Stabilitat im Sudkaukasus
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Karin Strenz<br />
Mitglied des Deutschen Bundestages<br />
Vorsitzende der Deutsch-Südkaukasischen<br />
Parlamentariergruppe<br />
Johannes Kahrs<br />
Mitglied des Deutschen Bundestages<br />
Stellv. Vorsitzender der Deutsch-Südkaukasischen<br />
Parlamentariergruppe<br />
Pressemitteilung<br />
Stabilität <strong>im</strong> Südkaukasus<br />
Seit 25 Jahren währt der Konflikt um Berg-Karabach zwischen den südkaukasischen Ländern<br />
Armenien und Aserbaidschan. Viele Menschen verloren <strong>im</strong> Verlaufe dieses blutigen Konfliktes<br />
ihr Leben. Das für das kollektive Gedächtnis der Aserbaidschaner prägendste Ereignis ist das<br />
Massaker von Chodschali am 25. Februar 1992. In der Nacht auf den 26. Februar 1992 kamen<br />
bei dem gewaltsamen Überfall und der damit einhergehenden Einnahme der Stadt durch<br />
armenische Truppen viele hundert Aserbaidschaner ums Leben, darunter Frauen und Kinder.<br />
Viele Menschen wurden <strong>im</strong> Zuge dieses Konfliktes verletzt, mehr als eintausend Menschen<br />
wurden in Geiselhaft genommen.<br />
Viele Menschen haben in dieser Zeit und darüber hinaus ihre He<strong>im</strong>at verloren und wurden zur<br />
Flucht gezwungen. Aserbaidschan beherbergt bei 9,5 Millionen Einwohnern über eine Million<br />
Flüchtlinge und Binnenvertriebene.<br />
Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ benennt die Geschehnisse in der<br />
eingenommenen Stadt als „das größte Massaker“ <strong>im</strong> Zuge des Berg-Karabach-Konfliktes. Die<br />
Organisation unterstreicht in diesem Zusammenhang: „Obschon es weit angenommen worden<br />
ist, dass die Zahl der ermordeten Aserbaidschaner 200 sei, könnte man allerdings auch von 500<br />
bis 1000 Opfern sprechen. 1 […] Wir ziehen die armenischen Kräfte in Karabach zur direkten<br />
Verantwortung für diese Ziviltodesfälle.“<br />
Im April 2015 erinnerte Papst Franziskus auf dem Petersplatz mit aserbaidschanischen Kindern<br />
und Jugendlichen an die Opfer des Massakers von Chodschali und dem damit einhergehenden<br />
„Frozen Conflict“, der bis zum heutigen Tage andauert.<br />
Nach dem Zerfall der Sowjetunion hatten die drei südkaukasischen Länder Georgien, Armenien<br />
und Aserbaidschan die Chance erhalten, sich unabhängig zu entwickeln und gemeinsam für<br />
Stabilität <strong>im</strong> Südkaukasus zu sorgen. Doch der seit Jahrzehnten andauernde Konflikt hat sowohl<br />
die Entwicklung als auch die Stabilität in dieser Region nachhaltig gehemmt.<br />
Der Deutsche Bundestag betrachtet den Frieden als die wichtigste Voraussetzung für die<br />
Stabilität Europas. Die Bundesrepublik Deutschland will sowohl Armenien als auch<br />
Aserbaidschan ein verlässlicher Partner sein. In dieser Hinsicht ist es wichtig, sich auf<br />
gemeinsame internationale Standards zu verständigen, auf dessen Grundlage sich die<br />
1<br />
Human Rights Watch / Helsinki. Azerbaijan: Seven Years of Conflict in Nagorno-Karabakh. New York. 1994<br />
1
Karin Strenz<br />
Mitglied des Deutschen Bundestages<br />
Vorsitzende der Deutsch-Südkaukasischen<br />
Parlamentariergruppe<br />
Johannes Kahrs<br />
Mitglied des Deutschen Bundestages<br />
Stellv. Vorsitzender der Deutsch-Südkaukasischen<br />
Parlamentariergruppe<br />
Pressemitteilung<br />
partnerschaftlichen Beziehungen zu den Ländern des Südkaukasus entwickeln. Insofern ist in<br />
erster Linie das Völkerrecht die Grundlage des gemeinsamen Miteinanders. Dieses Recht, nicht<br />
militärische Gewalt, muss der Maßstab sein. Die territoriale Integrität der Staaten und die<br />
Unantastbarkeit der Grenzen sind dessen grundlegende Prinzipien. Vier UN-Sicherheitsrats-<br />
Resolutionen (Nr.: 822, 853, 874, 884) bekräftigen diesen Standpunkt und halten die Besetzung<br />
der Gebiete durch Armenien für völkerrechtswidrig. 2 Dies sind grundlegende Fakten, die nicht<br />
