Rechte haben - Die Beteiligung
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. - 21. November 2007 �����<br />
Tagungs-Dokumentation<br />
Gemeinsame Arbeitstagung<br />
für Jugendämter und<br />
Einrichtungen der Erziehungshilfe<br />
im KVJS-Tagungszentrum Gültstein<br />
vom 20. - 21. November 2007<br />
(07-4-A11)<br />
Themenschwerpunkte:<br />
� Kinderrechte und ihre<br />
Bedeutung für die Jugendhilfe<br />
� Bundes- und landespolitische<br />
Initiativen und Tendenzen in<br />
der Kinder- und Jugendhilfe
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. - 21. November 2007 �����<br />
Inhaltsverzeichnis:<br />
1. Tagungsprogramm.............................................................................................1<br />
2. Begrüßung ..........................................................................................................3<br />
Themenschwerpunkt: Kinderrechte und ihre Bedeutung für die Jugendhilfe ..6<br />
3. <strong>Die</strong> Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen - ihre Bedeutung<br />
und ihre Umsetzung in Deutschland ...............................................................6<br />
4. Kinderrechte und Jugendamtspraxis ............................................................16<br />
5. Projekte und Initiativen....................................................................................36<br />
5,1 „Initiative Habakuk - <strong>Rechte</strong> <strong>haben</strong>, Recht bekommen“<br />
eine Initiative der Caritas in Baden-Württemberg, ........................................................ 36<br />
5.2 <strong>Beteiligung</strong> von Kindern und Jugendlichen in der Heimerziehung -<br />
Ergebnisse eines Projekts............................................................................................... 44<br />
5.3 Umsetzung der Kinderrechte im Alltag des Kinder- und Jugenddorfes<br />
Klinge in Seckach .......................................................................................................... 63<br />
5.4 Kinderrechtestandards und -unterstützungsformen in der Jugendhilfe<br />
Karlshöhe ........................................................................................................................ 82<br />
Themenschwerpunkt: Bundes- und landespolitische Initiativen und<br />
Tendenzen in der Kinder- und Jugendhilfe ...........................................................94<br />
6. Aktuelle Entwicklungen in Bezug auf das SGB VIII.......................................95<br />
7. Kinder- und jugendhilfepolitische Perspektiven in Baden-Württemberg -<br />
Auswirkungen auf die Jugendämter und Ein-richtungen der<br />
Erziehungshilfe...............................................................................................104<br />
8. Podiumsdiskussion - einige Themen: ..........................................................116<br />
9. Anhang:...........................................................................................................117<br />
9.1 Termine 2008.................................................................................................................117<br />
9.2 Liste der Teilnehmer und Teilnehmerinnen............................................................117
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. - 21. November 2007 �����<br />
1. Tagungsprogramm<br />
<strong>Die</strong>nstag den 20. November 2007<br />
Themenschwerpunkt: Kinderrechte und ihre Bedeutung für die Jugendhilfe<br />
10.00 Uhr Begrüßung<br />
Roland Klinger, Verbandsdirektor des Kommunalverbandes für<br />
Jugend und Soziales Baden-Württemberg<br />
10.15 Uhr "<strong>Die</strong> Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen - ihre<br />
Bedeutung und ihre Umsetzung in Deutschland"<br />
Prof. Dr. Lothar Krappmann, Berlin, Mitglied des UN-<br />
Ausschusses für die <strong>Rechte</strong> des Kindes<br />
11.15 Uhr „Kinderrechte und Jugendamtspraxis“<br />
12.30 Uhr Mittagessen<br />
Dr. Katharina Maucher, Fachstelle Kinderschutz und Koordina-<br />
tion beim Jugend- und Sozialamt der Stadt Frankfurt a. M.<br />
14.00 Uhr „Initiative Habakuk - <strong>Rechte</strong> <strong>haben</strong>, Recht bekommen“<br />
eine Initiative der Caritas in Baden-Württemberg,<br />
Iris Horstmann, Projektleiterin<br />
14.30 Uhr <strong>Beteiligung</strong> von Kindern und Jugendlichen in der Heimer-<br />
15.00 Uhr Kaffeepause<br />
ziehung - Ergebnisse eines Projekts<br />
Prof. Dr. Mechthild Wolff, Fachhochschule Landshut<br />
15.30 Uhr Umsetzung der Kinderrechte im Alltag des Kinder- und<br />
Jugenddorfes Klinge in Seckach<br />
Georg Parstorfer, Kinder- und Jugenddorf Klinge<br />
16.00 Uhr Kinderrechtestandards und -unterstützungsformen<br />
in der Jugendhilfe Karlshöhe<br />
Hans Fischer, Kinder und Jugendhilfe Karlshöhe, Ludwigsburg<br />
16.30 Uhr Gelegenheit zu Rückfragen an den Ständen der Initiativen<br />
im Foyer<br />
18.00 Uhr Abendessen<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Mittwoch den 21. November 2007<br />
Themenschwerpunkt: Bundes- und landespolitische Initiativen und Tendenzen<br />
in der Kinder- und Jugendhilfe<br />
09.00 Uhr Aktuelle Entwicklungen in Bezug auf das SGB VIII<br />
Hans-Peter Becker, KVJS Baden-Württemberg, Stellv. Leiter<br />
des Dezernats Jugend - Landesjugendamt<br />
10.00 Uhr Kinder- und jugendhilfepolitische Perspektiven in Baden-<br />
11.00 Uhr Pause<br />
Württemberg - Auswirkungen auf die Jugendämter und<br />
Einrichtungen der Erziehungshilfe<br />
11.20 Uhr Podiumsgespräch mit<br />
Thomas Halder, Ministerialdirektor, Amtschef des Ministeriums<br />
für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg, Stuttgart<br />
Ulrich Fellmeth, Vorsitzender des Liga-Ausschusses Kinder,<br />
Jugend und Familie Baden-Württemberg, Stuttgart<br />
MD Thomas Halder, SM Baden-Württemberg, Stuttgart<br />
Ltd. VD’in Christa Heilemann, Landkreistag Baden-<br />
Württemberg, Stuttgart<br />
12.45 Uhr Auswertung der Tagung<br />
13.00 Uhr Mittagessen<br />
Hans-Peter Becker, KVJS Baden-Württemberg, Stuttgart<br />
Moderation: Roland Kaiser, DPWV LV Baden-Württemberg<br />
danach Ende der Tagung<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
2. Begrüßung<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
��Roland Klinger, Verbandsdirektor des Kommunalverban-<br />
des für Jugend und Soziales Baden-Württemberg<br />
herzlich willkommen im Tagungszentrum Gültstein des Kommunalverbandes für Jugend und<br />
Soziales Baden-Württemberg. Ich hoffe, Sie werden sich hier wohl fühlen und viele weiter-<br />
führende Erkenntnisse am Ende dieser Tagung mit nach Hause nehmen. <strong>Die</strong>se Tagung rich-<br />
tet sich sowohl an die Jugendämter wie auch an die Einrichtungen der Erziehungshilfe. Da-<br />
mit ist sie eine der wenigen Tagungen, in der sich Leitungskräfte aus Jugendämtern und<br />
Einrichtungen persönlich begegnen und zu einem aktuellen Thema informieren und austau-<br />
schen können und das halten wir für sehr wichtig.<br />
In diesem Jahr gibt es zwei thematische Schwerpunkte: Am ersten Tag - übrigens feiern<br />
heute die Vereinten Nationen offiziell den Weltkindertag also am 20. November, an dem die<br />
UNO im Jahr 1959 die Erklärung der Kinderrechte und 1989 die Kinderrechtskonventi-<br />
on beschlossen hat - deshalb geht es am ersten Tag um die Kinderrechte und ihre Be-<br />
deutung für die Jugendhilfe und am zweiten Tag wollen wir bundes- und landespolitisch<br />
Initiativen in der Kinder- und Jugendhilfe betrachten.<br />
Ich darf an dieser Stelle gleich der Vorbereitungsgruppe danken, die dieses interessante<br />
Programm zusammengestellt hat. Hierzu gehören Frau Etterich von der Stadt Mannheim, die<br />
heute leider nicht dabei sein kann, Herr Kaiser, noch beim DPWV und ab 1. März 2008<br />
Leiter des Landesjugendamtes beim KVJS - deshalb darf ich Sie heute noch einmal öf-<br />
fentlich zu Ihrer Wahl beglückwünschen und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit - und<br />
Herr Spielmann vom Diözesan-Caritasverband in Feiburg. Wie Sie aus der Einladung ent-<br />
nehmen können, handelt es sich um eine gemeinsame Tagung der öffentlichen und freien<br />
Träger, die wir auch gemeinsam mit Vertretern der Liga und der Jugendämter vorbereitet<br />
<strong>haben</strong>. Es war eine gute Wahl der Vorbereitungsgruppe, in diesem Jahr das Thema „Kinder-<br />
rechte“ in den Mittelpunkt zu stellen.<br />
Bedenkt man, dass die Vereinten Nationen das Übereinkommen über die <strong>Rechte</strong> des<br />
Kindes - die so genannte Kinderrechtskonvention - bereits heute vor 18 Jahren be-<br />
schlossen <strong>haben</strong>, die nach Ratifizierung im deutschen Bundestag allerdings erst am<br />
5. April 1992 in Deutschland in Kraft getreten ist, so <strong>haben</strong> wir meines Erachtens in unserer<br />
Gesellschaft immer noch einen erheblichen Nachholbedarf in der Information über die-<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
se <strong>Rechte</strong> des jungen Menschen und ihre Verwirklichung im Alltag der Kinder- und<br />
Jugendhilfe.<br />
<strong>Die</strong> zum Teil sehr kontroversen Diskussionen zu Themen wie Kinderschutz, freiheitsentzie-<br />
henden Maßnahmen, Umgangspflicht bei Trennung und Scheidung, <strong>Beteiligung</strong> von Kinder<br />
und Jugendlichen an gesellschaftlichen Entwicklungen zeigen auf, dass die Kinder und Ju-<br />
gendlichen selbst noch viel zu oft nur bedingt als Träger von <strong>Rechte</strong>n betrachtet und ihre<br />
Interessen von den Erwachsenen nicht immer entsprechend wahrgenommen werden. Frau<br />
Dr. Maucher, eine der Referentinnen, die ich herzlich begrüße, wird hierauf sicher noch nä-<br />
her eingehen.<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Jugendministerkonferenz hat sich bereits<br />
im Juni 1998 ausführlich mit dem Thema befasst. Den Beschluss, der aus meiner Sicht<br />
nach wie vor aktuell ist, finden Sie in den Tagungsunterlagen. Daraus zwei Zitate:<br />
„<strong>Die</strong> Kinderrechtskonvention bedarf der Umsetzung in allen für junge Menschen bedeutsa-<br />
men Gestaltungsbereichen. Sie verpflichtet die Vertragsstaaten, alle geeigneten Gesetzge-<br />
bungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verwirklichung der von der Kinder-<br />
rechtskonvention anerkannten <strong>Rechte</strong> zu treffen. Damit werden die in der Rechtsordnung der<br />
Bundesrepublik Deutschland, insbesondere im Kinder- und Jugendhilferecht sowie im Kind-<br />
schaftsrecht verankerten <strong>Rechte</strong> von Kindern und Verantwortung für die Kinder ergänzt und<br />
in ihrer Relevanz verstärkt.“ Und weiter heißt es dann: „<strong>Die</strong> Jugendministerkonferenz stellt<br />
ausdrücklich fest, dass es sich bei der Kinderrechtskonvention nicht um bloße Absichtserklä-<br />
rungen handelt, die nur als „Impulse“ Anregungen für die nationale Politik geben. Vielmehr<br />
handelt es sich um verbindliches Völkerrecht.“<br />
Damit wird die Bedeutung dieser Kinderrechtskonvention für unsere deutsche Rechtsord-<br />
nung und das praktische Handeln für Kinder und ihre Familien noch einmal verdeutlicht.<br />
An dieser Stelle darf ich recht herzlich Herrn Prof. Dr. Lothar Krappmann begrüßen, der<br />
uns als ausgewiesener Fachmann die Kinderrechtskonvention sowie ihre Bedeutung und<br />
ihre Umsetzung in Deutschland vorstellen wird. Als Mitglied des UN-Ausschusses für die<br />
<strong>Rechte</strong> des Kindes <strong>haben</strong> Sie erst vor kurzem im Oktober 2007 auf der Bodenseekonferenz,<br />
an der die drei Anrainerstaaten Schweiz, Österreich und Deutschland vertreten waren, über<br />
Durchsetzungsinstrumentarien der UN-Kinderrechtskonvention referiert und hoffent-<br />
lich neues Engagement dafür bewirkt.<br />
Meine Damen und Herren, Herr Prof. Krappmann war bis zu seiner Emeritierung im Jahr<br />
2002 Honorarprofessor für Soziologie der Erziehung an der Freien Universität Berlin und<br />
zuletzt gleichzeitig Leiter des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin. In der<br />
Kinder- und Jugendhilfe ist er neben seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen nicht zu-<br />
letzt durch den Vorsitz der Sachverständigenkommission zum 10. Kinder- und Jugend-<br />
bericht der Bundesregierung bekannt. Vielleicht werden Sie, sehr geehrter H. Prof. Krapp-<br />
mann, selbst noch etwas dazu sagen, wie ihr Interesse an diesem Thema entstanden ist. Wir<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
freuen uns außerordentlich, dass Sie zwischen Ihren umfangreichen Verpflichtungen zu uns<br />
gekommen sind und auch den ganzen Tag bleiben können.<br />
Genau so herzlich darf ich Sie, Frau Dr. Maucher, begrüßen, die Sie es übernommen ha-<br />
ben, das Thema Kinderrechte auf die Jugendamtspraxis herunter zu brechen, ein Un-<br />
terfangen, das sicher nicht ganz einfach zu bewerkstelligen sein wird. Ich denke jedoch, dass<br />
es auch gute Ansatzpunkte gibt, wenn es z. B. um altersgemäße <strong>Beteiligung</strong>sprozesse<br />
von Kindern und Jugendlichen z. B. im Hilfeplanverfahren im Heimalltag, aber auch in der<br />
Jugendarbeit und in Beiträgen der Jugendhilfe zur Schaffung kinderfreundlicher Lebensbe-<br />
dingungen geht.<br />
Sehr geehrte Fr. Dr. Maucher, sicher werden Sie uns noch einiges über Ihren beruflichen<br />
Hintergrund und ihre Tätigkeit an der Fachstelle Kinderschutz und Koordination beim Ju-<br />
gend- und Sozialamt der Stadt Frankfurt zu Beginn berichten.<br />
Ich darf auch jetzt schon recht herzlich alle weiteren Referenten und Referentinnen begrü-<br />
ßen - soweit sie schon hier sind - die sich bereit erklärt <strong>haben</strong>, am Nachmittag konkrete<br />
Beispiele aus ihrer Praxis vorzustellen. Ich weiß es zu schätzen, dass sie sich den Fragen<br />
und Anmerkungen ihrer Kolleginnen und Kollegen stellen wollen.<br />
Mit diesem Hinweis will ich auch noch einmal die Intention der Tagung verdeutlichen: Der<br />
KVJS beabsichtigt mit dieser Tagung dazu beizutragen, dass Kinderrechte im Alltag der Ein-<br />
richtungen und Jugendämter berücksichtigt und in das konkrete Handeln eingebunden wer-<br />
den. Es geht darum, dafür zu sensibilisieren, wo konkret die Kinderrechtskonvention in der<br />
politischen Auseinandersetzung um den Stellenwert der Kinder- und Jugendhilfe nachhaltig<br />
unterstützen und helfen und damit etwas bewirken kann.<br />
Beim KVJS selbst <strong>haben</strong> die Maßstäbe der Kinderrechtskonvention beim „Schutz der Kin-<br />
der und Jugendlichen in Einrichtungen der Erziehungshilfe“ den das Landesjugendamt<br />
im Rahmen der Aufsicht zu gewährleisten hat, als Grundlage gedient. In einem Grundsatz-<br />
papier sind vom Landesjugendamt des KVJS Verfahren beschrieben worden, die im Rahmen<br />
der Aufsicht angewendet werden, wenn es um den Eingriff in Freiheitsrechte von Kindern<br />
und Jugendlichen im pädagogischen Alltag geht. <strong>Die</strong> Broschüre hierzu ist den Einrichtungen<br />
und Jugendämtern bereits zugegangen. Ich hoffe, dass Sie zu einer breiten Diskussion über<br />
Kinderrechte anregt und deren Umsetzung in die Praxis befördert.<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wünsche der Tagung nun einen guten Verlauf<br />
und hoffe, dass Sie durch die Referate und Diskussionsbeiträge viele Anregungen und Im-<br />
pulse für Ihre Praxis mitnehmen können. Im von unserem Ministerpräsidenten ausgerufenen<br />
Kinderland Baden-Württemberg ist es natürlich eine besondere Herausforderung, den Kin-<br />
derrechten zum Durchbruch zu verhelfen. Schließlich werben wir für unser „Musterländle“ mit<br />
dem Werbeslogan „Wir können alles - außer Hochdeutsch“. Also beweisen wir es auch in<br />
diesem wichtigen Aufgabenfeld gemeinsam.<br />
Vielen Dank<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
3. <strong>Die</strong> Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen -<br />
ihre Bedeutung und ihre Umsetzung in Deutschland<br />
��Prof. Lothar Krappmann, Berlin,<br />
Mitglied des UN-Ausschusses für die <strong>Rechte</strong> des Kindes<br />
Heute ist Geburtstag, sogar ein besonderer: Heute wird weltweit die Volljährigkeit der Kinder-<br />
rechtskonvention der Vereinten Nationen gefeiert. Am 20. November 1989 hatte sich die<br />
Vollversammlung der Vereinten Nationen nach über zehnjähriger Vorbereitung auf den Text<br />
des Übereinkommens über die <strong>Rechte</strong> des Kindes geeinigt, hat diese Kinderrechtskonventi-<br />
on, wie wir sie zumeist nennen, einstimmig angenommen, und die Mitgliedsstaaten der Ver-<br />
einten Nationen aufgefordert, dieser Konvention beizutreten.<br />
<strong>Die</strong>se Konvention enthält die Menschenrechte der Kinder, junger Menschen bis zum Alter<br />
von 18. Sie nimmt die Menschenrechte in sich auf, die bereits in der Allgemeinen Erklärung<br />
der Menschenrechte und in den grundlegenden Menschenrechtspakten enthalten sind, aber<br />
formuliert sie mit Bezug auf die Bedingungen des Lebens, des Aufwachsens und der Ent-<br />
wicklung von Kindern.<br />
Würde dieser Schritt nicht getan, wäre die Gefahr groß, dass den Kindern <strong>Rechte</strong> vorenthal-<br />
ten oder nur verkürzt zugestanden werden, weil man sie nur im Zuschnitt auf Erwachsene<br />
kennt. Über keinen Menschen darf verfügt werden wie über ein Objekt. Zu leicht kommt je-<br />
doch die Meinung auf, Kinder seien noch zu jung, zu klein, zu unerfahren, um <strong>Rechte</strong> in An-<br />
spruch nehmen zu können. Gewiss ist die Selbst- und Mitbestimmung des Erwachsenen<br />
anders zu gewährleisten als die des Kindes und dennoch hat auch ein Kind ein Recht darauf,<br />
in seinen Angelegenheiten gehört zu werden, sagt die Kinderrechtskonvention. Oft werden<br />
Schutz und Unterstützung nur als fürsorgliche Pflichten von Eltern und anderen Erwachsenen<br />
verstanden, nicht aber als <strong>Rechte</strong> des Kindes. Es handelt sich jedoch um <strong>Rechte</strong>, um<br />
<strong>Rechte</strong>, die auch eingeklagt werden können - manches Mal auch gegen Eltern.<br />
Es waren die Staaten, die sich in diesem Vertrag verpflichtet <strong>haben</strong>, die Kinderrechte umzu-<br />
setzen. Wer also erfüllt diese Pflicht? Alle, auf deren Handeln der Staat einen Einfluss hat,<br />
zuallererst daher seine Bediensteten auf allen Ebenen und somit ganz sicher auch Sie, die<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendbehörden und -einrichtungen. Aus<br />
diesem Grund will ich Ihnen diesen Vertrag über die Kinderrechte noch einmal nahe bringen<br />
und bitte alle diejenigen um Entschuldigung, für die ich Bekanntes wiederhole. Ich erlebe<br />
allerdings immer wieder, dass Wissen über diese Konvention recht spärlich ist.<br />
Bis heute sind dieser Konvention 193 Staaten beigetreten, mehr als jeder anderen Men-<br />
schenrechtsvereinbarung der Vereinten Nationen. <strong>Die</strong> Bundesrepublik hat ihre Beitrittsur-<br />
kunde im März 1992 hinterlegt, die DDR übrigens noch 1990 einen Tag vor ihrem Ende am<br />
2. Oktober 1990. Nur zwei Staaten fehlen: Somalia, weil da keine Regierung ist, die beitreten<br />
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kann, und die USA, obwohl sie konstruktiv an der Ausarbeitung der Konvention mitgewirkt<br />
hatten.<br />
<strong>Die</strong>s ist eine eigene Geschichte und auch eine erhellende Geschichte, weil der zentrale<br />
Grund, der die damalige Clinton-Administration den Beitritt zur Konvention verweigern ließ,<br />
sehr schnell zum Kern der Konvention führt: <strong>Die</strong> Konvention stellt eigene Kinderrechte her-<br />
aus, die <strong>Rechte</strong> der Eltern begrenzen, wie es oft heißt und wie es auch von denen verstan-<br />
den wurde, die für die Verweigerung des Beitritts der USA verantwortlich sind. <strong>Die</strong> Verfechter<br />
der Konvention sprechen allerdings nicht von Einschränkung der Elternrechte, sondern wei-<br />
sen darauf hin, dass die Konvention die anerkannten <strong>Rechte</strong> der Eltern unter die Perspektive<br />
stellt, in der Ausübung ihrer elterlichen Sorge immer und in jeder Situation zu beachten, dass<br />
ihre Kinder junge Menschen mit <strong>Rechte</strong>n sind.<br />
Es ist das Besondere der mit dem Menschsein gegebenen <strong>Rechte</strong>, dass sie nicht eigens<br />
zuerkannt, nicht verdient und nicht durch Entwicklung, Lernen oder Lebenserfahrung erwor-<br />
ben werden, sondern im Menschen haften, wer immer er oder sie sei, schwarz oder weiß,<br />
Moslem oder Christ, straffällig oder unbescholten, mit Behinderung oder ohne Beeinträchti-<br />
gung, alt oder jung.<br />
Es gibt viele Ausgangspunkte, um diese <strong>Rechte</strong> zu begründen. Am überzeugendsten ist für<br />
mich der Hinweis auf die Schrecken, die die Menschheit immer wieder erlebt hat und bis<br />
heute erlebt, wenn diese unbedingten <strong>Rechte</strong> missachtet werden. Auch die Menschenrechte<br />
der Kinder sind stets dann mit besonderem Nachdruck eingefordert worden, wenn Gräuel<br />
überwältigend waren: nach dem ersten Weltkrieg mit der Genfer Erklärung der Kinderrechte<br />
von 1924, nach dem zweiten Weltkrieg mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte<br />
von 1948, mit einer Erklärung von 1959 und schließlich mit der Kinderrechtskonvention von<br />
1989.<br />
Wozu eine Kinderrechtskonvention, wenn wir schon die Allgemeine Erklärung der Men-<br />
schenrechte <strong>haben</strong>, die doch unbestritten auch für Kinder gilt? Ich sagte schon, dass die<br />
Allgemeine Erklärung nicht spezifisch auf Kinder ausgerichtet ist und daher fälschlich als für<br />
sie nicht maßgeblich angesehen werden kann.<br />
Es kommt jedoch noch ein wichtiges Moment hinzu. <strong>Die</strong> Allgemeine Erklärung der Men-<br />
schenrechte ist ein imponierendes Dokument, aber eben doch nur eine Erklärung guter Ab-<br />
sichten, deren Umsetzung nicht kontrolliert wird. Erst durch die Menschenrechtsverträge ü-<br />
bernehmen die ratifizierenden Staaten ausdrücklich die Verpflichtungen, deklarierte <strong>Rechte</strong><br />
in Gesetze umzusetzen und praktisch wirksam zu machen. <strong>Die</strong>se Schritte werden durch<br />
Ausschüsse kontrolliert, denen die beigetretenen Staaten regelmäßig berichten müssen.<br />
Im Falle der Kinderrechtskonvention gehen die Berichte alle fünf Jahre an einen Ausschuss<br />
von 18 Experten aus relevanten wissenschaftlichen Disziplinen und aus verschiedenen Er-<br />
fahrungsbereichen. <strong>Die</strong>ser Ausschuss lädt die Regierung nach Analyse ihres Berichts ein,<br />
um mit ihr die Situation und die eingesetzten Maßnahmen zu besprechen, gegebenenfalls zu<br />
kritisieren und Änderungen zu verlangen. "Concluding Observations" heißt die abschließen-<br />
de Stellungnahme des Ausschusses.<br />
Das alles geschieht öffentlich; das bedeutet, vor den Augen und Ohren der internationalen<br />
Beobachter dieser Vorgänge, insbesondere auch vor den Augen und Ohren von Organisati-<br />
onen und Institutionen des jeweiligen Landes. Zudem sind alle Dokumente, die Berichte des<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Staats, die mündlichen Ausführungen der Regierung, schriftliche Stellungnahmen von inter-<br />
nationalen und nationalen Nichtregierungsorganisationen, ebenso wie die Fragen und<br />
Schlussfolgerungen des Ausschusses im Internet zu finden.<br />
Tatsächlich senden die Regierungen trotz der zu erwartenden Auseinandersetzungen ihre<br />
Berichte ein, lassen sich zwar manchmal Zeit, aber legen sie dann doch vor. Es ist nicht zu<br />
leugnen, dass es insgesamt nur langsam voran geht; Probleme werden verschwiegen; un-<br />
haltbare Zustände werden beschönigt. Es gibt Stillstand und Rückschläge durch Kriege,<br />
Wirtschaftsflauten oder Naturkatastrophen, wir lesen immer wieder schreckliche Zahlen ver-<br />
hungernder, ausgebeuteter, verkaufter Kinder in den Zeitungen.<br />
Es gibt jedoch auch positive Trends. Darauf weise ich nicht hin, um Elend auszubalancieren,<br />
sondern um zu zeigen, dass nicht alles vergeblich ist. Man schaue in die Jahresberichte von<br />
UNICEF, die in aller Nüchternheit registrieren, wie die Kindersterblichkeit sich entwickelt, wie<br />
Impfprogramme sich ausweiten, wie der Schulbesuch steigt, auch der Mädchen (und trotz-<br />
dem gehen fast 100 Millionen noch nicht in die Schule).<br />
Es ist üblich geworden, von den drei "Ps" zu sprechen, die den Inhalt der Konvention bilden:<br />
Protection, Provision, Participation; oder Schutz, Bereitstellungen/Vorkehrungen, Teilnahme.<br />
Manchmal wird noch ein viertes P hinzugefügt, nämlich die Promotion, die Förderung der<br />
Fähigkeiten, der Einsicht und der Verantwortung.<br />
Schutz: Es geht um Überleben, um die Bewahrung vor schädlichen Einwirkungen auf die<br />
gesunde körperliche und geistige Entwicklung des Kindes und um den Schutz vor Vernach-<br />
lässigung, Missbrauch und Ausbeutung. Schutz ist nicht möglich ohne Maßnahmen, ohne<br />
Förderung und ohne <strong>Beteiligung</strong>, ohne die anderen Rechtsansprüche, von denen gleich zu<br />
sprechen sein wird, denn ein Kind kann mit zunehmendem Alter nicht unter Daueraufsicht<br />
gestellt werden, sondern muss an seinem Schutz aktiv, kompetent, verantwortlich mitwirken<br />
können.<br />
Bereitstellungen/Vorkehrungen: Einrichtungen und <strong>Die</strong>nste müssen Kindern erreichbar und<br />
in einer Ausrichtung und Qualität zur Verfügung stehen, die sie für ihre Entwicklung und ihr<br />
Wohlergehen benötigen. <strong>Die</strong> Spanne reicht von wirtschaftlicher Absicherung des Familienle-<br />
bens, erzieherischer Unterstützung, Betreuungsmöglichkeiten, medizinischen <strong>Die</strong>nsten,<br />
Schulen, Einrichtungen für Spiel, Sport und Kultur, bis hin zur Berufsvorbereitung.<br />
Es gibt auch Dinge, für die ein Staat nicht sorgen, für die er höchsten günstige Vorausset-<br />
zungen schaffen kann: elterliche Liebe, Freundschaft mit anderen Kindern, Anerkennung<br />
durch relevante Bezugspersonen. All das gedeiht hoffentlich, wenn eine Familie in gesicher-<br />
ten Verhältnissen lebt und Einrichtungen vorhanden sind, die Kinder zum Aufwachsen benö-<br />
tigen.<br />
Förderung: <strong>Die</strong> Konvention zählt mehrfach die Entwicklungsbereiche auf, in denen Kinder<br />
Kompetenz, Erfahrung und Verantwortungsbereitschaft entwickeln können müssen: geistig,<br />
physisch, sozial, kulturell, moralisch, religiös, spirituell, die gesamte Persönlichkeit sollen sie<br />
entfalten können; Achtung von Werten, Toleranz, friedliches Zusammenleben mit anderen,<br />
verantwortlichen Umgang mit der Natur sollen sie erwerben können (Art. 17, 23, 27, 29 und<br />
32).<br />
Entwicklung antwortet auf Herausforderung. So bedarf die Behauptung, ein Kind sei für eine<br />
Aufgabe, Tätigkeit, <strong>Beteiligung</strong> noch zu jung, zu unerfahren, noch nicht fähig, der Nachprü-<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
fung, um das Kind nicht überfürsorglich, paternalistisch, einengend und somit entwicklungs-<br />
schädigend zu behandeln. Artikel 5 stellt zum Beispiel fest, dass das Kind ein Recht auf Rat<br />
und Anleitung der Eltern hat, aber in einer Weise, welche die sich entwickelnden Fähigkeiten<br />
des Kindes berücksichtigt. <strong>Die</strong>s entspricht im übrigen auch den Ergebnissen von Lern- und<br />
Entwicklungsforschung, die uns ebenfalls sagen, dass man nur bei Aufgaben lernt, die eine<br />
gewisse Herausforderung enthalten, weil sie sonst keine Kräfte mobilisieren.<br />
<strong>Beteiligung</strong>: <strong>Die</strong> Konvention bringt nicht Kinder an die Macht, wie Herbert Grönemeyer singt,<br />
