01.09.2017 Aufrufe

Mixology - Magazin für Barkultur Sonderausgabe 17

In unserer Sonderausgabe präsentieren wir die Shortlist der Mixology Bar Awards. Wir blicken wir auf Highlights des bevorstehenden BCBs und beschäftigen uns mit Getränketrends wie Bergamotte und Aquavit. Die Trinkwelt dreht sich um Berlin. Viel Spaß beim Lesen!

In unserer Sonderausgabe präsentieren wir die Shortlist der Mixology Bar Awards. Wir blicken wir auf Highlights des bevorstehenden BCBs und beschäftigen uns mit Getränketrends wie Bergamotte und Aquavit. Die Trinkwelt dreht sich um Berlin. Viel Spaß beim Lesen!

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S/20<strong>17</strong> —— 15. Jahrgang<br />

Einzelverkaufspreis: [D] 7,50 € — [A, LUX] 8,50 € — [CH] 9 CHF


Bars & Menschen<br />

TRINKWELT BERLIN<br />

Neues aus der immer durstigen Stadt<br />

.............................................................................. 10<br />

RUBEN NEIDECK<br />

Der Velvet-Querkopf im großen Portrait<br />

.............................................................................. 96<br />

Flüssiges<br />

MIXTUR<br />

Neue Produkte <strong>für</strong> die Bar<br />

.............................................................................. 18<br />

TRENDTHEMA AQUAVIT<br />

Der neue Blick auf das nordische Kulturgut<br />

.............................................................................. 20<br />

TRENDTHEMA BERGAMOTTE<br />

Der mystische, geheime Alleskönner<br />

.............................................................................. 82<br />

MIXOLOGY TASTE FORUM<br />

Der beste Gin <strong>für</strong> den Dry Martini<br />

.............................................................................. 90<br />

STREITTHEMA »PFEFFI«<br />

Himmel und Hölle in Likörform<br />

........................................................................... 100<br />

Bar Convent Berlin<br />

MIXOLOGY LOUNGE<br />

Die <strong>Mixology</strong> Lounge auf dem Bar Convent<br />

................................................................................ 4<br />

WANN & WOHIN?<br />

Bühnentipps der Redaktion<br />

................................................................................ 6<br />

MADE IN GSA<br />

Heimische Produkte auf der Messe<br />

................................................................................ 8<br />

PORTRÄT<br />

Amaro Lucano & Dos Maderas auf dem BCB<br />

........................................................................... 108<br />

<strong>Mixology</strong> Bar Awards<br />

EINLEITUNG<br />

.............................................................................. 32<br />

DIE ABSTIMMUNG<br />

So werden die Preise vergeben<br />

.............................................................................. 35<br />

DIE JURY<br />

.............................................................................. 36<br />

DIE KRITERIEN<br />

.............................................................................. 38<br />

INTERVIEW<br />

Salvatore Calabrese über Exzellenz<br />

.............................................................................. 42<br />

INTERVIEW<br />

Erich Wassicek über Bescheidenheit<br />

.............................................................................. 44<br />

DER ABEND<br />

Die Verleihung im Überblick<br />

.............................................................................. 46<br />

DIE SHORTLIST<br />

Alle Nominierten im Überblick<br />

.............................................................................. 48<br />

PARTNER<br />

Alle Sponsoren der Awards<br />

.............................................................................. 80<br />

IMPRESSUM<br />

........................................................................... 112<br />

32 MIXOLOGY BAR AWARDS<br />

Zum insgesamt 11. Mal werden die wichtigsten Preise der hiesigen Barszene<br />

vergeben, die Awards <strong>für</strong> den europäischen Markt sind zum zweiten Mal<br />

dabei. Alles rund um den glamourösesten Bar-Abend des Jahres.<br />

100 PFEFFERMINZLIKÖR<br />

Gehört zu Berlin und hat einen schäbigen<br />

Ruf. Doch wie kommt das? Ist<br />

ein »Pfeffi« immer und automatisch<br />

schlecht? Warum ist der Bartenderliebling<br />

Minze in Likörform kein Thema an<br />

guten Bars? Eine Spurensuche zwischen<br />

Ostalgie, Labor und Unwissenheit.


