01.04.2017 Aufrufe

Zeitung - Das Recht auf Wahrheit - Herbst 2016

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

BILDUNG<br />

Schluss mit Reformen,<br />

Ich war 32 Jahre lang Lehrer mit Leib und Seele, bevor ich 2008<br />

(nach 32 Jahren Tätigkeit) <strong>auf</strong>grund zahlreicher Missstände freiwillig<br />

aus diesem System ausstieg. Doch nun kurz zu meiner Geschichte:<br />

Text:<br />

Renate Hönig<br />

Es war 1976, als ein langgehegter<br />

Kindheitstraum<br />

in Erfüllung ging.<br />

Ich konnte in der GTS<br />

(Ganztagsschule) Roterdstraße<br />

in 1160 Wien meinen<br />

Dienst als Hauptschullehrerin<br />

antreten.<br />

Interessant in diesem Zusammenhang<br />

ist, dass ich<br />

„nur“ als Volksschullehrerin<br />

ausgebildet war.<br />

Beim Bewerbungsgespräch<br />

im Stadtschulrat<br />

für Wien fragte mich<br />

der zuständige Beamte,<br />

welches Parteibuch ich<br />

hätte.<br />

Verwirrt und entsetzt über<br />

diese Frage gab ich als<br />

Antwort: „Ich will doch<br />

nur Lehrerin sein. Was hat<br />

Politik damit zu tun?“<br />

Im Nachhinein ist es für<br />

mich nicht mehr verwunderlich,<br />

dass ich ohne entsprechenden<br />

SPÖ-Parteibuch<br />

keinen Job als<br />

Volksschullehrerin bekam.<br />

Stattdessen musste ich als<br />

nicht ausgebildete Hauptschullehrerin<br />

in der GTS<br />

Roterdstraße unterrichten.<br />

Um meinen Traum nicht<br />

<strong>auf</strong>zugeben, nahm ich<br />

diese Herausforderung an.<br />

Wie Sie sich sicher vorstellen<br />

können, war es für<br />

mich als 19jährige Junglehrerin<br />

eine extreme<br />

Stressbelastung, im 1.<br />

Dienstjahr ausschließlich<br />

14- bis 15jährige Schüler<br />

zu unterrichten.<br />

Dies auch in Gegenständen,<br />

für die ich überhaupt<br />

keine Ausbildung besaß -<br />

eine absolute Verantwortungslosigkeit<br />

des Stadtschulrates.<br />

Ich hatte zwei Möglichkeiten:<br />

An dieser Herausforderung<br />

zu zerbrechen<br />

oder daran zu wachsen.<br />

Bei mir war <strong>auf</strong>grund meiner<br />

inneren Einstellung<br />

und Entschlossenheit letzteres<br />

der Fall.<br />

Ich wollte Lehrerin mit<br />

Leib und Seele sein, die<br />

die Entwicklung der Kinder<br />

bestmöglichst fördert.<br />

Lernen mit Freude, Wertschätzung,<br />

Gemeinsamkeit<br />

und Zusammenhalt in<br />

der Klasse waren mir ein<br />

Herzensanliegen.<br />

So wie ich dachten und<br />

fühlten auch viele meiner<br />

Berufskollegen. Engagierte<br />

Lehrer waren - im<br />

Gegensatz zu heute -<br />

damals keine Seltenheit.<br />

Entwicklungsprojekte<br />

auszuwählen.<br />

Eines dieser beiden Projekte<br />

war, eine Schule in<br />

den Elendsvierteln von<br />

Lima zu unterstützen.<br />

Die gesamte Schule<br />

(Schüler, Lehrer und Eltern)<br />

beteiligten sich das<br />

ganze Jahr über an diesen<br />

sozialen Aktivitäten.<br />

Dabei wurde den Kindern<br />

die Sinnhaftigkeit echter<br />

Entwicklungshilfe in der<br />

Praxis näher gebracht.<br />

Ein weiteres Projekt echter<br />

Schulpartnerschaft (=Zusammenarbeit<br />

zwischen<br />

Lehrern, Eltern und Schülern),<br />

war die Aufführung<br />

des Musicals „Cats“.<br />

Dieses wurde in monatelanger<br />

Arbeit gemeinsam<br />

mit den Kindern außerhalb<br />

der Schulzeit einstudiert,<br />

ohne die Schul<strong>auf</strong>gaben<br />

zu vernachlässigen.<br />

8<br />

Foto: © Monkey Business Images | Dreamstime.com<br />

Wir setzten viele Projekte,<br />

die wir in unzähligen,<br />

unbezahlten Stunden<br />

in der Freizeit ausarbeiteten,<br />

gemeinsam um.<br />

So fuhr ich in den Sommerferien<br />

gemeinsam mit<br />

mehreren Kollegen nach<br />

Peru, um vor Ort zwei<br />

Mütter nähten die Kostüme,<br />

Väter halfen beim<br />

Aufbau der Kulissen mit.<br />

Zur Ur<strong>auf</strong>führung des Musicals,<br />

welches wir zwei Jahre<br />

lang an verschiedensten<br />

Plätzen <strong>auf</strong>führten, kamen<br />

rd. 500 Leute. Eine unvergessliche<br />

Zeit für alle!!!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!