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DANSE_Oktober

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WALK<br />

ON<br />

Gala Lara<br />

europaballett.at<br />

Wo?<br />

THE<br />

VIENNA<br />

EXPATRIATE<br />

ENSMEBLE<br />

Theater des Balletts<br />

Oringasse 4, 3100 St. Pölten<br />

Wann? Sa. 28. 10. 2017<br />

Beginn 19:00Uhr<br />

Tickets:<br />

Infos:<br />

„The Vienna Expatriate Ensemble“<br />

ist ein Ende 2015 gegründetes<br />

Kultur-Kollegium und lebt kulturelle<br />

Verschmelzung. In Zusammenarbeit mit<br />

dem Europaballett und dem Dialog<br />

zwischen den Kulturen. Eine Formation<br />

aus ca. 30 Künstlerinnen und Künstlern<br />

aus elf verschiedenen Staaten beweist,<br />

dass aus dem multikulturellen Ansatz<br />

Großes entsteht. Die Gruppe arbeitet<br />

intensiv mit bekannten österreichischen<br />

MusikerInnen zusammen. Musik ist<br />

nationenübergreifend verständlich und<br />

verbindet Menschen. Das Ergebnis ist<br />

eine multikulturelle Show, mit einer höchst<br />

attraktiven Mischung aus orientalischerund<br />

Weltmusik.<br />

02742 230 000 Mo.-Fr. 09:00-12:00Uhr<br />

tickets@europaballett.at<br />

www.europaballett.at<br />

Emil Bobi über „The Vienna Expatriate<br />

Ensemble“<br />

Von der politischen Magie des Feierns<br />

Der Kulturmanager Reinhard Gosch gründet<br />

das „Vienna Expatriate Orchestra“<br />

Wenn sich Kunst- und Kulturschaffende in<br />

politischen Krisen zu Wort melden und schöne<br />

Dinge wie Menschlichkeit fordern, dann<br />

klingt das häufig mehr als erstrebenswert,<br />

doch realpolitisch wenig umsetzbar. Der<br />

Kulturmanager Reinhard Gosch hat eine<br />

andere Idee: Er sagt nichts. Er macht. Er<br />

tanzt der Politik etwas vor. Er macht, worüber<br />

auch die Politik nur redet: In Zeiten globaler<br />

Migrationswirrnis betreibt er die Annäherung,<br />

den Austausch, die Verschmelzung von<br />

Kulturen. Und das nicht irgendwie.<br />

Viele Jahre hat er bloß den „Dialog<br />

zwischen den Kulturen“ forciert. Als<br />

Manager im Kulturzentrum Wolkenstein, als<br />

Programmmacher beim Steirischen Herbst,<br />

bei der St. Pöltener „Bühne im Hof“. Er hat<br />

Künstler und Denker aus anderen Kulturen<br />

eingeladen, gemeinsame Momente des<br />

Verstehens herbeigeführt, Nähe erzeugt. Doch<br />

jetzt kommt Gosch langsam zum Punkt: er will<br />

die Gleichheit und die Unterschiedlichkeit von<br />

Menschen und das, was das Problematische an<br />

der weltweiten Flüchtlingsbewegung darstellt,<br />

in einer gemeinsamen Klangwolke kumulieren<br />

lassen und damit vorleben, was Integration<br />

bedeutet: Einlassen und dennoch Seinlassen.<br />

Er gründet das „Vienna Expatriate Orchestra“.<br />

Flüchtlinge, woher auch immer sie kommen,<br />

sollen gemeinsam mit Wiener Musikern und<br />

in fluktuierender Besetzung klassische Musik<br />

auf hohem Niveau machen. Gosch sagt:<br />

„Musikmachen ist ein Friedensprozess in<br />

einem zusammengeschalteten System. Für<br />

mich ist das interkultureller Humanismus.“<br />

Das „Vienna Expatriate Orchestra“ solle kein<br />

„Abklatsch eines westlichen Orchesters sein“,<br />

sondern traditionelle, ethnische Repertoires<br />

reflektieren.<br />

