NEUES WAHRZEICHEN MIT STRECKMETALLFASSADE
NEUES WAHRZEICHEN MIT STRECKMETALLFASSADE
NEUES WAHRZEICHEN MIT STRECKMETALLFASSADE
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* Ruch Andreas<br />
Die Migros Würzenbach wurde in den<br />
60er Jahren in der damals üblichen<br />
Plattenbauweise erstellt. Der kubische<br />
Bau gliederte sich in ein offenes Erdgeschoss<br />
auf Stützen und in ein Obergeschoss.<br />
Im Erdgeschoss befand sich<br />
die Parkhalle, im Obergeschoss die<br />
Verkaufsfläche. Die Lage an der Verzweigung<br />
von zwei wichtigen Erschliessungsstrassen<br />
ist für eine Ladennutzung<br />
ideal. Die Grösse der Ladenfläche<br />
genügte aber den Kundenbedürfnissen<br />
immer weniger. Die Genossenschaft<br />
Migros Luzern hat sich entschlossen,<br />
das Haus vollumfänglich zu sanieren<br />
und zu erweitern.<br />
* Ruch Andreas<br />
Ing. EurEta<br />
6460 Altdorf<br />
Erweiterungsbau Migros Würzenbach<br />
Mit der gewählten Gebäudeform wird der städtebaulichen<br />
Situation Rechnung getragen, indem<br />
die beiden Strassen nach Adligenswil und Meggen<br />
durch den markanten Bau begleitet und mit<br />
einer eleganten Rundung beim Kreisel zusammengeführt<br />
werden. Das Haus steht wie bis<br />
anhin weitgehend auf Stützen. Das ausladende<br />
Obergeschoss schafft ebenerdig eine gedeckte<br />
Fussgängerverbindung zwischen den stark frequentierten<br />
Busstationen an den beiden Strassen.<br />
Analog zum Hauptvolumen entwickelt sich auch<br />
der Dachaufbau zu einer freien Form und endet<br />
in einer markanten Auskragung. Zusammen mit<br />
der breiten Aussentreppe vom Trottoir zum<br />
Ladengeschoss wird der Hauptzugang präzise<br />
definiert.<br />
Im Erdgeschoss wird die offene Halle wie bis<br />
anhin zum Parkieren genutzt. Im Obergeschoss<br />
befindet sich die grosse Einkaufshalle. Auf drei<br />
Seiten ist eine raumhaltige Schicht vorgelagert,<br />
welche als Fluchtkorridor dient. Dieser Korridor<br />
ist als Stahlkonstruktion konzipiert und an das<br />
massive Gebäude angehängt.<br />
Fassade mit Fluchtkorridor<br />
REPORT<br />
<strong>NEUES</strong> <strong>WAHRZEICHEN</strong> <strong>MIT</strong><br />
<strong>STRECKMETALLFASSADE</strong><br />
63<br />
Die Fassade mit Streckmetallgittern aus grün<br />
patiniertem Kupfer bildet einen Teil der Gebäudehülle<br />
und ist zudem Abschluss des Fluchtkorridors.<br />
Die hautartige Fassade fügt Bestehendes<br />
und Neues zu einem Ganzen zusammen. Dahinter<br />
befindet sich als Abschluss der Innenräume<br />
eine geschlossene, blau verputzte Fassadenwand.<br />
Trotz der Verdoppelung des Volumens erscheint<br />
der Bau durch die transparente Fassadengestaltung,<br />
welche je nach Standort des Betrachters<br />
ihre Tiefenwirkung zeigt, leicht.<br />
Im Verlaufe des Tages ändert die Fassade durch<br />
Schatteneffekte der Gitter und das je nach Blickwinkel<br />
sichtbare Durchschimmern der dahinter<br />
liegenden blauen Wandschicht ihr Erscheinungsbild.<br />
Mit dem Eindunkeln wechselt das Gebäude<br />
seine Wirkung erneut. Die diffuse Beleuchtung<br />
der Zwischenschicht hinter den Fassadengittern<br />
zeigt die Tiefe der Fassadenkonstruktion und<br />
lässt das Haus in blauem Licht als schwebender<br />
