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Artrock Festival V - Neuberinhaus 2017-03-31-04-02 Bilder

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<strong>Artrock</strong> <strong>Festival</strong> V im <strong>Neuberinhaus</strong> Reichenbach vom <strong>31</strong>. März bis <strong>02</strong>. April <strong>2017</strong> – Tag 2 – 01. April<br />

Nachdem das Bergkeller <strong>Artrock</strong> <strong>Festival</strong> im Jahre 2008 nach seiner 3. Auflage fast pleite gegangen<br />

war, unter anderen durch Nichterscheinen von Omega, erfuhr es voriges Jahr seine Wiederbelebung<br />

als Indoor <strong>Festival</strong> im geschichtsträchtigen <strong>Neuberinhaus</strong>, dem Reichenbacher Opernhaus. Nach<br />

zaghaftem Neuanfang mit <strong>Artrock</strong> <strong>Festival</strong> IV, ging Uwe Treitingers Plan auf und das bereits parallel<br />

im vorigen Jahr mit vorbereitete <strong>Artrock</strong> <strong>Festival</strong> V fuhr nun endlich zu voller Größe auf, diesmal<br />

sogar mit Omega, die ihr damals ausgefallenes Konzert nachholten, allerdings nicht ohne dass das<br />

Management, bzw. der deutsche Manager Tibor Nagy erneut negativ auffiel und der Auftritt beinahe<br />

wieder in Frage gestellt worden wäre.<br />

Dass diesmal deutlich mehr Besucher angereist waren, liegt wohl auch daran, dass das Line-up der 3<br />

Tage wohl ziemlich einmalig und eine ausgewogene musikalische Mischung war. So konnten wir<br />

Besucher nicht nur aus Frankreich, Schweden, Finnland, den Niederlanden, Österreich, Schweiz,<br />

Tschechien, Polen, Ungarn, Bulgarien, sondern auch aus Übersee, Brasilien, Mexiko und Kalifornien<br />

begrüßen. Klaus ‚Teuchi‘ Teuchert am Einlass hatte Gelegenheit mit vielen ausländischen Besuchern<br />

zu sprechen, und auch die Crew des <strong>Neuberinhaus</strong>es bestätigte uns, die Stadt sei noch nie von so<br />

vielen Autos mit exotischen Kennzeichen zugeparkt gewesen, so dass auch die hiesigen Politessen<br />

wohl mehr als ein Auge zugedrückt haben, was der Stadt auf jeden Fall gut zu Gesicht stand. Auch<br />

Oberbürgermeister Raphael Kürzinger ließ es sich nicht nehmen am Sonnabend trotz seines 50.<br />

Geburtstages einige Grußworte an die Besucher zu richten und Uwe Treitinger zu danken, dass er<br />

Unglaubliches für die Stadt Reichenbach und die gesamte Region leistet. Wörtlich: ‚Was Uwe für<br />

unsere Stadt leistet, ist nicht mit Gold aufzuwiegen‘. Denn wo 15 Bands sowie mehr als 500 Fans aus<br />

aller Herren Länder für 3 Tage untergebracht werden wollen, davon profitieren weitaus mehr Leute,<br />

als nur der Veranstalter, der vielleicht selbst am wenigsten.<br />

"Die weit höheren Besucherzahlen beim aktuellen <strong>Festival</strong> haben wir auch den fleißigen Fans zu<br />

verdanken, die Flyer verteilt, Zeitungen kontaktiert, Verbindungen hergestellt oder sonst etwas für<br />

unser <strong>Festival</strong> getan haben." sagte Uwe Treitinger.<br />

Wenn auch ein volles Haus schön ist, so hat das nicht nur Vorteile. Gerade in den Umbaupausen war<br />

es im Foyer oftmals doch recht enge und obwohl durch Wertmarken die zeitraubende Geldwechselei<br />

von den Bier- und Verpflegungsständen ferne gehalten wurde, dauerte es in den Pausen dennoch<br />

länger, ehe man drankam. Im Gegensatz zum vorigen Jahr reicht die Verpflegung dieses Mal bis zum<br />

