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Leseprobe Computer und Arbeit 01_2017

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<strong>Computer</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong><br />

cua | it-mitbestimmung <strong>und</strong> datenschutz<br />

cua-web.de<br />

26. JAHRGANG<br />

ISSN 1863-8511<br />

D 11680<br />

1 | 2<strong>01</strong>7<br />

it-mitbestimmung<br />

Gegen Überwachung<br />

<strong>und</strong> Kontrolle<br />

b<strong>und</strong>esarbeitsgericht Auch ein Facebook-Auftritt unterliegt der Mitbestimmung<br />

gesetzgebung Das neue <strong>Arbeit</strong>sstättenrecht eröfnet Gestaltungsspielräume<br />

kommunikation Die sozialen Medien unterstützen bei der Öfentlichkeitsarbeit


titelthema it-mitbestimmung CuA 1 |2<strong>01</strong>7<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der<br />

IT-Mitbestimmung<br />

kontrolle Dem Mitbestimmungsrecht bei technischen Einrichtungen kommt eine<br />

immer größere Bedeutung zu. Es gilt, die Vorteile der modernen Technik zu nutzen <strong>und</strong><br />

gleichzeitig den gläsernen <strong>Arbeit</strong>nehmer zu verhindern.<br />

VON MICHAEL BACHNER UND PETER GERHARDT<br />

8


CuA 1 |2<strong>01</strong>7<br />

it-mitbestimmung<br />

titelthema<br />

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats<br />

in sozialen Angelegenheiten<br />

nach § 87 Abs. 1 BetrVG<br />

stellen den Kernbereich der Mitwirkung<br />

<strong>und</strong> Mitbestimmung der <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />

im Rahmen der Betriebsverfassung dar.<br />

Sinn <strong>und</strong> Zweck der Regelung in § 87 Abs. 1<br />

Nr. 6 BetrVG ist es, dem Betriebsrat die Möglichkeit<br />

zu geben, die <strong>Arbeit</strong>nehmer umfassend<br />

vor Kontrolleinrichtungen des <strong>Arbeit</strong>gebers<br />

<strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>enen Kontrollen<br />

präventiv zu schützen. 1 Um die vielfältigen<br />

Gefahren wirksam eindämmen zu können,<br />

die den <strong>Arbeit</strong>nehmern durch die modernen<br />

Technologien mit ihren vielfältigen – oft nicht<br />

wahrnehmbaren Überwachungsmöglichkeiten<br />

– drohen, bedarf der individualrechtliche Persönlichkeitsschutz<br />

nach der Rechtsprechung<br />

des B<strong>und</strong>esarbeitsgerichts (BAG) der kollektivrechtlichen<br />

Verstärkung durch die Mitbestimmung.<br />

2<br />

In sozialen Angelegenheiten nach § 87<br />

Abs. 1 BetrVG hat der <strong>Arbeit</strong>geber die betriebliche<br />

Interessenvertretung »zwingend« zu beteiligen<br />

<strong>und</strong> eine Einigung zu erreichen. Keine<br />

der beiden Seiten kann ohne die Zustimmung<br />

der anderen wirksam handeln. 3 Eine mitbestimmungspflichtige<br />

Maßnahme, die ohne Beachtung<br />

der Mitbestimmungsrechte umgesetzt<br />

wird, ist unwirksam. 4 Kommt es zwischen den<br />

Betriebsparteien zu keiner Einigung, kann der<br />

<strong>Arbeit</strong>geber die Maßnahme nur dann durchführen,<br />

wenn die Einigungsstelle einen entsprechenden<br />

Spruch fällt, § 87 Abs. 2 Satz 2<br />

BetrVG.<br />

Zwingende Mitbestimmung<br />

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat<br />

bei der Einführung <strong>und</strong> Anwendung von<br />

technischen Einrichtungen, die dazu geeignet<br />

sind, das Verhalten <strong>und</strong> die Leistung der <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />

