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Anke Günther<br />

Mess- und<br />

Auswertungsmethoden<br />

der taktilen<br />

Kegelradmessung<br />

Band 1 aus der Reihe:<br />

Forschungsberichte über Messtechnik, Automatisierung,<br />

Qualitätswissenschaft und Energiesysteme<br />

Herausgegeben von Prof. Dr.-Ing. Gert Goch


Forschungsberichte über Messtechnik, Automatisierung, Qualitätswissenschaft und Energiesysteme<br />

Herausgegeben von Prof. Dr.-Ing. Gert Goch<br />

Band 1<br />

Anke Günther<br />

Mess- und Auswertungsmethoden der taktilen Kegelradmessung<br />

ISBN: 3-<br />

1. Auflage 2009<br />

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek<br />

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im<br />

Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.<br />

Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ist ohne die Zustimmung<br />

des Herausgebers außerhalb der engen Grenzen des Urhebergesetzes unzulässig und strafbar. Das gilt<br />

insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung<br />

in elektronischen Systemen.<br />

Vertrieb:<br />

Herstellung:<br />

1. Auflage 2009<br />

© Verlagshaus Mainz GmbH Aachen<br />

Süsterfeldstr. 83, 52072 Aachen<br />

Tel. 0241/87 34 34<br />

Fax 0241/87 55 77<br />

www.Verlag-Mainz.de<br />

Druck und Verlagshaus Mainz GmbH Aachen<br />

Süsterfeldstraße 83<br />

52072 Aachen<br />

Tel. 0241/87 34 34<br />

Fax 0241/87 55 77<br />

www.DruckereiMainz.de<br />

www.Druckservice-Aachen.de<br />

Satz: nach Druckvorlage des Autors<br />

Umschlaggestaltung: Druckerei Mainz<br />

printed in Germany


Vorwort zur Schriftenreihe<br />

Das Bremer Institut für Messtechnik, Automatisierung und Qualitätswissenschaft<br />

(BIMAQ) ist ein ingenieurwissenschaftliches Forschungsinstitut am Fachbereich<br />

Produktionstechnik der Universität Bremen. Es entstand im Sommer 2007 aus dem<br />

Zusammenschluss zweier Bremer Forschungseinrichtungen. So verfügt das neue<br />

Institut über mehr als 25 Jahre Erfahrung und über vielfältige Kontakte.<br />

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BIMAQ arbeiten in Forschungs- und Industrieprojekten<br />

auf regionaler und nationaler Ebene, engagieren sich in großen EU-<br />

Vorhaben und sind an Sonderforschungsbereichen der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />

(DFG) beteiligt. In den vier wissenschaftlichen Themenbereichen<br />

� Messtechnik<br />

� Automatisierung<br />

� Qualitätswissenschaft und<br />

� Energiesysteme<br />

erforschen und entwickeln sie sowohl theoretische Grundlagen und experimentelle<br />

Methoden als auch praxisorientierte Verfahren und Geräte für industrielle Anwendungen.<br />

Dabei steht die ganzheitliche Analyse und Optimierung dynamischer<br />

Produktionsprozesse bezüglich ökonomischer, qualitativer, ökologischer und ergonomischer<br />

Kriterien im Vordergrund. Die Infrastruktur des Institutes mit mehreren<br />

Technik-Laboren, einer großen Klimakammer, einem Dienstleistungszentrum, modernem<br />

PC-Labor, Hörsaal und Seminarräumen bietet hierfür eine ausgezeichnete<br />

Plattform.<br />

Die Ausstattung des BIMAQ ermöglicht nicht nur eine Vielzahl von Forschungs- und<br />

Entwicklungsprojekten, sondern auch eine praxisnahe universitäre Lehre sowie<br />

Beratung, Service und Schulungen für die regionale und überregionale Wirtschaft.<br />

Dabei kooperiert das BIMAQ mit einer Vielzahl von Forschungseinrichtungen auf<br />

dem Campus der Universität Bremen und arbeitet in der Region, in Europa und weltweit<br />

mit vielen Partnern und Projektgruppen aus Industrie und Wissenschaft zusammen.<br />

Das Institut veröffentlicht die Ergebnisse seiner Arbeiten unter anderem in dieser<br />

Schriftenreihe. In ihr werden Dissertationen und Tagungsbeiträge publiziert sowie<br />

wesentliche Projektergebnisse zusammengefasst und einem weiten Interessentenkreis<br />

zur Verfügung gestellt.<br />

Der Herausgeber der Schriftenreihe<br />

Prof. Dr.-Ing. Gert Goch


Diese Arbeit wäre für mich ohne die regelmäßigen Ermutigungen von Prof. Gert<br />

Goch nicht möglich gewesen. Dafür möchte ich mich recht herzlich bei Ihm<br />

bedanken. Seine objektive und konstruktive Kritik, sowie die unzähligen<br />

richtungweisenden Diskussionen mit Ihm haben maßgeblich zu Umfang und<br />

Qualität der Arbeit beigetragen.<br />

Herrn Prof. Dr.-Ing. mult. Tilo Pfeifer danke ich für die Übernahme des<br />

Koreferats und seine Geduld. Des Weiteren gilt mein Dank Prof. Dr.-Ing. Franz<br />

Heeg, Dr.-Ing. Gerald Ströbel und Dipl.-Ing. Thomas Behrmann sowie cand.-<br />

Ing. Norbert Heimsoth für die Übernahme der Aufgaben im Prüfungsausschuss.<br />

Ganz herzlich möchte ich allen Kollegen des Bremer Instituts für Messtechnik,<br />

Automatisierung und Qualitätswissenschaften für ihre Hilfsbereitschaft und die<br />

stets gute Zusammenarbeit danken.<br />

Auch den Mitgliedern des VDI-Ausschusses „Messen an Zahnrädern und<br />

Getrieben“ gilt mein Dank. Die dort stattfindenden Diskussionen und fachlichen<br />

Hinweise regten unentwegt zu neuen Ideen an. Insbesondere möchte ich hier<br />

Prof.-Dr. Günther Gravel und Dr.-Ing. Frank Härtig erwähnen.<br />

Und nicht zuletzt die Anwendungstechnik der Fa. Mahr zusammen mit allen<br />

dort von mir betreuten Kunden haben ebenfalls erheblich zur Ideenfindung<br />

beigetragen. Praktische Unterstützung in der Durchführung von<br />

Referenzmessungen erhielt ich vor allem von der Fa. Gleason in Rochester<br />

durch Mark May, der Fa. Daimler Chrysler in Untertürkheim durch Herrn<br />

Reinhard Maier und der Fa. Leitz durch Dipl.-Ing. Heinz Röhr.<br />

Mein größter Dank jedoch gilt meiner Familie und meinen Freunden, da sie über<br />