sondern gibt ihnen das Recht, ihre Ansichten frei zu Angelegenheiten zu äußern, die sie<br />
betreffen. Von den Staaten verlangt sie, dafür zu sorgen, dass diesen Äußerungen von Kin-<br />
dern Gewicht beigemessen wird. Konsequenterweise bestimmt sie, dass Kinder in gerichtli-<br />
chen und administrativen Verfahren, die sie betreffen, angehört werden.<br />
Es geht nicht als erstes um formale Prozeduren der Mitbestimmung, sondern um die Einglie-<br />
derung des Kindes in die Meinungsbildungsprozesse des alltäglichen Lebens von Familie,<br />
Nachbarschaft und Schule. Eigentlich ist nicht mehr, aber auch nicht weniger ausgedrückt,<br />
als dass das Kind ein aktives und in seinen Anliegen anerkanntes Mitglied der Gruppe von<br />
Menschen wird, mit denen es zusammenlebt.<br />
Aus dieser Sicht handelt es sich nicht um ein Extra oder um einen Zusatz, den man irgend-<br />
einem anderen Lebensvollzug hinzufügen müsse, sondern es ist das gemeinsame Leben<br />
selber, an dem das Kind gar nicht anders als beteiligt sein kann, wenn man - und das ist allerdings<br />
entscheidend - das Kind überhaupt als ein Handlungssubjekt ansieht, das je nach<br />
Entwicklungsstand eigene Verantwortung übernimmt. 1<br />
Der Ausschuss hat diese <strong>Rechte</strong> der Kinder auf Schutz, Vorkehrungen, Förderung und Be-<br />
teiligung in einem Schema gebündelt, das den Staaten als Richtlinie für die Berichterstattung<br />
vorgegeben wird. <strong>Die</strong>se Richtlinie der Berichterstattung sorgt für einen gründlichen Überblick<br />
über die Umsetzung der <strong>Rechte</strong>, der gewöhnlich zeigt, dass diese <strong>Rechte</strong> mehr oder eben<br />
auch nur weniger verwirklicht werden. Aber auch wenn vieles verwirklicht wird, bleibt den-<br />
noch oft unklar, ob es in dem Sinne verwirklicht wird, wie die Konvention es vor allem an-<br />
strebt, nämlich Kinder als respektierte, zunehmend verantwortliche Subjekte in das gemein-<br />
same Leben zu integrieren und nicht nur als freundlich begünstigte Objekte zu behandeln.<br />
<strong>Die</strong> Schwierigkeit, den Erfolg der Konvention zu beurteilen, liegt darin, dass nur wenige Arti-<br />
kel der Konvention Vorschriften machen, die einfach dem Wortlaut nach umzusetzen sind.<br />
Keine Todesstrafe für straffällige Kinder gehört dazu, oder kein Einsatz von Kindern in krie-<br />
gerischen Auseinandersetzungen (einst nur für unter 15-Jährige, aber inzwischen auf 18<br />
korrigiert). Da gibt es kein "ein bisschen" oder "nur halb".<br />
Viele <strong>Rechte</strong> der Kinder sind jedoch nicht in dieser Weise definiert. Es gibt sogar Kritiker, die<br />
sagen, es gäbe zu viele vage Formulierungen in der Konvention: In der Konvention steht<br />
manches "nach besten Kräften", "geeignete Maßnahmen", "verfügbare Mittel", " zur vollen<br />
Entfaltung", "angemessener Lebensstandard", "grundlegende Bildung", "erreichbares<br />
1 <strong>Die</strong> Festsetzung der Strafmündigkeit ist ein interessanter Bereich im Hinblick auf die Konkretisierung des Respekts, der Kindern geschuldet wird. Es gibt Erwachsene,<br />
die sich für Kinder einsetzen und den Beginn der Strafmündigkeit am liebsten auf das Alter von 18 setzen würden, um Kindern bis 18 auch bei Gesetzesverstößen noch<br />
die Konfrontation mit einem Gericht zu ersparen und nur mit erzieherischen Mitteln beeinflussen zu können. Dagegen ist zu halten, dass Kinder dann, wenn sie Einsicht<br />
in ihr Handeln gewinnen, nicht erspart werdensollte, den Verfahren ausgesetzt zu sein, durch die die Gemeinschaft Rechtsfrieden wiederherstellen will. Allerdings soll in<br />
diesen Verfahren Rücksicht darauf genommen werden, dass es sich um junge Menschen handelt, die möglicherweise noch nicht die ganze Tragweite ihres Handelns<br />
überblicken, so dass sozialisatorische und erzieherische Perspektiven und Maßnahmen die richterlichen Beschlüsse bestimmen.<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Höchstmaß an Gesundheit". <strong>Die</strong>se Redewendungen lassen nachfragen, welches Maß an<br />
Realisierung dieser <strong>Rechte</strong> denn als zufrieden stellend akzeptiert werden kann.<br />
<strong>Die</strong>ser Spielraum wurde bewusst in die Konvention aufgenommen, weil die ausarbeitende<br />
UN-Gruppe der Tatsache Rechnung tragen musste, dass diese Konvention unter sehr ver-<br />
schiedenen ökonomischen, sozialen und kulturellen Bedingungen umzusetzen ist. Ein sol-<br />
cher Spielraum kann natürlich nach unten ausgelegt werden; im Sinne von "es reicht" und<br />
nicht im Sinne einer Optimierung. Wenn man es positiv sieht, erlaubt die Konvention einen<br />
kulturellen und gesellschaftlichen Klärungsprozess, in dem herausgearbeitet wird, wie man<br />
den Anforderungen der Konvention angemessen Rechnung trägt.<br />
Das ist dringend, weil die Konvention ein für viele Menschen neues Bild vom Kind verbreitet.<br />
Weithin gibt es die Auffassungen, dass man Kinder sehen, aber nicht hören soll, dass Eltern<br />
festlegen, was für die Kinder gut ist, dass sie in Schulen und Berufe geschickt und verheira-<br />
tet werden, wie die Eltern es für gut halten, im Extremfalls, dass Kinder Eigentum der Eltern,<br />
insbesondere der Väter sind, bis hin zu seiner Verfügungsgewalt über Ehre, Leben und Tod.<br />
In milderer Form sind solche Auffassungen kindlicher Abhängigkeit und Unterworfenseins<br />
selbst unseren europäischen Gesellschaften nicht fremd.<br />
Es gibt allerdings auch Stimmen, die die Bemühungen, die Konvention weltweit durchzuset-<br />
zen, für einen neuerlichen Versuch der alten europäischen Mächte halten, im Mantel der<br />
Menschen- und Kinderrechte die Kolonisierung der Entwicklungsländer fortzusetzen. Das ist<br />
ein Thema für sich, auf das ich nicht eingehen will. <strong>Die</strong>se Kontroverse demonstriert jedoch,<br />
dass die Umsetzung der Konvention keineswegs nur eine Sache von Gesetzesanpassung<br />
und -umsetzung ist, sondern tief in die Haltungen der Menschen gegenüber Kindern ein-<br />
greift. Und ich sage noch einmal: Das ist nicht nur in fernen Ländern ein Thema, sondern die<br />
Vorstellung vom Kind, die diese Konvention trägt, liegt auch etlichen Menschen in unseren<br />
Landen verquer.<br />
Was ist das für eine Vorstellung vom Kind? Das Kind, das die Repräsentanten von Regie-<br />
rungen aller Welt und von Nichtregierungsorganisationen vor Augen hatten, als sie die Kon-<br />
vention entwarfen, ist ein Kind;<br />
- das von Beginn seines Lebens aktiv an der sozialen Welt teilnimmt und ihr angehören will;<br />
- das schon bald eine eigene Perspektive hat und eigene Absichten äußert, und sei es durch<br />
Kreischen, Weinen oder Verstummen, später in Sprache und Handlung;<br />
- das seine Welt verstehen und kompetent meistern will.<br />
<strong>Die</strong>ses Kind ist ein in seiner Entwicklung nicht vollendetes menschliches Wesen, aber ein<br />
vollständiger und daher in seiner Würde anzuerkennender Mensch. 2 <strong>Die</strong> Konvention leugnet<br />
nicht, dass dieses Kind Zuwendung, Unterstützung, Entfaltungschancen braucht, denn es<br />
kann zu Beginn noch nicht aus eigenem Handeln und Urteilen leben. Aber es demonstriert<br />
von Anfang an eine Unverfügbarkeit, die der Anteil nehmende Erwachsene bewundert und<br />
die Eltern und andere Erwachsene, die bestimmte Erwartungen erfüllt sehen wollen, zur Ver-<br />
zweiflung treiben, ja ganze Berufsstände zu endlosen Fachtagungen versammeln kann.<br />
<strong>Die</strong> Konvention verlangt vom Staat, das Aufwachsen des Kindes in seiner Familie zu sichern<br />
und ihre Versorgungs- und Erziehungspotentialen zu stärken. Ferner soll die Integration in<br />
eine Kultur gefördert werden, die dem Kind Orientierung, Werte und Identität anbietet. Auch<br />
2 Schön herausgearbeitet von Meilrieu, P. (2002). Le pédagogue et les droits de l’enfant: histoire d’un malentendu? Éditions du Tricorne.<br />
10
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
soll das Kind auf den Bürgerstatus in einer Welt mit verschiedenen Völkern, Ethnien und<br />
Kulturen vorbereitet werden: Menschenkinder sind Subjekte unter anderen Subjekten.<br />
Besonders deutlich wird dieses Bild in den Artikeln, die die general principles, die allgemei-<br />
nen Prinzipien der Konvention präsentieren: Artikel 2 gebietet, kein Kind zu diskriminieren;<br />
Artikel 3 verlangt, Interessen des Kindes, das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen; Arti-<br />
kel 6 sichert die Förderung der Entwicklung; und Artikel 12 sagt dem Kind Gehör zu. Das ist<br />
der Kern der Konvention. Ihm getreu ist das Leben der Kinder in allen Bereichen zu gestal-<br />
ten. <strong>Die</strong>se Prinzipien stellen den Geist, die Seele der Konvention dar, aber nicht im Sinne<br />
einer schönen Idee, sondern als einzulösende <strong>Rechte</strong>.<br />
<strong>Die</strong>se Vorstellung vom Kind ist uns nicht fremd, denn wir kennen sie aus der Forschung über<br />
Kinder, die uns belehrt hat, dass Kinder aktiv an ihrer Entwicklung und an ihrem Lernen teil-<br />
nehmen. Man kann sie nicht einseitig, ohne ihre Mitwirkung entwickeln und belehren. <strong>Die</strong>se<br />
Vorstellung entspricht auch sehr dem, was die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Ver-<br />
hältnisse von Menschen verlangen: Aktivität, verantwortliche <strong>Beteiligung</strong>, Mitsuche nach fai-<br />
ren und humanen Lebensformen.<br />
Obwohl dieses Bild, diese Vorstellung vom Kind wissenschaftliche Einsichten und gesell-<br />
schaftliche Erfahrung reflektiert, wird es doch weithin nur zögerlich akzeptiert. Ein Umdenken<br />
ist in sehr viel höherem Maße erforderlich, als es sich diejenigen gedacht <strong>haben</strong>, die die<br />
Konvention entworfen und durch die Generalversammlung gebracht <strong>haben</strong>.<br />
Umdenken aber braucht Zeit, braucht den Aufbau neuer Handlungsroutinen. Einige positive<br />
Zahlentrends reichen nicht aus, um Kindern eine andere Stellung zu geben. Oft zeigen die<br />
Trends nur, dass etwas zugunsten der Kinder getan wird, wichtig und gut; aber sie bleiben<br />
Objekte, werden nicht als aktiv zu beteiligende Subjekte anerkannt.<br />
Für diesen Einstellungswandel bedarf es einer gesellschaftlichen Besinnung auf das Kind,<br />
gemeinsamer Kampagnen von politisch Verantwortlichen, von Meinungsformern in der Gesellschaft<br />
und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die nicht nur über Kinder reden, son-<br />
dern mit Kindern gemeinsam handeln. Es bedarf aber auch verstärkter Durchsetzung der<br />
verbrieften <strong>Rechte</strong>.<br />
Dafür ist es wichtig, diese <strong>Rechte</strong> justitiabel zu machen. Um derartigen Schritten in den bei-<br />
getretenen Staaten Unterstützung zu geben, wurden viele Konventionen mit einem Be-<br />
schwerdeverfahren ausgestattet. Viele Organisationen, die die Verwirklichung der Kinder-<br />
rechte vorantreiben wollen, bemühen sich derzeit, eine solche Zusatzvereinbarung auch für<br />
diese Konvention durchzusetzen, nach der Kindern, denen ein Recht der Konvention in ih-<br />
rem Lande vorenthalten wird, ermöglicht wird, ein formelles Beschwerdeverfahren bei einem<br />
Menschenrechtsgremium einzuleiten. Auch die Bemühungen, Kinderrechte im Grundgesetz<br />
zu verankern, könnten Gerichten und Behörden hierzulande helfen, nicht nur die <strong>Rechte</strong> der<br />
Eltern, sondern mit gleichem Gewicht auch <strong>Rechte</strong> der Kinder vor Augen zu <strong>haben</strong>, wenn<br />
Entscheidungen getroffen werden.<br />
Ich habe implizit bereits die gesamte Zeit von unserem Land, von den Kindern in Deutsch-<br />
land gesprochen. Ich will jetzt explizit noch einige Sätze über Kinderrechte in Deutschland<br />
hinzufügen, denn diese Konvention ist nicht eine Konvention für die Entwicklungsländer,<br />
sondern eine Konvention auch für die entwickelte Welt und somit ohne Abstriche auch für<br />
Deutschland. (Als Anmerkung schiebe ich ein, dass ein Ausschussmitglied aus einem Land,<br />
11
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
das der Überprüfung unterliegt, nach der Geschäftsordnung aus den Beratungen ausschei-<br />
det und der Ausschuss sehr darauf achtet, dass dieses Mitglied sich heraushält.)<br />
<strong>Die</strong> Bundesrepublik hat aktiv an der Ausarbeitung der Konvention mitgearbeitet und hat 1992<br />
die Konvention ratifiziert. In Anpassung an die Konvention wurden bald das Recht der elterli-<br />
chen Sorge und das Kindschaftsrecht überarbeitet. Schwerwiegend war und ist, dass die<br />
Bundesrepublik bei der Hinterlegung der Urkunde einen Vorbehalt eingelegt hat, mit dem sie<br />
erklärte, ausländische und inländische Kinder nicht generell gleich zu behandeln.<br />
<strong>Die</strong> Denkschrift, die dem Bundestag 1992 zur Ratifikation des Vertrags vorgelegt worden<br />
war, würdigt das Übereinkommen zwar, bezieht es dann aber vor allem auf die Drittweltlän-<br />
der, denn "das Übereinkommen (setzt) Standards, die in der Bundesrepublik Deutschland<br />
verwirklicht sind" (Deutscher Bundestag 1992, Drucksache 12/42, III, 2. Abs.). <strong>Die</strong>ser selbst-<br />
bewusste Anspruch wurde jüngst wieder deutlich, als der UN-Berichterstatter über das Men-<br />
schenrecht auf Bildung die Bundesrepublik besuchte und eine Reihe von Problemen an-<br />
sprach, etwa die schlechte Bildungsbilanz der Migrantenkinder, deren Zusammenhang mit<br />
Menschen- oder Kinderrechten etliche für Schule und Bildung Verantwortliche nicht zu er-<br />
kennen vermochten.<br />
Von hier kann man durchaus eine Linie zu der Erklärung bei der Hinterlegung der Ratifikati-<br />
onsurkunde ziehen, in der sich die Bundesregierung vorbehalten hatte, ausländische Kinder<br />
nicht gleich zu behandeln (siehe BMFSFJ 4 1995, S. 70). <strong>Die</strong> Erklärung ist verhängnisvoll,<br />
weil sie das Diskriminierungsverbot der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der<br />
Kinderrechtskonvention verletzt. Vielleicht wollte die Regierung dieser Erklärung das Recht<br />
des Staates, über Zuwanderung zu entscheiden, unterstreichen. Sie ist jedoch weit über das<br />
Zuwanderungsrecht hinaus wirksam. So gibt es zum Beispiel nach einem Gutachten, das<br />
Terre des Hommes eingeholt hat, immer noch Bundesländer, in denen Flüchtlingskinder<br />
nicht der Schulpflicht unterliegen. 3 Spiegelt auch das schlechte Abschneiden der Migranten-<br />
kinder im Bildungswesen die in Anspruch genommene Ungleichbehandlung von Ausländern<br />
wider?<br />
<strong>Die</strong> Bundesregierungen <strong>haben</strong> sich allerdings an die Berichtspflichten gehalten. Berichte<br />
über die Umsetzung der Konvention wurden 1995 und 2004 in Genf diskutiert. Der Aus-<br />
schuss hat nach der Aussprache mit der Regierung, in der etliche Zweifel und Kritikpunkte<br />
nicht ausgeräumt werden konnten, eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen, zuletzt im<br />
Januar 2004. <strong>Die</strong>se Empfehlungen <strong>haben</strong> jedoch zu keinen erkennbaren Aktionen geführt.<br />
Es gab auch keine parlamentarische Debatte wie zum Beispiel in Großbritannien oder Kanada,<br />
lediglich ein Fachgespräch im Deutschen Institut für Menschenrechte. 4<br />
Ich will die wichtigsten Beanstandungen nennen: 5<br />
- Generell hat der Ausschuss kritisch angemerkt, dass es keine zentrale und unabhängige<br />
Stelle gibt, die die Umsetzung der Konvention auf allen staatlichen Ebenen überwacht, kein<br />
3 Terres des Hommes (Hsg.). "Wir bleiben draußen". Schulpflicht undSchulrecht von Flüchtlingskindern in Deutschland (Juristische Expertise von Björn Harmeling; Stand:<br />
Oktober 2005). Kostenlos zu beziehen über die Geschäftsstelle von Terre des Hommes: info@tdh.de.<br />
4 <strong>Die</strong> Referate von Regierungsvertretern und Repräsentanten von Nichtregierungsorganisationen, die im Deutschen Institut für Menschenrechte im November 2004<br />
gehalten wurden, finden sich in der Broschüre Deutsches Institut für Menschenrechte (Hrsg.), <strong>Die</strong> Menschenrechte von Kindern und Jugendlichen stärken. Dokumenta-<br />
tion eines Fachgesprächs. Berlin 2006.<br />
5 <strong>Die</strong> Stellungnahme des Ausschusses ist nachzulesen auf der Web-Seite des für Kinder zuständigen Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:<br />
www.bmfsfj.de/Politikbereiche/kinder-und-jugend,did= 19892.html<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Monitoring, und auch keine Instanz, die Beschwerden über Verstöße gegen Kinderrechte<br />
verfolgen kann wie ein Ombudsman (Para. 15 und 16).<br />
- Kinderarmut: Der Ausschuss hat die verbreitete Kinderarmut, wie sie im 11. Kinder- und<br />
Jugendbericht dargestellt wurde, zur Kenntnis genommen und aufgefordert "unter Ausschöp-<br />
fung der verfügbaren Mittel", wie es in Artikel 4 der Konvention heißt, Kinderarmut zu verrin-<br />
gern (Para. 50 und 51).<br />
- Bildung: Der Ausschuss mahnt Einrichtungen für Kinder in den frühen Lebensjahren an und<br />
verlangt, dass Kinder mit Lernschwierigkeiten, unter ihnen viele Migrantenkinder, in der<br />
Schule mehr Förderung erhalten (Para. 48 und 49 sowie 52 und 53).<br />
- Flüchtlingskinder: Der Ausschuss hat beanstandet, dass Flüchtlingskinder ab 16 nicht mehr<br />
unter das KJHG fallen, kinderspezifische Fluchtgründe nicht angemessen berücksichtigt<br />
werden und die Familienzusammenführung keine hinreichende Unterstützung erfährt (Para.<br />
54 und 55).<br />
- Fremdenfeindlichkeit: Der Ausschuss äußert sich besorgt über Vorfälle von Fremdenfeind-<br />
lichkeit und Rassenhass, die auch Kinder betreffen, und möchte wissen, wie die Schulen mit<br />
diesem Thema umgehen und wie die Bundesrepublik auf die Empfehlungen der UN-<br />
Weltkonferenz von 2002 gegen Rassismus und Intoleranz reagiert hat (Para. 23 bis 25).<br />
- Gewalt gegen Kinder: Der Ausschuss nimmt mit Sorge die Berichte über Gewalt gegen<br />
Kinder in der Familie, sexuellen Missbrauch von Kindern und Gewalt in Schulen zur Kenntnis<br />
und fordert dazu auf, sich diesem Problem verstärkt zu widmen (Para. 40 und 41).<br />
- Kinderbeteiligung: Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Meinung des Kindes noch nicht<br />
hinreichend Gewicht erhält und dringt darauf, in Familie, Schule und anderen Einrichtungen<br />
die Mitwirkung der Kinder sicherzustellen sowie die Fach- und die allgemeine Öffentlichkeit<br />
entsprechend aufzuklären (Para. 28 und 29).<br />
<strong>Die</strong> gerade veröffentliche Kinderstudie von World Vision unterstreicht diesen Tatbestand:<br />
"Kinder fühlen sich nicht ernst genommen", fasst eine der Mitautorinnen, Sabine Andresen,<br />
die Ergebnisse zusammen. 6 Vor diesem Kreis muss ich nicht erläutern, wie schwer sich die<br />
Jugendhilfe tut, die Paragraphen 8 und 36 des KJHG mit Leben zu füllen.<br />
Wenn auch auf diese Empfehlungen des Ausschusses hin in Deutschland so gut wie nichts<br />
geschehen ist, so wäre es sicher unfair zu behaupten, es würde generell nichts für Kinder<br />
getan. Kinder sind in den letzten Jahren sogar in bemerkenswerter Weise auf die politische<br />
Tagesordnung gekommen: Arme Kinder im Zusammenhang mit Hartz IV-Regelungen, Kin-<br />
derbetreuung in den ersten Lebensjahren, Ganztagsschulen für Kinder, Kinderrechte in der<br />
Verfassung.<br />
Viele dieser Themen wurden allerdings nicht um der Kinder willen angepackt, sondern aus<br />
Gründen der Frauenerwerbstätigkeit, des Arbeitsmarkts oder des internationalen Wettbe-<br />
werbs. <strong>Die</strong> Meinung der Kinder zu all diesen Plänen, Programmen und Maßnahmen wurde<br />
nicht eingeholt, und niemand von Gewicht hat nach ihr in der öffentliche Debatte gefragt.<br />
<strong>Die</strong>s entspricht nicht dem Artikel 3 der Konvention, der den Interessen der Kinder vorrangige<br />
Erwägung, primary consideration, zusichert.<br />
6 World Vision Deutschland, Klaus Hurrelmann und Sabine Andresen in Zusammenarbeit mit Infratest Sozialforschung. Kinder in Deutschland 2007 (1. World Vision<br />
Kinderstudie). Fischer Taschenbücher Bd. 17720.<br />
13
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Es gibt eine Ausnahme: <strong>Die</strong> Bundesrepublik hat ein Versprechen eingelöst, das sie beim<br />
Weltkindergipfel 2002 gab, nämlich einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Kinder-<br />
rechte aufzustellen. 7 <strong>Die</strong>ser Plan greift mehrere Punkte auf, die der Ausschuss der Regie-<br />
rung vorgehalten hatte: Bildung, Gewalt, Gesundheit und Umwelt, Lebensstandard und Par-<br />
tizipation. <strong>Die</strong>ser Plan wurde unter intensiver <strong>Beteiligung</strong> von Kindern entwickelt, blieb aber<br />
bis heute folgenlos.<br />
Bei Versuchen, diesen Aktionsplan zu beleben, wurden auch Jugendliche beteiligt. Sie hat-<br />
ten einen Ergänzungsvorschlag. Sie forderten ein Projekt "Freiräume für Kinder und Jugend-<br />
liche" in die Programmatik aufzunehmen. <strong>Die</strong>ser Vorschlag wurde mit der Begründung abge-<br />
lehnt, es gäbe für diesen Antrag kein ministeriales Ressort, das ihn bearbeiten könne. Nicht,<br />
dass man alles tun muss, was Jugendliche vorschlagen. Aber wieder eine vergebene Chan-<br />
ce.<br />
Ein ähnliches Schicksal wie dem Nationalen Aktionsplan waren vorher bereits Erklärungen<br />
beschieden, die die Jugendminister der Bundesländer im Jahr 1998 und die Kultusminister<br />
der Länder (erst) im Jahr 2006 zu den Kinderrechten abgegeben <strong>haben</strong>. Beide Erklärungen<br />
würdigen die Konvention und kündigen an, sie zur Richtschnur der Politik zu machen; die<br />
Sozialminister entwickelten auch ein konkretes Programm. Aber auch hier blieb es beim<br />
Plan. 8<br />
Um zu resümieren: <strong>Die</strong> Bundesrepublik verhält sich der Konvention gegenüber reserviert.<br />
<strong>Die</strong> Konvention nimmt keinen vorderen Platz in der Kinder- und Jugendpolitik ein, so drin-<br />
gend es wäre, Kinder und ihr Wohl, ihre Interessen, wie es in der Konvention heißt, zu einem<br />
Gesichtspunkt zu machen, der vorrangig zu berücksichtigen ist.<br />
Noch einmal: Ich will damit nicht sagen, dass für Kinder in diesem Land nichts getan wird. Im<br />
Gegenteil: Ich glaube, dass erstaunliche Zahlen zusammenkämen, wenn jemand aufaddie-<br />
ren würde, was für Kinder direkt und indirekt ausgegeben wird. Aber ist es Aufwand an der<br />
richtigen Stelle?<br />
Ich sage jetzt zum Abschluss etwas, was hoffentlich nicht missverstanden wird: So wie unse-<br />
re Gesellschaft ausgestattet ist und funktioniert, traue ich ihr zu, dass sie Kinderarmut erheb-<br />
lich reduzieren könnte, jedenfalls ökonomisch-statistisch betrachtet. Ich wünsche auch, dass<br />
es geschieht. Aber mich besorgt, dass zu viele Kinder von Eltern und anderen Erwachsenen<br />
vernachlässigt werden, mit Gewalt aufwachsen und selber gewalttätig werden, dass ihnen<br />
die Schule zu wenig hilft, die Welt zu verstehen und dass zu viele von den jungen Menschen<br />
mit politischem Extremismus, Gewalt und Fremdenhass auf Verhältnisse reagieren, in denen<br />
sie sich bedroht fühlen.<br />
<strong>Die</strong> Konvention will in allen für Kinder relevanten Zusammenhängen erreichen, dass Kinder<br />
angehört werden, ihnen geantwortet wird, ihre Interessen einbezogen werden und ihnen ei-<br />
nen Platz in der sozialen Gemeinschaft gegeben wird, nicht weil sie sich anständig verhalten<br />
oder weil Erwachsene kinderfreundlich sind, sondern weil sie Kinder respektieren.<br />
Was müsste geschehen? Ich möchte heute, am 18. Geburtstag der Konvention, drei Ge-<br />
burtstagswünsche äußern:<br />
7 Nationaler Aktionsplan: Für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010 (hrsg. vom BMFSFJ). Zu finden im Internet unter: www.bmfsfj.de<br />
8 Erklärung der Jugendministerkonferenz vom Juni 1998 in Kassel: FORUM Jugendhilfe, 1998, Heft 3, S. 22-30. Erklärung der Kultusministerkonferenz zur Umsetzung<br />
des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die <strong>Rechte</strong> des Kindes März 2006: www.national-coalition.de/pdf/Dokumente_ Kinderrechte/KMK -Kinderrechts kon-<br />
vention.pdf<br />
14
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Wunsch 1: <strong>Die</strong> Konvention muss endlich bekannt gemacht werden. Sie gehört gedruckt in<br />
die Hand, geistig in den Kopf aller, die in irgendeiner Beziehung zu Kindern stehen, also<br />
wirklich aller - und ich füge ausdrücklich an: einschließlich der Kinder.<br />
Wunsch 2: Kinderrechte gehören ins Grundgesetz, nicht im Detail, aber vor allem das Vor-<br />
rangigkeitsprinzip nach Artikel 3 der Konvention, das auch in die EU-Grundrechte-Charta<br />
aufgenommen wurde. Nicht im Nachhinein soll festgestellt werden, dass Maßnahmen selbst-<br />
verständlich gut für Kinder waren, sondern vor allen gesetzgeberischen und administrativen<br />
Schritten ist zu prüfen, was sie für Kinder und ihre Lebens- und Entwicklungsinteressen be-<br />
deuten.<br />
Wunsch 3: Für kindgerechte Lebensbedingungen ist Sorge zu tragen, für eine Kindheit ohne<br />
Not, mit Bildungschancen für alle und zunehmender aktiver <strong>Beteiligung</strong> am gemeinsamen<br />
Leben. Dazu <strong>haben</strong> sich die Staaten in zahlreichen Artikeln der Konvention verpflichtet.<br />
Ich weiß, diese Wünsche bedürften noch einiger Sätze mehr der Erläuterung. Vieles ist noch<br />
weltweit zu tun, aber ganz besonders auch in unserem Land. !<br />
15<br />
��
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Vorwort<br />
4. Kinderrechte und Jugendamtspraxis<br />
��Dr. Katharina Maucher, Fachstelle Kinderschutz und Koordination<br />
beim Jugend- und Sozialamt der Stadt Frankfurt a. M.<br />
Am 30.07.07 erreichte mich die Anfrage aus Stuttgart bei Ihrer Tagung zum Thema Kinder-<br />
rechte mitzuarbeiten.<br />
Vier Tage später, am 3.08.07 las ich einen Artikel in der FAZ mit dem Titel „Schutzraum Fa-<br />
milie“. Schon der Titel hätte mich alarmieren müssen, wo doch jeder weiß, dass die Familie<br />
der „gefährlichste Ort der Welt ist“ (laut Gisela Zenz). Aber tapfer las ich weiter und erfuhr,<br />
das Wohl des Kindes sei durch das Grundgesetz ausreichend geschützt. Folgend wird in<br />
dem Artikel die Frage gestellt, ob „zusätzliche Kinderrechte, welche die Kinder gegen ihre<br />
Eltern in Stellung bringen, gar einklagen können, letztlich ihrem Schutz dienen“?<br />
Sollte der Autor - Herr Müller - Angst vor Kindern <strong>haben</strong> oder nur generalisiert Angst vor jed-<br />
weder Aggression? Feststeht, dass er sich - gottlob nicht als Fachmann - sorgt, dass allzu<br />
viel in „funktionierende Familien“ eingegriffen würde.<br />
Hier war vor meinen Augen in zwei Spalten der gesamte hirnverbrannte Unsinn zusammen-<br />
geschrieben, der - speziell den Jugendämtern - den adäquaten Schutz von Kindern alltäglich<br />
so erschwert.<br />
Da muss man erst mal draufkommen!<br />
Recht gefährdet! <strong>Die</strong> Perfidie zu Ende gedacht: je weniger <strong>Rechte</strong> Kinder <strong>haben</strong>, desto ge-<br />
schützter sind sie.<br />
Und etwas anderes wird - entgegen jeder Erfahrung - unterstellt, dass sich Kinder nichts<br />
sehnlicher wünschen, als gegen ihre Eltern zu Felde zu ziehen, was auch bedeutet, dass sie<br />
ihre <strong>Rechte</strong> regelmäßig missbrauchen, um Krieg gegen die Eltern zu führen. Erwachsenen<br />
unterstellt man derlei dreisten Rechts-Missbrauch so nicht unbedingt.<br />
Und dann wird noch unausgesprochen das Klischee bedient, dass das Jugendamt mit seiner<br />
Wächterfunktion nichts lieber tue, als in funktionierende Systeme einzugreifen.<br />
Sie können sich meine Empörung vorstellen, aber letztlich hat Herr Müller dazu beigetragen,<br />