20 AQUAVIT<br />

Von wegen Muff und Bierstube:<br />

Der skandinavisch-preußische<br />

Gewürzgeist erlebt eine Renaissance<br />

ohne Gleichen. Und er<br />

ist wandlungsfähig, mixbar und<br />

komplex wie sonst kaum eine<br />

Spirituose. Der große Überblick.<br />

90 MIXOLOGY<br />

TASTE FORUM<br />

Moden mögen kommen<br />

und gehen, doch er ist und<br />

bleibt der König der Cocktails<br />

– der Dry Martini.<br />

Unsere großen Testrunde<br />

zur Frage, welcher London<br />

Dry Gin den besten Martini<br />

ergibt.<br />

96 RUBEN<br />

NEIDECK<br />

Zusammen mit Filip<br />

Kaszubski und Damien<br />

Guichard bildet er das<br />

kreative Dreigestirn in<br />

der neuen Berliner Bar<br />

»Velvet«. Ein Gespräch<br />

mit einem Bartender,<br />

der lange genug im<br />

Spiel ist, um sich,<br />

seinen Beruf und die<br />

Branche mit Distanz<br />

und Gleichmut zu<br />

betrachten.<br />

10 TRINKWELT BERLIN<br />

Die Stadt ist und bleibt eine<br />

Medusa: Schlägt man einen<br />

Kopf ab, wachsen zwei nach.<br />

Mit der Zeit wandeln sich aber<br />

nicht nur Sitten und Kieze,<br />

sondern auch die Drinks. Der<br />

Blick eines Neu-Berliners auf<br />

die immer durstige Stadt.<br />

3


7


Illustrationen: Inga IsraeI


TRINKWELT<br />

BALLIN’<br />

BERLIN<br />

Text Philipp Gaux<br />

Lassen sich eigentlich Trinktrends in Berlin ausmachen? Kann man<br />

in einer Stadt, die ungefähr so divers und greifbar ist wie ihr eigener<br />

Öffi-Fahrplan, überhaupt Spitzen definieren in all den Trends,<br />

Subkulturen, Tendenzen, Ideen und Strömungen? Der Blick eines<br />

durstigen Neu-Berliners auf das, was die flüssige Stadt vielleicht<br />

ausmacht. Aber eben nur vielleicht. Eine Skizze.<br />

11


32


Herzlich Willkommen zu den <strong>Mixology</strong> Bar Awards 2018!<br />

ELF JAHRE MIXOLOGY<br />

BAR AWARDS<br />

Text Vivian Kern<br />

Fotos: Katja Hiendlmayer<br />

Wie der Bar Convent Berlin und das <strong>Mixology</strong> <strong>Magazin</strong> selbst haben<br />

auch die <strong>Mixology</strong> Bar Awards in einem ganz kleinen und intimen<br />

Rahmen begonnen und sich inzwischen zu einer der wichtigsten Auszeichnung<br />

der europäischen Bar-Branche entwickelt.<br />

Gründer und Veranstalter Helmut Adam hat im Jahr 2007 nicht damit<br />

gerechnet, dass sich die <strong>Mixology</strong> Bar Awards zu dieser bedeutenden<br />

Auszeichnung der Branche entwickeln werden. Vor 11 Jahren hatte<br />

der Beruf des Bartenders und Gastgebers lange nicht den Stellenwert,<br />

den er heute hat. Viel hat sich getan: »Die Verleihung hat sich über die<br />

Jahre zu einem großen Familientreffen entwickelt. Dass so eine festliche<br />

Atmosphäre herrscht und die Awards so großes mediales Echo<br />

auslösen, trägt natürlich dazu bei, als Bartender sagen zu können: ›Das<br />

ist ein ehrbarer Beruf, es ist mein Beruf!‹ Nicht nur meine Eltern<br />

haben meine Berufswahl skeptisch beäugt. Diese Erfahrung machen<br />

viele, die den Weg in die Bar gehen und da<strong>für</strong> etwa ein Studium an<br />

