />
Instituts für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum<br />
für Luft- und Raumfahrt, sowie Andreas Rimkus<br />
(SPD) und Oliver Wittke (CDU), beide Mitglieder im<br />
Verkehrsausschuss des Bundestages. Jürgen Fenske<br />
forderte, in einem ersten Schritt den Anteil des ÖPNV<br />
am Modal Split auszubauen und danach auf innovative<br />
Antriebstechnologien zu setzen.<br />
Mehr Informationen auf<br />
www.damit-deutschland-vorne-bleibt.de<br />
Peter Hübner wünscht sich mehr Freiräume für die Fachleute aus<br />
der Bauwirtschaft. Diese könne beispielsweise die Ausführungsplanung<br />
gemeinsam mit Ingenieurbüros übernehmen.<br />
10<br />
06 | <strong>2016</strong>
für Verkehrsinvestitionen in den Kommunen<br />
zur Verfügung stellt. Ab 2020 gehen diese Mittel<br />
jedoch in den Umsatzsteueranteil der Länder<br />
ein, leider ohne Zweckbindung. Deshalb<br />
fordern wir die Länder auf, ihrerseits Zweckbindungen<br />
per Gesetz festzulegen, damit diese<br />
Mittel – immerhin bislang 1,3 Milliarden<br />
Euro – weiter auch für Verkehrsprojekte gesichert<br />
sind. Da werden wir nicht locker lassen,<br />
denn 60 Prozent aller Bauinvestitionen finden<br />
im kommunalen Bereich statt.<br />
Warum nicht einfach mehr Ingenieure einstellen?<br />
Da haben wir ein echtes Problem über den akuten Investitions<br />
stau hinaus. Der Arbeitsmarkt ist leergefegt.<br />
Selbst wenn sich jetzt auf einmal ganz viele Schulabgänger<br />
für die Ingenieurstudiengänge einschreiben sollten, dauert<br />
es Jahre, bis der qualifizierte Nachwuchs zur Verfügung<br />
steht. Hier rächt sich einfach, dass Bund und Länder den<br />
Infrastruktur- Erhalt lange Zeit ignoriert und die entsprechenden<br />
Planungs kapazitäten abgebaut haben.<br />
Können ÖPP-Lösungen, also Partnerschaften zwischen Staat<br />
und Wirtschaft für den Bau von Projekten, nicht für Abhilfe<br />
sorgen?<br />
Ja, die sind zwar immer noch in der Politik<br />
umstritten, doch es gibt eine wachsende<br />
Bereitschaft. Es zeigt sich immer wieder,<br />
dass wir in alternativen Vertragsmodellen<br />
schneller und zuverlässiger<br />
in Sachen Termintreue sind. Wenn also<br />
Verkehrsprojekte in kürzerer Zeit realisiert<br />
werden, ist das durchaus im Sinne<br />
des Gemeinwohls.<br />
Warum ist dafür die Zweckbindung so wichtig?<br />
Weil damit über wechselnde Regierungsmehrheiten<br />
hinaus die Verwendung der Mittel festgelegt<br />
ist und diese nicht immer bei den Etat-Diskussionen als<br />
Begehrlichkeit weckende Verfügungsmasse für Wohltaten<br />
der jeweiligen Politik angesehen werden. Nur so kann man<br />
mehrjährige Großprojekte überhaupt noch anfangen, eben<br />
weil die Finanzierung langfristig gesichert ist. Im Übrigen<br />
plädieren wir deshalb im Bereich der Bundesfernstraßen<br />
auch für die Nutzerfinanzierung und eine bundeseigene Infrastrukturgesellschaft<br />
Verkehr …<br />
Zurück zum Investitionshochlauf: Der<br />
Bundesverkehrsminister denkt dabei offenbar<br />
fast ausschließlich an Autobahnen.<br />
<strong>Das</strong> sicherlich nicht. Er denkt auch an die<br />
Schieneninfrastruktur und an Wasserstraßen.<br />
Nur bei den Kommunen kommt<br />
der Investitionshochlauf noch nicht an.<br />
Woran liegt das?<br />
Bei der Neuordnung der Bund-Länder-<br />
Finanzen sind zwei Probleme bislang<br />
noch nicht abschließend geregelt, die die<br />
Kommunen betreffen, und zwar sowohl Straßenbau als auch<br />
ÖPNV-Infrastruktur. Es geht einmal um das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz,<br />
aus dem der Bund bislang jährlich<br />
330 Millionen Euro für kommunale Verkehrsprojekte<br />
zur Verfügung stellt. Seit 2015 warten wir darauf, dass dieser<br />
Finanzierungstopf für die Zukunft gesichert und möglichst<br />
noch besser gefüllt wird. Bislang sind die Aussagen aus der<br />
Bundesregierung noch vage. Zum anderen geht es um die sogenannten<br />
Entflechtungsmittel, die der Bund noch bis 2019<br />
Peter Hübner und Dr. Heiko Steipelmann (l.), stellv. Hauptgeschäftsführer des Verbands,<br />
mit den <strong>VDV</strong>-<strong>Magazin</strong>-Redakteuren Eberhard Krummheuer (r.) und Stefan Temme (2.v.r.)<br />
… also die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur aus Maut?<br />
Ja, die Ausweitung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen und<br />
möglicherweise eine Pkw-Maut schaffen haushaltsunabhängige<br />
Einnahmen auf Dauer, losgelöst von politischen<br />
Strömungen. Vorausgesetzt, dass die Einnahmen wie geplant<br />
einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft zugeführt werden.<br />
<strong>Das</strong> ist der Finanzierungskreislauf Straße, den es über die<br />
Trassenpreise entsprechend auch für die Schiene gibt – das<br />
ist schon ein Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik.<br />
Wie wichtig er für den Infrastrukturausbau ist, zeigt sich<br />
allein darin, dass der Investitionshochlauf aus Haushaltsmitteln<br />
schon 2018 zu Ende geht.<br />
06 | <strong>2016</strong><br />
11
AKTUELL<br />
Mehr als 70.000 Arbeitnehmer nutzen mittlerweile<br />
das VVS-Firmenticket. Mit Porsche<br />
und – ab Januar – Daimler beteiligen sich nun<br />
auch zwei große Autobauer.<br />
Mit dem Jobticket<br />
gegen dicke Luft<br />
Stuttgart – das ist eine Stadt der Autobauer. Mit Daimler und Porsche<br />
haben dort gleich zwei große Hersteller ihren Sitz. Doch gleichzeitig<br />
macht die baden-württembergische Landeshauptstadt regelmäßig mit<br />
schlechten Feinstaubwerten und langen Staus Schlagzeilen. Deswegen<br />
setzen Porsche und Daimler jetzt auf den ÖPNV: Sie beteiligen sich am<br />
Firmenticket des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS).<br />
WERKSAUSWEIS<br />
ALS TICKET<br />
Porsche beteiligt sich nicht nur am Jobticket:<br />
An Tagen mit Feinstaubalarm können generell<br />
alle Mitarbeiter des Autobauers kostenlos<br />
den ÖPNV nutzen. Als Fahrschein dient der<br />
Werksausweis. Mit diesem können sie zudem<br />
innerdienstlich zwischen dem Stammwerk in<br />
Zuffenhausen und dem Standort Weilimdorf<br />
pendeln. Ob ein solches Projekt auch mit<br />
anderen Firmen praktikabel ist, ist laut VVS<br />
noch offen.<br />
In Stuttgart herrscht Feinstaubalarm. Die<br />
Messstation am Neckartor meldet an<br />
diesem Montag Ende November fast 130<br />
Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter,<br />
mehr als das Doppelte des Tagesgrenzwerts.<br />
Autofahrer werden gebeten, ihre<br />
Fahrzeuge stehen zu lassen – zum 31. Mal<br />
in diesem Jahr. Stuttgart leidet wie kaum<br />
eine andere deutsche Stadt unter starker<br />
Luftverschmutzung. Schuld ist unter anderem<br />
die Lage in einem Talkessel, die den<br />
Luftaustausch erschwert. Gleichzeitig zählt<br />
Stuttgart zu den verkehrsreichsten Städten<br />
der Bundesrepublik. Einem Ranking des<br />
Verkehrsdaten-Anbieters Inrix zufolge<br />
gilt sie sogar als Deutschlands Staustadt<br />
Nummer eins. Durchschnittlich 73 Stunden<br />
pro Jahr stehen Autofahrer hier im Stau.<br />
Kein Wunder also, dass man sich in Stuttgart<br />
Gedanken macht, wie die Luftqualität<br />
verbessert, ein besserer Umwelt- und<br />
Klimaschutz erreicht und der Verkehrsinfarkt<br />
vermieden werden kann. Der seit<br />
2013 amtierende grüne Oberbürgermeister<br />
Fritz Kuhn hat dafür unter anderem<br />
den „Aktionsplan nachhaltige Mobilität“<br />
aufgelegt – und schon im Wahlkampf das<br />
Ziel formuliert, den Autoverkehr im Talkessel<br />
um 20 Prozent zu reduzieren. Ein<br />
wichtiger Teil der Lösung: der ÖPNV in der<br />
Metropolregion und mit ihm das Firmenticket<br />
des VVS, das im April 2014 im Zuge<br />
des Aktionsplans neu aufgelegt worden ist.<br />
Anreizmodell eingeführt<br />
„Eigentlich bieten wir seit den 1990er-Jahren<br />
ein Jobticket an – damals wurde das<br />
ja fast flächendeckend in Deutschland<br />
eingeführt. Aber das Modell war in die<br />
Jahre gekommen. Deswegen haben wir es<br />
neu belebt“, erklärt VVS-Geschäftsführer<br />
Horst Stammler den Hintergrund und sagt<br />
gut gelaunt: „Wir reden hier bei uns von<br />
der Renaissance des Jobtickets.“ Bekamen<br />
Unternehmen vorher nur fünf Prozent<br />
Mengenrabatt bei einer Mindestabnahme<br />
von 50 Jahreskarten, führte der VVS 2014<br />