dass ich heute hier bin: das kann so nicht stehen bleiben! Natürlich denken Sie alle hier im<br />
Raum anders und hoch differenziert drüber, aber I C H musste mir noch einmal über das<br />
Verhältnis von Recht und Schutz klar werden. Dazu sollte mir die Arbeit an diesem kleinen<br />
Vo<br />
rtrag dienen. Seien Sie also an dieser Stelle, für diese Möglichkeit bedankt!<br />
16
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Ein Wort zu mir und meiner Arbeit<br />
Seit nunmehr 15 Jahren betreibe ich - einmalig in der Republik - mitten im Frankfurter Ju-<br />
gend- und Sozialamt „KuK“ - die „Fachstelle Kinderschutz und Koordination von Hilfen.<br />
Näheres werde ich - wenn Interesse besteht - später ausführen.<br />
Zuvor liegt mir etwas anderes auf dem Herzen:<br />
<strong>Die</strong> nicht enden wollende Kevinisierung der Kinder- und Jugendhilfe!<br />
Kein Aufsatz, keine Rede ohne Bezugnahme auf diesen - zugegeben beklemmend tragi-<br />
schen Einzelfall! Erwähnt man Kevin nicht, kommt man schon fast in Verdacht dickfellig und<br />
abgebrüht zu sein. In Wirklichkeit sind es jedoch die massenhaften und zunehmenden sog.<br />
kleine Gefährdungen - Strafrecht würde hier von einem „Anfangsverdacht“ sprechen - die<br />
uns alarmieren und den gesamten Qualitätsapparat in Gang setzen müssten. Nicht erst der<br />
Gedanke, das Kind könnte zu Tode kommen.<br />
Mich treiben alltäglich triviale Kinderschutzfragen nach der „genügend guten Lebenssituati-<br />
on“ eines Kindes um, und ich befürchte, dass die Dauerdiskussion und Skandalisierung von<br />
Todesfällen von Kindern das Gegenteil von dem erreichen, was erforderlich ist. Ich spüre<br />
eine Verrohung gegenüber dem unspektakulären Alltagsfall von Gefahr. In jedem einzelnen<br />
Fall geht es doch um nicht geringeres als um hilflose Menschenkinder und die Pflicht sich für<br />
diese einzusetzen und sofortige Maßnahmen zu ihrer Unterstützung oder ihrem Schutz zu<br />
ergreifen. Wir sprechen hier von Menschenrechten auf Unverletzlichkeit und dem Recht ei-<br />
nes jeden Kindes auf ein gutes Leben.<br />
Auch muss die Schutzoffensive des Staates ausgelöst werden durch jeden Verdacht der<br />
Kindeswohlgefährdung und nicht erst durch die Angst der Fachkraft vor Strafverfolgung.<br />
Wenn Jugendhilfe versagt hat und unwiderrufliche Gefährdungen, wie z.B. der Tod eines<br />
Kindes eingetreten sind, heilt auch strafbewährte Garantenpflicht diese Wunde nicht.<br />
An diesem Punkt genau setzt meine Kritik und mein Appell ein, die Schwelle nicht so hoch<br />
zu legen. Absolut unerträglich wird es nämlich dann, wenn Kevin insofern als Maßstab miss-<br />
braucht wird, als alles was an Gefährdung darunter liegt, abgetan wird mit: „wenn das schon<br />
eine Gefährdung sein soll…dann könnten wir ja gleich alle Kinder in Obhut nehmen“. Das<br />
hören wir nicht nur in den Jugendhilfestuben, das ist vor allem Juristenrhetorik in den Hallen<br />
des Familiengerichtes.<br />
Kinder und ihre <strong>Rechte</strong> 9<br />
Ich muss noch mal auf Herrn Müller zurückkommen und die Frage stellen: Bedeutet mehr<br />
Recht auch mehr Schutz? Oder umgekehrt: bedeuten <strong>Rechte</strong> weniger Schutz, i.S. von mehr<br />
9 Als grundlegende Kinderrechte gelten: Recht auf eine gewaltfreie Erziehung ; Schutz vor Ausbeutung ; Recht auf Bildung ; Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit ;<br />
<strong>Rechte</strong> der Familie auf Schutz ; Recht auf staatliche Unterstützung bei Erziehungsproblemen ; Recht auf <strong>Beteiligung</strong> bei Entscheidungen, diesie betreffen ; Recht auf<br />
Fürsorge; Recht auf Ernährung ; Recht auf Meinungsäußerung; Recht auf Schutz vor körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt ; Recht auf Gesellschaft und Freunde<br />
jeglicher Art ; Recht auf Schule, Ausbildung und Selbstständigkeit ; Recht auf Eigentum<br />
17
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Gefahren, weil diejenigen, die diese <strong>Rechte</strong> <strong>haben</strong>, permanente den Frieden in der Kind-<br />
Elter-Beziehung durch Konflikte bedrohen?<br />
Hier wird eine Phantasie über Kinder deutlich, denen ihre <strong>Rechte</strong> zu Kopf steigen,<br />
die militant und ausschließlich darauf aus sind Krieg zu führen. Was steckt hinter diesen<br />
Annahmen für ein trauriges Kinderbild? Und welche Phantasien gibt es gleichzeitig über<br />
die Familie und die Erbitterung und Vernichtungswut, die ein Kind wohl diesbezüglich in sich<br />
trägt? Das Schlimmste allerdings kommt noch: Herr Müller befindet sich mit seiner persönli-<br />
chen Meinung in bester Gesellschaft mit dem von mir bewunderten Prof. Dr. Spiros Simitis,<br />
der vor vielen Jahren ebenfalls seine unheilvolle Ahnung für den Fall von Grundrechten für<br />
Kinder formulierte und meinte, das Grundgesetz würde somit eine Arena zum Zweikampf der<br />
Grundrechte zwischen Eltern und Kindern schaffen<br />
Hier kann ich Müller und Simitis „tröstend“ zurufen: Wenn wir Kindern Grundrechte geben,<br />
habe sie diese nicht nur gegenüber den Eltern, sondern gegenüber allen, die in ihre <strong>Rechte</strong><br />
eingreifen wollen, also auch z. B. gegenüber der Jugendhilfe, der Schule etc.<br />
Kinderrechte machen Angst<br />
Kinder <strong>haben</strong> <strong>Rechte</strong> und müssen diese <strong>haben</strong>. Darüber herrscht - jedenfalls theoretisch -<br />
allgemein Konsens. Wie weit diese <strong>Rechte</strong> gehen sollen, ist jedoch umstritten. Herbert Grö-<br />
nemeyer hat dafür eine einfache Antwort parat: "Kinder an die Macht - die Welt gehört in<br />
Kinderhände!"<br />
Doch während sich diese Forderung für einige nach einer zukunftsträchtigen Vision anhört,<br />
klingt sie für andere schlicht nach einem Alptraum. Und nur die wenigsten werden ihr Bild<br />
vom Kind mit einem solchen Recht auf Macht verbinden. Es wird gesagt, dass die <strong>Rechte</strong>,<br />
die eine Gesellschaft ihren Kindern einräumt, immer viel mit den jeweils zeitgemäßen Kind-<br />
heitsbildern zu tun hatten. Ich möchte hinzufügen, dass der Umgang mit den vorhandenen<br />
<strong>Rechte</strong>n der Kinder vor allem Ausdruck der Souveränität und Selbstsicherheit, bzw. dem<br />
Gegenteil davon, der Erwachsenen ist und ihre psychische Situation in der Welt wider-<br />
spiegelt. Da brauchen wir gar nicht nur auf die Eltern zu schauen. Nehmen wir bestimmte<br />
juristische Persönlichkeiten - jedem fällt eine RichterIn, eine Anwältin o.ä. ein - nehmen wir<br />
die immer wieder gerne an solchen Stellen zitierten SozialarbeiterInnen - auch hier hat jeder<br />
und jede einen bestimmten Typ vor Augen…<br />
Wir alle wollen Kindern „helfen“, wir reden von ihrem Wohl, aber wollen wir ihnen auch Rech-<br />
te geben und diese im Alltag umsetzen?<br />
Ein kurzer Blick auf uns selbst bringt uns in Erinnerung, dass wir als Erwachsene in aller<br />
Regel mit Kindern nur so umgehen, wie wir es selbst in unserer Kindheit erfahren <strong>haben</strong>.<br />
Und wenn die heutigen Erwachsenen sich früher - als Kinder - von Erwachsenen nicht ge-<br />
schützt fühlten, können sie auch heute, selbst Erwachsene, Kindern keine <strong>Rechte</strong> einräu-<br />
men, sondern ihre Missachtung gegenüber Schwächeren ist gerade der beste Schutz gegen<br />
den Durchbruch der eigenen Gefühle von Trauer, Depression und Verzweiflung.<br />
In dem Maße, in dem Erwachsene als Kinder schutzlos waren, Angst verdrängen mussten,<br />
nicht aufarbeiten konnten, werden sie die selbst erlittenen Demütigungen ahnungslos an<br />
Kinder weitergeben.<br />
18
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Was daraus resultiert, ist zersetzend für die Beziehung zu Kindern. Es findet seinen Aus-<br />
druck in Aufkündigung und Umkehrung der Beziehung, in Grenzüberschreitungen, in einsei-<br />
tiger Unterdrückung und Ausbeutung, mit einem Wort: Gewalt.<br />
Der Wiederholung von Gewalt durch Erwachsene gehen eigene Gefühle von Schwachheit,<br />
Ohnmacht und Angst voraus. Vor dem Ausbruch offener Gewaltanwendung geschehen Ent-<br />
wertungen. Versuche der psychischen Vernichtung, die einzig und allein das Ziel <strong>haben</strong>, der<br />
eigenen Stabilisierung zu dienen. Nur sichere, reflektierte und selbstbewusste Erwachsene<br />
wollen Kinder mir <strong>Rechte</strong>n.<br />
Wenn Kinder auch rechtlich Menschen erster Klasse wären, dann hätten die Erwachsenen<br />
nichts mehr auf das sie herunterschauen, an dem sie ihr persönliches Elend agieren können.<br />
Daran, stattdessen ihren Hund zu treten, dürfen sie nicht mal denken, denn Tierschutz ist<br />
als Staatsziel festgeschrieben.<br />
Kindesrecht ist nicht Kindeswohl<br />
In den letzten Jahrzehnten hat sich auf der einfachgesetzlichen Ebene in Deutschland die<br />
Rechts-Situation für Kinder erheblich verbessert. Es wurde die Subjektstellung des Kindes<br />
gestärkt durch das Gewaltächtungsgesetz (§ 1631 BGB, 1. Januar 2001); Kindschaftsrecht<br />
(§ 1684 BGB, 16. Dezember 1997), Anspruch auf Beratung und <strong>Beteiligung</strong> (§ 8 SGBVIII);<br />
Rechtsanspruch auf Kindergartenplatz (§§ 24 und 24a SGBVIII, 1. Januar 1996).<br />
Schlägt man allerdings das Grundgesetz auf, so sucht man den Begriff „Kindeswohl“ verge-<br />
bens. Auch spezifische Grundrechte, die nur Kindern oder Jugendlichen als Berechtigten<br />
zustehen, enthält das Grundgesetz nicht. Gleichwohl eröffnet der Blick in die Verfassung die<br />
zentralen normativen Bezugspunkte für eine Konkretisierung des Begriffs „Kindeswohl“: die<br />
Grundrechte des Kindes oder des/der Jugendlichen.<br />
Das Kind oder der/die Jugendliche ist in unserer Verfassungsordnung Grundrechtsträger.<br />
Es bzw. er/sie ist eine Person:<br />
- mit eigener Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG),<br />
- mit dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit<br />
(Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG),<br />
- mit dem Recht auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit<br />
(Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG),<br />
- die den Schutz ihres Eigentums und Vermögens genießt<br />
(Art. 14 Abs. 1 GG).<br />
Kindeswohl sollte über diese <strong>Rechte</strong> genügend gut gesichert sein!<br />
So denkt auch Wiesner und betont in seinem Kommentar zum SGBVIII, § 8 (Rdnr. 9), dass<br />
Kinder und Jugendliche schon jetzt Träger eigener <strong>Rechte</strong>, einschließlich der Grundrechte<br />
19
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
seien. Er meint dies damit belegen zu könne, dass das Bundesverfassungsgericht wiederholt<br />
die Stellung des Kindes als Grundrechtsträger und seinen eigenen, nicht vom Elternrecht<br />
abgeleiteten Anspruch auf den Schutz des Staates hervorgehoben, und seine Individualität<br />
als Grundrechtsträger betont hat.<br />
Andere - und zu denen gehöre auch ich - meinen: „Das Grundgesetz sieht Kinder und Ju-<br />
gendliche nur aus dem Blickwinkel der Zugehörigkeit zu ihren Eltern/Sorgeberechtigten und<br />
teilt ihnen damit durchgängig die Rolle als ein Objekt elterlicher und staatlicher Sorge zu“ 10 .<br />
In der Praxis bedeutet dies, dass vor der Durchsetzung des Kinderschutzes das große<br />
Schutzschild „Elternrecht“ steht.<br />
Beleg: <strong>Die</strong> alltäglichen Debatten über die Frage, wie wird Elternrecht und Kinderrecht abge-<br />
wogen? Heute definieren RichterInnen die Bedeutung von Kinderrechten, aber immer in ihrer<br />
Verhältnismäßigkeit zum Elternrecht. Jugendhilfe erlebt oft genug die Katastrophen, die sich<br />
daraus für die Situation der Kinder ergeben, weil RichterInnen die Lebensrisiken der Kinder<br />
verkennen.<br />
Nach wie vor gibt es keine verpflichtende Fort- und Weiterbildung für FamilienrichterInnen,<br />
obwohl der Bedarf unübersehbar ist. Der § 8a SGBVIII setzt auf Kooperation Jugendhilfe und<br />
Justiz. Familiengerichte sind nach dem Verständnis dieses Kinderschutzparagraphen ge-<br />
meinsam in der Verantwortung - jede Institution in ihrem Kompetenzbereich. Durch die Fort-<br />
dauer der Garantenpflicht müssen jedoch Jugendamtsfachkräfte die Verantwortung auch für<br />
kindeswohlgefährdende Beschlüsse des Gerichtes tragen. Todesfälle sind bei Umgangskon-<br />
takten passiert weil RichterInnen die Gefahren ignorierten. <strong>Die</strong>se „tödlichen Irrtümer“ bleiben<br />
aufgrund des Richterprivilegs ohne Folgen.<br />
Hinzukommt, dass aus den genannten Gründen für den Eingriff ins Elternrecht eine absolut<br />
desolate, auch für fachlich unkundige RichterInnen, markante Schädigung beim Kind sicht-<br />
bar vorliegen muss. <strong>Die</strong>se Gefährdungs- und Verwahrlosungsgrenze ist zu weit gezogen.<br />
Das Kindeswohl kann sehr viel früher und sehr viel eher tangiert sein, ohne dass es verfas-<br />
sungsrechtlich insoweit eine Kindeswohlsicherung oder eine Kindeswohlgewährleistung gibt.<br />
Nur Grundrecht ist Individualrecht<br />
Aus diesen Gründen ist notwendig, dass - gegenüber dem sehr starken Elternrecht - die Kin-<br />
der nicht nur in der Verfassung vorkommen, sondern eine eigene Position <strong>haben</strong>. Das muss<br />
sich auch darin ausdrücken, dass sie eine eigene Norm bekommen, dass sie nicht irgendwo<br />
ein Absatz 2 oder 3 werden, sondern dass es eine Norm gibt, die überschrieben ist mit<br />
„<strong>Rechte</strong> der Kinder“ oder „Kinderrechte“ oder wie immer man es nennen will. Dann müsste<br />
wie überall dort, wo gleichrangige Grundrechte gegeneinanderstehen, eine entsprechende<br />
Abwägung vorgenommen werden.<br />
10 Vgl. Deutscher Bundestag 14. Wahlperiode, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 6, Kinderrechte , Begründung, 12.12.2001<br />
20
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Am 20. November 2006 fand die13. Sitzung der Kommission zur Wahrnehmung der Belange<br />
der Kinder, zum Thema „Kinderrechte in der Verfassung“ statt.<br />
Einige O-Töne zu der zentralen Frage:<br />
„Ist es notwendig, das Grundgesetz zu ändern, um Kinderrechte explizit dort aufzunehmen?“<br />
Heinz Hilgers - Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes e. V.<br />
„Wer dies heute noch fragt, unterschätzt unsere Verfassung. Das Grundgesetz ist in allen<br />
politischen Debatten die höchste Berufungsinstanz, auf die sich die Politiker auch in der in-<br />
ternen Auseinandersetzung berufen. In der Öffentlichkeit hat es stets verhaltensnormierende<br />
Kraft bewiesen, auch wenn in der Gesellschaft der eine und andere Prozess - denken wir an<br />
die Gleichberechtigung der Frau - sehr lange gedauert hat.“<br />
„Eine Verfassungsverankerung wäre auch ein guter Startschuss, … Kinderschutz als einen<br />
klaren Auftrag an den Staat und nicht nur als ein subsidiäres, häufig zu spät kommendes<br />
Überwachungsinstrument … festzuschreiben“<br />
Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit - Justizsenatorin Hamburg und Berlin a. D.<br />
„In der Praxis und in der Gesellschaft hätte die Aufnahme eines Kindergrundrechts sehr<br />
positive Effekte für den Schutz der Kinder.“<br />
„Das Bundesverfassungsgericht hat fast 20 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes ge-<br />
braucht, um in einer berühmt gewordenen Entscheidung vom 29. Juli 1968, 11 , festzuhalten,<br />
dass Kinder selbst Träger subjektiver <strong>Rechte</strong> sind, dass sie selbst Wesen mit eigener Men-<br />
schenwürde und einem eigenen Recht auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit sind.<br />
Man hatte Begriffe gefunden wie „Grundrechtsmündigkeit“ und „Grundrechtsinhaberschaft“<br />
und hatte befunden, dass ein Mensch, bevor er nicht voll geschäftsfähig ist, seine Grund-<br />
rechte nicht selbst ausüben kann. Das alles ist seit dieser Entscheidung im Jahr 1968 nicht<br />
mehr durchzuhalten. Dennoch ist es so, dass die Allgemeinheit bis heute zwischen Erwach-<br />
senen und Kindern unterscheidet, auch wenn es um das Verfassungsrecht geht. Hinzu<br />
kommt, dass die Allgemeinheit nicht ohne weiteres bereit ist, den Kindern dieselben Grund-<br />
und Menschenrechte zuzugestehen wie Erwachsenen. Deswegen komme ich zu dem<br />
Schluss, dass das Grundgesetz in seiner jetzigen Fassung den Erkenntnissen der Rechts-<br />
sprechung, etwa des Bundesverfassungsgerichts, nicht hinreichend Rechnung trägt.“<br />
Kinder sind Menschen mit eigener Menschenwürde und <strong>haben</strong> das eigene Recht auf Entfal-<br />
tung ihrer Persönlichkeit. Damit sind die Kinder nach derzeitiger Fassung des Grundgeset-<br />
zes gegenüber der Institutsgarantie der Eltern benachteiligt.“<br />
Recht ist kein Ersatz für Kinderschutz<br />
Wenn gesagt wird, wir sollen den Kinderschutz nicht mehr von den Bedürfnissen der Kinder<br />
her definieren, weil Bedürfnisse von subjektivem Befinden abhängig und von daher verhan-<br />
delbar sei. Und wenn weiter postuliert wird, ein auf den <strong>Rechte</strong>n der Kinder basierender An-<br />
11 1 BvL 20/63 (BVerfGE 24, 119, 144<br />
21
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
satz biete insofern eine Alternative an, als Recht objektive Ansprüche begründe und einge-<br />
fordert werden könne, 12 dann ist das in meinen Augen - gelinde gesagt - naiv.<br />
Es ist gerade die Diskrepanz zwischen der Rechtssituation von Kindern und ihren tatsächli-<br />
chen Lebensbedingungen, die alltäglich Grund und Anlass zur Sorge ist.<br />
Durch die überraschende Einführung § 8a SGBVIII hat der Gesetzgeber den Grundsatz,<br />
„Recht hinkt hinter der gesellschaftlichen Wirklichkeit hinterher, vollzieht sie nach“, (sog. kon-<br />
firmatives Recht mit eher ordnender Funktion) umgekehrt und versucht durch diese Schutz-<br />
auftrags-Vorgaben, das Verhalten der Menschen/der Fachkräfte zu bestimmen 13 . Hier kön-<br />
nen wir von sog. projektivem Recht sprechen, das die Aufgabe der Sensibilisierung, Orientie-<br />
rung und Bewusstseinsbildung übernimmt.<br />
Kinderschutz braucht eine Haltung<br />
Nur für uninteressante Fragen gibt es einfache und endgültige Antworten. <strong>Die</strong> Frage, gehen<br />
wir genügend menschenwürdig mit unseren Kindern um, gehört zu den interessantesten<br />
Fragen und wird von daher immer eine Frage bleiben. Und das ist gut so!<br />
Weh dem, ob Laie oder Profi, der versucht uns hier mit billigen Entweder-oder-Rastern ab-<br />
zuspeisen. Wir brauchen einklagbare Grundrechte für Kinder, wir brauchen erwachsene<br />
Menschen, die stark und sicher sind, Kinder um ihrer selbst willen zu lieben und sie und<br />
ihren Eigensinn zu achten, wir brauchen einen politischen und gesellschaftlichen Pro-<br />
zess, der diese Fragen in den Mittelpunkt stellt und Kinder verlässlich einbettet in die Bezie-<br />
hung zu anderen Menschen.<br />
Und Jugendhilfe als Menschenrechtsprofession muss vor allem Vorbild sein in bezug auf ihr<br />
Kinder-Menschenbild und ihre Haltung gegenüber Kindern 14 .<br />
Grundhaltung gegenüber Kindern und Verantwortung<br />
Kinder <strong>haben</strong> das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit, aktiver Mitbestimmung, nach Autono-<br />
mie und danach, ihre Fähigkeiten aktiv zu entwickeln. Der Erwachsene und das Kind bilden<br />
eine Interaktionsbeziehung, die ein Macht- und Verantwortungsgefälle enthält. <strong>Die</strong>s ge-<br />
schieht auf verschiedenen Ebenen: als Eltern, als professionell Verantwortliche und als Ver-<br />
antwortliche für die Strukturen. Es geht um ein Aushandeln und nicht um ein Bestimmen sei-<br />
12 Vgl. J.Maywald, Kinderschutz: von den Bedürfnissenzu den <strong>Rechte</strong>n, 12.09.05 Berlin (Xth ISPCAN –European Regional Conference on Child Abuse and Neglect)<br />
13 Vgl. 1998: Zehnter Kinder- und Jugendhilfebericht<br />
14 Kinder sind sowohl aktiv-eigenständig als auch abhängig; Kindersind von Anfang an in der Kooperation / Wechselwirkung mit Erwachsenen und der materiellen<br />
Umwelt; Kinder wollen etwas bewirken; Kinder <strong>haben</strong> das Bedürfnis, etwas mitzugestalten, etwas zu verändern und zu kommunizieren; Kinder <strong>haben</strong> ein Bedürfnis nach<br />
Sicherheit, Beziehung und Bindung; Kinder <strong>haben</strong> denWunsch nach Orientierung und Grenzen durch die Bezugspersonen; Kinder sind neugierig und wollen sich aktiv<br />
Wissen aneignen. EinKind muss nicht zum Menschen gemacht werden. Es muss bei seiner Entwicklung unterstützt werden. Und das bedeutet konkret: Verständigung<br />
mit dem Kind, statt über das Kind hinweg, Kontaktezu Kindern auf- und ausbauen, Konstruktive Konfliktbewältigung von Erwachsenen, Beachtung der Ausschöpfung<br />
aller rechtlichenMittel, Konkrete Einzelfallprüfung und Entscheidung im rechtlichen Rahmen, Förderung der Kinder auf allen Ebenen: individuell, in ihrer familiärenBezi e-<br />
hung<br />
22
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
tens der verantwortlichen Erwachsenen. Der Aushandlungsprozess findet interaktiv zwischen<br />
zwei aktiven Wesen statt. <strong>Die</strong> Verantwortung für diesen Prozess trägt der Erwachsene.<br />
<strong>Die</strong>se Feststellung zu der unterschiedlichen Verantwortung ist relevant, da die Einstellung<br />
von Erwachsenen, das Kind könne und müsse alles selbst entscheiden, dem Kind Mündig-<br />
keit und Handlungsfähigkeit nimmt, anstatt zu geben.. <strong>Die</strong> Kompetenz zu wählen und zu ent-<br />
scheiden müssen Kinder erst erwerben; denn Wahl und Entscheidung in Freiheit gibt es nur<br />
dort, wo das Subjekt, das sich entscheidet, die Tatsachen erkennen, die Folgen abschätzen<br />
und die Verantwortung tragen kann. Es gehört zu den Aufgaben des Erwachsenen, Kinder<br />
beim Erwerb dieser Kompetenz zu unterstützen, es in seiner Eigenheit auf seinem Weg zu<br />
begleiten im Sinne eines <strong>Rechte</strong>s auf Autonomie, auf Freiheit von Instrumentalisierung, auf<br />
Offenheit der eigenen Möglichkeiten.<br />
Kinderrecht ersetzt keine Jugendhilfe<br />
„Kernpunkt einer modernen und zukunftsfähigen Kinder- und Jugendhilfe ist die Professionalität<br />
ihres Personals und die Anerkennung ihres fachlichen Eigensinnes…<br />
Eine wesentliche Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe ist,<br />
dass das Fachkräftegebot auf allen Ebenen und für alle Leistungsbereiche der Kinder- und<br />
Jugendhilfe umgesetzt wird.“ 15 Ich möchte dem noch einen weiteren zentralen Aspekt hinzu-<br />
fügen, den der Verantwortungsübernahme auf allen Ebenen.<br />
Jugendamtspraxis<br />
„KuK“ die Fachstelle Kinderschutz<br />
Jede Jugendamtsverwaltung setzt die immergleichen gesetzlich normierten Aufgaben mittels<br />
eigener Ausführungsbestimmungen ein bisschen verschieden um. Weitgehend durchgängig<br />
ist jedoch die Trennung zwischen Bürokratie und (sozialem-) <strong>Die</strong>nst. Aber, schauen wir nach<br />
Frankfurt, so sehen wir, dass in diesem Jugend- und Sozialamt, gleichsam wie eine Brücke,<br />
einen Bereich dazwischen existiert. Dort gibt es nämlich die „Fachstelle Kinderschutz und<br />
Koordination von Hilfen - „KuK“. <strong>Die</strong>se „Ein-Frau-Institution“ hat mit allen Teilen des Jugend-<br />
amtes zu tun, steht dazwischen, aber auch draußen. "KuK" ist eine zentrale Kontaktstelle im<br />
Frankfurter Jugend- und Sozialamt für Beratung und Hilfestellung in Fällen von Kindesmisshandlung<br />
und sexuellem Kindesmissbrauch.<br />
Schwerpunktmäßig ist "KuK" ein internes Serviceangebot zum fachlichen Austausch und zur<br />
Stärkung der professionellen Kompetenz für KollegInnen im eigenen Amt. <strong>Die</strong>s geschieht<br />
nach der Methode des "Konstruktiv-Coachings" 16 , die an den Stärken der Menschen ansetzt<br />
15 vgl. elfter Kinder- und Jugendbericht, Bonn 2002<br />
16 „Konstruktiv“ weist in dem zusammengesetzten Terminus auf die in der „KuK“ -Methode relevante Erkenntnis hin, dass es nicht eine objektiv gültige Wahrheit, sondern<br />
zahlloseWirklichkeitsauffassungen gibt, die widersprüchlich sein können, die jedoch alleErgebnis von Interaktion sind.<br />
23
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
und als Parallelangebot/Ergänzung zur Fachberatung durch Vorgesetzte gedacht ist - Em-<br />
powerment im ursprünglichen Wortsinn, da die KollegInnen und die Psychologin von „KuK“<br />
gleichwertig und -rangig sind. 17<br />
1992 wurde diese Fachstelle durch mich aufgebaut und weiterentwickelt. Heute gehört sie<br />
als interne Möglichkeit zu geschütztem fachlichen Austausch und zur fundierten Fall-<br />
Reflexion und Entlastung zum professionellen Besitzstand Frankfurter Sozialarbeit. 18<br />
In praktischen „KuK“ Angeboten - den sog. „IGEL-Projekten“ - wird die Konfrontationen von<br />
Verdachtstätern, das Sprechen mit Kindern und Verhalten vor Gericht trainiert. <strong>Die</strong>ses kon-<br />
krete Handwerkszeug dient in hervorragender Weise der Verbesserung der Berufspraxis der<br />
beteiligten Fachkräfte des Jugend- und Sozialamtes. (Wir werden noch darauf zurückkom-<br />
men)<br />
<strong>Die</strong> Fachstelle dient generell als Gesprächsplattform, um Ideen zu entwickeln, nicht nur in<br />
akuten Krisensituationen. Ziele sind dabei die Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten und<br />
die Entstehung von fachlich Neuem. „KuK“ ist darüber hinaus für alle Menschen (erwachse-<br />
ne BürgerInnen, Mädchen und Jungen) offen, auch für MitarbeiterInnen anderer Institutionen<br />
(KITA, Schule, Beratungsstellen, Justiz, etc.) und die Öffentlichkeit- individuell und allgemein.<br />
Hier fungiert „KuK“ als spezialisierte Beratungsstelle.<br />
Eine weitere Leistung der Fachstelle im Jugendhilfesystem besteht in der Entwicklung und<br />
Implementierung von Richtlinien und Standards. Beispiele sind die von "KuK" entwickelten<br />
"Standards zur Verdachtsabklärung sexueller Missbrauch" und das "Verfahren nach Ver-<br />
dachtsabklärung sexueller Missbrauch" (Bedarfsorientierte Diagnostik). Beides sind Modelle<br />
für das zentrale Anliegen von "KuK", methodisch aus dem System herauszugehen. <strong>Die</strong>s ba-<br />
Zu „Coaching“: <strong>Die</strong>sen Begriff hat sich „KuK“ ausgeliehen, weil auch ein Trainer mit denen arbeitet, die eigene Kompetenzen <strong>haben</strong> und sie in ihren Stärken fördert. Der<br />
Begriff „Coaching„ bezeichnet insofern die Besonderheit der „KuK“ -Methode, in der Stärken und Kompetenz (nicht Schwächen und Mängel) grundlegend sind. Kein<br />
Sportler wird trainiert, der nicht besonders leistungsfähig und -bereit ist. <strong>Die</strong> Verwendung dieses Terminus folgt dem Gedanken, dass eine Personspürbar kompetent in<br />
einer bestimmten Disziplin und engagiert sein muss, damit sie gecoacht wird, bzw. sichcoachen lässt. Indem die Nutzung des „KuK“ -Angebotes weder eineKrise noch<br />
einen Konflikt voraussetzt, setzt es sich methodisch ab von defizitabhängigen Ansätzen wie: Supervision, Beratung und Therapie. Für den praktischen Zugang heißt das:<br />
„Zu „KuK“ soll man nicht erst kommen, wenn sie/er am Ende ist, sondern zu einem Zeitpunkt, wenn es um kompetentes Gestalten geht.„ Das Konzept des Empowerment<br />
unterstellt, dass das was, an Defiziten wahrgenommen wird, das Ergebnis von Strukturen und mangelnden Ressourcen darstellt, in denen sich vorhandene Fähigkeiten<br />
nicht entfalten können (siehe Maucher, K.: MenschenStärken. 1992, S. 186). In der Zusammenarbeit bei „KuK“ geht es darum, in einem ganz bestimmtem Arrangement<br />
(siehe: Arbeitsbedingungen), dem ein ganz bestimmtes Menschenbild (siehe: Philosophie)zugrunde liegt, etwas zu ermöglichen, was nicht „mehr desselben“ ist, sondern<br />
ein „aliud“. Durch planvolle und bewusste Interaktion verändert sich alles - auch die Interaktion selbst, wodurch für alle Beteiligten erweiterte Handlungsmöglichkeiten<br />