Jahre hinweg so viel Geduld mit mir bewiesen haben.<br />

Wetzlar im April 2008 Anke Günther


Inhaltsverzeichnis I<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

<strong>Formelzeichen</strong> 1<br />

Abkürzungsverzeichnis 6<br />

1 Einleitung und Zielsetzung der Arbeit 9<br />

1.1 Thematische und historische Einordnung 9<br />

1.2 Ziele und wissenschaftliche Arbeitsschwerpunkte 11<br />

2 Stand der Technik 14<br />

2.1 Historische Entwicklung der Verzahnungs-Messtechnik 15<br />

2.1.1 Prüfung der Gesamtabweichungen an Kegelrädern 16<br />

2.1.2 Klassische Prüfung von Einzelabweichungen an Kegelrädern 20<br />

2.1.3 Prüfung von Einzelabweichungen mit CNC-gesteuerten Messgeräten 22<br />

2.2 Aktueller Stand der Kegelradmessung bei der Prüfung von<br />

Einzelabweichungen 29<br />

3 Allgemeines zur Kegelradmessung 34<br />

3.1 Solldaten 39<br />

3.2 Aufspannung und Ausrichtung 42<br />

3.3 Messaufgaben und Messpunkterfassung 42<br />

3.4 Auswertungen 45<br />

3.5 Protokollierung 49<br />

3.6 Ausgabe von ASCII-Dateien 50<br />

4 Maß-, Form- und Lageabweichungen in der Geometrie-Messtechnik<br />

(GMT) 52<br />

4.1 Maßabweichungen 54<br />

4.2 Formabweichungen 57<br />

4.3 Lageabweichungen 58<br />

4.4 Maß-, Form- und Lageabweichungen in der Verzahnungs-<br />

Messtechnik (VMT) 60<br />

5 Ausrichtung von Kegelrädern 64<br />

5.1 Geräte-Koordinatensystem (GKS), Referenz-Koordinatensystem<br />

(RKS), Werkstück-Koordinatensystem (WKS) und<br />

Transformationsvorschriften 64<br />

5.1.1 Allgemeine Betrachtung zur Ausrichtung 65<br />

5.1.2 Lagerflächen-Koordinatensystem (LKS) 67<br />

5.1.3 Verzahnungskoordinatensystem (VKS) 69<br />

5.1.4 Kopfkegel-Koordinatensystem (KKKS) 70<br />

5.1.5 Zusammenwirken der ermittelten Koordinatensysteme LKS, VKS<br />

und KKKS 72<br />

5.2 Allgemeines zur Erfassung von Ausrichtungselementen 75<br />

5.3 Bildung eines Werkstück-Koordinatensystems (WKS) an<br />

Referenzflächen 77<br />

5.4 Ausrichtungselemente der Radführungsachse 79


II Inhaltsverzeichnis<br />

5.4.1 Zylinder 79<br />

5.4.2 Kreis und Ebene 80<br />

5.4.3 Kalotte oder ebene Bezugs-Stirnfläche 81<br />

5.4.4 Einbaumaß und Offset 82<br />

5.5 Referenzflächen mit auszublendenden Bereichen 85<br />

6 Rundlauf-, Teilungs- und Zahndickenprüfung am Kegelrad 87<br />

6.1 Allgemeines zu Rundlauf-, Teilungs- und Zahndickenprüfung am<br />

Kegelrad 87<br />

6.2 Teilungsprüfung 91<br />

6.2.1 Drehend antastende Teilungsmessung 95<br />

6.2.2 Vektoriell antastende Teilungsmessung 99<br />

6.2.3 Teilungsauswertung 101<br />

6.3 Zahndickenprüfung 106<br />

6.3.1 Drehend antastende Zahndickenmessung 110<br />

6.3.2 Vektoriell antastende Zahndickenmessung 113<br />

6.3.3 Allgemeines zur Zahndicken-Auswertung 116<br />

6.3.4 Zahndickenauswertung zur drehend antastenden Messung 118<br />

6.3.5 Zahndickenauswertung zur vektoriell antastenden Messung 118<br />

6.3.6 Schlussbetrachtung zur Zahndicken-Auswertung 120<br />

6.4 Prüfung der Zahnlückenweite 123<br />

6.5 Rundlaufprüfung 124<br />

6.5.1 Direkte Rundlaufmessung 124<br />

6.5.2 Rundlaufprüfung auf Basis der Teilungs- oder Zahndickenmessung 129<br />

6.5.3 Rundlaufauswertung aus Flanken-Einzelmesspunkten 131<br />

6.5.4 Rundlaufabweichung Fr als Kennwert zur Bestimmung der<br />

Genauigkeitsklasse eines Kegelrades 146<br />

6.5.5 Linke und rechte Rundlaufabweichung 147<br />

6.6 Berechnung von Exzentrizität und Taumel 148<br />

6.6.1 Exzentrizität der Verzahnung 148<br />

6.6.2 Taumel 153<br />

6.6.3 Berechnung von Exzentrizität und Taumel am Kegelrad 157<br />

6.7 Auswertung mit korrigierter Exzentrizität und Taumel 159<br />

7 Simulationsergebnisse 161<br />

7.1 Simulationsergebnisse zur Berechnung der Exzentrizität 161<br />

7.2 Simulationsergebnisse zur Berechnung des Taumels 170<br />

8 Topographie-Prüfung am Kegelrad 180<br />

8.1 Allgemeines zur Topographie-Messung 180<br />

8.2 Berührpfad-Messung 184<br />

8.2.1 Lage des Berührpfades 184<br />

8.2.2 Messung des Berührpfades 189<br />

8.3 Systematik von Topographie-Diagrammen beim Kegelrad 190<br />

8.4 Definition von punktweise erfassten Geometrie-Abweichungen 194


Inhaltsverzeichnis III<br />

8.4.1 Euklidische Abweichung (vektorielle Abweichung) 196<br />

8.4.2 Abweichung in Normalenrichtung (projizierter Abstand) 198<br />

8.4.3 Abweichungen im Bogenmaß 200<br />

8.5 Setzen eines Bezugspunktes 203<br />

8.5.1 Drehen der Messpunkte 206<br />

8.5.2 Verschieben der Messpunkte 207<br />

8.5.3 Verschieben der Messpunkte in ihre jeweilige Normalenrichtung<br />

(schrumpfen) 209<br />

8.5.4 Bezugspunkte an allen Flanken 210<br />

8.5.5 Bezugspunkte nur am ersten Zahn 212<br />

8.5.6 Bezugspunkte mit Zahndicke 214<br />

8.6 Abschätzung von Spiral- und Eingriffswinkel-Abweichungen 215<br />

8.7 Einrechnen von Taumel und Exzentrizität 219<br />

9 Zusammenfassung und Ausblick 221<br />

10 Mathematischer Anhang 224<br />

10.1 Begriffe und Bezeichnungen einer ASCII-Solldatendatei im<br />

Gleason-Format 224<br />

10.2 Abschätzung von Abweichungen durch die Positionsunsicherheit<br />

des Messgerätes an verschiedenen Standard-Geometrieelementen 226<br />

10.3 Stirnschnitt und Normalschnitt einer Verzahnung 232<br />

10.4 Gitter und Nachbarpunkte bei Kegelradflanken 233<br />

10.5 Gegenüberstellung der Standard-Geometrieelemente 234<br />

10.5.1 Ebenenapproximation 236<br />

10.5.2 Zylinderapproximation 241<br />

10.5.3 Kugelapproximation 245<br />

10.5.4 Approximation eines Ellipsoiden 245<br />

10.5.5 Approximation eines Torus 246<br />

10.5.6 Zusammenfassung der verschiedenen Approximationen 247<br />

10.6 Flächendarstellungen der Standard-Geometrieelemente Zylinder<br />

und Kegel 249<br />

10.7 Schnittelemente der Standard-Geometrieelemente Zylinder und<br />

Kegel für die Rundlaufauswertung 251<br />

10.7.1 Schnittlinie zwischen zwei Zylindermänteln 251<br />

10.7.2 Durchstoßpunkt Schnittlinie und Antastkegel 255<br />

10.8 Sinusfunktion und Exzentrizität eines Kreises 257<br />

10.9 Ermittlung der Exzentrizität auf Basis der Approximation von<br />

Sinusfunktion und Kreis 258<br />

10.10 Euklidische Abweichung, Abweichung in Normalenrichtung und<br />

Abweichungen im Bogenmaß 261<br />

11 Literaturliste und aktuelle Normen 263


<strong>Formelzeichen</strong> 1<br />

<strong>Formelzeichen</strong><br />

A Kennwert einer eingepassten Sinus-Funktion: Amplitude<br />

A Vektor, der die Koordinaten x, y und z eines Aufpunktes im<br />

Raum beschreibt<br />

As<br />

Zahndickenabmaß nach [DIN 3971]<br />

Ase größte zulässige Zahndicke nach [DIN 3960]<br />

Asi kleinste zulässige Zahndicke nach [DIN 3960]<br />

C Aufpunkt z. B. von einer Ebene<br />

D allgemeiner Durchmesser eines Kreises<br />

E Vertikale Tellerradverschiebung, Kennwert einer approximierten<br />

Sinus-Funktion: Offset der Null-Linie<br />

G Horizontale Tellerradverschiebung<br />

F�<br />

Flankenlinien-Gesamtabweichung<br />

Fp<br />

Teilungs-Gesamtabweichung<br />

Fpk Teilungs-Summenabweichung<br />

Fr<br />

Rundlaufabweichung der Verzahnung<br />

Fr außen Rundlaufabweichung im äußeren Bereich der Verzahnung<br />

FrBS Rundlaufabweichung der Verzahnung in der Nähe der<br />

Bezugsseite<br />

Fr innen Rundlaufabweichung im inneren Bereich der Verzahnung<br />

Fr links Rundlaufabweichung der gemessenen linken Flanken in Bezug<br />

auf ideale rechte Flanken<br />

FrnBS Rundlaufabweichung der Verzahnung in der Nähe der Nicht-<br />

Bezugsseite<br />

Fr rechts Rundlaufabweichung der gemessenen rechten Flanken in Bezug<br />

auf ideale linke Flanken<br />

Fs<br />

mittlere Zahndickenabweichung<br />

L�<br />

Flankenlinien-Auswertebereich<br />

N Normalenvektor bzw. Normalenrichtung von z. B. einer Ebene<br />

P Horizontale Ritzelverschiebung<br />

P Vektor, der die Koordinaten x, y und z eines allgemeinen Punktes<br />

im Raum beschreibt


2 <strong>Formelzeichen</strong><br />

Pm Vektor, der die Koordinaten x, y und z des Messpunktes<br />

beschreibt<br />

Ps<br />

Vektor, der die Koordinaten x, y und z des Sollpunktes beschreibt<br />

Pstat Positionsunsicherheit<br />

R Spitzenabstand, Teilkegellänge<br />

Rp<br />

Teilungsschwankung<br />

Rs<br />

Zahndickenschwankung<br />

R Richtungsvektor im Raum, beinhaltet x-, y- und z-Komponenten<br />

Ts<br />

Zahndickentoleranz<br />

TWKS�GKS Transformationsvorschrift vom WKS ins GKS<br />

U Kreisumfang<br />

X, Y, Z Koordinaten für Gitterpunkte<br />

XN, YN, ZN Koordinaten zur Beschreibung der Normalenrichtung einer<br />

Oberfläche<br />

a Achsabstand<br />

ax, ay, az Vektorkomponenten eines Aufpunktes im Raum<br />

b Zahnbreite<br />

d Teilkreisdurchmesser, Bezugsdurchmesser<br />

dmess Durchmesser, auf welchem die Messpunkte liegen sollen;<br />

Messkreis-Durchmesser<br />

Durchmesser der Berührpunkte bei der Rundlaufmessung<br />

dv<br />

dMessstück-Mittelpunkte<br />

Durchmesser der Messstück-Mittelpunkte bei der Rundlaufmessung<br />

dMM Durchmesser des Kreises der Messstück-Mittelpunkte<br />

dM(1) Durchmesser des konzentrischen Kreises durch den Messstück-<br />

Mittelpunkt von Lücke 1<br />

dM-Mittel Durchmesser des mittleren, konzentrischen Kreises durch alle<br />

Messstück-Mittelpunkte<br />

e Zahnlückenweite<br />

f allgemeine Abweichung, Formabweichung<br />

fe<br />

Exzentrizität, Außermittigkeit der Verzahnung<br />

Flankenlinien-Formabweichung<br />

ff�


<strong>Formelzeichen</strong> 3<br />

fp<br />

fr<br />

fst<br />

f*st<br />

Teilungs-Einzelabweichung<br />

Rundlauf-Einzelabweichung<br />

Zahndicken-Einzelabweichung im Stirnschnitt<br />

Zahndicken-Einzelabweichung von der mittleren Zahndicke Fst<br />

fu<br />

Teilungssprung<br />

f�� Profil-Winkelabweichung, Eingriffswinkel-Abweichung<br />

f�� Flankenlinien-Winkelabweichung, Spiralwinkel-Abweichung<br />

f�<br />

Kreuzungswinkel zwischen Verzahnungs- und<br />

Radführungsachse, Taumel der Verzahnung<br />

h Messebenenabstand, lotrechter Abstand einer Ebene zum<br />

Koordinatenursprung<br />

m Stirn-Modul<br />

n Anzahl der Messpunkte<br />

i allgemeine Laufvariable<br />

k Anzahl der Teilungen innerhalb einer Spanne<br />

p Teilkreisteilung, Exponent für Tschebyscheff-Approximation<br />

px, py, pz Vektorkomponenten eines beliebigen Punktes im Raum<br />

pu<br />

Positionsunsicherheit eines Messgerätes<br />

r Radius eines Zylinders, Krümmungsradius<br />

rMessstück radiale Eintauchtiefe eines Messstücks in eine Zahnlücke<br />

rMessstück Radius eines Messstücks zur Rundlaufmessung (Zylinder oder<br />

Kugel)<br />

rx, ry, rz Komponenten eines Richtungsvektors im Raum<br />

rTastkugel Radius der Tastkugel<br />

s Zahndicke, allgemeine Laufvariable in der Flächendarstellung,<br />

bzw. Geraden- und Liniendarstellung im Raum<br />

st(e, i) Zahndickengrenzmaß nach [DIN 3971]<br />

t allgemeine Laufvariable in der Flächendarstellung im Raum<br />

tB<br />

Einbaumaß<br />

x, y, z Beschriftung der Achsen eines Koordinatensystems<br />

xn, yn, zn Koordinaten zur Beschreibung der Normalenrichtung einer<br />

Oberfläche


4 <strong>Formelzeichen</strong><br />

z Zähnezahl<br />

zteilung vorgegebene Messhöhe für die Teilungsmessung<br />

zzahndicke vorgegebene Messhöhe für die Zahndickenmessung<br />

�a<br />

Kopfwinkel<br />

�f<br />

Fußwinkel<br />

� systematische Winkelabweichung<br />

� Achsenwinkel<br />

� Zahndicken-Halbwinkel<br />

�� Laufparameter in der vektoriellen Darstellung eines Zylinders �<br />

��� Eingriffswinkel, Profilwinkel �<br />

�� allgemeiner Schrägungs- oder Spiralwinkel �<br />

�e� Schrägungswinkel am äußeren Zahnbereich �<br />

�m� Schrägungswinkel in der Zahnmitte (Spiralwinkel)<br />

�� Teilkegelwinkel<br />

�a� Kopfkegelwinkel<br />

�f� Fußkegelwinkel �<br />

� Abbruchkriterium einer Iteration �<br />

�f� Fußkegelwinkel<br />

�P<br />

Teilkegelwinkel des Bezugs-Planrades<br />

� Winkel zwischen Soll- und Messpunkt, Winkelabweichung<br />

�korr durch eine Korrektur berechneter Winkel zwischen Soll- und<br />

Messpunkt<br />

�mess direkt berechneter Winkel zwischen Soll- und Messpunkt<br />

�0<br />

Kennwert einer eingepassten Sinus-Funktion: Nullwinkel des<br />

Sinus<br />

�e<br />

Phasenverschiebung zwischen zwei Rundlaufmessungen<br />

� Winkel zwischen der Verbindungslinie Sollpunkt – Messpunkt<br />

und der Achsrichtung des Zylinders<br />

� Polarwinkel in der x-y-Ebene<br />

�Soll Polarwinkel eines Teilungssollpunktes<br />

�Zahn Polarwinkel eines Teilungsmesspunktes<br />

� Stirn-Teilungswinkel


<strong>Formelzeichen</strong> 5<br />

� Zahnlücken-Halbwinkel<br />

Indizes:<br />

i<br />

l<br />

n<br />

r<br />

t<br />

Bs<br />

nBs<br />

allgemeiner Zählindex z. B. für Zähne<br />

linke Flanke<br />

für Größen in einem Normalschnitt<br />

rechte Flanke<br />

für Größen in einem Stirnschnitt<br />

Bezugsseite des Zahnrades<br />

Nicht-Bezugsseite des Zahnrades<br />

Vereinbarungen:<br />

Variable: kursiv, wie z. B. n<br />

Vektor: kursiv, unterstrichen, wie z. B. P<br />

Funktion: Arial, wie z. B. sin<br />

Winkel: Symbol, wie z. B. ��


6 Abkürzungsverzeichnis<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

AGMA American Gear Manufacturing Association<br />

ASME American Society of Mechanical Engineering<br />

Bd. Band<br />

BS Bezugsseite<br />

CNC Computerized Numerical Control<br />

ETH Eidgenössischen Technische Hochschule, Zürich<br />

DIN Deutsches Institut für Normung e.V.<br />

FVA Forschungsverein für Antriebstechnik<br />

GKS Geräte-Koordinatensystem<br />

GMT Geometrische Messtechnik<br />

IPA Institut für Produktionstechnik und Automatisierung, Stuttgart<br />

JSME Japanese Society of Mechanical Engineering<br />

Kap. Kapitelbezeichner innerhalb einer Literaturquelle<br />

KKKS Kopfkegel-Koordinatensystem<br />

KMG Koordinatenmessgerät<br />

KMT Koordinatenmesstechnik<br />

KS Koordinatensystem<br />

LKS Lagerflächen-Koordinatensystem<br />

MSD theoretischer Messstück-Durchmesser<br />

nBS Nicht-Bezugsseite<br />

PTB Physikalisch-Technische Bundesanstalt<br />

RKS Referenz-Koordinatensystem<br />

SAE Society of Automotive Engineers<br />

SqE Summe der quadrierten Einzelabstände<br />

VDI Verein deutscher Ingenieure<br />

VKS Verzahnungs-Koordinatensystem<br />

VMT Verzahnungs-Messtechnik<br />

WKS Werkstück-Koordinatensystem<br />

i. Allg. im Allgemeinen


Abkürzungsverzeichnis 7<br />

i. F. im Folgenden<br />

i. d. R. in der Regel<br />

o. g. oben genannte<br />

s. g. so genannte<br />

u. a. unter anderem<br />

u. U. unter Umständen<br />

z. B. zum Beispiel


1 Einleitung und Zielsetzung der Arbeit 9<br />

1 Einleitung und Zielsetzung der Arbeit<br />

1.1 Thematische und historische Einordnung<br />

Die Übertragung von Drehbewegungen zwischen zwei mechanischen Achsen<br />

erfolgt durch verschiedenste Getriebeformen. Für die exakte Übertragung von<br />

Drehwinkeln verbunden mit Drehmomenten werden in der Regel Verzahnungsgetriebe<br />

eingesetzt. Hierbei unterscheidet man zwischen Getrieben mit parallelen<br />

und gekreuzten Achsen. Zu den achsparallelen Verzahnungsgetrieben gehören<br />

überwiegend Zylinderrad- und Planetengetriebe.<br />

Die Übertragung zwischen nichtparallelen Achsen erfolgt in der Regel über<br />

Schneckenrad-, Kegelrad-, Hypoid-, oder Kronenradgetriebe. Seit einigen<br />

Jahren werden hierfür auch Cyclo-Getriebe [Mey 01], Spiroid-Verzahnungen<br />

[Ser 01] und konische Evolventenverzahnungen eingesetzt 1 . Eines der häufigsten<br />

Einsatzgebiete für Achsgetriebe mit nichtparallelen Achsen ist der Fahrzeugbau.<br />