Schluss, für die Falko Jurascheck und sein Helfer unermüdlich für Nachschub sorgte. Dafür waren<br />

andere Sachen so begehrt, dass sie bereits am Nachmittag des zweiten Tages komplett ausverkauft<br />

waren. Unter anderem auch die beidseitig wirklich ansprechend gestalteten <strong>Festival</strong> T-Shirts unsres<br />

Grafikdesigners Daniel Dürbeck, der darüber hinaus auch in seiner Hauptfunktion als Stage Manager<br />

hervorragende Arbeit leistete. Um den Zeitplan halbwegs einzuhalten, erinnerte er die Bands oftmals<br />

recht ungelegen aber bestimmt, rechtzeitig an ihr Auftrittsende.<br />

Unterstützt von Stage Hand Thomas ‚Moritz‘ Werner und ‚Rockwurst‘ Gitarrist, Geiger und<br />

Tontechniker Thomas Bartlog, der zusammen mit der einheimischen Crew von Roadrunner für einen<br />

bombastischen Sound sorgte. Von allen bisher im <strong>Neuberinhaus</strong> erlebten Gigs war es der beste<br />

Sound ever, der zwar bei einigen Bands erst kurz vor der Schmerzgrenze halt machte, aber stets klar<br />

und sauber blieb. Der ganze hintere Bereich des Saales war vollgestellt mit Technik vom feinsten,


insgesamt 3 komplette Ton- und Licht-Mixer, da sowohl Pain of Salvation als auch Omega ihre<br />

eigenen Techniker mit an Bord hatten. Positiv zu erwähnen ist die Entscheidung des Hauses, auch<br />

gegen Uwes Willen im vorderen Bereich einige Stuhlreihen aufzustellen. Wer wollte konnte sitzen,<br />

wer noch besseren Überblick brauchte musste sehen, dass er einen Platz auf dem stets vollbesetzten<br />

Rang bekam.<br />

Nach diesen doch recht allgemeinen aber dennoch erwähnenswerten Fakten, darf ich Euch nun über<br />

Tag 2 berichten:<br />

Ein bekannter und ein völlig unbekannter Musiker eröffneten mit einem rein instrumentalen Set den<br />

2. Tag bereits zur Mittagsstunde. Schwedens erster Vorzeige Bassist, zweiter Blumenkönig und<br />

dritter Karmakanic Mann, Jonas Reingold ist in der Szene auch durch seine zahlreichen<br />

Nebenprojekte bekannt wie ein bunter Hund und vom Österreicher Andy Bartosch haben bestimmt<br />

viele Proggies noch nie einen Ton gehört, denn er ist Jazz Gitarrist.<br />

Im Set gab es dann auch viel gitarrenvirtuoses, bei dem ich mangels Kennung nicht viel mitreden<br />

kann. Dass die Beiden mit viel Beifall bedacht wurden, zeigt einerseits, dass es gut gewesen sein<br />

muss, anderseits dass das Publikum zur Mittagsstunde noch unverbraucht war. Jonas, den man sonst<br />

nur mit Filzhut kennt, sah in seiner derzeitigen Frisur doch recht gewöhnungsbedürftig aus, dann<br />

lieber doch mit Hut.<br />

Alte Bekannte, die schon vor 9 Jahren beim ARF III dabei waren, wenn auch damals noch mit anderer<br />

Sängerin, betraten als nächstes die Bühne. Seven Steps to the Green Door begeisterten mit Material<br />

ihres Konzeptalbums ‚Fetish‘ welches neben gut eingängigen, melodischen auch teils sperrige


Passagen enthält, die nicht so leicht ins Ohr gehen und vom Zuhörer doch einiges abverlangen. Die<br />

neue (live) Sängerin Jana-Christina Pöche<br />

macht zwischen ihren männlichen Kollegen Sören Flechsig<br />

und Lars Köhler


eine gute Figur und kann auch stimmlich überzeugen. Da sich das Besetzungskarussell bei SSTTGD<br />

des Öfteren dreht, ist auch Martin Schnella nicht mehr dabei und eine über Facebook noch am<br />

Abend des Konzertes verbreitete Nachricht, dass die Mitglieder der Band in Zukunft getrennte Wege<br />

gehen werden, muss selbst am 1. April nicht unbedingt ein Aprilscherz gewesen sein, war aber als<br />

solcher gedacht, wie mir Marek Arnold versicherte.


