Pressespiegel - slvsh
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darstellen, hinsichtlich ihrer sozialen<br />
Zusammensetzung und bezüglich ihres<br />
Anregungs- und Anforderungsmilieus“ (S.29).<br />
Oder: „...Kinder mit gleicher Intelligenz und<br />
gleicher Kompetenz erfahren in den unterschiedlichen<br />
Lernmilieus der weiterführenden Schulformen<br />
eine sehr unterschiedliche Entwicklung“<br />
(S.52). Bei den Übergängen, wo die „hohe<br />
Selektivität des deutschen Bildungssystems“ „in<br />
besonderer Weise“ wirksam werde, kommt der<br />
„Aktionsrat Bildung“ zu der Erkenntnis: „Selbst<br />
bei Kontrolle der kognitiven Grundfähigkeiten<br />
und Fachkompetenzen, also beim Vergleich von<br />
Kindern, die gleiche Intelligenz aufweisen und<br />
über die gleichen Kompetenzen verfügen, haben<br />
die Kinder aus oberen Schichten noch mehr als<br />
die zweieinhalbfache Chance einer Gymnasialempfehlung“<br />
(S.52). Oder: „Die Chance, dass<br />
eine individuelle Benachteiligung im Laufe der<br />
Bildungsbiographie durch zusätzliche Maßnahmen<br />
ausgeglichen werden kann, ist als sehr<br />
gering einzuschätzen“ (S.58).<br />
Der „Aktionsrat“, der anfangs davor warnt, „bildungspolitische<br />
Entscheidungen anders als auf<br />
der Grundlage empirischen Wissens“ zu treffen,<br />
entschließt sich am Ende auf der Basis seiner<br />
gewonnen Erkenntnisse zum Thema „Bildungsgerechtigkeit“<br />
„Handlungsempfehlungen“ für die<br />
Politik zu formulieren, unter denen die zur<br />
Schulstruktur Klaus Klemm besonders interessieren.<br />
Dabei bleiben dann die auf empirischer Basis<br />
gewonnenen Einsichten für ihn doch ziemlich auf<br />
der Strecke. Da werde nicht die frühe Selektion<br />
am Ende der Grundschule in Frage gestellt, sondern<br />
die Übergangsempfehlungen sollen durch<br />
eine gesteigerte Diagnosekompetenz der Lehrerinnen<br />
und Lehrer verbessert und Fehlentscheidungen<br />
reversibel werden. Oder: Die<br />
Sekundarstufe I soll, wohl ganz im Sinne von<br />
Klaus Hurrelmann und der Hamburger CDU zweigliedrig<br />
werden und nur noch aus einer<br />
„Sekundarschule“ und dem Gymnasium bestehen.<br />
Die Durchlässigkeit zwischen den beiden so<br />
unterschiedlichen Schulformen soll dennoch<br />
gesteigert werden. Kinder mit Migrationshintergrund,<br />
im Gutachten nur eine Marginalie,<br />
kommen, wie Klemm feststellt, in den „Handlungsempfehlungen“<br />
gar nicht mehr vor. Statt aus<br />
ihrer empirisch gut belegten Erkenntnis, dass die<br />
Chance, „eine individuelle Benachteiligung durch<br />
zusätzliche Maßnahmen“ ausgleichen zu können,<br />
„als sehr gering einzuschätzen“ sei, Konsequenzen<br />
im Empfehlungsteil zu ziehen, formuliert der<br />
„Aktionsrat“:<br />
Eine Zusammenführung aller Schulformen im<br />
Sekundarbereich I unterbleibt, weil es für die<br />
<strong>slvsh</strong>-information 63/2007<br />
14<br />
positiven Effekte im deutschen Bildungssystem<br />
keine Evidenzen gibt. Zudem steht Eltern ein<br />
grundgesetzlich garantiertes Auswahlrecht zu.<br />
Die Einführung einer Einheitsschule könnte dieses<br />
Recht unterlaufen. (S.147)<br />
Gegenüber einer so apodiktisch formulierten<br />
Handlungsempfehlung am Ende eines Gutachtens<br />
über Bildungsgerechtigkeit und den darin<br />
festgestellten Gerechtigkeitsdefiziten hat Klaus<br />
Klemm doch erhebliche Zweifel, was die<br />
Stringenz der Argumentation betrifft. Vorab fragt<br />
er, „ob die hier vorgetragene rechtliche<br />
Argumentation trägt“, „wieso die Autoren mit dieser<br />
Argumentation nicht auch die gemeinsame<br />
Grundschule in Frage stellen“ und „warum man<br />
den Eltern künftiger Gymnasiasten ein<br />
Auswahlrecht sichern will, nicht aber denen künftiger<br />
Realschüler, die gemeinsam eine Schule mit<br />
Schülern, die bisher in der Hauptschule lernen,<br />
besuchen sollen“. Klemms zentrale Frage ist<br />
dann: „Wie und wo ist diese Handlungsempfehlung,<br />
die auf ein zweigliedriges Schulsystem<br />
abzielt, durch belastbares empirisches Wissen<br />
begründet?“ Diese Empfehlung stehe zudem in<br />
einem unübersehbaren Widerspruch zu den<br />
grundsätzlichen Ausführungen über Bildungsgerechtigkeit,<br />
wo es heißt, dass in einer Gesellschaft,<br />
„in der Freiheit konstitutionell oberste<br />
Norm darstellt“, „Freiheit einschränkende,<br />
Gerechtigkeit stiftende Maßnahmen“ nur zu<br />
rechtfertigen seien, „wenn sie langfristig, mit an<br />
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das<br />
Freiheitsmaß aller und der Gesamtgesellschaft<br />
gegenüber dem Status quo vergrößern“<br />
(Aktionsrat Bildung 2007, S.21). Da bleibt Klemm<br />
nur die Frage: „Dürfen Freiheit einschränkende<br />
Maßnahmen auf einen Teil der Gesellschaft<br />
begrenzt bleiben, ist das Freiheitsmaß aller vergrößert,<br />
wenn das der Gymnasiasten (und nur<br />
das ihre) gewahrt bleibt?“ (Klemm 2007, S.13)<br />
Ausblick<br />
Es gibt nach wie vor zwei schulpolitische Lager,<br />
von denen das eine für den Erhalt des Gymnasiums<br />
auch in der Sekundarstufe I streitet, das<br />
andere eine Schule für alle Kinder anstrebt, die<br />
mit Behinderungen eingeschlossen, in der es bis<br />
zum Mittleren Abschluss kein Einsortieren in<br />
unterschiedlich anspruchsvolle Bildungsgänge<br />
mehr geben soll, in der aber auch der Anspruch<br />
auf Allgemeinbildung im Vergleich mit dem<br />
Gymnasium ungeschmälert gilt. „Freiheit einschränkende<br />
Maßnahmen“ werden nur dann als<br />
„Gerechtigkeit stiftende“ wahrgenommen und<br />
akzeptiert, wenn administrativ verordnete Strukturveränderungen<br />
dieser „Schule für alle“ einen