So lenkt z. B. seit den 20er Jahren ein Hypoidradsatz das Drehmoment<br />

vom Motor auf die Radachse um und Kegelräder in Differenzialen gleichen<br />

unterschiedliche Drehzahlen zwischen den Rädern einer Achse bei einer<br />

Kurvenfahrt aus. Standen am Beginn der Entwicklung zunächst nur die<br />

Leistungsübertragung und die Lebensdauer dieser Radsätze im Vordergrund, so<br />

hat sich das Anforderungsprofil seitdem immer wieder gewandelt. Hinzu kamen<br />

u. a. das akustische Verhalten, diverse Gewichtseinsparungen, Materialeigenschaften<br />

hinsichtlich Verformungen unter Last und die Steigerung des<br />

Wirkungsgrades [StK 04].<br />

Die Fertigungsprozesse der verschiedenen Kegelradverzahnungen sind ähnlich<br />

vielfältig wie die der Zylinderräder und führten im Verlauf ihrer Entwicklung<br />

und Optimierung zu unterschiedlichen Produktionsverfahren und Zahnformen.<br />

So hat sich z. B. für das Kegelrad auf dem europäischen Markt zunächst ein<br />

Einzelteilungsverfahren etabliert, bei welchem nacheinander jede einzelne<br />

Zahnlücke aus dem Zahnradgrundkörper herausgearbeitet wird. In den USA<br />

hingegen gewann ein kontinuierliches Schneidverfahren die Überhand. Hierbei<br />

werden mittels zusätzlicher Drehbewegung des Werkrades alle Zahnlücken<br />

schrittweise gleichmäßig gefräst. Aus diesen beiden Verfahren zusammen mit<br />

ihren unterschiedlichen Nachbearbeitungsprozessen resultieren etwas unterschiedliche<br />

Zahnformen und zunächst auch unterschiedliche Eigenschaften der<br />

Radsätze. Da beide Verfahren Nach- und Vorteile aufweisen, wurden sie beide<br />

1 Im Folgenden werden die aufgezählten Zahnradtypen für nicht parallele Achsen unter dem<br />

Begriff „Kegelräder“ zusammengefasst, soweit es sich nicht um Erläuterungen zu<br />

speziellen Unterschieden in ihren Eigenschaften handelt.


10 1.1 Thematische und historische Einordnung<br />

unabhängig voneinander weiter verbessert. Dies führte dazu, dass sich die<br />

Radsätze heute hinsichtlich ihrer Zahnform zwar noch unterscheiden, aber in<br />

ihren Laufeigenschaften in Summe nahezu gleich sind [Mül 04].<br />

Die Messung von Zylinderrädern basierte zunächst auf der Nachbildung der<br />

abwälzenden Achsbewegungen der Verzahnungsprozesse. Abweichungen von<br />

der Idealform eines Zahnes waren somit direkt in verschiedenen Diagrammen<br />

visualisierbar. Mit der Einführung der Koordinatenmesstechnik (KMT) vor<br />

ungefähr 35 Jahren [For 77, Hur 78, Pfl 78] ging man allgemein dazu über, mit<br />

ähnlichen Wälzbewegungen, allerdings nun numerisch gesteuert, die Zahnflanke<br />

als mathematisch geschlossenes Gebilde abzutasten und die vorhandenen<br />

Abweichungen von der Solloberfläche individuell zu berechnen.<br />

Die Bewegungen der Verzahnungswerkzeuge für die Fertigung der verschiedenen<br />

Kegelradtypen sind wesentlich komplexer als für Zylinderräder. Hinzu<br />

kommt, dass die verschiedenen Zahnformen keine allgemeingültige Beschreibung<br />

einer Kegelradflanke zulassen [Nie 86, KrW 50, Zie 69, HoF 39, Oer 90,<br />

StK 04]. Daher war es bis zur Einführung der KMT nur sehr eingeschränkt und<br />

auch nur für wenige geradverzahnte Kegelräder möglich, topographische<br />

Abweichungen der einzelnen Zahnflanken zu erfassen und fertigungsorientiert<br />

auszuwerten [For 77, Hur 78, Pfl 78]. Inzwischen können alle o. g. Zahnräder<br />

zur Übertragung von Drehmomenten zwischen nichtparallelen Achsen topographisch<br />

auf Koordinatenmessgeräten (KMG) gemessen werden. Aber nur sehr<br />

wenige Ausnahmen wie z. B. geradverzahnte Kegelräder lassen sich derzeit mit<br />

zusätzlichen Spezialprogrammen auch nach den abwälzenden Prinzipien der<br />

Zylinderräder topographisch erfassen und auswerten.<br />

Einige der heute aktuellen Mess- und Auswertemethoden der taktilen Kegelradmessung,<br />

insbesondere die Teilungs- und Rundlaufprüfung, sind schon sehr<br />

alt und bewährt. Um so erstaunlicher ist es, dass es hierüber vergleichsweise<br />

wenige Veröffentlichungen gibt. Die für diese Themenbereiche zuständigen<br />

Normen sind vor mehr als 20 Jahren verabschiedet und seither kaum ergänzt<br />

worden [DIN 3965, DIN 3971] 2 . Die meisten Grundlagen basieren auf der<br />

Messtechnik für evolventische Zylinderräder. Die entsprechende Richtlinie des<br />

Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) [VDI 2613] wurde zwar aktualisiert, weist<br />

aber gerade im Sinne der Weiterentwicklung der Mess-Strategien für Kegelräder<br />

auch Lücken auf.<br />

2 Während der Abschlussarbeiten zu dieser Arbeit erschienen durch die Arbeitsgruppen der<br />

ISO/TC 60/WG 2 folgende neuen Standards zur Abstimmung: [ISO 10064-6, ISO 17485].<br />

Auf deren Inhalte wird in dieser Arbeit nichteingegangen, da es sich hierbei um noch nicht<br />

verabschiedete Normen handelt.


1 Einleitung und Zielsetzung der Arbeit 11<br />

1.2 Ziele und wissenschaftliche Arbeitsschwerpunkte<br />

Diese Arbeit resultiert aus der Entwicklung einer markttauglichen Software zur<br />

Messung von Kegelrädern, welche im Unterschied zu vorhandenen Produkten<br />

eine modulare Struktur aufweist und zusätzlich verschiedene alternative<br />

Auswertestrategien bietet. Somit war es möglich, unterschiedliche Messergebnisse<br />

verschiedener KMG-Produzenten bei gleichem Kegelrad-Messobjekt zu<br />

bewerten.<br />

Auf den Abgleich der industriell eingeführten Mess- und Auswertestrategien mit<br />

den gerätetechnischen Möglichkeiten wird in dieser Arbeit nicht eingegangen,<br />

da man hierfür zu spezialisiert auf bestimmte KMG-Typen eingehen müsste.<br />

Stattdessen widmet sich diese Arbeit der Auswertung der Messdaten und<br />

umfangreicher Untersuchungen zu verschiedenen Auswertemethoden. Vor allem<br />

der Vergleich von Messergebnissen mit denen anderer Messgeräte und<br />

Software-Systeme und die Mitarbeit in verschiedenen Gremien des VDI und des<br />

Deutschen Instituts für Normung (DIN) ermöglichte die Zusammenstellung des<br />

vorliegenden Materials.<br />

Das Ziel dieser Arbeit war die vollständige Abbildung und Analyse des Messprozesses.<br />

Dabei kristallisierten sich vier wissenschaftliche Arbeitsschwerpunkte<br />

heraus, die sich in vier Teilzielen dieser Arbeit zusammenfassen lassen:<br />

A) Analyse der verschiedenen Ausrichtungsvorgaben für Kegelräder und der<br />

damit verbundenen Vielfalt von Werkstück-Koordinatensystemen (WKS),<br />

B) Vergleich unterschiedlicher Strategien bei der Messpunktaufnahme und<br />

der darauf abzustimmenden Auswertealgorithmen,<br />

C) Entwicklung von verbesserten Auswertealgorithmen für die Rundlauf-<br />

Abweichung auf der Basis von Teilungs-Messpunkten und<br />

D) Analyse der Auswirkungen unterschiedlich definierter Abweichungen und<br />

verschieden berechneter Referenzpunkte bei Topographie-Diagrammen.<br />

Die in dieser Arbeit dargelegten Betrachtungen für Kegelräder sind in gleicher<br />

Weise auch für Hypoidräder und, je nach Solldatenvorgabe, auch für Kronenräder<br />

und Cyclo-Räder gültig. Theoretisch sind auch Zylinderräder aller Art<br />

nach den in den folgenden Kapiteln beschriebenen Methoden messbar, sobald<br />

eine vergleichbare Solldatenbeschreibung vorliegt.<br />

Wie in Bild 1-1 dargestellt, fasst diese Arbeit - neben der Einleitung, dem Stand<br />

der Technik und der abschließenden Zusammenfassung - die Untersuchungen zu<br />

vier Kern-Themenbereichen zusammen:


12 1.2 Ziele und wissenschaftliche Arbeitsschwerpunkte<br />

� allgemeine Beschreibung zur Problematik der Kegelradmesstechnik:<br />

Dieser Bereich wird ergänzt um ein eigenes Kapitel zur Einordnung von<br />

Maß-, Form- und Lageabweichungen in der geometrischen Messtechnik<br />

mit Blick auf die Verzahnungsmesstechnik (VMT).<br />

� eingehende Beschreibung zur Problematik der Ausrichtung eines Kegelrades:<br />

Hierzu gehören vor allem Erläuterungen zum Setzen eines Werkstück-<br />

Koordinatensystems (WKS).<br />

� Messung und Auswertung von Teilungsabweichungen, Zahndicken und<br />

Rundlauf:<br />

In diesem Kernkapitel wurden unter anderem schrittweise verbesserte<br />

Algorithmen zur Berechnung der Rundlaufabweichungen auf Basis der<br />

Teilungsmesspunkte diskutiert. Es folgen Betrachtungen zur Auswertung<br />

von Exzentrizität und Taumel der Verzahnung. Ergänzt wird diese<br />

Thematik durch ein anschließendes Kapitel mit Simulationsergebnissen zu<br />

verschiedenen Rundlaufauswertungen.<br />

� Berechnung von Topographieabweichungen auf Kegelradflanken:<br />

Dieses weitere Kernkapitel stellt verschiedene Auswertemöglichkeiten<br />

gegenüber. Es resultiert vor allem aus der praktischen Erfahrung, dass bei<br />

gleichen Messpunkten verschiedene Messgeräte unter Umständen unterschiedliche<br />

Topographiedarstellungen ausgeben.<br />

Diese Schrift umfasst weiterhin eine Liste der verwendeten <strong>Formelzeichen</strong>, ein<br />

Literaturverzeichnis und den Mathematischen Anhang, in welchem tiefergehende<br />

Erläuterungen und mathematische Zusammenhänge enthalten sind, die<br />

vom Gedankenfluss im Haupttext ablenken würden.<br />

Der derzeitige Stand der Kegelradmessung umfasst bei den meisten KMG<br />

zusätzlich auch noch die Bereiche Meisterradmessung und Kopf- sowie Fußkegelmessung.<br />

Da die Abhandlung dieser ebenfalls sehr umfangreichen Themen<br />

den Rahmen dieser Arbeit sprengen würden, wurde darauf verzichtet.


1 Einleitung und Zielsetzung der Arbeit 13<br />

1 Einleitung<br />

3 Allgemeines zur<br />

Kegelradmessung<br />

5 Ausrichtung<br />

von Kegelrädern<br />

6 Rundlauf-,<br />

Teilungs- und<br />

Zahndickenprüfung<br />

am Kegelrad<br />

8 Topographie-<br />

Prüfung am<br />

Kegelrad<br />

9 Zusammenfassung<br />

und Ausblick<br />

2 Stand der Technik<br />

4 Maß-, Form- und<br />

Lageabweichungen<br />

in der<br />

geometrischen<br />

Messtechnik<br />

7 Simulationsergebnisse<br />

Bild 1-1: Übersicht der Kernthemen und Zuordnung zu den Kapiteln dieser Arbeit<br />

Mathematischer Anhang / <strong>Formelzeichen</strong>


14 2 Stand der Technik<br />

2 Stand der Technik<br />

Das Messen von Produkten oder Produktkomponenten ist in der Regel entweder<br />

Bestandteil einer Prozesslenkung bzw. Qualitätsprüfung oder dient während der<br />

Entwicklungsphase eines Produktes zur Einstellung von Werkzeugen in<br />

Fertigungsmaschinen und mathematischen Produktanalysen.<br />

Um ein Produkt wie z. B. ein Zahnrad messen und seinen Fertigungsprozess<br />

bzw. seine Funktion beurteilen zu können, muss zum einen seine Ideal- oder<br />

Sollform bekannt sein und zum anderen spezifiziert sein, welche Merkmale von<br />

Bedeutung sind und in wie weit sie vom Idealmaß abweichen dürfen. Hinzu<br />

kommen u. U. noch die Forderungen nach einfachen oder komplexen Funktionsprüfungen,<br />

welche i. d. R. globale Aussagen über das Zusammenwirken<br />

aller Merkmale erlauben.<br />

Die erste Bedingung resultiert bei der Verzahnungsfertigung vor allem aus dem<br />

Wissen, wie sich die fertigenden Werkzeuge im Prozess bewegen und welche<br />

Form ihre Schneidkanten aufweisen. Die zweite und dritte Bedingung bilden<br />

wesentliche Elemente eines Prüfplans.<br />

Ein Prüfplan in der Verzahnungsmesstechnik beinhaltet i. Allg. zwei<br />

unterschiedliche messtechnische Aufgabenstellungen:<br />

� Die erste ist die Erfassung und Bewertung von Einzelabweichungen der<br />

Verzahnung. Hierzu gehören zum einen das Messen der Flankenform, der<br />

Flankenrichtung, der Teilung, der Zahndicke an einzelnen Zähnen oder<br />

Lücken sowie das Messen des Kopf- sowie Fußkegelwinkels oder Kopfkreissowie<br />

Fußkreisdurchmessers 3 , des Rundlaufs, der Exzentrizität und des<br />

Taumels des gesamten Zahnrades. Hierfür werden spezielle Einzweck- oder<br />

Multifunktions-Messgeräte sowie KMG eingesetzt.<br />

� Die zweite Aufgabenstellung ist die Funktionsprüfung des Zahnrades und<br />

erfasst sogenannte Sammelabweichungen. Sie wird oft als Gesamtabweichungs-Prüfung<br />

bezeichnet. Hier werden mit speziellen Laufprüfgeräten<br />

das Tragbild, die Ein- und Zweiflankenwälzprüfung und verschiedene Tests<br />

zu den Einbaumaßen unter Last durchgeführt. Zusätzlich können seismische<br />

Aufnehmer, opto-elektronische Verfahren und andere Sensoren oder Hilfsmittel<br />

Auskunft über die Laufruhe und Lastverteilung geben.<br />

Die Prüfmethoden dieser zweiten Gruppe werden in dieser Arbeit nicht<br />

beleuchtet. Da sie jedoch in vielerlei Hinsicht die Basis für die moderne Kegel-<br />

3<br />

Kopf- und Fußkegelwinkel können nur an Kegelrädern gemessen werde, Kopf- und<br />

Fußkreisdurchmesser nur an Zylinderrädern.


