Jahresbericht XENIA, Fachstelle Sexarbeit 2016
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Infoveranstaltung für thailänderinnen<br />
In diesem Jahr hat die Thailändische Beraterin zusammen mit dem Verein<br />
Thaifrauen für Thaifrauen einen Infotag durchgeführt, um <strong>Sexarbeit</strong>er*innen aus<br />
Thailand über das System der AHV, Ergänzungsleistungen und der Krankenversicherung<br />
in der Schweiz zu informieren. Zudem wurde aufgeklärt, was zu berücksichtigen<br />
ist, wenn Personen nach der Pensionierung nach Thailand zurückkehren wollen.<br />
Der Infonachmittag stiess auf grosses Interesse.<br />
<strong>Fachstelle</strong><br />
berIcht Der<br />
<strong>Fachstelle</strong><br />
koPG - kommission Prostutionsgewerbegesetz<br />
Es war ein intensives Jahr in der Kommission Prostitutionsgewerbegesetz.<br />
Die Kommission hat sich in einer Unterarbeitsgruppe zusammen mit der Steuer -<br />
ver wal tung des Kantons Bern mit der Frage beschäftigt, wie <strong>Sexarbeit</strong>er*innen besteuert<br />
werden sollen. Die Steuerverwaltung stellt sich auf den Standpunkt, dass sämtliche<br />
Personen, die über eine Betriebsbewilligung nach Prostitutions gewerbe gesetz (PGG)<br />
verfügen automatisch als Arbeitgeber*innen gelten und somit die <strong>Sexarbeit</strong>er*innen<br />
an der Quelle besteuert werden sollen.<br />
<strong>XENIA</strong> wehrt sich gegen diese pauschale Lösung, sind doch die Etablissements<br />
viel zu unterschiedlich organisiert. In der Regel tragen die <strong>Sexarbeit</strong>er*innen das<br />
unternehmerische Risiko, erhalten keinen Grundlohn, wenn sie keine Kundschaft haben<br />
und sind somit selbständig erwerbend. In den Augen der <strong>Fachstelle</strong> wäre eine Einführung<br />
der Quellenbesteuerung für sämtliche <strong>Sexarbeit</strong>er*innen, die nicht über eine<br />
Nieder lassungsbewilligung oder einen Schweizerpass verfügen, eine Verletzung<br />
der Rechts gleichheit. Die Norm ist die Selbstdeklaration und die muss auch für das<br />
Sexgewerbe gelten.<br />
hohe Mobilität und viele Wechsel in den salons<br />
Die Mobilität der Personen, die in der <strong>Sexarbeit</strong> tätig sind, hat zugenommen.<br />
Viele <strong>Sexarbeit</strong>er*innen sind klassische Wanderarbeiter*innen, die nur kurz an einem<br />
Ort arbeiten und danach weiterziehen. Sei es, um an einem anderen Ort zu arbeiten<br />
oder um in ihre Heimat zurückzukehren. Oft kommen sie dann zu einem späteren<br />
Zeitpunkt im Kalenderjahr erneut ein paar Wochen in die Schweiz. Vor diesem<br />
Hinter grund hat die Aufsuchende Arbeit (ASA) einen noch grösseren Stellenwert<br />
gewonnen. Um die <strong>Sexarbeit</strong>er*innen erreichen zu können, ihnen das Angebot von<br />
<strong>XENIA</strong> vorzustellen und sie über ihre Rechte und Pflichten zu informieren, ist es<br />
unab dingbar, dass die Mitarbeiterinnen von <strong>XENIA</strong> mehr vor Ort unterwegs sind.<br />
Da die Mitarbeiterinnen von <strong>XENIA</strong> im letzten Jahr auch intensive Beratungen hatten,<br />
konnte jedoch nicht so viel Aufsuchende Arbeit gemacht werden wie geplant.<br />
Es beschäftigt uns weiterhin, dass wir aufgrund der hohen Nachfrage für Beratungen<br />
wenig Kapazitäten für die ASA haben.<br />
zwanzigjähriges Jubiläum von Martha Wigger<br />
Das Jahr <strong>2016</strong> war das Jubiläumsjahr von Martha Wigger. 1996 hat sie ihre<br />
Arbeit bei der <strong>Fachstelle</strong> <strong>XENIA</strong> aufgenommen und diese als Beraterin und Stellenleiterin<br />
(von 2006 bis 2014) geprägt. Sie hat Höhen und Tiefen von Klient*innen,<br />
vom politischen und gesellschaftlichen Diskurs oder von Finanzierungsfragen der<br />
<strong>Fachstelle</strong> unermüdlich begleitet. Herzlichen Dank!<br />
thema altern und Pensionierung von sexarbeiter*innen<br />
An einer Retraite haben sich die Beraterinnen mit dem Thema Alter und<br />
Pensionierung von <strong>Sexarbeit</strong>er*innen befasst. Es ging darum zu eruieren, ob es<br />
Massnahmen gibt, die als Gruppenangebote umsetzbar sind, welche bestehenden<br />
Angebote nutzbar sind und welche Bereiche in der Einzelberatung thematisiert<br />
und bearbeitet werden müssen. Aus Kapazitätsgründen konnten bisher keine<br />
Gruppen angebote konzipiert und umgesetzt werden, so dass die Erkenntnisse aus<br />
der Retraite vor allem in die Einzelberatungen eingeflossen sind.<br />
abschaffung tänzerinnen-statut<br />
Per 1.1.<strong>2016</strong> wurde gegen die Empfehlung der <strong>Fachstelle</strong>n der Beschluss<br />
umgesetzt, dass das Tänzerinnen-Statut national abgeschafft wird (siehe ausführlichen<br />
Artikel im <strong>Jahresbericht</strong> 2015). <strong>XENIA</strong> hat sich weiterhin an der Arbeitsgruppe<br />
Tänzerinnen von ProKoRe beteiligt, um die Veränderungen und Auswirkungen der<br />
Aufhebung des Statuts zu beobachten und zu diskutieren. Ebenfalls waren zwei<br />
Mit arbeiterinnen an der Generalversammlung der ASCO (Verband Schweize rischer<br />
Konzertlokale, Cabarets, Dancings und Discotheken), um auch mit den Betreiber*innen<br />
der Cabarets die Veränderungen diskutieren zu können.<br />
Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass einige Cabarets weiterhin<br />
mit den gleichen Verträgen arbeiten, aber aufgrund der Abschaffung des Statuts<br />
nur noch mit EU-Bürgerinnen. Andere haben auch tagweise Tänzerinnen, die auf Basis<br />
einer selbständigen Erwerbstätigkeit in einem Cabaret arbeiten. Wieder andere<br />
schlies sen mündliche Verträge über kürzere Zeit als einen Monat ab.<br />
Seit der Abschaffung des Statuts fühlt sich keine Behörde mehr für die Kontrollen<br />
der Cabarets und der Arbeitsbedingungen der Tänzerinnen zuständig. Wo genau<br />
die Verbesserung des Schutzes der Tänzerinnen in dieser Entwicklung sein soll, bleibt<br />
im ersten Jahr nach der Abschaffung schleierhaft.<br />
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