zu überwachen, zwingend mitzubestimmen.<br />

Um als »technische Einrichtung«<br />

im Sinne dieser Vorschrift zu gelten, muss die<br />

Einrichtung entgegen dem Wortlaut der Regelung<br />

(»bestimmt«) nach der Rechtsprechung<br />

des höchsten deutschen <strong>Arbeit</strong>sgerichts lediglich<br />

»geeignet« sein, Verhalten oder Leistung<br />

der Mitarbeiter der menschlichen Wahrnehmung<br />

Dritter zugänglich machen zu können.<br />

Entscheidend ist allein die Möglichkeit, mit<br />

Hilfe der technischen Einrichtung Mitarbeiterdaten<br />

erfassen <strong>und</strong> auswerten zu können. 5 Für<br />

die Mitbestimmungspflicht kommt es nicht darauf<br />

an, ob der <strong>Arbeit</strong>geber die Überwachung<br />

seiner <strong>Arbeit</strong>nehmer tatsächlich beabsichtigt.<br />

Das Mitbestimmungsrecht greift bereits dann,<br />

wenn die technische Einrichtung objektiv zur<br />

Überwachung geeignet ist, auch wenn der <strong>Arbeit</strong>geber<br />

tatsächlich auf eine Leistungs- <strong>und</strong><br />

Verhaltenskontrolle verzichtet. Nur wenn die<br />

Überwachung der Belegschaft technisch ausgeschlossen<br />

ist, kommt eine Mitbestimmung<br />

nicht in Betracht. 6<br />

Die Überwachung kann optisch durch Videogeräte,<br />

akustisch durch Mikrofone oder<br />

per Dokumentation einzelner <strong>Arbeit</strong>sabläufe<br />

in dafür vorgesehenen Systemen erfolgen. Die<br />

technische Hardware wird somit in der Regel<br />

erst durch das Aufspielen einer Software zu einer<br />

technischen Einrichtung im Sinne des § 87<br />

Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Bandbreite an technischen<br />

Einrichtungen, die <strong>Arbeit</strong>geber für unternehmerische<br />

Zwecke einsetzen <strong>und</strong> deren<br />

Einführung <strong>und</strong> Anwendung zwingend mit<br />

der Interessenvertretung abgestimmt werden<br />

muss, ist mittlerweile nicht mehr abschließend<br />

zu erfassen. 7 Dies begründet einen besonderen<br />

Handlungsbedarf für den Betriebsrat.<br />

Auswahl der technischen Einrichtung<br />

Anders als bei der Frage, ob die Belegschaftsvertretung<br />

auf der Gr<strong>und</strong>lage ihres Initiativrechts<br />

die Einführung einer technischen<br />

Kontrolleinrichtung verlangen kann, geht es<br />

hier zunächst um die Frage, ob ihr bei der<br />

Auswahl der technischen Einrichtung ein Mitbestimmungsrecht<br />

zusteht. Beabsichtigt der<br />

<strong>Arbeit</strong>geber – zum Beispiel für das Erfassen<br />

der <strong>Arbeit</strong>szeit – das System X einzuführen,<br />

während der Betriebsrat auf der Einführung<br />

des Systems Y besteht, geht es allein darum,<br />

welches technische Kontrollsystem eingeführt<br />

wird. Die Einführung als solche ist zwischen<br />

den Betriebsparteien unstreitig.<br />

Wie bereits dargestellt, obliegt dem Betriebsrat<br />

nach Sinn <strong>und</strong> Zweck der Regelung<br />

in § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG die Pflicht, die <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />

umfassend vor Kontrolleinrichtungen<br />

des <strong>Arbeit</strong>gebers <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>enen<br />

