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Kapital & Märkte: Ausgabe August 2017

Chronische Niedrigzinsen haben den Kunstmarkt in den vergangenen Jahren beflügelt. Jedoch lauern beim Kunsterwerb auch viele Fallstricke. Lesen Sie in der aktuellen Kapital & Märkte, worauf Anleger achten sollten, wenn es um Kunst als Investmentthema geht: - Kunst – ein Investment mit Charme - Großes Kapital zieht Fälscher an - Sammeln aus Leidenschaft – warum die emotionale Rendite wichtig ist

Chronische Niedrigzinsen haben den Kunstmarkt in den vergangenen Jahren beflügelt. Jedoch lauern beim Kunsterwerb auch viele Fallstricke. Lesen Sie in der aktuellen Kapital & Märkte, worauf Anleger achten sollten, wenn es um Kunst als Investmentthema geht:

- Kunst – ein Investment mit Charme

- Großes Kapital zieht Fälscher an

- Sammeln aus Leidenschaft – warum die emotionale Rendite wichtig ist

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<strong>Kapital</strong> & <strong>Märkte</strong><br />

<strong>Kapital</strong> & <strong>Märkte</strong><br />

<strong>August</strong> <strong>2017</strong><br />

48⁰ 46´41.84´´ N 9⁰10´39.22´´O | Kunstmuseum Stuttgart<br />

EZB bremst etwas<br />

Die Erleichterungswirkung nach den<br />

Wahlen in den Niederlanden und Frankreich,<br />

bei denen es gelungen ist, die<br />

rechts- und linkspopulistischen Parteien<br />

im Zaum zu halten, hält noch an. Ebenso<br />

wie die abschreckende Wirkung des<br />

Elefanten im US-Präsidentschafts-Porzellanladen.<br />

Die beiden stark unter Umfrage-Druck<br />

stehenden Parteien SPD<br />

und die Grünen scheinen ihr Heil in Angriffen<br />

auf den politischen Gegner zu<br />

suchen. Ist das ein Ausdruck der Verzweiflung<br />

über fehlende zugkräftige Inhalte<br />

und Themen? Die Union hingegen<br />

lehnt sich genüsslich zurück, schweigt<br />

und verwaltet die aktuell gute Konjunktur-<br />

und Steuerlage. Sollte sie dies bis<br />

zur Bundestagswahl tun, könnte es wie<br />

bei den letzten Wahlen durchaus sein,<br />

dass der aktuell komfortable Vorsprung<br />

bis September wieder schmelzen könnte,<br />

da die Wähler/innen auch Ansprache<br />

haben möchten. Der mögliche Wahlausgang<br />

könnte dann zu schwierigen Regierungskonstellationen<br />

führen. Ein<br />

Blick nach Holland zeigt, dass Regierungsbildungen<br />

trotz eines eindeutigen<br />

„Wahlsiegers“ beizeiten relativ schwierig<br />

sein können.<br />

Die Finanzmärkte jedoch schätzen stabile<br />

Verhältnisse. Aus diesem Grund<br />

wurde auch die jüngste Bankenrettung<br />

von zwei Regionalbanken in Italien positiv<br />

aufgenommen. Zwar müssen wieder<br />

Steuerzahler für Misswirtschaft und<br />

Verluste von Banken aufkommen, was<br />

man auf europäischer Ebene eigentlich<br />

vermeiden wollte, aber größere Verwerfungen<br />

wurden verhindert. Eine einheitliche<br />

europäische Einlagensicherung<br />

rückt damit natürlich in weite Ferne.<br />

Zusätzlich beflügelt wurden die Aktienmärkte<br />

in Deutschland und Europa vom<br />