ignoriert werden dürfen.<br />
Zudem unterstreicht die Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates 2085<br />
(2016) den völkerrechtswidrigen Zustand.<br />
Der Deutsche Bundestag hat bereits in der 16. Wahlperiode die Bundesregierung aufgefordert,<br />
zur Befriedung der instabilen Lage in der Region Südkaukasus <strong>im</strong> Rahmen ihrer Möglichkeiten<br />
beizutragen und sich dafür einzusetzen, dass die den Berg-Karabach betreffenden<br />
Resolutionen der Vereinten Nationen, sowie die entsprechenden Beschlüsse und Resolutionen<br />
der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und der OSZE 3 von allen Parteien erfüllt<br />
werden, um so den Gefahren eines neues Konfliktausbruchs entgegenzuwirken. Der Beschluss<br />
des Deutschen Bundestages vom 14. Mai 2009 hat nach wie vor Gültigkeit. 4<br />
Die Vorstellung, dass es bei der Lösung des Berg-Karabach Konfliktes unter anderem zunächst<br />
um die Beendigung der Besetzung der sieben um Berg-Karabach liegenden<br />
aserbaidschanischen Provinzen und um die Rückkehr der Flüchtlinge in ihre He<strong>im</strong>at geht, wird<br />
von deutscher Seite geteilt. Ein erster Schritt zur Lösung des Konfliktes muss es sein, die<br />
Geltung des Völkerrechts unmissverständlich einzufordern und das Flüchtlingsproblem <strong>im</strong><br />
Sinne des Rechts der Vertriebenen auf Rückkehr in ihre He<strong>im</strong>at in Übereinst<strong>im</strong>mung mit den<br />
Menschenrechten zu lösen.<br />
Eine friedvolle Lösung des Kaukasus-Konfliktes bedarf vieler Voraussetzungen. Eine<br />
ernstzunehmende Maßnahme ist für einen lösungsorientierten Ansatz die Geste des Bedauerns<br />
und des Mitgefühls der menschenunwürdigen Ereignisse in Chodschali. Dieses Vorgehen<br />
würde wichtige Schritte hin zu friedvollen Verhältnissen <strong>im</strong> Südkaukasus erzielen und zugleich<br />
den Menschen in Aserbaidschan, vor allem auch den Hinterbliebenen der Opfer, ein<br />
wegweisendes Signal mit weitreichender Wirkung geben.<br />
2<br />
http://assembly.coe.it/Documents/AdoptedText/TA05/ERES1416.htm<br />
3<br />
Vgl. Lissabonner Dokument 1996, in: Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität<br />
Hamburg/IFSH (Hrsg.), OSZE-Jahrbuch 1997, Baden-Baden 1997, S. 453-483, hier: Anhang 1, S. 466<br />
4<br />
Vgl. Bundestagsdrucksache 16/12102<br />
2
Karin Strenz<br />
Mitglied des Deutschen Bundestages<br />
Vorsitzende der Deutsch-Südkaukasischen<br />
Parlamentariergruppe<br />
Johannes Kahrs<br />
Mitglied des Deutschen Bundestages<br />
Stellv. Vorsitzender der Deutsch-Südkaukasischen<br />
Parlamentariergruppe<br />
Pressemitteilung<br />
Der 25. Jahrestag des Massakers bietet eine geeignete Gelegenheit, ein Zeichen zu senden,<br />
dass man der Opfer gedenkt – für Frieden und Aussöhnung.<br />
Weitere Maßnahmen können hierauf aufbauen, denn Frieden und Entwicklung bedingen sich<br />
gegenseitig. Eine Annäherung auf wirtschaftlicher Ebene hat den Vorteil, das Miteinander<br />
sowohl <strong>im</strong> Südkaukasus als auch in Europa insgesamt zu stärken.<br />
Stabilität <strong>im</strong> Südkaukasus ist für Deutschland und für Europa insgesamt von großem Interesse.<br />
Die drei südkaukasischen Länder bilden eine wichtige Verbindung Europas zu Zentral- und<br />
Südwestasien. Die Region kann als Förder- und Transitgebiet für fossile Energieträger aus dem<br />
kaspischen Raum eine wichtige Bedeutung für die Sicherheit der Energieversorgung<br />
Deutschlands und Europas spielen.<br />
Wohlstand und zunehmende Zufriedenheit, die zum einen von der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung und zum anderen von dem Bewusstsein, in friedlicher Nachbarschaft<br />
zusammenleben zu können, abhängen, bieten die Chance auf kulturelle und politische<br />
Stabilität und Weiterentwicklung der Südkaukasus-Region<br />
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