den Nagel hängen.«<br />

33


GSA Awards<br />

Jurybeirat mit rund 300<br />

Mitgliedern aus 3 Ländern<br />

ABSTIMMUNGS-<br />

VERFAHREN<br />

Jurybeirat zusammenstellen<br />

und befragen<br />

Europäische Awards<br />

Jurybeirat mit rund 120 Mitgliedern aus 32<br />

Ländern (Europa)<br />

Jurybeirat; bestehend aus<br />

Gastronomen, Industrievertretern<br />

und Fachpresse<br />

3<br />

1<br />

2<br />

In einer Umfrage wird der Jurybeirat<br />

gebeten, pro Kategorie drei<br />

Personen, Bars oder Teams zu<br />

nominieren.<br />

Auswertung Umfrage & erstellen<br />

der Longlist<br />

Alle Nominierungen des Jurybeirates<br />

werden ausgewertet und in Punkte<br />

umgerechnet. So ergibt sich die vorläufige<br />

Longlist. Diese wird der Jury<br />

präsentiert.<br />

Die Jury darf Wildcards nominieren,<br />

sollte ihnen eine Bar oder<br />

ein Name in den Nominierungen<br />

fehlen.<br />

Abstimmung GSA<br />

9 Jurymitglieder<br />

aus 3 Ländern<br />

Jury-Entscheidung über<br />

Longlist und Wildcards<br />

Abstimmung Europa<br />

16 Jurymitglieder<br />

aus 16 Ländern<br />

In einer Abstimmung werden die<br />

10 Nominierten der Longlist bestimmt.<br />

Aus Longlist wählt die Jury ihre<br />

5 Favoriten. Daraus ergibt sich<br />

das Ranking der 5 Besten in jeder<br />

Kategorie.<br />

Bestimmung der Gewinner<br />

Die Jury stimmt über die Shortlist ab,<br />

um die Gewinner zu bestimmen. Pro<br />

Kategorie hat jeder Juror nur eine<br />

Stimme.<br />

WINNER<br />

Sieger der MIXOLOGY BAR AWARDS-<br />

Trophäe ist der Nominierte mit den meisten<br />

Punkten in der letzten Abstimmung der<br />

Jury.<br />

35


DIE GSA JURY<br />

Manche mögen denken, die Aufgabe der Jury sei eine Formsache.<br />

Doch tatsächlich bedeutet dieses Ehrenamt <strong>für</strong> die Juroren harte Arbeit.<br />

Ein Einblick.<br />

Foto: Constantin Falk<br />

Die Jury der GSA-Laender (Im Uhrzeigersinn von oben): Torsten Spuhn, Kent Steinbach, Peter Eichhorn, Arnd Heißen, Gerhard Tsai,<br />

Erich Wassicek, Gabriel Daun, Wolfgang Bogner. Nicht im Bild: Thomas Huhn.<br />

Wenn am Abend der Preisverleihung die Ballkeider, Smokings<br />

und Champagnergläser funkeln, während glückliche Gewinner<br />

ihre Trophäen in den Abend recken, dann liegt hinter der Jury der<br />

<strong>Mixology</strong> Bar Awards ein hartes Stück Arbeit. Denn Juror zu sein,<br />

bedeutet nicht einfach, ein paar Kreuze zu machen, sondern in langen<br />

Diskussionen alle Nominierungen zu sichten, die Regeln zu beachten,<br />

Sonderfälle zu betrachten, abzuwägen und am Ende mehrfach abzustimmen.<br />

Es bedeutet außerdem, eine grosse Verantwortung zu übernehmen.<br />

Am Ende bleibt niemand unfehlbar. Auch eine Jury besteht aus Menschen.<br />

Doch wir sind uns sicher, dass die Juroren der <strong>Mixology</strong> Bar<br />

