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Predigt über die Auferweckung des Lazarus, Johannes 11,1ff liebe ...

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<strong>Predigt</strong> <strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>Auferweckung</strong> <strong>des</strong> <strong>Lazarus</strong>, <strong>Johannes</strong> <strong>11</strong>,<strong>1ff</strong><br />

<strong>liebe</strong> Gemeinde!<br />

Jesus erweckt <strong>Lazarus</strong> von den Toten.<br />

Das was da berichtet wird, ist so ganz anders, als wir es erleben.<br />

Immer wieder müssen wir Abschied nehmen, von Menschen <strong>die</strong> uns lieb<br />

und teuer waren, denen wir viel verdanken und <strong>die</strong> unser Leben geprägt<br />

haben.<br />

Abschied von Menschen <strong>die</strong> auch das Leben hier in unserer Gemeinde<br />

mitgetragen und mit verantwortet haben.<br />

Abschied nehmen heißt, loslassen können, den anderen in Frieden<br />

gehen lassen. Ihn der Liebe Gottes anvertrauen, <strong>die</strong> stärker ist als der<br />

Tod, und <strong>die</strong> <strong>über</strong> den Tod hinaus Bestand hat.<br />

Hier aber wird eine andere Geschichte erzählt. Der Verstorbene tritt<br />

keine Himmelsreise in ein jenseitiges Reich Gottes an, sondern er kehrt<br />

zu den Menschen zurück, <strong>die</strong> auf der Erde leben.<br />

Nirgends wird berichtet, dass ihm nun ewiges Leben geschenkt worden<br />

sei, sondern zu einem späteren Zeitpunkt wird er von seinen Freunden<br />

und Kindern Abschied nehmen müssen wie jeder andere Mensch auch.<br />

Leben, was ist das <strong>über</strong>haupt?<br />

Woran merke ich, dass ich lebe? Wurde einmal eine<br />

Konfirmandengruppe gefragt:<br />

• Kaufen bis ich sinnlos glücklich bin?<br />

• Konsum bis zum Koma?<br />

• Leben wie <strong>die</strong> Schönen und Reichen in Beverly Hills<br />

• Einfach nur Spaß haben<br />

Was sind erstrebenswerte Ziele im Leben? Reich und berühmt werden<br />

<strong>die</strong> wenigsten. Für <strong>die</strong> meisten beleibt das ein Traum der nie in Erfüllung<br />

geht.<br />

Ein Leben für andere, das könnte ein Ziel sein. Das wäre aber das<br />

genaue Gegenteil der eben genannten Ziele. Kann das glücklich<br />

machen? Ein Leben für andere?


Das kann es sehr wohl, und es gibt sehr viel mehr Menschen <strong>die</strong> ihr<br />

Leben auf <strong>die</strong>se Weise gestalten als wir glauben.<br />

Ich erlebe es immer wieder bei Trauergesprächen, wenn es um das<br />

Leben der verstorbenen Familienangehörigen geht.<br />

Unsere Mutter, sie war immer für uns da, sie hat sich eingesetzt wo sie<br />

konnte, hat nie nein gesagt, wenn sie gebraucht wurde. Oder unser<br />

Vater hat fast in der ganzen Nachbarschaft in unserem Baugebiet <strong>die</strong><br />

Sanitären Anlagen angeschlossen oder ist auf fast jedem Dach<br />

gestanden, als <strong>die</strong> Ziegel kamen um das Haus zu decken.<br />

Niemand hat <strong>die</strong>se Menschen gezwungen, sich so zu verhalten. Im<br />

Gegenteil, es waren fröhliche und glückliche Menschen, an deren<br />

Lachen sich <strong>die</strong> Angehörigen und Freunde gerne erinnern.<br />

Und dann gibt es aber auch das genaue Gegenteil, wir haben in der<br />

letzten Konfirmandenstunde dar<strong>über</strong> gesprochen. Es gibt nicht nur ein<br />

Leben für sich selbst und ein Leben für andere, es gibt auch ein Leben<br />

gegen andere.<br />

Der Krieg ist ein Leben gegen andere, der Tod anderer Menschen wird<br />

nicht nur in Kauf genommen und dann beschönigend als<br />

Kollateralschaden bezeichnet, sondern er wird auch bewusst und gezielt<br />

geplant und herbeigeführt.<br />

Es ist einfach nicht war, dass in Kriegen immer nur zurück geschossen<br />

wird. Die Älteren unter uns, <strong>die</strong> sich vor wild um sich schießenden<br />

