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Wo man sich in Salzburg bettet

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FOTOS: HOTEL GOLDENER HIRSCH, „ARCHIV DER SALZBURGER FESTSPIELE / FOTO PAAP“ , JEDERMANN 1920/21<br />

Künstler und Kunstfreunde nach den<br />

künstlerischen Genüssen am Abend treffen.<br />

Nach 1870 werden <strong>in</strong> <strong>Salzburg</strong> <strong>in</strong> unregelmäßigen<br />

Abständen „Sommerfestspiele“<br />

veranstaltet und br<strong>in</strong>gen bedeutende Persönlichkeiten<br />

des Musiklebens <strong>in</strong> die Stadt,<br />

wie Gustav Mahler oder Richard Strauss,<br />

die Sänger Leo Slezak, Richard Mayr oder<br />

Lili Leh<strong>man</strong>n. Auch die Wiener Philharmoniker<br />

werden verpflichtet. Im Hotel wird<br />

1884 e<strong>in</strong>e Kegelbahn eröffnet, die bis 1945<br />

Treffpunkt der <strong>Salzburg</strong>er Geschäftswelt<br />

bleiben soll, der rückwärtige, nicht mehr<br />

benötigte Pferdestall wird <strong>in</strong> Geschäftslokale<br />

zum „G’wölb‘“ umgebaut.<br />

***<br />

Beg<strong>in</strong>n der Festspiele<br />

Hans Richter, der österreichisch-ungarische<br />

Dirigent mit Verb<strong>in</strong>dungen zu den<br />

Bayreuther Festspielen, regt um 1890 alljährliche<br />

Mozart-Festspiele an. Um 1900<br />

stellt die Internationale Mozartgeme<strong>in</strong>de<br />

e<strong>in</strong>en Antrag zur Abhaltung jährlicher<br />

Mozart-Festspiele. Her<strong>man</strong>n Bahr und Max<br />

Re<strong>in</strong>hardt planen <strong>Salzburg</strong> e<strong>in</strong>em projektierten<br />

Theaterverband e<strong>in</strong>zugliedern, um<br />

im Sommer dem zahlungskräftigen Reisepublikum<br />

außergewöhnliche Kunstgenüsse<br />

zu bieten. Der erste Weltkrieg unterbricht<br />

alle Aktivitäten, aber schon 1920,<br />

nach Jahren des Hungers und der Entbehrungen,<br />

f<strong>in</strong>den unter der Regie von Max<br />

Re<strong>in</strong>hardt die ersten „<strong>Salzburg</strong>er Festspiele“<br />

mit dem Spiel „Jeder<strong>man</strong>n“ von Hugo<br />

von Hof<strong>man</strong>nsthal vor der Kulisse des Domes<br />

statt. Zahlreiche Fremde s<strong>in</strong>d ange-<br />

Dirigent Ozawa und Begleitung<br />

reist, um die Uraufführung zu erleben. Die<br />

Festspiele 1921, für die bereits mehrere<br />

Opernaufführungen geplant waren, scheitern<br />

an Geld<strong>man</strong>gel, aber 1922 wird bereits<br />

weiter „fest-gespielt“. 1925 wird das erste<br />

Festspielhaus <strong>in</strong> der Hofstallgasse errichtet,<br />

die ehemalige bischöfliche W<strong>in</strong>terreitschule<br />

zum Pausenraum umgestaltet und<br />

im Hotel werden alle Zimmer im Biedermeierstil<br />

e<strong>in</strong>gerichtet.<br />

***<br />

Graf Walderdorff kauft das Hotel<br />

Unter der künstlerischen Leitung von<br />

Clemens Kraus, Max Re<strong>in</strong>hardt, Franz<br />

Schalk und Bruno Walter werden <strong>in</strong> den<br />

Dreißigerjahren die <strong>Salzburg</strong>er Festspiele<br />

zu e<strong>in</strong>em der führenden Sommerfestivals<br />

der Welt, das von vielen Prom<strong>in</strong>enten besucht<br />

wird, unter ihnen Edward VIII. von<br />

England, der <strong>sich</strong> mit Mrs. Simpson <strong>in</strong>kognito<br />

hier aufhält. Diese „publicity“ trägt<br />

auch dazu bei, dass es <strong>in</strong> der <strong>in</strong>ternationalen<br />