Awards ihre Aufgabe ernster nehmen, als die allermeisten Leute es<br />

annehmen. Wir sind unseren Juroren zu tiefem Dank verpflichtet,<br />

dass sie sich dieser schwierigen, immer wieder öffentlich debattierten<br />

Aufgabe annehmen!<br />

36 <strong>Mixology</strong> Bar Awards 2018


Europäische Jury<br />

Salvatore Calabrese (Vorsitz) London (UK) Salvatore at Maison Eight & Bound at The Cromwell<br />

Fernando Castellon Lyon (FR) Castellon Consulting<br />

Vincent Degroote Brügge (BE) Marvin Group<br />

Arnd Henning Heißen Berlin (D) The Curtain Club & Fragrances Bar<br />

Thomas Huhn Basel (CH) Bar im Grand Hotel Les Trois Rois<br />

Martin Kraut Prag (CZ) Barlife & Prague Barshow<br />

Erich Wassicek Wien (AT) Halbestadt<br />

Tomek Roehr Warschau (PL) Wieczorny & Bar Symposium<br />

Dimitar Kosev Dimitrov Sofia (BGR) ByTheWay<br />

Luboš Rácz Nitra (SVK) <strong>Barkultur</strong><br />

Vladimir Zhuravlev Moskau (RUS) Clabaratory<br />

Juan Valls Valladolid (ESP) Fibar<br />

Kirsten Holm Kopenhagen (DK) K-Bar<br />

Patrick Pistolesi Rom (IT) Caffè Propaganda<br />

Thanos Prunarus Athen (GRC) Baba Au Rum & Fine <strong>Magazin</strong><br />

Timo Janse Amsterdam (NLD) Perfect Serve Barshow & Door 74<br />

Nélson Bernardes Lissabon (PRT) Drinks Diary<br />

GSA Jury<br />

Erich Wassicek (Vorsitz) Wien (AT) Halbestadt<br />

Wolfgang Bogner Zürich (CH) Tales Bar<br />

Gabriel Daun Frankfurt (D) Gekkos Bar<br />

Peter Eichhorn Berlin (D) <strong>Mixology</strong><br />

Arnd Henning Heißen Berlin (D) The Curtain Club & Fragrances Bar<br />

Thomas Huhn Basel (CH) Bar im Grand Hotel Les Trois Rois<br />

Gerhard Tsai Wien (AT) Tür 7<br />

Torsten Spuhn Erfurt (D) Modern Masters<br />

Kent Steinbach Düsseldorf (D) Mojito's Fine Cocktailbar<br />

37


PARTNER DER AWARDS<br />

BARTEAM<br />

des jahres<br />

NEWCOMER<br />

des jahres<br />

MIXOLOGE<br />

des jahres<br />

GASTGEBER<br />

des jahres<br />

BRAND<br />

AMBASSADOR<br />

des jahres<br />

SALES<br />

REPRESENTATIVE<br />

des jahres<br />

NEUE BAR<br />

des jahres<br />

BAR DES JAHRES<br />

deutschland<br />

BAR DES JAHRES<br />

österreich<br />

BAR DES JAHRES<br />

Schweiz<br />

HOTELBAR<br />

des jahres<br />

BARKARTE<br />

des jahres<br />

BESTER<br />

EUROPÄISCHER<br />

MIXOLOGE<br />

BESTE NEUE<br />

EUROPÄISCHE<br />

BAR<br />

BESTE<br />

EUROPÄISCHE<br />

BAR<br />

BESTE EUROPÄISCHE<br />

SPIRITUOSE /<br />

BARPRODUKT<br />

mit freundlicher Unterstützung von<br />

Zwiesel Kristallglas<br />

Wir danken allen Partnern<br />

der <strong>Mixology</strong> Bar Awards<br />

<strong>für</strong> Ihre Unterstützung.<br />

80 <strong>Mixology</strong> Bar Awards 2018


BAR GUIDE NO. 7<br />

MIXOLOGYS BESTE BARS 2018<br />

ERHÄLTLICH AB 9. OKTOBER 20<strong>17</strong> FÜR 14,95 EURO inkl. Mwst<br />

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81


TRENDTHEMA BERGAMOTTE<br />

ÖLIGE ZURÜCK-<br />

HALTUNG<br />

Foto: Wiki Commons – Jacopo Werther<br />

82


Yuzu, Buddhas Hand,<br />

Pomelo – alles ein<br />

alter Hut! Es ist Zeit,<br />