neuen Rekordstand des ifo-Geschäftsklimaindex.<br />

Der höchste Stand der Umfrage<br />

unter 7.000 Managern seit der<br />

Wiedervereinigung deutet eine weitere<br />

Fortsetzung des Aufschwungs der deutschen<br />

Wirtschaft an. Und dies betrifft<br />

ebenso die aktuelle Lage als auch die<br />

Aussichten für die nächsten Monate.<br />

Nun, da der wirtschaftlich gute Zustand<br />

in Europa nicht mehr zu übersehen ist,<br />

hat EZB-Präsident Mario Draghi Ende<br />

Juni zum ersten Mal von einer „graduellen<br />

Anpassung“ der EZB-Geldpolitik gesprochen.<br />

Das bedeutet nichts weniger<br />

als den Beginn des Ausstiegs aus der<br />

extrem expansiven Geldpolitik der Europäischen<br />

Zentralbank. Anstatt sich über<br />

das positive Marktumfeld zu freuen,<br />

dass dies ermöglicht, reagierten die<br />

<strong>Märkte</strong> mit alten Reflexen: Euro hoch,<br />

Aktien runter. Dabei sollte man sich einmal<br />

vergegenwärtigen, von welchem<br />

historisch niedrigen Zinsniveau die EZB<br />

sich „graduell“ wegbewegen will. Und<br />

jedem ist klar, dass irgendwann eine<br />

Normalisierung der Geldpolitik wünschenswert<br />

wäre. Solange die zukünftige<br />

„graduelle Anpassung“ der EZB in<br />

relativ kleinen Schritten erfolgt, dürfte<br />

bis auf weiteres keine größere Gefahr<br />

für die Bewertungen der Aktienmärkte<br />

drohen. Aber die Börsenampeln stehen<br />

wohl nicht mehr auf Dunkelgrün.<br />

Politische Risiken<br />

Theresa May hat bei der vorgezogenen<br />

Parlamentswahl in Großbritannien zwar<br />

mit Abstand die meisten Wahlbezirke<br />

für ihre Partei gewinnen können, jedoch<br />

nicht so viele, wie erhofft bzw. erwartet.<br />

Es verwundert indes schon, dass sich ihr<br />

Herausforderer Corbyn als Wahlsieger<br />

ausruft. Dies erinnert an den legendären<br />

Auftritt des Alt-Bundeskanzlers<br />

Schröder, der nach einer starken Aufholjagd<br />

Schwierigkeiten hatte, den<br />

Wahlausgang mit der knappen Niederlage<br />

zu akzeptieren. Die Position Theresa<br />

Mays ist durch das grandiose Verfehlen<br />

ihres Wahlzieles (Erreichen und<br />

Ausbau der absoluten Mehrheit) deutlich<br />

geschwächt. Die Finanzmärkte interpretierten<br />

dies positiv, denn ein absolut<br />

harter Brexit, wie ihn May als<br />

Möglichkeit in den Ring warf, ist nun<br />

unwahrscheinlicher geworden.<br />

Während in den USA der amtierende<br />

Präsident der Lüge bezichtigt wird, hat<br />

es der neue französische Präsident<br />

Macron geschafft, mit seiner jungen<br />

Partei und Mannschaft eine sehr deutliche<br />

Parlamentsmehrheit zu erzielen.<br />

Nun kann er seine Reformen, die auch<br />

das französische Volk mehrheitlich will,<br />

schnell angehen. Die Frage wird sein,<br />

wieviel Widerstand vom linken Spektrum<br />

der Arbeiterschaft und der Gewerkschaften<br />

zu erwarten ist. Lange Streikwellen<br />

sind nicht das, was Frankreich<br />

benötigt. Dies könnte die Erleichterungsrally<br />

an den Aktienmärkten etwas<br />

bremsen.