Tieffliegern retten mussten oder vor herabfallenden Bomben in den<br />

Keller flüchteten, wissen das.<br />

Aber <strong>die</strong>ses Leben gegen andere gibt es auch im Klassenzimmer und<br />

auch gar nicht so selten in der Familie. Mitschüler werden beleidigt,<br />

diffamiert und gemobbt und immer wieder kommt es auch zu tätlichen<br />

Angriffen.<br />

Ich habe da keine Statistik, aber ich glaube, dass <strong>die</strong> Chance ein Opfer<br />

von Gewalt zu werden innerhalb der Familie wesentlich höher liegt als<br />

<strong>die</strong> Wahrscheinlichkeit auf der Straße zusammen geschlagen zu werden.<br />

Wenn <strong>die</strong>s aber geschieht nimmt das unsere Aufmerksamkeit besonders<br />

in Anspruch. Ich denke wir alle erinnern uns an das Video, das einen<br />

Jugendlichen auf einem Münchner U-Bahnhof zeigt, wie er einem


anderen Jugendlichen, den er vorher zu Boden geworfen hat mehrmals<br />

mit aller Gewalt auf den Kopf tritt.<br />

Genau <strong>die</strong>s ist leider auch vor drei Wochen hier auf dem Herbstmarkt in<br />

Friedberg passiert. Ein ehemaliger Konfirmand, der auch schon als<br />

Betreuer mit auf Konfirmandenfreizeiten war, wurde von einem anderen<br />

Jugendlichen mit gezielten Tritten an den Kopf traktiert, sodass er auch<br />

mit dem Kopf gegen einen Müllcontainer stieß. Er musste im<br />

Krankenhaus Not operiert werden, weil sein Jochbein gebrochen war<br />

und man unter seinem linken Auge eine Platinplatte einsetzen musste.<br />

Man kann sich leicht vorstellen, welche Verletzungen ein solches<br />

Ereignis nicht nur am Kopf sondern ganz sicher auch im Kopf zu Folge<br />

hat. Das kann einem nachts den Schlaf rauben und dem eigenen<br />

Selbstvertrauen den Boden unter den Füßen wegziehen.<br />

Wir fragen uns, was hinter solchen Gewaltattacken steht. Warum<br />

verhalten sich Jugendliche in <strong>die</strong>ser Weise? Warum treten sie das Leben<br />

buchstäblich mit Füßen?<br />

Es gibt zwei Erklärungen, <strong>die</strong> man immer wieder hört. Die eine ist <strong>die</strong>,<br />

dass <strong>die</strong> Gewalttäter sich selbst vom Leben mit Füßen getreten fühlen.<br />

Aus sicht der Opfer ist das fast schon zynisch. Die Gegner <strong>die</strong>ses<br />

Erklärungsversuches rufen nach immer härteren Strafen.<br />

Das ist zwar verständlich, doch hilft es in der Regel nicht <strong>die</strong> Gewalt<br />

einzudämmen. Gesellschaften, in denen drakonische Strafen üblich sind,<br />

werden <strong>des</strong>halb nicht friedlicher.<br />

Ein anderer Erklärungsversuch ist, dass <strong>die</strong> Jugendlichen Gewalttäter<br />

nach Anerkennung suchen, das erklärt auch warum sie ihre<br />

Gewaltexzesse gerne mit dem Handy filmen, sie ihren Freunden zeigen<br />

oder sogar ins Internet stellen.<br />

Gewalt ist immer auch eine Demonstration der Macht. Sie soll nicht nur<br />

den Gegner verletzen sonder sie soll auch <strong>die</strong> anderen, <strong>die</strong> Zeuge der<br />

Gewalttat werden, in Angst und Schrecken versetzen.<br />

Ich erinnere mich noch sehr gut …, eigentlich müsste ich sagen, eine<br />

sehr schlechte Erinnerung ist ein Erlebnis in meiner Grundschulzeit: Ich<br />

wurde als ich sieben Jahre alt war von zwei anderen Jungen aus der<br />

Nachbarschaft auf dem Schulweg bedroht.