sich endlich mehr<br />

mit Bergamotten zu<br />

beschäftigen. Doch<br />

die kleine grüne<br />

Zitrusfrucht, nach der<br />

alle Menschen unbewusst<br />

gieren, macht<br />

es uns nicht leicht,<br />

uns ihr zu nähern.<br />

Text Nils Wrage<br />

Ich muss gestehen, dass es bei mir keine große<br />

Überzeugungsarbeit gebraucht hat: Vor ungefähr<br />

16 Jahren trank ich meine erste Tasse Earl<br />

Grey. Seitdem begleitet mich die Bergamotte<br />

täglich, es sind seither nur einige wenige Vormittage<br />

vergangen, die nicht mit einem Earl<br />

Grey eröffnet wurden. Es mag Tage geben, an<br />

denen man so etwas wie ein Frühstück nicht<br />

braucht. Aber ohne Earl Grey – also ohne Bergamotte<br />

– kann ich nicht.<br />

Nun ist es nicht so, dass Earl Grey in Deutschland<br />

so etwas wie ein Massenphänomen ist.<br />

Tee im Allgemeinen ist ja nicht wirklich ein<br />

deutsches Ding. Zumindest solange man nicht<br />

bereit ist, vorab gesüßte Brühen aus minderwertigen<br />

Trockenbeeren oder Jugendherbergspfefferminzaufgüsse<br />

als »Tee« zu bezeichnen.<br />

Und wenn man sich in eine deutsche Fußgängerzone<br />

stellen und 100 Menschen fragen<br />

würde, was Bergamotte sei, dann würden<br />

wahrscheinlich 90 von ihnen vermuten, man<br />

spräche über ein Insekt, das in alpinen Gegenden<br />

lebt und Löcher in Kleidungsstücke frisst.<br />

Der unbekannte<br />

Crowdpleaser<br />

Das eigentlich Interessante an diesem Umstand<br />

ist, dass praktisch jeder Mensch schon mit Bergamotte<br />

in Berührung gekommen ist. Denn die<br />

Öle dieser Zitrusfrucht, die fast ausschließlich<br />

in Kalabrien kultiviert wird, stecken in so gut<br />

wie jedem Parfüm. Das Parfumeur-Handwerk<br />

ohne Bergamotte? In etwa so wenig denkbar<br />

wie der Bar-Beruf ohne Eis.<br />

Doch – so scheint es – die Bergamotte schickt<br />

sich an, ganz langsam und zaghaft mehr<br />

Beachtung zu finden. Sie ist zwar noch davon<br />

entfernt, der Masse vertraut zu sein. Aber<br />

irgendwo muss man ja anfangen. Und die Bar<br />

ist von allen kulinarischen Disziplinen diejenige,<br />

die der Bergamotte am besten entgegenkommen<br />

kann.<br />

Es tut sich was:<br />

Die Bergamotte ist da!<br />

Denn siehe da, plötzlich ist es gar nicht<br />

mehr so schlecht bestellt um die Verfügbarkeit<br />

trinkbarer Bergamotte-Produkte: Doc’s<br />

Essenz aus dem Hause Dwersteg etwa ist<br />

einigen Bartendern schon länger ein Begriff.<br />

Vor ein paar Monaten legte der Berliner Ritz-<br />

Carlton-Barmanager Arnd Heißen mit seinen<br />

Botanical-Fusion-Essenzen nach, von<br />

denen sich die Bergamotte-Qualität am besten<br />

verkauft. Dazu gibt es mit The Earl<br />

Spirit und einer Sorte der niederländischen<br />

Pekoe-Range auch zwei junge Produkte, die<br />

sich dezidiert dem Earl Grey widmen. Sogar<br />

eine Bionade in der Geschmacksrichtung ist<br />

mittlerweile erhältlich, auch wenn Bionade<br />

– spätestens seit Einführung der 0,5-Liter-<br />

PET-Flasche – eher als so etwas wie die River<br />