2 Stand der Technik 15<br />

radmessung bilden und auch heute noch als Gesamtprüfung von Kegelradsätzen<br />

unumgänglich sind, wird ihnen im folgenden Unterkapitel ein eigener kleiner,<br />

historischer Abriss gewidmet<br />

2.1 Historische Entwicklung der Verzahnungs-Messtechnik<br />

Die Dokumentation der Zahnradmesstechnik beginnt Ende des neunzehnten<br />

Jahrhunderts als „Unterkapitel“ in den ersten Veröffentlichungen zum Maschinenbau<br />

[Seh 65, Bre 98]. Die meisten der frühen Aufzeichnungen beschreiben<br />

jedoch zunächst nur die theoretische geometrische Form der einzelnen Verzahnungen,<br />

ohne die dazugehörige Messtechnik zu erklären. Die ersten messtechnischen<br />

Beschreibungen finden sich in [Buc 28, Ola 32], wobei diese sich stärker<br />

auf die Zylinderräder fokussieren als auf Sonderverzahnungen, zu denen damals<br />

z. B. auch die Kegelräder zählten. Sehr gute Einsicht in die Anfänge der Kegelradprüfung<br />

bieten in der deutschsprachigen Literatur [Kus 54, Kec 58]. Jedoch<br />

bleibt der Umfang der Messungen, welche am Kegelrad möglich sind, im<br />

Vergleich zu den Messungen an Zylinderrädern zunächst sehr beschränkt<br />

[Sco 69].<br />

Geometrische Abweichungen von Verzahnungen konnten zu Beginn nur mit<br />

sehr speziellen Messgeräten ermittelt werden, welche jeweils nur einzelne<br />

Abweichungen erfassen konnten. Dies führte dazu, dass verschiedene Abweichungen<br />

unterschiedliche Gerätetypen oder Prüfmittel erforderten, wie z. B.<br />

Zahndicken- und Rundlaufmessgeräte [HoW 81, Lei 54]. Viele dieser Geräte,<br />

insbesondere zur Messung von Zylinderrädern, verkörpern direkt durch ihren<br />

mechanischen Aufbau die Sollgestalt der Verzahnung. Auf Grund der komplexen<br />

Gestalt von Kegelrädern lassen sich Kegelräder damit nur eingeschränkt<br />

erfassen [Ben 96].<br />

Die Messung und Beurteilung von Zylinderrädern ließ schon in den sechziger<br />

Jahren ohne weiteres den Austausch einzelner Zahnräder innerhalb eines Getriebes<br />

zu. Für Kegelräder fehlten jedoch noch lange Zeit die erforderlichen<br />

Voraussetzungen. Einer der Hauptgründe war, dass es keine parallelen Bezugs-<br />

Flächenelemente am Kegelrad gibt. Den zentralen Bezug eines Kegelradpaares<br />

bilden die Teilkegel-Spitzenpunkte, welche aber an den Kegelrädern selbst nicht<br />

verkörpert sind (siehe Bild 3-3 a). Lediglich die Einbauflächen bieten einen<br />

indirekten Bezug an, da ihre Abstände zu den zugehörigen Teilkegelspitzen über<br />

die Einbaumaße tB beider Kegelräder definiert sind. Hinzu kommt, dass die<br />

theoretischen Messpunktreihen auf den Zahnflanken nicht parallel oder senkrecht<br />

zu den Einbauflächen bzw. Bezugsflächen verlaufen, wie dies bei den<br />

Profil- und Flankenlinien der Zylinderrädern der Fall ist. Bei Kegelrädern beziehen<br />

sich diese Messpunktreihen i. d. R. auf den Teilkegel und schneiden diesen<br />

senkrecht oder verlaufen entlang seiner Kegelmantelfläche (Bild 3-1).


16 2.1 Historische Entwicklung der Verzahnungs-Messtechnik<br />

Ohne eine mechanische Führung für die Abtastbewegung senkrecht oder parallel<br />

zum Teilkegel war es damals noch nicht möglich, wirtschaftliche Messungen<br />

von Topographie und einigen Einzelabweichungen vorzunehmen [Kec 58].<br />

Die klassische Kegelradmesstechnik musste während ihrer Anfänge im<br />

Vergleich zu den komplexen Funktionsflächen auf eher einfache Methoden<br />

zurückgreifen. Diese beinhalteten daher zunächst überwiegend Funktionstests.<br />

Die ersten maßlichen Zahnradmessungen erfolgten mit einer Vielzahl kleiner<br />

handlicher Spezialmessgeräte und über Relativbewegungen von Messaufnehmern<br />

(Tastelementen) entsprechend den Bewegungen der fertigenden<br />

Verzahnungswerkzeuge. Dafür wurden spezielle nachbildenden Mechaniken<br />

eingesetzt. Die Messaufnehmer registrierten während ihrer Bewegung über die<br />

Zahnflanke direkt alle Abweichungen von der Idealform. Diese Zahnradmessgeräte<br />

waren hoch spezialisiert und in Folge dessen kaum variabel in Hinblick<br />

auf wechselnde Zahnradabmessungen [Hul 65, HoW 69, Mai 72].<br />

Im Folgenden wird die Geschichte der Kegelradmessung mit sehr kurzen Querverweisen<br />

bzw. Vergleichen auf die Messung von Zylinderrädern wiedergegeben.<br />

Da sich die Entwicklung der Messmöglichkeiten in die zwei Prüfaufgaben<br />

einteilen lässt, nämlich die Ermittlung von Gesamtabweichungen und<br />

Einzelabweichungen, ist ihre historische Entwicklung in den folgenden zwei<br />

Unterkapiteln gegenübergestellt. Sie stellen zwei voneinander unabhängige<br />

Messtechniken dar und werden noch heute als zwei nebeneinander existierende<br />

Methoden praktiziert.<br />

2.1.1 Prüfung der Gesamtabweichungen an Kegelrädern<br />

Die Prüfung der Gesamtabweichungen ermöglicht die Qualitätsbewertung des<br />

Kegelradsatzes oder eines einzelnen Kegelrades anhand von Sammelabweichungen.<br />

Im Gegensatz zu den mehr fertigungsorientierten Einzelabweichungen<br />

sind die Sammelabweichungen eher funktionsorientiert. Sie<br />

erlauben direkte Rückschlüsse auf das spätere Laufverhalten im Getriebe. Ein<br />

Rückschluss auf die Einzelabweichungen ist nicht eindeutig möglich [Hir 86].<br />

Die Prüfung der Gesamtabweichungen umfasst i. Allg. die Ein- und<br />

Zweiflanken-Wälzprüfung sowie die Tragbildprüfung, die akustische Prüfung<br />

und, etwas umfassender gegriffen, auch die Festigkeitsprüfung. In all diesen<br />

Fällen erfolgt das Abwälzen der Kegelräder eines Kegelradsatzes in einer festen<br />

Einbauvorrichtung mit und ohne Belastung.<br />

Die Zweiflanken-Wälzprüfung erfasst die Wälzabweichung sowie den Wälzsprung<br />

und gibt Auskunft über das vorhandene Flankenspiel. Dabei werden die<br />

beiden Kegelräder spielfrei unter Einwirkung einer geringen radialen Federkraft<br />

miteinander abgewälzt. Durch Verzahnungsabweichungen werden beim Abwälzen<br />

gegenseitige Lageänderungen beider Räder hervorgerufen. Diese Prüfung


2 Stand der Technik 17<br />

erfolgt meistens zwischen einem Werkrad und einem Lehrkegelrad, welches als<br />

ein ideales Kegelrad anzusehen ist. Bis in die sechziger Jahre wurde der relative<br />

Ausschlag der Ritzelachse dabei zunächst nur mit eindimensionalen Wegaufnehmern<br />

(Messuhren), später durch eine Schreibvorrichtung direkt in ein<br />

Diagramm übertragen. Die Zweiflanken-Wälzprüfung erfolge zunächst nur für<br />

Kegelräder mit sehr hohen Anforderungen an eine gleichmäßige Übertragung<br />

der Winkelgeschwindigkeit [Kec 58]. Sie erweist sich bis heute als eine sehr<br />

einfache und schnelle, fertigungsnahe Prüfung in der Serienfertigung [Roh 00].<br />

Sehr oft kommt auch die Einflanken-Wälzprüfung oder auch Laufprüfung zum<br />

Einsatz. Hierbei wird der Kegelradsatz mit dem vorgesehenen Flankenspiel<br />

unter betriebsähnlichen Verhältnissen abgewälzt. Das für den Radsatz ideale<br />

Einbaumaß kann durch Variation der Achsabstände festgestellt werden. Dabei<br />

orientiert man sich überwiegend an der Geräuschentwicklung und dem entstehenden<br />

Tragbild. Drehwinkelabweichungen beim Abwälzen beeinflussen die<br />

Gleichförmigkeit der Bewegungsübertragung und führen i. d. R. zu hörbaren<br />

Schwingungen wie Pfeifen oder Brummen. Diese Drehwinkelabweichungen<br />

werden verursacht durch Abweichungen der Flanken von ihrer Idealform,<br />

welche ihrerseits durch konstruktive Schwachstellen, sowie Montage- und Fertigungsfehler<br />

hervorgerufen werden [Roh 00]. Das Tragbild einer Verzahnung<br />

wird für den Betrachter sichtbar, indem auf die Flanken ein Kontrastmittel wie<br />

Tuschierlack oder –paste von wenigen μm Schichtdicke durch Pinseln oder<br />

Sprühen aufgetragen wird. Danach erfolgt das Abwälzen beider Räder unter<br />

geringer Last oder mit Nennlast, wobei das Kontrastmittel an den Stellen der<br />

stärksten Flankenpressung „weggedrückt“ wird. Die auf den Flanken entstehenden<br />

Muster werden als Tragbild bezeichnet. Ihre Lage ist außer von den geometrischen<br />

Abweichungen und der Last auch vom Verzahnungstyp und den<br />

Flankenmodifikationen abhängig. Das Tragbild hat Auswirkungen auf Laufruhe<br />

und Tragfähigkeit der Verzahnung.<br />

Zunächst schloss man aus Tragbild und Laufgeräusch auf vorhandene Rundlauf-,<br />

Teilungs- und Eingriffsabweichungen sowie Flankenspiel, Einbaumaß und<br />

zum Teil auch auf die Oberflächenrauheit der Flanken. Die qualitative Abschätzung<br />

dieser Größen war jedoch überwiegend den Erfahrungen des Prüfers überlassen<br />

und somit sehr subjektiv. Eine Zuordnung von Einzelabweichungen am<br />

Kegelrad war und ist auch heute noch über diese Methoden nicht möglich und<br />

die Übertragung der Prüfstandsergebnisse auf ein Fahrzeug ist weiterhin problematisch<br />

[Kec 58, For 76, Roh 00]. Bis heute ist die Einflanken-Wälzprüfung<br />

die beste Methode für die gesicherte Analyse geräuschbezogener Flankenmodifikationen<br />

[Roh 02].<br />

Zu Beginn der siebziger Jahre erkannte man, dass Eingriffswinkelabweichungen<br />

Mitursache von Laufgeräuschen sind und bemühte sich fortan um eine systema-


18 2.1 Historische Entwicklung der Verzahnungs-Messtechnik<br />

tische Beurteilung der Geräusche durch spezielle Geräte [Wer 69]. Die Einflanken-Wälzprüfgeräte<br />

wurden daraufhin schon mit den ersten seismischen<br />

Aufnehmern ausgerüstet. Hinzu kamen die ersten Erprobungen opto-elektronischer<br />

Verfahren und Magnetscheibenverfahren für die Messungen an Zylinderrad-,<br />

Schrauben- , Schnecken- und Kegelradgetrieben. [Bos 71].<br />

Gleichzeitig setzte der Trend zum Einsatz von Elektronik in der geometrischen<br />

