Der Klassiker unter neuer Flagge Corel Paint Shop Pro 9

Corel Paint Shop Pro 9 im Test
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DigitalPHOTO 04/2005
S. 52-53
Der Klassiker unter neuer Flagge
Corel Paint Shop Pro 9
Aktuell Testlabor Fotoschule Bildbearbeitung Praxis Fotografi e
Mit gesundem Selbstbewusstsein stellt sich die Bildbearbeitung Paint Shop Pro 9, von Jasc entwickelt und nunmehr im Besitz von Corel,
als gleichwertige Alternative zu dem erheblich teureren Photoshop CS vor.
Von Jörg Rieger
Informationen
Typ: Bildbearbeitung
Zielgruppe: Einsteiger, Ambitionierte
Preis: 90 Euro
Systemvoraussetzungen:
Windows XP, Pentium/AMD mit mind.
1 GHz, 512 MB Speicher, 500 MB freier
Festplattenspeicher, 32 Bit Grafi kkarte
Pro: - Professionelle Bildkorrektur
- RAW-Kamerafi lter
- Vektor-Grafi kwerkzeuge
Contra: - Performance
- oberfl ächliches Farbmanagement
Seit 1990 ist die Windows-Bildbearbeitung
Paint Shop Pro eine feste Größe, seinerzeit noch
als Shareware vertrieben, mittlerweile zu einer
echten Konkurrenz zu Photoshop und Co. erwachsen.
Seit Ende letzten Jahres gehört die Software
zum Corel-Konzern, es bleibt aber beim bekannten
Prinzip „erst testen, dann kaufen“. 60 Tage kann
der Funktionsumfang ge testet werden, danach
werden 90 Euro für die Vollversion fällig.
Waren es vor Jahren noch eingescannte Bilder
und selbst gezeichnete Arbeiten, so sind es
heute Digitalfotos, die mit Paint Shop bearbeitet
werden. Mit dieser rasanten Entwicklung hat
sich auch die Software verändert und stellt sich
heute als preiswerte Komplettlösung für Digitalfotografen
aller Anwenderschichten dar. Neben
den klassischen Aufgaben wie Bildoptimierung
und Farbkorrektur gehören mittlerweile auch zahlreiche
Kreativfunktionen zum festen Funktionsumfang
des Pixelkünstlers aus Amerika.
Die Software ist ein klassisches Windows-
Programm, eine Umsetzung für Mac OS X wird
nach Corels Bauchlandung mit CorelDRAW! wohl
auch nicht stattfi nden. Dafür bleibt die Software
auf dem PC abwärts kompatibel und läuft auch
noch mit Windows 98SE.
Pixelfrische Neuheiten
Die Programmierer haben in Paint Shop Pro
9 ein wahres Feuerwerk an neuen Funktionen
gezündet – wenngleich der frische Wind offensichtlich
vor der Benutzeroberfl äche und dem
Windows XP Zeitalter Halt gemacht hat. Paint
Shop Pro 9 präsentiert sich hier in der fast schon
antiquiert wirkenden Oberfl äche, der ein Face-
Lifting nicht geschadet hätte. Die Neuerungen
offenbaren sich erst auf dem zweiten Blick, sind
aber in fast jedem Menü zu fi nden.
Für falsch belichtete Aufnahmen ist erstmals
der digitale Aufhellblitz und ein ebenfalls neu
Foto links:
Die Benutzeroberfl äche von Paint Shop wirkt nicht mehr ganz
taufrisch, bietet aber viele Neuerungen.
entwickelter Gegenlichtfi lter mit an Bord von Paint
Shop gekommen. Warum dieser im Programm
jetzt als „Hintergrundbeleuchtung“ gelandet ist,
wissen wohl nur die Programmierer.
Der Aufhellblitz holt selbst aus stark unterbelichteten
Aufnahmen noch erstaunlich viele
Details ans Tageslicht. In Kombination mit dem
ebenfalls neuen Filter zum Entfernen des lästigen
Bildrauschens lassen sich beachtliche Ergebnisse
erzielen, die auch der wesentlich teurere Photoshop
CS nicht besser machen könnte.
Gegen die weniger gern gesehenen Farbsäume
in Digitalfotos ist in Paint Shop Pro 9
jetzt ebenfalls ein Kraut gewachsen. Mit „Farbabweichung“
werden diese Problemzonen neutralisiert.