<strong>Kapital</strong> & <strong>Märkte</strong><br />

Kunst – Investment<br />

mit Charme<br />

Wer erinnert sich nicht an mühsame<br />

und langweilige Museumsbesuche in<br />

der Kindheit. Im Tross seiner Schulklasse.<br />

Auf dem Boden vor alten Meistern<br />

oder auch verwirrenden, nicht sofort zuordenbaren<br />

abstrakten Modernen sitzend.<br />

Die fachkundigen<br />

Erläuterungen der Lehrer<br />

oder des Museumspersonals<br />

verpufften ob<br />

der Sehnsucht nach<br />

Schulschluss und Genuss<br />

des schönen Wetters<br />

draußen vor dem<br />

Museum. Dann hat aber<br />

doch das ein oder andere<br />

Werk Aufmerksamkeit<br />

erregt. Die Biographie<br />

des Künstlers und die<br />

damit verbundene Entstehungsgeschichte<br />

des<br />

Bildes waren doch interessanter<br />

als gedacht und<br />

fortan stand der Museumsbesuch<br />

bei Städteund<br />

Urlaubsreisen mit<br />

auf dem Programm.<br />

Der Mensch ist seit jeher<br />

bestrebt, sein Umfeld und seine Wohnung<br />

oder Haus schön zu gestalten. Dekorative<br />

Elemente in Form von Möbeln,<br />

Bildern, Büchern oder Kunstgegenständen,<br />

wie zum Beispiel Skulpturen oder<br />

Vasen werden eingesetzt, um sich ein<br />

angenehmes Umfeld zu schaffen oder<br />

Gäste mit (hoffentlich) erlesenem Geschmack<br />

zu beeindrucken.<br />

Nun ist die Bandbreite zwischen normaler<br />

Dekorationskunst, die im Souvenirladen<br />

oder der Galerie nebenan erworben<br />

werden kann und den<br />

High-End-Kunstwerken renommierter<br />

und international bekannter Künstler,<br />

die bei den großen Auktionshäusern in<br />

den Metropolen dieser Welt für zweioder<br />

sogar mehrstellige Millionenbeträge<br />

versteigert werden, ziemlich groß.<br />

Insgesamt sind laut Handelsblatt im<br />

Jahr 2016 weltweit 56,6 Mrd. US-Dollar<br />

auf dem Kunstmarkt umgesetzt worden.<br />

Der Höchststand in dieser Hinsicht lag<br />

im Jahr 2014 bei 68,2 Mrd. US-Dollar,<br />

vor der Finanzkrise 2007 lag dieser Wert<br />

ähnlich hoch bei 65,8 Mrd. US-Dollar.<br />

Wie konjunktursensitiv dieses Geschäft<br />

sein kann, zeigt sich an den Auswirkungen<br />

dieser Finanzkrise, denn im Jahr<br />

2009 lag der Kunst-Umsatz weltweit<br />

nur noch bei 39,5 Mrd. US-Dollar. Der<br />

Löwenanteil dieser Umsätze verteilt sich<br />

dabei auf die USA (32%), China (34%),<br />

Großbritannien (18%) und Frankreich<br />

(7%).<br />

Gesetz zum Schutz von Kulturgut (KGSG)<br />

Das seit 1955 bestehende Gesetz wurde im Jahr 2016 neu gefasst. Die Novellierung<br />

war sehr umstritten und regelt die Einfuhr- und Ausfuhrgenehmigungen<br />

für Kulturgut auch in EU-Mitgliedsländer und forderte als Sorgfaltspflicht<br />

den rückwirkenden Beweis, dass Kulturgüter nicht illegal nach<br />

Deutschland eingeführt bzw. nicht illegal ausgegraben worden oder abhandengekommen<br />