ein neues Anreizmodell ein. Schießen Ar-<br />
12 06 | <strong>2016</strong>
Feinstaubalarm zählt in Stuttgart mittlerweile<br />
zum Alltag. An solchen Tagen appelliert die Stadt<br />
an die Autofahrer, auf den ÖPNV umzusteigen.<br />
beitgeber nun mindestens zehn Euro pro<br />
Monat zum ÖPNV-Ticket ihrer Mitarbeiter<br />
hinzu, verdoppelt der VVS seinen<br />
eigenen Rabatt auf zehn Prozent. Kleinere<br />
Betriebe können sich mit anderen Firmen<br />
zusammenschließen, um die Mindestabnahmemenge<br />
von 50 Abonnements zu erreichen.<br />
Aus Sicht des VVS hat sich die Neuauflage<br />
zu einem echten Erfolg entwickelt.<br />
„Seitdem haben wir mehr als 450 Unternehmen<br />
für das neue Angebot gewonnen,<br />
große wie kleine“, bilanziert Geschäftsführer<br />
Stammler. Die Stadt Stuttgart mit<br />
ihren 20.000 Beschäftigen habe sich angeschlossen,<br />
ebenso die Landesverwaltung<br />
Baden-Württemberg. Im September<br />
kam nun Porsche dazu. „Insgesamt hat<br />
sich die Zahl der Menschen, die ein Firmenticket<br />
nutzen, seit April 2014 um<br />
37 Prozent auf über 70.000 gesteigert“,<br />
sagt Horst Stammler. Die Mitarbeiter von<br />
Daimler sind da noch nicht eingerechnet.<br />
Der Autobauer steigt zum Jahreswechsel<br />
<strong>2016</strong>/2017 ins Jobticket ein.<br />
100.000 Abos bis 2020<br />
<strong>Das</strong>s sich mit Porsche und Daimler nun<br />
zwei der großen Fahrzeughersteller in<br />
Deutschland beteiligen, ist aus Sicht von<br />
Horst Stammler besonders erfreulich.<br />
„Wir hatten bei Einführung der neuen<br />
Konditionen schon davon geträumt, dass<br />
auch sie eines Tages mitmachen. Aber wir<br />
haben nicht damit gerechnet, dass es so<br />
schnell geht“, so der VVS-Geschäftsführer<br />
(siehe auch Interview).<br />
<strong>Das</strong> vergünstigte ÖPNV-Angebot scheint<br />
auch bei den Mitarbeitern der Fahrzeug-<br />
hersteller anzukommen. Absolute Zahlen<br />
nennt der VVS zwar nicht, aber bei Porsche<br />
sei die Zahl der Jobticket-Inhaber<br />
binnen weniger Wochen schon um 30<br />
Prozent gestiegen. <strong>Das</strong>s bei den Autobauern<br />
ähnliche Zahlen erreicht werden wie<br />
bei der Stadt Stuttgart, wo zwei von drei<br />
Mitarbeitern ein Firmenticket besitzen,<br />
glaubt Horst Stammler jedoch nicht. Dafür<br />
sei unter anderem die Auto-Affinität einfach<br />
zu groß. <strong>Das</strong> aus Sicht des VVS realistische<br />
Ziel: 100.000 Jobticket-Nutzer bis<br />
zum Jahr 2020.<br />
DREI FRAGEN AN<br />
Horst Stammler,<br />
VVS-Geschäftsführer<br />
» Herr Stammler, zwei große Autobauer machen jetzt beim<br />
Jobticket mit. Erfüllt Sie das mit ein wenig Genugtuung?<br />
Horst Stammler: Absolut. Darauf hatten wir gehofft, als wir vor<br />
zwei Jahren das Firmenticket auf neue Beine stellten. Wir wollten<br />
große wie kleine Firmen animieren, dachten aber, dass es bei den<br />
Autobauern etwas schwerer wird. Schließlich gibt es dort für die<br />
Arbeitnehmer attraktive Dienstwagenregelungen und eine größere<br />
Auto-Affinität. Außerdem sind die Werke nicht so gut an das<br />
ÖPNV-Netz angebunden wie die Arbeitsplätze in der Innenstadt.<br />
<strong>Das</strong>s Porsche und Daimler mitmachen, zeigt aber, dass sie Mobilität<br />
ganzheitlich begreifen. Es ist nötig, dass wir die Grenzen zwischen<br />
Autoindustrie und Öffentlichem Verkehr überwinden.<br />
» Ist das Firmenticket ein guter Ansatz in Sachen Klimaschutz?<br />
<strong>Das</strong> Jobticket ist die nachhaltige Lösung zur Bekämpfung des<br />
Feinstaubs. Die Stadt ruft Feinstaubalarm aus, wenn die Schadstoffwerte<br />
besonders hoch sind. Dann werden die Menschen<br />
aufgerufen, an diesem Tag Autofahrten möglichst zu vermeiden.<br />
Wer ein Jobticket des VVS nutzt, handelt prophylaktisch. Nicht<br />
erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. <strong>Das</strong> Jobticket ist<br />
das beste Mittel gegen Feinstaub und andere Schadstoffe.<br />
» Was haben Unternehmen – neben einem beruhigten<br />
Umweltgewissen – davon, sich am Firmenticket zu beteiligen?<br />
In Zeiten des Fachkräftemangels wollen sie auch als attraktive<br />
Arbeitgeber wahrgenommen werden. Ein Zuschuss zum Jobticket<br />
ist eine freiwillige Arbeitgeberleistung, die von den Mitarbeitern<br />
sehr geschätzt wird. Oft wird die Idee vom Betriebsrat, dem<br />
Umwelt- oder dem Mobilitätsbeauftragten eines Unternehmens<br />
aufgegriffen und in die Chefetage getragen. Ein weiterer Vorteil<br />
ist, dass Firmen weniger Parkplätze benötigen und damit sparen.<br />
Ein Parkplatz in einer neuen Tiefgarage – davon kann man ein<br />
ganzes Arbeitsleben lang das Jobticket bezahlen.<br />
06 | <strong>2016</strong><br />
13
Irdische Helfer<br />
des Christkinds<br />
Selbst das Christkind braucht bei seinen Terminen auf der Erde manchmal Unterstützung<br />
– zum Beispiel, um rechtzeitig von einem Ort zum nächsten zu kommen.<br />
Damit es zwischen Märchenstunde, Weihnachtsmarkt und Schulbesuch auch einmal<br />
Atem schöpfen kann, springt die VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg<br />
ein. <strong>Das</strong> Unternehmen stellt dem berühmtesten Botschafter seiner Stadt traditionell<br />
einen Bus und drei Fahrer zur Seite. Und die übernehmen nicht nur die Rolle<br />
des Chauffeurs – sondern sorgen dafür, dass auch sonst alles glatt läuft.<br />
Märchenstunde im Nürnberger Sternenhaus:<br />
Wie gebannt hängen die Kinder im<br />
Publikum an den Lippen der jungen Frau, die<br />
auf der Bühne eine Geschichte vorliest – mit<br />
blondgelockten Haaren und schwerer Krone. <strong>Das</strong><br />
Nürnberger Christkind ist zu Besuch. Vom Rand<br />
aus beobachtet Ralf Kühnel die Vorstellung. Nach<br />
20 Minuten löst sich der VAG-Mitarbeiter von<br />
der Wand, an die er sich gelehnt hatte, und geht<br />
ein paar Schritte nach vorn. Für das Christkind,<br />
das im echten Leben Barbara Otto heißt, ist dies<br />
das Zeichen, langsam zum Schluss zu kommen.<br />
Denn schon in zehn Minuten muss die Studentin<br />
draußen vor dem Sternenhaus der Kinderweihnacht<br />
einen Besuch abstatten – dem vom Hauptmarkt<br />
abgetrennten Kinderweihnachtsmarkt. Die<br />
Termine sind wie immer dicht getaktet – insgesamt<br />
fast 200 in den vier Wochen vor Heiligabend, in<br />
Nürnberg und bundesweit.<br />
Ein eingespieltes Team<br />
Doch zum Schluss zu kommen, das ist nicht einfach.<br />
Eltern wollen noch schnell ein Foto von<br />
ihren Kleinen mit dem Christkind machen, diese<br />
wiederum ihren Wunschzettel abgeben. Während<br />
sie Barbara Otto dicht umringen, beginnt<br />
Ralf Kühnel zusammen mit seinem Kollegen<br />
David Schloßer schon einmal resolut, die 19-Jährige<br />
zu entkabeln und das Headset-Mikrofon<br />
abzunehmen. „Wollt ihr mich nicht zum Markt<br />
begleiten?“, fragt Barbara Otto die Kinder, kaum<br />
dass dies erledigt ist – und löst so die Märchenstunde<br />
elegant auf. Christkind und VAG-Mitarbeiter<br />
sind eben ein eingespieltes Team.<br />
Seit mittlerweile sieben Jahren fährt Ralf Kühnel<br />
das Nürnberger Christkind, das alle zwei Jahre<br />
neu gewählt und in der Saison 2015/<strong>2016</strong> von<br />
Barbara Otto verkörpert wird. Sein Kollege Uwe<br />
Freese ist zum fünften Mal dabei, und für David<br />
Schloßer bedeutet die Märchenstunde den ersten<br />
Chauffeur-Einsatz überhaupt. „Es ist stressig,<br />
aber auch schön“, beschreibt der 47-jährige<br />
Kühnel seinen Job zur Weihnachtszeit. Schön,<br />
das sind für ihn vor allem die Besuche in den Altenheimen.<br />
„Wie sich gerade die alten Menschen<br />
freuen, dass sie das Christkind sehen können“,<br />
beschreibt er: „<strong>Das</strong> ist bewegend.“ Anstrengend<br />
können jedoch die Termine auf den Märkten<br />
sein, wenn Menschenmassen das Christkind<br />
14 06 | <strong>2016</strong>
<strong>Das</strong> Nürnberger Christkind und seine irdischen Chauffeure (v.l.): David Schloßer,<br />
Barbara Otto, Ralf Kühnel und Uwe Freese beim Fototermin vor dem VAG-Bus. Die<br />
Fahrer sorgen dafür, dass das Christkind immer pünktlich zu den Terminen kommt.<br />
06 | <strong>2016</strong><br />
15
Besuch im Labenwolf-Gymnasium<br />
(l.). Hier gehen die<br />
„Rauschgoldengel“, die Helfer<br />
des Christkinds, zur Schule.<br />