Kontrollen präventiv zu schützen. 8 Daher zielt<br />

dieses Beteiligungsrecht darauf ab, die von<br />

technischen Kontrolleinrichtungen ausgehenden<br />

Gefahren auf die Persönlichkeitssphäre<br />

der Beschäftigten zu verhindern oder zumindest<br />

auf das, durch die betrieblichen Notdarum<br />

geht es<br />

1. Die Belegschaftsvertretung<br />

hat bei technischen<br />

Einrichtungen, die<br />

Verhalten oder Leistung<br />

der <strong>Arbeit</strong>nehmer überwachen<br />

können, mitzubestimmen.<br />

2. Das Mitbestimmungsrecht<br />

aus § 87 Abs. 1<br />

Nr. 6 BetrVG hilft beim<br />

Schutz der Belegschaft<br />

vor Kontrollen durch den<br />

<strong>Arbeit</strong>geber.<br />

3. Die Beschäftigtenvertretung<br />

kann auch von<br />

sich aus eine technische<br />

Kontrolleinrichtung<br />

einfordern – zum Beispiel<br />

eine elektronische Zeiterfassung.<br />

1 DKKW­Klebe, BetrVG, § 87 Rn. 166<br />

2 BAG 10.12.2<strong>01</strong>3 – 1 ABR 43/12, in: AiB 5/2<strong>01</strong>5, 60 <strong>und</strong> NZA 2<strong>01</strong>4, 439<br />

3 BAG GS 3.12.1991, in: DB 1992,1588<br />

4 DKKW­Klebe, BetrVG, § 87 Rn. 4<br />

5 Gr<strong>und</strong>legend BAG 14.9.1984 – 1 ABR 23/82<br />

6 DKKW­Klebe, BetrVG, § 87 Rn. 154<br />

7 Vgl. zu den zahlreichen Beispielen DKKW­Klebe, BetrVG,<br />

§ 87 Rn. 198 f.<br />

8 BAG 10.12.2<strong>01</strong>3 – 1 ABR 43/12, aaO.<br />

9


it-mitbestimmung Viel Neues bei der Bildschirmarbeit CuA 1 |2<strong>01</strong>7<br />

Viel Neues bei der<br />

Bildschirmarbeit<br />

arbeitsstättenrecht Die Regelungen zur Bildschirm- <strong>und</strong> Telearbeit<br />

sind in die neue <strong>Arbeit</strong>sstättenverordnung umgezogen. Für Betriebs<strong>und</strong><br />

Personalräte ist dieses Regelwerk jetzt die Gr<strong>und</strong>lage, um die<br />

<strong>Arbeit</strong> an Monitoren in Betrieb, Dienststelle <strong>und</strong> zu Hause auf den<br />

Prüfstand zu stellen <strong>und</strong> menschengerecht mitzugestalten.<br />

VON MANUEL KIPER<br />

Am 3. Dezember 2<strong>01</strong>6 ist die Aufhebung<br />

der Bildschirmarbeitsverordnung<br />

in Kraft getreten. 1 Bildschirmarbeit<br />

im Betrieb <strong>und</strong> erstmalig<br />

auch vom <strong>Arbeit</strong>geber verlangte Telearbeit<br />

sind nunmehr in der <strong>Arbeit</strong>sstättenverordnung<br />

gesetzlich geregelt.<br />

In der r<strong>und</strong>erneuerten <strong>Arbeit</strong>sstättenverordnung<br />

(ArbStättV) wurden unter anderem<br />

auch die Sichtverbindung vom <strong>Arbeit</strong>splatz<br />

nach außen, die Beurteilung der physischen<br />

<strong>und</strong> psychischen Gefährdungen in der <strong>Arbeit</strong>sstätte,<br />

die Plicht des <strong>Arbeit</strong>gebers zur persönlichen<br />

Unterweisung der Beschäftigten hinsichtlich<br />

möglicher Gefährdungen bei allen Tätigkeiten<br />

<strong>und</strong> Änderungen in der <strong>Arbeit</strong>sstätte<br />

<strong>und</strong> die Einhaltung von Erholungspausen bei<br />

reiner Bildschirmarbeit verankert.<br />

Für die betriebliche Interessenvertretung<br />

ist die neue ArbStättV eine hilfreiche gesetz-<br />

1 BGBl Nr. 56 vom 2.12.2<strong>01</strong>6, VO zur Änderung von <strong>Arbeit</strong>sschutzverordnungen,<br />

2681 f.; siehe dazu auch Pieper, Digitalisierung sozial<br />

gestalten, in: CuA 1/2<strong>01</strong>7, 23 f., in diesem Heft<br />

18


CuA 1 |2<strong>01</strong>7<br />

Viel Neues bei der Bildschirmarbeit<br />

it-mitbestimmung<br />

liche Vorgabe, der Maßstab <strong>und</strong> Rahmen, um<br />

menschengerechte <strong>Arbeit</strong>splätze <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>sabläufe<br />