geschaffen werden und für die Sache etwas qualitativ Neues entstehen kann. Durch die „KuK“ -Methode soll statt geholfen, gestaltet werden. Von der Rolle her distanziert<br />
sich „KuK“ von RetterInnen und HelferInnen („helfen„ ist ein privater Begriff. „Helfen“ ist nicht professionell!). Helfen und Retten ist unlösbar assoziiert mit Problemen, mit<br />
dem düster-schweren Teil des Lebens, mit dem Leidensdruck als notwendige Voraussetzung zum Hilfesuchen. <strong>Die</strong>s will und braucht „KuK“ ganz ausdrücklich nicht. In<br />
der Anwendung der Empowerment- und Menschenstärken-Grundsätze bei „KuK“ soll auch ein Beitrag geleistet werden, dass Sozialarbeit selbst dermaleinst den Per-<br />
spektivenwechsel „von den Störungen zu den Stärken“ vollzieht.<br />
17 Vgl. Maucher, 1992, MenschenStärken – Prävention durch Interaktion<br />
Vgl. Maucher, 1997, Konzept Fachstelle Kinderschutz und Koordination von Hilfen - „KuK“ , Frankfurt am Main<br />
24
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
siert auf den Erfahrungen bezüglich der fatalen Wirkmechanismen hermetischer Miss-<br />
brauchssysteme.<br />
Ein weiterer Arbeitsbereich ist die Leitung der AG-Kinderschutz (Arbeitsgemeinschaft zum<br />
Schutz von Kindern vor Gewalt, Vernachlässigung und sexueller Ausbeutung - nach § 78<br />
SGB VIII), die aus Fachleuten und ExpertInnen verschiedener Wissensgebiete und Praxis-<br />
felder besteht, deren Ziel es ist, institutionsübergreifenden, fachlich qualifizierten Kinder-<br />
schutz in Frankfurt zu gewährleisten. Ohne Übertreibung kann dieses Gremium in seinem<br />
15. Jahr der Existenz als d a s Kompetenzzentrum für die Belange des Kinderschutzes in<br />
Frankfurt bezeichnet werden.<br />
Speziell im Zusammenhang mit der Novellierung des SGB VIII und hier vor allem im Kontext<br />
des § 8 a SGB VIII ist die Fachstellenkompetenz und Kinderschutz-Erfahrung in Bezug auf<br />
die Abschätzung von Gefährdungsrisiken beim Verdacht einer Kindeswohlgefährdung von<br />
besonderer Bedeutung.<br />
<strong>Die</strong> Seele des Jugendamtes<br />
Indem nun aus der Position von "KuK" einige ansonsten unsichtbare Bereiche des Jugend-<br />
amtes ausgeleuchtet werden, soll versucht werden, die Bezauberung weiterzugeben, die ich<br />
alltäglich im Kinderschutz erlebe.<br />
Aus der psychologischen Arbeit mit Menschen ist bekannt, dass wir nur wirklich dann in eine<br />
echte Beziehung mit ihnen und ihren Fragen treten, wenn das Gegenüber bei uns innere<br />
Beteiligtheit weckt, wenn positive Gefühle im Spiel sind. Kommt kein attraktives Gefühl zu-<br />
stande, verhalten wir uns den Menschen gegenüber nach Schema „F“.<br />
Mitten im Frankfurter Jugend- und Sozialamt angesiedelt, sehe ich alltäglich in die Seele der<br />
Kinder- und Jugendhilfe, habe Einblick in das Gefühlsleben der Fachfrauen und -männer der<br />
Kinder- und Jugendhilfe, und erlebe, wie viele von ihnen um genügend gute Kinderschutzlö-<br />
sungen ringen. Dabei kann ich vielfach genauer als irgendwer hören und spüren, was sie<br />
umtreibt. Zumeist sind es nicht die fachlichen Herausforderungen, denen sie sich machtlos<br />
gegenüber sehen, es sind vielmehr die Rahmenbedingungen, die bürokratischen Regularien,<br />
die dafür verantwortlich sind, dass SozialarbeiterInnen des öffentlichen Jugendhilfeträgers zu<br />
scheitern drohen. So erleben sie z.B. tagtäglich, dass der Verwaltungs-Schlund immer gieri-<br />
ger wird, und sie zunehmend missbraucht werden, diesen unersättlichen Hunger der Admi-<br />
nistration zu stillen. <strong>Die</strong> oft unerträgliche Paradoxie liegt darin, dass die für Kinder und Fami-<br />
lien zuständige SozialarbeiterIn, die problembezogene Definitions- und Entscheidungsmacht<br />
besitzt, für ihr Handeln in vollem Umfang persönlich haftet, aber von der Hierarchie des Am-<br />
tes wie eine Unmündige behandelt, infantilisiert, quasi verzwergt wird. Auf Sicherheit und<br />
adäquaten Schutz durch Leitung muss die MitarbeiterIn des Sozialen <strong>Die</strong>nstes allzu oft ver-<br />
zichten, sehr wohl wird aber ihre Angst in Bezug auf die strafbewährte Garantenpflicht ge-<br />
schürt. <strong>Die</strong>se Missverhältnisse sind der Hochrisiko-Kinderschutz-Arbeit, die sie leistet, wenig<br />
förderlich. Meine Aufforderung, mit dem Jugendamt in Beziehung zu treten, bezieht sich auf<br />
jene sozialen SachbearbeiterInnen, die sich jeden Tag erneut mit einem gefühlsmäßigen<br />
25
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Gemisch aus Angst, Mut und Sorge den Nöten der Kinder und Familien stellen. Hat man wie<br />
sie keinen Rückhalt, keinen Schutz 19 , so muss man folgerichtig gelegentlich die Gefühle der<br />
Schutzlosigkeit der Kinder abwehren. Es darf einen nichts anrühren, sonst bleibt man mit<br />
diesen Emotionen alleine. „Prosoz 14 plus“ 20 kennt keine „Erfassungsregel“ für Angst, Ver-<br />
zweiflung und Hilflosigkeit.<br />
<strong>Die</strong> Fachkraft als GarantIn<br />
Aus dieser Perspektive betrachtet, ist die einzelne Fachkraft regelmäßig überfordert mit der<br />
Diskrepanz von Verantwortung und Macht auf der einen Seite und der Machtlosigkeit, ihrer<br />
Arbeit den stimmigen Rahmen und die erforderlichen Bedingungen zu geben auf der ande-<br />
ren. 21<br />
Eine Bemerkung in diesem Zusammenhang zu Garantenpflicht und Strafverfahren gegen<br />
SozialarbeiterInnen: Es ist gut, dass an die Aufregung über die Strafverfahren der letzten<br />
Zeit eine differenzierte Fachdiskussion getreten ist, in deren Mittelpunkt rechtzeitiges Erken-<br />
nen von Risiken und Fehlentwicklungen und Fragen des angemessen Reagierens von Ju-<br />
gendhilfe und Justiz in Kooperation mit anderen Fachsystemen steht. Damit hat sich in mei-<br />
nen Augen das Strafrecht als „äußerste Verteidigungslinie der Rechtsordnung bewährt“. Ein<br />
wirksamer Kinderschutz wird auf das Strafrecht aber auch weiterhin nicht verzichten können.<br />
Gut ist, dass wir es <strong>haben</strong>, noch besser ist, wenn es nicht zur Anwendung kommen muss.<br />
Schon aus Professionalisierungssicht kann für Jugendhilfe niemand ernsthaft einen verant-<br />
wortungsfreien Raum fordern 22 . Es geht um nichts geringeres, als um die Gefährdung Hilflo-<br />
ser und die Pflicht sich für diese einzusetzen und sofortige Maßnahmen zu ihrem Schutz zu<br />
ergreifen.<br />
Das Wächteramt des Staates besteht und daran will niemand etwas ändern. Es wird zu-<br />
nächst ausgeübt durch die Jugendhilfe, die dafür die erste Adresse ist. Danach kommen die<br />
Gerichte, insbesondere die Familiengerichte. Zu der Art wie diese „Verantwortungsgemein-<br />
schaft“ praktiziert wird, habe ich bereits Ausführungen gemacht, die ich nur noch dahinge-<br />
hend ergänzen möchte, dass die FGG-Reform mit ihren z.T. denkwürdigen Vorstellungen<br />
von der Attraktivität eines Beschleunigungszwang oder den Verlockungen unbedingten Hin-<br />
wirkens auf Einvernehmlichkeit, uns noch einige Kopfschmerzen bereiten wird.<br />
<strong>Die</strong> Listenreiche Jugendhilfe<br />
19 „Bei Einhaltung der vorgeschriebenen Verfahrensstandards wird im Falle strafrechtlicher Ermittlung und Verfolgung im Rahmen der Fürsorgepflicht die Unterstützung<br />
seitens des Arbeitgebers zugesagt. Rechtsschutz wird gem. AGA III, 527 gewährt“. (aus: Bericht des Magistrats vom 10.06.2005)<br />
20 Fachanwendungssoftware für Jugendhilfe<br />
21 <strong>Die</strong>ses Interview hat die Frage zu Tage gebracht, was wohl geschehen würde, wenn die Verantwortung für das was im Fall geschieht diejenigen persönlich tragen<br />
müssten, die die in der Hierarchie weit oben stehen und Gestaltungs- und Entscheidungsmacht macht bezüglich der Arbeitsbedingungen besitzen. Unsere Vermutung<br />
ist, dass es dann einige besonders gefährliche Mängel nicht mehr geben würde.<br />
22 vgl Salgo, L.: Nachtrag, In Jugendämter zwischen Hilfe undKontrolle. München 2001<br />
26
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Wie wir wissen, sind alle professionell Verantwortlichen, als Garanten des Kinderschutzes in<br />
ganz besonderer Weise gefordert. Einerseits müssen sie mit ihren eigenen Gefühlen als Be-<br />
obachterInnen von Gewalt gegen Kinder zurechtkommen, andererseits müssen sie individu-<br />
ell und als Teil des HelferInnensystems der Gefahr begegnen, von der Dynamik des Ge-<br />
schehens mitgerissen zu werden. Sind wir uns dieser Gefahr nicht bewusst, riskieren wir<br />
selbst gewalttätig zu wirken.<br />
Vor allem darum braucht es arbeitsunterstützenden Rahmenbedingungen und qualifizierte<br />
Standards! Als Gegenmodell zu Beliebigkeit sind hohe Strukturiertheit und Verbindlichkeit bei<br />
allen Beteiligten und maximal klare Aufgabendefinition in einem tätigkeitsunterstützenden<br />
Rahmen obligatorisch.<br />
Und weil wir in der öffentlichen Jugendhilfe so „Listenreich“ sind, müssen diese Instrumente<br />
ihrerseits Qualitätsprüfungen standhalten. In Frankfurt hat im Mai 2006 die AG-Kinderschutz<br />
z.B. Checklisten als systematischen Bestandteil einer jeden Handlungshilfe, analysiert und<br />
verglichen und kam zu folgenden Kriterien für Checklisten:<br />
� Handlichkeit und Übersichtlichkeit<br />
� Sachlicher und pragmatischer Aufbau<br />
� Funktion einer Vollständigkeits- und Erinnerungsprüfung<br />
� Funktion eines Handlungsleitfadens<br />
� Differenzierung nach Alter des Kindes<br />
� Gewichtung von Faktoren (Haupt- und Nebenfaktoren)<br />
� Unterstützung von Einzeleinschätzung und Einschätzungen im Team<br />
� Klare eindeutige Items, bzw. Zusatzinformationen und Definitionen<br />
Warnen muss man dennoch: Keine auch noch so perfekt konstruierte Checkliste kann Für-<br />
sorgepflicht noch Fachlichkeit ersetzen.<br />
Verfahrensstandards in der Praxis<br />
An diesem Punkt meines Vortrages musste ich eine Entscheidung treffen: Präsentiere ich<br />
Ihnen allgemeine Prinzipien der Kinderschutzpraxis wie sie in unserem - unveröffentlichten -<br />
Kinderschutzkonzept stehen, oder lokalkoloritisch die Verfahrensstandards nach denen in<br />
Frankfurt im Falle § 8a SGBVIII vorgegangen wird. Ich entschied mich für letzteres und zu-<br />
sätzlich am Schluss - sozusagen als Gutsle - ein spezielles Praxis Beispiel von Kinderrech-<br />
te-Umsetzungs-Vorbereitungs-Trainig.<br />
Wir in Frankfurt können in Punkto Standards zur Unterstützung der täglichen Sozialarbeit als<br />
fortgeschritten gelten. <strong>Die</strong>s insbesondere für den fachlichen Umgang mit dem Verdacht des<br />
sexuellen Missbrauchs. „Verdachtsabklärung sexueller Missbrauch“ in einer verbindlichen<br />
und systematischen Form geschieht seit 1999 und auch die Folgerichtlinie „Verfahren nach<br />
Verdachtsabklärung“ wird seit 2003 in Form bedarfsorientierter Diagnostik praktiziert. Als<br />
sog. „Eingangsrichtlinie“ gilt der „Verfahrensstandard bei Verdacht auf akut schwerwiegende<br />
27
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kindeswohlgefährdung“, der sich in Struktur und Inhalt stark an den damaligen Empfehlun-<br />
gen des deutschen Städtetages orientiert.<br />
<strong>Die</strong> Darstellung der Richtliniensystematik im Frankfurter Jugend- und Sozialamt beim Ver-<br />
dacht einer Kindeswohlgefährdung möchte ich anhand eines Falles vornehmen, der frei er-<br />
funden ist und den wir verfahresstechnisch so behandeln, als wären die Ausführungsbe-<br />
stimmungen zum § 8a SGBVIII bereits verbindlich in Kraft.<br />
Als Überblick soll das Schema dienen.<br />
Standards zur Ver-<br />
dachtsabklärung<br />
sexueller Missbrauch<br />
Risiko- und Schutzfaktoren<br />
� Verdacht sexueller<br />
Missbrauch<br />
erhärtet<br />
entkräftet<br />
Vera, 12 Jahre und ihre kleine Schwester Sara, 6 Jahre wurden von ihren Eltern, beide dro-<br />
genabhängig und unterdessen verstorben, vor drei Jahren zur Adoption freigegeben. Seit-<br />
dem lebten die Kinder bei Adoptiv-Eltern, beide schon etwas älter mit leiblichen, bereits er-<br />
wachsenen Kindern. Beide <strong>haben</strong> gute Berufe, sie sind vermögend. Im Hort, den Vera be-<br />
sucht, werden die Erzieherinnen Zeuginnen eines Gespräches zwischen Vera und ihrer<br />
gleichaltrigen Freundin Jenny. Jenny erzählt Vera, dass ihr (= Veras) Vater ihr (Jenny) letz-<br />
tes Mal, als sie bei ihr zum Geburtstag war, an die Brust und den Po gefasst habe und von<br />
ihr einen Kuss auf den Mund erzwungen hat. Vera sagt daraufhin voller Empörung: „Das darf<br />
der doch nicht bei D i r!“ Im weiteren Gespräch wird deutlich, dass Vera andauernd sexuellen<br />
28<br />
Verfahren nach Ver-<br />
dachtsabklärung<br />
sexueller Missbrauch
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Übergriffen ihres Stiefvaters ausgesetzt war, jedoch immer in der Überzeugung lebte, dass<br />
er das dürfe, das sei normal, alle Väter täten das bei ihren Töchtern.<br />
Entsprechend den Vorgaben des § 8a, Abs.2 SGBVIII, nahmen die Fachkräfte des Trägers<br />
der freien Jugendhilfe unter Hinzuziehung der „insoweit erfahrenen Fachkraft“, den der Trä-<br />
ger selbst vorhielt, eine Risikoabschätzung vor:<br />
„In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und <strong>Die</strong>nsten, die Leistungen<br />
nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass deren Fachkräfte den Schutz-<br />
auftrag nach Absatz 1 in entsprechender Weise wahrnehmen und bei der Abschät-<br />
zung des Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzuziehen. Insbe-<br />
sondere ist die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte bei den Personen-<br />
sorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von<br />
Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informie-<br />
ren, falls die angenommenen Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um die Gefähr-<br />
dung abzuwenden.“<br />
<strong>Die</strong>se Gefährdungsabschätzung deren Grundlage die Beobachtungsergebnisse, Erfahrun-<br />
gen mit Vera im Alltag, die Prüfung des Gesprächsinhaltes und familiärer Daten waren, hatte<br />
zum Ergebnis die Feststellung einer Kindeswohlgefährdung, die jedoch die Kita mit eigenen<br />
Instrumentarien nicht bearbeiten konnte. Das Jugendamt wurde informiert, vor allem zur Klä-<br />
rung des Verdachtes sexueller Missbrauch an Vera und evtl. auch Sara.<br />
Im Jugendamt wurde gem. §8a, Abs. 1 SGBVIII nach den „Verfahrensstandards bei Ver-<br />
dacht auf akut schwerwiegende Kindeswohlgefährdung § 8a SGBVIII“ 23 verfahren.<br />
“Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles<br />
eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zu-<br />
sammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen. Dabei sind die Personensorgebe-<br />
rechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche einzubeziehen, soweit hierdurch der<br />
wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. Hält<br />
das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeig-<br />
net und notwendig, so hat es diese den Personensorgeberechtigten oder den Erzie-<br />
hungsberechtigten anzubieten.“<br />
Den Standards folgend, müssen die Fachkräfte des sozialen <strong>Die</strong>nstes im Sinne des Schutz-<br />
auftrages aktiv werden, sobald „gewichtige Anhaltspunkte“ bekannt werden. Gemeint ist eine<br />
ernstzunehmende, konkrete Meldung, unabhängig von ihrer Form. Auf Aktenlage und in<br />
Teamsitzungen mit den zuständigen und ehemals zuständigen Fachkräften wurde „im Zu-<br />
sammenwirken mehrerer Fachkräfte“ (zu denen auch „KuK“ gehörte) relevantes Material<br />
zusammengetragen. Aufgrund der Brisanz der Vorwürfe musste bei der Risikoabschätzung<br />
23 Vgl. Frankfurter Richtlinie<br />
29
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
auf die Mitwirkung der Adoptiveltern verzichtet werden. <strong>Die</strong> Einschätzung der Situation wur-<br />
de u.a. mithilfe der Liste der Risiko- und Schutzfaktoren vorgenommen. In Frankfurt <strong>haben</strong><br />
wir uns unter Beachtung der wichtigsten Qualitätsmerkmale für eine Checkliste auf insge-<br />
samt 19 Risikofaktoren (Kind und Familie) und 12 Schutzfaktoren (Kind und Familie) geei-<br />
nigt. Sie sind unter Berücksichtigung des Alters der Kinder zu beantworten und auszuwerten.<br />
Nach Bejahung des Risikofaktors: „Verdacht sexueller Missbrauch“ 24 wurde entlang der<br />
Richtlinie „Standards zur Verdachtsabklärung sexueller Missbrauch“ weitergearbeitet. 25<br />
Mit dieser standardisierten Vorgehensweise, einer ausdrücklich den Interventionen (Hilfen)<br />
vorgelagerten Verdachtsabklärung, ist intendiert: Strukturierung des komplexen Arbeitspro-<br />
zesses, Erhöhung der Arbeitssicherheit und Transparenz, Arbeitserleichterung und Entlas-<br />
tung. Kernstücke dieser Standards sind zum einen die Checkliste, zum anderen im Handlungsteil<br />
zur „Konkretisierung der Arbeitshypothese“ das „Externe Experten-Team“ ("EET"). 26<br />
<strong>Die</strong>se drei ExpertInnen arbeiten nach den Prinzipien des "simultanen Mehrperspektiven-<br />
Ansatzes "27 .<br />
Das Angebot wird wöchentlich vier Stunden für die Jugend- und SozialamtsmitarbeiterInnen<br />
(für jeweils zwei „Abklärungen“) vorgehalten. <strong>Die</strong> Verdachtsabklärung im „EET“ ergab im<br />
vorliegenden Fall in allen drei Voten (Täter-, Kind- und Familienperspektive) eine Erhärtung<br />
des Verdachtes sexueller Missbrauch an Vera durch den Adoptivvater - Mitwissen der Adop-<br />
tivmutter wurde angenommen. Ob auch die kleine Schwester betroffen war, konnte zu die-<br />
sem Zeitpunkt nicht eingeschätzt werden. Nach der „positiven“ Entscheidung zum Verdacht<br />
durch die fallführende Sozialarbeiterin 28 wurden die Eltern zu einem Gespräch beim Sozial-<br />
dienst und die Kinder in die Fachstelle "KuK" (Kinderschutz und Koordination von Hilfen)<br />
eingeladen. Es war geplant, dass die Psychologin von "KuK" den Kindern die Möglichkeit<br />
gibt, über die Vorfälle im Hause ihrer Adoptiveltern zu sprechen. Falls sich der Verdacht wei-<br />
ter erhärtete, sollten die Kinder in Obhut genommen und die Adoptiveltern noch am selben<br />
Tag darüber informiert werden.<br />
24 Verdacht wird definiert als „unbewiesene Vermutung“, als „unsicherer Argwohn“ und ist nicht mit Tatsache gleichzusetzen.<br />
18 vgl. Standards zur Verdachtsabklärung sexueller Missbrauch<br />
26 <strong>Die</strong> Auswahl der drei Externen ExpertInnen vor allem unter zwei fachlichen Aspekten vorgenommen: Welche kompetenten Frauen und Männer sind<br />
erfahrene ExpertInnen für die Perspektiven: Familie, Kinder und Täter? Aufgrund des besonderen Aufgabenzuschnitts und spezifischer Anforderungen an<br />
diese ExpertInnen wurden nicht Träger, sondern es wurden persönlich drei Fachleute (eine Kinderanalytikerin, eine Familientherapeutin und ein Täterexper-<br />
te) angefragt. <strong>Die</strong>se bilden seitdem das "Externe ExpertInnen-Team".<br />
27 Methodisch wird beim "simultane Mehrperspektiven-Ansatz©" mit indirektem Material gearbeitet. Wesentliche qualitative Elemente der Arbeit sind "Struk-<br />
tur" und "Distanz". Stichworte sind des weiteren 'Einsatz eines professionellen Instrumentariums' und 'Externenstatus' des "EET". Theoretisch orientiert sich<br />
die Arbeit des "EET" im Bezug auf die Reflektionsebene an der Analytischen Theorie (Balint-Arbeit und Szenisches und systemisches Verstehen).<br />
Das "EET" arbeitet mit der Falldarstellung der MitarbeiterIn des Jugendamtes, nicht mit der Fachkraft! <strong>Die</strong>se wendet sich dann an das "EET", wenn sie den<br />
Verdacht in ihrem internen Beratungsteam abgeklärt hat (siehe Schaubild Anlage 3). Bei der Abklärung im "EET" sind immer alle drei ExpertInnen anwesend<br />
und immer schauen alle Drei auf die vorgetragenen Elemente und immer geben alle Drei aus ihrer Perspektive ihre Stellungnahmen zum Verdacht des<br />
Sexuellen Missbrauchs ab.<br />
28 Vgl. Fließdiagramm siehe Anhang<br />
30
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Im Gespräch mit den Kindern, das problemlos mit Tonband geführt werden konnte, berichte-<br />
te Vera, dass sie beide mit neun, bzw. 3 Jahren nach Aufenthalten in Heimen und bei Pfle-<br />
geeltern zu diesem Paar vermittelt worden waren und sich anfänglich auch sehr wohl fühlten,<br />
weil sie dort schön wohnten, gut gekleidet und gut ernährt wurden. Sehr bald jedoch began-<br />
nen bei der älteren Tochter die sexuellen Übergriffe durch den Adoptivvater, die für Vera bis<br />
zu dem Gespräch mit der Freundin selbstverständlich waren: „ich dachte, jeder Vater tut das<br />
mit seinen Kindern.“ <strong>Die</strong> kleine Schwester bekam zwar mit, dass der Vater allmorgendlich in<br />
das Zimmer der großen Schwester ging, gesprochen <strong>haben</strong> sie jedoch nie darüber. Vera<br />
erzählt stockend und unter unglaublicher Anstrengung, dass „der Typ“ zunächst beim mor-<br />
gendlichen Wecken nur „gefummelt“ habe, dann aber immer weiter gegangen sei. Zuletzt<br />
habe er sie gezwungen, seinen Penis zu reiben, bis der Samen kam. Er habe sie auch über-<br />
all angefasst, an der Scheide so fest, dass es wehtat. Wenn sie dann gewimmert habe, habe<br />
ihn das noch mehr rasend gemacht, sodass sie lieber ganz still blieb. Immer wieder habe der<br />
Adoptivvater zu ihr gesagt, wie schön sie es jetzt hätten und dass alles in Ordnung sei und<br />
auch die Elke (Adoptivmutter) fände, dass es schön sei, dass er - Ralf - sie - Vera - so be-<br />
sonders lieb habe. Sara sagt, mit ihr hätte der Ralf (beide nennen ihre Adoptiveltern nur beim<br />
Vornamen) das nie gemacht. Als Sara im Gespräch bei "KuK" erstmals hört, was ihrer<br />
Schwester seit Jahren passiert ist, weint sie und versucht sie zu trösten. Vera ist vor allem<br />
wütend, sie wirkt aber auch erleichtert, alles erzählen zu können und zu hören, dass Ralf das<br />
nicht tun durfte. Nach über einer Stunde wird den Kindern gesagt, dass sie nicht mehr in<br />
diese Familie zurückkönnen und wir sie in Obhut nehmen. Hier ist zu spüren, dass beide<br />
Mädchen diese Konsequenz nicht erwartet hatten. Sie wirken verzweifelt und wollen wissen,<br />
ob sie nicht zu Elke könnten, wenn die den Ralf rausschmeißt. <strong>Die</strong>se Variante wäre theore-<br />
tisch denkbar, so wird den beiden, die sich nunmehr fest aneinander klammern, erklärt, aber<br />
nicht sehr wahrscheinlich, da die Adoptivmutter womöglich die gesamte Zeit über von dem<br />
Missbrauch wusste und ihn duldete. <strong>Die</strong> Mädchen ergeben sich in ihr Schicksal und werden<br />
in ein Heim gebracht.<br />
<strong>Die</strong> Konfrontation der Adoptiveltern - ebenfalls durch "KuK" und eine Fachkraft des Sozial-<br />
dienstes - ergab, dass beide pauschal abstritten, etwas von diesen Übergriffen zu wissen,<br />
bzw. gar so etwas getan zu <strong>haben</strong>. Beide verunglimpften aufs Übelste das Jugendamt, was<br />
„auf dieses Flittchen“ hereingefallen sei. Sie verlangten die sofortige Herausgabe der Kinder.<br />
Dadurch musste das Jugendamt beim Familiengericht einen Antrag nach § 1666 BGB stel-<br />
len. Es wurde beantragt, das gesamte Sorgerecht auf das Jugendamt zu übertragen und den<br />
Kindern eine Verfahrenspflegerin zur Seite zu stellen. <strong>Die</strong> Adoptiveltern verstrickten sich und<br />
den Richter in Prozesse, die einzig der Manipulation und Vernebelung dienten und trieben so<br />
das Gericht - unvertraut mit der professionellen Interpretation der Dynamiken bei Verdacht<br />
des sexuellen Missbrauchs - vor sich her. Das Jugendamt handelte und sicherte das Wohl<br />
und die Entwicklung der Mädchen in einer erstklassigen Institution. Da der Verdacht des se-<br />
xuellen Missbrauchs in der Verdachtsabklärung erhärtet worden war und auf die Adoptivmut-<br />
ter als Mittäterin ausgeweitet werden musste, wurde entsprechend der Folgerichtlinie „Ver-<br />
31
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
fahren nach Verdachtsabklärung sexueller Missbrauch“ 29 eine bedarfsorientierte Diagnostik<br />
durchgeführt.<br />
Für jedes Kind und jeden Jugendlichen, bei dem der Verdacht des sexuellen Missbrauchs<br />
bestätigt wurde oder nicht entkräftet werden konnte, ist eine psychodiagnostische Abklärung<br />
durch Diplom-PsychologInnen sicher zu stellen. Es dürfen nur die GutachterInnen beauftragt<br />
werden, die kompetent und bereit sind, nach dieser Richtlinie, insbesondere der vorgegebe-<br />
nen Gutachtenstruktur 30 zu verfahren. Aufgaben der psychodiagnostischen Untersuchung<br />
sind: Klärung und Beschreibung der komplexen Problemkonstellation des betroffenen Kindes<br />
oder des betroffenen Jugendlichen in seinen Lebenswelten vor dem Hintergrund des (vermu-<br />
teten) sexuellen Missbrauchs, Diagnostik vorhandener Störungen, Begründung und Konkre-<br />
tisierung des therapeutischen Bedarfs und Empfehlung notwendiger und geeigneter Hilfen.<br />
Sinn und Funktion dieser psychodiagnostischen Untersuchung ist die Ermittlung des spezifi-<br />
schen Bedarfs eines Kindes oder Jugendlichen zur qualifizierten Hilfeplanung 31 . Ziel ist nicht<br />
die "Beweisführung", d. h. der Nachweis des Vorliegens von sexuellem Missbrauch. <strong>Die</strong><br />
durch das Jugendamt beauftragten Gutachten dienen der fachlichen Unterstützung der Hil-<br />
feplanung und werden nicht unter dem Blickwinkel gerichtlicher Verwertbarkeit erstellt.<br />
Im vorliegenden Fall bezogen sich die Fragestellungen im Wesentlichen auf den pädago-<br />
gisch/psychologischen Hilfs-Bedarf, die Frage, ob Kontakte zu den Adoptiveltern dem Kin-<br />
deswohl entsprechen und - ebenfalls unter Kinderschutzaspekten - die Sinnhaftigkeit und<br />
Bedeutung einer Strafanzeige. Zu Letzterem wurde im Gutachten festgestellt, dass aus the-<br />
rapeutischen Gründen eine Strafanzeige gegen den Adoptivvater sinnvoll ist. <strong>Die</strong> Fachstelle<br />
"KuK" zeigte ihn daraufhin an. Parallel dazu lief das familiengerichtliche Verfahren. Das JA<br />
war und blieb Vormund, die Kinder hatten zusätzlich eine Verfahrenspflegerin an ihrer Seite.<br />
Vom Vormund der Kinder wurde gem. § 27 SGBVIII eine sozialpädagogische Prozessbeglei-<br />
tung beantragt und eingerichtet.<br />
Vera profitierte sehr von dieser Begleitung, vor allem, weil es endlich nicht mehr - wie in ihrer<br />
Therapie - um den sexuellen Missbrauch ging. Auffällig war, in welch übertriebener Weise<br />
sie die Fürsorge über ihre kleine Schwester übernommen hat. Fast zerbrach sie über der<br />
Verantwortung und vergaß oft, sich genügend gut um ihre eigenen Belange zu kümmern.<br />
Trotzdem war sie eine gute und ehrgeizige Schülerin. Sie hat weiterhin zu ihrem ehemaligen<br />
Umfeld (Freundinnen aus der früheren Schule) Kontakt gepflegt und auf diesem Wege erfah-<br />
ren, dass nicht nur die Adoptiveltern weiter zusammenlebten, sondern der Vater überra-<br />
schend intensiven Kontakt zu seiner eigenen erwachsenen Tochter, bzw. seiner Enkelin,<br />
aufgenommen hatte. Vera erzählte der Prozessbegleiterin, 32 dass sie Verbindung zu dieser<br />
29 Vgl. „Verfahren nach Verdachtsabklärung sexueller Missbrauch“ siehe Anhang<br />
30 Vgl. Gutachtenstruktur als Anlage zur Richtlinie „Verfahren nach Verdachtsabklärung sexueller Missbrauch“ siehe Anhang<br />
31 vgl. Hilfeplanung Rahmenkonzeption § 36 SGBVIII, siehe Anhang<br />
32 vgl. Recht würde Helfen, Institut für Opferschutz im Strafverfahren. Soz. Pädag. ProzessbegleiterInnen sindsozialpädagogisch und strafrechtlich geschulte Fachkräfte,<br />
die interdisziplinär arbeiten und Betroffene (z.B. kindliche OpferzeugInnen) bis nach dem Gerichtsprozess begleiten.<br />
32
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Tochter aufgenommen und den sicheren Eindruck bekommen habe, dass nunmehr die En-<br />
kelin das nächste Opfer sein könnte.<br />