Eine Band, die sicher nur die Wenigsten bisher gehört hatten, es sei denn sie waren zur Bergkeller<br />

Weihnachtsfeier 2009 dabei, ist AnTon (nicht etwa aus Tirol), sondern aus Bernburg. Ihr Chef und<br />

Gitarrist Mario Nieswandt<br />

ist Leiter der Bernburger Lebenshilfe und hat vor Jahren mit einigen (nun nicht mehr ganz)<br />

Jugendlichen mit Handicap diese Band ins Leben gerufen.


Während ansonsten bei Betriebsfesten der Lebenshilfe eher tanzbare Musik von ihnen verlangt wird,<br />

konnten sie hier zeigen, dass sie auch im Bereich von Rock und Prog spieltechnisch mithalten können.<br />

Neben unvermeidlichen Pink Floyd Covers, wie ‚Another Brick in the Wall Part II‘ und ‚Comfortably<br />

Numb‘ kamen auch Songs zur Aufführung, die noch nie von einer Coverband ‚angefasst‘ wurden,<br />

unter anderem auch die ‚Tagesreise‘ der Horst Krüger Band, welche später auch von Lift eingespielt<br />

wurde und aus der Ferne betrachtet, als einer der genialsten Songs der DDR Rockmusik in die<br />

Geschichte einging.


Marek Arnold ließ sich als Überraschungsgast nicht lange bitten und spielte hier die Saxophon<br />

Passagen. Die Band bekam einen riesen Applaus und durfte ausnahmsweise trotz engem Zeitplan<br />

eine Zugabe spielen. Dies gestaltete sich zu einer weiteren Überraschung, Pendragons ‚Am I Really<br />

Loosing You‘, welches auch als Coverversion Gänsehaut erzeugt, wenn es mit so viel Gefühl und nah<br />

am Original zelebriert wird. Man konnte der Band, die sicher noch nie vor so vielen Zuschauern<br />

aufgetreten ist, die Spielfreude ansehen und dieser Funke sprang auch über.


Es tut sicher unheimlich gut, wenn man nach harten Proben vor einem Publikum von gestandenen<br />

Musikfans so abgefeiert wird.<br />

Was die nächste Band betrifft, so muss ich doch etwas weiter ausholen. Mit Simon Caron von Red<br />

Sand verbindet mich schon seit Jahren eine rege ‚Brieffreundschaft‘ per Mail, ich habe mich im<br />

Empire um die meisten CD’s von ihm ‚gekümmert‘ und auch versucht, an den weniger guten noch ein<br />

paar positive Aspekte herauszuarbeiten. Natürlich war ich gespannt, ihn erstmals persönlich<br />

kennenzulernen, denn er war mit seiner Band vorher noch nie in Europa. Da ich auch meine CD’s<br />

meist direkt bei ihm bestellte, hat mir voriges Jahr der Zoll ohne weitere Vorwarnung eine ganze<br />

Lieferung von ‚de Luxe Boxen‘ der 10th Anniversary der ‚Mirrors of Insanity‘ und ‚1759‘ konfisziert.<br />

Ich hoffe mal die freundlichen ‚Beamtinnen‘ mögen Red Sand. Und ich habe Simon mitgeteilt, dass<br />

mit dieser Institution nicht zu spaßen sei und er vorerst keine weiteren teuren Sendungen zu mir<br />

schicken sollte. Darauf versicherte er mir, dass er mir die Boxen in Reichenbach persönlich<br />

übergeben würde. In wieweit er nun meine Warnung nicht so recht verstanden hat, oder wie auch<br />

immer, jedenfalls war er so unklug, sein gesamtes Merchandise Material bestehend aus hunderten<br />