im Büro unter Berufung auf das Mitbestimmungsrecht<br />

nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG<br />

durchzusetzen sowie bei allen Planungen zu<br />

Bildschirmarbeit im Betrieb oder Teleheimarbeit<br />

gestaltend einzugreifen.<br />

Bildschirmarbeit in<br />

<strong>Arbeit</strong>sstättenrecht integriert<br />

Das B<strong>und</strong>esarbeitsministerium (BMAS) arbeitete<br />

seit Jahren an einer Modernisierung<br />

des Regulierungsrahmens. Kurz vor der B<strong>und</strong>estagswahl<br />

2<strong>01</strong>3 wurde noch unter der seinerzeitigen<br />

<strong>Arbeit</strong>sministerin von der Leyen<br />

ein Entwurf für die Überführung der Bildschirmarbeitsverordnung<br />

(BildscharbV) in die<br />

ArbStättV bekannt gemacht. Das Vorhaben<br />

wurde von der jetzigen B<strong>und</strong>esarbeitsministerin<br />

Nahles weiter verfolgt. Ende 2<strong>01</strong>4 hatten<br />

B<strong>und</strong>esregierung wie B<strong>und</strong>esrat bereits den<br />

Neuregelungen zugestimmt. Nahles sei auf<br />

dem Weg nach Absurdistan, giftete seinerzeit<br />

BDI-Präsident Kramer <strong>und</strong> erwirkte bei der<br />

B<strong>und</strong>eskanzlerin den Stop des Vorhabens. 2<br />

Die <strong>Arbeit</strong>geber waren erzürnt über die Forderung<br />

nach einem abschließbaren Spind, Fenster<br />

am stillen Örtchen, mindestens 17 Grad<br />

Raumtemperatur auch bei <strong>Arbeit</strong>en in Archiven,<br />

Vorhalten von Erste-Hilfe-Räumen <strong>und</strong><br />

Blendfreiheit im Homeoice.<br />

In der Tat ist nunmehr nur noch eine Kleiderablage<br />

für jeden Beschäftigten vorgeschrieben.<br />

Das abschließbare Fach, das bis 2004 im<br />

<strong>Arbeit</strong>sstättenrecht bereits Vorschrift war –<br />

nach dem Willen von Nahles wieder Vorschrift<br />

werden sollte <strong>und</strong> erst im B<strong>und</strong>esrat pikanterweise<br />

vom CDU-Ministerpräsidenten Tillich<br />

zum Spind aufgebläht worden war –, bleibt<br />

nun weiterhin nicht ausdrücklich als Ausstattung<br />

am <strong>Arbeit</strong>splatz aufgeführt.<br />

<strong>Arbeit</strong>srechtler sehen den <strong>Arbeit</strong>geber aber<br />

weiterhin in der Plicht, für eine sichere Verwahrung<br />

von Kleidung, üblichen Wertsachen<br />

wie Autopapieren, Geldbörse <strong>und</strong> abzulegendem<br />

Körperschmuck sowie persönlichen Dingen<br />

wie zum Beispiel Medikamenten zu sorgen<br />

– beziehungsweise zu haften. Ausreichend<br />

Tageslicht <strong>und</strong> die zusätzliche Sichtverbindung<br />

nach außen (2004 gestrichen) sind nun<br />

doch wieder vorgeschrieben, allerdings nicht<br />

für Sanitär- <strong>und</strong> Sanitätsräume. Die ges<strong>und</strong>heitlich<br />