Immer dabei: Die VAG-Fahrer,<br />
die auch Kinderpunsch<br />
(o.) besorgen oder das Christkind<br />
zur Märchenstunde<br />
begleiten (r.).<br />
dicht umringen und jeder ein<br />
Foto aufnehmen will. „Manchmal<br />
muss man dann hart sein“, so<br />
Ralf Kühnel, „und sagen, dass keine<br />
Fotos mehr gemacht werden können. Dann ist<br />
man ein wenig der Böse.“ Doch der Terminplan muss<br />
eingehalten werden – und dass dies funktioniert, ist<br />
Teil der Jobbeschreibung.<br />
VAG-Bus als Rückzugsort<br />
Auf der Kinderweihnacht klappt das an diesem Tag<br />
reibungslos. Rechtzeitig kann Barbara Otto wieder<br />
im weißen, mit goldenem Christkind-Schriftzug<br />
verzierten VW-Bus der VAG Platz nehmen und sich<br />
von Ralf Kühnel und David Schloßer zum Hauptmarkt<br />
fahren lassen. Der Bus – das ist in diesen Tagen<br />
auch ein Rückzugsort. Rote Gardinen hängen als<br />
Sichtschutz vor<br />
den Seitenfenstern.<br />
Hinter der<br />
Es ist vielleicht Extra-Arbeit,<br />
aber auch eine große Ehre.<br />
Rückbank liegen<br />
Decken und<br />
David Schloßer,<br />
Kissen, falls das<br />
Chauffeur des Nürnberger Christkinds<br />
Christkind auf<br />
längeren Fahrten<br />
einmal die Gelegenheit zu einem Nickerchen hat.<br />
Im Bus lassen Barbara Otto und die VAG-Fahrer die<br />
Termine Revue passieren und sprechen die nächste<br />
Veranstaltung durch. „Sie geben mir Feedback und<br />
sind meine ersten Ansprechpartner“, beschreibt die<br />
19-Jährige: „Wir sind ein wenig wie eine Familie.“<br />
Dazu gehört, dass die VAG-Kollegen ihr auch abseits<br />
des Fahrens unter die Arme greifen. „Der Tag fängt<br />
oft damit an, dass wir ihr ins Kleid helfen, die Schleifen<br />
binden und so weiter“, sagt Ralf Kühnel.<br />
Zwischendurch<br />
organisieren<br />
sie ihr<br />
heißen Kinderpunsch<br />
zum Aufwärmen. Und auch<br />
kleine Besorgungen erledigen sie. Schließlich kann<br />
das Christkind nicht mal eben so einkaufen gehen.<br />
Für David Schloßer bedeutet all das noch Neuland.<br />
Zwei Wochen lang schaut er erst einmal nur seinen<br />
beiden Kollegen über die Schulter, um alle Abläufe<br />
kennenzulernen. „Es ist spannend, so etwas Neues zu<br />
machen“, erzählt der 22-Jährige, der wie Ralf Kühnel<br />
und Uwe Freese eigentlich bei den VAG-Servicediensten<br />
arbeitet. „Es ist vielleicht viel Extra-Arbeit,<br />
aber auch eine große Ehre.“ Schließlich ist das<br />
Nürnberger Christkind eine echte Institution. Und<br />
die VAG somit irgendwie ein Teil davon.<br />
Die Redaktion von „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“<br />
wünscht Ihnen frohe Weihnachten!<br />
Mitmachen<br />
und<br />
gewinnen *<br />
Nicht nur das Christkind verteilt Geschenke, sondern auch<br />
die Redaktion von „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“. Denn passend zum<br />
Fest verlosen wir eine ganz besondere Modellbahn. <strong>Das</strong> vom<br />
Wiener Hersteller Leopold Halling angefertigte Sondermodell (Maßstab<br />
1:87, Spur H0) in der Bogestra-Ver sion ist motorisiert und ein<br />
begehrtes Sammlerstück. Alles, was Sie tun müssen, ist, eine E-Mail<br />
mit dem Stichwort „Modellbahn“ an folgende Adresse zu schicken:<br />
vdv-magazin@adhocpr.de. Einsendeschluss ist der 31. Januar 2017.<br />
*Rechtsweg und Teilnahme über gewerbliche Gewinngemeinschaften<br />
sind ausgeschlossen. Personenbezogene<br />
Daten werden nur zur Abwicklung des Gewinn spiels erfasst.<br />
16 06 | <strong>2016</strong>
AKTUELL<br />
Stellten in Berlin die drei Kernforderungen vor (v.l.): VDB-Hauptgeschäftsführer Dr. Ben Möbius, Kai Daubertshäuser, Vizepräsident der BAG-SPNV,<br />
Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, <strong>VDV</strong>-Vizepräsident Joachim Berends, Stephan Krenz und Dr. Matthias Stoffregen, Präsident<br />
beziehungsweise Geschäftsführer bei Mofair, NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger, VPI-Geschäftsführer Jürgen Tuscher sowie der VCD-Bundesvorsitzende<br />
Wasilis von Rauch.<br />
Bahnverbände<br />
machen sich für<br />
Verkehrswende stark<br />
Die Einführung des Deutschland-Takts, eine Halbierung der Schienenmaut<br />
sowie die Förderung von Innovationen im Schienenverkehr: Diese<br />
drei Kernforderungen haben die acht Verbände der deutschen Eisenbahnbranche<br />
jetzt der Politik mit auf den Weg gegeben. Ende November stellten<br />
sie den Forderungskatalog in Berlin vor – in der ersten gemeinsamen<br />
Aktion dieser Art. So soll die Verkehrswende angestoßen werden.<br />
werden. <strong>Das</strong> erfordere eine konsequente<br />
Politik der Verkehrswende.<br />
Gemeinsam mit ihren Kernforderungen<br />
stellten die acht Partner zu diesem Anlass<br />
auch eine neue Broschüre vor (siehe<br />
Box). Diese gemeinsame Erklärung fasst<br />
die Forderungen nochmals zusammen<br />
und erläutert die Hintergründe. Der<br />
Deutschland-Takt soll demnach mehr<br />
Kunden in die Bahnen holen, die Halbierung<br />
der Schienenmaut den Wettbewerb<br />
fairer gestalten. Mit der Förderung von<br />
Innovationen will die Branche besser<br />
auf die zunehmende Digitalisierung im<br />
Mobilitätsbereich reagieren können.<br />
Neben dem <strong>VDV</strong>-Vizepräsidenten<br />
für den Bereich Schienengüterverkehr,<br />
Joachim Berends, präsentierten<br />
auch Vertreter weiterer sieben Partner<br />
die Kernforderungen zur Bundestagswahl<br />
2017 und für die kommende Legislaturperiode.<br />
Dazu zählten die Allianz pro<br />
Schiene, die Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Schienenpersonennahverkehr (BAG-<br />
SPNV), „Mofair – Bündnis für fairen Wettbewerb<br />
im Schienenpersonenverkehr“,<br />
das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen<br />
(NEE), der Verband der Bahnindustrie<br />
in Deutschland (VDB), der Verkehrsclub<br />
Deutschland (VCD) sowie der Verband der<br />
Güterwagenhalter in Deutschland (VPI).<br />
Schiene im Wettbewerb stärken<br />
Zusammen mit den politischen Entscheidern<br />
im Bund und in den Ländern wollen<br />
sie sich nun für die Umsetzung ihrer For-<br />
derungen einsetzen. „Der Eisenbahnsektor<br />
will sich durch Leistung, Qualität und<br />
Innovationen selbstbewusst dem Wettbewerb<br />
der Verkehrsträger stellen und seinen<br />
Marktanteil deutlich steigern“, heißt<br />
es in einer gemeinsamen Erklärung. Doch<br />
dafür benötige er faire Rahmenbedingungen,<br />
eine ausreichende Finanzierung<br />
sowie ein nachhaltiges politisches Engagement<br />
für Forschung und Entwicklung.<br />
Stattdessen würde der Güter- und<br />
Personenverkehr auf der Schiene zunehmend<br />
abgehängt.<br />
Eine starke Eisenbahn stärke den Logistikstandort<br />
Deutschland und garantiere<br />
Mobilität, erläuterte Berends: „Zudem<br />
ist sie unerlässlich für die Erreichung<br />
und Umsetzung der Klima- und Umweltschutzziele.“<br />
Bis 2050 sollen die Emissionen<br />
im Verkehr um 40 Prozent gesenkt<br />
Die Broschüre „Mobilität und<br />
Klimaschutz: Deutschland braucht<br />
eine entschlossene Politik für mehr<br />
Schienenverkehr“ kann bei den acht<br />
Verbänden angefordert werden und<br />
steht unter anderem beim <strong>VDV</strong> zum<br />
Download zur Verfügung:<br />
www.vdv.de/positionensuche.aspx<br />
06 | <strong>2016</strong><br />
17
AUS DEM VERBAND<br />
„Jetzt ist das<br />
Eisen heiß“<br />
Hubert Jung ist neuer <strong>VDV</strong>-Vizepräsident für den Bereich Tram. Der Vorstand<br />
der Dortmunder Stadtwerke DSW 21 hat das Amt von Herbert König<br />
übernommen, der in den Ruhestand ging, und vertritt nun die Interessen<br />
von 80 Verkehrsunternehmen mit U-, Straßen- und Stadtbahnen.<br />
„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ sprach mit ihm über die Herausforderungen, die auf<br />
diesen Bereich zukommen.<br />
Hubert Jung,<br />
Vizepräsident und Vorsitzender<br />
des Verwaltungsrates<br />
„Tram“ beim <strong>VDV</strong><br />
Herr Jung, Ihr Start ins Amt des <strong>VDV</strong>-Präsidenten<br />
„Tram“ fällt zeitlich eng mit der<br />
Entscheidung der Politik zusammen, die<br />
Entflechtungsmittel ab 2020 in ihrer bisherigen<br />
Form auslaufen zu lassen. Worauf<br />
kommt es jetzt an?<br />
Hubert Jung: Die Länder empfangen ab 2020<br />
aus der Bundeskasse jährlich 9,5 Milliarden<br />
