2017-07-00-liahona-deu
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Ich wusste, was zu tun war. Zitternd<br />
nahm ich das Telefon zur Hand und<br />
wählte die Nummer des Regisseurs.<br />
„Hallo“, sagte ich, als er abnahm.<br />
„Ich binʼs, Annie.“<br />
„Annie! Ich freue mich schon so<br />
auf die Produktion! Hast du das Skript<br />
bekommen?“<br />
„Ja, habe ich, und ich … ich …“<br />
Ich brach in Tränen aus. Das war<br />
alles so unprofessionell von mir!<br />
Irgendwie schaffte ich es aber, dem<br />
Regisseur unter Schluchzen zu erklären,<br />
warum ich bei der Operette nicht<br />
mitwirken konnte. Dann wartete ich<br />
auf das große Donnerwetter.<br />
Der gute Mann lachte jedoch. Er respektierte<br />
meine Entscheidung. Zuerst<br />
versuchte er zwar, mich zum Mitmachen<br />
zu überreden, aber dann gab er<br />
nach. Er meinte, er werde weiterhin<br />
mein Fan bleiben, auch wenn ich nicht<br />
in seiner Operette mitwirken wolle. Er<br />
bat mich einfach, ihm gleich das Skript<br />
zu bringen, damit er es jemand anderem<br />
geben könne. Als ich auflegte, war<br />
es mir zwar überaus peinlich, dass ich<br />
geweint hatte, aber ich war sehr dankbar<br />
für die freundliche, verständnisvolle<br />
Reaktion des Regisseurs.<br />
Ich wischte die Tränen beiseite,<br />
nahm das Skript und stieg ins Auto.<br />
Als der Motor ansprang, ging auch das<br />
Radio an. Es war auf den klassischen<br />
Sender eingestellt, und zu meiner<br />
Überraschung kam gerade die Ouvertüre<br />
zu genau dieser Operette. Ich hatte<br />
sie noch nie zuvor im Radio gehört.<br />
Ich hatte das Gefühl, dass der Vater<br />
im Himmel sie für mich spielte. Er<br />
wollte mich wissen lassen, dass er<br />
mich liebt und dass er meine Entscheidung<br />
gutheißt. Die Musik im<br />
Radio war wie die liebevolle, große<br />
Barmherzigkeit des Herrn. Sie schenkte<br />
mir Trost und half mir, seine Liebe<br />
zu verspüren.<br />
Später studierte ich Schauspiel.<br />
Im Laufe des Studiums befand ich<br />
mich mehrmals in einer ähnlichen<br />
Situation. Manchmal musste ich aufgrund<br />
unangemessener Inhalte die<br />
Mitarbeit bei bestimmten Gemeinschaftsprojekten<br />
beenden. Solche<br />
Situationen waren zwar nie<br />
leicht oder angenehm, aber<br />
ich schaffte es, mehr Würde<br />
an den Tag zu legen und keine<br />
Tränen zu vergießen. Womöglich<br />
hatte mich meine frühere<br />
Erfahrung ja auf diese Situationen<br />
vorbereitet. Vielleicht konnte<br />
ich dadurch besser verstehen, wer<br />
ich bin und wie ich wirklich sein<br />
möchte.<br />
William Shakespeare hat<br />
geschrieben:<br />
Die ganze Welt ist eine Bühne<br />
und alle Fraun und Männer<br />
bloße Spieler.<br />
Sie treten auf und gehen wieder ab;<br />
sein Leben lang spielt einer manche<br />
Rollen. 1<br />
Ich habe gelernt, dass es eine Rolle<br />
gibt, die wichtiger ist als alle anderen,<br />
nämlich die Rolle eines wahren Jüngers<br />
Jesu Christi. Es mag aufregend und<br />
befriedigend sein, Beifall von unseren<br />
Mitmenschen zu bekommen, aber<br />
die Zustimmung<br />
Gottes<br />
ist viel wichtiger.<br />
Unser bester<br />
Auftritt erfolgt<br />
dann, wenn wir<br />
lernen, dem Herrn<br />
zu folgen. ◼<br />
Die Verfasserin lebt<br />
in Washington.<br />
ANMERKUNG<br />
1. William Shakespeare,<br />
Wie es euch gefällt,<br />
2. Aufzug, 7. Szene,<br />
Zeile 141 bis 144<br />
JUNGE ERWACHSENE<br />
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