zuträglichen Raumtemperaturen bleiben<br />

vorgeschrieben <strong>und</strong> wie bisher detailliert<br />

geregelt in der Regel für <strong>Arbeit</strong>sstätten ASR A<br />

3.5. 3 Erste Hilfe-Räume werden für große Belegschaften<br />

<strong>und</strong> gestafelt nach Gefahrgeneigtheit<br />

des Betriebs weiterhin gefordert. 4<br />

Die <strong>Arbeit</strong>geber geißelten polemisch als<br />

die »mit Abstand absurdeste Forderung«, dass<br />

»Andrea Nahles dafür sorgen wolle, dass der<br />

Unternehmer jeden Homeoice-Platz seiner<br />

Angestellten auf Funktionstüchtigkeit prüft.«<br />

Eine Leitfrage – so die Kritik – solle sein, »ob<br />

die Sonne blendet«. Vom <strong>Arbeit</strong>geber nicht<br />

nur geduldete, sondern vertraglich vereinbarte<br />

<strong>und</strong> somit »eingerichtete Telearbeitsplätze«<br />

müssen nunmehr dennoch die gleichen Standards<br />

einhalten wie betriebliche Bildschirmarbeitsplätze<br />

<strong>und</strong> damit auch Blendfreiheit auf<br />

dem Bildschirm gewährleisten.<br />

Neue Regelungen für<br />

Büro- <strong>und</strong> Bildschirmarbeit<br />

In die ArbStättV wurden neue Vorgaben zur<br />

Ermittlung der psychischen Belastungen bei<br />

der <strong>Arbeit</strong> aufgenommen. Die Gefährdungsbeurteilung<br />

nach neuem <strong>Arbeit</strong>sstättenrecht <strong>und</strong><br />

somit auch die der Bildschirmarbeit bezieht<br />

sich ausdrücklich auf das »Einrichten <strong>und</strong> Betreiben<br />

der <strong>Arbeit</strong>sstätte«. Nach der Deinition<br />

»umfasst das Betreiben von <strong>Arbeit</strong>sstätten das<br />

Benutzen, Instandhalten <strong>und</strong> Optimieren der<br />

<strong>Arbeit</strong>sstätten sowie die Organisation <strong>und</strong> Gestaltung<br />

der <strong>Arbeit</strong> einschließlich der <strong>Arbeit</strong>sabläufe<br />

in <strong>Arbeit</strong>sstätten«.<br />

Dies bedeutet die klare Verplichtung des<br />

<strong>Arbeit</strong>gebers, die psychischen Fehlbelastungen<br />

am (Bildschirm-)<strong>Arbeit</strong>splatz nicht nur aufgr<strong>und</strong><br />

räumlicher Bedingungen zum Beispiel<br />

durch Lärm, mangelnde Beleuchtung, enge<br />

Bewegungslächen <strong>und</strong> ungünstige Gestaltung<br />

des <strong>Arbeit</strong>sraums oder mangelnde Sichtverbindung<br />

nach außen zu ermitteln <strong>und</strong> durch<br />

geeignete Maßnahmen abzustellen. Vielmehr<br />

müssen auch die psychischen Fehlbelastungen<br />

durch mangelhafte Organisation oder <strong>Arbeit</strong>sabläufe<br />

erfasst <strong>und</strong> korrigiert werden.<br />

Die Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich<br />

physischer wie psychischer Belastungen ist<br />

nicht nur beim Betreiben, sondern auch bei<br />

baulichen Maßnahmen <strong>und</strong> Beschafungen zu<br />

gewährleisten. In den Deinitionen heißt es:<br />

»Einrichten ist das Bereitstellen <strong>und</strong> Ausgestalten<br />

der <strong>Arbeit</strong>sstätte. Das Einrichten umfasst<br />

insbesondere:<br />

darum geht es<br />

1. Die Bildschirmarbeitsverordnung<br />

wurde aufgehoben.<br />

2. Bildschirm­ <strong>und</strong><br />

Tele arbeit sind jetzt<br />

im <strong>Arbeit</strong>sstättenrecht<br />

geregelt.<br />

3. Das <strong>Arbeit</strong>sstättenrecht<br />

konkretisiert<br />

<strong>Arbeit</strong>geberplichten zur<br />

Gefährdungsbeurteilung<br />

<strong>und</strong> Unterweisung.<br />

Neuerscheinung!<br />

Perfekte Integration<br />

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Jens Schubert / Evelyn Räder<br />