Da hierin „gewichtige Anhaltspunkte“ für eine Kindeswohlgefährdung zu sehen sind, musste<br />
nun die sozialpädagogische Prozessbegleiterin gem. § 8a, Abs.2 SGBVIII 33 eine Risikoab-<br />
schätzung mit einer „insoweit erfahrenen Fachkraft“ vornehmen. Das Ergebnis war, dass die<br />
Gefährdung aufgrund der Vorgeschichte durch den freien Träger und mit seinen Mitteln nicht<br />
geklärt und auch keine Hilfen eingeleitet werden konnte, ohne die Kinder zu gefährden. Inso-<br />
fern wurde der Verdacht an das für die Tochter zuständige Jugendamt weitergeleitet, das<br />
wiederum nach der bereits beschriebenen Richtliniensystematik vorging.<br />
Bis zur Eröffnung der Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen den Adoptivvater wegen<br />
schweren fortgesetzten sexuellen Missbrauchs an seiner Adoptivtochter Vera wird noch eine<br />
Zeit vergehen, sodass Vera als Hauptzeugin und Nebenklägerin den Prozess gegen ihren<br />
Adoptivvater voraussichtlich mit fast 16 Jahren - als junge Frau - erleben wird.<br />
Kinderrechte brauchen „IGEL“<br />
In diesem speziellen Fall wurde das Gespräch mit den Mädchen bei „KuK“ geführt. Im Alltag<br />
jedoch muss auftragsgemäß die zuständige Fachkraft des Sozialen <strong>Die</strong>nstes die <strong>Rechte</strong>n<br />
der Kinder sicherstellen. Sie ist es, die hautnah wahrnehmen muss, wie es dem Kind geht,<br />
was es braucht, worunter es leidet, was ihm Spaß macht und wovor es Angst hat.<br />
Aber….<br />
"Sprechen mit Kindern" gehört zu den wichtigsten und anspruchsvollsten Aufgaben nach<br />
dem Grundgesetz, der UN Kinderrechtskonvention und dem SGB VIII (§§ 8 und 36 SGB VIII.<br />
Dessen ungeachtet gibt es in diesem Zusammenhang weder in der Ausbildung, noch im<br />
Rahmen der Praxis Anregungen zum Lernen und zur Qualifizierung. Erfahrungen nicht nur<br />
einzelner Mitarbeiterinnen des Sozialen <strong>Die</strong>nstes zeigen, dass das Sprechen mit Kindern<br />
von jeder einzelnen Fachkraft als besondere Herausforderung erlebt wird und darum z.T. mit<br />
großen Unsicherheiten verbunden ist.<br />
Darum führe ich seit vielen Jahren in Frankfurt u.a. Trainings zum Thema „Sprechen mit Kin-<br />
dern“ durch. Regelmäßig beginne ich mit der Frage an die TeilnehmerInnen, wie viele Einzelgespräche<br />
sie schon mit Kindern (nicht Jugendliche) geführt <strong>haben</strong>. Sie ahnen schon,<br />
dass das - trotz § 8 SGBVIII und anderer Rechtsvorschriften, die die <strong>Beteiligung</strong> von<br />
Kindern verbindlich vorschreiben - nur erschreckend wenige waren. Es ist hier keine<br />
Benachteiligungs- oder gar Entrechtungsabsicht zu unterstellen, es liegt daran, dass<br />
die Fachkräfte sich nicht kompetent fühlen und es wohl auch nicht sind, mit Kindern<br />
zu sprechen.<br />
33 Vgl. Gesetzestext § 8a, Abs.2 SGBVIII<br />
33
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
So einfach ist das und so kompliziert gleichermaßen: Kinder brauchen <strong>Rechte</strong> und wir brau-<br />
chen Handwerkszeug, Methoden, um diesen <strong>Rechte</strong>n Leben und Gehalt zu geben. Wir müs-<br />
sen uns Kinder nähern und um das zu tun gibt es ein Konzept, das ich Ihnen zum Abschluss<br />
ans Herz legen möchte. Es einfach zu realisieren und macht unbändigen Spaß. <strong>Die</strong> Rede ist<br />
von Rollenspielen, in denen Sie zum einen das Kind spielen können und/oder die Fachkraft.<br />
Auf diese Weise kommen Sie sich als das Kind - das Sie einmal waren - wieder nahe und sie<br />
spüren auch die Not der Fachkraft, wenn ein Kind vor ihr sitzt, dem sie rein gar nichts zu<br />
entlocken vermag, wie auch immer sie sich müht.<br />
<strong>Die</strong> Not der Fachkraft, oder ihre Angst gar. Sie erinnern sich: die Erwachsenen sind im<br />
Verantwortungs-Focus wenn es um Achtung oder Missachtung von Kinderrechten geht.<br />
Kinder brauchen Erwachsene, die sie lieben<br />
Gewalt gegen Kinder bedeutet Schuld und Versagen jedes einzelnen aber auch der staatli-<br />
chen Gemeinschaft insgesamt in Bezug auf die Beziehung zu Kindern. Wo immer wir mit<br />
Kindern in Berührung kommen, werden wir unserer Verantwortung ihnen gegenüber nur sehr<br />
unzureichend gerecht, verraten wir sie in ihrer Loyalität uns gegenüber.<br />
Wir verhalten uns zu Mädchen und Jungen nicht so, dass ihre altersgemäßen Bedürfnisse<br />
beachtet sind und ihnen entsprechende Hilfe, Orientierung und ausreichender Schutz gege-<br />
ben ist. Um das tun zu können, müssten wir selbst noch einen Zugang zu dem Kind in uns<br />
<strong>haben</strong>.<br />
Unter dem Begriff „Kindheitsamnesie“ wird aus psychoanalytischer Sicht festgestellt, dass<br />
sich das Kind im Erwachsenen zumeist sehr verborgen hält. Eine der Kindheit entwachsene<br />
Person muss wieder lernen aus der inneren Kenntnis des Kindes zu schöpfen, das sie ein-<br />
mal gewesen ist.<br />
Wir alle mussten als Kinder die z.B. von den Eltern vorgegebene Einschätzung der Welt und<br />
der Menschen darin über nehmen. <strong>Die</strong> Erwachsenen sagten uns, welche Menschen zu mö-<br />
gen, welche zu verabscheuen und zu meiden seien. Mit dieser Verpflichtung, genau diesel-<br />
ben Feinde und Freunde wie die Eltern zu <strong>haben</strong>, war eine Grenzverletzung verbunden, die<br />
einer Verletzung der Person des Kindes entspricht. <strong>Die</strong>se Verletzung ist zu verstehen einer-<br />
seits in der Missachtung der kindlichen Bedürfnisse und Gefühle und andererseits als Beset-<br />
zung des Kindes mit den eigenen Gefühlen, Wünschen und Abwehrmechanismen<br />
<strong>Die</strong> Tatsache, dass wir als Kind zum Bündnispartner oder Befriedigungsobjekt - im engeren<br />
oder weiteren Sinne - missbraucht, wurden, verletzt die eigene Ich-Grenzen.. Das „System“<br />
der Eltern wird zur „Besatzungsmacht“ in der Person des Kindes. Seine Ich-Grenzen werden<br />
ständig verunsichert.<br />
<strong>Die</strong>ser Prozess der dauernden Überschreitung der „weichen“ Außengrenzen des Kindes wird<br />
fatalerweise noch unterstützt durch die Bereitschaft eines jeden Kindes, sich anzupassen<br />
und die Orientierungsschemata der Eltern zu übernehmen.<br />
<strong>Die</strong>se Haut, die zu Beginn des Lebens zerstört wurde, kann nie mehr in der ursprünglichen<br />
gesunden Form nachwachsen. „Menschen, deren Ich-Grenzen in der Kindheit schwer ver-<br />
34
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
letzt wurden, müssen bei Annäherung anderer Menschen Angst <strong>haben</strong>, dass diese sozusa-<br />
gen durch die vorhandenen „Löcher“ bei ihnen eindringen und sie „besetzen“.<br />
Was ist mein Credo an dieser Stelle? Wir müssen wachsam und achtsam sein auf uns und<br />
unsere Gefühle. Nicht selten enthält unser Alltag Erfahrungen mit hoheitlicher Willkür. <strong>Die</strong>s<br />
zieht Gefühle von Wut und Leid nach sich. Wir sind gekränkt und fühlen uns ohnmächtig. Wir<br />
entdecken, wie schwach wir sind - fast so schwach wie die Kinder, mit denen wir uns im<br />
Zweifel identifiziert sehen und identifizieren.<br />
Lasen Sie mich hier zum guten Verständnis Martin Buber zitieren: “Mit sich beginnen, aber<br />
nicht bei sich enden, bei sich anfangen, aber nicht sich selbst zum Ziel <strong>haben</strong>.“<br />
Es geht nicht um uns, aber wenn wir uns nicht selbst lieben, lieben wir niemanden. Und Kin-<br />
der die nicht geliebt werden, werden zu Erwachsnen, die nicht lieben.<br />
Und hier schließt sich der Kreis und ich meinen Vortrag mit unsere aller Ursula - von der<br />
Leyen -:„Wir sollten die Kinder in die Mitte unserer Betrachtung stellen und die Entfaltung<br />
ihrer vielfältig angelegten Fähigkeiten, die Gott sei Dank von vornherein vorhanden sind,<br />
zum Blühen kommen lassen. Unter diesem positiven Ansatz, sollten wir die Aufnahme der<br />
Kinderrechte in die Verfassung diskutieren.“ 34<br />
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und Geduld!<br />
34 Kinderkommission Öffentliches Expertengespräch zum Thema: „Kinderrechte in die Verfassung“, 20.11.2006<br />
35<br />
��
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
5. Projekte und Initiativen<br />
��Iris Horstmann, Projektleiterin<br />
Initiative Habakuk - <strong>Rechte</strong> <strong>haben</strong>, Recht bekommen“<br />
eine Initiative der Caritas in Baden-Württemberg<br />
5,1 „Initiative Habakuk - <strong>Rechte</strong> <strong>haben</strong>, Recht bekommen“<br />
Initiative<br />
Für r die <strong>Rechte</strong><br />
junger Menschen<br />
36<br />
®
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Das Projekt setzt an zwei Punkten an<br />
1.Ansatzpunkt:<br />
Sozialgesetzbuch I § 8 Kinder- und Jugendhilfe<br />
Junge Menschen und Personensorgeberechtigte <strong>haben</strong> im Rahmen<br />
dieses Gesetzbuchs ein Recht, Leistungen der öffentlichen<br />
Jugendhilfe in Anspruch zu nehmen. <strong>Die</strong>se sollen die Entwicklung<br />
junger Menschen fördern und die Erziehung in der Familie<br />
unterstützen und ergänzen.<br />
SGBVIII § 4 Zusammenarbeit öffentliche und freie Jugendhilfe<br />
Öffentliche und freie Jugendhilfe arbeiten partnerschaftliche<br />
zusammen, d.h. sie tragen gemeinsam Verantwortung<br />
Das Projekt setzt an zwei Punkten an: an<br />
1.Ansatzpunkt:<br />
<strong>Rechte</strong> <strong>haben</strong><br />
„Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf<br />
Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen<br />
Persönlichkeit.“ So steht es in unserer Verfassung und im SGB VIII<br />
Seine <strong>Rechte</strong> kennen<br />
<strong>Die</strong> Initiative Habakuk® klärt auf und informiert Kinder, Jugendliche und<br />
Familien über ihre Rechtsansprüche. Denn nur wer seine <strong>Rechte</strong> kennt, kann<br />
die damit verbundenen Pflichten auch annehmen.<br />
Recht bekommen<br />
<strong>Die</strong> Initiative Habakuk® hilft Kindern, Jugendlichen und Familien in Not bei der<br />
Klärung berechtigter Ansprüche und begleitet sie bei den damit verbundenen<br />
Verfahren.<br />
37
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Das Projekt setzt an zwei Punkten an<br />
1.Ansatzpunkt:<br />
Für das hier angesprochene Recht<br />
gibt es drei Wirkungsebenen:<br />
• Kinder, Jugendliche und Familien(Leistungsanspruch)<br />
• MitarbeiterInnen in Jugendämtern(Mediation)<br />
• Kinder und Jugendlichen in <strong>Die</strong>nsten und Einrichtungen<br />
(Beschwerdemanagement)<br />
Das Projekt setzt an zwei Punkten an<br />
2. Ansatzpunkt:<br />
Am christlichen Menschenbild<br />
Habakuk bedeutet im Hebräischen „der Umarmer“.<br />
Der Prophet Habakuk wird von Gott in seiner<br />
Verzweiflung angenommen und gestärkt.<br />
So will auch die Initiative Habakuk ® Menschen stärken<br />
und ihnen anwaltschaftlich zur Seite stehen.<br />
38
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Bundesweiter Kontext<br />
• Diskussion um Kinderrechte<br />
– UN Konvention / National Coalition<br />
- Nationaler Aktionsplan „kindergerechtes Deutschland“<br />
Beitrag der Caritas<br />
• Bundesregierung will behördliches „Frühwarnsystem“<br />
– Kinderrechte in die Verfassung SGB VIII Novellierung<br />
stärkt „Wächterfunktion“ des Jugendamtes<br />
– 11. Jugendbericht fordert sozialen Verbraucherschutz<br />
Bundesweiter Kontext<br />
• <strong>Die</strong> Caritas auf Bundesebene<br />
- Befähigungsinitiative der Caritas in Deutschland<br />
- Beschwerdemanagement<br />
• Auseinandersetzung mit Kinder- und Familienarmut<br />
• Erstes Bundestreffen ähnlicher Initiativen<br />
39
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Philosophie des Projektes<br />
• <strong>Die</strong> christlichen Botschaft<br />
erfährt eine praktische Wendung d. H.<br />
es geht um den Einsatz für<br />
Kinderrechte (<strong>Rechte</strong> für Kinder)<br />
Kindeswohl<br />
Kindesschutz<br />
<strong>Die</strong> Philosophie des Projektes<br />
praktisch<br />
Wir :<br />
• helfen, wenn Kinder, Jugendliche oder Eltern sich beschweren<br />
wollen und eine Anlaufstelle suchen<br />
• informieren und beraten im Vorfeld des Hilfegewährungs- bzw.<br />
Hilfeerbringungsprozesses<br />
• vermitteln zwischen Jugendämtern, Kindern, Jugendlichen und<br />
Familien, die sich in z.B. Rechtsfragen nicht einigen können<br />
• unterstützen bei der Klärung von Rechtsansprüchen mit Hilfe<br />
einer juristischen Patenschaft<br />
40
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
<strong>Die</strong> Philosophie des Projektes<br />
praktisch<br />
Wir bilden ein Netzwerk von Fachleuten, die unabhängig<br />
beraten. <strong>Die</strong> wichtigsten Knotenpunkte sind:<br />
PatInnen / MentorInnen /Einrichtungen<br />
JuristInnennetzwerk /Projektleitung/Beirat<br />
Aus-Fortbildung<br />
Vernetzungstreffen<br />
<strong>Die</strong> Philosophie des Projektes<br />
praktisch:<br />
Einrichtung/Rottenburg- Stuttgart<br />
Fallanfrage<br />
Einrichtung/ R.-Stuttgart<br />
Projektleitung<br />
Projektträgerkreis<br />
Projekt"Initaitive Habakuk"<br />
Beirat<br />
19.11.2007 - v4<br />
41<br />
Einrichtung/Freiburg<br />
Einrichtung/Freiburg<br />
JuristInnennetzwerk<br />
MentorIn<br />
MentorIn<br />
MentorIn<br />
Fallanfrage<br />
PatInnen<br />
PatInnen<br />
PatInnen
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Nach einem Jahr<br />
Herausforderndes:<br />
• Initiative/ Projekt/ Initiative<br />
• Projektstart und Projektentwicklung<br />
• Bedenken durch Jugendämter<br />
• Ängste/Spannung Träger und Anwaltschaft<br />
• Baden-Württemberg Projekt<br />
Nach einem Jahr<br />
• 31 Einrichtungen <strong>haben</strong> eine Mitmacherklärung unterschrieben<br />
• 16 MentorInnen /2 PatInnen/13 Anfragen wurden bearbeitet<br />
• Homepage ist aufgebaut<br />
• Eine MentorInnenschulung hat stattgefunden, die nächste ist am<br />
29./30. Januar 2008<br />
• <strong>Die</strong> PatInnenschulung findet statt am 12./13. Januar 2008<br />
• Wir <strong>haben</strong> eine Schirmherrin: Bundesministerin Annette Schavan<br />
• Stellvertretender Landesjugendamtsleiter ist Beiratsmitglied<br />
• Der Beirat hat bisher zwei Mal getagt<br />
42
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Weitere Schritte 2008<br />
• 1. Vernetzungstreffen zur Mitte des Projektes<br />
• für Einrichtungen, MentorInnen, PatInnen<br />
• 2. Fachtagung zur Gründung eines<br />
JuristInnennetzwerkes<br />
• 3. Aufbau eines Newsletters<br />
• 5. Marketing und Sponsoring<br />
• 4. Gründung einer AutorInnengruppe<br />
Weitere Informationen finden Sie unter:<br />
http://www.initiative-habakuk.de/<br />
• Herzlichen Dank für Ihre<br />
Aufmerksamkeit. Haben Sie noch<br />
Fragen?<br />
43<br />
��
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
5. Projekte und Initiativen<br />
��Prof. Dr. Mechthild Wolff, Fachhochschule Landshut<br />
Ergebnisse eines Projekts<br />
5.2 <strong>Beteiligung</strong> von Kindern und Jugendlichen in der Heimerziehung -<br />
Ablauf<br />
1. Hintergründe zum Projekt<br />
2. <strong>Beteiligung</strong> aus der Sicht von Jugendlichen im Heim<br />
- Ergebnisse von Kreativworkshops<br />
3. Indikatoren für die Umsetzung von <strong>Beteiligung</strong> im Heim<br />
4. Einige gute Praxisbeispiele zur Umsetzung<br />
5. Fazit<br />
44<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
1. Hintergründe zum Projekt<br />
Entwicklungsprojekt 2005 - 2006<br />
„<strong>Beteiligung</strong><br />
<strong>Beteiligung</strong> – Qualitätsstandard Qualit tsstandard ffür<br />
r Kinder und Jugendliche<br />
in der Heimerziehung“<br />
Heimerziehung<br />
Förderung Fachliche Unterstützung<br />
1. Hintergründe zum Projekt<br />
Projektbausteine<br />
1. Literaturanalyse<br />
2. Workshops (Jugendliche, Fach- und Leitungskräfte)<br />
3. Empfehlungen zur <strong>Beteiligung</strong> in der Heimerziehung<br />
4. Vernetzung mit der europäischen Initiative Quality4Children<br />
45<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
1. Hintergründe zum Projekt<br />
Nutzerorientiertes Forschungs- und<br />
Entwicklungsprojekt 2006 - 2008<br />
„Gelingende Gelingende <strong>Beteiligung</strong> im Heimalltag aus der Sicht von Jugendlic hen hen“<br />
Förderung Kooperation<br />
46<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
1. Hintergründe zum Projekt<br />
Derzeitige Projektbausteine<br />
1. Repräsentative Befragung von Jugendlichen in deutschen Heimen<br />
(SPI, FH Landshut mit Unterstützung des IPP e.V. )<br />
2. Nationale Plattformbildung mit jugendlichen und erwachsenen<br />
ExpertInnen und Internetportal www.diebeteiligung.de<br />
3. <strong>Beteiligung</strong>sförderndes Werkbuch für Profis und Jugendliche<br />
1. Hintergründe zum Projekt<br />
Gründe für die <strong>Beteiligung</strong><br />
von Kindern<br />
Rechtliche Ebene Psychosoziale Ebene<br />
47<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
a) Rechtliche Gründe für <strong>Beteiligung</strong> im Heim<br />
Rechtsbereiche der UN-Kinderrechtskonvention<br />
(vier Rechtsbereiche nach UNICEF)<br />
survival rights<br />
<strong>Rechte</strong>, die das Überleben des Kindes sichern.<br />
development rights<br />
<strong>Rechte</strong>, die die Entwicklung des Kindes garantieren.<br />
protection rights<br />
<strong>Rechte</strong>, die das Kind vor Ausbeutung, Missbrauch und willkürlicher<br />
Trennung von der Familie schützen.<br />
participation rights<br />
<strong>Rechte</strong>, die eine freie Meinungsäußerung und Mitsprache in allen<br />
Angelegenheiten, die das Kind betreffen, garantieren.<br />
a) Rechtliche Gründe für <strong>Beteiligung</strong> im Heim<br />
UN-Kinderrechtskommission (CRC)<br />
UN-Kinderrechtskonvention<br />
Artikel 12 [Berücksichtigung des Kindeswillens]<br />
(1) <strong>Die</strong> Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist,<br />
sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese<br />
Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten<br />
frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des<br />
Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und<br />
seiner Reife.<br />
48<br />
www.dieB eteiligung. de<br />
§<br />
www.dieB eteiligung. de<br />
§
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
a) Rechtliche Gründe für <strong>Beteiligung</strong> im Heim<br />
EU -Kommission<br />
EU-Kinderrechtsstrategie (2005-2009):<br />
Mitteilung der Kommission der europäischen Gemeinschaften zur<br />
Berücksichtigung der Kinderrechte als Mainstreaming in den<br />
Maßnahmen der EU<br />
„Bei allen internen und externen Maßnahmen müssen<br />
und uneingeschränkt den Prinzipien und Bestimmungen<br />
des UN-Übereinkommens über die <strong>Rechte</strong> des Kindes<br />
und anderen internationalen Rechtsinstrumenten entsprechen.”<br />
b) Psychosoziale Gründe für <strong>Beteiligung</strong> im Heim<br />
Kriterien für das „Wohl des Kindes“<br />
(orientiert an der UN-Kinderrechtskonvention)<br />
<strong>Die</strong> „basic needs of children“ umfassen folgende Bedürfnisbereiche:<br />
� Liebe, Akzeptanz und Zuwendung.<br />
� Stabile Bindungen.<br />
� Bedürfnis nach Ernährung und Versorgung.<br />
� Bedürfnis nach Gesundheit.<br />
49<br />
www.dieB eteiligung. de<br />
§<br />
www.dieB eteiligung. de<br />
� Bedürfnis nach Schutz vor Gefahren materieller und sexueller Ausbeutung.<br />
� Bedürfnis nach Wissen, Bildung und Vermittlung hinreichender Erfahrung.<br />
(vgl. Fegert 1999, in: Familie, Partnerschaft, Recht, Heft 6, S. 326 - 327)
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
b) Psychosoziale Gründe für <strong>Beteiligung</strong> für Heim<br />
<strong>Beteiligung</strong> als Chance für soziales Lernen<br />
Learning to know � Faktenwissen und Lernstrategien<br />
50<br />
www.dieB eteiligung. de<br />
Learning to do � Handlungswissen und Handlungskompetenz<br />
Learning to life together � Soziale Kompetenz<br />
Learning to be � Identitätsausprägung<br />
Quelle: vgl. Deutsche UNESCO-Kommission (Hrsg.) (1997): Lernfähigkeit: Unser<br />
verborgener Reichtum. UNESCO-Bericht zur Bildung im 21. Jahrhundert. Neuwied<br />
und Berlin<br />
Zwischenfazit<br />
Rechtliche Ebene:<br />
Kinderrechte sind Menschenrechte, damit sind Kinder BürgerInnen der<br />
Zivilgesellschaft, d.h. sie <strong>haben</strong> ein Anrecht auf <strong>Beteiligung</strong>.<br />
Psychosoziale Ebene:<br />
www.dieB eteiligung. de<br />
Jugendliche benötigen <strong>Beteiligung</strong> zur Erfahrung von Selbstwirksamkeit,<br />
d.h. Sie benötigen <strong>Beteiligung</strong> für Wachstum und Entwicklung.
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
1. Hintergründe zum Projekt<br />
Stufenleiter für Partizipationsmodelle nach Hart/Gernert (1992/93)<br />
1. Hintergründe zum Projekt<br />
„Nicht Nicht überall, berall, wo <strong>Beteiligung</strong> draufsteht,<br />
muss auch <strong>Beteiligung</strong> drin sein!“ sein!<br />
denn…<br />
→ es gibt keine allgemeingültige Definition von<br />
<strong>Beteiligung</strong>.<br />
→ <strong>Beteiligung</strong> ist von persönlichen Werten<br />
abhängig.<br />
51<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
1. Hintergründe zum Projekt<br />
Unsere Recherchen <strong>haben</strong> ergeben, dass…<br />
… der Begriff „<strong>Beteiligung</strong>“ auf eine hohe<br />
Resonanz bei den Professionellen stößt.<br />
… es einen dringenden Handlungsbedarf im<br />
Hinblick auf die konkrete Umsetzung von<br />
<strong>Beteiligung</strong> im Alltag der stationären<br />
Jugendhilfe gibt.<br />
2. <strong>Beteiligung</strong> aus der Sicht von Jugendlichen im Heim<br />
Gelingende <strong>Beteiligung</strong> im Heimalltag<br />
aus der Sicht von Jugendlichen<br />
die NutzerInnen-<br />
perspektive<br />
52<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
2. <strong>Beteiligung</strong> aus der Sicht von Jugendlichen im Heim<br />
2. <strong>Beteiligung</strong> aus der Sicht von Jugendlichen im Heim<br />
53<br />
www.dieB eteiligung. de<br />
Ergebnis eines Rankings auf einem Workshop mit Jugendlichen (2005) n=15<br />
"Was sind für Dich Voraussetzungen für gute <strong>Beteiligung</strong>?"<br />
sich wohlfühle n/ gutes Verhältnis<br />
Gespr äche<br />
Me inungsfre iheit<br />
Privatsphäre<br />
Vertraue n/ angehört we rden<br />
Ehrlichk eit/ freundliches Um feld/ Fre unde<br />
ne tte,sympathische BetreuerInnen/ Aufge schlosse nheit<br />
Inter esse<br />
Re geln<br />
Gre mien<br />
Essen<br />
Re ligionsfre iheit<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de<br />
0 20 40 60 80 100 120
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
2. <strong>Beteiligung</strong> aus der Sicht von Jugendlichen im Heim<br />
<strong>Die</strong> Wünsche und Erwartungen von Jugendlichen nach<br />
<strong>Beteiligung</strong> richten sich auf die Haltungen und<br />
Persönlichkeitsaspekte von Professionellen.<br />
54<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de<br />
<strong>Die</strong> Wünsche und Erwartungen von Jugendlichen nach<br />
<strong>Beteiligung</strong> richten sich auf Aspekte des Alltagslebens<br />
und auf ihr emotionales Erleben im Heim.<br />
2. <strong>Beteiligung</strong> aus der Sicht von Jugendlichen im Heim<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de<br />
<strong>Die</strong> Wünsche und Erwartungen von Jugendlichen und<br />
die Repräsentationen der Professionellen, was sie<br />
unter <strong>Beteiligung</strong> verstehen sind nicht immer<br />
identisch.<br />
Für Jugendliche ist die institutionalisierte und<br />
verfahrensmäßig verregelte Form der <strong>Beteiligung</strong><br />
im unteren Segmente ihres Rankings.
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
2. <strong>Beteiligung</strong> aus der Sicht von Jugendlichen im Heim<br />
Wenn man Jugendliche danach befragt, was sie zu<br />
<strong>Beteiligung</strong> assoziieren, hat dies meist mit<br />
„Integration“ in die Gruppe zu tun und dem Wunsch<br />
dazu zu gehören.<br />
2. <strong>Beteiligung</strong> aus der Sicht von Jugendlichen im Heim<br />
Ergebnis repräsentative Befragung Jugendlicher (2007) n=1100<br />
Wohlfühlen<br />
Verh. Mitbew oh.<br />
Be zieh. Er zieherIn<br />
Meinung gefr agt/zuhören<br />
sagen was man de nkt<br />
Ve rtrauen Mitbew./ Erz.<br />
Res pek t/Ak zeptanz<br />
Beschwe rde<br />
Re geln mitbes timm en<br />
Grem ien/ Heim rat<br />
"Welche Punkte sind für Dich besonders wichtig<br />
für eine gelingende <strong>Beteiligung</strong>?"<br />
55<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de<br />
0 10 20 30 40 50 60 70
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
2. <strong>Beteiligung</strong> aus der Sicht von Jugendlichen im Heim<br />
�<br />
„Herz Herz“--Kompetenzen<br />
Kompetenzen<br />
Der/die beteiligungsfreudige Pädagog/in dagog/in<br />
3. Indikatoren für die Umsetzung von <strong>Beteiligung</strong> im Heim<br />
Pädagogische dagogische Grundhaltung<br />
<strong>Beteiligung</strong>skultur<br />
… erzeugen ein <strong>Beteiligung</strong>sklima<br />
56<br />
www.dieB eteiligung. de<br />
��<br />
„Hand Hand“-Kompetenzen<br />
Kompetenzen<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
3. Indikatoren für die Umsetzung von <strong>Beteiligung</strong> im Heim<br />
Indikator für f r gelingende <strong>Beteiligung</strong>:<br />
<strong>Beteiligung</strong>sfördernde<br />
<strong>Beteiligung</strong>sf rdernde<br />
Grundhaltung<br />
bei Professionellen<br />
3. Indikatoren für die Umsetzung von <strong>Beteiligung</strong> im Heim<br />
Indikator für f r gelingende <strong>Beteiligung</strong>:<br />
<strong>Beteiligung</strong>skultur<br />
in Institutionen<br />
57<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
3. Indikatoren für die Umsetzung von <strong>Beteiligung</strong> im Heim<br />
Das Zusammenspiel der<br />
Indikatoren für gelingende <strong>Beteiligung</strong>:<br />
<strong>Beteiligung</strong>sklima<br />
„<strong>Die</strong> beteiligungsfördernde Klimaanlage“<br />
4. Einige gute Praxisbeispiele zur Umsetzung<br />
Einige Ansatzpunkte<br />
• Schulungen und Trainings in Fort- und Weiterbildung<br />
• <strong>Beteiligung</strong>skonzepte für Bewerbungsgespräche<br />
• Anforderungsprofile zur <strong>Beteiligung</strong> als Einstellungskriterium<br />
• Projekte und Arbeitsgruppen zur Entwicklung eines OE-Prozesses<br />
• Partizipatives Führungskonzept<br />
• <strong>Beteiligung</strong>sgremien für Kinder und MitarbeiterInnen<br />
• Qualitätshandbücher zur <strong>Beteiligung</strong><br />
• <strong>Beteiligung</strong>sleitbild<br />
• Kinderrechtekataloge<br />
• Beschwerdemanagement<br />
• Konzept zur Umsetzung von <strong>Beteiligung</strong> nach § 36 KJHG<br />
• Nutzerbefragungen zur Zufriedenheit<br />
• Adressatenorientierte Infos zur <strong>Beteiligung</strong> und zu ihren <strong>Rechte</strong>n<br />
• …<br />
58<br />
www.dieB eteiligung. de<br />
www.dieB eteiligung. de
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
4. Einige gute Praxisbeispiele zur Umsetzung<br />
„Man muss das Rad nicht immer<br />
wieder neu erfinden!“<br />
Grundrechte im Heim<br />
59<br />
www.dieB eteiligung. de
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Altersgerechte Informationen<br />
Beschwerdeverfahren<br />
60
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
5. Fazit<br />
→<strong>Beteiligung</strong> ist eine Querschnittsthematik<br />
jedes Qualitätssicherungsprozesses.<br />
→<strong>Beteiligung</strong> kann nur im Rahmen eines<br />
PE/OE-Prozesses eingeführt und umgesetzt<br />
werden.<br />
5. Fazit<br />
→Professionelle setzen sich mit ihren Widerständen<br />
zur Umsetzung von <strong>Beteiligung</strong> im<br />
Alltag auseinander.<br />
61<br />
www.die<strong>Beteiligung</strong> .de<br />
www.dieB eteiligung. de<br />
→Professionelle sind bereit Macht aufzugeben.