CD’s und T-Shirts per Post an den Bergkeller zu schicken. Daraufhin musste Uwe, als ob er am Freitag<br />

keine anderen Sorgen hatte, in Zwickau beim Zoll antanzen und bekam die Lieferung wegen eines<br />

nicht näher bezeichneten Formfehlers in der Zollerklärung NICHT ausgehändigt. Dass der Versender<br />

des Paketes den Inhalt am nächsten Abend dringend benötige (von Verkauf war gar keine Rede),<br />

beeindruckte die dienstbeflissenen Zollbeamten nur wenig. Der Eigentümer der Ware könne ja gerne<br />

am MONTAG vorbeikommen, Sonnabend wäre jedenfalls geschlossen. Würde das Paket am Montag<br />

nicht abgeholt, ginge es natürlich kostenpflichtig für den Empfänger zurück nach Kanada. Tolle<br />

Leistung unserer deutschen Bürokraten, die ja nur korrekt ihre Arbeit machen. Simon, selbst<br />

Sicherheitsbeamter am Flughafen in Quebec, müsste sich eigentlich mit Beamtentum auskennen.<br />

Während andere sich in diesem Land die Taschen mit Millionen füllen, wird ehrlichen Musikern von<br />

oberster Stelle und mit Staatsgewalt jede Chance genommen, zu wenigstens so viel Umsatz zu


machen, dass sie die Unkosten der langen Reise decken. Lasst es mich offen sagen, es ist eine<br />

maßlose Schweinerei, die hier passiert ist. Denn so kam es, dass Red Sand an diesem Abend mit<br />

leeren Händen da standen und die Enttäuschung war ihnen ins Gesicht geschrieben. Dennoch legten<br />

sie einen bemerkenswerten Auftritt hin, der mit ‚Soldiers‘ vom aktuellen Album begann. Sänger<br />

Stephane "Steff" Dorval erschien mit weißer Uniform und kämpfte sich gegen unsichtbare Feinde<br />

über die Bühne. Mit dem ersten Longsong ‚Submissive‘ des 2005er Albums Gentry folgte ein richtiges<br />

Highlight, Steff spielt darin eine Marionette, die unterwürfig und recht hilflos in ihren Seilen hängt.<br />

In ‚My Mind‘ kehrt er als Soldat zurück und in ‚Very Strange‘ versucht er, aus einem imaginären<br />

‚Eisenkäfig‘ auszubrechen. Von allen Sängern des <strong>Festival</strong>s zeigte Steff die beeindruckendsten<br />

schauspielerischen Leistungen. Bassist André Godbout beweist auf seinem ‚Schachbrett‘ Bass,


dass in Songs wie ‚Submissive‘ der Bass nicht nur Rhythmusinstrument ist, sondern auch ganze<br />

Melodien trägt. Besondere Beachtung verdient Simons Tochter Pennsylia, ein kleines zierliches<br />

Mädchen von gerade mal 20 Jahren, die hinter ihrer Keyboard Burg gerade so zu sehen war.


Technisch absolut perfekt spielte sie sich durch das schwierige Material. Doch auch Simon selbst<br />

zeigte sich ganz als Profi,<br />

denn als ihm mitten in ‚Very Strange‘ kurz vor einem wichtigen Einsatz der Gurt von der Gitarre<br />

abging, spielte er sein Solo kurzerhand genau so sauber und perfekt im knien, erst Steff konnte ihn<br />

aus dieser misslichen Lage wieder erlösen. Drummer Luc Coletta hatte zwar bisschen Mühe mit<br />

lockeren Becken des von der Firma CUBE bereitgestellten ‚Dark Sorcery‘ Drumkits, nahm die Sache<br />

aber sehr gelassen, auch wenn dadurch ein paar ungewollte Kunstpausen entstanden.


Durch die ohnehin knappe Spielzeit rächte sich natürlich die vorher etwas längere Umbaupause und<br />

der eigentlich noch versprochene 19 min. Song ‚The Last Farewell‘, den ich schon in voller Schönheit<br />

und in ‚Stereo‘ zum <strong>Festival</strong> angekündigt hatte, fiel leider dem Zeitplan zum Opfer. Dafür gab es als<br />

Zugabe noch ‚Blame‘ vom Mirrors Album, bei dem Steff in Zwangsjacke eingeschnürt voll den<br />

Psychopathen heraushängen lies, eine Rolle die er nach eigener Aussage recht gerne spielt.


