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Kapital & Märkte: Ausgabe Juli 2017

Chronische politische Instabilität und durchwachsene Perspektiven für die Wirtschaft – die aktuelle Kapital & Märkte analysiert die wirtschaftliche und politische Lage in Italien und zeigt, auf welche Szenarien sich Anleger einstellen sollten.

Chronische politische Instabilität und durchwachsene Perspektiven für die Wirtschaft – die aktuelle Kapital & Märkte analysiert die wirtschaftliche und politische Lage in Italien und zeigt, auf welche Szenarien sich Anleger einstellen sollten.

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JULI <strong>2017</strong><br />

es bestenfalls zu schwachem Wirtschaftswachstum<br />

und bei einer Schwäche<br />

der Weltkonjunktur (es gibt den<br />

Wirtschaftszyklus trotz ständiger Eingriffe<br />

der Staaten immer noch) zu einer<br />

stagnierenden bzw. sogar schrumpfenden<br />

Wirtschaft. Ein Abbau der hohen<br />

Arbeitslosigkeit und der hohen Staatsschulden<br />

würde ausbleiben und die<br />

Unsicherheiten um die Zukunft Italiens<br />

in der Eurozone noch zunehmen. Die<br />

danach folgenden Wahlen würden<br />

dann mit noch höherer Wahrscheinlichkeit<br />

zu einem Votum führen, die Eurozone<br />

zu verlassen.<br />

Variante zwei wäre der Status Quo mit<br />

positiver Tendenz. Falls es gelingt, dass<br />

Italien eine starke, stabile Regierung<br />

bekommt, können weitgehende Reformvorhaben<br />

auf den kritischen Feldern<br />

greifen: Die Liberalisierung des<br />

Arbeitsmarktes, eine Steuerreform mit<br />

einem Abbau der Steuerlast, Straffungen<br />

im Rechtssystem und letztlich weniger<br />

Bürokratie. Eine weitere Verbesserung<br />

der Wettbewerbsfähigkeit des<br />

Landes und damit eine bessere Entwicklung<br />

der Ökonomie und der <strong>Kapital</strong>märkte<br />

würden einen positiven<br />

Kreislauf in Wirtschaft und Politik in<br />

Gang bringen. Ein Stopp der Verschul-<br />

Abbildung 4: Italien Indexvergleich in %<br />

dungszunahme bei der öffentlichen<br />

Hand und ein anhaltender Abbau der<br />

Arbeitslosigkeit wären dann so gut wie<br />

sicher. Dieses präferierte Szenario für<br />

die Wirtschaft und die <strong>Kapital</strong>märkte<br />

würde nicht nur Italien, sondern auch<br />

den großen Gläubigerländern in der Eurozone,<br />

also insbesondere Deutschland<br />

helfen. Die Notwendigkeit eines Ausstiegs<br />

aus der Eurozone, um Italien<br />

vollends wettbewerbsfähig zu machen,<br />

würde sich verringern und eine Angleichung<br />

der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

zwischen den beiden Antipoden<br />

Deutschland und Italien dürfte gelingen.<br />

Dies, zumal Deutschland seinen<br />

Vorsprung in der Wettbewerbsfähigkeit<br />

durch schnellere Kostensteigerungen<br />

allmählich verliert. Nach dem enttäuschenden<br />

Abschneiden der Fünf-Sterne-Bewegung<br />

bei den jüngsten Kommunalwahlen<br />

halten wir dieses<br />

Szenario für das wahrscheinlichste.<br />

Szenario drei ergäbe sich, wenn bereits<br />

bei der nächsten Wahl eine Mehrheit<br />

für eine von der Fünf Sterne Bewegung<br />

geführte oder wesentlich beeinflusste<br />

Regierung zustande käme. Nachdem<br />

der Versuch des Kabarettisten Grillo<br />

2009 über die sozialdemokratische PD<br />

in die Politik einzusteigen misslang,<br />

gründete er diese Bewegung. Wenn<br />

man nur das beachtet, was in den deutschen<br />

Medien über die Fünf-Sterne-Bewegung<br />

geschrieben wird, könnte<br />

man meinen, es handle sich dabei<br />

um eine wilde Klamauk-Truppe. Betrachtet<br />

man das Programm näher, findet<br />

man darin neben fragwürdigen<br />

Vorschlägen, wie etwa der Verstaatlichung<br />

von Telecom Italia auch sehr viele<br />

sinnvolle Vorschläge. Die Gruppierung<br />

entzieht sich bewusst dem<br />

überholten, klassischen Links-Rechts-<br />

Schema und ist eher pragmatisch als<br />

ideologisch ausgerichtet. Die etablierte<br />

sozialistische und kommunistische Szene<br />

hat deshalb große Mühe mit der Bewegung.<br />

Im Kern ist das Programm<br />

technikaffin, ökologisch, will regionale<br />

Wirtschaftsstrukturen gegen große<br />

Konzerne fördern und postuliert strenge<br />

Regeln für Politik und Verwaltung.<br />

Machtballungen in Politik und Wirtschaft<br />

sowie Korruption sollen radikal<br />

bekämpft werden. Die Partei ist nicht<br />

gegen die EU, sondern will diese in<br />

Richtung der Vision ihrer Gründer reformieren.<br />

Zum Euro wird ein Volksentscheid<br />

gefordert. Es gibt keine feste<br />

Forderung, auszutreten, sondern nur<br />

Aussagen dagegen, wie etwa die von<br />

Parteichef Grillo.<br />

Quelle: Thomson Reuters Datastream

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