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Pompejanum Garten in Aschaffenburg<br />
Xenophon (oik. 4,20–25) erzählt dies sicher mit<br />
einiger Wehmut, denn der hochgeborene Gartenfreund<br />
ist jener Kyros, mit dem er als Mitglied einer<br />
Söldnertruppe auszog, um ihm den Perserthron<br />
zu verschaffen, was bekanntlich missglückte.<br />
Doch die Geschichte ist so schön, dass sie auch<br />
Cicero noch dem alten Cato in den Mund legt<br />
(Cato 59), als dieser die Freuden des Landlebens<br />
preist. „Wenn da ein Prinz sich nicht zu schade<br />
war, selbst zu graben und zu pfl anzen, sollten<br />
sich auch die römischen Senatoren nicht scheuen,<br />
auf ihren Landgütern selbst mit anzufassen.”<br />
Giebel, 17f)<br />
Bei Marion Giebel gibt es immer wieder Aha-Erlebnisse<br />
– oder wussten Sie, dass Caligula seine<br />
beiden Traumschiffe, die auf dem Nemisee nahe<br />
Rom fuhren, mit Blumenbeeten ausstattete, oder<br />
dass Kresse als Muntermacher galt: „,Iss mehr<br />
Kresse!’ riet man einem allzu Bedächtigen.” Oder<br />
dass schon Plutarch die Position vertrat: „Wer einen<br />
Garten habe, brauche keine toten Tiere zu<br />
essen!”, oder dass Kaiser Diokletian sich nach<br />
seiner Abdankung als Hobbygärtner betätigte<br />
und liebe Kohl anbaute, als wieder auf den Thron<br />
zurückzukehren, oder dass man unweit der Spanischen<br />
Treppe in den Gärten des Lukullus Töpfe<br />
für Salatstecklinge ausgegraben hat. Vielleicht<br />
waren es importierte Sorten, die man wegen<br />
ihrer Seltenheit tischfein machte, wie später der<br />
Feldsalat, der Kaiser Tiberius so gut schmeckte,<br />
dass er ihn aus Germanien importieren ließ.<br />
Marion Giebels Gartenbuch garantiert eine kurzweilige<br />
und spannende Lektüre! Gegliedert ist es<br />
in vier Kapitel: Mythische Gärten – Mit Herkules<br />
zu den Hesperiden; Persische ,Paradiese’ und ein<br />
Weltwunder – Gärten im Orient; ,Heilige Haine’ –<br />
Götter und Philosophen im alten Griechenland;<br />
Von Rüben und Rosen – Gärten im alten Rom.<br />
Dazu kommen ein Anmerkungsteil und ein Literaturverzeichnis.<br />
Stephanie Hauschild nimmt uns mit auf eine Reise<br />
in die grünen Oasen der römischen Antike. Anhand<br />
zahlreicher archäologischer und literarischer<br />
Zeugnisse beschreibt sie Anlage und Ausstattung<br />
der Gärten, ihre historischen Vorbilder sowie den<br />
Gartenalltag im alten Rom. Sie erzählt vom Leben<br />
mit dem Garten, stellt aber vor allem auch<br />
die Pfl anzenwelt in ihrer erstaunlichen Vielfalt<br />
vor und lädt ein, die römischen Gartentraditionen<br />
selbst auszuprobieren, auch auf dem eigenen<br />
Balkon. Die Idealbilder römischer Gärten, wie sie<br />
die Maler des 19. Jahrhunderts festhielten, inspiziert<br />
die Autorin dabei ebenso wie moderne Rekonstruktionen<br />
antiker Gartenanlagen.<br />
Im ersten ihrer neun Kapitel zur Welt der römischen<br />
Gärten betrachtet Stephanie Hauschild<br />
das Bild „A Roman Garden – A Hearty Welcome”<br />
(entstanden 1878, Ashmolean Museum Oxford)<br />
des Victorianische Künstlers Lawrence Alma-Tadema,<br />
in dem sich die zeitgenössischen Vorstellungen<br />
vom Leben in der Antike, aber auch die<br />
vom guten Leben mit der Familie spiegeln. Was<br />
für ein Bild von einem römischen Garten entwirft<br />
der Maler in dem Gemälde? fragt die Autorin,<br />
beschreibt sodann detailreich das Bild, bestimmt<br />
die dargestellten Pfl anzen – hier liegt eine Stärke<br />
ihres Buches – sucht nach den Quellen für Alma-<br />