Euro mehr zu ihrer freien Verfügung. In diesem<br />
Finanzfluss gehen die 1,3 Milliarden Euro<br />
auf, die der Bund derzeit jährlich als Entflechtungsmittel<br />
zweckgebunden für den Verkehr<br />
den Ländern überweist. Jetzt müssen die Länder<br />
Farbe bekennen und für diese Gelder die<br />
Zweckbindung für die örtliche Verkehrsinfrastruktur<br />
landesgesetzlich festschreiben.<br />
Jetzt ist das Eisen heiß und muss geschmiedet<br />
werden. Ich fürchte, ohne eindeutige Zweckbindung<br />
für den Verkehr werden nach 2020<br />
die heute als Entflechtungsmittel gezahlten<br />
Gelder bei den Etatberatungen in den notorisch<br />
klammen Ländern zu Lasten der Verkehrsressorts<br />
umverteilt werden.<br />
In den vergangenen Wochen wurde viel über<br />
den Klimaschutz diskutiert. Dabei gilt der<br />
ÖPNV als ein Hoffnungsträger …<br />
Auch deshalb sind die Leistungen seitens<br />
der öffentlichen Hand dringend notwendig.<br />
Ohne sie könnte der ÖPNV in den nächsten<br />
Jahren gar nicht die starke Rolle spielen,<br />
die die Klimaschutzpläne für ihn vorsehen.<br />
Weil die Infrastruktur stetig bröckelt.<br />
Welche Themen bereiten den Unternehmen<br />
mit U-, Straßen- und Stadtbahnen außerdem<br />
Sorgen?<br />
Neben Erhalt und Ausbau der kommunalen<br />
Verkehrsinfrastruktur liegt uns das Thema<br />
Barrierefreiheit schwer im Magen. Hier gibt<br />
es noch einiges zu tun. Bei den Haltestellen<br />
der U-Bahnen und Trambahnen stehen wir<br />
vor enormen baulichen Eingriffen, die sauber<br />
durchfinanziert werden müssen. Zudem<br />
wächst der Investitionsstau bei Anlagen<br />
und Fahrzeugen jedes Jahr an.<br />
Mit der Qualität der ausgelieferten Fahrzeuge<br />
hatten manche Verkehrsunternehmen<br />
in der Vergangenheit ihre Schwierigkeiten.<br />
Bei dem Thema sehe ich durch die Bank,<br />
dass es von Stadt zu Stadt die eine oder<br />
andere Leidensgeschichte gibt. Trotz aller<br />
Qualitätssicherungsmaßnahmen der Hersteller<br />
ist in den vergangenen Jahren nicht<br />
alles so gelaufen, wie es hätte sein sollen.<br />
Deshalb müssen wir nachdrücklich an die<br />
Hersteller appellieren: Sorgt dafür, dass die<br />
Fahrzeuge qualitativ gut beschaffen sind.<br />
Wo zum Beispiel Korrosionsschutz draufsteht,<br />
muss er auch drin sein.<br />
Wie geht es im Fahrbetrieb mit der Digitalisierung<br />
weiter?<br />
Schon jetzt sind Fahrzeuge auf einigen Strecken<br />
hochautomatisiert unterwegs – bis hin<br />
zum fahrerlosen Fahren, etwa in der Nürnberger<br />
U-Bahn oder auf unserer vollautomatisierten<br />
H-Bahn in Dortmund. In diesen<br />
Systemen gibt es immer wieder Initiativen,<br />
Verkehrsabläufe und die Abfertigung von<br />
Fahrzeugen schneller und effizienter zu<br />
gestalten. <strong>Das</strong> ist nur ein kleiner Teil von<br />
dem, was denkbar ist. Es geht weiter mit<br />
18 06 | <strong>2016</strong>
Diagnosesystemen, die Fehler<br />
an die Werkstatt vormelden und<br />
einen Vorgang im Warenwirtschaftssystem<br />
auslösen. Da ist<br />
viel Musik drin.<br />
Solche Systeme kosten jedoch<br />
erst einmal viel Geld.<br />
Dieser Kapitaleinsatz schafft aber<br />
Vorteile für den Verkehrsbetrieb<br />
und für unsere Kunden. Eine<br />
höhere Verfügbarkeit der Fahrzeuge<br />
ist immer gut und kann<br />
auch dazu führen, dass wir weniger<br />
Fahrzeuge kaufen müssen.<br />
Und eine größere Zuverlässigkeit<br />
dient dem Kunden. Außerdem<br />
können Abläufe innerhalb der<br />
Werkstatt vereinfacht werden.<br />
Auch bei den Assistenzsystemen,<br />
wie sie bei der VGF in Frankfurt<br />
und der Üstra in Hannover getestet werden,<br />
ist noch einiges denkbar. Bis jedoch das autonome<br />
Fahren auf den Schienen des kommunalen<br />
ÖPNV kommt, wird es wohl noch<br />
lange dauern. Die BOStrab, die den Betrieb<br />
und Bau von Straßenbahnen<br />
regelt,<br />
sieht Fahren auf<br />
Sicht vor – und<br />
dabei soll es im<br />
Prinzip auch bleiben,<br />
zumal wir nur<br />
wenige Stadt- und U-Bahnlinien haben,<br />
die komplett auf einem eigenen Gleiskörper<br />
laufen.<br />
Sie haben innerhalb des <strong>VDV</strong> den Unterausschuss<br />
„Security“ geleitet und sind<br />
Vorsitzender des Rechtsausschusses. Wie<br />
stehen Sie zum Thema Videoüberwachung?<br />
Unter Gesichtspunkten der Kriminalitätsprävention,<br />
bei der Ermittlung von<br />
Tätern und als Einwirkungsmöglichkeit<br />
während eines Vorfalls halte ich es für<br />
sinnvoll und richtig, auch neueste Techniken<br />
einzusetzen, die es ermöglichen,<br />
dass sich die Leitstelle in das Fahrzeug<br />
einschalten kann. <strong>Das</strong> ist mit Sicherheit<br />
hilfreich. Es gab eine Ankündigung aus<br />
dem Bundesinnenministerium, es werde<br />
ein Gesetzentwurf erarbeitet, der in den<br />
Fahrzeugen des ÖPNV für den Regelfall<br />
den Einsatz von Videoschutzanlagen<br />
vorsieht. Ich bin gespannt, wie das umgesetzt<br />
wird.<br />
Was wünschen Sie sich vom Gesetzgeber?<br />
Ich hätte gerne eine gesetzgeberische Wertung,<br />
dass man im Prinzip Schutzeinrichtungen<br />
per Video in den Fahrzeugen und<br />
an den Haltestellen für vorteilhaft und angebracht<br />
hält. Diese<br />
Bewertung würde<br />
Der Investitionsstau bei<br />
Anlagen und Fahrzeugen<br />
wächst jedes Jahr an.<br />
das Gespräch mit den<br />
Datenschutzbeauftragten<br />
erleichtern.<br />
Dabei sind wir aktuell<br />
in der Lage, im<br />
Zusammenspiel mit der Polizei die Regeln<br />
über die Nutzung dieser Daten so auszugestalten,<br />
dass dem Datenschutz in höchstem<br />
Maße Rechnung getragen wird.<br />
Zum Abschluss eine persönliche Frage: Was<br />
treibt Sie an, sich in dem Ehrenamt des<br />
<strong>VDV</strong>-Vizepräsidenten zu engagieren?<br />
Der <strong>VDV</strong> fördert nicht nur die Belange des<br />
Verkehrs, sondern auch den Austausch unter<br />
den Verkehrsunternehmen. Man lernt auf<br />
Tagungen und in den Gremien also immer<br />
etwas dazu. Der <strong>VDV</strong> wirkt an der Gestaltung<br />
von Normen mit; das setzt voraus, dass<br />
die Verkehrsunternehmen ihr Know-how<br />
in den Normierungsprozess einbringen. Ich<br />
halte es außerdem für geboten, dass in dem<br />
vielstimmigen Konzert, in dem Verkehrsträger<br />
in Berlin und in den Landeshauptstädten<br />
für sich werben, der <strong>VDV</strong> mit einer starken<br />
Stimme auftritt. Und das setzt voraus, dass<br />
sich die Mitgliedsunternehmen mit ihren<br />
Führungskräften engagieren.<br />
Ohne Zweckbindung laufen<br />
die Mittel für den Erhalt und<br />
Ausbau der kommunalen Verkehrsinfrastruktur<br />
Gefahr, in<br />
den Etatberatungen nach 2020<br />
zu Lasten der Verkehrsressorts<br />
umverteilt zu werden - hier ein<br />
Bild aus München.<br />
06 | <strong>2016</strong><br />
19
Zwei Veranstaltungs-Highlights<br />
in einem<br />
Der E-Bus-Award ist der wichtigste nationale<br />
Umweltpreis im Öffentlichen Personennahverkehr<br />
(ÖPNV). Am 6. März 2017 wird die begehrte Auszeichnung<br />
bereits zum dritten Mal an Unternehmen und<br />
Personen vergeben, die sich in den vergangenen zwei<br />
Jahren durch die Entwicklung und Implementierung<br />
von technischen und betrieblichen Lösungen um die<br />
Einführung der Elektromobilität im ÖPNV verdient<br />
gemacht haben. Dabei gehen die Ausrichter mit einem<br />
veränderten Veranstaltungskonzept neue Wege.<br />
Erstmals werden die<br />
Preisträger im Rahmen<br />
einer gemeinsamen<br />
DIE NOMINIERTEN<br />
Veranstaltung mit der<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
Bushersteller: Ebusco, Solaris Bus & Coach S.A.,<br />
Sileo GmbH und VDL Bus & Coach<br />
Komponentenhersteller: Ekoenergetyka, Konvekta<br />
AG, Schunk Bahn- und Industrietechnik<br />
GmbH, Ziehl-Abegg<br />
Beratungs- und Monitoringunternehmen:<br />
Ebusplan GmbH, Fraunhofer-Institut für<br />
Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI,<br />
Viriciti<br />
Betreiber:<br />
a) Großstädte: Bremer Straßenbahn (BSAG),<br />
Hamburger Hochbahn, Kölner Verkehrs-Betriebe<br />
(KVB), Üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe<br />
AG<br />
b) mittelgroße Städte: Stadtwerke Bonn (SWB),<br />
Stadtwerke Oberhausen (STOAG), Regensburger<br />
Verkehrsbetriebe (RVB)<br />
zweitägigen Konferenz<br />