sind. Ziel ist auch, die Terrorfinanzierung durch Antiken<br />

aus Syrien und Irak zu unterbinden.<br />

Das Gesetz regelt etwa:<br />

1. Abschnitt: Kunstwerke und anderes Kulturgut (Verzeichnis nationalen<br />

Kulturgutes)<br />

2. Abschnitt: Archivgut (Verzeichnis national wertvoller Archive)<br />

3. Abschnitt: Straf- und Bußgeldvorschriften<br />

Die Ausfuhr eingetragenen Kulturgutes bedarf der amtlichen Genehmigung.<br />

Verstöße gegen diese Vorschrift führt Strafverfolgung nach sich.<br />

In den vergangenen Jahren hat die sich<br />

etablierende Niedrigzinsphase an den<br />

<strong>Kapital</strong>märkten das Wachstum des<br />

Kunstmarktes angeheizt. Die überaus<br />

expansive Geldpolitik der internationalen<br />

Zentralbanken führte außerhalb der<br />

monetären Inflation zu einer neuen Art<br />

der Inflation, der „Asset Price Inflation“<br />

(Vermögenspreisinflation). Vermögensgegenstände<br />

wie Immobilien, Aktien,<br />

Anleihen, Oldtimer, Uhren oder Musikinstrumente<br />

stiegen im Lauf der Jahre<br />

sukzessive im Wert. Kunstgegenstände<br />

gelten ebenfalls als Sachwerte und<br />

konnten von der positiven Preisentwicklung<br />

profitieren. Wenn man die Investition<br />

in Kunst als Anlagethema versteht,<br />

sollte man jedoch genau darauf<br />

Acht geben, welche Segmente en vogue<br />

sind bzw. in Zukunft nachhaltige Wertsteigerungen<br />

versprechen können. Denn<br />

nicht jeder kann sich etwa bei den teuersten<br />

Bildern engagieren. Im Jahre<br />

1994 erwarb der kanadische Sammler<br />

David Graham ohne Konkurrenz das Bild<br />

„Bauerngarten“ des österreichischen<br />

Stars Gustav Klimt für 3,74 Mio. Pfund.<br />

Im März <strong>2017</strong> wurde dieses Bild für 48<br />

Mio. Pfund wieder verkauft. Eine jährliche<br />

Rendite von circa 11,70%. Aber, wie<br />

gesagt, nicht jeder kann sich in dieser<br />

Liga bewegen, wo meist aufgrund der<br />

Seltenheit und der Bedeutung der Werke<br />

zumindest Werterhalt garantiert und<br />

Wertsteigerung wahrscheinlich ist.<br />

Daher muss sich jeder,<br />

der sich für Investments<br />

in Kunst<br />

interessiert, fragen,<br />

wo seine Interessen<br />

liegen und in welcher<br />

Preisklasse man aktiv<br />

werden will. Auf jeden<br />

Fall sollte darauf<br />

geachtet werden,<br />

dass wirklich nur Originale<br />

erworben werden,<br />

um die Werthaltigkeit<br />

der Investments<br />

zu sichern.<br />

Großes <strong>Kapital</strong><br />

zieht Fälscher an<br />

Fälschungen gibt es<br />

wohl schon so lange,<br />

wie es eine Art „Kunstmarkt“ gibt. Dies<br />

ist keine moderne Erfindung, bereits in<br />

der Renaissance-Zeit wurden Bilder und<br />

Signaturen gefälscht, um interessierte<br />

Sammler mit Material zu versorgen, das<br />

eigentlich gar nicht vorhanden war. Ein<br />

richtiges „Massenphänomen“ ist die<br />

Fälscherei erst in den letzten hundert<br />

Jahren geworden, als sich ein Kunstmarkt<br />

entwickelt hat, der immer mehr<br />

Geld anzieht.<br />

Während des zweiten Weltkrieges kam<br />

der Niederländer Han van Meegeren zu<br />

Berühmtheit, weil er die „fehlenden“ religiösen<br />

Werke des weltberühmten<br />

Genre-Malers Jan Vermeers „entdeckte“<br />

bzw. malte und als Originale Vermeers<br />

veräußerte. Der Umstand, dass er dem<br />

verbrecherischen und manischen<br />