Messtechnik ein. Die ersten Kleinrechner ermöglichten erste automatische<br />

Auswertungen. Außerdem begann der Einsatz von foto-elektrischen Anbaumess-Systemen<br />

zur dynamischen Messung von Drehfehlern und die ersten<br />

Überlegungen, Rechnerprogramme zur optimalen Auslegung und<br />

Geräuschminimierung von Kegelrädern zu entwerfen [Roh 73]. Damit<br />

verbunden setzte die Entwicklung von Verzahnungs-Messgeräten ein, die in<br />

enger Anlehnung an Form- und Lage-Messgeräte zu sehen sind. Hinzu kommen<br />

neue Geräte zur vergleichenden Abrollprüfung in der Fertigung, welche das<br />

Feststellen von Zahnbeschädigungen und Graten während der Zweiflanken-<br />

Wälzprüfung erlauben. Mitte der siebziger Jahre kamen die ersten<br />

halbautomatischen Zahnprüfgeräte auf den Markt, welche Messergebnisse<br />

statistisch erfassen und für die Qualitätsprüfung mittels EDV-Anlage aufbereiten<br />

konnten.<br />

Die Prüfung der Gesamtabweichungen entwickelte sich wie zu erwarten mit<br />

dem zunehmenden Einsatz der Rechnertechnik hin zur Automatisierung des<br />

Messprozesses. Neue Messverfahren traten erst wieder mit der Weiterentwicklung<br />

der Tragbildanalyse in Erscheinung. So versucht man z. B., Drucksensoren<br />

im Schmierspalt anzubringen, um den Schmierverlauf an Zylinderzahnrädern zu<br />

beobachten [KrA 77].<br />

Abseits der direkten Verzahnungsmesstechnik befasste sich [Pfe 80] mit dem<br />

Übertragungsverhalten einzelner Baugruppen, welches auch Drehzahlschwankungen<br />

bei der Drehmoment-Übertragung von Getrieben beinhaltete und somit<br />

für die Auswirkungen der Ergebnisse der Einflanken-Wälzprüfung von Bedeutung<br />

war. Ab den achtziger Jahren erfolgte die Auslegung von Kegelradsätzen<br />

zunehmend mit der Zielsetzung, Geräusche zu reduzieren und die Lebensdauer<br />

zu optimieren. Damit einher ging die Bestimmung der Flankentragfähigkeit in<br />

mechanischen Verspannungs-Prüfständen unter Hinzunahme von Wöhlerlinien<br />

[Roh 81].<br />

Erste Untersuchungen zur theoretischen Tragbildanalyse auf Basis von Kegelradmessungen<br />

auf KMG veröffentlichte [Kre 83]. Dieser Weg ist noch heute<br />

aktuell und wird in verschiedenen Forschungsprojekten weiter verifiziert. Einen<br />

gänzlich anderen Weg gingen [Hir 86, Kle 89]. Sie erfassten das Tragbild mit<br />

einer Thermographiekamera, welche die an den Zahnflanken durch Gleitreibung<br />

erzeugte Wärmetönung aufzeichnete. Dies muss als Schritt in Richtung einer


2 Stand der Technik 19<br />

objektiven Erfassung und einer anschließenden automatischen, optimalen<br />

Einstellung gewertet werden. Probleme gab es jedoch, weil einerseits die Bildaufnahme<br />

nur im Stillstand möglich war und andererseits die Wärmeableitung<br />

ins Metall sehr schnell erfolgt. Eine weitere quasi-statische Messung des Tragbildes<br />

mittels druckempfindlichem Feinpapier und anschließender Erfassung im<br />

Durchlichtverfahren wurde durch [Kup 99, ScB 02] publiziert.<br />

Die Einflankenwälzprüfung erhielt neue Impulse durch den Einsatz der Fast-<br />

Fourier-Analyse zur Ursachenforschung von einigen Abweichungen [Roh 84]<br />

und durch Beschleunigungssensoren, welche am Zahnradschaft befestigt wurden<br />

[GrJ 89, Kle 89]. Nachdem eine eindeutige Korrelation zwischen<br />

Einflankenwälzprüfung und Geräusch unter Last nachgewiesen werden konnte<br />

[Roh 90], begannen z. B. intensive Untersuchungen von harmonischen Wellen<br />

zur Geräuschanalyse von [Kag 93], welche ebenfalls einen Schritt in Richtung<br />

einer Systematisierung der Geräuschanalyse mit objektiver, reproduzierbarer<br />

Bewertung bedeutete. Im Folgenden wurden unterschiedliche Getriebe-Diagnosesysteme<br />

entwickelt, welche entweder auf eine schadensbegrenzende Prüfung<br />

vorhandener, im Einsatz befindlicher Getriebe zielten [Roh 90], oder sich auf<br />

einfache und schnelle Prüfung der Gesamtabweichungen für den produktionsnahen<br />

Einsatz in der Serienfertigung konzentrierten [Roh 94]. Um vor allem bei<br />

der Beurteilung großer Kegelräder die Kosten für zusätzliche Messungen auf<br />

KMG zu sparen, wurde durch [Jer 00] ein Verfahren entwickelt, welches es<br />

erlaubt, auf Basis von Einflankenwälz-Abweichungen auf allgemeine Topographie-Abweichungen<br />

der Flanken zurückzuschließen. Jedoch sind lokale Abweichungen<br />

auf einzelnen Flanken auf diese Weise nicht detektierbar.<br />

Die allgemeine Entwicklung hin zur berührungslosen Messtechnik begann bei<br />

der Prüfung der Gesamtabweichungen u. a. mit Untersuchungen zu Ermüdungserscheinungen<br />

an randschichtgehärteten Zahnrädern mittels Stereo-<br />

Photogrammetrie [Roh 86] und Wirbelstromprüfung. Mit letzterer ließen sich<br />

bei einer 100%-Prüfung fehlerhaft gehärtete Teile aussortieren [Roh 98].<br />

Eine der neusten Entwicklungen in der Gesamtabweichungs-Messung, allerdings<br />

bisher nur eingesetzt für Zylinderräder, ist eine Verknüpfung von Gesamtund<br />

Einzelabweichungsmessung durch das Wälzscannen [Beu 02], welches<br />

konzeptionell der Einflanken-Wälzprüfung entspricht. Dieses Verfahren<br />

verspricht eine punktweise erfasste, flächenhafte Zahnkontaktanalyse verbunden<br />

mit der Messung von Drehabweichungs-Verläufen und deren Frequenzspektren<br />

sowie von Tragbildern für jeden Zahneingriff [Roh 02].<br />

Jedoch ist die Prüfung der Gesamtabweichungen allein nicht in der Lage, den<br />

Produktionsprozess von Zahnrädern zuverlässig zu steuern. Untersuchungen<br />

hierzu zeigten schon sehr früh, dass eine Ergänzung durch die Prüfung der<br />

Einzelabweichungen mittels KMG unumgänglich ist [Cha 87].


20 2.1 Historische Entwicklung der Verzahnungs-Messtechnik<br />

2.1.2 Klassische Prüfung von Einzelabweichungen an Kegelrädern<br />

Einzelabweichungen sind, im Gegensatz zu den funktionsorientierten Sammelabweichungen,<br />

fertigungsorientiert. Das heißt, dass anhand dieser Abweichungen<br />

Fehler bei der Einstellung der Verzahnmaschine oder Abweichungen des<br />

Werkzeuges aufgedeckt werden können. Ein Rückschluss auf die zukünftigen<br />

Laufeigenschaften des Zahnrades oder des Radpaares ist hingegen nicht eindeutig<br />

möglich.<br />

Die Prüfung von Einzelabweichungen wie Flankenform, Flankenrichtung,<br />

Teilung, Rundlauf, Zahndicke und Flankenspiel sowie Wälzkegelwinkel und<br />

Oberflächenrauheit der Flanken interessierte zunächst nur im Zusammenhang<br />

mit Lehrzahnrädern und zur Abnahme und periodischen Überprüfung von<br />

Verzahnungsmaschinen [Kec 58]. Später kamen die Berührpfadmessung und die<br />

Zahnkontakt-Analyse hinzu.<br />

Die Prüfung der Zahnform konnte Ende der fünfziger Jahre nur sehr eingeschränkt<br />

erfolgen, weil alle zu überprüfenden Maße mit ihrem Abstand von der<br />

Bezugsfläche variieren bzw. nicht mehr in einfachen mathematischen Zusammenhängen<br />

in ebenen Stirnschnitten interpretiert werden konnten. Mit den<br />

damaligen technischen Gegebenheiten erforderte dies erheblichen Aufwand. Die<br />

Messung von Spiralkegelräder war durch die Gestalt ihrer Zähne noch aufwendiger.<br />

Solche komplizierten Formen ließen sich nur mit direkt nachbildenden<br />

Mechaniken erfassen, was einen kostspieligen Einsatz und hohe Spezialisierung<br />

bedeutet [Sco 69]. Erste, sehr aufwendige Prüfungen der Zahnformen erfolgten<br />

mit Evolventen-Prüfgeräten. Allerdings gaben diese nur qualitative Aussagen<br />

wieder, da einerseits eine Ersatz-Evolvente nur eine ungenügende Näherung der<br />

realen Flankengeometrie sein kann und da andererseits die Messlinie zwangsläufig<br />

schräg zum Flankenprüfbereich liegt. Diese Messlinie wird sowohl vom<br />

Taumel des Erzeugungs-Wälzkegels und von der Eingriffswinkel-Abweichung<br />

als auch von der Kegelwinkel-Abweichung beeinflusst und lässt somit eine<br />

quantitative Aussage über Formabweichungen der Flanke nicht zu [Kec 58].<br />

Untersuchungen zur Flächenprüfung von geradverzahnten Kegelrädern durch<br />

Annäherung der Oktoidenform mit ebenen Evolventen konnten für diese Fälle<br />

zumindest eine qualitative Aussage liefern [HoW 69, Dil 74].<br />

Die Prüfung der Teilungsabweichungen erfolgte beim Kegelrad zunächst in der<br />

gleichen Weise wie beim Zylinderrad über verschiedene spezielle Bügelmess-<br />

Systeme mit anliegendem Bezug auf den Kopfkegel, welcher damals nicht sehr<br />

eng toleriert wurde. Es gab auch schon Geräte mit optischer Erfassung der<br />

Flankenpositionen. Diese Prüfung schloss über die Teilungs-Summenabweichungen<br />

den wirksamen Teilungs-Einzelabweichungen unter Einfluss des<br />

Taumels der Verzahnung zur Kopfkegelspitze mit ein. Die Kreisteilung ist am<br />

Kegelrad de facto nicht messbar, daher wird in der Nähe des Teilkegels gemes-


2 Stand der Technik 21<br />

sen und bei der Auswertung so vorgegangen, als ob ein Teilkreisdurchmesser<br />

vorhanden wäre. Diese Prüfung erfordert, wie auch die anschließend erläuterte<br />

Rundlaufprüfung, einen relativ hohen Zeitaufwand und kam daher meistens als<br />

gelegentliche Zwischenprüfung zu Anwendung [Kec 58].<br />

Der Rundlauf wurde klassisch direkt mit einer Messkugel oder mit gegenüber<br />

liegenden Stützfingern und Fühlhebeln [Kec 58] oder mit einem Zylinderrad-<br />

Messgerät mit geneigtem Taster [Dil 74] erfasst. Die zweite Methode erfasste<br />

die Exzentrizität der Verzahnung in der aktuellen Messebene über andere Gleichungsmodelle<br />

als die klassische Rundlaufprüfung. Die Rundlaufmessung in<br />

zwei Messebenen der Verzahnung ergibt bei Zylinderrädern den Taumel der<br />

Verzahnungsachse, relativ zur Drehachse der Aufspannung.<br />

Die wirksame Zahndicke wurde mit optischen oder mechanischen Zahn-<br />

Messschiebern als Sehnenmaß am äußeren Bereich der Verzahnung 4 bestimmt.<br />

Sie enthält an jedem Zahn den wechselnden Einfluss von Taumel und Teilungsabweichung.<br />

Um die Zahnspanne an allen Zähnen am gleichen Ort zu ermitteln,<br />

stützten sich diese Zahn-Messschieber, wie die Bügelmess-Systeme für die<br />

Teilungsmessung, auf den weniger eng tolerierten Kopfkegel ab. Sie waren<br />

deshalb ebenfalls mit einer erheblichen Messunsicherheit behaftet. Meistens<br />

wurde jedoch zur Beurteilung der Zahndickenschwankung auf die Zweiflanken-<br />

Wälzprüfung zurückgegriffen [Kec 58].<br />

Die Flankenrichtungs-Abweichung wurde bei Geradzahn-Kegelrädern durch<br />

Anlegen eines Haarlineals an die Flankenlinie oder durch Anlegen zylindrischer<br />

Nadeln in die Zahnlücken, welche sich im optimalen Fall in einem Kegelschnittpunkt<br />

treffen sollten, ermittelt [Kec 58]. Des weiteren wurden mit<br />

manuellen Kegelradprüfgeräten mittels Messkugeln neben der Flankenrichtung<br />

auch noch der Kegelwinkel und die Zahndicke berechnet [Dil 74, Mai 65]. Die<br />

Oberflächenrauheit der einzelnen Flanken wurde i. Allg. mittels<br />

Abdruckverfahren und anschließender Messung des Negativs bewerkstelligt<br />

[Kec 58, Dil 74].<br />

Ende der sechziger Jahre konnten die zuvor beschriebenen Einzelabweichungen<br />

mit unterschiedlichem Automatisierungsgrad durch eine Vielzahl von<br />

Einzweckmessgeräten oder einige universelle Messgeräte mit entsprechenden<br />

Zusatzgeräten erfasst werden [Bos 71]. Hinzu kamen eine Vielzahl modifizierter<br />

4 Die radial gesehen äußeren Zahnenden einer Verzahnung werden in den deutschen<br />

Normen als äußerer Bereich der Verzahnung beschrieben. Der Zahnbereich in Richtung<br />

Kegelspitze wird als innerer Zahnbereich bezeichnet. Im angelsächsischen Umfeld wird<br />

hier namentlich zwischen Ferse (äußerer Bereich) und Zehe (innerer Bereich)<br />

unterschieden. In der Fachliteratur sind diese Bezeichnungen ebenfalls üblich.


