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Führen mit Humor<br />
185<br />
4.3 Sarkasmus<br />
Noch etwas stärker als die Satire wirkt der Sarkasmus. Sarkasmus zeigt zusätzlich zum<br />
ironischen Understatement oder zur satirischen Übertreibung auch noch das Resultat<br />
einer falschen Entscheidung oder falschen Handlung auf. Ich habe mir angewöhnt, für<br />
verschiedene Situationen eine Reihe von sarkastischen Bemerkungen oder Storys parat<br />
zu haben.<br />
• Bei vermutetem Realitätsverlust einer Gruppe sage ich gelegentlich: „Im Reich der<br />
Wirklichkeit wird man nie so glücklich sein wie im Reich der Wünsche.“<br />
• Oder: „Wir drücken so lange ein Auge zu, bis wir klarer sehen.“<br />
• Oder: „Viele Fragen werden erst durch die Antwort indiskret.“<br />
Das sarkastische Aufzeigen von Konsequenzen ist wesentlich stärker als die bloße Ironie<br />
oder die Satire.<br />
• Zu einem Opportunisten könnte man folgende ironische Bemerkung machen: „Ich bin<br />
kein Jasager, wenn mein Chef Nein sagt, sage ich auch Nein.“<br />
• In sarkastischer Form könnte man sagen: „Wer seinem Chef ständig hinten hineinkriecht,<br />
braucht sich nicht wundern, wenn er ihm eines Tages zum Hals heraushängt.“<br />
• Dem notorisch zu spät Kommenden zeigt man eine (fiktive) Konsequenz auf: „Noch<br />
einige Minuten später, und Sie hätten auch das Büfett versäumt.“<br />
• Oder mit Sarkasmus dem Schweiger gegenüber könnte man sagen: „Schweigen ist<br />
Zustimmung.“<br />
4.4 Zynismus<br />
Die stärkste Intervention ist aber der Zynismus. Sein Begründer war Diogenes von<br />
Sinope, ein Zeitgenosse von Sokrates und Platon (vgl. Müseler und Kynikerbriefe 1994)<br />
Er hatte im alten Athen den Ruf eines unbequemen Revolutionären (ein erster „Grüner“<br />
vielleicht). Er predigte den Verzicht und zeigte bei allen Situationen die meist verdrängte,<br />
widersprüchliche zweite Seite der Wahrheit auf.<br />
Wesentlich später hat Sigmund Freud seine Theorie von Witz und Humor darauf<br />
gegründet (Freud 1940). Wir lachen, weil hier eine verdrängte Seite ans Tageslicht<br />
kommt. Diogenes war der Meinung, dass viele Menschen nicht in der Lage sind, einer<br />
widersprüchlichen Wahrheit ins Auge zu sehen und sich deshalb lieber nur auf eine Seite<br />
konzentrieren. Zum Konflikt kommt es oft, wenn zwei Streitparteien sich jeweils auf<br />
eine Seite der Wahrheit berufen und die andere Seite dem Gegner überlassen, also nur<br />
die eigene Sichtweise für exklusiv wahr gehalten wird. Diogenes verfolgte mit seinen<br />
philosophischen Interventionen das Ziel, die Menschen aufmerksam zu machen, dass