Gesellschaft chic wird, <strong>Salzburg</strong> zu besuchen.<br />

E<strong>in</strong>ige der aristokratischen Gäste<br />

haben beim Grafen E<strong>man</strong>uel „Manni“ Walderdorff<br />

Quartier bezogen, dessen kunsts<strong>in</strong>nige<br />

Gemahl<strong>in</strong> Harriet das selbsterbaute<br />

Bauernhaus geschmackvoll mit alten<br />

Bauernmöbeln e<strong>in</strong>gerichtet hat. Harriet<br />

hat die künstlerische Begabung von ihrem<br />

Vater, dem gefeierten Porträtisten und<br />

Modemaler John Qu<strong>in</strong>cy Adams geerbt, zu<br />

dessen Kunden der Hochadel zählt. Adams,<br />

dessen Vorfahren zwei amerikanische Präsidenten<br />

stellten, portraitiert auch Kaiser<br />

Franz Josef zu dessen 85. Geburtstag. 1938<br />

Carol<strong>in</strong>e von Monaco,<br />

Pr<strong>in</strong>zess<strong>in</strong> Gracia<br />

Patricia von Monaco,<br />

Placido Dom<strong>in</strong>go Luciano Pavarotti mit Freunden<br />

kommt das junge Ehepaar überraschend<br />

zu Geld. Harriets Mutter, die jüdischer Abstammung<br />

ist und vor den Nazis fliehen<br />

muss, hatte <strong>man</strong> e<strong>in</strong>en Teil ihres Vermögens<br />

gegen e<strong>in</strong>en Pass und die Ausreisebewilligung<br />

abgenommen. Dem Grafen gel<strong>in</strong>gt<br />

es, e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Teil des Betrages<br />

zurück zu fordern. In Anbetracht der neuen<br />

politischen Lage, will er <strong>in</strong> feste Werte<br />

<strong>in</strong>vestieren und kauft den Goldenen Hirschen,<br />

der zu dieser Zeit verpachtet ist.<br />

***<br />

Rustikaler Stil und „höfliche<br />

Buben vom Land“<br />

Die Festspiele gehen auch während des<br />

Krieges weiter. Am 16. Oktober 1944 fallen<br />

die ersten Bomben auf <strong>Salzburg</strong>, wie durch<br />

e<strong>in</strong> Wunder bleibt das Hotel unbeschädigt.<br />

Nach dem Krieg entschließen <strong>sich</strong> die<br />

Walderdorffs zu e<strong>in</strong>em Umbau. Seit Jahren<br />

haben sie mit viel Kunstverstand aber mit<br />

äußerst bescheidenen Mitteln – ke<strong>in</strong> Möbelstück<br />

durfte mehr als zehn Mark kosten<br />

– e<strong>in</strong>e stattliche Zahl an antiken Bauernmöbeln<br />

von bee<strong>in</strong>druckender Qualität gesammelt.<br />

Der rustikale Stil der Gräf<strong>in</strong> und<br />

ihre unkonventionelle Art werden bahnbrechend<br />

für die <strong>Salzburg</strong>er Hotellerie,<br />

e<strong>in</strong> Trend, den weder sie noch die Konkurrenz<br />

<strong>in</strong> diesen Tagen sieht. Die alte Bausubstanz<br />

des Hauses wird frei gelegt, moderne<br />

Sanitär- und technische Anlagen<br />

e<strong>in</strong>gebaut und das Haus wird zu e<strong>in</strong>em gemütlichen,<br />

heimatlichen Landgasthof. Da<br />

ke<strong>in</strong> geeigneter Hoteldirektor zu f<strong>in</strong>den<br />

war, eröffnet die Gräf<strong>in</strong> 1948 das Hotel<br />

SOCIETY 3/4_09 | 109

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