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Aufruf<br />
Bitte senden Sie uns Beispiele<br />
Ihrer guten Praxis zu!<br />
www.hartig@fh-landshut.de<br />
www.hartig@fh landshut.de<br />
62<br />
Vielen Dank!<br />
��
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
5. Projekte und Initiativen<br />
5.3 Umsetzung der Kinderrechte im Alltag<br />
��Georg Parstorfer, Kinder- und Jugenddorf Klinge<br />
des Kinder- und Jugenddorfes Klinge in Seckach<br />
Was braucht es, um Kinderrechte im<br />
Alltag einzulösen?<br />
<strong>Die</strong> Einlösung von Kinderrechten hängt<br />
wesentlich von den Haltungen und<br />
Einstellungen der Mitarbeiter ab?<br />
<strong>Die</strong> Einlösung von Kinderrechten hängt<br />
wesentlich von der Organisationsstruktur<br />
den Prozessbeschreibungen und<br />
Verfahrensvorschriften ab?<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
63<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Was braucht es, um Kinderrechte im<br />
Alltag einzulösen?<br />
Ohne entsprechende Haltung und<br />
Einstellung geht es nicht!<br />
aber:<br />
� Haltungen kann man nicht verordnen<br />
� Haltungen alleine geben keine verbindlichen<br />
Handlungsorientierung –<br />
� Handlung ist eher willkürlich<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Ohne entsprechenden Strukturen geht es<br />
nicht!<br />
aber:<br />
� Eine intolerante Atmosphäre kann selbst formal<br />
ausdifferenzierte Partizipationsrechte von Kindern<br />
und Jugendlichen faktisch wirkungslos werden<br />
lassen<br />
� Auch formal verfasste Partizipationsrechte alleine<br />
bieten keine Gewähr, dass Partizipation tatsächlich<br />
erfolgt, weil sie gewissermaßen „supversiv“<br />
unterlaufen werden können.<br />
64<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Was braucht es, um Kinderrechte im<br />
Alltag einzulösen?<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Was braucht es, um Kinderrechte im<br />
Alltag einzulösen?<br />
Sicherung und Förderung von<br />
Kinderrechten gelingt am ehesten<br />
über eine entsprechende<br />
„Einrichtungskultur“, die die<br />
Wechselwirkung von Haltungen und<br />
von Verfahren bzw. Strukturen meint.<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Kinderrechte braucht Erwachsene, die…<br />
� Kinder achten<br />
� Dialogfähig sind<br />
� In der Lage sind, die konkreten Themen der Kinder<br />
zu erfassen<br />
� In der Lage sind, Anforderungen so zu gestalten,<br />
dass sie den Lebenserfahrungen der Kinder<br />
entsprechen (Methodenkompetenz)<br />
� Bereit sind, Macht abzugeben<br />
� Bereit sind, sich auf offene Situationen einzulassen<br />
65<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Was braucht es, um Kinderrechte im<br />
Alltag einzulösen?<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Was braucht es, um Kinderrechte im<br />
Alltag einzulösen?<br />
Kinderrechte braucht Erwachsene, die…<br />
� Eigene Positionen <strong>haben</strong> und vertreten<br />
� Jederzeit Verantwortung behalten<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Was braucht es, um Kinderrechte im<br />
Alltag einzulösen?<br />
Kinderrechte braucht Strukturen, die…<br />
� <strong>Die</strong> Kinder stärken und ihnen eigene<br />
Handlungsspielräume geben<br />
� <strong>Die</strong> Kinderrechte unabhängig von<br />
persönlichen Befindlichkeiten sichern<br />
� <strong>Die</strong> Kindern dokumentieren: „wir meinen<br />
es ernst“<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
66
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Partizipation von Kindern und Jugendlichen<br />
im Kinder- und Jugenddorf Klinge<br />
� Präambel und<br />
� Leitlinie<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Präambel<br />
67<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
� Partizipation ist unverzichtbarer Teil des<br />
gesamten Erziehungsprozesses.<br />
Partizipation ist ein kommunikativer Prozess<br />
und Lernprozess aller Beteiligten.<br />
Partizipation prägt die Haltung und<br />
Einstellung aller Beteiligten wie Kinder und<br />
Jugendliche, Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter, Eltern, Fachkräfte und Leitungen.<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Präambel<br />
� Kinder und Jugendliche sind an / in allen sie<br />
betreffenden Angelegenheiten zu beteiligen.<br />
Das bezieht die Hausgemeinschaft, das<br />
soziale Umfeld / Lebensraum, Schule, das<br />
ganze Kinder- und Jugenddorf Klinge und die<br />
Pfarrgemeinde mit ein.<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Präambel<br />
So gesehen bedeutet Partizipation von<br />
Kindern und Jugendlichen:<br />
� Teilhabe (aktiv oder passiv),<br />
� Mitgestaltung,<br />
68<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
� Mitplanung und Mitverantwortung. (s. KJHG<br />
§1,8,36)<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Leitlinien<br />
� Wir erkennen die Bedürfnisse des jungen Menschen<br />
� Wir achten die Bedürfnisse des jungen Menschen<br />
� Wir hören die Meinung des jungen Menschen und<br />
nehmen sie ernst<br />
� Wir befähigen den jungen Menschen, seine<br />
Meinung mitzuteilen<br />
� Wir sprechen eine Sprache, die der junge Mensch<br />
versteht<br />
� Wir verwenden Methoden, die der Entwicklung des<br />
jungen Menschen entsprechen<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Leitlinien<br />
69<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Kinder- und<br />
� Wir beteiligen den jungen Menschen an<br />
seinem individuellen Hilfeprozess<br />
� Wir beteiligen den jungen Menschen am<br />
Regelwerk, der Planung und Gestaltung<br />
insbesondere in den Hausgemeinschaften,<br />
im Kinder- und Jugenddorf Klinge und in der<br />
Pfarrgemeinde.<br />
� Wir integrieren Partizipation in den Alltag -<br />
von der Aufnahme bis zur Entlassung<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Jugenddorf klinge
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Leitlinien<br />
Wir wollen diese Leitlinien als einen Teil der<br />
<strong>Beteiligung</strong>skultur praktizieren, reflektieren<br />
und weiterentwickeln.<br />
Verabschiedet vom Steuerkreis und in Kraft<br />
gesetzt am 27.09.2002<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
�<br />
Dr. Johann Cassar, Dorfleiter<br />
Wer seine <strong>Rechte</strong> nicht kennt, kann sie<br />
nicht einfordern<br />
Kinder <strong>haben</strong> ein unumstrittenes<br />
Recht, über ihre <strong>Rechte</strong> informiert zu<br />
sein!<br />
70<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
<strong>Rechte</strong> <strong>haben</strong> – <strong>Rechte</strong> kennen<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
<strong>Rechte</strong> <strong>haben</strong> – <strong>Rechte</strong> kennen<br />
<strong>Rechte</strong>katalog<br />
Ziel: Kinder und Jugendliche sind<br />
über ihre <strong>Rechte</strong> informiert und<br />
wissen, was sie erwarten können<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
<strong>Rechte</strong> <strong>haben</strong> – <strong>Rechte</strong> kennen<br />
Um welche <strong>Rechte</strong> geht es?<br />
<strong>Rechte</strong> sammeln, beschreiben und<br />
Konkretisieren unter <strong>Beteiligung</strong> von<br />
Kindern und Erwachsenen<br />
<strong>Rechte</strong>katalog rückkoppeln und<br />
Verabschieden<br />
Nach einer vereinbarten Zeit <strong>Rechte</strong>katalog<br />
Überprüfen und ggf. fortschreiben<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
71
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
<strong>Rechte</strong> <strong>haben</strong> – <strong>Rechte</strong> kennen<br />
Konkretisierung bedeutet u.a.<br />
� Beschreibung von Standards<br />
<strong>Die</strong> Handhabung darf nicht willkürlich sein<br />
<strong>Die</strong> Handhabung darf sich von Gruppe zu<br />
Gruppe nicht wesentlich unterscheiden.<br />
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und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Rechtsführer<br />
für Kinder und Jugendliche<br />
� Grundsätzliches<br />
� Junge Menschen – Kinder und Jugendliche, Jungen<br />
und Mädchen – sind wie alle Menschen Personen<br />
mit eigener Würde. (siehe Grundgesetz)<br />
� Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung<br />
seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer<br />
eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen<br />
Persönlichkeit. (siehe Kinder- und Jugendhilfegesetz<br />
§ 1.1)<br />
� Jungen und Mädchen <strong>haben</strong> die gleichen <strong>Rechte</strong>.<br />
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72<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Rechtsführer<br />
für Kinder und Jugendliche<br />
� Du hast <strong>Rechte</strong>:<br />
� • Du hast das Recht, dass du und deine Eltern über<br />
diese <strong>Rechte</strong> informiert werden.<br />
� • Du hast das Recht, dass diese <strong>Rechte</strong> eingehalten<br />
werden.<br />
� • Du hast diese <strong>Rechte</strong> andern gegenüber zu<br />
achten.<br />
� Deine <strong>Rechte</strong> werden von deinen Erziehern und<br />
Erzieherinnen in der Verantwortung ihrer Aufsichtsund<br />
Sorgfaltspflicht geachtet.<br />
� <strong>Die</strong> dazu nötigen Vereinbarungen werden mit dir<br />
bzw. in der Hausgemeinschaft besprochen.<br />
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und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
73<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Kinder- und<br />
� Du und deine Eltern <strong>haben</strong> das Recht, dass<br />
mindestens einmal im Jahr ein<br />
Hilfeplangespräch stattfindet.<br />
� • Du hast das Recht bei der Vorbereitung<br />
beteiligt zu sein.<br />
� • Du hast das Recht daran teilzunehmen<br />
� • Du hast das Recht eine Kopie des<br />
Hilfeplans zu bekommen.<br />
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und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Jugenddorf klinge
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
� Du hast das Recht dich in allen<br />
Angelegenheiten der Erziehung und<br />
Entwicklung an das Jugendamt zu<br />
wenden.Du hast das Recht auf gewaltfreie<br />
Erziehung.<br />
� Dich darf niemand:<br />
� • schlagen,<br />
� • beleidigen,<br />
� • verletzen.<br />
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� Du hast ein Recht auf Mitsprache bei der<br />
Wahl der Schule und der Ausbildung.<br />
�<br />
74<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
� Ab 12 Jahren kann dich niemand gegen<br />
deinen Willen zu einem anderen Bekenntnis<br />
überwechseln lassen.<br />
�<br />
Kinder- und<br />
� Ab 14 Jahren hast du freie Entscheidung<br />
über Deine Religionszugehörigkeit.<br />
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und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Jugenddorf klinge
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
� Du hast das Recht auf den Schutz deiner<br />
Privatsphäre. Dazu gehört :<br />
� • dein Zimmer, dein Bett, dein Schrank, dein<br />
Eigentum,<br />
� • das Recht auf ein abschließbares Fach,<br />
� • das Recht auf eine Rückzugsmöglichkeit<br />
(anklopfen und warten),<br />
� • das Recht Besuche zu bekommen und Freunde zu<br />
besuchen,<br />
� • das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung.<br />
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75<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Kinder- und<br />
� Du hast ein Recht auf das Post- und<br />
Briefgeheimnis. Du hast ein Recht auf das<br />
Telefongeheimnis. Du hast das Recht auf<br />
monatliches Taschengeld.<br />
� • Das Taschengeld darf nicht aus erzieherischen<br />
Gründen gekürzt oder gestrichen werden.<br />
� • Wenn du mutwillig einen Schaden verursachst,<br />
können höchstens 50 % deines monatlichen<br />
Taschengeldes dazu herangezogen werden.<br />
Jugenddorf klinge<br />
� Du hast das Recht auf eine Interessenvertretung.<br />
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und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
<strong>Rechte</strong> <strong>haben</strong> – Recht kriegen<br />
Beschwerdemöglichkeiten<br />
Ziel: Kinder <strong>haben</strong> leicht zugängliche<br />
Möglichkeiten, sich zu beschweren<br />
Was ist eine Beschwerde und was ist ein<br />
Beschwerdemanagement?<br />
Mit Kindern erarbeiten<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
<strong>Rechte</strong> <strong>haben</strong> – Recht kriegen<br />
Beschwerdemöglichkeiten<br />
Entwicklungsschritte:<br />
� Zuständigkeiten klären,<br />
� Beschwerdeerfahrungen sammeln und<br />
diskutieren,<br />
� Phasen des Beschwerdeweges<br />
beschreiben und konkretisieren,<br />
� verabschieden und<br />
� nach einer vereinbarten Zeit überprüfen<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
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76
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Du hast das Recht dich zu<br />
beschweren.<br />
� Versuche zuerst in einem persönlichen Gespräch mit dem<br />
Betroffenen das Problem zu lösen.<br />
� Wenn das nicht zum gewünschten Erfolg führt, wende dich an<br />
eine erwachsene Person (Mitarbeiter der Klinge) deines<br />
Vertrauens.<br />
� <strong>Die</strong>se Personen helfen dir beim weiteren Beschwerdeweg:<br />
� Hausleitung bzw. Klassenlehrer,<br />
� Erziehungsleiter bzw. Schulleitung,<br />
� letzte Stelle innerhalb der Klinge ist die Dorfleitung.<br />
� Falls dies alles nicht nützt und du dich immer noch ungerecht<br />
behandelt fühlst, kannst du dich bei deinem Jugendamt<br />
beschweren.<br />
�<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Partizipation<br />
Bereiche:<br />
� Junger Mensch: „ich bin in Entscheidungen die mich<br />
betreffen wirksam einbezogen<br />
� Gruppe: „ich bin in die Alltagsgestaltung und in<br />
Entscheidungen, die das Zusammenleben in der<br />
Gruppe betreffen wirksam einbezogen<br />
� Einrichtung: „ich bin in Entscheidungen, die das<br />
Zusammenleben in der Einrichtung betreffen<br />
einbezogen<br />
77<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Mitmachen und Mitentscheiden<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Mitmachen und Mitentscheiden<br />
Partizipationsgremien<br />
Ziel: Kinder nehmen Einfluss auf<br />
die Alltagsgestaltung, das<br />
Zusammenleben in der<br />
Gruppe und in der<br />
Einrichtung und<br />
übernehmen Verantwortung<br />
für die Umsetzung<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Mitmachen und Mitentscheiden<br />
Partizipationsgremien<br />
Entwicklungsschritte:<br />
� Einflussbereiche beschreiben und<br />
konkretisieren<br />
� Wer ist wie woran beteiligt<br />
� Partizipationserfahrungen sammeln und<br />
diskutieren<br />
� Partizipationsformen konzepieren<br />
� Rückkoppeln und verabschieden<br />
� Nach einer vereinbarten Zeit überprüfen<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
78
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Partizipationsgremien<br />
in der Klinge<br />
� Hausbesprechung (Hausgemeinschaft)<br />
� Kinder- und Jugendparlament<br />
� Kinder- und Jugendrat<br />
� Schülermitverwaltung<br />
� Jugendtreff AG<br />
� Kindertreff AG<br />
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und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Hier geht es um mich<br />
<strong>Beteiligung</strong> in der Hilfeplanung<br />
� §36 SGB VIII sichert die Mitwirkung<br />
junger Menschen in der Hilfeplanung<br />
� Kindern sind Prozesskriterien sehr<br />
wichtig<br />
� „mit uns reden - nicht über uns“<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
79<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Hier geht es um mich<br />
<strong>Beteiligung</strong> in der Hilfeplanung<br />
� §36 SGB VIII sichert die Mitwirkung<br />
junger Menschen in der Hilfeplanung<br />
� Kindern sind Prozesskriterien sehr<br />
wichtig<br />
� „mit uns reden - nicht über uns“<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
Hier geht es um mich<br />
<strong>Beteiligung</strong> in der Hilfeplanung<br />
� Konkretisierung der <strong>Beteiligung</strong> in<br />
der Prozessbeschreibung<br />
� „Hilfeplanung“<br />
� „Erziehungsplanung“<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
80<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Hier geht es um mich<br />
<strong>Beteiligung</strong> in der Hilfeplanung<br />
Hilfeplangespräch<br />
� strukturelle Sicherung der <strong>Beteiligung</strong><br />
junger Menschen über verbindliche<br />
kindzentrierte Vorbereitung<br />
� Beistand oder Interessensvertreter?<br />
� <strong>Beteiligung</strong> der Kinder an der<br />
Prozessgestaltung<br />
� Ort, Zeit, Sitzordnung, was steht auf dem Tisch,<br />
Teilnehmer (nicht jeder soll alles von mir wissen)<br />
� Auswertung und Nachbereitung<br />
KVJS gemeinsame Arbeitstagung für Jugendämter<br />
und Einrichtungen der Jugendhilfe am 20. – 21. Nov. 2007<br />
81<br />
Kinder- und<br />
Jugenddorf klinge<br />
��
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
5. Projekte und Initiativen<br />
��Hans Fischer, Kinder und Jugendhilfe Karlshöhe, Ludwigsburg<br />
5.4 Kinderrechtestandards und -unterstützungsformen<br />
in der Jugendhilfe Karlshöhe<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
<strong>Rechte</strong> für Kinder<br />
<strong>Die</strong> Achtung der<br />
<strong>Rechte</strong> der Kinder<br />
ist ein Maßstab<br />
für die Kultur einer Gesellschaft<br />
Richard von Weizsäcker<br />
82<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kinderrechte Standards – 1<br />
Grundlagen<br />
� UN-Kinderrechtskonvention<br />
Protektion – Schutzrechte<br />
Promotion – Förderung + Unterstützung<br />
Partizipation – <strong>Beteiligung</strong> + Mitbestimmung<br />
� SGB VIII §§ 1; 5; 8; 36<br />
� Lebensregeln<br />
Dom Sierrot – Janus Korczak<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
Standards<br />
83<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
Qualitätsmanagementsystem<br />
� Grundsätze<br />
– Kundenorientierung<br />
– KVP<br />
– Fehlerkultur<br />
� Schlüsselprozesse<br />
– Partizipation<br />
– Beschwerde- und Verbesserungswesen<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
Standards<br />
�HzE – Angebote<br />
– Umsetzung Schlüsselprozesse<br />
– Aushandlungsprozesse<br />
�Inobhutnahme<br />
�Rechtsberatung – Projekt<br />
84<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
Rechtsberatung<br />
ehrenamtlich, kostenlos, anonym<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Projekt Rechtsberatung<br />
1. Anfänge – Hintergründe<br />
Ausgangssituation<br />
2. Netzwerk und Kooperation<br />
3. Das Projektmanagement<br />
4. Erfahrungswerte<br />
5. Perspektiven<br />
6. Fazit<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
85<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
Anfänge - Ausgangssituation<br />
� Vorüberlegungen in Hilfen zur Erziehung<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG<br />
– Jugendliche mit rechtsrelevanten Fragestellungen<br />
(Eigentumsdelikte, Drogen,<br />
Körperverletzung………)<br />
– Jugendliche in Gerichtsverfahren<br />
– Eltern + Jugendliche, ihr Rechtsbewusstsein –<br />
Hilfe oder Hindernis bei Konflikten<br />
– Bewusstsein über <strong>Rechte</strong> + deren Wahrnehmung<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Anfänge - Ausgangssituation<br />
� Initiative einer Anwältin<br />
– Verfahrenspflegschaft<br />
– Was kann ich Sinnvolles tun für Kinder und<br />
Jugendliche?<br />
– Ich habe gehört von Frankfurt, Künzelsau.<br />
– Auch in unserer Region wird ein solches Angebot<br />
für Kinder + Jugendliche gebraucht.<br />
– Wie organisiert man so etwas? Könnten Sie mich<br />
unterstützen?<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
86<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
Anfänge - Ausgangssituation<br />
� Vorgaben der Anwaltskammer<br />
� Nur für Minderjährige<br />
� Werbeverbot<br />
� Keine Übernahme von Mandaten<br />
� Abgrenzung zu Kanzleien<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Gesetzliche Grundlage<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
87<br />
Kinder und Jugendliche<br />
können ohne Kenntnis der<br />
Personensorgeberechtigten<br />
beraten werden, wenn die<br />
Beratung aufgrund einer Notund<br />
Konfliktlage erforderlich<br />
ist und solange durch die<br />
Mitteilung an die Personensorgeberechtigten<br />
der<br />
Beratungszweck vereitelt<br />
würde.<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
Anfänge - Ausgangssituation<br />
� Erste Reaktionen<br />
– Ämter: Machen Sie mal!<br />
– Jugendhäuser: Interessant für uns.<br />
– Schulen: Was wollen Sie? Aufmüpfige<br />
SchülerInnen <strong>haben</strong> wir genug!<br />
– Schulsozialarbeit: Wird gebraucht!<br />
– Jugendgericht und Polizei: Sinnvoll + notwendig!<br />
– Sponsoren: Auswirkungen auf unsere Kunden?<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
Grundsatz<br />
88<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
Projektmanagement<br />
Angebote + Aktivitäten<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
�Einzelkontakte<br />
�Individuelle Beratungen<br />
�Informationen + Öffentl.-Arbeit<br />
�Fachvorträge + Referate<br />
�<strong>Beteiligung</strong> an Veranstaltungen<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Netzwerk Jugend Ludwigsburg<br />
�<br />
Kr.-Ju.-Pfl.<br />
Jug.-gem-räte<br />
Ki.-sch.-bund<br />
Stadtverw.<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
KJA-ASD<br />
AfKJ<br />
Schulen<br />
89<br />
Weißer Ring<br />
Jug.-häuser<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
Trägerfunktion<br />
� Rückhalt für Ehrenamtliche<br />
� Zugang zu Personen und Institutionen<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
Jug.-verb.-arb<br />
Polizei<br />
� Räume + Materialien zur Verfügung stellen<br />
und verwalten<br />
� Entwicklungen beratend begleiten<br />
� Wirtschaftliche Absicherung<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Finanzierung des Projektes<br />
� Aufwendungen<br />
– Für Erstausstattung + laufende Sachkosten:<br />
(Raum, Mobiliar, Telefon, AB,<br />
Informationsmaterial, Fahrtkosten)<br />
� Jährlicher Aufwand ca. 5.000 Euro<br />
� Kostendeckung<br />
– Spenden, Bußgelder, Sponsoring<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
90<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
Erfahrungswerte 1<br />
Durchschnittswerte pro Jahr in 5 Jahren<br />
� 141 persönliche Beratungsgespräche in der<br />
Kontaktstelle<br />
� 63 Beratungsgespräche am Telefon<br />
� 60 Anfragen über Internet<br />
Summe 264 Beratungsgespräche<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Erfahrungswerte 2<br />
� Am häufigsten nahmen Jugendliche im Alter von<br />
17 Jahren (29%) die Beratungen in Anspruch.<br />
� <strong>Die</strong> meisten Jugendlichen kamen aus Ludwigsburg<br />
(35%), besuchten die Hauptschule (21%) und die<br />
Berufsschule (14%).<br />
� Mehr als die Hälfte hatten Geschwister (64%), ihre<br />
Eltern waren verheiratet (30%), geschieden (25%).<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
91<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
Erfahrungswerte 3<br />
� Am liebsten verbrachten die Jugendlichen ihre<br />
Freizeit unter Gleichaltrigen (51%).<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG<br />
� Sie wurden am häufigsten über die Jugendgerichtshilfe<br />
(13%), die Karlshöhe (13%) sowie durch<br />
Plakate (10%) und Eltern (9%) auf das AfKJ-Projekt<br />
aufmerksam gemacht.<br />
� Der Schwerpunkt der Rechtsberatung lag im<br />
strafrechtlichen Bereich (46%) und erforderte weitere<br />
Rechtsberatung (38%).<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
Perspektive<br />
�Fortführung als eigenständiges<br />
Angebot<br />
�Erweiterung des Angebotsbereichs<br />
�Weiterentwicklung als Angebot<br />
�Integration in Netzwerkprojekte<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
Fazit<br />
92<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG<br />
� Kinderrechte sind noch keine Selbstverständlichkeit,<br />
Erwachsene befürchten Schwierigkeiten<br />
� Erfahrungen widerlegen Befürchtungen<br />
� Bürgerschaftliches Engagement ergänzt fachliche<br />
Bemühungen der Jugendhilfe<br />
� Professionelle/Institutionelle Kooperation ist für<br />
Kinder/Jugendliche + JH-Einrichtungen lohnend<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kinderrechtestandards JH Karlshöhe<br />
<strong>Rechte</strong> für Kinder<br />
„…. und wo die Ruhe<br />
mehr gilt als das Recht,<br />
da geht es<br />
den Beherrschten schlecht.“<br />
Hannes Wader im „Der Rattenfänger“<br />
93<br />
KVJS – Tagung Gülstein<br />
November 2007<br />
KA RLS HÖHE LUDW IGSBU RG<br />
��
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
94
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
6. Aktuelle Entwicklungen in Bezug auf SGB VIII<br />
��Hans-Peter Becker, KVJS Baden-Württemberg,<br />
Stellv. Leiter des Dezernats Jugend - Landesjugendamt<br />
Quellen<br />
� Schreiben der Bundesvereinigung der<br />
kommunalen Spitzenverbände vom 27. Juni<br />
2007<br />
� Überlegungen zu einem Gesetz zur Förderung<br />
von Kindern unter drei Jahren in<br />
Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege<br />
(Kinderförderungsgesetz - KiföG)<br />
95
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kinderförderungsgesetz -<br />
KiföG<br />
Ziele:<br />
�Rahmenbedingungen für das Aufwachsen von<br />
Kindern und die Vereinbarkeit von Familie und<br />
Erwerbsleben zu verbessern<br />
�Umsetzung verfassungsrechtlicher Vorgaben<br />
durch die Föderalismusreform<br />
�Redaktionelle Anpassungen<br />
Kinderförderungsgesetz -<br />
KiföG<br />
Wie sollen die Ziele erreicht werden?<br />
� Quantitativer Ausbau der Kindertagesbetreuung<br />
� Qualitative Verbesserung der Kindertagespflege, z. B. durch<br />
landesrechtliche Öffnung für professionelle Formen der<br />
Großtagespflege<br />
� Berücksichtigung privat-gewerblicher Träger bei der<br />
Förderung durch öffentliche Mittel<br />
� Anpassung des SGB VIII an die Föderalismusreform - keine<br />
bundesrechtliche Bestimmung des örtlichen Trägers der<br />
öffentlichen Jugendhilfe<br />
� Monatliche Zahlung an Eltern ab 1.08.2013 (z.B.<br />
Betreuungsgeld)<br />
96
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Kinderförderungsgesetz -<br />
KiföG<br />
Artikelgesetz:<br />
� Achten Buches Sozialgesetzbuch<br />
� Finanzausgleichgesetzes<br />
� Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der<br />
Tagesbetreuung für Kinder<br />
� Neufassung des Achten Buches<br />
Sozialgesetzbuch<br />
� Inkrafttreten<br />
Rechtsanspruch<br />
Rechtsanspruch (§ 24 SGB VIII) für Kinder unter 1 Jahr:<br />
Voraussetzungen:<br />
- Unterstützung der individuellen und sozialen Entwicklung oder<br />
- Erziehungsberechtigten gehen einer Erwerbstätigkeit nach,<br />
nehmen eine Erwerbstätigkeit auf oder sind Arbeit suchend<br />
- Erziehungsberechtigte befinden sich in einer beruflichen<br />
Bildungsmaßnahme, in der Schul- oder Hochschulausbildung<br />
oder<br />