Kunstsammler Hermann Göring eine<br />

seiner Fälschungen andrehen konnte,<br />

brachte ihm wiederum so viele Sympathien<br />

ein, dass die Strafe relativ gering


AUGUST <strong>2017</strong><br />

ausfiel. In der Summe ist es auffallend,<br />

wie nachsichtig mit Fälschern im Kunstbetrieb<br />

umgegangen wird. Oft behaupten<br />

diese, nur das Werk eines beliebten<br />

Künstlers zu „ergänzen“ und ebenso<br />

häufig wird die kriminelle Energie hinter<br />

den Fälschungsfällen nicht gesehen.<br />

Ein immer wieder angeführter Grund<br />

für die Fälschungsaktivitäten und zur<br />

Verschleierung der eigentlich im Kern<br />

vorhandenen niederen Bereicherungsabsichten<br />

sei der Umstand, „es dem<br />

Kunstbetrieb im Allgemeinen und den<br />

sogenannten Kunstexperten im Speziellen<br />

mal so richtig zeigen zu wollen“.<br />

Auch beim jüngsten Fälschungsfall in<br />

Deutschland, der für große Aufmerksamkeit<br />

sorgte, wurde dieses Argument<br />

ins Feld geführt. Der zugegebenermaßen<br />

technisch begabte Maler Wolfgang<br />

Beltracchi fälschte hunderte Bilder der<br />

klassischen deutschen Moderne und<br />

wurde für circa 40 Fälle, in denen er unter<br />

Zuhilfenahme ebenfalls gefälschter<br />

Expertisen mehrere Millionen Euro zur<br />

Finanzierung eines exklusiven Lebensstiles<br />

und Villen ergaunerte, nur zu<br />

sechs Jahren Haft verurteilt. Wovon er<br />

einen Großteil als Freigänger verleben<br />

durfte. Er konnte Memoiren schreiben,<br />

einen Film über seine Machenschaften<br />

drehen und wurde zur Belohnung in<br />

Fernseh-TV-Shows herumgereicht. Der<br />

Vatikan-Vertreter Notker Wolf verstieg<br />

sich in einer launigen TV-Runde sogar<br />

zu der Bemerkung, dass „ja nur Reiche<br />

geschädigt“ worden wären. Kunstinteressierte<br />

und -Liebhaber fielen da endgültig<br />

von ihren Sofas, denn jeder kleine<br />

Steuerbetrüger sieht härteren<br />

Konsequenzen entgegen als ein Kunstfälscher,<br />

der seine kriminellen Machenschaften<br />

mit einem Augenzwinkern abtut<br />

und aus weiten Teilen der<br />

Gesellschaft eher amüsiert betrachtet<br />

wird.<br />

Natürlich kann es sich bei gefälschten<br />

Werken auch um ästhetisch schöne Bilder<br />

handeln, aber ungeachtet der Tatsache,<br />

dass der Fälscher keinerlei eigene<br />

Ideen und Kreativität walten lässt,<br />

bezahlt der Erwerber von Kunstgegenständen<br />

nicht nur für den ästhetischen<br />

Genuss, sondern auch für die Originalität<br />

des von Meisterhand geschaffenen<br />

Werkes viel Geld. Geht es dem Kunstliebhaber<br />

rein um den ästhetischen Genuss,<br />

besteht immer die Möglichkeit,<br />

Kopien oder Drucke zu erwerben. Aber<br />

der Betrag, der dann für den Erwerb<br />

aufgewendet werden muss, ist ungleich<br />

geringer, als für ein Original.<br />

Mögliche Wertsteigerungen sind für<br />

Fälschungen logischerweise ebenfalls<br />

von vorneherein ausgeschlossen.<br />

Fälschungen in allen<br />

Segmenten<br />

Bereits im Jahre 1905 reiste der<br />

Kunstexperte Friedrich Perzynski im<br />

Auftrag der Bremer Kunsthalle nach Japan,<br />

um im Bereich der seit langem als<br />

eigene Sammelgattung beliebten japanischen<br />

Holzschnitt-Drucke zu recherchieren.<br />

Seine Erkenntnis: „Ich bin der<br />

Meinung, dass die meisten in Europa<br />

und Amerika vorhandenen Exemplare<br />

