nicht vergessen, Solidarität - AWO Sachsen-Anhalt
nicht vergessen, Solidarität - AWO Sachsen-Anhalt
nicht vergessen, Solidarität - AWO Sachsen-Anhalt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Die neue Steuerung in den Sozialverwaltungen und das Kostenmanagement über<br />
Leistungsvereinbarungen sowohl im Sozial- wie im Gesundheitssektor scheinen demnach<br />
nur bedingt erfolgreich zu sein, denn das stetige Wachsen der Sozialausgaben konnte<br />
dadurch <strong>nicht</strong> verhindert werden. Wenn es Erfolge gibt, schlagen sie sich nur wenig in den<br />
Sozialausgaben nieder, denn diese werden primär durch politische Entscheidungen<br />
(internationalen Standortwettbewerb, Leistungskürzungen, Steuersenkungen) und deren<br />
Auswirkungen (Arbeitslosigkeit und Armut, berufliche Mobilität und Flexibilität) bedingt, die<br />
sich mit den Instrumenten managerieller Steuerung <strong>nicht</strong> beeinflussen lassen.<br />
Sozialausgaben sind auch immer ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Verhältnisse. Die<br />
Kommunen sind Getriebene, denen das Wasser schon lange bis zum Hals steht. Die<br />
Effizienzpolitik der letzten 15 Jahre, also die Sozialverwaltung und sozialen Dienste<br />
wirtschaftlich und effizient aufzustellen, ist gescheitert (was <strong>nicht</strong> heißt, dass diese Politik<br />
nun beerdigt würde). Das scheint die Politik selber zu sehen, denn die Engagementpolitik,<br />
das Propagieren von Eigenverantwortung, Bürgerschaftlichem Engagement und die<br />
Versuche, die zivilgesellschaftlichen Vereinigungen stärker auf die Wahrnehmung sozialer<br />
Aufgaben (Sorge statt Geselligkeit) auszurichten (die Tafelbewegung wird in diesem<br />
Zusammenhang immer gerne als Best-Practice-Beispiel bemüht), kann man auch als<br />
Eingeständnis lesen, dass sich das Soziale mit den Instrumenten der Betriebswirtschaftslehre<br />
und mittels Wettbewerb <strong>nicht</strong> oder kaum steuern lässt.<br />
Ich vertrete die These, dass die neue Engagementpolitik vor allem als eine Strategie zur<br />
Eindämmung der kommunalen Sozialausgaben verstanden werden muss. Die damit<br />
verbundenen hehren Ziel wie Partizipation, Schaffung einer neuen Local Governance,<br />
Runde Tische, Verantwortungsteilung oder Bürgerkommune u.ä., sind lediglich<br />
semantischer Überbau, Euphemismen (also Schönreden) für den neuen sozialpolitischen<br />
Ansatz, den Bürger in die Verantwortung für das Soziale zu zwingen, zum Ko-Produzent zu<br />
machen, um so Kosten einzudämmen. Die neuen wohlklingenden Begriffe, mit denen der<br />
Umbau der sozialpolitischen Settings in den Kommunen beschrieben wird (Local<br />
Governance, Bürgerkommune, lokale Wohlfahrtsgesellschaft u.ä.) sind Verschleierungen<br />
dafür, Freizeit und Ruhestand der Bürger produktiv nutzen zu wollen und gesellschaftlich zu<br />
verwerten, den diese Sphären kennzeichnenden Müßiggang in effizientes Verhalten zu<br />
transformieren. So betrachtet, ist Engagementpolitik auch Teil der neuen staatlichen<br />
Effizienzpolitik. Die ersten Zwangsinstrumente dazu hat das Sozialgesetz bereitgestellt,<br />
vorerst für den Bürger, der zum Fall wird.<br />
4. Megatrend Dezentralisierung<br />
Lassen sich die beiden von mit behandelten Herausforderungen in der Sozialen Arbeit der<br />
Gegenwart, also die Prekarisierung der Beschäftigungsverhältnisse und die neue Engagementpolitik,<br />
als zwei Seiten einer Medaille sehen? Ich denke schon. Die Lohnentwicklung<br />
in der Sozialen Arbeit - das wurde schon erwähnt - ist erklärbar vor dem Hintergrund der<br />
von der ökonomischen Angebotstheorie seit langem geforderten Dezentralisierung von<br />
Lohnverhandlungen insgesamt und der von ihr vertreten These, Gewerkschaften seien<br />
überflüssig, da sie letztlich die betriebliche Effizienzsteigerung stören würden.<br />
Dezentralisierung überhaupt, so scheint mir, ist der Schlüssel zum Verständnis dieser und<br />
andere Entwicklungen in der Sozialen Arbeit. Durch die betriebswirtschaftlichen<br />
Entwicklungen in den Sozialverwaltungen und Sozialen Diensten sind wir schon seit<br />
12