Lediglich der Wirkungsradius muss je
nach Motiv angepasst werden, alles andere
übernimmt das Programm selbstständig.
Simulierte Zoom-, Dreh- und Wirbeleffekte
sind mit dem Werkzeug für strahlenförmige Un-

Aktuell Testlabor Fotoschule Bildbearbeitung Praxis Fotografi e Corel Paint Shop Pro 9 im Test
schärfe ein Kinderspiel und bei langweiligen,
gleichmäßig scharfen Aufnahmen ein gelungener
Motivretter.
Besonders Benutzer eines drucksensitiven
Gra fi ktabletts dürften sich über die neuen Kunstwerkzeuge
freuen. Sie können mit Kreide, Tinte,
Ölfarben und anderen Utensilien malen. Für
echtes Staffelei-Feeling sorgt eine Mischpalette,
in der aus beliebigen Farben der gewünschte Ton
gemischt werden kann. Das Werkzeug steckt
allerdings im Hinblick auf Corels Pain ter in Sachen
Geschwindigkeit und Kreativität noch in den
Kinderschuhen und ist eher für klei nere Effekte
denn für große Gemälde geeignet.
Pixelfrei und gestochen scharf dank Vektortechnologie
sind die stark erweiterten Grafi kwerkzeuge
für Screendesign und kleine Grafi kprojekte
eine große Hilfe. Neben den Standardwerkzeugen
für Text, Kreise, Linien und geometrische Grundformen
ist es jetzt auch möglich, zahlreiche
Symbole wie Sprechblasen, Sterne oder Pfeile
zu platzieren. Quasi als DJ zwischen Vektoren
und Pixel besteht die Möglichkeit, die Objekte
mit verschiedenen Texturen optisch aufzuwerten.
Mit der Grafi kfunktion stellt Paint Shop Pro ein
mächtiges Werkzeug à la CorelDRAW! zur Verfügung,
das in einer Bildbearbeitung bisher so
nicht zu fi nden war. Selbst an den Zeichenstift
wurde gedacht, mit dem der Anwender Objekte
selbst anpassen kann. Lediglich die Texterzeugung
hinterlässt einen eher durchwachsenen Eindruck,
da der Text nicht direkt im Bild, sondern in einem
separaten Dialogfeld gesetzt wird.
Dagegen hat mit der Verlaufspalette ein ausgereiftes
und sehr praktisches Hilfsmittel Einzug
in die Shareware-Bildbearbeitung gehalten. Hier
werden alle Bearbeitungsschritte protokolliert,
und der Anwender kann somit misslungene
Korrekturen per Mausklick rückgängig machen.
Voreingestellt merkt sich Paint Shop Pro praxistaugliche
250 Schritte, eine Grenze nach oben
setzen nur die Systemressourcen.
Ein Schritt in Richtung Profi -Software stellt
die Integration eines RAW-Kamerafi lters dar, mit
dem die Rohdaten aus digitalen Spiegelrefl exkameras
individuell bearbeitet werden können.
Helligkeit, Farbtemperatur, Kontrast und Weißabgleich
sind vom Anwender individuell steuerbar.
Paint Shop Pro im Einsatz
Paint Shop Pro 9 ist schnell gestartet, und
auch die vorangehende Installation ist übersichtlich
und einfach gehalten. Dann ist allerdings
leider Schluss mit schnell: Im Gegensatz zur Vorversion
ist ein deutlicher Performanceverlust zu
bemerken, und selbst schnelle Computer kommen
beim Berechnen von Filtern oder beim Malen
mit großen Werkzeugspitzen ins Schwitzen.
Besonders störend ist, dass die Software auch
bei Rückgängig/Wiederherstellen von Effekten
oder Korrekturen diese nicht immer im Zwischenspeicher
behält, sondern neu berechnet.
Positiv zu bewerten sind hingegen die praxisnahen
Bildbearbeitungsfunktionen. Hervorzuheben
ist die „Fotokorrektur in einem Schritt“. Ganz
ohne Vorkenntnisse und mit minimalem Aufwand
bringt Paint Shop Pro 9 Digitalfotos in Bestform.
Dabei korrigiert der Assistent nicht nur Helligkeit
und Kontrast, sondern entfernt Bildrauschen,
Farbsäume und schärft das Foto dezent. In unserem
Test mit unterschiedlichsten Bildern waren
die Resultate durchweg positiv.