Obwohl der größte Teil des Publikums bislang noch nie mit Red Sand konfrontiert worden war, wurde<br />

ihr erster Europa Gig überhaupt, ziemlich frenetisch abgefeiert. Da kaum jemand im Besitz aller CD’s<br />

gewesen sein dürfte, hätte die Band dort reichlich verkaufen können. Umso tragischer der Umstand,<br />

dass das Material nur wenige Kilometer entfernt gut verwahrt in der Asservatenkammer lag. Die<br />

wenigen Exemplare die der Empire Stand vorrätig hatte, waren binnen weniger Minuten ausverkauft.<br />

Als nächstes stand die deutsche Band Crystal Breed aus Hannover auf dem Programm, begonnen<br />

wurde mit ‚Barrier of Ignorance‘ von ihrer aktuellen CD ‚Barriers‘, gefolgt von ‚When your Castle is<br />

not your Home‘, einem Song über die zunehmende Entfremdung in der Gesellschaft. Der<br />

monumentale Song besticht durch überzeugende Stimmleistungen von Niklas Turmann und einem<br />

starken Keyboard Solo von Corvin Bahn.<br />

Beim Titel ‚The Place Unknown‘ wurde das Publikum mit männlichen und weiblichen Chorgesängen<br />

mit einbezogen, ein herrlicher Spaß und insgesamt ein so wuchtiger Sound, dass meine<br />

Kamera(dinnen) gehörig in Schwingungen versetzt wurden und die Aufnahmen daher nicht zu<br />

gebrauchen sind.


Mit dem grandiosen ‚Words of Silence‘ endete der erste Teil des Set. Nach einer weiteren<br />

Umbaupause (was gab es hier eigentlich umzubauen?) standen die gleichen Musiker noch einmal als<br />

Begleitband von Uli Jon Roth auf der Bühne. Als einer der deutschen Musiker, der es zusammen mit<br />

den Scorpions auch zu internationalem Ruhm gebracht hat, gilt er zu Recht als Legende unter den<br />

Gitarristen.<br />

Mit versteinerter Mimik und höchst konzentriert wurde Material der glorreichen 70er Jahre geboten,<br />

wo ich unter anderem ‚In Trance‘ ausmachen konnte, aber auch viel mir unbekannten Stoff.


Bemerkenswert seine Soloausflüge auf der Doppelhalsgitarre in ‚Fly to the Rainbow‘, der mich schon<br />

auf der Tokyo Tapes von 1978 faszinierte. Die dargebotene Version stand dem Highlight von damals<br />

in keiner Weise nach und bewies, dass Uli Jon Roth auch 44 Jahre später noch als Garant für schräge<br />

Gitarrentöne allererster Güte steht.


Nicht an jedem Musiker geht die Zeit spurlos vorüber, das wurde wenig später von Chris Thompson<br />

ziemlich deutlich unter Beweis gestellt. Hätte mich jemand bei den ersten recht bluesig<br />

angehauchten Songs nach diesem Sänger gefragt, so hätte er wohl nur ein nichtssagendes<br />

Schulterzucken bekommen. Denn auf die Idee wäre ich wohl nicht gekommen, dass sich mit langem<br />

Kinnbart und Basecap getarnt hier Chris Thompson hinter der Sonnenbrille versteckt.<br />

Das einzige Mal, wo ich ihn bisher live sah, war im Umfeld der Jeff Wayne ‚Krieg der Welten‘<br />