22 2.1 Historische Entwicklung der Verzahnungs-Messtechnik<br />

Längenmessgeräte und Zylinderrad-Messgeräte [Dil 74]. Bei kreisbogenförmig<br />

verzahnten Kegelrädern bewährte sich zur Erfassung von Schrägungs- und<br />

Eingriffswinkelabweichungen sowie der Zahndicke und der Teilungsabweichungen<br />

das Prinzip der Zweipunktmessung [HeK 71, Sei 72].<br />

2.1.3 Prüfung von Einzelabweichungen mit CNC-gesteuerten Messgeräten<br />

Mit der Einführung der ersten, sehr einfachen numerischen Steuerung für eine<br />

Werkzeugmaschine um 1959 erfolgte nahezu gleichzeitig die Markteinführung<br />

des ersten Zwei-Koordinatenmessgerätes [Bec 87]. Die weitere Entwicklung<br />

führte 1969 zur ersten CNC-Werkzeugmaschine und bald darauf 1973 zur<br />

Vorstellung des ersten CNC-KMG, welches nur für einen vollklimatisierten<br />

Messraum geeignet war und noch über keinerlei Temperaturkompensation in<br />

den Maßverkörperungen verfügte [Bec 87]. Damit standen erstmals vollautomatisch<br />

geführte und hoch flexibel einsetzbare Messgeräte zur Verfügung, und<br />

auch für die Verzahnungsmesstechnik brach eine neue Zeit an 5 .<br />

Einer der ersten Protokollierungsvorschläge 6 zu einer Tellerradmessung auf<br />

einem KMG ohne Drehtisch und mit einem einfachen, unverzweigten Taster ist<br />

bei [Sul 74] zu finden. Die Solldaten eines Kegelrades wurden hier auf<br />

einfachste Weise über das Erzeugungsrad gebildet. Die vorgestellte Messung<br />

erfolgte noch manuell. Ein Jahr später bot das erste Messe-Prospekt ein KMG<br />

zur Messung von Kegelrädern mit automatischer Punkt-zu-Punkt-Steuerung des<br />

Tasters an. Der Programmablauf folgte auf ein vorheriges Ausführen eines<br />

Lernprogramms [Pro 75]. [For 75, For 76, For 77] berichten von den ersten<br />

Schritten zu einer Simulationsmethode, um die exakte Sollform von Kegelrädern<br />

zu generieren. Dabei wird die Zahnflanke als Hüllfläche der räumlichen Werkzeugbahn<br />

betrachtet und ein numerisches Gitter generiert. Es folgten daraus<br />

erste Vorschläge auf Basis von KMG-Messungen einen topographischen<br />

Flächenvergleich der Kegelradflanken durchzuführen, um die Auswirkungen<br />

von Härten, Läppen und Verschleiß systematisch erforschen zu können. Außerdem<br />

wurde von den Form- und Lageabweichungen der Flankentopographien auf<br />

5 Der Vorteil der Verzahnungsmessung mit einem KMG lag und liegt bis heute in der<br />

rechnergestützten Modellierung der Sollgestalt, so dass diese Geräte auch die<br />

Kegelradverzahnung nun vollständig erfassen können [Ben 96]. Außerdem ist es von<br />

Vorteil, Merkmale des Werkstückes, die direkt die Verzahnung betreffen, wie z. B. eine<br />

Passnutfeder oder den Planlauf der Lagerflächen, in dem selben Bezugssystem wie die<br />

Verzahnung beurteilen zu können [NeH 00].<br />

6 Die hier gewählte perspektivische Darstellung von Abweichungen der Topographie in<br />

einem Diagramm ist noch bis heute Bestandteil einer jeden auf dem Markt gebräuchlichen<br />

Kegelradauswertung.


2 Stand der Technik 23<br />

zu erwartende Funktionsfehler des Kegelrades geschlossen und auf der Basis<br />

dieser Erkenntnisse eine Optimierung des Fertigungsverfahrens angestrebt.<br />

Zusätzlich wurde in diesen Publikationen die Möglichkeit eines simulativen<br />

Abwälzens der Sollgestalten und einer daraus resultierenden Zahnkontaktanalyse<br />

erkannt, welche es erlaubte, die Tragbildlage, die Eingriffsverhältnisse<br />

und die Berührlinien der generierten Kegelradpaarung vorauszusagen.<br />

[Roh 76] schrieb in seiner Jahresanalyse, dass 1976 auch die Teilungsmessung<br />

für verschiedene Verzahnungen und Verzahnungswerkzeuge mit einem KMG 7<br />

durchgeführt werden könne, allerdings der Investitionsaufwand eines KMG für<br />

die meisten Anwendungen viel zu hoch sei. Daraufhin gewannen die konventionellen<br />

Zahnradmessgeräte in Verbindung mit neuer Rechentechnik wieder etwas<br />

an Bedeutung. Sie boten im Vergleich zu den KMG noch eine wesentlich höhere<br />

Anzahl von verfügbaren Messpunkten (ca. 200 pro Flankenlinie), während<br />

KMGs nur etwa 30 Einzelpunkte antasteten und wesentlich längere Messzeiten<br />

aufwiesen [Roh 78].<br />

[Her 77] stellte eines der ersten Zylinderrad-Messprogramme für Profil- und<br />

Flankenlinie mit selbstzentrierender klassischer Rundlaufmessung sowie<br />

Teilungsmessung an Zylinderrad und Wälzfräser vor. [WeM 79] beschrieb das<br />

Prinzip der Kegelrad-Meistermessung auf einem KMG, um Verschleißeffekte<br />

auf Kegelradflanken zu visualisieren. Zu den wenigen Veröffentlichungen zum<br />

Thema Auswertung des Rundlaufs an Zahnrädern gehören [NeH 80a, NeH 80b].<br />

Hierin wurde dargelegt, wie aus den Messergebnissen der klassischen Rundlaufmessung<br />

mit Messstück auf Teilungs-Einzelabweichungen geschlossen<br />

werden kann 8 .<br />

Ende der siebziger Jahre stellte sich auch bei den KMG die Frage nach der<br />

Ermittlung ihrer Messunsicherheit. Da diese Geräte inzwischen an Komplexität<br />

zunahmen und immer größere Messvolumen umfassten, wurde 1979 zu deren<br />

Spezifizierung im VDI ein entsprechender Fachausschuss 9 gegründet. Gleich-<br />

7 Diese Teilungsauswertung erfolgte zunächst nach dem Prinzip der relativen<br />

Längenmessungen der Sehnendifferenzen gleichgerichteter Flanken. Die Messung der<br />

Kreisteilung selbst ist 1976 noch zu aufwendig.<br />

8 Heute wird in dieser Hinsicht eher der umgekehrte Weg gewählt. Auf die klassische<br />

Rundlaufmessung mit Messstück wird verzichtet, dafür wird mit dem selben Taster, mit<br />

dem auch die Topographiemessung erfolgt, eine separate Teilungsmessung durchgeführt<br />

und auf deren Basis auf die Rundlaufergebnisse geschlossen [Höf 83, Höf 85].<br />

9 1977 zunächst als Arbeitskreis zur Erarbeitung einer „Richtlinie für die Abnahme von<br />

Mehrkoordinaten-Messgeräten“ des Fachausschusses „Fertigungsmesstechnik“ gegründet,<br />

arbeitet er seit April 1979 als eigenständiger Fachausschuss VDI/VDE-GMA FA 3.31


24 2.1 Historische Entwicklung der Verzahnungs-Messtechnik<br />

zeitig konnte eine Entwicklung dahingehend beobachtet werden, dass die<br />

speziellen CNC-Verzahnungsmessgeräte den handelsüblichen KMG in Aufbau<br />

und Fähigkeiten immer ähnlicher wurden. Erste Portalmessgeräte boten schon<br />

Zahnradmessungen für palettenartige Aufspannungen an, vorerst noch mit 15 bis<br />

30 Messpunkten je Profil- bzw. Flankenlinie. Andere Produzenten rüsteten auch<br />

Formprüfgeräte mittels spezieller Software zu Verzahnungsmessgeräten um,<br />

welche zwar den Vorteil größerer Punktemengen boten, aber bei Absolutmessungen<br />

wie z. B. der Zahndicke keine quantitativen Aussagen erlaubten.<br />

Hinzu kamen sogenannte Polar-Koordinatenmessgeräte 10 mit schwenkbaren<br />

Zweikoordinaten-Tastsystemen und horizontaler Aufspannung der Werkstücke.<br />

Diese Polar-Koordinatenmessgeräte waren ursprünglich als Messgeräte für<br />

Wälzfräser konzipiert, wurden aber anschließend auch zur Messung von Zylinder-<br />

und Kegelrädern eingesetzt [Fra 86, Fet 85]. Allen Geräten gemeinsam war<br />

die Entwicklung hin zur vollautomatischen Erfassung, Auswertung und Protokollierung<br />

maßstabsgerechter Abweichungen und der Ausdruck der Messergebnisse.<br />

Aber auch auf der Seite der einfachen manuellen Verzahnungsmessgeräte<br />

gab es, vor allem aus Kostengründen, weiterhin Neuentwicklungen,<br />

wie z. B. ein Zahnradkomparator zur Ermittlung der Zahndicke an Zylinderrädern<br />

[Roh 81].<br />

Zu Beginn der achtziger Jahre war es erstmalig möglich, bei einer Zylinderradmessung<br />

mit einem KMG Vorschub-Fräsrillen auf den Zahnflanken zu erfassen<br />

und deren Einfluss auf die Messergebnisse durch Abändern und Neukombinieren<br />

von Messwegen zu eliminieren. Hinzu kam das Messen des Berührpfades<br />

(Kontaktlinie), des Zweikugelmaßes und der Aufspannung zwischen Spitzen,<br />

das Filtern von Ausreißern und neue Antaststrategien zur Umgehung von Drehtischfehlern<br />

durch das redundante Messen von jeweils zwei Zähnen pro Drehtischstellung.<br />

Beim Kegelrad hingegen waren die Fortschritte nur sehr begrenzt.<br />

Lediglich ein automatisches Berechnen (Einpassen) des Einbaumaßes für Tellerräder<br />

und die Auswertung von Vergleichsmessungen konnte hier als Erweiterung<br />

angeboten werden. Man erkannte, dass die direkte Rückführung von<br />

Verzahnungsabweichungen in den Produktionsprozess noch nicht zufriedenstellend<br />

gelang [NeB 82].<br />

[Kat 81] beschrieb eine sehr interessante Profil- und Flankenlinienmessung bei<br />

Kegelrädern anhand von Gleason-Verzahnungsparameter sowie das Abschätzen<br />

der Berührlinien auf Basis von Profilverläufen. Allerdings setzte sich diese<br />

„Koordinatenmessgeräte“ und seit September 1996 als Gemeinschaftsausschuss zusammen<br />

mit DIN/NATG.C.2.12.<br />

10 Tatsächlich bilden die Messachsen dieser KMG ein Zylinder-Koordinatensystem.


2 Stand der Technik 25<br />

Theorie bzw. die dafür erforderliche Mess-Strategie in der Verzahnungsmesstechnik<br />

nicht durch 11 .<br />

Hinsichtlich der Überprüfung von Verzahnungswerkzeugen stellte [Goc 82] die<br />

erste vollautomatische Wälzfräsermessung nach Sollpunkten auf einem KMG<br />

vor. In den Jahren darauf wurden Messung und Auswertung detailliert und in<br />

[Fra 86, Goc 86, Fra 86b, Goc 88] als kommerzielle Lösung beschrieben.<br />

[War 81] zeigte in seinem Übersichtsartikel, dass es Anfang der achtziger Jahre<br />

möglich war, Taumel- und Exzentrizitätsfehler an Verzahnungen in Bezug auf<br />

die Drehtischachse des Messgerätes rechnerisch zu kompensieren und somit auf<br />

zeitraubende mechanische Ausrichtungen weitestgehend verzichtet werden<br />

konnte. Außerdem wurde erkannt, dass die Messunsicherheit nicht allein auf die<br />

Datenerfassung mit dem Messgerät selbst zurückgeht, sondern dass auch Unzulänglichkeiten<br />

innerhalb der verschiedenen Auswerte-Software-Systeme<br />

entscheidend dazu beitragen [Wäl 91, Här 04]. Hinsichtlich der Auswertung von<br />

Zylinderradmessungen wurde u. a. auch deshalb vom VDI-Fachausschuss 3.61<br />

„Messen an Verzahnungen und Getrieben“ ein Software-Vergleich zwischen<br />

Systemen unterschiedlicher KMG-Produzenten initiiert. Daraus hervorgegangen<br />

sind entsprechende Zertifizierungen unter der Leitung der Physikalisch Technischen<br />

Bundesanstalt (PTB), die seit 2004 durchgeführt werden [Bus 05].<br />

Für Großzahnräder ging man sehr früh dazu über, Flankenlinien-, Profil- und<br />

Teilungsabweichungen direkt auf der Verzahnungsmaschine zu überprüfen, da<br />

zum einen KMG in dieser Baugröße sehr teuer waren. Zum anderen bot sich der<br />

Vorteil, dass auf diesem Weg korrigierende Eingriffe in den Prozess ohne<br />

zusätzlichen logistischen Aufwand und Zeitverlust möglich waren. Hierfür<br />

wurden mobile Messgeräte entwickelt, um kostengünstig den Fertigungsprozess<br />

zu beurteilen [Pfe 83, Roh 86].<br />

[Goc 82] veröffentlichte die erste geschlossene Theorie der KMT, insbesondere<br />

zu den mathematischen Grundlagen der Approximation von einfachen Geometrieelementen<br />

und Freiformflächen. Letzte lässt sich auch auf Kegelradflanken<br />

übertragen, wie in [Goc 90, Goc 92] gezeigt wurde. Erste Ansätze dazu befanden<br />

sich bereits in [WeA 78, Goc 80]. Eine alternative Basistheorie zur Prüfung<br />

11 Obwohl in [DIN 3961] eine Profil und Flankenlinien-Messung am allgemeinen Kegelrad<br />

definiert ist, wird diese Messung in der Praxis nicht ausgeführt bzw. von keinem KMG-<br />

Produzenten angeboten. Grund hierfür ist unter anderem, dass sich die Kegelradflanken<br />

nicht allgemeingültig als geschlossene mathematische Flächen beschreiben lassen, wie es<br />

bei den Zylinderrädern möglich ist. Lediglich bei geraden Kegelradverzahnungen ist diese<br />

Option bei wenigen Messprogrammen vorgesehen.