Fälschungen sind“. Und wem sind nicht<br />

die vielen Fälschungen antiker Gegenstände<br />

bekannt, die von Beginn der<br />

spektakulären Ausgrabungen der Pharaonengräber<br />

an in Ägypten von findigen<br />

Fälschern produziert wurden und<br />

die europäischen und amerikanischen<br />

<strong>Märkte</strong> fluteten.<br />

Nun wäre es schön, wenn man wüsste,<br />

in welchen Kunstsegmenten keine Fälschungen<br />

existieren. Leider ist das Gegenteil<br />

der Fall. In immer mehr Segmenten,<br />

die bis dato unverdächtig<br />

waren, sorgen entdeckte Fälschungen<br />

für große Unsicherheit.<br />

Dachte man bisher, insbesondere im<br />

sehr teuren Auktionsbereich sei man<br />

eher vor Betrug gefeit, zeigt der Fall der<br />

mexikanisch stämmigen New Yorker<br />

Kunsthändlerin Glafira Rosales, dass es<br />

auch hier keine vollständige Sicherheit<br />

gibt. Ein von ihr beauftragter Chinesischer<br />

Maler kopierte vornehmlich<br />

US-Maler, wie Rothko oder Pollock, für<br />

deren Werke seit Jahren Höchstpreise<br />

im mehrstelligen Millionenbereich erzielt<br />

werden. Ein immenser Schaden,<br />

der nicht zuletzt von betroffenen Galerien<br />

und Auktionshäusern mitgetragen<br />

werden muss.<br />

Eine letzte Bastion eines als einigermaßen<br />

sicher geglaubten Segmentes kam<br />

erst jüngst in Verruf. Jenes der „Alten<br />

Meister“. Dank der massiven Fortschritte<br />

in naturwissenschaftlichen Untersuchungsmethoden<br />

wurde zu Beginn des<br />

Jahres <strong>2017</strong> ein Bild aus dem Umkreis<br />

des Renaissancemalers Parmigianinos,<br />

das den Heiligen Hieronymus darstellte,<br />

und ein Portrait des niederländischen<br />

„Goldenen-Zeitalter-Malers Frans Hals<br />

als moderne Fälschungen identifiziert.<br />

Da die beiden recht unterschiedlichen<br />

Werke aus derselben Quelle („Provenienz“)<br />

eines italienischen Sammlers und<br />

Galeristen stammten, gerieten nun<br />

weitere Werke unter Fälschungsverdacht.<br />

Ausgang offen.<br />

Und selbst wenn man sich als Liebhaber<br />

seltener antiquarischer Bücher im<br />

Stande sah, Fälschungen ohne weiteres<br />

zu erkennen, wurde man vor einigen<br />

Jahren eines Besseren belehrt. Im Jahr<br />

2007 tauchte in New York ein Exemplar<br />

des 1610 im Erstdruck veröffentlichten<br />

„Sidereus Nuncius“ („Der Sternenbote“)<br />

auf. Dieses Werk fasst die ersten wissenschaftlichen<br />

Ergebnisse astronomischer<br />

Untersuchungen mit dem kurz<br />

zuvor in Holland erfundenen und von<br />

Galilei verbesserten Teleskop zusammen.<br />

Anders als in den rund 80 erhaltenen,<br />

bekannten Exemplaren wies das<br />

New Yorker Exemplar Tuschezeichnungen<br />

auf, die der Berliner Experte Horst<br />

Bredekamp als Zeichnungen von Galileis<br />

Hand identifizierte und mit seinem<br />

Experten-Team als authentisches Werk<br />

aus dem Jahr 1610 klassifizierte. Die<br />

Fälschung war so perfekt, dass sogar<br />

eingeschaltete Naturwissenschaftler<br />

dem Betrug lange nicht auf die Spur kamen.<br />

Fälschungen jahrhundertealter Kunstwerke<br />

sind aber nicht nur ein neuzeitliches<br />

Phänomen. Schon zu Lebzeiten<br />

Albrecht Dürers spielte Urheberschaft<br />

und das Thema Original und Fälschung<br />

eine Rolle. Der Künstler-Star der Renaissance<br />

Dürer reiste sogar höchstpersönlich<br />

nach Venedig, um dort gegen relativ<br />