„Elektrobusse – Markt der<br />
Zukunft!“ und der Fachmesse<br />
„ElekBu“ ausgezeichnet.<br />
Hierzu erwarten<br />
die Ausrichter vom Forum<br />
für Verkehr und Logistik<br />
und der <strong>VDV</strong>-Akademie<br />
am 7. und 8. März 2017<br />
über 300 Teilnehmer im<br />
andel’s Hotel in Berlin.<br />
„Mit der Zusammenlegung<br />
der Veranstaltungen unterstreichen<br />
wir den hohen<br />
Stellenwert, den das Thema<br />
Elektrobus inzwischen in<br />
der Branche genießt. Außerdem<br />
kommen wir den<br />
Bedürfnissen der Teilnehmer<br />
entgegen, die in der<br />
Vergangenheit oft Gast der getrennten Veranstaltungen waren“,<br />
erläutert Prof. Adolf Müller-Hellmann, Initiator und Gründer der<br />
Veranstaltung und Vorstandsmitglied des Forums für Verkehr<br />
und Logistik.<br />
Die Zusammenführung von Konferenz, Messe und E-Bus-Award<br />
in einer Veranstaltung ist nur eine von verschiedenen Neuerungen<br />
im kommenden Jahr. Verändert ist auch das Wahlverfahren,<br />
mit dessen Hilfe die Preisträger ermittelt werden: Anstelle einer<br />
20 06 | <strong>2016</strong>
AUS DEM VERBAND<br />
Wie schon in diesem Jahr, werden<br />
auch 2017 wieder über 300 Gäste<br />
auf der ElekBu erwartet.<br />
Dialogplattform für Elektromobilität im ÖPNV<br />
Elektromobilität gehört zu den wichtigsten Mobilitätskonzepten<br />
der Zukunft – darüber sind sich alle Beteiligten spätestens<br />
seit der Pariser Klimakonferenz Ende 2015 einig.<br />
Bereits knapp 60 Prozent des Angebots im ÖPNV werden<br />
mit elektrisch betriebenen Fahrzeugen erbracht. Noch ist der<br />
Anteil von Elektrobussen allerdings gering. Die Bereitschaft<br />
der deutschen Verkehrsunternehmen, die zukunftsweisende<br />
Technologie einzusetzen, wächst aber stetig. In mehr als 20<br />
deutschen Städten sind inzwischen Elektrobusse im Einsatz,<br />
sei es bereits im Regelbetrieb oder im Rahmen eines Pilotversuchs.<br />
„Zwar sind die Anschaffungskosten noch sehr<br />
hoch, der langfristige Nutzen ist aber unbestritten: Elektrobusse<br />
machen kaum Lärm, nutzen ihre Energie effizient<br />
und stoßen lokal keine Schadstoffe aus“, erläutert Schmitz.<br />
Welche Dynamik das Thema Elektrobus in den letzten Jahren<br />
gewonnen hat, zeigt die Entwicklung der Besucherzahlen<br />
der Konferenz „Elektrobusse – Markt der Zukunft!“. Kamen<br />
zur ersten Veranstaltung 2010 knapp 80 Gäste, hat sich die<br />
Anzahl der Teilnehmer seither vervielfacht. <strong>2016</strong> trafen<br />
sich über 320 Vertreter von Verkehrs- und Industrieunternehmen,<br />
Politiker, Wissenschaftler und<br />
Verbandsvertreter, Berater und Journalisten<br />
aus 15 Ländern, um über aktuelle Ergebnisse<br />
und Entwicklungen zu diskutieren. „Die<br />
Konferenz hat sich in den sieben Jahren ihres<br />
Bestehens zur wichtigsten internationalen<br />
Dialogplattform zum Thema Elektromobilität<br />
im ÖPNV entwickelt. Wir sind daher<br />
zuversichtlich, diese Entwicklung in den<br />
kommenden Jahren fortführen zu können“,<br />
blickt Adolf Müller-Hellmann optimistisch<br />
in die Zukunft.<br />
Jury entscheiden die aus den Verkehrsunternehmen stammenden<br />
rund 300 Teilnehmer der bisherigen Konferenzen,<br />
wer in den vier Kategorien Bushersteller, Komponentenhersteller,<br />
Beratungs- und Monitoringunternehmen sowie<br />
Betreiber ausgezeichnet werden soll. Für Martin Schmitz,<br />
Geschäftsführer Technik im <strong>VDV</strong> und Vorstandsvorsitzender<br />
des Forums für Verkehr und Logistik, eine ausgesprochen<br />
sinnvolle Änderung: „Schließlich wissen sie als Branchenkenner<br />
und Vertreter ihrer Unternehmen am besten, wer in<br />
den vergangenen beiden Jahren eine preiswürdige Leistung<br />
gezeigt hat.“<br />
Mit dem XXL-Fahrstuhl in den Keller<br />
Eng verbunden mit der Konferenz ist die zugehörige „ElekBu“,<br />
die größte Fachmesse für Elektrobusse im ÖPNV weltweit.<br />
<strong>2016</strong> präsentierten 30 internationale Hersteller und Zulieferer<br />
auf einer Fläche von rund 2.000 Quadratmetern ihre Exponate,<br />
darunter die neueste Generation von Elektrobussen.<br />
Diese werden jedes Jahr am Vorabend der Veranstaltung mit<br />
zwei Fahrstühlen im XXL-Format in den Ausstellungsbereich<br />
im Erdgeschoss des Hotels befördert. „Der Aufbau der<br />
Ausstellung wird auch im kommenden Jahr Schwerst- und<br />
Millimeterarbeit zugleich sein, die sich aber lohnt. Wann<br />
können Konferenzteilnehmer schon moderne Elektrobusse<br />
im Keller eines Hotels betrachten?“, sagt Michael Küster,<br />
Geschäftsführer des Forums für Verkehr und Logistik.<br />
FORUM FÜR VERKEHR<br />
UND LOGISTIK<br />
<strong>Das</strong> Forum für Verkehr und Logistik e.V. wurde 2008 gemeinsam<br />
vom <strong>VDV</strong> und den DEVK Versicherungen ins Leben gerufen. Seit<br />
seiner Gründung hat es sich der Verein zur Aufgabe gemacht,<br />
Plattformen zur Diskussion einer nachhaltigen zukünftigen Mobilität<br />
zur Verfügung zu stellen. Die aktuellen Schwerpunkte der<br />
Vereinsaktivitäten bilden die Diskussionsplattformen zur Elektromobilität<br />
und zum autonomen Fahren von Bussen im Öffentlichen<br />
Personennahverkehr.<br />
06 | <strong>2016</strong><br />
21
HINTERGRUND<br />
EU-Regelungseifer<br />
bremst Güterzüge in der Fläche<br />
Die „letzte Meile“ zum Kunden ist im Schienengüterverkehr häufig die kritische und<br />
gleichzeitig kostenintensivste Distanz bei der Frage, ob Güter auf die Schiene kommen<br />
beziehungsweise auf der Schiene bleiben – oder nicht. Bedient wird sie vielfach von lokalen<br />
und regionalen Bahnen. Doch das Geschäft wird zunehmend schwieriger: EU-Sicherheitsstandards<br />
und wachsende Bürokratie verursachen zusätzliche Kosten und bedrohen die<br />
Zukunft vieler Gleisanschlüsse und Ladestellen.<br />
Foto: Joachim Donath<br />
Götz Walther, Fachbereichsleiter Eisenbahnbetrieb<br />
beim <strong>VDV</strong>, ist die Besorgnis anzusehen:<br />
„Ich begrüße ja die Intentionen der EU-Kommission,<br />
möglichst umfassend die Voraussetzungen für einen<br />
einheitlichen europäischen Eisenbahnmarkt zu schaffen,<br />
doch jetzt ist man in Brüssel aus unserer Sicht über<br />
das Ziel hinausgeschossen.“ Die Kritik des Verbands<br />
gilt der flächendeckenden Anwendung der „EU-Sicherheitsrichtlinie“<br />
– für Eisenbahnverkehrsunternehmen<br />
und für Schieneninfrastrukturbetreiber. Götz Walther<br />
Rangierlokführer bei der Arbeit: Bahn-Experten befürchten, dass<br />
EU-Normen bei den NE-Bahnen nicht mehr Sicherheit und Qualität<br />
bringen, sondern nur die Kosten treiben.<br />
ist ein nüchterner, zurückhaltender Mensch, doch in<br />
diesem Punkt wird er sehr deutlich: „Die Eisenbahn<br />
in Deutschland ist überall sehr sicher, und sie erreicht<br />
durch die von Brüssel verordnete zusätzliche Bürokratie<br />
nicht noch mehr Sicherheit.“<br />
Die EU fordert von den Unternehmen des Eisenbahnsektors<br />
den Aufbau eines neuen Sicherheitsmanagementsystems<br />
– mit zusätzlichen Büros, mit mehr<br />
Personal oder externen Kräften, um eine amtliche<br />
„Sicherheitsbescheinigung“ oder „Sicherheitsgenehmigung“<br />
zu erhalten. Dies wäre bei regional tätigen<br />
Unternehmen in Deutschland gleichbedeutend mit<br />
dem Wechsel der Eisenbahnaufsicht von der heute<br />
zuständigen Landesbehörde zum Eisenbahn-Bundesamt.<br />
Länger werdende Dienst- und Entscheidungswege<br />
wären die Folge. Aus deutscher Sicht gilt<br />
das vor allem für die kleinen, nicht bundeseigenen<br />
Unternehmen – die NE-Bahnen – als nicht akzeptabel<br />
und bedeutet zudem überflüssige Bürokratie. Denn<br />
der verantwortungsvolle Umgang mit der Sicherheit<br />
ist bei allen Eisenbahnen in Deutschland, einschließlich<br />
der NE-Bahnen, durch die staatlich geprüften<br />
Eisenbahn-Betriebsleiter in hohem Maße gewährleistet.<br />
Und das Allgemeine Eisenbahngesetz lege für<br />
alle Eisenbahnen klare gesetzliche Grundlagen für<br />
den sicheren Eisenbahnbetrieb fest, betont Walther:<br />
„Hier kommen durch die neuen Vorstellungen der<br />
22<br />
06 | <strong>2016</strong>
5.000<br />
GLEISANSCHLÜSSE<br />
und 1.000 Ladestellen sind von den neuen<br />
Brüsseler Vorschriften bedroht.<br />
Hemmschuh Bürokratie: Die EU-Sicherheitsvorschriften<br />
verlängern Entscheidungswege.