Die beiden haben mir aufgelauert und als ich versuchte wegzulaufen bis<br />

an <strong>die</strong> eigene Haustür verfolgt. Dort standen sie dann schauten mich<br />

grinsend an. Offensichtlich hatten sie große Freude daran, meine Angst<br />

förmlich riechen zu können.<br />

Ich schickte einige Stoßgebete zum Himmel bis endlich, nach einer<br />

gefühlten Ewigkeit, der Summer ertönte und <strong>die</strong> Tür aufging und ich sie<br />

wieder hinter mir zuschlagen konnte. Jetzt war ich sicher.<br />

Es war <strong>die</strong> Lust an der Macht, das Gefühl der Überlegenheit, <strong>die</strong> ganz<br />

offensichtlich meine beiden Quälgeister zu ihrem Handeln angestachelt<br />

hat.<br />

Das Leben kann tatsächlich zur Qual werden, ein Mitschüler kann zur<br />

Qual werden, <strong>die</strong> eigenen Eltern können zur Qual werden ein zufällig<br />

<strong>über</strong> den Weg laufender jugendlicher Gewalttäter kann ein ganzes<br />

Leben zur Qual machen.<br />

Ein solches Leben ist gar kein Leben mehr, es ist eigentlich schon der<br />

Tod, <strong>des</strong>halb spricht man auch von Höllenqualen.<br />

Auch <strong>Lazarus</strong> litt solche Höllenqualen. Wir erfahren, dass er sehr krank<br />

war, wahrscheinlich schon sehr lange. Dieses Leiden hat ihm<br />

offensichtlich auch den Mut zum Leben genommen.<br />

Immer wieder erzählen alte und sehr kranke Menschen davon, dass sie<br />

nicht mehr leben wollen. Guter Sachs, ein berühmter Playboy hat erst<br />

kürzlich aus <strong>die</strong>sem Wunsch seine ganz persönlichen Konsequenzen<br />

gezogen. Als bei ihm eine fortschreitende Alzheimer Erkrankung<br />

festgestellt wurde, wollte das nicht mehr erleben müssen und hat sich<br />

erschossen.<br />

So weit gehen <strong>die</strong> Wenigsten. Doch viele gehen mit ihrer<br />

To<strong>des</strong>sehnsucht in <strong>die</strong> innere Immigration. Wollen vom Leben einfach<br />

nichts mehr wissen, kapseln sich von allem ab, wollen keine Freunde<br />

mehr sehen und hören irgendwann auf zu essen und zu trinken.<br />

Das Grab als Höhle mit einem schweren Stein davor ist ein gutes Bild für<br />

solch einen Rückzug.<br />

Was wird aus einem Menschen, wenn er keine Perspektiven mehr sieht<br />

– schon gar nicht <strong>über</strong> seinen Tod hinaus, wenn das ganze Leben ihm -<br />

wie eine von einem dicken Stein verschlossene Höhle - erscheint:


• Dem Arbeitslosen, der keine Arbeit findet;<br />

• dem alten Menschen, dem <strong>die</strong> Rente nicht zum Leben reicht,<br />

obgleich er immer gearbeitet hat;<br />

• der alleinerziehenden Mutter, <strong>die</strong> kaum Zeit für ihre Kinder findet<br />

und sich selbst leise Vorwürfe macht, ohne <strong>die</strong> Möglichkeit, aus<br />

eigener Kraft ihre Situation zu verändern;<br />

• den Familienangehörigen, <strong>die</strong> sich für eine Langzeitpflege<br />

aufopfern, zeitlich aber eben auch finanziell große Lasten tragen<br />

müssen;<br />

• dem Mutlosen, der keine Hoffnung mehr hat;<br />

• dem Schüler, der sich unverstanden fühlt?<br />

• Oder dem Menschen der unverschuldet Opfer einer schrecklichen<br />

Gewalttat geworden ist.<br />

Jesus hat auf alle <strong>die</strong>se Fragen eine Antwort: Komm heraus <strong>Lazarus</strong> ruft<br />

er, bleib nicht eingewickelt in deine Leichentücher, Lass dich nicht<br />

einschüchtern, lass dich nicht unterkriegen, lebe dein Leben.<br />

Natürlich kann der Glaube an Gott keine Krankheit aufheben oder<br />

finanzielle Belastungen beseitigen, aber er kann durchaus helfen, das<br />

Leben in all seinen Höhen und Tiefen, den Herausforderungen, den<br />

Schmerzen lebbar und sinnhaft zu machen.<br />

Unser Glaube hilft uns jetzt zu leben, wirklich zu leben, aber hinter allem<br />

Leid, aller Vergänglichkeit, ja sogar dem Tod, noch mehr zu erwarten als<br />

den Tod. Und eben das meint Jesus, wenn er sagt:<br />

"Ich bin <strong>die</strong> Auferstehung und das Leben. Wer mich annimmt, wird leben,<br />

auch wenn er stirbt..."<br />

Amen

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