26 2.1 Historische Entwicklung der Verzahnungs-Messtechnik<br />

von Freiformflächen mit KMG, der grundsätzlich auch ebenfalls auf Kegelradund<br />

Zylinderradflanken anwendbar ist, stellt [Sou 95] vor.<br />

Die universelle Verwendbarkeit der KMG, verbunden mit kürzeren Messzeiten,<br />

geringeren Messunsicherheiten im Vergleich zu früheren Verzahnungsmessungen,<br />

wurden bald als Vorteile erkannt. Auch dass die rechnerinternen,<br />

numerischen Sollgeometrie-Modelle der verschiedenen Zylinderräder mehr Freiräume<br />

in der Gestaltung der Flanken zuließen, trug zur Akzeptanz der KMG als<br />

Verzahnungsmessgerät maßgeblich mit bei. Der größte Nachteil der KMG war<br />

und ist jedoch bis heute, dass sie i. d. R. gegenüber Spezialgeräten sowohl in der<br />

Anschaffung als auch im Unterhalt erheblich teurer sind [Roh 84]. Dadurch<br />

behaupteten sich bis Anfang der neunziger Jahre die kostenmäßig wesentlich<br />

günstigeren Einzweckmessgeräte, zunehmend auch NC-gesteuert, sehr erfolgreich<br />

am Markt [Roh 88].<br />

Numerische Modelle für Kegelräder und entsprechende Ausgleichsrechnungen<br />

für die Messung mit KMG wurden zunächst für Kugel-Evolventen berechnet<br />

[Kli 86]. Da jedoch aus den verschiedenen Fertigungsprozessen für Kegelräder<br />

auch unterschiedliche Zahnformen resultierten und dementsprechend auch<br />

Optimierungsansätze aus sehr verschiedenen Richtungen erfolgten, begann ein<br />

allgemeiner Wettlauf, den Messprozess erfolgreich in die Parametrisierung der<br />

Serienfertigung zurückzuführen [Roh 86, Cha 87, NeH 87, Roh 88, Roh 90].<br />

Das Resultat war eine immer bessere, verzugsvorhaltende Fertigung von Rohlingen<br />

und anschließend eine immer stärker automatisierte Produktionssteuerung<br />

mit zunehmend vollautomatischer Serienmessung.<br />

Die Vielfalt der Kegelradformen, die unterschiedlichen Erfolge in den einzelnen<br />

Optimierungsprozessen und die zunehmende Bedeutung von Verschleißprüfungen<br />

führten u. a. dazu, dass die topographische Meisterradmessung immer<br />

mehr an Bedeutung gewann. Jedoch kann bis heute auf der Basis von<br />

Meisterraddaten noch nicht auf die Verzahnungsparameter des Fertigungsprozesses<br />

geschlossen werden [Roh 90].<br />

Aus dem Bereich der Verzahnungsanwendung kam zum einen die beständige<br />

Forderung einer Reduktion von Kosten, Gewicht, Volumen und Geräusch.<br />

Zusätzlich forderte vor allem die Druckindustrie eine ständige Perfektionierung<br />

der Winkel-Übertragungsgenauigkeit und der Winkelgeschwindigkeit. Dies<br />

bedeutete u. a., dass die Messunsicherheit der Prüfprozesse ebenfalls zunehmend<br />

als kritisch betrachtet wurde. Somit bildeten vor allem der Nachweis der<br />

geometrischen Genauigkeit eines Messgerätes und die Verbesserung der Messunsicherheit<br />

die nächsten großen Herausforderungen. Vorreiter auf diesem<br />

Gebiet waren optische Laser-Mess-Systeme, welche die Positioniergenauigkeit<br />

von großen Verzahnungsmaschinen erheblich verbesserten [WeM 84].<br />

Außerdem wurden kreisförmige Evolventennormale entwickelt, welche


2 Stand der Technik 27<br />

zumindest die Kalibrierung von Messgeräten für Zylinderräder ermöglichten<br />

[Roh 88]. Bald wurde jedoch auch ersichtlich, dass die z. T. noch nicht<br />

scannend 12 messenden Tastsysteme, die vorhandene Mess- und Auswerte-<br />

Software [Roh 90] und auch deren Unzulänglichkeiten in den<br />

Auswertealgorithmen [Roh 92] die Möglichkeiten einschränkten, den<br />

Forderungen nachzukommen. Um hier eine Vergleichbarkeit von<br />

Messergebnissen zu schaffen, begann man, Kalibrierketten auch international<br />

[Kub 05], vor allem im europäischen Binnenmarkt, mit nationalen Normalen zu<br />

schließen [Roh 94]. Allerdings gelang es auch bis heute nicht, ein dem<br />

Evolventen- und Flankenliniennormal für Zylinderradverzahnung oder dem<br />

PTB-Zahndickennormal für Passverzahnungen mittels Ein- und Zweikugelverfahren<br />

[Bey 99] ein vergleichbares Kegelradnormal zu etablieren. Die<br />

Längen- und Geometriemessung mit KMG können i. d. R. nur mit verkörperten<br />

Geometrie-Normalen rückgeführt werden, was im Falle von Kegelradverzahnungen<br />

dem Prinzip widerspricht, vorzugsweise werkstückähnliche<br />

Messobjekte zur Kalibrierung einzusetzen. Einige sehr interessante, grundlegende<br />

Arbeiten hierzu lieferte z. B. [Pfe 94], deren Durchsetzung in der Praxis<br />

leider nicht möglich war.<br />

Durch die Einführung des Produkthaftungsgesetzes mit Nachweispflicht seit<br />

dem 1.1.1990 gewann die SPC (Statistical Process Control) als Stichprobenprüfung<br />

in der Serienfertigung zunehmend an Bedeutung. Seit dieser Zeit ist vor<br />

allem der Software-Umfang der Messgeräte oft ein entscheidendes Verkaufsargument<br />

[Roh 92].<br />

In Folge des zunehmend universellen Einsatzes von Messgeräten und der<br />

modularisierten Auswertung von einzelnen Formelementen an immer komplexeren<br />

Messobjekten, die überwiegend relative Bezüge untereinander aufweisen,<br />

entwickelten sich außer KMG auch Formmessgeräte zu Verzahnungsmessgeräten.<br />

Mit Verzahnungsmessgeräten wiederum ließen sich auch Messobjekte<br />

wie Kurvenelemente, Nockenwellen und Verdichterrotoren prüfen.<br />

Somit überlagerten sich die Anwendungsfelder, und es eröffneten sich vielerorts<br />

neue Möglichkeiten und Kompetenzen. Gleichzeitig erforderten die bei den<br />

verschiedenen Anwendern durchgeführten Verzahnungsoptimierungen zuneh-<br />

12 In messenden Tastköpfen ist der Taststift i. d. R. federnd gelagert. Der Taststift wird bei<br />

Berührung mit der Werkstück-Oberfläche ausgelenkt. Ein Wegmess-System im Tastkopf<br />

erfasst zusätzlich zu den Zählern der Messachsen diese Auslenkung in allen drei<br />

Raumrichtungen. Die ständige Verrechnung beider Positionen und eine kontinuierliche<br />

Nachführung des KMG während des Abtastens einer Werkstückoberfläche erlaubt es, in<br />

fast beliebiger Dichte Messpunkte zu erfassen, was als „Scanning“ bezeichnet wird<br />

[Lot 77, Pfe 01, Imk 04].


28 2.1 Historische Entwicklung der Verzahnungs-Messtechnik<br />

mend firmenspezifische Toleranzfelder für z. B. Zylinderräder [Roh 96], die<br />

eine strengere Modularisierung von Software-Systemen unumgänglich werden<br />

ließ. Zusätzlich begannen Untersuchungen mit berührungslosen, optischen Tastsystemen,<br />

vor allem wegen unzureichender Messgeschwindigkeiten von KMG<br />

und Verzahnungsmessgeräten. Allerdings kamen die meisten der Ansätze nicht<br />

zur industriellen Umsetzung, da bei Verzahnungen vor allem die Zugänglichkeit<br />

der Zahnlücken und die extremen Reflexionen an geschliffenen Zahnflanken<br />

sehr enge Grenzen setzten [Roh 96, Roh 98, Pat 03].<br />

Da der Grad der Komplexität der Verzahnungsmesstechnik stetig anwuchs,<br />

nahmen direkte Zusammenarbeiten zwischen Verzahnungsfertigern und<br />

Messgeräteproduzenten ebenfalls zu 13 . So entstanden z. B. unabhängig<br />

voneinander mehrere Sonderauswertungen von systematischen Topographieabweichungen<br />

wie sie durch verstärkten Axialvorschub beim Wälzfräsen von<br />

Zylinderrädern entstehen.<br />

Die konstruktiv bedingte, wechselseitige Abhängigkeit von Verzahnungs-,<br />

Maß-, Form- und Lageabweichungen an Komplettbauteilen beschleunigte ebenfalls<br />

den Ausbau komplexerer Messgeräte. Messzeitverkürzungen wurden außer<br />

durch die Kombination mehrere Messprozesse auf einem einzigen Messgerät<br />

auch durch die Einführung von Linearmotoren und schnelleren, hochgenauen<br />

Drehtischen erreicht [Roh 98]. Vor allem der zunehmende Einsatz von Drehtischen<br />

führte zu einer einfacheren Bedienbarkeit und teilweise zu einer geringeren<br />

Messunsicherheit, da so der Einsatz von Sterntastern umgangen werden<br />

konnte [Roh 00].<br />

Der stetige Ruf nach einer Verkürzung der Messzeiten resultierte vor allem aus<br />

den inzwischen stark beschleunigten Einzelprozessen und einer gleichzeitigen<br />

Beherrschung des Gesamtprozesses selbst. Da die taktile Messung jedoch gerade<br />

bei der Topographieerfassung zunehmend auf Grenzen stößt, wird auch heute<br />

noch sehr intensiv auf dem Gebiet der optischen Zahnflanken-Messung<br />

geforscht [Fuj 94, Pet 00, Fan 00, Goc 02, Pat 03, Kub 05, Käs 05]. Allerdings<br />

würde deren Umsetzung auch eine Anpassung der Normen und Richtlinien<br />

erfordern, was über nationale und internationale Gremien erfahrungsgemäß nur<br />

13 Diese Zusammenarbeiten spiegelte sich meistens in festen Kooperationen zwischen<br />

Verzahnungsproduzenten und Messgeräteproduzenten wider. Gelegentlich sind auch<br />

staatliche Forschungseinrichtungen involviert. In einzelnen Fällen zielten sie auf so<br />

genannte „geschlossene Prozessketten“ oder „closed loop“-Prozesse, durch welche man<br />

nach mehrjähriger Entwicklungszeit auch sehr komplexe Zusammenhänge beherrschen<br />

konnte. Ein Beispiel hierfür ist G-AGE, welches aus der Kooperation zwischen dem<br />

Entwickler von Kegelradtechnologie Gleason und dem KMG-Produzenten Zeiss entstand.