HINTERGRUND<br />
Eisenbahn einfach, aber effektiv:<br />
Nur so kann sich der<br />
margenschwache Güterverkehr<br />
auf den NE-Bahnen<br />
behaupten.<br />
Kommission zusätzliche Kosten auf die Unternehmen<br />
zu, die schnell pro Betrieb bis zu eine Viertelmillion<br />
Euro erreichen, ohne einen Effekt bei der Sicherheit.<br />
<strong>Das</strong> wird im margenschwachen Geschäft des Güterverkehrs<br />
dazu führen, dass viele letzte Meilen verschwinden<br />
werden.“ Immerhin gibt es im deutschen<br />
Schienennetz noch über 5.000 Gleisanschlüsse und<br />
über 1.000 Ladestellen. Sehr viele davon sind über<br />
NE-Infrastrukturen an das übrige Netz angeschlossen.<br />
Kosten ohne Nutzen<br />
„Wir erleben das immer wieder: Die Umstellung auf<br />
die europäische Welt kostet wahnsinnig viel Geld,<br />
aber sie bringt keinen einzigen neuen Kunden“, kritisiert<br />
Walther. Aus <strong>VDV</strong>-Sicht sei es zwar sinnvoll,<br />
für die Hauptbahnen einheitliche und interoperable<br />
Standards umzusetzen. Aber auf Nebenstrecken<br />
und auf der letzten Meile seien diese Standards<br />
schlichtweg übertrieben. Nicht die fehlende Interoperabilität<br />
oder der fehlende Netzzugang bedrohten<br />
den Schienengüterverkehr, sondern die ständig<br />
steigenden Kosten. Deshalb sei es wichtig, dass bei<br />
der Infrastruktur, die der lokalen Erschließung dient,<br />
nicht durch EU-Recht überreguliert wird. Walther:<br />
„In unseren deutschen Regelwerken haben die Aufsichtsbehörden<br />
beispielsweise bei ihren Entscheidungen<br />
häufig einen größeren Ermessensspielraum.<br />
<strong>Das</strong> EU-Recht kennt dagegen meist nur Schwarz und<br />
Weiß.“ Dann seien schnell aufwendige Gutachten<br />
nötig, um etwa lokale Besonderheiten zu akzeptieren.<br />
„Machen wir uns nichts vor: In der Zeit, bis das<br />
Gutachten geschrieben und bewertet ist, ist mancher<br />
Verkehr schon auf der Straße gelandet.“ Es sei schon<br />
heute regelmäßig zu beobachten, dass hohe zusätzliche<br />
Kosten – etwa bei Brückensanierungen – sehr<br />
schnell zum Aus für Anschlussgleise oder Nebenstrecken<br />
führen können.<br />
Ausnahmen für kleinere Bahnen<br />
„Nach unserer Einschätzung besteht zwischen allen<br />
Beteiligten – also Bund, Ländern und Eisenbahnen –<br />
Einigkeit darüber, dass bei allen Eisenbahnen in<br />
Deutschland der Betrieb sicher durchgeführt wird<br />
24 06 | <strong>2016</strong>
Endstation Abstellgleis: Schon heute sind viele Gleisanschlüsse von der Stilllegung<br />
bedroht, wenn größere Investitionen in die Infrastruktur fällig werden.<br />
und der freie Netzzugang gewährleistet ist – unabhängig<br />
davon, ob die entsprechende Eisenbahn<br />
heute in den Geltungsbereich des EU-Rechts fällt<br />
oder nicht“, ergänzt Dr. Martin Henke, Geschäftsführer<br />
Eisenbahn beim <strong>VDV</strong>. Damit besteht bis in die<br />
feinsten Verästelungen der regionalen Netze hinein<br />
weitestgehende Interoperabilität. Es bestünden keine<br />
strukturellen Sicherheitsdefizite im regionalen und<br />
lokalen Eisenbahnnetz. Die Gründe für ein EU-weites<br />
Sicherheitsmanagement seien ausschließlich formaler<br />
Natur. Und deshalb müsse es Ausnahmen für lokal<br />
genutzte Infrastrukturen und dort tätige Eisenbahnverkehrsunternehmen<br />
geben. Henke: „Sonst würde<br />
dies zu einer sprunghaften Kostenerhöhung führen,<br />
die kleine und mittelständische Unternehmen unerträglich<br />
stark belastet. Die mittelständische Struktur<br />
der ‚Last-Mile’-Netze gilt international als Erfolgsfaktor<br />
der deutschen Eisenbahnlandschaft.“<br />
Gemeinsam mit den Experten der Bundesländer<br />
drängt der <strong>VDV</strong> nun darauf, dass all jene Ausnahmeregelungen,<br />
die die EU nicht grundsätzlich<br />
Die mittelständische Struktur der ‚Last-Mile’-<br />
Netze gilt international als Erfolgsfaktor der<br />
deutschen Eisenbahnlandschaft.<br />
Dr. Martin Henke,<br />
<strong>VDV</strong>-Geschäftsführer Eisenbahn<br />
ausschließt, umfassend ins deutsche Recht übernommen<br />
werden. „<strong>Das</strong> muss eigentlich auch voll und<br />
ganz im Interesse der Bundesregierung liegen“, unterstreicht<br />
Henke. Seit 2013 beteiligt sich der Bund<br />
über das Gesetz zur Förderung der Schienenwege<br />
der öffentlichen nicht bundeseigenen Eisenbahnen<br />
für den Schienengüterfernverkehr, kurz das SGFFG,<br />
an Investitionen für die Güterverkehrsstrecken der<br />
NE-Bahnen. Henke: „Die damit bereits erzielten Erfolge<br />
sollten nicht gefährdet werden.“<br />
06 | <strong>2016</strong><br />
25
Einfach<br />
machen<br />
Die Digitalisierung der deutschen Industrie schreitet dynamisch voran. Dennoch haben laut<br />
einer aktuellen Umfrage des Beratungsunternehmens HY! erst 37 Prozent der deutschen<br />
Top-500-Unternehmen eine digitale Strategie entwickelt. Rund zwei Drittel arbeiten noch<br />
daran oder verzichten sogar darauf. Wie es um die deutschen Verkehrsunternehmen steht,<br />
war Anfang November Thema des <strong>VDV</strong>-Marketing-Kongresses.<br />
Rund 170 Teilnehmer waren nach Berlin gekommen,<br />
um die Digitalisierungsfortschritte in ihrer<br />
Branche zu diskutieren. Begrüßt wurden sie von Ulf<br />
Middelberg, Vorsitzender des Ausschusses für Marketing<br />
und Kommunikation des <strong>VDV</strong>, und dem Finanzvorstand<br />
der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Dr. Henrik<br />
Haenecke. Dieser brachte die zentrale Fragestellung der<br />
Veranstaltung bereits in seinem kurzen Eröffnungsvortrag<br />
auf den Punkt: „Bis vor Kurzem haben wir<br />
uns hauptsächlich damit beschäftigt, wie wir unsere<br />
Produkte verbessern können. Heute müssen wir uns<br />
fragen: Was ist unser Geschäft und wer macht es?“<br />
Ohne Digitalstrategie kein Erfolg<br />
Google, Apple, Uber – finanzstarke Anbieter insbesondere<br />
aus der Technologiebranche haben sich mittlerweile<br />
im Mobilitätsgeschäft etabliert und machen<br />
den Verkehrsunternehmen zunehmend Konkurrenz.<br />
Eine Entwicklung, die laut Haenecke an Dynamik zunehmen<br />
wird. „Wer diesen Wandel nicht ernst nimmt,<br />
wird das gleiche Schicksal erleiden wie einige große<br />
deutsche Handelskonzerne, die sich zu spät mit dem<br />
Thema auseinandergesetzt haben.“ Die Entwicklung<br />
einer Digitalstrategie sei daher für den Erfolg auch<br />
von Verkehrsunternehmen essenziell.<br />
Worauf es beim Zusammenspiel von Marketing und<br />
Technik ankommen wird, machte Keynote-Speaker<br />
Pascal Fantou in seinem anschließenden Vortrag<br />
deutlich. Apps werden seiner Ansicht nach dabei<br />
keine große Rolle mehr spielen. „Apps sind out. Sie<br />
sind im Handling zu kompliziert und zu wenig auf<br />
die Interessen der Nutzer abgestimmt.“ Aber welches<br />
Angebot sticht aus der Masse hervor? Wem schenkt<br />
der Kunde noch seine Aufmerksamkeit? Die Lösung<br />
liegt für Fantou auf der Hand: „Nur das auf den Kern<br />
26 06 | <strong>2016</strong>
AUS DEM VERBAND<br />
Der Kunde ist ein<br />
verwöhntes Biest.<br />
Pascal Fantou,<br />
Consultant und Coach<br />
reduzierte Produkt wird sich durchsetzen.“ Genau da<br />
seien die neuen Wettbewerber den etablierten Unternehmen<br />
ein Stück voraus. „Warum ist Uber denn<br />
so erfolgreich? Weil es ein absolut vereinfachtes Angebot<br />
ist, das dem Bedürfnis der Nutzer entspricht.“<br />
Dagegen überfordere die Angebotsvielfalt des ÖPNV<br />
den Kunden oft. Er empfahl daher: „Reduzieren Sie<br />
Ihre Eintrittshürden, testen Sie neue Lösungen und<br />
machen Sie Ihr Angebot einfacher. <strong>Das</strong> ist das, was<br />
der Kunde will.“<br />
Nicht nur die großen Technologiekonzerne machen<br />
den etablierten Verkehrsunternehmen das Leben<br />
schwer. Schätzungsweise rund fünf Millionen Startups<br />
sind in den vergangenen zehn Jahren gegründet<br />
worden. „Hier haben wir es mit einer enorm schlagkräftigen<br />
Gründerszene zu tun, die im Verbund zu<br />
einer echten Bedrohung für Unternehmen werden<br />
kann“, sagte Lars Zimmermann, Geschäftsführer von<br />
HY! Berlin. <strong>Das</strong> Geheimnis ihres Erfolges? „Start-ups<br />
verfolgen andere Managementstrategien als traditionelle<br />
Unternehmen und sind von einer anderen Wertekultur<br />
geprägt.“<br />
Von 0 nach 1 denken<br />
Dies zeige sich bereits bei der Herangehensweise<br />
an eine neue Aufgabenstellung: „Bei VW beispielsweise<br />
fragt man sich, was getan werden muss, um<br />
das Produkt zu verbessern. Ein Start-up würde sich<br />
die Frage stellen: Was muss ich tun, um das Produkt<br />
überflüssig zu machen?“, so Zimmermann. Diese<br />
„0 nach 1“-Philosophie basiere auf einer anderen Motivation.<br />
„Start-ups wollen Strukturen aufbrechen,<br />
während in der klassischen Unternehmenslehre der<br />
Die wichtigen digitalen<br />
Trends werden<br />
nicht in Deutschland<br />
gesetzt.<br />
Lars Zimmermann,<br />
Geschäftsführer HY! Berlin<br />