Flüchtlinge in <strong>Arbeit</strong><br />

<strong>und</strong> Ausbildung<br />

Rechtliche Ansprüche <strong>und</strong> betriebliche<br />

Regelungen<br />

2<strong>01</strong>7. 171 Seiten, kartoniert<br />

€ 19,90<br />

ISBN: 978-3-7663-6586-6<br />

www.b<strong>und</strong>-verlag.de/6586<br />

2 Waßermann, Nahles ist auf dem Weg nach »Absurdistan«, in:<br />

Handelsblatt vom 27.1.2<strong>01</strong>5, www.handelsblatt.com/politik/deutsch<br />

land/arbeitsstaettenverordnung­nahles­ist­auf­dem­weg­nach­ab<br />

surdistan/11286988.html<br />

3 BAuA, Technische Regel für <strong>Arbeit</strong>sstätten ASR A3.5 – Raumtemperaturen,<br />

www.baua.de/de/Themen­von­A­Z/<strong>Arbeit</strong>sstaetten/<br />

ASR/ASR­A3­5.html<br />

4 BAuA, Technische Regel für <strong>Arbeit</strong>sstätten ASR A4.3 – Erste­Hilfe­<br />

Räume, www.baua.de/de/Themen­von­A­Z/<strong>Arbeit</strong>sstaetten/ASR/<br />

ASR­A4­3.html<br />

kontakt@b<strong>und</strong>-verlag.de 19<br />

Info-Telefon: 069 / 79 50 10-20


praxis Der Personalrat als Youtuber CuA 1 |2<strong>01</strong>7<br />

Der Personalrat<br />

als Youtuber<br />

öffentlichkeitsarbeit Social Media eröfnen Interessenvertretungen<br />

neue Kommunikationsmöglichkeiten – intern wie extern. Doch bei<br />

der Nutzung von öfentlichen sozialen Netzwerken oder Blogs gibt es<br />

einiges zu beachten. Ein neuer Leitfaden unterstützt dabei.<br />

VON UTE DEMUTH<br />

darum geht es<br />

1. Social Media bieten<br />

Belegschaftsvertretungen<br />

ein großes Potenzial für<br />

ihre Öfentlichkeitsarbeit.<br />

2. Die rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen für<br />

die Kommunikation <strong>und</strong><br />

Information zu kennen,<br />

ist unerlässlich.<br />

3. Ein Leitfaden der<br />

Hans­Böckler­Stiftung<br />

beschreibt die Chancen<br />

<strong>und</strong> Risiken <strong>und</strong> gibt<br />

konkrete Hilfestellungen<br />

<strong>und</strong> Anregungen.<br />

Betriebs- <strong>und</strong> Personalratsarbeit<br />

wird anspruchsvoller. Das ist nichts<br />

Neues. Mit dem bei der nächsten<br />

<strong>und</strong> übernächsten Wahl in vielen<br />

Gremien anstehenden Generationswechsel<br />

kommen weitere Herausforderungen auf die<br />

Interessenvertretung zu: Wie spricht man jüngere<br />

Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen an, wie interessiert<br />