Leuchtkörper über der Parkhalle erscheinen.<br />
1<br />
FASSADE FAÇADE 2/2007
64 REPORT<br />
FASSADE FAÇADE 2/2007<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Fluchtwege/Fluchtkorridor<br />
Die Konstruktion mit dem an der Fassade auskragenden<br />
Fluchtkorridor wurde gewählt, damit<br />
keine zusätzlichen Treppenhauskerne die offene<br />
Parkhalle im EG verbauen und somit mehr Parkplätze<br />
für die Kunden zur Verfügung stehen.<br />
Vom Inneren des Gebäudes führen in gleichmässigen<br />
Abständen fünf Türen auf den 1,5 Meter<br />
breiten Fluchtkorridor, von dem man im Notfall<br />
auf zwei Seiten über Fluchtwegtüren nach<br />
aussen gelangt.<br />
Stahlkonstruktion<br />
Der umlaufende Fluchtkorridor ist in einer Leichtbauweise<br />
konzipiert. An der Deckenstirne sind<br />
Jordahlschienen einbetoniert, an denen in regelmässigen<br />
Abständen konisch geschnittene IPE<br />
360-Ausleger befestigt sind. Pro Hauptachse<br />
jeweils vier Stück.<br />
Diese sind zur Reduzierung von Wärmebrücken<br />
im Bereich der Deckenstirne thermisch getrennt,<br />
auf eine Stärke von ca. 90 mm mit Wärmedämmung<br />
eingepackt und von aussen mit einem<br />
Blech verkleidet, das bündig zur Aussenwandverkleidung<br />
montiert ist.<br />
Die Ausleger sind so dimensioniert, dass sie<br />
selbsttragend wirken. Mit einer Spannweite von<br />
1500 mm ragen diese gleich weit heraus wie<br />
die im Dachbereich auskragenden Dachträger<br />
aus IPE 270. Die einzelnen Ausleger sind durch<br />
Gitterroste und Stahlwinkel verbunden, die so einen<br />
Laubengang bzw. einen um das Gebäude<br />
führenden Fluchtbalkon bilden.<br />
Am äusseren Ende der Ausleger sind vertikale,<br />
konisch geschnittene, nach aussen gewölbte<br />
Stahlstützen befestigt. Diese T-förmigen Stützen<br />
aus zwei zusammengeschweissten Flachstahlprofilen<br />
sind im Sturzbereich mit den auskragenden<br />
Dachträgern zusammengeschraubt und bilden<br />
zusammen mit den Auslegern die Unterkonstruktion<br />
für die Befestigung des gewölbten<br />
Streckmetalls.<br />
Für die Befestigung der Fassadenhülle sind an<br />
den einzelnen Stützen vertikale und horizontale<br />
Rechteckrohre angebracht.<br />
Fassadenkonstruktion<br />
Die äussere Hülle der Fassadenkonstruktion besteht<br />
aus Kupfer-Streckmetallgitter, die in sich auf<br />
einer eigenen Unterkonstruktion aus U-Profilen<br />
befestigt wurden. Diese wurden dann auf die<br />
vormontierten Rechteckprofile dilatierend eingehängt.<br />
Damit eine freie Dilatation zwischen den<br />
unterschiedlichen Materialien stattfinden kann,
wurden Langlöcher vorgehalten, die diese Veränderungen<br />
aufnehmen können.<br />
Das gleiche Verfahren wendete man bei den<br />
in der Untersicht angebrachten Verkleidungsblechen<br />
an.<br />
Das gewählte Streckmetall erwies sich als sehr<br />
geeignet für diesen Zweck. Bei voller Sonneneinstrahlung<br />
werden ca. 45% davon reflektiert und<br />
ca. 47% absorbiert. Durch die hinterlüftete Bauweise<br />
wird somit durch thermischen Auftrieb die<br />
meiste Erwärmung abgeleitet.<br />
Materialien und Oberflächen<br />
Die rohen Streckmetallgitter sind aus Kupferblechen<br />
CU-DHP und sauerstofffrei. Die Aussenseiten<br />