|4| |5|<br />

Was dabei entstehen soll, ist ein Produkt<br />

kultureller Verschmelzung, das nichts<br />

gleichmacht oder Eigenheiten aufhebt,<br />

sondern diese betont und sein lässt. Und dabei<br />

die Harmoniefähigkeit mit dem nachweist, was<br />

man das Fremde nennt.<br />

Die dahinter steckende Überlegung ist<br />

so logisch wie politisch: Der Kern des<br />

„Flüchtlingsproblems“ ist die, oftmals medial<br />

und politisch stimulierte, „Fremdenangst“<br />

wachsender Teile der Bevölkerung. Die<br />

eigentliche Ursache dieses Phänomens ist uralt<br />

und frei von vorwerfbarer Schuld: Mangel an<br />

Wissen. In diesem Vakuum des Wissens ziehen<br />

aus der Tiefe Instinkte herauf, die nahelegen,<br />

sich im Zweifel gegen das Unbekannte zu<br />

entscheiden. Das ist nachvollziehbar und<br />

richtig. Aber was passiert, wenn sich das<br />

Unbekannte in etwas Bekanntes verwandelt?<br />

Dann verschwindet die Angst vor dem Fremden<br />

plötzlich und spurlos. Es kann keine Angst vor<br />

dem Fremden geben, wenn es das Fremde<br />

nicht gibt.<br />

Gosch möchte die Alchemie des Kennenlernens<br />

klanglich auf die Bühne bringen.<br />

Aber wie lernen sich Menschen am besten<br />

kennen? Die zutreffende Antwort ist so einfach,<br />

dass es fast wehtut: Beim Feiern. Beim Kochen,<br />

Essen, Tanzen, Musizieren. Man stelle sich vor:<br />

Verängstigte Österreicher, zumindest subjektiv<br />

in ihrer eigenen Existenz und von äußeren<br />

Unsicherheiten wie globalem Terrorismus<br />

bedroht, trifft auf syrische Flüchtlinge, von<br />

denen man nicht wissen kann, ob sie Terroristen<br />

sind, ob sie den Österreichern die Arbeit<br />

wegnehmen, ihre Frauen vergewaltigen und<br />

die Werte der heimischen Kultur missachten.<br />

Man trifft sich, um gemeinsam zu kochen<br />

und zu essen. Man verspürt den Hunger als<br />

Gemeinsameit, reibt sich im Hinblick auf den<br />

anstehenden Genuss die Hände, man verrät<br />

sich gegenseitig, wie trickreich Kurkuma und<br />

Kumin einzusetzen sind und um wie viel besser<br />

ein Kalbsschnitzel wird, wenn es vor dem<br />

Panieren geklopft wurde. Und wenn das alles<br />

auch noch gemeinsam schmeckt, ist etwas<br />

Zauberhaftes passiert: Man hat Bedingungen<br />

geschaffen, unter denen die Aufrechterhaltung<br />

von Vorurteilen schlicht unmöglich ist.<br />

Nach dem Essen kommt die Musik. Reinhard<br />

Gosch will auf klanglicher Ebene interkulturell<br />

kochen und vorführen, was das bewirken<br />

kann. Er will die Fremdenangst nicht negieren,<br />

sondern das Fremde auflösen. Das ist keine<br />

Politik. Das ist Leben und Gesellschaft. Er will<br />

der Flüchtlingspolitik damit nicht sagen, was<br />

sie zu tun hat. Er will nur zeigen, was passiert,<br />

wenn sie das Richtige macht. Aber eigentlich<br />

will er nur eines: feiern. Und die Sozial-Magie<br />

des Feierns als politische Kunst ihre Arbeit<br />

machen lassen. Mit seinem „Vienna Expatriate<br />

Orchestra“ als Instrument. Das ist versprechend<br />

wie einfach. So einfach, dass es im Hinblick auf<br />

die Komplexität des Themas, das mittlerweile<br />

sogar das gemeinsame Europa gefährdet, fast<br />

wehtut.

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