Cola der Mittelschicht gilt. Gescheitert ist<br />

allerdings das österreichische Likörprojekt<br />

Gamot, dessen Website trotz noch existenter,<br />

aber verwaister Facebookpage nicht mehr<br />

abrufbar ist. An die Stelle des nie wirklich<br />

beachteten Gamot sind nun andere, diesmal<br />

grandiose Spirituosen getreten: Etwa die Bergamotte<br />

aus Kalabrien von Faude Feine<br />

Brände oder die Cuvée von Bergamotte<br />

und Bourbon-Vanille aus der Edelobstbrennerei<br />

schlechthin, der Stählemühle von<br />

Monkey-47-Miterfinder Christoph Keller in<br />

Eigeltingen nahe dem Bodensee. Beide Brenner<br />

fertigen aus Bergamotten hochkomplexe<br />

trockene »Geiste«, also Mazerate, obwohl laut<br />

Florian Faude auch ein Einmaischen und<br />

Brennen der ganzen Frucht, also ein »Brand«<br />

bzw. »Wasser« möglich wäre.<br />

Gewaltige Beachtung in der internationalen<br />

Barszene bringt der Bergamotte seit einigen<br />

Monaten zudem der Italicus Rosolio di<br />

Bergamotto vom früheren Martini-Markenbotschafter<br />

Giuseppe Gallo, der vor wenigen<br />

Wochen bei den »Tales of the Cocktail« gar<br />

als beste neue Spirituose des Jahres prämiert<br />

wurde – obwohl viele Tester dem Aroma des<br />

Rosolio auch einen gewissen Hauch von Toilettenreiniger<br />

attestieren.<br />

83


Foto: Sarah Liewehr


MIXOLOGY TASTE FORUM<br />

Martini<br />

GERÜHRTE<br />

WAHRHEIT<br />

Text Nils Wrage<br />

Besondere Ausgabe, besonderes MIXOLOGY<br />

TASTE FORUM. Die Frage ist einfach: Welcher<br />

klassische London Dry Gin liefert den besten Dry<br />

Martini Cocktail? Der Gewinner überrascht nicht,<br />

die Deutlichkeit des Sieges aber durchaus.<br />

Wenn man zum ersten Mal eine bewertende Verkostung zu einem Cocktail<br />

veranstaltet, kann es eigentlich nur einen geben: den Dry Martini<br />

Cocktail. Bis heute ist der klare Shortdrink aus Gin, Wermut und Bitters<br />

so etwas wie der König der Cocktails, sogar James Bond und dessen Vodka-Vorliebe<br />

zum Trotz. Die Entscheidung, das erste Sonder-Taste-Forum<br />

mit diesem Drink zu eröffnen, lag also auf der Hand. Welcher klassische<br />

London Dry Gin ergibt den besten Martini Cocktail? Dieser Frage stellte<br />

sich die Expertenrunde in den Räumen der <strong>Mixology</strong>-Redaktion an<br />

einem sonnigen Julitag.<br />

Es war <strong>für</strong> alle Beteiligten eine Premiere. Noch nie hat sich das <strong>Mixology</strong><br />

Taste Forum in der Zeit seines Bestehens mit einem Cocktail<br />

beschäftigt, sondern stets mit puren Produkten. Auch keiner der routinierten<br />

Verkoster hatte Erfahrung mit einem reinen Cocktail-Tasting.<br />

Zusammengekommen waren zum Tasting <strong>Mixology</strong>-Autorin<br />

Liv Fleischhacker, Damien Guichard (Velvet, Berlin), Arash Ghassemi<br />

(Green Door, Berlin), Martin Weisert (ehemals Hefner Bar, Berlin),<br />

Alexandra Bühler (Bloggerin, »Barstalker«), Sanjay Cachemaille (Cocktailian)<br />

und unser neuer <strong>Mixology</strong>-Redakteur <strong>für</strong> die englische Website,<br />