der Streckmetallgitter sind in Handarbeit<br />
leicht grün patiniert worden. Die Oberfläche<br />
kann sich an der montierten Fassade durch das<br />
örtliche Klima und durch die Umwelteinflüsse<br />
farblich verändern. Um nach dem Patinieren die<br />
Oberfläche zu schützen, mussten alle Streckmetallgitter<br />
für den Transport mit einer Zwischenlage<br />
abgedeckt werden.<br />
Alle Aluminiumteile sind chemisch vorbehandelt<br />
und pulverbeschichtet. Die Stahlteile sind feuerverzinkt<br />
und anschliessend duplexiert.<br />
5 6<br />
Streckmetall im Fassadenbau<br />
Die Verwendung von Streckmetall im Fassadenbau<br />
erlaubt grosse Gestaltungsfreiheit. Wie man<br />
an diesem Objekt sehen kann, besticht das<br />
Streckmetall durch Variantenreichtum in Sachen<br />
Sonnenschutz, Lichtdurchlässigkeit und Anpassung<br />
an räumliche Formgebung.<br />
Durch das immer wieder wechselnde Licht am<br />
Tage und der Hinterleuchtung in der Nacht erfährt<br />
die Fassade eine stetige Veränderung, die<br />
von transparent zu geschlossen pendelt.<br />
Für den Betrachter ergeben sich somit immer<br />
wieder neue spielende Fassadenoberflächen und<br />
Bilder.<br />
Die Beschaffung des Materials musste wegen<br />
seines im Jahr 2006 hohen Kupferpreises und der<br />
grossen Nachfrage in einer sehr ungewöhnlich<br />
frühen Phase der Auftragsabwicklung organisiert<br />
werden. Nur durch einen solchen taktischen<br />
Schachzug konnten die eng gesetzten Termine<br />
eingehalten werden und den börsenkotierten<br />
Kupferpreis einfrieren.<br />
Kupfer ist ein sehr gut leitendes Material, das<br />
aufgrund seiner Stellung auf der positiven Seite<br />
in der elektrochemischen Spannungsreihe bei falscher<br />
Kombination mit anderen Materialien und<br />
falscher Behandlung diese gefährden kann.<br />
REPORT<br />
65<br />
Da es sich bei diesen Fassadenverkleidungen um<br />
Kupfer handelt, musste darauf geachtet werden,<br />
dass weder eine Korrosionsgefahr noch eine<br />
Elektrolyse stattfinden konnte.<br />
Um eine weitgehende, direkte Berührung zwischen<br />
den beiden Metallen zu verhindern, wurden<br />
durch Anordnung einer Dichtung zwischen<br />
Kupferblechen und Aluminiumrohren Gummiprofile<br />
aus EPDM eingesetzt.<br />
Dies wurde auch nötig, damit messinghaltiges<br />
Wasser kein elektrochemisches Element mit dem<br />
Aluminium bilden kann und durch abfliessendes<br />
Regenwasser mitgeführte Kupferionen zur Elementbildung<br />
führen können, die eine schnelle<br />
Zerstörung herbeiführen.<br />
Alle Verschraubungen wurden aus diesem Grund<br />
auch aus Edelstahl rostfrei gewählt.<br />
Kupfer und Umwelt<br />
1 Haupteingang mit dem<br />
auskragenden Vordach.<br />
Dachfläche ebenfalls mit<br />
Streckmetallgitter gedeckt.<br />
2 Fassade mit patiniertem<br />
Streckmetallgitter. Die<br />
Fassade hat vertikal und<br />
horizontal einen Radius.<br />
3 Fassadenansicht bei<br />
Nacht. Durch die<br />
Hinterleuchtung wird die<br />
Fassade transparent.<br />
4 Ansicht des Haupteinganges,<br />
mit dem eingeschobenen<br />
Abschluss und<br />
einer Schiebetüre. Die<br />
Untersicht des Vordaches<br />
aus Alu-Streckmetallgitter<br />
in dunkler Farbe.<br />
Mit dem Metall Kupfer können ästhetisch anspruchsvolle<br />
