BERNARD SCHULTZE - Stiftung für Kunst und Kultur eV
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Bernard Schultze<br />
Gegenwelten<br />
19. Oktober 2012 bis 20. Januar 2013<br />
Bernard Schultze (1915-2005) ist einer der wichtigsten<br />
Vertreter der deutschen Nachkriegs-Avantgarde <strong>und</strong> zählt<br />
zu den Vätern der informellen <strong>Kunst</strong>. Das MKM widmet<br />
ihm eine umfangreiche Retrospektive mit r<strong>und</strong> 80 Gemälden,<br />
Zeichnungen, „Migof“-Objekten <strong>und</strong> Rauminstallationen<br />
aus fast 60 Jahren intensiven künstlerischen<br />
Schaffens. Schlüsselwerke aus vielen Museen <strong>und</strong> privaten<br />
Sammlungen ergänzen eine Auswahl zentraler Arbeiten<br />
Bernard Schultzes aus der im MKM beheimateten<br />
Sammlung Ströher.<br />
Die Werkschau, kuratiert von Eva Müller-Remmert, stellt<br />
nicht nur die ganze Breite eines gattungsübergreifenden<br />
Œuvres vor, sondern verdeutlicht vor allem auch die<br />
Vielfalt der gedanklichen Welten, in denen sich Bernard<br />
Schultze bewegte. Aus den informellen Anfängen entwickelte<br />
Schultze einen höchst individuellen, lyrisch anmutenden<br />
Stil. Seine farbintensiven <strong>und</strong> akribisch geschaffenen<br />
Arbeiten thematisieren Wachstum <strong>und</strong> Verfall,<br />
versinnbildlichen Weltgefüge <strong>und</strong> Naturprozesse. In sie-<br />
1 Migof-Gruppe, Verdorrt <strong>und</strong> von den<br />
Wäldern verschlungen, 1970-1976<br />
ben Räumen laden Werke aus allen Schaffensphasen zu<br />
einer visuellen Reise durch malerische Abenteuer <strong>und</strong> die<br />
„Gegenwelten“ des Bernard Schultze ein.<br />
5 Sommerlich, 1952<br />
2 Torso-Mannequin-Migof, 1965<br />
3 lynth, 1960<br />
4 E.T.A. Hoffmanns Eskapaden, 1988<br />
Ausgehend von drei der wenigen erhaltenen, figurativ-surrealen<br />
Gemälden, darunter das Portrait „Sonja“ (1945/46),<br />
führt die Ausstellung direkt in die informelle Bilderwelt<br />
Bernard Schultzes aus den 1950er Jahren. Das Informel<br />
bedeutete eine Befreiung der Farbe von der Form,<br />
vom konzeptionellen, kompositionsbestimmten Schaffen.<br />
Mit der Gründung der Künstlergruppe Quadriga im Jahr<br />
1952 durch K.O. Götz, Bernard Schultze, Otto Greis <strong>und</strong><br />
Heinz Kreutz stieg auch die internationale Bekanntheit der<br />
Künstler. Bereits gegen Ende dieser Dekade zeigte sich,<br />
dass Schultze die zweidimensionale Bildfläche nicht mehr<br />
ausreichte. Seine Malerei drängte in den Raum. Reliefs<br />
wie „Oktsis“ (1958) <strong>und</strong> „lynth“ (1960) belegen dies ein-<br />
6 Fratzentanz um Atomängste, 1986-1987<br />
drucksvoll <strong>und</strong> lassen die Geburt von Bernard Schultzes<br />
berühmten „Migofs“ Anfang der 1960er Jahre vorausahnen.<br />
Mit diesen phantastischen, teils bizarren Übergangswesen<br />
zwischen <strong>Kunst</strong>, Natur <strong>und</strong> Mensch überführte<br />
der Künstler seine Malerei in die dritte Dimension.<br />
Den „Migofs“ begegnet man in verschiedenen Ausstellungsräumen,<br />
die jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten<br />
gewidmet sind. So zeigen die großformatigen,<br />
farbenprächtigen Leinwandarbeiten aus den 1980er<br />
Jahren die kosmischen Weiten von Bernard Schultzes<br />
„Gegenwelten“, z.B. „E.T.A. Hoffmanns Eskapaden“<br />
(1988), das als größtes Gemälde des Künstlers ein besonderes<br />
Highlight der Ausstellung ist. Zusammen mit<br />
einer Reihe beeindruckender Grisaille-Arbeiten entwickeln<br />
Schultzes seltene Bronze-„Migofs“ eine ganz andere<br />
Wirkung – eine des ruhigen In-Sich-Gekehrt-Seins,<br />
der inneren Versenkung <strong>und</strong> Kontemplation. Zu den weiteren<br />
Hauptwerken der Retrospektive zählen schließlich<br />
zwei Environments: Die große „Migof-Gruppe, Verdorrt<br />
<strong>und</strong> von den Wäldern verschlungen“ (1970-76) ist eine<br />
gesellschafts- <strong>und</strong> konsumkritische, äußerst beklemmende<br />
Szene der Zerstörung <strong>und</strong> Verwesung. Wie auch<br />
bei der großen Wand-Raum-Installation „Migof-Picknick“<br />
(1969) geht der Verfall aber immer einher mit neuem<br />
Werden <strong>und</strong> Wachsen.