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Die Neue Hochschule Heft 1/2017

Zeitschrift des hlb Hochschullehrerbund e.V., Themenschwerpunkt: Wissenschaftsfreiheit, quo vadis?

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wirtschaftsnahe Problemlöser ausbilden, die Unis hingegen<br />

auch ihre berufsbezogenen Studiengänge (Medizin,<br />

Jura etc.) forschungsbezogen und forschungsnah<br />

gestalten. Durch die Bologna-Reformen haben sich<br />

die faktischen Unterschiede verringert. Indem der an<br />

den Universitäten gegen deren 200-jährige Tradition<br />

erzwungene „Berufsbezug“ der Bachelorstudiengänge<br />

vielfach bestenfalls zu „Berufsfassaden“ geführt<br />

hat, sind die FH seither vielfach gegenüber den Unis in<br />

der Vorhand. Im Unterschied zu diesen „können“ sie<br />

Berufsbezug. Und ihre größere Praxisnähe hat Strukturen<br />

etabliert, die dafür sorgen, dass man FH nicht<br />

einfach volllaufen lassen kann, wie es an vielen Unis zu<br />

beobachten ist. In mehrerlei Hinsicht tun die FH wirklich,<br />

was die Universitäten nur zu tun vorgeben.<br />

„In mehrerlei Hinsicht tun die FH wirklich,<br />

was die Universitäten nur zu tun vorgeben.“<br />

Tagespolitisch sind die FH gegenwärtig stark gegenüber<br />

den Universitäten. Aus meiner Sicht wären sie<br />

schlecht beraten, wenn sie diese momentan starke Position<br />

nicht nutzen würden. Aber wie immer im Leben<br />

gibt es zwei gegensätzliche Modi, nach denen man eine<br />

starke Position nutzen kann. In diesem Falle gilt: <strong>Die</strong><br />

FH können sich entweder in eine Image- und Prestigekonkurrenz<br />

mit den Universitäten hineinlocken lassen,<br />

oder sie können versuchen, das eigene Profil zu stärken<br />

ohne den ständigen Konkurrenzblick auf die vermeintlich<br />

ranghöheren Universitäten.<br />

Anders gesagt: <strong>Die</strong> relativ starke Diskursposition der<br />

FH gegenüber den Universitäten birgt die politische<br />

Gefahr, dass sich die FH in einen ruinösen Image-Wettbewerb<br />

mit den Universitäten hineinziehen lassen, in<br />

eine Art Rüstungswettlauf, eine Art Versuch, die Universitäten<br />

dadurch auszustechen, dass man die höhere<br />

Arbeitsmarkttauglichkeit der FH-Absolventen in den<br />

Vordergrund stellt. <strong>Die</strong> universitäre Konkurrenz wird<br />

dann als welt- und vor allem marktfremder Elfenbeinturm<br />

kodiert. Eine solche universalisierte Konkurrenz<br />

ist bei denen, die das Wissenschafts- und Bildungssystem<br />

kapern, dem Markt unterordnen wollen, zweifellos<br />

erwünscht. Sicher auch deswegen, weil das den Druck<br />

auf die Universitäten weiter erhöhen würde, auch ihre<br />

Abschlüsse noch stärker auf den Arbeitsmarkt auszurichten.<br />

<strong>Die</strong> Folgen der reichlich ruinösen Konkurrenz<br />

zwischen den Universitäten selbst, angeheizt durch die<br />

Vergaben des Titels „Exzellenzuniversität“, sind inzwischen<br />

sichtbar: Es gibt erhebliche Umschichtungen von<br />

Ressourcen, zum einen in die Exzellenzforschung, zum<br />

anderen in die Image- und PR-Produktion. Den Studienverhältnissen<br />

ist der Titel „Exzellenzuni“ eher abträglich.<br />

Der dezentralen Forschung ebenfalls. Ließen sich die<br />

FH auf eine Imagekonkurrenz mit den Unis ein, würden<br />

sie vermutlich die eigenen Vorzüge aufs Spiel setzen.<br />

Noch haben sie kleine Lerngruppen, eine vergleichsweise<br />

gute Betreuungsrelation und eine höchst attraktive<br />

„Nische“ – und eine Zeit, die ohnehin für sie arbeitet.<br />

Ein Rüstungswettlauf mit den Universitäten würde<br />

alle diese Vorzüge infrage stellen.<br />

<strong>Hochschule</strong> mit Image<br />

Im Jahr 2005 hat das Centrum für <strong>Hochschule</strong>ntwicklung<br />

CHE acht Thesen zum „Imagemanagement von <strong>Hochschule</strong>n“<br />

in die Welt gesetzt (CHE_Marketing-Runde<br />

2005). Dort kann man lesen, dass die Außenwahrnehmung<br />

ein wesentlicher Faktor im Wettbewerb der <strong>Hochschule</strong>n<br />

um Ressourcen und Studierende darstellt. Der<br />

diesbezüglich jüngste Einfall der unternehmerischen<br />

Universität (vgl. Knobloch 2012) firmiert unter dem<br />

Stichwort „Third Mission“. Damit ist gemeint, dass<br />

<strong>Hochschule</strong>n als dritte Kernaufgabe neben Forschung<br />

und Lehre die systematische Pflege ihres (besonders:<br />

regionalen) Images übernehmen sollen (vgl. Prussky<br />

2016). Tatsächlich geht es bei solchen „profilbildenden<br />

Maßnahmen“ von der Kinder- und Seniorenuni<br />

über Weiterbildungsprogramme bis zum demonstrativen<br />

Engagement für den örtlichen Naturschutz vor allem um<br />

eines: möglichst oft möglichst vorteilhaft in den Medien<br />

erwähnt zu werden und dadurch eine Corporate Identity<br />

zu erwerben, eine Art Marke zu werden. Das soll die<br />

Position der <strong>Hochschule</strong> im Wettbewerb um Studierende,<br />

Drittmittel und Wissenschaftler verbessern. Natürlich<br />

bezweifelt niemand, dass <strong>Hochschule</strong>n, ob sie nun<br />

wollen oder nicht, ihren gesellschaftlichen Wert, ihre<br />

Bedeutung unter Beweis stellen müssen. Ob dafür die<br />

Mittel der kommerziellen Imagewerbung die richtigen<br />

sind, ist freilich eine andere Frage.<br />

DNH 01 | <strong>2017</strong>

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