Leseprobe Gute Arbeit 9_2017
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<strong>Gute</strong> <strong>Arbeit</strong> 9 | <strong>2017</strong><br />
Betriebsratsarbeit und <strong>Arbeit</strong>szeitgesetz<br />
arbeitsschutz und arbeitsgestaltung<br />
zumutbar ist, die <strong>Arbeit</strong>szeit vor oder nach<br />
der Sitzung einzuhalten. 4 Das BAG stellt bei<br />
der Frage, was »unzumutbar« ist, auf den<br />
Schutzzweck des § 5 Abs. 1 <strong>Arbeit</strong>szeitgesetz<br />
(ArbZG) ab, sowie es die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht<br />
(LAG) Hamm, 5 getan hat.<br />
Danach steht nach Beendigung der täglichen<br />
<strong>Arbeit</strong>szeit einem <strong>Arbeit</strong>nehmer eine ununterbrochene<br />
Ruhezeit von mindestens 11 Stunden<br />
zu.<br />
Die Frage, ob die Zeit der Betriebsratstätigkeit<br />
<strong>Arbeit</strong>szeit im Sinne des ArbZG ist,<br />
lässt das BAG offen. Denn auch dann, wenn<br />
man diese Frage verneint, ist die in § 5 Abs. 1<br />
ArbZG zum Ausdruck kommende Wertung<br />
zu berücksichtigen: Ein Betriebsratsmitglied,<br />
das zwischen zwei Nachtschichten an einer<br />
Betriebsratssitzung teilzunehmen hat, kann<br />
die <strong>Arbeit</strong> in der vorherigen Nachtschicht vor<br />
dem Ende der Schicht einstellen, um eine ununterbrochene<br />
Ruhezeit von 11 Stunden am<br />
Tag zu erreichen. In der Ruhezeit ist weder<br />
<strong>Arbeit</strong>sleistung noch Betriebsratstätigkeit zu<br />
erbringen.<br />
Zu Recht verweist das BAG darauf, dass<br />
die in § 5 Abs. 1 ArbZG normierte Erholungszeit<br />
durch Betriebsratstätigkeit genauso beeinträchtigt<br />
wird wie durch die <strong>Arbeit</strong>sleistung für<br />
den <strong>Arbeit</strong>geber. Es stellt fest, dass Betriebsratstätigkeit<br />
volle Aufmerksamkeit und geistige<br />
Leistungsfähigkeit erfordert; sie steht nicht<br />
den Anforderungen nach, die bei der vertraglich<br />
geschuldeten <strong>Arbeit</strong>sleistung gelten. Auch<br />
wenn ein Betriebsratsmitglied nach § 37 Abs. 1<br />
BetrVG ein Ehrenamt ausübt, steht die Mandatsausübung<br />
im unmittelbaren Bezug zum<br />
<strong>Arbeit</strong>sverhältnis. Daher ist Betriebsratstätigkeit<br />
anders zu behandeln als sonstige in der<br />
Freizeit geleistete ehrenamtliche <strong>Arbeit</strong>.<br />
Ausgleichsanspruch für<br />
die Betriebsratssitzung<br />
Das Betriebsratsmitglied hat also zu Recht um<br />
2.30 Uhr seine <strong>Arbeit</strong> eingestellt. Denn anders<br />
hätte es keine ununterbrochene Erholungszeit<br />
von 11 Stunden bis zur Betriebsratssitzung um<br />
13.00 Uhr einhalten können, zumal bereits ab<br />
22.00 Uhr die nächste Nachtschicht bevorstand.<br />
Weil es dem Betriebsratsmitglied nicht<br />
zumutbar war, über 3.00 Uhr (einschl. der Pause)<br />
hinaus bis 6.00 Uhr zu arbeiten, steht ihm<br />
für diese Zeit ein Vergütungsanspruch nach<br />
§ 37 Abs. 2 BetrVG zu. In dem vorliegenden<br />
Fall ist zu beachten, dass der Anspruch auf<br />
eine Zeitgutschrift an die Stelle dieses Vergütungsanspruches<br />
tritt, da das <strong>Arbeit</strong>szeitkonto<br />
nur in anderer Form den Vergütungsanspruch<br />
ausdrückt.<br />
Anspruchsgrundlage für die Zeitgutschrift<br />
von 2,5 Stunden für die außerhalb der <strong>Arbeit</strong>szeit<br />
erbrachte Betriebsratstätigkeit ist<br />
§ 37 Abs. 3 BetrVG. Danach hat ein Betriebsratsmitglied<br />
zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit,<br />
die betriebsbedingt außerhalb der<br />
<strong>Arbeit</strong>szeit durchzuführen ist, Anspruch auf<br />
entsprechende <strong>Arbeit</strong>sbefreiung unter Fortzahlung<br />
des <strong>Arbeit</strong>sentgeltes.<br />
Allgemein anerkannt ist, dass es sich um<br />
einen betriebsbedingten Grund handelt, wenn<br />
die Betriebsratstätigkeit eines in Schicht arbeitenden<br />
Betriebsratsmitgliedes in dessen<br />
schichtfreie Zeit fällt und damit außerhalb seiner<br />
persönlichen <strong>Arbeit</strong>szeit liegt. 6<br />
Die <strong>Arbeit</strong>sbefreiung ist vor Ablauf eines<br />
Monats zu gewähren. Das bedeutet: Der <strong>Arbeit</strong>geber<br />
stellt das Betriebsratsmitglied von<br />
seiner vertraglichen Pflicht frei, <strong>Arbeit</strong>sleistung<br />
erbringen zu müssen, und zwar unter<br />
Fortzahlung seiner Vergütung, und reduziert<br />
so im Ergebnis dessen Sollarbeitszeit.<br />
Zwar kann sich ein Anspruch auf Freizeitausgleich<br />
in einen Abgeltungsanspruch nach<br />
§ 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG umwandeln. Voraussetzung<br />
dafür ist aber, dass die <strong>Arbeit</strong>sbefreiung<br />
aus betriebsbedingten Gründen nicht<br />
möglich ist. In dem vorliegenden Fall ergibt<br />
sich dazu aber nichts aus dem Sachverhalt.<br />
Auch Betriebsratsarbeit<br />
ist <strong>Arbeit</strong>: Die ununterbrochene<br />
Ruhezeit von<br />
elf Stunden steht auch<br />
den Mitgliedern der<br />
Gremien zu.<br />
Diese <strong>Arbeit</strong>szeiten<br />
sind erlaubt<br />
Rudolf Buschmann / Jürgen Ulber<br />
<strong>Arbeit</strong>szeitgesetz<br />
Basiskommentar mit Nebengesetzen<br />
und Europäischem Recht<br />
8., überarbeitete Auflage<br />
2015. 558 Seiten, kartoniert<br />
€ 39,90<br />
ISBN: 978-3-7663-6307-7<br />
www.bund-verlag.de/6307<br />
4 BAG a.a.O<br />
5 LAG Hamm 20.2.2015 – 13 Sa 1386/14, AiB 2015, Ausgabe 7–8,<br />
S. 63 mit Anm. Gün/Karthaus.<br />
6 BAG vom 16.4.2003 – 7 AZR 423/1<br />
kontakt@bund-verlag.de<br />
Info-Telefon: 069 / 79 50 10-20