dreiste Nachahmungen seiner<br />

Kupferstichwerke vorzugehen. Der italienische<br />

Kupferstecher Marcantonio<br />

Raimondi war so vom Dürer-Werk begeistert,<br />

dass er seine Nachdrucke auch<br />

mit dem bekannten Dürer-Signet versah.<br />

Wohl mit einer kleine unscheinba-


<strong>Kapital</strong> & <strong>Märkte</strong><br />

AUGUST <strong>2017</strong><br />

ren Abänderung, aber doch so, dass<br />

eine Verwechslung schnell möglich<br />

war. Gewonnen hat Dürer die gerichtliche<br />

Auseinandersetzung nicht. Immerhin<br />

konnte er den Kompromiss erzielen,<br />

dass die Kopien nicht mehr signiert<br />

werden durften.<br />

Die Renaissance ist aber nicht nur durch<br />

die Gemälde, Zeichnungen und Kupferstiche<br />

eines Dürers, Michelangelo oder<br />

Botticellis berühmt. Auch die Skulpturen<br />

jener Zeit erfreuen sich großer Beliebtheit<br />

bei Sammlern und Museen.<br />

Kein Wunder, dass auch hier Fälscher<br />

auf den Plan gerufen worden sind. Einer<br />

der bekanntesten Fälle stellen die<br />

gefälschten Portrait-Büsten des Giovanni<br />

Bastianini, der 1830 in Fiesole bei<br />

Florenz, der Wiege des Humanismus,<br />

geboren wurde. Schon frühe Werke, die<br />

Bastianini während und kurz nach seiner<br />

Lehrzeit anfertigte, wurden von seinen<br />

Lehrherren als Werke der Renaissance<br />

ausgegeben und verkauft.<br />

Teilweise veräußerte er nach dem (falschen)<br />

„Original“ noch weiter Kopien<br />

mit seiner Signatur, um so seine Ehrlichkeit<br />

unter Beweis zu stellen. Schon<br />

bald produzierte er drei Gruppen von<br />

Portrait-Büsten: Darstellungen realer<br />

historischer Personen, Darstellungen<br />

frei erdachter historischer Personen sowie<br />

Büsten von Zeitgenossen. Die Zeitgenossen<br />

wurden allerdings häufig mit<br />

historischen Kostümen dargestellt, so<br />

dass der Eindruck entstand, dass es sich<br />

ebenfalls um historische Personen handelte.<br />

Diese Werke fanden ihren Weg in<br />

die wichtigsten Museen und Privatsammlungen<br />

der Welt. Entsprechend<br />

groß war die Enttäuschung nach der<br />

Entlarvung. Zwar gab es bereits einige<br />

Zweifel aufgrund falscher Datierungen,<br />

aber letztendlich wurden die Fälschungen<br />

durch Geständnisse der Protagonisten<br />

nach Streitigkeiten untereinander<br />

aufgedeckt.<br />

Diese Beispiele ließen sich in vielen Bereichen<br />

weiterführen, angefangen von<br />

über 1.000 kleinen Alberto Giacometti-Bronze-Figuren,<br />

die in einer württembergischen<br />

Lagerhalle entdeckt und<br />

vernichtet wurden über Grafiken aller<br />

Art (z.B. Dali, Picasso, Miró) bis hin zu<br />

Fälschungen im Bereich historische<br />

Möbel, Porzellan etc.. So stellt sich die<br />

Frage, was man mindestens beachten<br />

sollte, um die größten Fehler und generelle<br />

Enttäuschungen beim Erwerb eines<br />

Kunstwerkes zu vermeiden. Wobei<br />

die folgenden Hinweise nur erste Ansatzpunkte<br />

sein können:<br />

1) Sammeln vor allem aus Leidenschaft,<br />

nicht nur aus Renditestreben.<br />

2) Nur sehr hochwertige und fehlerfreie<br />

Kunstgegenstände (z.B. kunsthistorisch<br />

bedeutende Künstler, bestehende Signatur,<br />

Zustand) bieten langfristiges<br />

Wertsteigerungspotential<br />

3) Bei Objekten mit einer begrenzten<br />

Auflage darauf achten, dass die Auflage<br />