Tadema, identifi ziert dann aber auch einige Anachronismen:<br />
„Beinahe jedes Detail auf seinen Gemälden<br />
rekonstruierte er nach Museumsstücken<br />
oder nach den archäologischen Ausgrabungen.<br />
Dennoch irritieren bei genauerer Betrachtung<br />
einige Kleinigkeiten auf diesem detailgetreuen<br />
Bild: Sonnenblumen (Helianthus annuus) etwa,<br />
waren in der viktorianischen Ära nicht nur in<br />
England allgegenwärtig. Oscar Wilde trug sie<br />
im Knopfl och, die französischen Impressionisten<br />
malten sie auf ihre Bilder. Gärtner in ganz Europa<br />
tauschten Samen und Sorten und füllten ihre<br />
Gärten mit immer neuen Varianten und Arten. Jedoch:<br />
die Römer kannten die schöne Pfl anze noch<br />
nicht. Sonnenblumen stammten aus Südamerika.<br />
Erst die Spanier brachten sie im 16. Jahrhundert<br />
mit nach Europa.” (Hauschild 13f.) Ähnliches<br />
gilt für weitere Pfl anzen, die als Gartenpfl anzen<br />
der römischen Antike nicht gesichert sind, etwa<br />
die Zwergpalme (Chamaerops humilis) oder der<br />
Schlafmohn (Papaver somniferum): „Die Römer<br />
schätzten den Schlafmohn auch als Zierpfl anze,<br />
wie wir von Wandmalereien wissen. Doch ein<br />
großes Beet mit nur kurz blühendem Schlafmohn<br />
im Zentrum eines römischen Gartenhofs? Diese<br />
Idee zur Gartengestaltung ist<br />
höchstwahrscheinlich der Phantasie<br />
des Künstlers entsprungen.<br />
Archäologische oder literarische<br />
Quellen für das Motiv gibt es<br />
nicht.” (Hauschild 14)<br />
Auf die Quellenlage für die Erforschung<br />
antiker Gärten ist damit<br />
punktuell bereits hingewiesen,<br />
antike Texte, archäologische<br />
Funde in Form von Wandmalereien<br />
oder Mosaiken, die Vorgeschichte,<br />
also „Gärten in Griechenland<br />
und anderswo” (Kap.<br />
4, 56ff). Eine spezielle Gartenarchäologie<br />
ist erst neuesten Datums: „Tatsächlich<br />
ist der Zweig der Archäologie, der sich mit den<br />
Gärten beschäftigt, relativ jung. Sogar in den Vesuvstädten,<br />
wo man Gärten zumindest vermutete,<br />
blieb eine eingehende Beschäftigung mit ihnen<br />
lange aus. Es ist der amerikanischen Archäologin<br />
Wilhelmina Jashemski (1910–2007) zu verdanken,<br />
dass seit den 1970er-Jahren bei Grabungen<br />
erstmals auch Gärten berücksichtigt wurden. Ihre<br />
Arbeit hat maßgeblich zum Wissen von der antiken<br />
Gartenkultur beigetragen. Jashemski hat danach<br />
gefragt, wie groß die Gärten in den pompejanischen<br />
Häusern tatsächlich gewesen sind. Sie<br />
suchte und fand Hinweise, die klärten, wie Römer<br />
ihre Gärten nutzten. Sie hat erkannt, dass Gärten<br />
als Arbeitsräume, Plätze zur Erholung oder zum<br />
Essen, zum Anbau von Nahrungsmitteln, Blumen<br />
oder Heilkräutern für den Eigengebrauch dienten.<br />
Jashemski regte außerdem an, dass Pollenmaterial<br />
analysiert und Spuren der Pfl anzenwurzeln<br />
mit Gips ausgegossen wurden. Ihre Pionierarbeit<br />
hat dazu beigetragen, dass wir uns heute ein wesentlich<br />
differenzierteres Bild vom Garten in der<br />
Römerzeit machen können als noch zur Zeit König<br />
Ludwigs von Bayern (der das Pompejanum in<br />
Aschaffenburg bauen ließ) oder Lawrence Alma-<br />
Tademas. Viele Erkenntnisse aus Jashemskis Forschungen<br />
sind in die modernen Rekonstruktionen<br />
Chinesische Zedrat Zitrone<br />
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<strong>LGBB</strong> <strong>02</strong> / 2017 · JAHRGANG LXI<br />
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