Erhalt im Vordergrund steht.“ <strong>Das</strong> andere Verständnis<br />
spiegelt sich auch in der Mittelverteilung wider.<br />
Während Start-ups rund 70 Prozent ihrer Finanzmittel<br />
in die Entwicklung neuer Lösungen investieren,<br />
stecken Unternehmen den gleichen Anteil in den<br />
Erhalt ihrer Produktion. Und noch ein Unterschied sei<br />
signifikant: „Bei Start-ups werden Produkte schnell<br />
an den Markt gebracht und auf Basis des eingehenden<br />
Kundenfeedbacks weiterentwickelt. Unternehmen<br />
verbringen dagegen viel Zeit mit der Produktentwicklung,<br />
was wiederum viel Geld kostet.“<br />
Den Anschluss wieder herstellen<br />
Aussagen, mit denen Zimmermann und Fantou<br />
offen sichtlich ins Schwarze trafen. Für Günter Neuen<br />
von der Via Verkehrsgesellschaft ist die Bedrohung<br />
durch die neuen Wettbewerber schon heute greifbar.<br />
„Beim Thema Digitalisierung haben wir in den letzten<br />
Jahren gepennt. Hier müssen wir schnell unsere<br />
Klein-Klein-Denke aufgeben zugunsten einer verbandsübergreifenden<br />
Initiative.“ Ähnlich schätzte<br />
Claudia Sauer von der Kasseler Verkehrs-Gesellschaft<br />
die Situation ein. „Wenn wir zu sehr in unserer<br />
Verkehrswelt verhaftet bleiben, besteht das Risiko,<br />
dass wir den Anschluss verlieren.“ Die Ergebnisse<br />
des Marketing-Kongresses machen ihr aber Mut:<br />
„Gerade die Workshops haben gezeigt, wie vielfältig<br />
das Angebot und wie hoch die Qualität ist, mit der wir<br />
in der Branche unterwegs sind. Allerdings müssen<br />
wir uns noch stärker vernetzen und besser kooperieren,<br />
um die Herausforderungen der Zukunft zu<br />
bewältigen.“<br />
DESIGN THINKING<br />
Der zweite Tag des Marketing-Kongresses stand ganz im Zeichen des<br />
Design Thinkings. Bei diesem Ansatz werden aktuelle Probleme auf<br />
Basis von Ideen gelöst, die aus Anwendersicht entwickelt wurden.<br />
Nach einer kurzen Einführung in die sechsstufige Methodik und<br />
einer praktischen Übung in Form eines Partnerinterviews berichten<br />
Anwender aus den Verkehrsunternehmen über ihre Erfahrungen mit<br />
dem Ansatz. Einhelliger Tenor: Design Thinking eignet sich aufgrund<br />
der unmittelbaren Einbindung von Nutzern hervorragend, um alltägliche<br />
Probleme zu lösen, wie beispielsweise Schlangenbildung an<br />
Ticketschaltern oder eine unzureichende Ausstattung von Verkehrsmitteln<br />
– allerdings nur, wenn es gelingt, auch die Führungsspitze<br />
von Anfang an ins Boot zu holen.<br />
Beobachten ist neben<br />
Verstehen, Standpunkt<br />
definieren, Ideen finden,<br />
Prototypen entwickeln<br />
und Testen einer von<br />
sechs Schritten im Design<br />
Thinking-Prozess.<br />
06 | <strong>2016</strong><br />
27
UNTERWEGS IM NETZ<br />
Impulsgeber<br />
vernetzen sich<br />
Den Kunden sicher und komfortabel von A nach B zu bringen – das gilt<br />
eigentlich als die Kernaufgabe jedes öffentlichen Verkehrsunternehmens.<br />
Nur: Legt der Kunde auf die gleichen Dinge Wert wie das Unternehmen?<br />
Oder tickt er doch anders als gedacht? Fahrgastbeiräte setzen hier wichtige<br />
Impulse. In Frankfurt am Main gelingt dies bislang äußerst erfolgreich.<br />
Jetzt wird die bundesweite Vernetzung angestrebt.<br />
Die geriffelten Haltestangen am Ausstieg<br />
der Buslinie 32 fallen kaum auf<br />
– zumindest den meisten Fahrgästen nicht.<br />
Aber: „Sehbehinderte Menschen brauchen<br />
diese Markierung, um zu erkennen,<br />
dass dies die letzte Stange vor der Tür<br />
ist“, erklärt Petra Rieth. Die Rollstuhlfahrerin<br />
engagiert sich im Fahrgastbeirat<br />
der Nahverkehrsgesellschaft Traffiq seit<br />
dessen Gründung 1998. Dort vertritt sie die<br />
Frankfurter Behindertenarbeitsgemeinschaft.<br />
Und die Ausstattung mittlerweile<br />
aller Fahrzeuge des dortigen ÖPNV mit<br />
geriffelten Stangen gilt als eine der großen<br />
Errungenschaften des Beirats. Dennoch ist<br />
sie nur eine von vielen aus einer langen<br />
Liste. Die größeren Sondernutzungsflächen<br />
in den Bussen, die gelben und dadurch besonders<br />
auffälligen Haltestangen in Bussen,<br />
Trams und U-Bahnen, die mittlerweile<br />
an vielen Fahrzeuganzeigen eingesetzte,<br />
besonders gut lesbare weiße Schrift auf<br />
schwarzem Grund oder die vereinheitlichten<br />
Ticketautomaten: Der Fahrgastbeirat<br />
von Traffiq, der Aufgabenträgerin in der<br />
Mainmetropole, hat dem dortigen ÖPNV in<br />
DER<br />
FAHRGASTBEIRAT<br />
Der Fahrgastbeirat von Traffiq umfasst<br />
22 Mitglieder. Elf Plätze entfallen<br />
dabei auf Frankfurter Vereine oder<br />
Interessenverbände, die je einen Vertreter<br />
ins Gremium entsenden – darunter<br />
der Verkehrsclub Deutschland<br />
(VCD), die Industrie- und Handelskammer<br />
oder der Seniorenbeirat der<br />
Stadt. Die weiteren elf Mitglieder sind<br />
nicht organisiert. Diese Plätze werden<br />
alle vier Jahre zu Beginn der neuen<br />
Amtsperiode unter interessierten<br />
Fahrgästen ausgelost. Der gesamte<br />
Beirat trifft sich einmal pro Quartal,<br />
um über ausgewählte Themen zu<br />
diskutieren. Dabei stehen mitunter<br />
Fachleute aus der Stadtverwaltung<br />
oder den Frankfurter Verkehrsunternehmen<br />
Rede und Antwort. Arbeitsgruppen<br />
kümmern sich um die Details.<br />
www.traffiq.de/fahrgastbeirat<br />
den vergangenen Jahren einen sichtbaren<br />
Stempel aufgedrückt.<br />
„Er ist für uns zu einem anspruchsvollen,<br />
durchaus fordernden Gremium geworden,<br />
das uns aber auch gute Impulse gibt“,<br />
beschreibt Traffiq-Pressesprecher Klaus<br />
Linek die Zusammenarbeit. Der Beirat sei<br />
gleichsam das Ohr an den Wünschen und<br />
Bedürfnissen der Kunden. „Natürlich ist das<br />
nicht immer einfach, man reibt sich bisweilen“,<br />
räumt Linek ein: „<strong>Das</strong> muss aber so sein.<br />
Sonst hätten unsere Beiräte ihre Aufgabe<br />
nicht richtig verstanden.“ Schließlich erledige<br />
ein solches Gremium seine Arbeit erst<br />
dann gut, wenn es als bisweilen unbequemer<br />
Sparringspartner des Unternehmens in den<br />
Ring steigt.<br />
Gleichwohl: Ohne Kompromisse geht es<br />
nicht. Und ein wenig ist der Beirat auch stolz<br />
darauf, den Boden nicht unter den Füßen<br />
verloren zu haben. „Wir haben immer realistische<br />
und nicht die Maximalforderungen<br />
gestellt“, erklärt Dieter Laubrecht, seit 2004<br />
im Beirat. Da helfe letztlich auch die Zusam-<br />
28 06 | <strong>2016</strong>
MELDUNGEN<br />
Dr. Jan Schilling<br />
wird neuer<br />
Geschäftsführer ÖPNV<br />
mensetzung des Beirats, in dem viele verschiedene<br />
Interessengruppen vertreten sind<br />
(siehe Infokasten). Erst wenn diese untereinander<br />
einen Kompromiss gefunden haben,<br />
gehen die entsprechenden Vorschläge und<br />
Forderungen an Traffiq – und fließen gegebenenfalls<br />
in die Vergaberichtlinien ein.<br />
Personalqualifikation, die Ausstattung von<br />
Fahrzeugen, Haltestellen und Stationen<br />
oder das Thema Fahrgastinformation: <strong>Das</strong><br />
Handlungsspektrum des Fahrgastbeirates<br />
ist dabei breit gefächert und erfordert entsprechend<br />
viel Einsatz. Auf drei bis vier<br />
Stunden pro Woche schätzt etwa Beirat<br />
Michael Schmidt den zusätzlichen Arbeitsaufwand<br />
für seine ehrenamtliche Tätigkeit<br />
als Sprecher. „Wenn man sein Amt richtig<br />
wahrnehmen will, kommt das schon zusammen.“<br />
Wie Petra Rieth ist Schmidt schon seit<br />
1998 im Beirat aktiv, seit 2002 ebenfalls als<br />
dessen Sprecher.<br />
Bundesweites Netzwerk<br />
Zusätzlich zur Arbeit in und für Frankfurt<br />
ist nun auch eine bundesweite Kom-<br />
Geriffelte Haltestangen, vereinheitlichte Ticketautomaten,<br />
besser lesbare Zielanzeigen: Der Fahrgastbeirat<br />
hat viel erreicht, finden etwa Dieter Laubrecht<br />
und Michael Schmidt (Foto o.r., v.l.)<br />
ponente hinzugekommen: 2015 hatte der<br />
Traffiq-Fahrgastbeirat erstmals Kundenvertretungen<br />
anderer Verkehrsunternehmen<br />
aus ganz Deutschland eingeladen. In<br />
diesem Herbst folgte die zweite Auflage in<br />
Leipzig. Dies dient unter anderem dem gegenseitigen<br />
Austausch: „Es ist erstaunlich,<br />
wie unterschiedlich die verschiedenen Beiräte<br />
von der Struktur, der Aufgabenstellung<br />
und der Intensität der Arbeit her aufgestellt<br />
sind. Die Treffen sind eine Bereicherung<br />
und Chance“, betont daher Harald Wagner,<br />
neben Rieth und Schmidt der dritte Sprecher<br />
des Traffiq-Beirates und Vertreter des<br />
Deutschen Gewerkschaftsbunds in dem<br />
Gremium. Langfristiges Ziel sei jedoch vor<br />
allem der Netzwerkaufbau. „Wir wollten<br />
eine Plattform schaffen, über die Beiräte bei<br />
Bedarf fragen können, ob und wie andere<br />
dieses oder jenes Thema angehen.“ Mehr<br />
Ideen, mehr gegenseitige Impulse – davon<br />
profitieren aus seiner Sicht dann auch die<br />
Verkehrsunternehmen. „Es gibt zwar weiterhin<br />
Betriebe, die das noch nicht begriffen<br />
haben“, bedauert Wagner: „Aber das werden<br />