der erfahrene Autor und Barfly Kit Kriewaldt aus Australien.<br />

Cocktail-Tasting: Genauigkeit ist gefragt!<br />

Anders als bei der Bewertung purer Spirituosen kamen nicht alle Proben<br />

gleichzeitig auf den Tisch. Denn natürlich sollte jeder Cocktail<br />

möglichst frisch und vor allem kalt bei den Testern landen. So wurde<br />

entschieden, jeweils alle sechs Minuten einen Drink zu schicken, um<br />

den Testern die Gelegenheit zu geben, jedem kalten Drink genügend<br />

Zeit zu widmen. Um dem Trend zum wieder etwas »nasseren« Martini<br />

Tribut zu zollen und dennoch den Gin in den Vordergrund zu stellen,<br />

sprach sich die Runde mehrheitlich <strong>für</strong> ein Verhältnis von drei Teilen<br />

Gin zu einem Teil Wermut aus. Zubereitet wurden also alle Drinks aus<br />

der Grundformel 6 cl Gin, 2 cl Noilly Prat Dry und 5 Tropfen Orange<br />

Bitters von The Bitter Truth – natürlich hochgerechnet auf die erforderliche<br />

Menge –, jeweils 40 Sekunden auf -25 ° C kaltem Eis gerührt.<br />

Serviert wurden die Cocktails als Verkostungsportionen in Nosing-Gläsern.<br />

Auf Garnituren jeglicher Art wurde verzichtet. Wie immer wurde<br />

doppelt blind verkostet, d. h. die Tester kannten lediglich die Kategorie,<br />

nicht aber die Auswahl der Marken oder gar deren Reihenfolge.<br />

Die Gruppe formulierte klare Erwartungen an einen klassischen Dry<br />

Martini Cocktail: Neben einer viskosen Textur, die allen Testern wichtig<br />

ist, fielen vor allem Begriffe wie »knackig«, »crisp« oder »frisch«.<br />

Zudem sollten die typischen Gin-Aromen von Wacholder, Kardamom,<br />

Koriander und Zitrus prägend sein, unterstützt durch Würze und Bitterkeit<br />

des Wermuts. Obwohl allerdings Frische und eine gewisse Drinkability<br />

gegeben sein sollten, drückte Kriewaldt es so aus: »Ein Martini<br />

mag etwas zugänglicher als ein Manhattan oder Old Fashioned sein, er<br />

ist aber trotzdem sehr kraftvoll, komplex und eigentlich kein Einsteigerdrink.«<br />

91


DEBATTE<br />

FRISCHER<br />

ATEM FÜR PFEFFI<br />

Foto: ullstein bild – Zentralbild Wilfried Glienke<br />

100


Mit Pfefferminzlikör, vulgo »Pfeffi«, hat<br />

man es nicht leicht. Die einen halten ihn<br />

<strong>für</strong> Kaugummi, die anderen sehen ihn<br />

als ausgelutschten Partykracher, mehr<br />

aber auch nicht. Obwohl die Minze ein<br />

Bartenderliebling ist, spielt die flüssige<br />

Variante kaum eine Rolle in der Bar und<br />

bei Connaisseurs. Aber Mampe und<br />

die Preussische Spirituosen Manufaktur<br />

haben neue Qualitäten herausgebracht,<br />

und auch international gibt es wegweisende<br />

Produkte. Zeit <strong>für</strong> die Rehabilitierung<br />

eines vergessenen Likörs, jenseits<br />

der alten Frage, ob es Berlin mal wieder<br />

war oder er nur ein Ostphänomen ist.<br />

Auf den Spuren eines Phantoms.<br />

Text Markus Orschiedt<br />

»Darüber weiß ich nichts. Hab’ ich mich fachlich noch nicht mit<br />

beschäftigt. Kann ich leider nichts zu sagen. Danach hat noch kaum<br />

jemand gefragt. Dazu kann ich mich nicht äußern. Vielleicht weiß der<br />

oder jener was, frag doch mal den, der sieht so aus, als wüsste er was ...«<br />