2 Stand der Technik 29<br />

sehr zögerlich geschieht. Auch die Messung von Mikroverzahnungen, inzwischen<br />

mit opto-taktilen Tastern möglich [Här 02b], die Beurteilung von<br />

Auswerte-Software [Här 04, Bus 05], die Messunsicherheit von Kalibrierungen<br />

an Normalen [Här 02, GrG 02b] und die Rückspeisung von Korrekturdaten in<br />

den Fertigungsprozess werfen immer wieder neue Fragen auf [Roh 02, Här 04].<br />

Bei der Beurteilung der Messunsicherheit von Verzahnungsmessungen wählt<br />

man inzwischen den Weg der allgemeinen Beschreibung der Messunsicherheit<br />

auf einem Messgerät im Zusammenhang mit dem Messobjekt und der Mess-<br />

Strategie. Hierfür wird seit einigen Jahren an der Physikalisch-Technischen<br />

Bundesanstalt Braunschweig (PTB) das Modell eines virtuellen KMG entwickelt,<br />

welches es ermöglicht, aufgabenspezifische Messunsicherheiten anhand<br />

eines theoretischen KMG-Modells zu ermitteln und diese den einzelnen Messergebnissen<br />

zu zuordnen [PTB 99, Wäl 01]. Im Zusammenhang mit Verzahnungsmessgeräten<br />

wird derzeit von Seiten der Forschungsvereinigung<br />

Antriebstechnik (FVA) aktiv an einer speziellen Variante des virtuellen KMG<br />

für die Zahnradmessung geforscht [Tra 99, Wäl 01, PTB 05, Kni 07].<br />

Allgemein lässt sich feststellen, dass die Literatur zur Kegelradmessung überwiegend<br />

europäisch und nordamerikanisch geprägt ist. In den letzten 20 Jahren<br />

stiegen jedoch auch die publizierten Forschungsergebnisse aus dem asiatischen<br />

Raum. Allerdings lässt sich auch beobachten, dass die Anzahl der Publikationen<br />

über die Grundlagen der Verzahnung stark zurückgeht und Veröffentlichungen<br />

zu konkreten Auswertealgorithmen kaum noch veröffentlicht werden, obwohl<br />

die Kosten für Computer-Hardware stetig abnehmen und somit die Implementierung<br />

aufwendigerer Algorithmen nahe liegt. Die Gründe hierfür sind wahrscheinlich<br />

in der zunehmenden Angleichung der Hardware von Messgeräten zu<br />

sehen. Dadurch sind neue mathematische Erkenntnisse Wettbewerbsvorteile und<br />

werden deshalb nicht mehr detailliert nach Außen getragen.<br />

2.2 Aktueller Stand der Kegelradmessung bei der Prüfung von<br />

Einzelabweichungen<br />

In der Messtechnik wird im Allgemeinen angestrebt, einen Messprozess nur<br />

dann als geeignet zu betrachten, wenn seine Messunsicherheit nicht größer als<br />

ein Zehntel oder maximal ein Fünftel der zulässigen Toleranz des Werkstücks<br />

beträgt. Dies ist die so genannte „Goldene Regel der Messtechnik“. Schon diese<br />

Forderung schränkt den zulässigen „Spielraum“ für Produktionsschwankungen<br />

[Roh 81, Roh 82, Bey 82, Bey 84] und damit für die Prozessfähigkeit ein<br />

[Pfe 01b].<br />

Im Zusammenhang mit der Bestimmung einer allgemeinen Messunsicherheit für<br />

Prüfprozesse mit KMG und deren periodischer Überprüfung wurde erkannt, dass<br />

sowohl in der konventionellen Verzahnungsmesstechnik als auch bei der<br />

Messung mit CNC-gesteuerten Verzahnungs-Messzentren die zuvor erläuterte


30 2.2 Aktueller Stand der Kegelradmessung<br />

„1/5-Bedingung“ seit Ende der siebziger Jahre nicht mehr gewährleistet ist.<br />

Vielmehr entspricht die Messunsicherheit oft einem Drittel oder mehr der Fertigungstoleranz<br />

[Bey 84]. Die Entwicklung der achtziger Jahre fokussierte sich<br />

zunehmend auf die Automatisierung der verschiedenen Messgeräte, welche die<br />

Forderungen nach einer geringeren Messunsicherheit nicht ausreichend<br />

kompensieren konnten [Roh 81]. Die Folge ist bis heute, dass die von der<br />

Konstruktion vorgegebenen zulässigen Toleranzen von Verzahnungen, immer<br />

„enger“ werden, wodurch der Aufwand für die Fertigung und Prüfung stetig<br />

steigt 14 .<br />

Derzeit setzt sich der Markt für Kegelrad-Messgeräte überwiegend aus speziellen,<br />

CNC-gesteuerten Verzahnungsmessgeräten, CNC-gesteuerten sowie Kegelradprüfständen<br />

zusammen. Darüber hinaus existieren noch einige wesentlich<br />

einfachere Handprüfmittel wie Zahndicken-Prüfgeräte oder eindimensionalen<br />

Wegaufnehmern (Messuhren) zur Bestimmung des Rundlaufs. Diese werden<br />

jedoch beim heutigen Stand der Technik nur noch zur direkten und schnellen<br />

Maßüberprüfung einzelner weniger Merkmale in der Produktion eingesetzt.<br />

Die soeben aufgeführten speziellen Verzahnungsmessgeräte zeichnen sich<br />

i. d. R. durch einen CNC-gesteuerten Drehtisch und drei CNC-gesteuerte<br />

Linearachsen aus und gehören somit in eine spezialisierte Klasse der KMG.<br />

Diese Geräte sind hinsichtlich ihres Messvolumens und ihrer Dynamik optimal<br />

auf die Messung von Verzahnungen ausgelegt und eignen sich besonders im<br />

Hinblick auf die Messzeiten pro Zahnrad für schnelle und hochgenaue Messungen.<br />

Meistens sind sie jedoch auch auf diese Messaufgaben beschränkt.<br />

CNC-gesteuerte und handgeführte KMG hingegen decken auch andere Messaufgaben,<br />

wie z. B. das Messen von Getriebegehäusen oder Motorblöcken ab.<br />

Dafür sind sie i. d. R. wesentlich teurer. Einige KMG verzichten bei der<br />

Messung von Zahnrädern sogar auf den Einsatz von Drehtischen um zum einen<br />

14 Bei einem Zylinderrad mit einem Grundkreisradius von 100 mm entspricht eine Teilungs-<br />

Einzelabweichung von 10 μm einer Winkelabweichung von ca. 100 μrad. Dies hat eine<br />

verhältnismäßig laute Schwingung des Radsatzes zur Folge. Deshalb liegt die<br />

Abnahmebedingung in diesem Fall bei ca. 40-50 μrad. Eine Messunsicherheit von ca.<br />

2 μm entspricht schon allein einer Winkelabweichung von 20 μrad. Bei einer Radpaarung<br />

verdoppelt sich dieser Effekt, was zur Folge hat, dass allein die Messunsicherheit eines<br />

aktuellen KMG-Prüfprozesses die Toleranz des zu prüfenden Merkmals bereits fast<br />

ausschöpft. Folglich kann derzeit die Geräuschqualität nicht allein über eine Erfassung der<br />

3D-Einzelabweichungen abgesichert werden. Die Gesamtfehlerprüfung, bzw. Abrollprüfung,<br />

ist auch in Zukunft erforderlich [Sat 04].


2 Stand der Technik 31<br />

die Messunsicherheit 15 zu reduzieren und zum anderen Palettenmessungen 16 zu<br />

ermöglichen.<br />

Beide Typen von KMG liefern geometrische Abweichungen von theoretischen<br />

Idealmaßen und Flankentopographien der Zahnräder, sowie je nach Software-<br />

Ausstattung auch die generelle Lageabweichungen der Verzahnung relativ zu<br />

ihren Lagerflächen.<br />

Kegelradprüfstände hingegen testen überwiegend funktionale Eigenschaften von<br />

Radsätzen wie z. B. die Zahnfußfestigkeit, die Geräuschemission oder die Lage<br />

des Tragbildes in verschiedenen Lastzuständen. Mit kleineren Messgeräten<br />

ähnlicher Bauart werden Ein- und Zweiflankenwälzprüfungen durchgeführt. Die<br />

Ergebnisse dieser Prüfungen beziehen sich auf das Laufverhalten zweier Zahnräder<br />

zueinander bzw. das Laufverhalten eines Zahnrades zu einem nahezu<br />

idealen Meisterrad. Auf diese Art der Kegelradprüfung wird in dieser Arbeit<br />

nicht eingegangen.<br />

Der gegenwärtige Stand der Kegelradmessung auf einem KMG umfasst i. d. R.<br />

folgende Punkte:<br />

� eine Ausrichtung. Hierbei ist es unerheblich, ob diese mechanisch oder<br />

rechnerisch erfolgt.<br />

� die Messung der Einzelteilung. Darauf basiert neben der Auswertung der<br />

verschiedenen Teilungsergebnisse häufig auch die Berechnung der Zahndicken,<br />

die rechnerische Abschätzung des Rundlaufs und die daraus resultierende<br />

Exzentrizität der Verzahnung. Die Auswertung der Teilungsergebnisse<br />

ist in den Normen [DIN 3960, DIN 3971] exakt beschrieben und gibt nur<br />

selten Anlass zur Diskussion. Die Berechnung der Zahndicke und des Rundlaufes<br />

hingegen weicht in den meisten Fällen von den Vorschriften ab, wie sie<br />

in den zuvor genannten Normen beschrieben sind.<br />

� die Messung der Flankentopographie. Im Falle von Zylinderrädern sind die zu<br />

prüfenden Funktionsflächen i. Allg. als mathematisch geschlossen<br />

beschriebene Oberflächen bekannt. Bei Kegelrädern ist dies meistens nicht der<br />

Fall. Deshalb unterscheidet sich die Topographiemessung des Kegelrades<br />

durch ihre punktweise Sollgeometrie-Definition, ihre Mess-Strategie und ihre<br />

Auswertealgorithmen erheblich. Aus den ermittelten Topographieabweichun-<br />

15 Die Messunsicherheit eines KMG-Prüfprozesses erhöht sich u. a. auch durch die Anzahl<br />

der zu bewegenden Achsen während des Messvorganges.<br />

16 Unter Palettenmessung wird in diesem Fall das Aufspannen mehrerer Zahnräder auf einer<br />

Palette im Messvolumen des KMG verstanden, gefolgt von einer anschließenden,<br />

vollautomatischen Messung aller Zahnräder.


32 2.2 Aktueller Stand der Kegelradmessung<br />

gen der Flanken lassen sich u. a. optimierte Parameter des Fertigungsprozesses<br />

berechnen [NeB 82].<br />

� den Export von Messergebnissen in speziell auf die nachfolgenden Fertigungsund<br />

Optimierungsprozesse abgestimmte Datenformate.<br />

Zum erweiterten Standard von Kegelradmessungen gehören außerdem:<br />

� die Meisterradmessung. Die Meisterradmessung ist die Erfassung eines unbekannten<br />

Zahnrades, welches die Basis für einen zukünftigen Solldatensatz<br />

darstellt. So gesehen sind alle nachfolgenden Messungen an anderen Zahnrädern<br />

Vergleichsmessungen zum Solldatensatz dieses Meisterrades. Bisher ist<br />

es nicht möglich, mit Hilfe dieses Solldatensatzes auf die Einstellparameter<br />

des Verzahnungsprozesses zu schließen.<br />

� die Solldatenkorrektur. Diese wird häufig ebenfalls als Meisterradmessung<br />

bezeichnet, jedoch unterscheidet sie sich von der o. g. dadurch, dass bereits<br />

vorhandene, theoretische Solldaten auf die realen Flankenformen eines<br />

Meisterrad „angepasst“ werden. Alle nachfolgenden Messungen an anderen<br />

Zahnrädern sind somit ebenfalls Vergleichsmessungen zum modifizierten<br />

Solldatensatz des Meisterrades.<br />

� die Verschleißmessung. In diesem Fall wird ein Kegelrad am Beginn und<br />

Ende einer festgelegten Gebrauchsdauer gemessen. Die Differenz der Messergebnisse,<br />

vor allem aus der Topographie, ist der Verschleiß während der<br />

Gebrauchsdauer.<br />

� sowie die Erfassung von Kopf- und Fußkegel.<br />

Zusätzlich sind bei einigen Geräten auch folgende Optionen möglich:<br />

� die Messung des Rundlaufes mit Messstück durch selbstzentrierende Antastung.<br />

Diese Mess-Strategie ist jedoch mit den meisten Tastsystemen nicht<br />

realisierbar und wird i. d. R. auch nicht gefordert, da eine solche Messung<br />

zusätzlich zum regulären Messablauf mit einer Erhöhung der Messzeit<br />

einhergeht.<br />

� die Erfassung des Berührpfades. In diesem Fall wird zusätzlich zur Topographiemessung<br />

eine Messlinie unabhängig vom regulären Solldaten-Gitter<br />

erfasst. Diese Messlinie ist in Kapitel 8.2 erläutert. Die Messung des Berührpfades<br />

ist nur möglich, wenn die dafür vorhandenen Solldaten vom Fertigungsprozess<br />

bekannt sind oder wenn die Lage der Messlinie bekannt ist und<br />

gleichzeitig die Sollflanke in diesem Bereich ausreichend genau approximiert<br />

werden kann. Diese Messung kommt nur sehr selten zum Einsatz und ist<br />

überwiegend während einer Neuauslegung von Radsätzen von Bedeutung.


2 Stand der Technik 33<br />

� die Erfassung der Fußrundung. Die Motivation zu dieser Messung resultiert<br />

überwiegend aus verschiedenen Fertigungsverfahren, welche u. U. unerwünschte<br />

Absätze im Zahnfußbereich bewirken und aus Schleifverfahren, die<br />

diese Absätze eliminieren sollen. Die Messung ist i. d. R. nur für hochgenaue<br />

Verzahnungen erforderlich und wird gelegentlich auch auf Konturmessgeräten<br />

ausgeführt.<br />

Die optische Messtechnik ist im Bereich der Kegelradmessung noch nicht in<br />

Erscheinung getreten. Dies liegt zum einen an der generell nur sehr zögerlichen<br />

Entwicklung der optischen Erfassung von Verzahnungen, zum anderen aber<br />

auch an den nicht einfach als geschlossene Funktionen darstellbaren Flankenformen.<br />

Zusätzlich würde der Schritt in die flächenhafte Erfassung von Messpunkten<br />

und deren Auswertung erhebliche Investitionen und möglicherweise<br />

auch ein Umdenken in den bisher gültigen Normen und Richtlinien bedeuten.

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