Für weitergehende Bearbeitung stehen die
einzelnen Werkzeuge auch separat zur Verfügung.
Allerdings wird man in jedem Dialogfeld mit
Schaltern, Haken und Buttons geradezu überfl
utet. Das ist gerade für Einsteiger sehr verwirrend.
Dafür können Profi s auf nahezu unbegrenzte
Farbkorrekturfunktionen zurückgreifen.
Ob Gradation, Sättigung, Helligkeit und Kontrast
oder Verzerrungskorrektur – hier zeigt Paint
Shop der Konkurrenz, wie hervorragende Bildoptimierung
funktioniert.
Wenig spektakulär, aber durchaus nützlich hat
mit der Version 9 außerdem auch ein kleiner Dateibrowser
Einzug gehalten, mit dem Datenträger
und Verzeichnisse nach Bilddaten durchsucht und
verschoben werden können. Dabei beschränkt
sich das Programm nicht nur auf alle gängigen
Bildformate, sondern macht auch vor PDF- und
Corel-Dateien keinen Halt. Hat Paint Shop Pro ein
Verzeichnis einmal eingelesen, wer den die Vorschaubilder
beim nächsten Zugriff dank Zwischenspeicher
erheblich schneller geladen.
Leider ist beim Thema Farbmanagement alles
beim Alten geblieben. Wenn es um die Konvertierung
in CMYK-Druckdaten oder andere Farbräume
geht, ist Paint Shop Pro überfordert;
ICC-Profi le werden einfach ignoriert.
Eff ektvoll
Keine Bildbearbeitung ohne Effektfi lter: Oft-
mals mehr Fluch als Segen, bietet Paint Shop
eine Reihe brauchbarer Tools ohne überfl üssige
Effekthascherei. Der Effektbrowser macht dabei
die Auswahl besonders komfortabel. Dort sind
sämtliche Filter, auch aus der Fotokorrektur, hinterlegt
und in kleinen Vorschaubildern direkt auf
das Foto angewendet. Für jeden Filter bietet
Paint Shop Pro 9 einige Varianten an, per Mausklick
können Sie diese jederzeit editieren und
in das entsprechende Dialogfeld wechseln.
Besonders erwähnenswert in der Kategorie
„Effekte“ ist der Sonnenfi lter „Nova“, der auch
auf einem komplett verregneten Bild die Sonne
scheinen lässt. Ebenso kreativ geht auch der
Kaleidoskop-Filter ans Werk, der aus beliebigen
Motiven die bekannten Muster erstellt.
Fazit
Paint Shop Pro ist mit der aktuellen Version 9
in Sachen Funktionsumfang, Kreativfunktionen
und Digital Imaging auf der Höhe der Zeit, bei
der Bildkorrektur stehen sogar erheblich mehr
Möglichkeiten zur Verfügung, als sie beispielsweise
Photoshop Elements 3 bietet.
Dies hat auch seinen Preis, zumindest auf
der Hardwareseite. Die aktuelle Version hat bei
komplexen Funktionen und Werkzeugen ordentlich
zugelegt, verlangt aber für fl üssiges Arbeiten
einen Computer jenseits der 1 Gigahertz-Grenze
sowie 512 Megabyte Arbeitsspeicher. Und selbst
bei aktuellen PCs arbeitet die Vollbildvorschau
zeitweise sehr schleppend.
Abgesehen davon ist Paint Shop Pro 9 eine
empfehlenswerte Software, und der kostenlose
60-Tage Test lohnt in jedem Fall. Mit Spannung
werden schon jetzt die Neuerungen in Folge
der Übernahme durch Corel erwartet.
DigitalPHOTO 04/2005
S. 52-53
Jörg Rieger
Jörg Rieger, Jahrgang 1977, arbeitet in
einem großen Pforzheimer Medienunternehmen
als Mediengestalter. Neben
Bildbearbeitung, Repro und Layout betreut
er die Mac-Anwender von Fotostudio
und Werbeagentur im First-Level-
Support. Seit 2000 schreibt er für ver -
schiedene Online- und Printmedien als
Fachjournalist zu den Themen Digital
Imaging, Grafi k und DTP.
Foto oben:
Ententanz: Der Kaleidoskop-Filter
im Einsatz. Der Eff ektbrowser vereint
sämtliche Filter und ermöglicht
einen komfortablen Überblick.
Foto links:
Professionell präsentiert sich die
umfangreiche Ebenenfunktion.
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