man sie für die Betriebsratsarbeit, wie<br />

kann man sie einbeziehen <strong>und</strong> beteiligen?<br />

Eine Möglichkeit ist, medial neue Wege zu<br />

gehen, sich über neue Medien zu präsentieren,<br />

ansprechbar <strong>und</strong> transparent zu sein. In vielen<br />

Unternehmen werden bereits interne Social<br />

Media eingesetzt – <strong>und</strong> die Belegschaftsvertretung<br />

ist dabei. Was aber, wenn es diese Medien<br />

nicht gibt oder ein großer Teil der Beschäftigten<br />

keinen Zugang hat? Ob in Krankenhäusern<br />

oder im öfentlichen Personennahverkehr,<br />

auch Beschäftigte, die nicht gut zu erreichen<br />

sind, wollen informiert darüber sein, was<br />

in ihrem Betrieb passiert.<br />

Was soziale Medien betriebsintern wie<br />

-extern interessant macht, ist, dass sie in der<br />

Regel einen einfach zu nutzenden <strong>und</strong> schnellen<br />

Rückkanal zum Gremium bieten. Zudem<br />

können Informationen ohne großen Aufwand<br />

mit Bildern, Filmen <strong>und</strong> weiterführenden<br />

Links interessanter gemacht werden. Und all<br />

das geschieht auf Augenhöhe, wenn man das<br />

möchte, denn potenziell können alle etwas<br />

zum inhaltlichen Austausch beitragen: Soziale<br />

Medien zeichnen sich durch sogenannte »many-to-many«-Kommunikation<br />

aus, das heißt<br />

alle können mit allen kommunizieren.<br />

Social Media können also den Dialog zwischen<br />

Gremium <strong>und</strong> Beschäftigten fördern: Das ist<br />

unternehmensintern mit weniger rechtlichen<br />

Risiken behaftet, als wenn öfentliche soziale<br />

Medien genutzt werden. Deswegen sollte die<br />

Nutzung gut geplant <strong>und</strong> von Kolleginnen <strong>und</strong><br />

Kollegen begleitet werden, die bereits Erfahrung<br />

in der Kommunikation über Blogs, Twitter<br />

oder Facebook haben <strong>und</strong> über das nötige<br />

rechtliche Hintergr<strong>und</strong>wissen verfügen.<br />

Die Praxis zeigt, dass es geht: Es gibt Betriebe,<br />

deren Beschäftigte sich in Facebook-Gruppen<br />

zusammentun, betriebliche Fragen in den<br />

Kommentarbereichen von Blogs diskutieren<br />

oder sich auf der Facebook-Seite der Interessenvertretung<br />

informieren. 1 Unabhängig von<br />

Schichtzeiten oder anderen An- <strong>und</strong> Abwesenheiten<br />

bringen sie sich so auf den neuesten<br />

Stand <strong>und</strong> tauschen sich aus. Der Leitfaden<br />

stellt exemplarisch die Kommunikations- <strong>und</strong><br />

Informationsarbeit einiger Gremien vor. 2<br />

Eine zusätzliche Chance bei der Nutzung<br />

öfentlicher Social Media: Der Betriebs- oder<br />

Personalrat erreicht nicht nur die eigene Belegschaft,<br />

sondern kann auch die außerbetriebliche<br />

Öfentlichkeit für die Sicht von Beschäftigten<br />

interessieren; so wird die <strong>Arbeit</strong> des<br />

Gremiums auch nach außen dargestellt. Für<br />

Journalistinnen <strong>und</strong> Journalisten sind soziale<br />

Netzwerke zu einer wichtigen Recherche quelle<br />

geworden – das kann die interne Durchsetzungskraft<br />

stärken. Aber auch Gewerkschafter<br />

<strong>und</strong> Gremien aus anderen Unternehmen können<br />

Zielgruppe der Social Media-Aktivitäten<br />

von <strong>Arbeit</strong>nehmervertretungen sein. 3<br />

34<br />

1 Siehe auch Demuth, »Immer mehr Leute mischen sich ein <strong>und</strong><br />

trauen sich was …«, in: CuA 4/2<strong>01</strong>4, 34 f.<br />

2 Hans­Böckler­Stiftung, Betriebsräte machen Öfentlichkeitsarbeit<br />

in sozialen Medien, 2<strong>01</strong>6<br />

3 Im Rampenlicht – Praxisbeispiele für Öfentlichkeitsarbeit von<br />

Interessenvertretungen, in: Mitbestimmung 11/2<strong>01</strong>4, http://media.<br />