Gesucht wird kein Phantom, sondern dezidierte Aussagen zu Pfefferminzlikör,<br />

als Oberbegriff <strong>für</strong> jede Form der Darreichung auch besser<br />

bekannt als »Pfeffi«. Selbst Bartender, sonst in ihrem Oberligaverständnis<br />

immer auf der Suche nach vergessenen und neu zu interpretierenden<br />

Aromen, meist um ein klares Statement nicht verlegen, machen ein<br />

Gesicht, als wolle man ihnen einen ausgelutschten Wrigley’s Spearmint<br />

zur Verkostung anbieten, wenn man nach dem flüssigen biblischen Lippenblütengewächs<br />

fragt, mit dem einst antike Tempel, Markthallen und<br />

pompöse Tafeln zur Betörung der Sinne ausgelegt wurden. Mancher<br />

Feldherr hat den Genuss frischer Minze vor entscheidenden Schlachten<br />

verboten, wenn er die geweckte Manneskraft nicht ausschließlich<br />

in den Lenden seiner Soldaten wissen wollte. Als frisches, krautiges,<br />

ätherisches Aromagewölk, idealerweise in Gestalt der arabischen oder<br />

persischen Nanaminze, findet sie den Beifall – korrespondierend zur<br />

Technik des »Anklatschens« der Minze vor der Zugabe zum Drink –<br />

der weltumspannenden Mischologen-Zunft. Noch schlimmer als ausgebuht,<br />

nämlich kaum wahrgenommen, müssen sich, bis auf exotische<br />

Ausnahmen, die Hersteller von Pfefferminzlikör fühlen. Die Kreativfantasie<br />

ist dann oft so ergiebig wie ein Speeddate im Totenreich. Aber<br />

tatsächlich hat Hades – der Gott der Unterwelt – sich in Minthe verliebt,<br />

und diese wurde von seiner Frau Persephone aus Eifersucht und<br />

Rachedurst in Stücke gerissen. Hades verteilte das Gefledder in der<br />

Sonne und aus ihm erwuchs wunderbar duftendes Minzkraut.<br />

Uncool. Wie Latschenkiefer.<br />

Wo sich Mythen austoben, ist meist der Deutsche nicht weit, und wo<br />

gefleddert wird, findet der Berliner – schließlich ist er pfiffig – alles »echt<br />

knorke«. Und weil es Berlin ist, steckt man auch beim Thema Pfefferminzlikör,<br />

besser bekannt als »Pfeffi«, schnell in der Debatte, wer’s erfunden<br />

hat. Gemeint ist damit Pfeffi als Shot, vor allen Dingen auf Partys<br />

oder im Club. Ist der Pfeffi ein originär Berliner oder ein Ossi-Ding?<br />

Muss er grün oder weiß, also farblos sein? Emblematisches Herumnesteln<br />

an Oberflächlichkeiten, das entscheidend zum uncoolen Image von<br />

Pfefferminzlikör – nahe der Kultkrause Minipli, Stonewashed-Jeans, Latschenkiefer<br />

aus dem Erzgebirge und Apfelkorngelagen im Märkischen<br />

Viertel – beigetragen hat. Somit eines der Produkte, an denen sich trefflich<br />

Vorurteile bestätigen lassen. Wer sich in jüngster Zeit mit Likören<br />

beschäftigt hat – und da hat die <strong>Barkultur</strong> <strong>für</strong> das allgemeine Verständnis<br />

viel getan –, der urteilt vorsichtiger.<br />

Ja, es gibt sie, die klassischen Partygetränke, die Shots ohne Knautschzonen.<br />

Allerdings hilft es am nächsten Tag auch wenig, sich <strong>für</strong> fortschrittlich<br />

zu halten und Exotenbrände in Dehydrationsvolumen an sich<br />

schon <strong>für</strong> ein Fest zu halten. Es ist auch wenig nachvollziehbar, wieso der<br />

Laberflash im Club befeuert von Taurinbrause in Blechdosen und Waidmannsheilkräutern<br />

sexyer sein soll als mit dem Hauch eines frischen<br />

Pfeffi-Atems.<br />

101


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