- Erziehungsberechtigte erhalten Leistungen zur Eingliederung<br />
în Arbeit<br />
Der Umfang der tägliche Förderung orientiert sich sich am<br />
individuellen Bedarf<br />
97
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Rechtsanspruch<br />
Rechtsanspruch für Kinder vom 1. bis zum 3.<br />
Lebensjahr (§ 24 SGB VIII)<br />
- Keine Einschränkung des Rechtsanspruchs auf<br />
Förderung in einer Tageseinrichtung oder<br />
Kindertagespflege<br />
- <strong>Die</strong> Inanspruchnahme orientiert sich an den<br />
Wünschen bzw. Bedürfnissen des Kindes und<br />
der Eltern.<br />
Inkrafttreten: 1. August 2013<br />
Hilfen im Ausland<br />
Ärztliche Stellungnahme (§ 36 SGB VIII)<br />
Verpflichtung zur Einholung einer ärztlichen bzw.<br />
psychotherapeutischen Stellungnahme bei Hilfen<br />
im Ausland sowohl im Rahmen der Hilfen zur<br />
Erziehung wie auch der Eingliederungshilfen<br />
nach § 35a SGB VIII<br />
98
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Notwendiger Unterhalt<br />
Leistungen zum Unterhalt des Kinder oder des<br />
Jugendlichen § 39 SGB VIII<br />
- Der notwendige Unterhalt umfasst auch die<br />
Kosten für den Sachaufwand.<br />
- Bei Verwandtenpflege kann nur der Teil der<br />
monatlichen Pauschale gekürzt werden, der<br />
sich auf den Sachaufwand bezieht.<br />
Anzahl der<br />
Tagespflegekinder<br />
Erlaubnis zur Kindertagespflege (§ 43)<br />
- Klarstellung, dass die Erlaubnis für bis zu 5<br />
gleichzeitig anwesende, fremde Kinder erteilt<br />
werden kann<br />
- Es wird die Möglichkeit eröffnet, dass die<br />
Erlaubnis für mehr als 5 gleichzeitig anwesende,<br />
fremde Kinder erteilt werden kann, wenn die<br />
Pflegeperson über eine besondere<br />
Qualifikation verfügt -<br />
Öffnungsklausel für die Großtagespflegestelle<br />
99
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 69 SGB VIII)<br />
- Landesrecht bestimmt den örtlichen Träger der<br />
öffentlichen Jugendhilfe<br />
- Es ist zu gewährleisten, dass diese über die notwendige<br />
Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Aufgaben verfügen<br />
und die Erfüllung dieser Aufgaben flächendeckend<br />
sichergestellt ist.<br />
- Andere Verwaltungsträger können im Auftrag oder im<br />
Einvernehmen mit dem örtlichen Träger Aufgaben der<br />
Jugendhilfe für den örtlichen Bereich wahrnehmen.<br />
.<br />
Festlegung des örtlichen<br />
Träger der öffentlichen<br />
Jugendhilfe<br />
Erweiterung des<br />
Strafkatalogs<br />
Persönliche Eignung (72a SGB VIII)<br />
- <strong>Die</strong> Straftaten nach §§ 232 bis 233a, 234, 235<br />
oder 236 des Strafgesetzbuchs werden in das<br />
Anstellungsverbot aufgenommen<br />
(Menschenhandel, Menschenraub, Entziehung<br />
Minderjähriger, Kinderhandel)<br />
- Ein Führungszeugnis ist nicht nur bei der<br />
Einstellung, sondern auch bei der Vermittlung<br />
vorzulegen. <strong>Die</strong>s betrifft insbesondere und<br />
ausdrücklich auch Tagespflegepersonen.<br />
100
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Förderung privater Träger<br />
Förderung der freien Jugendhilfe<br />
(§ 74 SGB VIII)<br />
� <strong>Die</strong> Gemeinnützigkeit als Voraussetzung für<br />
die Förderung mit öffentlichen Mitteln wird bei<br />
Trägern von Tageseinrichtungen nicht mehr<br />
gefordert.<br />
� Damit wird die Möglichkeit eröffnet,<br />
privatgewerbliche Tageseinrichtungen und<br />
<strong>Die</strong>nste öffentlich zu fördern.<br />
Weitere Änderungen -<br />
Anpassungen<br />
Kostenbeiträge für stationäre und teilstationäre<br />
Leistungen sowie vorläufige Maßnahmen<br />
Klarstellungen in den §§ 90, 92, 93, 94 und 95<br />
Auch im<br />
- dritten Abschnitt: Überleitung von Ansprüchen<br />
§ 95 und<br />
-vierten Abschnitt: Ergänzende Vorschriften § 97a<br />
Pflicht zur Auskunft<br />
sind Änderungen vorgesehen<br />
101
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Statistik<br />
Neuntes Kapitel Kinder und Jugendhilfestatistik (§ 99ff SGB VIII)<br />
Erfassung der Sorgerechtsmaßnahmen nach § 8a SGB VIII<br />
Tageseinrichtungen; Keine Erhebung der Art der verfügbaren Plätze<br />
Klarstellungen und Ergänzungen für die Kindertagespflege:<br />
Tagespflegpersonen (Qualifikation) und<br />
Tagespflegekinder (Schulbesuch, Mittagsverpflegung, Art und<br />
Umfang der öffentlichen Förderung)<br />
Erhebungsstichtag:<br />
Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege: 1. März<br />
Erhebung der Plätze in Kindertageseinrichtungen und<br />
Kindertagespflege: 31. Dezember<br />
Kinderförderungsgesetz<br />
Inkrafttreten:<br />
- Das gesamte Gesetz soll am 1. August<br />
2008 in Kraft treten.<br />
- <strong>Die</strong> Rechtsansprüche für Kinder unter 3<br />
Jahren sollen am 1. August 2013 in Kraft<br />
treten<br />
102
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Vorschläge der Bundesvereinigung<br />
kommunaler Spitzenverbände<br />
� Konkretisierung der Verantwortung der Eltern im § 1<br />
SGB VIII<br />
� "Aufweichen" des Subsidiaritätsprinzips - § 4 SGB VIII<br />
� Änderungen beim Wunsch und Wahlrecht der Eltern<br />
§§ 5, 36 SGB VIII<br />
� Jugendberufshilfen - Abgrenzung der Leistungen nach<br />
SGB II und § 13 SGB VIII<br />
� Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII zum SGB XII<br />
� Steuerungsverantwortung der Jugendhilfe (§36a);<br />
Klarstellung gegenüber richterlich angeordneten<br />
Maßnahmen<br />
Vorschläge der Bundesvereinigung<br />
kommunaler Spitzenverbände<br />
� Leistungen zum Unterhalt (§ 39 SGB VIII);<br />
Umwandlung der Kann- in eine Soll-Vorschrift<br />
� Krankenhilfe (§40); Ausdehnung des gesetzlichen<br />
Versicherungsschutzes auf alle Bürger und<br />
Bürgerinnen<br />
� Führungszeugnis (§ 72a); Regelung streichen<br />
Alle diese Änderungsvorschläge wurden bisher<br />
nicht berücksichtigt !!!!<br />
103<br />
��
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
7. Kinder- und jugendhilfepolitische Perspektiven<br />
in Baden-Württemberg<br />
��Thomas Halder, Ministerialdirektor, Amtschef des Ministeriums<br />
für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg, Stuttgart<br />
Kinder- und jugendhilfepolitische Perspektiven in Baden-Württemberg<br />
- Auswirkungen auf die Jugendämter und Einrichtungen der Erziehungshilfe<br />
- Es gilt das gesprochene Wort -<br />
1. Begrüßung und Einleitung<br />
zunächst einmal danke ich Ihnen sehr herzlich für Ihre Einladung zu dieser Arbeitstagung für<br />
Jugendämter und Einrichtungen der Erziehungshilfe hier in Gültstein.<br />
Sehr gerne bin ich zu Ihnen gekommen, um etwas zu den kinder- und jugendpolitischen Per-<br />
spektiven in Baden-Württemberg zu sagen. Ich überbringe Ihnen auch die herzlichen Grüße<br />
von Frau Ministerin Dr. Stolz MdL.<br />
Gestern <strong>haben</strong> Sie sich bereits mit dem Themenschwerpunkt Kinderrechte und ihre Bedeu-<br />
tung für die Jugendhilfe befasst.<br />
Heute stehen nun bundes- und landespolitische Initiativen und Tendenzen in der Kinder- und<br />
Jugendhilfe im Mittelpunkt.<br />
2. Jugendpolitik in Baden-Württemberg<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
Jugend ist Zukunft.<br />
Wie wir mit unserer Jugend umgehen, wie wir sie fördern und welche Chancen wir ihr geben,<br />
ist ein Gradmesser für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Es ist die heutige Jugend,<br />
die später in doppelter Weise Verantwortung übernimmt: für die nächste Jugendgeneration<br />
ebenso wie für die dann Alten, also - grob gesprochen - für uns!<br />
Insofern ist Jugendpolitik sehr viel mehr als Klientelpolitik für eine von mehreren gesellschaft-<br />
lichen Interessengruppen. Jugendpolitik ist Politik für die Zukunft unserer Gesellschaft insge-<br />
samt.<br />
104
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Das ist leicht gesagt und auch allgemein zustimmungsfähig. Aber wie sieht es in der Praxis<br />
aus? Hat Jugendpolitik tatsächlich diesen zentralen Stellenwert? Stehen die Interessen und<br />
Bedürfnisse junger Menschen wirklich im Mittelpunkt der Politik?<br />
Sie alle sind Experten auf diesem Gebiet und als solche ist es für Sie wie für mich offenbar,<br />
dass Anspruch und Wirklichkeit nicht immer deckungsgleich sind. Genau darin aber liegen<br />
die Aufgabe und das Ziel von Politik, für richtig erkannte Ziele zu verfolgen und sich ihnen<br />
wenigstens anzunähern.<br />
Sie werden jetzt von mir hören wollen, ob und wie wir dies in Baden-Württemberg leisten. Ich<br />
werde mich dabei auf den Kernbereich der Kinder- und Jugendpolitik konzentrieren und er-<br />
wähne deshalb hier nur der Vollständigkeit halber, dass die Familienförderung, der Ausbau<br />
der Kinderbetreuungsangebote, der große Bereich der vorschulischen und der schulischen<br />
Bildung ebenso wie die Hochschulpolitik originäre Bestandteile einer umfassenden Politik zur<br />
Förderung der Jugend sind.<br />
Aber auch über diese unmittelbar auf junge Menschen bezogenen Bereiche verstehen wir<br />
Kinder- und Jugendpolitik in Baden-Württemberg als eine Querschnittsaufgabe, die alle Be-<br />
reiche politischen Handelns und Gestaltens mit einbeziehen muss.<br />
Das Ziel muss sein, jede politische Entscheidung daraufhin abzuklopfen, ob und welche<br />
Auswirkungen sie auf Kinder und Jugendliche hat.<br />
Als Kinderbeauftragte der Landesregierung ist es Frau Ministerin Dr. Stolz ein besonderes<br />
Anliegen, sicherzustellen, dass den Interessen von Kindern und Jugendlichen in allen Politik-<br />
feldern Rechnung getragen wird.<br />
<strong>Die</strong>s ist im Grunde auch der Kern unseres Projekts „Kinderland Baden-Württemberg“. <strong>Die</strong>ser<br />
Begriff - der natürlich das Jugendalter ebenso umfasst - steht für ein neues, ressortübergrei-<br />
fendes Politikverständnis, das Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt stellt.<br />
Lassen Sie mich nun also zu den konkreten Arbeitsfeldern der Jugendpolitik kommen.<br />
Ich hatte meine Ausführungen mit dem Satz begonnen: Jugend ist Zukunft.<br />
Jugend, meine Damen und Herren, ist aber auch Gegenwart. Jugendliche <strong>haben</strong> jetzt ihre<br />
Ansprüche und Bedürfnisse, auch ohne erst einmal viel an die Zukunft zu denken. Sie brau-<br />
chen jetzt ihren Platz in der Gesellschaft, in der es auch andere, vielleicht durchsetzungsfä-<br />
higere Interessengruppen gibt.<br />
Hier einen möglichst gerechten Ausgleich zu schaffen, Kindern und Jugendlichen ihren Platz<br />
zu schaffen und ihre <strong>Rechte</strong> zu wahren, das ist ein sehr konkreter Auftrag an Jugendpolitik.<br />
3. Bündnis für die Jugend<br />
Ein Instrument, mit dem wir dies in Baden-Württemberg leisten wollen, ist das „Bündnis für<br />
die Jugend“.<br />
105
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Herr Ministerpräsident Günther Oettinger hat - entsprechend der Koalitionsvereinbarung - in<br />
seiner Regierungserklärung vom 21.06.2006 angekündigt, den Jugendverbänden ein „Bünd-<br />
nis für die Jugend“ anzubieten, um die Zusammenarbeit mit dem Land auch längerfristig auf<br />
eine verlässliche Grundlage zu stellen.<br />
Nach einjähriger Vorbereitungszeit <strong>haben</strong> die Landesregierung und die Jugendverbände<br />
dieses „Bündnis für die Jugend“ am 18. Juli 2007 unterzeichnet.<br />
Bündnispartner sind<br />
� die Baden-Württembergische Sportjugend,<br />
� die Landesarbeitsgemeinschaft Offene Jugendbildung,<br />
� der Landesjugendring,<br />
� die Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung und<br />
� die Arbeitsgemeinschaft der Landjugendverbände.<br />
Wir <strong>haben</strong> uns gemeinsam mit diesen Verbänden ehrgeizige Ziele gesetzt, um die Chancen<br />
für junge Menschen in Baden-Württemberg weiter zu verbessern:<br />
� Wir wollen im Rahmen des Bündnisses ein integriertes Gesamtbildungskonzept ent-<br />
wickeln, das die Bildungsleistungen der unterschiedlichen Träger berücksichtigt.<br />
Hierzu hat bereits in der vergangenen Woche ein erstes Arbeitsgespräch mit den<br />
Bündnispartnern stattgefunden.<br />
� Wir wollen die politische <strong>Beteiligung</strong> junger Menschen im Rahmen eines Partizipati-<br />
onsprogramms ausbauen. <strong>Die</strong>ses Vor<strong>haben</strong> hat einen unmittelbaren Bezug zu Ihrem<br />
gestrigen Thema „Kinderrechte“, denn die Verwirklichung von Kinderrechten kann am<br />
besten vor Ort und unter <strong>Beteiligung</strong> von Kindern und Jugendlichen selbst erreicht<br />
werden.<br />
� Wir wollen die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in<br />
allen Lebensfeldern stärken. Dazu wird die bereits laufende Integrationsoffensive in<br />
der Jugendarbeit fortgeführt. <strong>Die</strong>ses Förderprogramm stößt in Einrichtungen und<br />
Verbänden der Jugendarbeit auf außerordentlich große Resonanz und bringt sehr in-<br />
teressante Projekte zur interkulturellen Öffnung der Jugendarbeit hervor.<br />
� Und wir wollen schließlich ein umfassendes Konzept zur Verbesserung der Situation<br />
benachteiligter Jugendlicher unter Anknüpfung an bereits laufende Projekte entwi-<br />
ckeln.<br />
<strong>Die</strong> Landesregierung erkennt mit der Unterzeichnung des Bündnistextes ausdrücklich an,<br />
dass die Kinder- und Jugendarbeit ein unverzichtbarer Bestandteil der sozialen und kulturel-<br />
len Infrastruktur unseres Landes ist.<br />
106
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Das Engagement von Kindern und Jugendlichen in der Kinder- und Jugendarbeit setzt sich<br />
oft in einem sozialen Engagement im Erwachsenenalter fort.<br />
<strong>Die</strong> hierbei gewonnenen Erfahrungen sind prägend für ein ganzes Leben und stärken die<br />
tragenden Kräfte der Gesellschaft.<br />
Das „Bündnis für die Jugend“ will die Rahmenbedingungen für Kinder- und Jugendarbeit in<br />
Baden-Württemberg verbessern und das Ehrenamt in der Jugendarbeit stärken.<br />
Den Trägern der außerschulischen Jugendbildung wird zugesichert, dass die Fördermittel-<br />
ansätze im Landeshaushalt für die Dauer der Laufzeit der Vereinbarung - d.h. bis zum Ende<br />
der Legislaturperiode im Jahr 2011 - nicht unter die Veranschlagungen im Doppelhaushalt<br />
2007/2008 gesenkt werden. Dadurch geben wir den Trägern finanzielle Planungssicherheit.<br />
Insgesamt stellt das Land hierfür pro Jahr über 12 Mio. Euro an Fördermitteln bereit.<br />
Herr Ministerpräsident Günther Oettinger und die Vertreter der Bündnispartner werden min-<br />
destens einmal jährlich grundsätzliche Angelegenheiten der Kinder- und Jugendarbeit in Ba-<br />
den-Württemberg besprechen und damit auch unser wichtiges Vor<strong>haben</strong> „Kinderland Baden-<br />
Württemberg“ gemeinsam weiter entwickeln, damit Kinder und Jugendliche unter guten Be-<br />
dingungen in unserem Land aufwachsen können.<br />
Ich will auch hier in diesem Kreis - wie auch bereits im Beirat für soziale Jugendhilfe - deut-<br />
lich machen, dass die Umsetzung des Bündnisses für die Jugend keine „geschlossene Ge-<br />
sellschaft“ ist. Überall dort, wo die Fachlichkeit und die Erfahrung der öffentlichen und der<br />
freien Träger der Jugendhilfe dazu beitragen kann, die Jugendpolitik in Baden-Württemberg<br />
weiterzuentwickeln, werden wir die jeweiligen Strukturen der Jugendhilfe mit einbeziehen,<br />
auch wenn sie nicht formal Mitglieder des Bündnisses sind.<br />
4. Bündnis für Ausbildung / Mobile Jugendarbeit<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
jetzt komme ich zu einem zweiten Schwerpunkt der Jugendpolitik in Baden-Württemberg -<br />
dem Ausbildungsbündnis.<br />
Wir alle wissen, dass Bildung der entscheidende Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe ist.<br />
Wir legen heute zu Recht unser besonderes Augenmerk auf frühkindliche Bildungsprozesse,<br />
weil wir wissen, dass im frühen Alter entscheidende Weichen für die spätere Bildungsbiogra-<br />
phie gestellt werden.<br />
Wenn diese Maßnahmen der frühen Förderung, die wir zum Beispiel mit dem Modellprojekt<br />
„guter Start ins Kinderleben“, aber auch mit anderen Projekten auf den Weg bringen, Erfolg<br />
107
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
<strong>haben</strong>, werden es in 10 bis 15 Jahren viele benachteiligte Jugendliche leichter <strong>haben</strong>, ihren<br />
Weg zu finden.<br />
Aber auch hier gilt: Jugend ist Gegenwart. Wir dürfen nicht diejenigen aus den Augen verlie-<br />
ren, die heute 16, 18, 20 Jahre alt sind, und die noch nicht von frühen Fördermaßnahmen<br />
profitieren konnten.<br />
<strong>Die</strong>se jungen Menschen <strong>haben</strong> Entwicklungspotentiale, die es zu fördern gilt.<br />
Deshalb hat die Landesregierung bereits im Juni 2004 mit der<br />
- Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit,<br />
- mit Wirtschaftsverbänden, und<br />
- den kommunalen Spitzenorganisationen<br />
das „Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung in Baden-Württemberg“ vereinbart.<br />
Darin <strong>haben</strong> sich die Bündnispartner für die Dauer von 3 Jahren verpflichtet, allen ausbil-<br />
dungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen ein Ausbildungsangebot zu unterbreiten.<br />
<strong>Die</strong>se enge Zusammenarbeit zwischen allen Partnern der Wirtschaft hat sich ausbezahlt. Im<br />
November 2006 konnte das Land eine erfolgreiche Gesamtbilanz des Ausbildungsbündnis-<br />
ses ziehen. Statt der von der Wirtschaft im Bündnis zugesagten 11.400 neuen Ausbildungs-<br />
plätzen wurden tatsächlich mehr als 26.000 neue Ausbildungsplätze geschaffen.<br />
Und auch bei den Praktikumsplätzen wurde die Bündnisverpflichtung von 9.600 neuen Plät-<br />
zen mit tatsächlich 19.000 neu geschaffenen Praktikumsstellen weit übererfüllt.<br />
Da wir in diesem Jahr einen weiteren Zuwachs bei der Zahl der Schulabgänger aus allge-<br />
meinbildenden Schulen zu verzeichnen <strong>haben</strong> und zusätzlich noch eine nicht genau quantifi-<br />
zierbare Zahl von Altbewerber hinzukommt, müssen wir die Anstrengungen im Rahmen des<br />
Bündnisses unvermindert fortsetzen.<br />
Deshalb wurde Ende Juni 2007 das Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung um<br />
weitere drei Jahre verlängert.<br />
<strong>Die</strong> Wirtschaft hat sich im Bündnis das verbindliche Ziel gesetzt, im Durchschnitt pro Jahr<br />
mindestens 7.600 neue Ausbildungsplätze und 3.800 neue Ausbildungsbetriebe einzuwer-<br />
ben. Zusätzlich sollen jährlich 5.000 Plätze für betrieblich durchgeführte Einstiegsqualifikati-<br />
onen bereitgestellt werden.<br />
Angesichts einer Jugendarbeitslosigkeit von nur noch 3,6 Prozent können wir bereits jetzt im<br />
Herbst 2007 sagen, dass das Bündnis außerordentlich erfolgreich ist.<br />
Eine besondere Zielgruppe des Bündnisses sind Jugendliche in schwierigen Lebenssituatio-<br />
nen und mit besonderen Ausbildungshemmnissen.<br />
108
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
<strong>Die</strong>se Jugendlichen <strong>haben</strong> oft die Beziehungen zu ihrem gesellschaftlichen Umfeld wie<br />
Schule, Ausbildungsstätte und Elternhaus abgebrochen oder es droht ein solcher Abbruch.<br />
Seit Jahrzehnten gibt es in Baden-Württemberg für diese Zielgruppe Angebote der Mobilen<br />
Jugendarbeit, die einen niedrigschwelligen Zugang zu den Jugendlichen sucht. Hier wurde<br />
ein differenziertes Instrumentarium der sozialen Integration oder Reintegration entwickelt.<br />
Im Rahmen des Ausbildungsbündnisses hat die Landesregierung im Doppelhaushalt<br />
2007/2008 die Fördermittel für die Mobile Jugendarbeit von bislang 1 Mio. Euro auf 2,4 Mio.<br />
Euro mehr als verdoppelt, um diese besondere Form der Sozialarbeit weiter zu stärken und<br />
auszubauen. Mit dieser Aufstockung der Fördermittel konnten wir in einer ersten Runde 33<br />
neue Maßnahmen mit insgesamt 51 neuen Stellen in die Landesförderung aufnehmen.<br />
Gleichzeitig wurde der Förderbetrag pro Maßnahme erhöht. Auch im Jahr 2008 werden wir<br />
mit den vorhandenen Mitteln neue Projekte der Mobilen Jugendarbeit in die Förderung auf-<br />
nehmen können.<br />
Bei der Sichtung der Projektanträge wurde deutlich, dass insbesondere für den ländlichen<br />
Raum eine konzeptionelle Schärfung der Mobilen Jugendarbeit vorgenommen werden muss,<br />
auch in der Abgrenzung zu Angeboten der offenen Jugendarbeit. Wir werden gemeinsam mit<br />
der Landesarbeitsgemeinschaft Mobile Jugendarbeit an diesem Thema weiterarbeiten.<br />
5. Föderalismusreform<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
lassen Sie mich nun einen großen Sprung machen und zur Föderalismusreform kommen.<br />
Mit der Föderalismusreform ist zum 1. September 2006 die umfangreichste Grundgesetzän-<br />
derung seit 1949 in Kraft getreten. Wie Sie wissen, ordnet diese die Gesetzgebungszustän-<br />
digkeiten zwischen Bund und Ländern neu.<br />
Auswirkungen auf die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe hat die Reform aber erst dann,<br />
wenn sich die Länder auch dazu entschließen, von ihren neu hinzugewonnenen Gesetzge-<br />
bungskompetenzen Gebrauch zu machen.<br />
Lassen Sie uns allerdings nicht aus den Augen verlieren, dass sich die Regelungskompetenz<br />
der Länder lediglich auf die Einrichtung von Behörden und das Verwaltungsverfahren be-<br />
schränkt. Das heißt, dass materiell-rechtliche Regelungen, die Ansprüche für den Einzelnen<br />
und damit korrespondierende Verpflichtungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe vorse-<br />
hen, einer landesrechtlichen Änderung gar nicht zugänglich sind.<br />
Einige Stimmen aus Fachkreisen <strong>haben</strong> auch bereits an die Landesregierung appelliert, die<br />
bisherige Behördenstruktur und die bewährten Verwaltungsverfahren in der Kinder- und Ju-<br />
gendhilfe unverändert zu erhalten.<br />
109
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Das Kabinett hat hierzu im Oktober 2006 beschlossen, die verschiedenen denkbaren Optio-<br />
nen zur Gestaltung von Behördeneinrichtung und Verwaltungsverfahren im Bereich der Kin-<br />
der- und Jugendhilfe in die Evaluation der Verwaltungsstrukturreform im Jahr 2007 einzube-<br />
ziehen.<br />
Für Sie als Vertreter der Jugendämter und von Einrichtungen der Erziehungshilfe steht natür-<br />
lich die Frage nach der Zweigliedrigkeit des Jugendamts, die Frage der Existenz und der<br />
Aufgaben des Landesjugendamts sowie eine mögliche Zusammenlegung der Aufgaben der<br />
Kinder- und Jugendhilfe mit anderen Behördenaufgaben im Vordergrund.<br />
Auf diese Punkte möchte ich im Folgenden näher eingehen.<br />
Zur Frage der Zweigliedrigkeit des Jugendamts:<br />
<strong>Die</strong> Landesregierung hatte bereits im Rahmen der Entbürokratisierung in der letzten Legisla-<br />
turperiode eine Bundesratsinitiative beschlossen, mit dem Ziel, es den Kreisen freizustellen,<br />
ob die Jugendhilfeausschüsse beschließenden oder beratenden Charakter <strong>haben</strong> sollen.<br />
Für die Landesregierung ist die kommunale Selbstverwaltung ein Garant dafür, dass Sach-<br />
fragen bürgernah und mit der vor Ort vorhandenen fachlichen Kompetenz entschieden wer-<br />
den. Deshalb sprechen wir uns grundsätzlich dafür aus, dass die Entscheidung über die er-<br />
forderlichen Strukturen im Rahmen der Gemeinde- und Landkreisordnung vor Ort gefällt<br />
werden.<br />
Nach der Förderalismusreform kann das Land diese Frage nun selbst gesetzlich regeln. Der<br />
Ministerrat hat in der vergangenen Woche entschieden, dass die Kreise künftig selbst dar-<br />
über entscheiden können, ob der Jugendhilfeausschuss als beratendes oder beschließendes<br />
Gremium eingerichtet wird.<br />
Im Hinblick auf das Landesjugendamt sind dem Ministerium für Arbeit und Soziales im Zu-<br />
sammenhang mit der Föderalismusreform keine Forderungen bekannt, nach denen das<br />
Landesjugendamt ganz abgeschafft werden soll, obwohl diese Befürchtung immer wieder<br />
gehört wird.<br />
Wir sind der Ansicht, dass das Landesjugendamt wichtige überörtliche Aufgaben wie z. B.<br />
Beratung, Fort- und Weiterbildung, Jugendhilfeplanung und Evaluation erfüllt. Daneben ist<br />
das Landesjugendamt ein bedeutendes Element partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwi-<br />
schen öffentlicher und freier Jugendhilfe.<br />
<strong>Die</strong> Evaluation der Verwaltungsreform hat nun zu dem Ergebnis geführt, dass die Aufsicht<br />
über Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe - mit Ausnahme der Heime - effektiver wahr-<br />
genommen werden kann, wenn sie auf kommunaler Ebene stattfindet.<br />
110
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Der Ministerrat hat in dem erwähnten Beschluss von letzter Woche deshalb ebenfalls ent-<br />
schieden, dass die Aufsicht in diesem Bereich künftig vom Landesjugendamt auf die Stadt-<br />
und Landkreise übertragen werden soll.<br />
Um zum Abschluss meiner Ausführungen über die Föderalismusreform auf die Frage der<br />
organisatorischen Ansiedlung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe einzugehen: Auch<br />
diese könnte theoretisch im Zuge der Föderalismusreform durch Landesrecht den Stadt- und<br />
Landkreisen frei überlassen werden.<br />
Gerade im Hinblick auf den Kinderschutz muss aber weiterhin für jeden Bürger, jedes Kind<br />
und jeden Jugendlichen zur Wahrnehmung seiner <strong>Rechte</strong> aus dem SGB VIII hinreichend<br />
erkennbar sein, wer zuständig ist. Deshalb spricht aus fachlicher Sicht viel dafür, die Frage<br />
der Aufgabenansiedlung landesweit nicht abweichend vom bestehenden Bundesrecht zu<br />
regeln, d. h. das Jugendamt als klar erkennbare Organisationseinheit in der Kommunalver-<br />
waltung beizubehalten.<br />
6. Kinderschutz<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
das Stichwort Kinderschutz habe ich gerade erwähnt. Auf dieses Thema will ich in meinem<br />
vorletzten Punkt noch etwas näher eingehen.<br />
<strong>Die</strong> weitaus meisten Kinder in Baden-Württemberg wachsen in einem familiären Klima auf,<br />
das ihrer Entwicklung gut tut und sie fördert. Als Jugendämter und als Einrichtungen der Er-<br />
ziehungshilfe sind Sie aber naturgemäß mit solchen Erziehungssituationen befasst, die Fa-<br />
milien zumindest zeitweise nicht mehr alleine bewältigen können.<br />
<strong>Die</strong> Angebote der Hilfen zur Erziehung sind in Baden-Württemberg flächendeckend gut aus-<br />
gebaut. In jedem Kreis, in jeder Stadt finden Eltern - oder auch deren Kinder selbst - qualifi-<br />
zierte Ansprechpartner und ein ausdifferenziertes Hilfeangebot. <strong>Die</strong> erfreulich große Beteili-<br />
gung und das breit gefächerte Themenangebot der Landesjugendwochen im vergangenen<br />
Sommer <strong>haben</strong> gezeigt, wie gut die Jugendhilfe vor Ort aufgestellt ist und wie engagiert dort<br />
gearbeitet wird.<br />
Dennoch dürfen wir uns - und wir sind uns in diesem Kreis darüber sicher einig - auf der er-<br />
reichten, hohen fachlichen Qualität nicht ausruhen. Wir müssen vielmehr daran arbeiten,<br />
Risikosituationen noch früher und noch zuverlässiger zu erkennen, um schnell und konse-<br />
quent reagieren zu können. Vor allem wollen wir die Prävention ausbauen, um solche Risi-<br />
kosituationen möglichst schon im Vorfeld zu vermeiden.<br />
