Rechte haben - Die Beteiligung
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Tagungs-Dokumentation – Gültstein 20. – 21. November 2007 �����<br />
fahren nach Verdachtsabklärung sexueller Missbrauch“ 29 eine bedarfsorientierte Diagnostik<br />
durchgeführt.<br />
Für jedes Kind und jeden Jugendlichen, bei dem der Verdacht des sexuellen Missbrauchs<br />
bestätigt wurde oder nicht entkräftet werden konnte, ist eine psychodiagnostische Abklärung<br />
durch Diplom-PsychologInnen sicher zu stellen. Es dürfen nur die GutachterInnen beauftragt<br />
werden, die kompetent und bereit sind, nach dieser Richtlinie, insbesondere der vorgegebe-<br />
nen Gutachtenstruktur 30 zu verfahren. Aufgaben der psychodiagnostischen Untersuchung<br />
sind: Klärung und Beschreibung der komplexen Problemkonstellation des betroffenen Kindes<br />
oder des betroffenen Jugendlichen in seinen Lebenswelten vor dem Hintergrund des (vermu-<br />
teten) sexuellen Missbrauchs, Diagnostik vorhandener Störungen, Begründung und Konkre-<br />
tisierung des therapeutischen Bedarfs und Empfehlung notwendiger und geeigneter Hilfen.<br />
Sinn und Funktion dieser psychodiagnostischen Untersuchung ist die Ermittlung des spezifi-<br />
schen Bedarfs eines Kindes oder Jugendlichen zur qualifizierten Hilfeplanung 31 . Ziel ist nicht<br />
die "Beweisführung", d. h. der Nachweis des Vorliegens von sexuellem Missbrauch. <strong>Die</strong><br />
durch das Jugendamt beauftragten Gutachten dienen der fachlichen Unterstützung der Hil-<br />
feplanung und werden nicht unter dem Blickwinkel gerichtlicher Verwertbarkeit erstellt.<br />
Im vorliegenden Fall bezogen sich die Fragestellungen im Wesentlichen auf den pädago-<br />
gisch/psychologischen Hilfs-Bedarf, die Frage, ob Kontakte zu den Adoptiveltern dem Kin-<br />
deswohl entsprechen und - ebenfalls unter Kinderschutzaspekten - die Sinnhaftigkeit und<br />
Bedeutung einer Strafanzeige. Zu Letzterem wurde im Gutachten festgestellt, dass aus the-<br />
rapeutischen Gründen eine Strafanzeige gegen den Adoptivvater sinnvoll ist. <strong>Die</strong> Fachstelle<br />
"KuK" zeigte ihn daraufhin an. Parallel dazu lief das familiengerichtliche Verfahren. Das JA<br />
war und blieb Vormund, die Kinder hatten zusätzlich eine Verfahrenspflegerin an ihrer Seite.<br />
Vom Vormund der Kinder wurde gem. § 27 SGBVIII eine sozialpädagogische Prozessbeglei-<br />
tung beantragt und eingerichtet.<br />
Vera profitierte sehr von dieser Begleitung, vor allem, weil es endlich nicht mehr - wie in ihrer<br />
Therapie - um den sexuellen Missbrauch ging. Auffällig war, in welch übertriebener Weise<br />
sie die Fürsorge über ihre kleine Schwester übernommen hat. Fast zerbrach sie über der<br />
Verantwortung und vergaß oft, sich genügend gut um ihre eigenen Belange zu kümmern.<br />
Trotzdem war sie eine gute und ehrgeizige Schülerin. Sie hat weiterhin zu ihrem ehemaligen<br />
Umfeld (Freundinnen aus der früheren Schule) Kontakt gepflegt und auf diesem Wege erfah-<br />
ren, dass nicht nur die Adoptiveltern weiter zusammenlebten, sondern der Vater überra-<br />
schend intensiven Kontakt zu seiner eigenen erwachsenen Tochter, bzw. seiner Enkelin,<br />
aufgenommen hatte. Vera erzählte der Prozessbegleiterin, 32 dass sie Verbindung zu dieser<br />
29 Vgl. „Verfahren nach Verdachtsabklärung sexueller Missbrauch“ siehe Anhang<br />
30 Vgl. Gutachtenstruktur als Anlage zur Richtlinie „Verfahren nach Verdachtsabklärung sexueller Missbrauch“ siehe Anhang<br />
31 vgl. Hilfeplanung Rahmenkonzeption § 36 SGBVIII, siehe Anhang<br />
32 vgl. Recht würde Helfen, Institut für Opferschutz im Strafverfahren. Soz. Pädag. ProzessbegleiterInnen sindsozialpädagogisch und strafrechtlich geschulte Fachkräfte,<br />
die interdisziplinär arbeiten und Betroffene (z.B. kindliche OpferzeugInnen) bis nach dem Gerichtsprozess begleiten.<br />
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