26.09.2017 Aufrufe

GIGOktober2017

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

34<br />

THEATER<br />

Eine Diktatur ist auch keine Lösung<br />

„Je suis Fassbinder“ am Theater Münster<br />

Experimentell, wirr, ausufernd -<br />

aber immer ganz nah dran am<br />

Wesentlichen: „Je suis Fassbinder“<br />

den 1970er Jahren in die Gegenwart. Es geht<br />

um Europa, um das Politische im Privaten und<br />

um Ängste, die zu Propagandazwecken missbraucht<br />

werden. Das Ganze wirkt wie eine Versuchsanordnung<br />

zur Erforschung des politischen<br />

Klimas in Deutschland. Zu diesem Eindruck trägt<br />

auch bei, dass die Schauspieler immer wieder<br />

aus der Rolle fallen und dass eine Handkamera<br />

Details des Bühnengeschehens stark vergrößert<br />

auf Leinwände überträgt.<br />

„Je suis Fassbinder“ ist kein Stück, das Lösungen<br />

anbietet. Dazu agiert das aufgebotene Personal<br />

selbst viel zu konfus. Auch wird schnell<br />

klar, dass ein sanfter Diktator keine Option sein<br />

kann. Vielmehr geht es hier um die Analyse eines<br />

Problems mit all seinen Verwurzelungen.<br />

Eine Analyse, die streckenweise erhebliche Komik<br />

entwickelt, aber auch in Bereiche vordringt,<br />

wo es wirklich weh tut. Damit ähnelt die Aufführung<br />

einem der frühen, noch stark im Experimentellen<br />

verhafteten Fassbinder-Filme:<br />

manchmal ein bisschen wirr, manchmal etwas<br />

zu ausufernd, aber immer ganz nah dran am Wesentlichen.<br />

Franz Kolbeck<br />

>> Weitere Vorstellungen am 04., 07., 11., 13., 19. u.<br />

27.10. jew. um 19.30 Uhr am Theater Münster (Kleines<br />

Haus); www.theater-muenster.com<br />

„Ein autoritärer Herrscher, der ganz gut ist<br />

und ganz lieb und artig“- das ist die Quintessenz<br />

eines zweistündigen Wortgefechts, das sich<br />

fünf Schauspieler in Falk Richters “Je suis Fassbinder“<br />

liefern. Grundlage des Stücks ist Rainer<br />

Werner Fassbinders Beitrag zum Kollektivfilm<br />

„Deutschland im Herbst“, in dem er seine Mutter<br />

in ein Streitgespräch verwickelt, bis sie<br />

schließlich den Wunsch nach einem sanftmütigen<br />

Diktator formuliert und damit dem Volksempfinden<br />

angesichts des RAF-Terrors der 1970er<br />

Jahre Ausdruck gibt.<br />

In Max Claessens Inszenierung agieren die Darsteller<br />

in einem als WG eingerichteten Container,<br />

der von zwei Seiten einsehbar ist. Sie diskutieren<br />

über die Kölner Silvesternacht, über<br />

Flüchtlingsströme und das Erstarken rechtslastiger<br />

Parteien und schlagen damit den Bogen von<br />

Premieren im Oktober<br />

25 Jahre Cactus Junges Theater<br />

Mit einer fünfmonatigen Großproduktion feiert Cactus Junges Theater ab Oktober<br />

sein 25-jähriges Jubiläum. Das junge Ensemble, das immer wieder mit mutigen,<br />