Um den Schutz von Kindern weiter zu verbessern, hat das Ministerium für Arbeit und Sozia-<br />
les ein umfassendes Kinderschutzkonzept erstellt, das demnächst dem Ministerrat vorgelegt<br />
111
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
werden soll. In diesem Konzept werden bereits bestehende Maßnahmen mit neuen Projek-<br />
ten zusammengefasst, um so die gesamte Breite der Bemühungen um einen wirksamen<br />
Kinderschutz in Baden-Württemberg in einen einheitlichen konzeptionellen Rahmen zu stel-<br />
len.<br />
<strong>Die</strong> wesentlichen Bestandteile des Konzepts sind im Einzelnen:<br />
� Das Modellprojekt „Guter Start ins Kinderleben“, das wir gemeinsam mit Bayern,<br />
Rheinland-Pfalz und Thüringen durchführen. An den beiden Modellstandorten Pforz-<br />
heim und Ostalbkreis werden insbesondere sehr junge Mütter sowie psychisch kran-<br />
ke Mütter in das Projekt einbezogen. Bei diesen Zielgruppen ist erfahrungsgemäß die<br />
Gefahr der Überforderung besonders groß.<br />
Ziel der Projekte ist es, bereits bestehende interdisziplinäre Kooperationsformen vor<br />
Ort zu stärken und weiterzuentwickeln. Im Rahmen des Pforzheimer Projekts werden<br />
auch aufsuchende Hilfen für Familien in Risikosituationen durch Familienhebammen<br />
erprobt.<br />
� <strong>Die</strong> Auswertung dieser beiden Modellprojekte wird auch in die geplante Fortschrei-<br />
bung der Konzeption „Kreisbezogene Hilfesysteme für misshandelte Kinder“ ein-<br />
fließen. <strong>Die</strong>se bereits 1995 erstellte Konzeption eines Frühwarnsystems auf örtlicher<br />
Ebene geht davon aus, dass im Zentrum der interdisziplinären Vernetzung von Ge-<br />
sundheitswesen, Schule, Polizei und anderen Einrichtungen immer das Jugendamt<br />
stehen muss.<br />
An dieser zentralen Rolle des Jugendamtes bei der Gewährleistung des Kinderschut-<br />
zes muss nach meiner Auffassung auch künftig festgehalten werden.<br />
� Ein weiterer Bestandteil des Konzepts ist ein Programm namens STÄRKE, das wir<br />
derzeit im Rahmen der Neugestaltung des Landeserziehungsgeldes auf den Weg<br />
bringen. In diesem Programm erhalten junge Eltern finanzielle Unterstützung, wenn<br />
sie Angebote der Familien- und Elternbildung in Anspruch nehmen wollen.<br />
Dazu ist geplant, Bildungsgutscheine auszugeben und Familien in besonderen Belas-<br />
tungssituationen maßgeschneiderte Unterstützung zukommen zu lassen.<br />
� Bei der Umsetzung der 2005 neu in des SGB VIII eingefügten Paragrafen 8a und 72<br />
a sind wir, wie Sie wissen, schon gut vorangekommen. <strong>Die</strong> unter der Federführung<br />
des KVJS und des Ministeriums für Arbeit und Soziales entwickelten Arbeitshilfen<br />
stehen der Praxis schon seit einigen Monaten zur Verfügung.<br />
Der nächste Schritt ist nun ein vom Landesjugendamt in Abstimmung mit uns entwi-<br />
ckelte Qualifizierungsoffensive, die neben der Weiterbildung der im Gesetz so ge-<br />
112
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
nannten „insoweit erfahrenen“ Fachkräfte insbesondere die Qualifizierung von Multi-<br />
plikatoren in den Mittelpunkt stellen wird.<br />
Wir beabsichtigen, nach Freigabe der entsprechenden Haushaltmittel diese Qualifi-<br />
zierungsoffensive mit 600.000 Euro finanziell zu unterstützen. Damit wollen wir<br />
eine flächendeckende Qualifizierung der Fachkräfte in Baden-Württemberg erreichen.<br />
� Bereits vom Kabinett verabschiedet ist eine Ergänzung des Schulgesetzes. Sie hat<br />
das Ziel, den Kinderschutz auch im schulischen Bereich zu stärken. So werden der<br />
Schule mehr Möglichkeiten eingeräumt, den Kontakt mit den Eltern sicherzustellen.<br />
Soweit Eltern nicht zur Kooperation bereit oder in der Lage sind, hat die Schule die<br />
Option, das Jugendamt einzuschalten.<br />
Ich weiß, meine Damen und Herren, dass eine solche Regelung von manchen Ju-<br />
gendämtern mit gemischten Gefühlen gesehen wird. Zum einen, weil dies zu einer<br />
womöglich nicht immer fachlich begründeten Mehrbelastung führen könnte. Zum an-<br />
deren, weil die Schule die Einschaltung des Jugendamtes gewissermaßen als Dro-<br />
hung gegenüber den Eltern formulieren könnte.<br />
Meine Auffassung dazu ist folgende: Schule und Jugendhilfe sind natürliche Partner<br />
zum Wohle des Kindes. Lernprobleme, Verhaltensauffälligkeiten oder auch Schul-<br />
verweigerung von Schülern <strong>haben</strong> oft Ursachen im außerschulischen Bereich: Schei-<br />
dung der Eltern, Vernachlässigung, auch familiäre Gewalt können die Auslöser sein.<br />
Oft sind die Eltern dann selbst überfordert und Kooperationen nicht zugänglich. In<br />
solchen Fällen braucht die Schule den Partner Jugendhilfe, um individuelle Lösungen<br />
zu finden und um Eskalationen zu verhindern.<br />
Ich will sogar sagen, dass die Schule eine hier besondere Verantwortung hat. Denn sie ist<br />
die einzige staatliche Instanz, die alle Kinder und Jugendlichen in Obhut hat, also auch die-<br />
jenigen, deren Hilfebedürftigkeit einem Jugendamt möglicherweise noch nicht bekannt ge-<br />
worden ist. So kann die Schule in manchen Fällen früher als andere Instanzen erkennen,<br />
dass eine Risikosituation vorliegt. Aber die Schule kann nicht von sich aus Hilfen anbieten.<br />
<strong>Die</strong> frühzeitige Einschaltung des Jugendamtes ist deshalb ein wichtiger Schritt zur Gewähr-<br />
leistung des Kinderschutzes, der deshalb auch gesetzlich verankert sein muss.<br />
� Als letzten Punkt zum Kinderschutz will ich die Frage ansprechen, inwieweit die me-<br />
dizinischen Früherkennungsuntersuchungen als Instrument des Kinderschutzes ge-<br />
nutzt werden können. Einige Länder <strong>haben</strong> bereits gesetzliche Regelungen für eine<br />
verbindliche Teilnahme an diesen Untersuchungen verabschiedet, andere planen<br />
solche Regelungen.<br />
Wir werden die Erfahrungen der unterschiedlichen Wege in den Bundesländern sehr<br />
genau beobachten. Nach jetzigem Stand vertreten wir allerdings die Position, dass<br />
113
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
der mögliche Mehrwert einer gesetzlich geregelten verpflichtenden Teilnahme an<br />
Früherkennungsuntersuchungen für den Kinderschutz eher gering einzuschätzen ist.<br />
In ihrer jetzigen Form sind diese Untersuchungen nur bedingt geeignet, Vernachläs-<br />
sigungen von Kindern zuverlässig festzustellen.<br />
Wir <strong>haben</strong> in Baden-Württemberg mit über 95 Prozent bereits jetzt eine sehr hohe In-<br />
anspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen. <strong>Die</strong> gesetzlichen Krankenkas-<br />
sen engagieren sich in Baden-Württemberg immer wieder mit Informations- und Wer-<br />
bemaßnahmen für eine weitere Verbesserung der Teilnahmequote, z.B. mit Bonus-<br />
programmen, mit einem Familientelefon oder mit einem Erinnerungsservice. Im Er-<br />
gebnis sehen wir für Baden-Württemberg derzeit keinen gesetzlichen Handlungsbe-<br />
darf.<br />
Wir sind der Überzeugung, dass wir mit dem hier nur in Kürze dargestellten Maßnahmen-<br />
konzept ein umfassendes und wirksames Paket zur Optimierung des Kinderschutzes schnü-<br />
ren, das einen bereits sehr hohen Schutzstandard noch weiter verbessern kann.<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
ich habe Ihnen nun einige wesentliche Themen und Zielsetzungen der Landesregierung zur<br />
Kinder- und Jugendpolitik vorgestellt. Ich glaube, um auf ihr gestriges Tagungsthema zu-<br />
rückzukommen, dass wir mit unserer Kinder- und Jugendpolitik auch einen großen Beitrag<br />
zur Verwirklichung von Kinderrechten leisten, selbst wenn dies nicht immer in der Überschrift<br />
steht.<br />
7. Cochemer Modell<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
die Gelegenheit, heute zu Ihnen zu sprechen, will ich dazu nutzen, Ihnen abschließend unter<br />
dem Stichwort „Cochemer Modell“ ein Schlichtungsverfahren im Familienrecht vorzustellen.<br />
Ich möchte in diesem Kreis - soweit Sie damit nicht ohnehin bereits vertraut sind - dafür wer-<br />
ben. Es dient in Scheidungssituationen unmittelbar dem Kindeswohl und kann damit auch<br />
dazu beitragen, die Erfordernis erzieherischer Hilfen in solchen Situationen zu verringern.<br />
Ziel der Bemühungen von Richtern, Rechtsanwälten und den Mitarbeitern von Jugendämtern<br />
und Beratungsstellen im Rahmen dieses Modells ist, dass Eltern auch in hochstrittigen<br />
Scheidungsfällen selbst die Verantwortung für ihre Kinder übernehmen und sich gemeinsam<br />
auf alltagstaugliche Umgangsregelungen einigen.<br />
Das Kindeswohl soll dabei im Vordergrund aller Überlegungen stehen.<br />
In der Sache geht es beim Cochemer Modell darum, Kindern den Kontakt zu beiden zerstrit-<br />
tenen Eltern zu erhalten. Es geht darum, die Verfahren zügig abzuwickeln, damit kein Eltern-<br />
114
Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
teil „auf Zeit spielen“ kann. Und es geht darum, dass Juristen, Psychologen und Sozialpäda-<br />
gogen lernen, die gleiche Sprache zu sprechen.<br />
Um dieses Ziel zu erreichen, organisieren sich die am Trennungs- und Scheidungsprozess<br />
beteiligten Professionen (Richter, Rechtsanwälte, Jugendamt, Beratungsstelle) in regionalen<br />
Arbeitskreisen, um ihre Arbeitsweise aufeinander abzustimmen und einzelfallübergreifende<br />
Themen zu besprechen.<br />
Wir <strong>haben</strong> bereits in der Vergangenheit einiges getan, um das Cochemer Modell zu fördern.<br />
Das Ministerium für Arbeit und Soziales hat in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium<br />
Überzeugungsarbeit bei Familienrichtern, Rechtsanwälten und Sozialarbeitern geleistet. In<br />
zwei Fortbildungsreihen <strong>haben</strong> wir zahlreiche Praktiker mit dem Cochemer Modell vertraut<br />
gemacht.<br />
<strong>Die</strong>se Veranstaltungen waren besonders wertvoll, weil wir die Initiatoren des Cochemer Mo-<br />
dells als Referenten gewinnen konnten. Inzwischen beneiden uns diese sogar ein wenig,<br />
weil in Baden-Württemberg in Bezug auf das Cochemer Modell ein konsequenterer Ansatz<br />
verfolgt wird als im Mutterland Rheinland-Pfalz.<br />
<strong>Die</strong>se Linie wollen wir fortführen. Auch in Zukunft bieten wir Fortbildungen zum Cochemer<br />
Modell an. Für den April 2008 planen wir einen Landeskongress, der erstmals einen landes-<br />
weiten Erfahrungsaustausch ermöglichen wird. Wir wollen auch weiterhin in der Öffentlichkeit<br />
dafür werben, dass noch mehr Menschen die Vorteile dieser Schlichtungspraxis erkennen.<br />
Einige Elemente des Cochemer Modells werden im Rahmen der bereits im Gesetzgebungs-<br />
verfahren befindlichen Reform des familiengerichtlichen Verfahrens auch Gesetzeskraft er-<br />
langen.<br />
(„Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen<br />
Gerichtsbarkeit“ - FamFG)<br />
Meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
ich bedanke mich für Ihre ausdauernde Aufmerksamkeit. Ich hoffe, dass wir in der nun an-<br />
schließenden Gesprächsrunde noch einige der angesprochenen Themen vertiefen können!<br />
115<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
8. Podiumsdiskussion<br />
Einige Themen:<br />
� <strong>Die</strong> Initiativen des Landes: Bündnis für die Jugend und Ausbildungsbündnis.<br />
� Einbeziehung und Berücksichtigung allen freien Trägers bei Initiativen des Landes.<br />
� Auswirkungen der Föderalismusreform und der Evaluation der Verwaltungsreform auf<br />
die Jugendhilfe: Verlagerung der Aufsicht über Kindertageseinrichtungen auf die<br />
Stadt- und Landkreise, beschließender oder beratender Jugendhilfeausschuss.<br />
� Einheit der Jugendhilfe; Aufgabenwahrnehmung auf örtlicher Ebene.<br />
� Kinderarmut und die Auswirkungen auf das Aufwachsen und die Bildungschancen<br />
� Ambulante Hilfen vs. stationäre Hilfen; wo sind die Grenzen ambulanter Hilfen, in welchem<br />
Umfang werden stationäre Hilfen nach wie vor gebraucht?<br />
� Kinderrechtskonvention der UN - Umsetzung und Bedeutung für Baden-Württemberg;<br />
Plattform für eine gemeinsame Initiative der Kommunalen Landesverbände, der Trä-<br />
ger der freien Jugendhilfe und des Landes für ein Gesamtkonzept „Kinderrechte in<br />
Baden-Württemberg“.<br />
� Querschnittsthema „Kinderrechte“.<br />
� Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen in den Schutzauftrag<br />
nach § 8a SGB VIII.<br />
� Qualifizierte Begleitung und Beratung in der Tagesbetreuung, einschl. der Kindertagespflege.<br />
� Strukturelle Verknüpfungen als Grundlage und Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit<br />
zwischen Schule und Jugendhilfe.<br />
116<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
9. Anhang:<br />
9.1 Termine 2008<br />
10./11. März 2008 Jahrestagung für die Jugendamtsleiter/-innen in Baden-Württemberg<br />
3./4. April 2008 Jahrestagung für die Heimleiter/-innen in Baden-Württemberg<br />
4./5. November 2008 Gemeinsame Arbeitstagung für Leitungskräfte aus Jugendämtern und<br />
Einrichtungen der Erziehungshilfe in Baden-Württemberg<br />
9.2 Liste der Teilnehmer und Teilnehmerinnen<br />
Name Institution<br />
1 Auer, Christine Arbeitsgemeinschaft zur Förderung junger Menschen e.V.<br />
Weilerstr. 21, 78345 Moos-Iznang<br />
2 Barth, Hermann Christophorus-Jugendwerk<br />
Im Jugendwerk 1, 79206 Breisach-Oberrimsingen<br />
3 Baumeister, Peter Erzbischöfliches Kinderheim Haus Nazareth<br />
Brunnenbergstr. 34, 72488 Sigmaringen<br />
4 Beller, Hans-<strong>Die</strong>ter St. Canisius gGmbH<br />
Heugenstr. 5, 73525 Schwäbisch Gmünd<br />
5 Benner, Edwin Bruderhaus Diakonie Jugendhilfeverbund Kinderheim Rodt<br />
Masselstr. 2, 72290 Loßburg<br />
6 Berner, Roland Diakonische Jugendhilfe Region Heilbronn e. V.<br />
Walder-Weissert-Str. 6, 75031 Eppingen-Kleingartach<br />
7 Bleher, Eberhard St. Gallus-Hilfe für behinderte Menschen gGmbH Heim St. Martin<br />
Hegenberg 1, 88074 Meckenbeuren<br />
8 Blessing, Hans-Martin Evangelische Jugendhilfe Kirschbäumleboden gGmbH<br />
Alemannenstr. 7, 79379 Müllheim<br />
9 Bohle, Thosten Michaelshof Hepsisau<br />
Ochsenwanger Steige 42, 73235 Weilheim a. d. Teck<br />
10 Böhringer-Schmidtke, Ulrich Luise Scheppler-Heim e.V. Evangelische Kinder- und Jugendhilfe<br />
Mühltalstr. 126, 69121 Heidelberg<br />
11 Bopp, Angela Sozialtherapeutische Jugendarbeit e.V. Jugendhilfe Gutenhalde<br />
Gutenhalde 30, 70794 Filderstadt<br />
12 Böttinger, Ernst Evangelisches Kinder- u. Jugendhilfezentrum Dinglingen e.V.<br />
Weinbergstraße 9, 77933 Lahr<br />
13 Brade, Steffen Kinder- und Jugendheim Sperlingshof Heilpädagogisches Behandlungszentrum<br />
der Ev.-luth. Kinderfreundgesellschaft e.V.<br />
An der B 10, 75196 Remchingen-Wilferdingen<br />
14 Brandl-Erhardt, Wolfgang Sozialpädagogische Wohngruppen gemeinnützige GmbH<br />
Hermannstr. 35, 73207 Plochingen<br />
15 Brink, Andrea AWO Bezirksverband Baden e:V., Kinder- und Jugendhilfe<br />
Hohenzollernstraße 22, 76135 Karlsruhe<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Name Institution<br />
16 Burger, Thomas Sozialdienst katholischer Frauen e.V. AD St. Paulusheim<br />
Stiftweg 1, 69118 Heidelberg<br />
17 Butsch, Oliver Landratsamt Tuttlingen, Amt für Familie, Kinder und Jugend<br />
Bahnhofstr. 100, 78532 Tuttlingen<br />
18 Dr. Cassar, Johann Kinder- und Jugenddorf Klinge e.V.<br />
Klingestr. 30, 74743 Seckach<br />
19 Cholewa, Bruno Landratsamt Konstanz, Kreisjugendamt<br />
Benediktinerplatz 1, 78467 Konstanz<br />
20 Daferner, Peter-Paul Diakonisches Werk der evang. Landeskirche in Baden e.V.<br />
Vorholzstr. 3 - 5, 76137 Karlsruhe<br />
21 Deißler, Claudia Kinderheim St. Anton e. V.<br />
Karl-Blind-Str. 6, 68199 Mannheim<br />
22 Denoix, Susanne Zentrum Guter Hirte<br />
Prittwitzstr. 13-17, 89075 Ulm<br />
23 Dormagen-Thome, Martina Kinderheim St. Anton e. V.<br />
Karl-Blind-Str. 6, 68199 Mannheim<br />
24 Dörner, Edgar Jugendeinrichtung Schloss Stutensee<br />
Schloss Stutensee, 76297 Stutensee<br />
25 Durcak, Wolfgang Berufsbildungswerk Neckargemünd gGmbH, Sozialpädagogik<br />
Im Spitzerfeld 25, 69151 Neckargemünd<br />
26 Eppinger, Elke Evangelische Jugendhilfe Freiburg-Zähringen<br />
Burgackerweg 12, 79104 Freiburg<br />
27 Etzel, Albrecht Landratsamt Ludwigsburg, Sozial- und Jugendhilfe<br />
Hindenburgstr. 40, 71638 Ludwigsburg<br />
28 Fiedler, Steffen Evangelische Jugendhilfe Friedenshort<br />
Rosenbergstr. 11, 74072 Heilbronn<br />
29 Fischer, Stephanie Katholisches Kinderheim St. Josef<br />
Wormser Str. 25, 68309 Mannheim<br />
30 Fleischmann, Thomas Kinderhaus St. Raphael<br />
Durlacher Str. 84, 76646 Bruchsal<br />
31 Frey, Jürg Tüllinger Höhe Fachdienst für Kind und Familie e.V.<br />
Obertüllingen 112, 79539 Lörrach<br />
32 Friedlmeier, Ulrich Landratsamt Waldshut, Jugendamt<br />
Kaiserstr. 110, 79761 Waldshut-Tiengen<br />
33 Ganter, Jürgen Sozialdienst katholischer Frauen e.V.<br />
Wörthstr. 4, 76133 Karlsruhe<br />
34 Glage, Christian Martinshaus Kleintobel gGmbH<br />
Martinstr. 41, 88276 Berg<br />
35 Götz, Edzard Institut Eckwälden Heil- und Erziehungsinstitut für Seelenpflegebedürftige<br />
Kinder Eckwälden e.V.<br />
Dorfstr. 42, 73087 Bad Boll<br />
36 Gräf, Christoph St. Gallus-Hilfe für behinderte Menschen gGmbH Heim St. Martin,<br />
Bereich Kinder, Jugend und Familie<br />
Hegenberg 1, 88074 Meckenbeuren<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Name Institution<br />
37 Grajer, Jürgen Evangelische Jugendhilfe Friedenshort GmbH<br />
Tiele-Winckler-Str.72, 74613 Öhringen<br />
38 Groos, Inge Katholisches Kinderheim St. Josef<br />
Wormser Str. 25, 68309 Mannheim<br />
39 Gruhler, Siegfried Diakonische Jugendhilfe Region Heilbronn e. V.<br />
Walder-Weissert-Str. 6, 75031 Eppingen-Kleingartach<br />
40 Günther, Reinhard Landratsamt Tuttlingen, Amt für Familie, Kinder und Jugend<br />
Bahnhofstr. 100, 78532 Tuttlingen<br />
41 Haag, Gerhard Jugendhilfe Hoffmannhaus<br />
Saalplatz 14, 88271 Wilhelmsdorf<br />
42 Hamberger, Matthias Martin-Bonhoeffer-Häuser Tübinger Verein für Sozialtherapie<br />
Gartenstr. 131, 72074 Tübingen<br />
43 Hartmann, Harold Kindersolbad gGmbH<br />
Salinenstr. 4, 74177 Bad Friedrichshall<br />
44 Hasenfuss, Hermann Villa Kunterbunt<br />
Spöcker Str. 3, 76646 Bruchsal<br />
45 Hauk, Günter Erzbischöfliches Kinder- und Jugendheim St. Kilian<br />
Adolf-Kolping-Str. 29, 74731 Walldürn<br />
46 Häußermann, Hans-Peter Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V.<br />
Strombergstr. 11, 70188 Stuttgart<br />
47 Heger, Sven-<strong>Die</strong>tmar Oberlin Haus Kehl Kinder-, Jugend- und Familienhilfe<br />
Iringheimerstr. 49, 77694 Kehl<br />
48 Henning, Karl-Heinz Pro Juventa Gemeinnützige Jugendhilfegesellschaft Hohbuch GmbH<br />
Theodor-Heuss-Str. 19/13, 72762 Reutlingen<br />
49 Hetzl, Andreas Kinder- und Jugendheim der von Stulz-Schriever´schen Stiftung<br />
Eckbergstraße 10, 76534 Baden-Baden<br />
50 Hildebrand, Christoph Off Road Kids e.V. Betreute Jugendwohngruppe<br />
Eisenbahnstr. 1, 78073 Bad Dürrheim<br />
51 Hilger, Lothar Landratsamt Göppingen, Kreisjugendamt<br />
Lorcher Str. 6, 73033 Göppingen<br />
52 Hoch, Siegfried Sophienpflege Evangelische Einrichtungen für Jugendhilfe Tübingen-<br />
Pfrondorf e. V.<br />
Hägnach 3, 72074 Tübingen<br />
53 Holzhauer, Ingrid Kinderheim Alpenblick GmbH<br />
Rotzingen 31, 79733 Görwihl<br />
54 Hosp, Constance Bruderhaus Diakonie Oberlin-Jugendhilfeverbund<br />
Oberlinstr. 37, 72762 Reutlingen<br />
55 Hummel, Roy Kath. Gesamtkirchenpflege<br />
Erzbergerstr. 4, 73033 Göppingen<br />
56 Jauß, Gerhard Diasporahaus Bietenhausen e.V. Evangelische Einrichtung der Jugendhilfe<br />
Beim Diasporahaus 7, 72414 Rangendingen<br />
57 Klein-Jung, Ralf Kinder- und Jugenddorf Marienpflege<br />
Dalkingerstr. 2, 73479 Ellwangen<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Name Institution<br />
58 Kolb, Georg Stiftung St. Stephanus Göppingen<br />
Ziegelstr. 14, 73033 Göppingen<br />
59 Kolb, Ursula Stadt Freiburg i. Br., Sozial- und Jugendamt<br />
Kaiser-Joseph-Str. 143, 79098 Freiburg i. Br.<br />
60 König, Wolfram Haus Fichtenhalde, Pädag.-therap. Einrichtung<br />
Senator-Burda-Str. 45, 77654 Offenburg<br />
61 Könn, Renate Oberlin-Haus-Ulm e.V. Evangelische Einrichtung für Jugendhilfe<br />
Bleichstr. 32, 89077 Ulm<br />
62 Konzelmann, Heike St. Franziskusheim<br />
Pelzgasse 10, 77836 Rheinmünster-Schwarzach<br />
63 Kopf, Tobias Freie Schule Spatz<br />
Prinz-Eugen-Str.4, 77654 Offenburg<br />
64 Kraft, Paul Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis, Geschäftsbereich Jugendhilfe<br />
Ölgasse 5, 74821 Mosbach<br />
65 Kreisle, Beate Private Jugendhilfe Bodensee gGmbH Jugendkolleg am See<br />
Steinerweg 1, 78345 Moos-Bankholzen<br />
66 Krug, <strong>Die</strong>ter Landratsamt Esslingen, Sozialdezernat<br />
Uhlandstraße 1, 73726 Esslingen<br />
67 Kruggel, Sebastian Verein für Jugendhilfe im Landkreis Böblingen e.V.<br />
Talstr. 37, 71034 Böblingen<br />
68 Kuhn, Hedwig Evangelische Jugendhilfe Friedenshort GmbH<br />
Tiele-Winckler-Str.72, 74613 Öhringen<br />
69 Kuhn, Thomas Stiftung Wilhelmspflege Evangelisches Kinder- und Schulheim<br />
Bernhauser Str. 20, 70599 Stuttgart<br />
70 Kunz, Heike Stadt Kirchheim unter Teck, Amt für Familie und Soziales<br />
Marktstr. 14, 73230 Kirchheim u. T.<br />
71 Landen, Klaus Heim Mariahof Heilpädag. Kinderheim<br />
Weiherweg 6, 78183 Hüfingen<br />
72 Launhardt, Elisabeth Jugendwohnheim Haus am Fels gGmbH<br />
Sonderbucher Steige 1, 89143 Blaubeuren<br />
73 Leinmüller, Ulrich Landratsamt Ostalbkreis, Kreisjugendamt<br />
Stuttgarter Str. 41, 73430 Aalen<br />
74 Lindauer, Michael Stiftung St. Anna<br />
Kemptener Str. 11, 88299 Leutkirch<br />
75 Looft, Elke SOS Kinderdorf e.V. Kinder- und Jugendhilfen Göppingen<br />
Freihofstr. 22, 73033 Göppingen<br />
76 Lutz, Cäcilia Bruderhaus Diakonie Oberlin-Jugendhilfeverbund<br />
Oberlinstr. 37, 72762 Reutlingen<br />
77 Maaßen-Rux, Birgit Wespinstift Kinder- und Jugenheim<br />
Mecklenburgerstraße 56, 68309 Mannheim<br />
78 Maier, Silvia Sozialdienst katholischer Frauen<br />
Colombistr. 17, 79098 Freiburg i. Br.<br />
79 Maier-Schneider, Roland Werkstatt für persönliche Entwicklung Sozialpädagogische Wohngruppen<br />
gemeinnützige GmbH<br />
Friedrichstr. 6, 73730 Esslingen<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Name Institution<br />
80 Martin, Carola Weraheim Haus für Mutter und Kind<br />
Oberer Hoppenlauweg 2 - 4, 70174 Stuttgart<br />
81 Matthey, Joachim Jugendhilfe Creglingen e. V.<br />
Riemenschneiderbrücke 6, 97993 Creglingen<br />
82 Meier, Klaus Evangelische Gesellschaft e.V. Flattich-Haus, Erziehungshilfen<br />
Tapachstr. 64, 70437 Stuttgart<br />
83 Mertens, Helmut Stiftung Jugendhilfe Aktiv<br />
Postfach Postfach 720105, 70577 Stuttgart<br />
84 Meyer, <strong>Die</strong>ter Stiftung Jugendhilfe Aktiv, Theodor-Rothschild-Haus<br />
Mühlberger Str. 146, 73728 Esslingen<br />
85 Meyer, Inge Familienzentrum/Kinderheim<br />
Relaisstr. 157, 68219 Mannheim<br />
86 Muff, Jürgen Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn Kinder- und Familienzentrum VS<br />
Tulastraße 8, 78052 Villingen-Schwenningen<br />
87 Müssigmann, Cornelia Bruderhaus Diakonie Jugendhilfeverbund Kinderheim Rodt<br />
Masselstr. 2, 72290 Loßburg<br />
88 Mutter, Gabriele Wohngruppenverbund Freiburg, Leitung<br />
Postfach 1306, 79014 Freiburg<br />
89 Napel, Jürgen Kinderheim St. Peter und Paul<br />
Weiherstraße 1, 78224 Singen<br />
90 Niepert, Bernd Friedrichstift Leimen Evangelische Kinder- und Jugendhilfe<br />
Badener Platz 4, 69181 Leimen<br />
91 Ohnmeiß, Ulrike LAGAYA e. V.<br />
Hohenstaufenstr. 17 B, 70178 Stuttgart<br />
92 Paproth, Elke Haus Mecki GmbH Einrichtung für junge Menschen<br />
Schönbüchweg 6-6a, 77830 Bühlertal<br />
93 Patzelt, Jürgen Kindersolbad gGmbH<br />
Salinenstr. 4, 74177 Bad Friedrichshall<br />
94 Pufke, Jens Landeshauptstadt Stuttgart Kinderhaus Plieningen, Jugendamt<br />
Paracelsusstr. 39, 70577 Stuttgart<br />
95 Raible-Mayer, Cornelia Erzbischöfliches Kinderheim Haus Nazareth<br />
Brunnenbergstr. 34, 72488 Sigmaringen<br />
96 Reich, Markus Haus Mecki GmbH Einrichtung für junge Menschen<br />
Schönbüchweg 6-6a, 77830 Bühlertal<br />
97 Röckle, Jochen Evangelisches Hohberghaus<br />
Pforzheimer Str. 113, 75015 Bretten<br />
98 Rudolph, Jürgen Bruderhaus Diakonie Oberlin-Jugendhilfeverbund<br />
Oberlinstr. 37, 72762 Reutlingen<br />
99 Scheiwe, Norbert Christophorus-Jugendwerk<br />
Im Jugendwerk 1, 79206 Breisach-Oberrimsingen<br />
100 Schmid, Angelika Arbeitsgemeinschaft zur Förderung junger Menschen e.V.<br />
Weilerstr. 21, 78345 Moos-Iznang<br />
101 Schneider, Ria Evangelische Jugendheime Heidenheim<br />
Albuchstr. 1, 89518 Heidenheim<br />
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
Name Institution<br />
102 Schneider, Stefan Caritas Heilbronn- Hohenlohe Zentrum Heilbronn, Heinrich-Fries-Haus<br />
Bahnhofstr. 13, 74072 Heilbronn<br />
103 Schnurr, Helmut Stadt Ulm, Fachbereich Bildung und Soziales<br />
Raiffeisenstr. 21, 89079 Ulm<br />
104 Schrenk, Andreas St. Augustinusheim<br />
Schöllbronner Str. 78, 76275 Ettlingen<br />
105 Senne, Sabine Landratsamt Konstanz, Kreisjugendamt<br />
Benediktinerplatz 1, 78467 Konstanz<br />
106 Staudenmaier, Erich St. Canisius Kinder- und Jugenddorf St. Josef<br />
Hohenloher Str. 10, 73441 Bopfingen-Unterriffingen<br />
107 Süntzenich, Anja BIOTOPIA Arbeitsförderungsbetriebe Mannheim gGmbH, Kinder- und<br />
Jugendhilfe<br />
Friedrich-Ebert-Str. 83, 68167 Mannheim<br />
108 Trede, Wolfgang Landratsamt Böblingen, Kreisjugendamt<br />
Parkstr. 16, 71034 Böblingen<br />
109 Überall, Ulrike "miteinander leben"<br />
Bundesstr. 49, 79238 Ehrenkirchen-Norsingen<br />
110 Uelner, Dagmar Future Now! Heilpädagogische GmbH, Geschäftsleitung<br />
Gutenbergstr. 9, 69214 Eppelheim<br />
111 Varga, Isabell Kindersolbad gGmbH<br />
Salinenstr. 4, 74177 Bad Friedrichshall<br />
112 Vogel, Roswitha Arbeiterwohlfahrt Haus Mirabelle<br />
Neuweg 6, 68526 Ladenburg<br />
113 Weinkötz, Angelika Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Mannheim e.V.<br />
Murgstr. 3-11, 68167 Mannheim<br />
114 Weinmann, Michael Waldhaus Sozialpädagogische Einrichtungen der Jugendhilfe, Stationäre<br />
Jugendhilfe<br />
Kohltorstr. 1- 12, 71157 Hildrizhausen<br />
115 Wettlaufer, Klaus Evangelische Jugendheime Heidenheim<br />
Albuchstr. 1, 89518 Heidenheim<br />
116 Wiesinger, Detlev St. Canisius gGmbH<br />
Heugenstr. 5, 73525 Schwäbisch Gmünd<br />
117 Winterhalder, Wolfgang Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn Kinder- und Familienzentrum VS<br />
Tulastraße 8, 78052 Villingen-Schwenningen<br />
118 Winterhalter, Viktor Johann-Peter-Hebel-Heim Evangelische Kinder- und Jugendhilfe<br />
Am Kuhbuckel 43-49, 68305 Mannheim<br />
119 Wittner, Renate Stadt Karlsruhe, Sozial- und Jugendbehörde<br />
Kochstr. 7, 76133 Karlsruhe<br />
120 Zächelein, Ute Evangelisches Mädchenheim<br />
Weinbergstr. 3, 76593 Gernsbach<br />
121 Ziegler, Silvia Landratsamt Main-Tauber-Kreis, Kreisjugendamt<br />
Gartenstr. 1, 97941 Tauberbischofsheim<br />
122 Zimmermann, Ralf BIOTOPIA Arbeitsförderungsbetriebe Mannheim gGmbH<br />
Friedrich-Ebert-Str. 83, 68167 Mannheim<br />
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