boeckler.de/Sites/A/Online­Archiv/14868


CuA 1 |2<strong>01</strong>7<br />

Der Personalrat als Youtuber<br />

praxis<br />

Rahmenbedingungen: Was ist anders?<br />

Der größte Unterschied zwischen betriebsinterner<br />

Kommunikationsarbeit <strong>und</strong> der über<br />

Facebook & Co. ist die Reichweite. Beiträge<br />

sind weltweit sichtbar, was einmal gepostet ist,<br />

kann nicht wieder zurückgeholt werden. Zwar<br />

können Beiträge in der Regel auf der Seite<br />

der ursprünglichen Veröfentlichung gelöscht<br />

werden, das nützt aber nichts, wenn sie bereits<br />

weiterverbreitet wurden.<br />

Das hat Folgen für die rechtliche Bewertung.<br />

Was intern erlaubt ist, kann in der Kommunikation<br />

nach außen beispielsweise als<br />

Verstoß gegen das Gebot der vertrauensvollen<br />

Zusammenarbeit gewertet werden. Das heißt<br />

aber nicht, dass Betriebs- oder Personalräte<br />

gar nicht aktiv werden dürfen 4 : Interessenvertretungen<br />

können sich zu übergreifenden Themen<br />

äußern, zum Beispiel zu<br />

Der Personalrat des Universitätsklinikums<br />

Essen<br />

bloggt, betreibt eine<br />

Facebook­Seite <strong>und</strong> hat<br />

einen eigenen Youtube­<br />

Kanal.<br />

· sozialpolitischen Sachverhalten,<br />

· den gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen ihrer eigenen<br />

<strong>Arbeit</strong>,<br />

· wirtschaftlichen Fragen <strong>und</strong><br />

· dazu, welche Positionen Gewerkschaften<br />

vertreten.<br />

Darf die Interessenvertretung überhaupt<br />

aus dem Betrieb berichten?<br />

Darauf gibt der Leitfaden keine eindeutige<br />

Antwort, weil es sie so nicht gibt:<br />

Es gehört nicht zu den Aufgaben eines<br />

Betriebsrats, die Öfentlichkeit außerhalb des<br />

Unternehmens über seine <strong>Arbeit</strong> zu informieren<br />

– einen gesetzlichen Anspruch darauf<br />

gibt es also nicht. Trotzdem kann ihm unter<br />

bestimmten Bedingungen das Recht zustehen,<br />

das zu tun. Er kann beispielsweise »die<br />

Öfentlichkeit über seine Einstellung zu in der<br />

Öfentlichkeit bereits bekannten betrieblichen<br />

Vorfällen unterrichten, wenn sich der <strong>Arbeit</strong>geber<br />

seinerseits in einer Weise an die Presse<br />

oder an sonstige Medien gewandt hat, die eine<br />

Antwort durch den Betriebsrat erfordert«. 5<br />

Die Website informiert<br />

die Besucher in insgesamt<br />

20 Sprachen über die Aufgaben<br />

des Personalrats.<br />

4 Das Paderborner <strong>Arbeit</strong>sgericht entschied 1998, dass ein Betriebsrat<br />

die Namen seiner Mitglieder nicht ohne Weiteres öfentlich<br />

nennen darf; wer auf der sicheren Seite sein will, spricht das vorher<br />

mit dem <strong>Arbeit</strong>geber ab, ArbG Paderborn 29.1.1998 – 1 BV 35/97<br />

5 LAG Hessen 15.7.2004 – 9 TaBV 190/03, das Gericht bezieht sich<br />

hier auf einen BAG­Beschluss vom 18.9.1991 – 7 ABR 63/90<br />

35


IT <strong>und</strong> Datenschutz. Mitbestimmen.<br />

<strong>Computer</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong><br />

CuA | IT-MITBESTIMMUNG<br />

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§<br />

Ihr gutes Recht:<br />

§<br />

»<strong>Computer</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>« ist erforderliches <strong>Arbeit</strong>smittel<br />

gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG bzw. § 44 Abs. 2 BPersVG<br />

sowie den entsprechenden Vorschriften der LPersVG.<br />

Ganz nah dran.<br />

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