spannenden und interkulturellen Produktionen auf sich aufmerksam macht,<br />

lässt die Korken mit der fünfmonatigen Impro-<br />

Produktion „Das Soap-Ding" knallen. Liebe, Betrug,<br />

Intrigen, Mord, Gier lauten die Ingredienzien<br />

von Autor Christoph Tiemann und den<br />

vier Regisseuren. Bis Mitte Februar feiert in jedem<br />

Monat ein neuer Teil der Story um ein ehemaliges<br />

Hotel, dessen Bewohner ein dunkles<br />

Geheimnis verbindet, seine Premiere.<br />

>> Premiere am 12.10. um 20 Uhr am Pumpenhaus MS;<br />

weitere Vorstellungen vom 13.-15.10. jew. um 20 Uhr<br />

(zweiter Teil vom 10.-12.11.); www.cactus-theater.de<br />

Fünf Monate Liebe, Betrug und<br />

Intrigen: „Das Soap-Ding“<br />

Gott<br />

Der Gottfrage nähert sich Woody Allen<br />

in seiner Komödie mal auf ganz<br />

andere Weise. Im Oktober bringt die<br />

Theaterwerkstatt sie in einer Inszenierung<br />

von Tim Birnbaum auf die<br />

Bühne. Darin wollen Autor Hepatitis<br />

und Schauspieler Diabetes im vorchristlichen<br />

Athen einen Dramatikerpreis<br />

gewinnen, doch fehlt ihnen<br />

noch ein Schluss für ihr Stück. Da<br />

kommt Trichinosis gerade recht, der<br />

eine Gottmaschine erfunden hat.<br />

>> 20./21.10. MS - Bennohaus,<br />

jew. um 20 Uhr; www.bennohaus.info<br />

Der letzte Vorhang<br />

Richard hat ein Alkoholproblem,<br />

vergrault die Kolleginnen und<br />

droht, seine Premiere vor die Wand<br />

zu fahren. Mit dem Stück von vor<br />

20 Jahren versucht er seine Ex-Kollegin<br />

Lisa zu reaktivieren, mit der<br />

Richard damals auf der Bühne<br />

stand. Die jedoch lebt mittlerweile<br />

als Arztgattin in Frankreich. Und<br />

während der Proben kommen Erinnerungen<br />

und Gefühle hoch, die<br />

17,0mm<br />

längst begraben schienen.<br />

>> Premiere am 12.10. um 20 Uhr am<br />

Wolfgang Borchert Theater MS;<br />

weitere Vorstellungen am 14./15.10.<br />

jew. um 20 Uhr; www.wolfgangborchert-theater.de<br />

Der Kontrabass<br />

Helmut Thiele ist der Protagonist in<br />

Patrick Süsskinds berühmten Monolog<br />

„Der Kontrabass“. Das Stück taucht<br />

tief in die Existenz des Orchestermusikers<br />

ein: In den rund 100 Minuten<br />

breitet sich vor dem Publikum ein tiefgründiges<br />

Psychogramm des Musikers<br />

aus. Außerdem gibt es u.a.: Instrumentenkunde,<br />

pointierte Musikgeschichte<br />

und ein Lehrstück der stückweisen<br />

Wahrheitsfindung.<br />

>> 07.10. OS - Lagerhalle, 20 Uhr;<br />

www.lagerhalle-osnabrueck.de<br />

Todesfälle<br />

Im Theater wird gern und häufig gestorben.<br />

Doch was, wenn das Drama<br />

direkt mit dem Showdown beginnt? Auf<br />

der Basis dieser Fragestellung entstand<br />

„Todesfälle“, in dem der Schauspieler<br />

17,0mm<br />

Ibrahim Benedikt El-Akramy dem künstlichen<br />

Bühnensterben etwas Authentizität<br />

zu verleihen versucht. Unter Zuhilfenahme<br />

berühmter Sterbeszenen<br />

von Hamlet bis Titanic umkreist das<br />

Stück diesen universalen Moment.<br />

>> 14.10. MS - Der Kleine Bühnenboden,<br />

20 Uhr;<br />

www.derkleinebuehnenboden.de<br />

Bach, immortalis<br />

In seinem neuen Tanzstück widmet sich<br />

Hans Henning Paar dem vielfältigen<br />

kompositorischen Werk von Johann Sebastian<br />

Bach. In seiner Choreografie visualisiert<br />

der Choreograf die Entwicklung<br />

vom Weltlichen zum Geistlichen<br />

bis hin zur Konfrontation mit der eigenen<br />

Vergänglichkeit. Auf seiner Reise<br />

in die Vergangenheit geht er auf die<br />

Suche nach den Ahnen des Tanzes, der<br />

Musik und der eigenen.<br />

>> Premiere am 21.10. um 19.30 Uhr am<br />

Theater Münster (Großes Haus);<br />

weitere Vorstellungen am 27.10. u.<br />

08.11. jew. 19.30 Uhr; www.theatermuenster.com<br />

Texte: Benedikt Niederschmidt<br />

Ibrahim Benedikt El-Akramy in „Todesfälle“<br />

Foto: Sinah Wohlgehagen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!