Aufführung in London, wo er weder getarnt noch maskiert auftrat und ich von der Authentizität<br />

seiner Stimme bei ‚Thunderchild‘ noch ziemlich fasziniert war, denn damals war diese noch<br />

voluminös und in Ordnung. Als DIE Stimme der Manfred Mann's Earth Band wurde er uns hier<br />

angekündigt, doch selbst bei Songs wie ‚Father of Day, Father of Night‘ oder ‚Messin‘ stellte sich<br />

dieses Feeling beim besten Willen nicht ein. Zumal diese im Original auch noch von Mick Rogers<br />

intoniert wurden. Die norwegische Mads Eriksen Band gab sich zwar bei ‚Fathers‘ sichtbar alle Mühe,<br />

jedoch an das grandiose, das gesamte Schaffen der Earth Band überragende Original der ‚Solar Fire‘<br />

von 1975 reichte man auch in den langen Instrumentalpassagen bei weitem nicht heran. Erst mit<br />

Songs, die Chris damals selbst eingesungen hatte, wie ‚Marthas Madman‘ oder der unverwüstliche<br />

‚Mighty Quinn‘ kam das Feeling auf, hier tatsächlich ‚dieser‘ Stimme zu lauschen. Zum Schluss wurde<br />

‚Davis wieder auf die Straße‘ geschickt und nach der Zugabe ‚You’re The Voice‘, welche Thompson im<br />

Original komponiert hatte, wurden wir mit der Gewissheit in die späte Nacht entlassen, dass auch an<br />

Legenden das Alter nicht spurlos vorüber zieht. Dennoch war es für einen Auftritt eines mittlerweile<br />

69-jährigen noch immer bemerkenswert, wenn man auch anfangs in recht enttäuschte Gesichter<br />

blickte.<br />

Dass andere Legenden auch in höherem Alter noch zu Höchstleistungen fähig sind, bewiesen am<br />

dritten Tag die sichtlich gealterten Herren von Omega, die noch einige Jährchen mehr auf dem Buckel


haben, aber dennoch kraftvoll und unverbraucht klangen. Darüber erzählt sicherlich Bodo Kubatzki,<br />

der über Tag 3 berichten wird.<br />

Eine Episode noch am Rande, da ich mein Filmequipment neben dem Mischpult von Omega zu<br />

stehen hatte, forderte man mich vor deren Auftritt auf, die Kameras müssten weg. Ok dachte ich,<br />

Omega möchte nicht in der Dokumentation über das <strong>Festival</strong> verewigt werden und baute meinen<br />

Kram ab. Wenig später stellte sich das allerdings als sprachliches Missverständnis mit den kompliziert<br />

englisch sprechenden Ungarn heraus, denn der Standort der Kamera sollte einfach nur beim<br />

Einmessen der 3 Laserkanonen ausgespart werden um später beim Filmen Schäden an den Kameras<br />

zu verhindern. Mit soviel Rücksichtnahme von den sympathischen elf (11!) ungarischen Technikern<br />

hatte ich gar nicht gerechnet. Also kurzerhand wieder alles aufgebaut und eine der gigantischsten<br />

Lasershows, die mir je vor die Linse gekommen sind im Video festgehalten.


Den Abschluss des <strong>Festival</strong>s bildete das emotionale ‚Das Mädchen mit dem Perlenhaar‘ (im Original<br />

unaussprechbare Gyöngyhajú Lány), seit 1969 Aushängeschild der Band und wohl neben ‚Lena‘<br />

(Russian Winter) der bekannteste Omega Song überhaupt. Alles tanzte und lag sich in den Armen,<br />

nur meine etwas lichtscheue Begleitung war schon vor der Lasershow geflüchtet.


Zusammenfassend kann man ohne Einschränkung behaupten, dass alle Bands eine ungeheure<br />

Begeisterung und Spielfreude ausstrahlten und die 3 Tage zu einem unvergesslichen Erlebnis werden<br />

ließen. Am Sonntag bedankten sich viele Fans bei uns und natürlich bei Uwe für das gelungene<br />

<strong>Festival</strong> und die gute Mischung, für jeden Fan etwas dabei gehabt zu haben. Das <strong>Artrock</strong> <strong>Festival</strong> in<br />

diesem Maßstab ist deutschlandweit einmalig und es wird auch 2018 eine Fortsetzung geben, dann<br />

hoffentlich mit Mostly Autumn, Morphelia und Crystal Palace.<br />

Udo Eckardt / Klaus Teuchert

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