sukzessive weniger.“<br />
Die Geschäftsführung<br />
des <strong>VDV</strong> ist wieder<br />
komplett: Dr. Jan<br />
Schilling (Foto) wird<br />
neuer Geschäftsführer<br />
ÖPNV. Der<br />
37-Jährige war<br />
bislang in verschiedenen<br />
Positionen beim Verband kommunaler Unternehmen<br />
(VKU) tätig. Seit Januar 2015 führte Jan<br />
Schilling dort die Geschäfte der VKU Consult GmbH.<br />
„Durch seine langjährige Tätigkeit für den VKU in<br />
Berlin verfügt er über ein gutes Netzwerk in die<br />
Bundespolitik und in die Verbände“, so <strong>VDV</strong>-Hauptgeschäftsführer<br />
Oliver Wolff: „<strong>Das</strong> ist mit Blick<br />
auf die anstehenden Herausforderungen für den<br />
deutschen ÖPNV von zentraler Bedeutung auf dieser<br />
Position.“ Seit dem plötzlichen Tod von Reiner Metz<br />
war die Stelle seit Ende April vakant. Neben Oliver<br />
Wolff leiten Dr. Martin Henke als Geschäftsführer<br />
Eisenbahn und Martin Schmitz als Geschäftsführer<br />
Technik zusammen mit Jan Schilling künftig die<br />
Geschäfte des Branchenverbands, der rund 600<br />
Mitgliedsunternehmen vertritt. Jan Schilling hat<br />
Rechtswissenschaften in Freiburg und Stuttgart<br />
studiert und nach seinem zweiten Staatsexamen an<br />
der Humboldt-Universität in Berlin promoviert. Er<br />
ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.<br />
KVB stellt Linie<br />
auf E-Busse um<br />
Auf der Linie 133 der Kölner Verkehrs-Betriebe<br />
(KVB) verkehren nur noch E-Busse. Bis zu acht batteriebetriebene<br />
Gelenkfahrzeuge bedienen die rund<br />
sieben Kilometer. Dadurch wird der CO2-Ausstoß um<br />
jährlich 520 Tonnen reduziert. Vor der Umstellung<br />
wurden E-Busse und Ladeinfrastruktur ausgiebig<br />
getestet. Dabei stellte sich heraus, dass die Reichweite<br />
der Fahrzeuge größer war als kalkuliert. Zwar<br />
legen die Busse in der Praxis maximal 45 Kilometer<br />
ohne Nachladen zurück, um die Batterieladung<br />
nicht unter 30 Prozent sinken zu lassen. Theoretisch<br />
könnten sie aber 90 Kilometer weit fahren.<br />
<strong>Das</strong> Projekt ist zugleich der Einstieg der KVB-Konzernschwester<br />
Rhein Energie in die DC-Schnellladetechnik<br />
mit Leistungen von 50 bis 240 Kilowatt.<br />
Insgesamt stößt die KVB 26 Gramm CO2 je Fahrgastkilometer<br />
aus. Zum Vergleich: Laut Dekra kommt ein<br />
Kleinwagen (Verbrauch 5,9 Liter) auf 117 Gramm.<br />
06 | <strong>2016</strong><br />
29
ZU GUTER LETZT<br />
Zeitreise in ein Jahrzehnt des Umbruchs<br />
„Straßenbahnen in den sechziger Jahren“ – unter diesem Titel widmet der<br />
Verlag Bernd Neddermeyer ein üppig bebildertes Buch einer Zeit, die für<br />
den Nahverkehr in den Städten interessant, aber auch schwierig war. Der<br />
Individualverkehr setzte seinen Vormarsch fort. Kleinere Verkehrsbetriebe<br />
und Überlandbahnen stellten auf Autobusse um, auf den Tramgleisen<br />
kamen verstärkt schaffnerlose, moderne Gelenkfahrzeuge zum Einsatz.<br />
Viele Straßenbahnen verschwanden aus dem Stadtbild, weil ihre Strecken<br />
unter die Erde verlegt wurden oder weil sie ihren Betrieb komplett<br />
einstellen mussten. <strong>Das</strong> Buch würdigt auch den runden Geburtstag des<br />
Verbands Deutscher Verkehrs-Amateure (<strong>VDV</strong>A). Vor 60 Jahren wurde der<br />
Verband von Verkehrsfreunden gegründet, um Straßenbahnvereinen ein<br />
überregionales Dach zu bieten. Eine Übersicht erinnert an die Jahrestagungen<br />
aus den 1960er-Jahren. Auch heute noch stehen diese Treffen im Zeichen<br />
des überregionalen Erfahrungsaustausches und gemeinsamer Exkursionen<br />
zu Zielen, die das Herz des Nahverkehrsfreundes höher schlagen lassen.<br />
vdva.wordpress.com<br />
www.nahverkehrs-bildarchiv.de<br />
Termin<br />
14. bis 16.<br />
März 2017<br />
8. ÖPNV-Innovationskongress<br />
in Freiburg<br />
„Mobilität 4.0“ ist das Thema<br />
des Kongresses. Unter den Schlagworten<br />
„Digitalisieren und Vernetzen“ werden<br />
Vorträge, Diskussionen und Workshops<br />
angeboten. Veranstalter ist das Verkehrsministerium<br />
Baden-Württemberg.<br />
www.innovationskongress-bw.de<br />
Termin<br />
15. März 2017<br />
3. Regionale<br />
Austauschplattform in<br />
Frankfurt am Main<br />
Die Veranstaltung von DB Netze, der IHK<br />
Frankfurt und dem Regionalverband<br />
FrankfurtRheinMain richtet sich an Verlader,<br />
Logistiker, Eisenbahnunternehmen<br />
und Kommunen. <strong>Das</strong> Thema: „Güter auf<br />
die Schiene - effiziente Logistikkette“.<br />
www.vdv.de/termine.aspx<br />
Düsseldorf, Jan-Wellem-Platz (1963)<br />
Drei Bücher zu gewinnen<br />
Der <strong>VDV</strong>A verlost unter den Lesern von „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ drei Exemplare<br />
des Buchs „Straßenbahnen in den sechziger Jahren“. Bitte schicken Sie uns<br />
einfach eine Mail mit Ihrer Anschrift an: vdv-magazin@adhocpr.de.<br />
Einsendeschluss: 20. <strong>Dezember</strong> <strong>2016</strong><br />
Die nächste <strong>Ausgabe</strong> von<br />
„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“<br />
erscheint Ende Februar 2017.<br />
Rechtsweg und Teilnahme über gewerbliche Gewinngemeinschaften sind ausgeschlossen.<br />
Personenbezogene Daten werden ausschließlich zur Abwicklung des Gewinnspiels erfasst.<br />
Impressum<br />
<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />
Herausgeber:<br />
Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (<strong>VDV</strong>),<br />
Kamekestraße 37-39, 50672 Köln,<br />
Tel. 02 21/5 79 79-0,<br />
E-Mail: info@vdv.de,<br />
Internet: www.vdv.de<br />
Redaktion <strong>VDV</strong>:<br />
Lars Wagner (V.i.S.d.P.),<br />
Pressesprecher und Leiter Presse- und<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Anschrift der Redaktion:<br />
Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (<strong>VDV</strong>),<br />
Redaktion „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“,<br />
Leipziger Platz 8, 10117 Berlin,<br />
vdv-magazin@adhocpr.de<br />
Realisierung, Text und Redaktion:<br />
AD HOC PR, Gütersloh: Stefan Temme (Lt.),<br />
Elena Grawe, Christian Horn, Ulla Rettig<br />
Mitarbeit:<br />
Eberhard Krummheuer<br />
Gesamtleitung und Anzeigen:<br />
Christian Horn (Lt.), (AD HOC PR),<br />
Tel. 0 52 41/90 39-33 | horn@adhocpr.de<br />
Meike Jochens (AD HOC PR),<br />
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Grafik-Design:<br />
Volker Kespohl (Volker.Kespohl ı Werbung Münster)<br />
Lars Haberl (AD HOC PR, Gütersloh)<br />
Produktion und Druck:<br />
Bitter & Loose GmbH, Greven<br />
Anzeigenpreise:<br />
Laut Mediadaten 2017<br />
Bildnachweise:<br />
Titelmotiv: Deutsche Bahn AG<br />
Abellio (17); Bildschön/Marijan Murat (27); Markus<br />
Bollen (20); Bremer Straßenbahn (4/5); ddp images/Peter<br />
Kwiotek (24/25); Deutsche Bahn (6/7); Fotolia/christiane65<br />
(30); Fotolia/djama (30); Fotolia/Martina Berg<br />
(23); Fotolia/Matthias Enter (14/15, 16); Fotolia/Kara (24);<br />
Fotolia/Marco2811 (24); Fotolia/Maksim Pasko (26); Elena<br />
Grawe (Ad Hoc PR) (16, 28, 29); Lars Haberl (Ad Hoc PR)<br />
(10, 11); HY! Berlin (27); Infra Dialog Deutschland/Philip<br />
Nürnberger (2, 8, 9); picture alliance/SZ Photo (19); Stefan<br />
Temme (Ad Hoc PR) (21); Traffiq (2, 28, 29); VAG/Claus<br />
Felix (2, 14/15); <strong>VDV</strong> (3, 18, 29); <strong>VDV</strong>A-Archiv/Frits van<br />
der Gragt (30); VVS (13); VVS/Dirk Kittelberger (2, 12)<br />
„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ erscheint alle zwei Monate (sechsmal<br />
im Jahr). Alle im <strong>Magazin</strong> erscheinenden Beiträge und<br />
Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Außerhalb der<br />
Grenzen des Urheberrechts ist die Verwertung ohne die<br />
Zustimmung des Herausgebers nicht zulässig. <strong>Das</strong> gilt vor<br />
allem für Vervielfältigungen, Übersetzungen sowie die<br />
elektronische Speicherung und Verarbeitung.<br />
Für Anregungen, Themenvorschläge, Lob und Kritik erreichen Sie uns unter: vdv-magazin@adhocpr.de<br />
30 06 | <strong>2016</strong>
FORUM AUTOMOBILLOGISTIK 2017<br />
SMART STATT REAKTIV –<br />
auf dem Weg in digitale Dimensionen<br />
14./15. Februar 2017<br />
Mercedes-Benz Werk Bremen<br />
Markus Schäfer<br />
Mitglied des Bereichsvorstandes<br />
Mercedes-Benz Cars,<br />
Produktion und Supply Chain<br />
Management<br />
Daimler AG, Stuttgart<br />
Prof. Dr.-Ing. Katja Windt<br />
Präsidentin, Professor of<br />
Global Production Logistics<br />
Jacobs University<br />
Bremen gGmbH<br />
Frank Dreeke<br />
Vorsitzender des Vorstands<br />
BLG LOGISTICS GROUP<br />
AG & Co. KG, Bremen<br />
Frank Wiemer<br />
Mitglied des Vorstands<br />
REWE-Zentral AG und<br />
REWE-Zentralfinanz eG,<br />
Köln<br />
Information und Anmeldung<br />
unter www.bvl.de/fal
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Bremsen, Weichen, Pufferteller, Spurkränze, Radsatzlager, Kupplungen.<br />
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