und auf lange Sicht kostengünstige<br />
Lösungen ermöglicht werden. Der Vorteil zeichnet<br />
sich mit der vollständigen Recyclingfähigkeit<br />
des Werkstoffs Kupfer als hervorragendes Material<br />
für die Herstellung von Fassadenverkleidungen<br />
aus. Angesichts der ausserordentlichen<br />
FASSADE FAÇADE 2/2007
66 REPORT<br />
5 Aussenansicht der<br />
gewölbten Fassade und<br />
der Untersicht aus Streckmetall.<br />
6 Aussenansicht der<br />
Streckmetallfassade mit<br />
einem Stossdetail der<br />
Gitter.<br />
7 Stahlbauperspektive<br />
und Schnitte der Streckmetallfassade<br />
durch den<br />
Fluchtkorridor und die<br />
gerade Fassade.<br />
8 Innenansicht Fluchtkorridor<br />
mit Gitterrostlauffläche.<br />
Die Durchsicht ist<br />
von Innen nach Aussen<br />
sehr hoch.<br />
9 Innenansicht eines<br />
Fassadenecken.<br />
Auslaufender Radius im<br />
Grundriss.<br />
FASSADE FAÇADE 2/2007<br />
� Geschossdecke<br />
� Stahl-Konsolen<br />
� Alu-Unterkonstruktion<br />
� Streckmetallgitter<br />
� Mauerwerk<br />
� Fenster<br />
� Stahlbau<br />
� Fassadenabschluss<br />
� Dachaufbau<br />
� Dachrand<br />
� Jordalschiene<br />
� Gitterrostauflager<br />
� Gitterrost<br />
� Stahlschwert<br />
7
Langlebigkeit und der Wartungsfreiheit ist Kupfer<br />
die richtige Wahl.<br />
Fassadengeometrie<br />
Die Fassadengeometrie ist zum Teil mit einem<br />
horizontalen Bogen sowie einem vertikalen Bogen<br />
ausgebildet. Dies ergibt eine dreidimensionale<br />
Form der Fassadenfläche. Die rechteckig gelieferten<br />
Streckmetallgitter mussten auf der Baustelle<br />
an die verschiedenen Bogen angepasst<br />
werden. Um einen sauberen Übergang bei den<br />
Gitterstössen zu erhalten, wurde auf beiden Seiten<br />
der Streckmetallgitter die Rautenform gleich<br />
breit ausgebildet. Da die Streckmetallgitter zu<br />
diesem Zeitpunkt schon patiniert waren, musste<br />
bei der Montage mit grösster Sorgfalt zugeschnitten<br />
werden.<br />
Termine<br />
� Startsitzung am 21.12.2005<br />
� Werkstatt Stahlmaterial ab KW 16<br />
� Montage Stahlmaterial ab KW 22<br />
� Werkstatt Alu-Material ab KW 32<br />
� Montage Alu-Material ab KW 35<br />
� Montage Kupfer-Streckmetallgitter<br />
ab KW 36<br />
� Montageende KW 47<br />
� Neueröffnung Migros Würzenbach<br />
30.11.2007<br />
Objektinformationen<br />
Dachfläche nach Umbau: 2156 m 2<br />
Fassadenfläche: 1560 m 2<br />
Fläche Fluchtkorridor: 170 m 2<br />
Gewicht Stahlbau: 75 Tonnen<br />
Gewicht Fluchtkorridor: 10 Tonnen<br />
Gewicht Kupfer: 11 Tonnen<br />
Streckmetall<br />
Typ und Technische Werte<br />
Reflexion 45%<br />
Transmission 8%<br />
Absorption 47%<br />
REPORT<br />
8 9<br />
Bautafel<br />
Bauvorhaben:<br />
Erweiterung Migros Würzenbach,<br />
6006 Luzern<br />
Bauherrschaft:<br />
Genossenschaft Migros Luzern,<br />
6031 Ebikon<br />
Architekt:<br />
TGS Architekten,<br />
6003 Luzern<br />
Generalunternehmer:<br />
Anliker AG, Generalunternehmung,<br />
6021 Emmenbrücke<br />
Bauingenieur:<br />
Bernhard Trachsel,<br />
6006 Luzern<br />
Fassadenbauer:<br />
RUCH Griesemer AG,<br />
6460 Altdorf<br />
Lieferant Streckmetall:<br />
Metallpfister, E. Pfister & Cie. AG,<br />
8305 Dietlikon<br />
67<br />
FASSADE FAÇADE 2/2007