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Achtsames Leben Frühjahr 2017

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Am Anfang ein Traum<br />

Über die tieferen Quellen sozialen Wandels<br />

Vor einigen Wochen sprach ich mit einer Freundin,<br />

deren Tochter begonnen hat, Konfliktforschung<br />

zu studieren. Sie erzählte, wie schwierig<br />

es für die junge Frau sei, mit der Fülle an<br />

dramatischen Nachrichten zurechtzukommen,<br />

die nun durch Erfahrungsberichte von sozialen<br />

Brennpunkten überall auf der Welt auf sie<br />

einströmen. Denn diese drastischen Berichte<br />

finden nur selten einen Ausgleich in Erfolgsgeschichten<br />

wirksamer gesellschaftlicher Veränderung.<br />

Schnell kann da die Hoffnung auf<br />

eine tatsächliche Transformation unserer Welt<br />

verloren gehen – eine Hoffnung, die uns erst<br />

veranlasst, uns für den Wandel zu engagieren.<br />

Nach dem Gespräch fragte ich mich, ob wir dabei<br />

nicht oft die tieferen Quellen der Hoffnung<br />

vergessen.<br />

Die Kraft der Vision<br />

Unser Umgang mit den sozialen Konflikten dieser<br />

Welt richtet sich meist auf das Reparieren<br />

der Missstände, die wir sehen. Aber die Menschen,<br />

die sich für große positive Umbrüche<br />

einsetzten, wie Mahatma Gandhi, Martin Luther<br />

King, Nelson Mandela oder Sophie Scholl, reagierten<br />

nicht nur auf die Fehlerhaftigkeit ihrer<br />

Gesellschaften. Sie waren von der Vision einer<br />

gerechteren Welt erfüllt, bewegt und begeistert.<br />

„Ich habe einen Traum“, sagte Martin Luther<br />

King in seiner berühmten Rede während<br />

des Marsches auf Washington, „dass meine vier<br />

kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben<br />

werden, in der man sie nicht nach ihrer<br />

Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilen<br />

wird.“<br />

Gesellschaftlicher Wandel beginnt mit einem<br />

Traum – wir eröffnen uns eine Dimension des<br />

Möglichen und machen so Raum für das, was<br />

gegenwärtig noch unmöglich erscheint. Was<br />

bewusstes leben<br />

Autor: Mike Kauschke<br />

„Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.“<br />

Hermann Hesse<br />

diese Visionäre sozialer Transformation auszeichnet,<br />

ist nicht ihr Wissen, ihre Macht oder<br />

klugen Strategien, es ist eine Verletzlichkeit für<br />

das <strong>Leben</strong>, in der die Frage nach einer neuen,<br />

gerechteren, menschenfreundlicheren Wirklichkeit<br />

immer dringlicher wird. Diese Frage, in der<br />

schon die Ahnung der Antwort vernehmbar ist,<br />

hat dann die Kraft, viele Menschen zu berühren.<br />

Aber in dieser Berührung wird sich durch<br />

uns das <strong>Leben</strong> einer neuen Möglichkeit bewusst,<br />

einer größeren Verwirklichung der Wahrheit,<br />

Schönheit und Güte, die dem <strong>Leben</strong> selbst<br />

innewohnt. Die großen Visionäre waren auch<br />

deshalb bereit, ihr <strong>Leben</strong> für ihren Glauben an<br />

das Mögliche einzusetzen, weil sie mit diesem<br />

sie übersteigenden Strom des Guten verbunden<br />

waren, wie beispielsweise Gandhi sagte: „Die<br />

Ehrfurcht vor dem ‚universalen und alles durchdringenden<br />

Geist der Wahrheit‘ [...] hat mich in<br />

die Politik geführt.“<br />

In meiner eigenen Biografie war der Fall der<br />

Mauer ein Moment, in dem das scheinbar Unmögliche<br />

plötzlich Wirklichkeit wurde. Ich bin in<br />

der ehemaligen DDR aufgewachsen und kann<br />

mich noch gut erinnern, als ich im Radio hör-<br />

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