so klein wie möglich ist.<br />

4) Rat von Experten nutzen, sowohl in<br />

der Echtheitsbestimmung als auch in<br />

der Preisfindung.<br />

5) Transaktionskosten beachten (z.B.<br />

Auktionsaufschläge, Provisionen)<br />

6) Evtl. Versicherungs- und Lagerkosten<br />

berücksichtigen<br />

7) Falls Veräußerungen geplant sind,<br />

Zeit mitbringen, um günstige Marktphasen<br />

abwarten zu können.<br />

8) Immer die Differenz des bezahlten<br />

Preises für ein Kunstobjekt zum Händlereinkaufspreis<br />

beachten. Dieser<br />

kann bisweilen nur bei rund 50% oder<br />

gar 30% des ursprünglich bezahlten<br />

Preises liegen.<br />

9) Bei Kunstkäufen in Galerien darauf<br />

achten, dass die Galerie einem Galerieverband<br />

(z.B. Bundesverband Deutscher<br />

Galerien und Kunsthändler e.V. (BVDG))<br />

angehört.<br />

10) Keine Schnäppchenkäufe unter Bekannten.<br />

Eine Bestätigung der Echtheit<br />

durch eine Galerie oder Experten sowie<br />

Rechnungen etc. sind sinnvoll.<br />

11) Provenienz-Nachweise, d.h. Informationen<br />

über Herkunft, Vorbesitzer<br />

und Geschichte des Kunstwerkes werden<br />

immer wichtiger. Kommen Zweifel<br />

auf, z.B. in Verbindung mit möglichen<br />

Raubkunstsachverhalten, kann dies zu<br />

Unverkäuflichkeit des Kunstwerkes<br />

führen.<br />

12) Rendite vor allem in der Freude<br />

beim Betrachten des Kunstgegenstandes<br />

sehen.<br />

IMPRESSUM<br />

BANKHAUS ELLWANGER & GEIGER KG<br />

Börsenplatz 1, 70174 Stuttgart<br />

Amtsgericht Stuttgart HRA 738<br />

Persönlich haftender Gesellschafter:<br />

Dr. Volker Gerstenmaier, Mario Caroli<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

Michael Beck, Leiter Asset Management<br />

Tel.: 0711/2148-242, Fax: 0711/2148-250<br />

E-Mail: michael.beck@privatbank.de<br />

Redaktion:<br />

Michael Beck<br />

www.ellwanger-geiger.de/kapitalmarkt<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>August</strong> <strong>2017</strong><br />

WICHTIGE HINWEISE<br />

Die Darstellungen geben die aktuellen Meinungen und Einschätzungen zum<br />

Zeitpunkt der Erstellung dieses Dokuments wieder. Sie können ohne Vorankündigung<br />

angepasst oder geändert werden. Die enthaltenen Informationen<br />

wurden sorgfältig geprüft und zusammengestellt. Eine Gewähr für Richtigkeit<br />

und Vollständigkeit kann nicht übernommen werden. Die Informationen<br />

sind keine Anlageberatung, Empfehlung oder Finanzanalyse. Für individuelle<br />

Anlageempfehlungen und umfassende Beratungen stehen Ihnen die Berater<br />

unseres Hauses gerne zur Verfügung. Die Urheberrechte für die gesamte inhaltliche<br />

und graphische Gestaltung liegen beim Herausgeber und dürfen gerne,<br />

jedoch nur mit schriftlicher Genehmigung, verwendet werden.<br />

Ergänzende Hinweise:<br />

(1) Angaben zur steuerlichen Situation sind nur allgemeiner Art. Für eine individuelle<br />

Beurteilung der für Sie steuerlich relevanten Aspekte und ggf. abweichende<br />

Bewertungen sollten Sie Ihren Steuerberater hinzuziehen.<br />

(2) Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein zuverlässiger Indikator<br />

für zukünftige Entwicklungen.<br />

(3) Finanzinstrumente oder Indizes können in Fremdwährungen notiert sein.<br />

Deren Renditen können daher auch aufgrund von Währungsschwankungen<br />

steigen oder fallen.

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